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GeoResources Zeitschrift Ausgabe 1 - 2014 · Gresourc zeitschrif 1 214 Inhaltsverzeichnis 3...

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Fachzeitschrift für Ressourcen, Bergbau, Geotechnik, Tunnelbau und Equipment 01 | 2014 Dammbau-Geogitter Tunnelsicherheit Tunnelvortrieb Schlitzwände Hohlraum- Dimensionierung Sprengtechnik Schachtbau Norwegen Russland Schweiz Kanada GeoResources Verlag Free of Charge ISSN 2364-0278 www.georesources.net Zeitschrift
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Fachzeitschrift für Ressourcen, Bergbau, Geotechnik, Tunnelbau und Equipment 01 | 2014

Dammbau-GeogitterTunnelsicherheitTunnelvortriebSchlitzwände

Hohlraum-DimensionierungSprengtechnikSchachtbau

NorwegenRusslandSchweizKanada

GeoResources Verlag Free of Charge • ISSN 2364-0278 www.georesources.net

Zeitschrift

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GeoResources Zeitschrift 1 | 2014Inhaltsverzeichnis www.georesources.net

3 InhaltsverzeIchnIs

6 auf eIn Wort

The missing Link – GeoResources Zeitschrift

GeotechnIk

8 Hochwasserschutz: Reaktivierung eines Stau- haltungsdamms auf gering tragfähigem Baugrund

Olaf DüserZum Schutz vor Hochwasser wurde ein historischer Stauhal-tungsdamm auf gering tragfähigem Baugrund in Süddeutsch-land reaktiviert. Das Reaktivierungskonzept mit Bodenver-festigung und Geogitterbewehrung und die Bauausführung werden erläutert. Die bei Kontrollmessungen nach der Fertig-stellung ermittelten Setzungen werden mit den prognostizier-ten verglichen.

Geotechnik • Hochwasserschutz • Dammbau • Geokunst-stoffe • Bodenverbesserung • Beobachtungsmethode

tunnelbau

14 Gotthard-Basistunnel: Risiken erfassen, Sicherheits-maßnahmen ergreifen und Restrisiko akzeptieren

Hans-Peter VetschFinanzielle Mittel für Sicherheitsmaßnahmen sollen mit einem definierten Restrisiko gezielt eingesetzt werden. Am Beispiel des Gotthard-Basistunnels, des längsten Eisenbahntunnels der Welt, wird ein möglicher Ansatz zur Lösung dieser Aufgabe be-schrieben.

Tunnelbau • Risikoanalyse • Betriebssicherheit • Finanzie-rung • Fallbeispiel • Schweiz

23 Scheibengipfeltunnel Reutlingen – Tunnelvortrieb im Braunjura Hendrik Schälicke und Dirk Matuschowitz

Der etwa 2 km lange Scheibengipfeltunnel soll zukünftig im Zuge des Baus der Bundesstraße B 312 die Stadt Reutlingen vom Durchgangsverkehr entlasten. Der einröhrige Gegen-verkehrstunnel mit parallel verlaufendem Rettungsstollen wurde seit dem Jahr 2012 im Spreng- und Baggervortrieb aufgefahren. Dieser Beitrag behandelt die tunnelbautechni-schen Besonderheiten des Vortriebs, nämlich den Vergleich von Prognose und Wirklichkeit beim Vortrieb im Braunjura, Sondermaßnahmen wegen des unerwarteten Antreffens von Methangas, das Mess- und Beobachtungsprogramm bei der Unterfahrung von Bauwerken sowie Maßnahmen zur Reduzie-rung des Einflusses von Sprengerschütterungen.

Tunnelbau • Vortrieb • Geologie • Monitoring • Spreng-technik • Arbeitssicherheit

ProduktvorstellunG - tunnelbau

33 Messtechnisch im Griff: Massen von Daten und GesteinDas Ryfast Projekt – Herausforderung unter dem Meeresspiegel

Christian AngerRegion Stavanger im westlichen Norwegen: Hier entsteht das Ryfast-Großprojekt, der längste Unterwasser-Straßentunnel der Welt, als Ersatz für einen bisherigen Fährbetrieb. Die Bau-zeit von 2012 bis 2019 (Gesamtkosten 1,3 Milliarden Schweizer Franken) verbindet sich vor Ort mit dem Einsatz innovativer elektronischer Mess-, Kontroll- und Navigations-Techniken.

Tunnelbau • Norwegen • Messtechnik • Monitoring • Sprengvortrieb • Software

berG- undtunnelbau

39 „Spannungsmessungen mit dem FBG-Dehnungssensor – neue Grundlage für fels- oder tunneldynamische Dimensionierung untertägiger Hohlräume?“

Ingolf Baumann, Bernd Müller, Benjamin Litschko und Uwe PippigDie Bemessung und Dimensionierung unterirdischer Hohl-räume wird nahezu ausschließlich fels- bzw. tunnelstatisch vorgenommen. Durch den Einsatz eines optischen Faser-BRAGG-Gitter Sensors zur Messung von Dehnungs- und Stau-chungszuständen beim Sprengvortrieb konnten – ausgelöst durch den Sprengvortrieb – unerwartet hohe Spannungen ermittelt werden, die zur Überbelastung von Pfeilern führten. In bergmännisch erschlossenen Grubengebäuden und beim Tunnelvortrieb mit zwei Röhren sollten künftig die dynami-schen Einwirkungen besser überwacht und die Dimensionie-rung der Hohlräume an fels- oder tunneldynamische Bedin-gungen angepasst werden.

Bergbau • Tunnelbau • Sprengtechnik • Hohlraumbemes-sung • Messtechnik • Vortrieb

berGbau

46 Teufen zweier Gefrierschächte in der Kalilagerstätte Ust Yaiwa in RusslandStand der Arbeiten und Ausblick

Ralph SchilderDie Grundlagen, Voraussetzungen und Anwendungen für das Teufen zweier Gefrierschächte für das Projekt Ust Yaiwa in Russland werden beschrieben und ein Überblick über die bis-her geleisteten Arbeiten, einschließlich planerischer Hinter-grün- de gegeben. Die zur Abwicklung des Auftrags gewählten

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GeoResources Zeitschrift 1 | 2014Inhaltsverzeichniswww.georesources.net

Lösungsansätze und die bereits durchgeführten Arbeiten wer-den erläutert. Durch Parallelisierung von Arbeiten – beispiels-weise Einbringen der Fördereinrichtung bereits in der Teufpha-se – wurde das Projekt signifikant beschleunigt. Abschließend werden offenstehende Teile der Auftragsabwicklung kurz an-gesprochen.

Bergbau • Kali und Steinsalz • Schachtbau • Ausrichtung • Gefrierverfahren • Russland

58 Bergbauregion Ontario im Überblick – „Yours to discover“

Terrie RomanoMit zahlreichen Bodenschätzen, viel unerforschter Fläche für neue Explorationen sowie einem klassischen und stabilen Bergbausektor lockt Kanada seit jeher internationale Unter-nehmen an. Ontario ist dabei Kanadas Vorzeigeprovinz und eine der fünf bedeutendsten Regionen in der Rohstoffexplo-ration weltweit.

Bergbau • Kanada • Wirtschaft • Länder • Rohstoffe

Erst wenn die letzte Zeche geschlossen,das letzte Kraftwerk zu früh stillgelegt undder letzte Gashahn abgedreht ist,werdet ihr merken, dass ihr einen langen Atem für die Wende braucht.

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GeoResources Zeitschrift 1 | 2014www.georesources.netImpressum

GeoResources Portal:

Impressum

GeoResources Zeitschrift GeoResources Journal1. Jahrgang, Fachzeitschrift für Bergbau, Tunnelbau, Geotechnik und Equipment1st Year, Journal for Mining, Tunnelling, Geotechnics and EquipmentISSN 2364-0278

Erscheinungsweise: Das Erscheinen von GeoRe-sources ist mit jeweils 4 Ausgaben pro Jahr in deut-scher (GeoResources Zeitschrift) und 4 Ausgaben in englischer Sprache (GeoResources Journal) als On-line-Ausgaben (www.georesources.net) geplant. Ein eventueller Druck bleibt vorbehalten. Bei Interesse an einem gedruckten Exemplar setzen Sie sich bitte mit der Chefredaktion in Verbindung, um weitere In-formationen zu erhalten.

Bezugspreis:online-Ausgaben kostenfrei, Print-Ausgaben auf An-frage

Chefredaktion: Dr.-Ing. M.A. Katrin Brummermann Mobil: +49 151 70 888 162 E-Mail: [email protected]

Dipl.-Ing. Manfred KönigMobil: +49 172 244 16 16 E-Mail: [email protected]

Media und Anzeigen: E-Mail: [email protected], Mobil: +49 172 244 16 16 oder +49 151 70 888 162

Herstellung/Layout/DTP: Herbert StimperE-Mail: [email protected] KlickE-Mail: [email protected]

Herausgeber:GeoResources Portal Manfred KönigOleanderweg 1247228 DuisburgMobil: +49 172 244 1616 oder Tel.: +49 2043 93 75 222 E-Mail: [email protected]

Copyright Alle Rechte vorbehalten ©GeoResources Portal, Duisburg, www.georesources.net

Kein Teil dieser Zeitschrift darf ohne die Geneh-migung des Copyrightinhabers in irgendeiner Form,

durch Fotokopie, Mikrofilm oder andere Verfahren, reproduziert oder in eine von Maschinen oder Da-tenverarbeitungsanlagen verwendbare Form ge-bracht und genutzt werden. Ausgenommen sind Wissenschaft und nichtkommerzieller Unterricht. Eine Anzeige der Nutzung ist erwünscht. Die Inhalte der eingereichten Manuskripte bleiben im Eigentum der Autoren (Verfasser), solange die Einreichung un-entgeltlich erfolgte. Die inhaltliche Verantwortung für mit Namen gekennzeichnete Beiträge und gelie-ferte Fotos und Grafiken übernimmt der Verfasser.

TitelbildQuelle: Deilmann-Haniel. Auftraggeber: Uralkali. Bergwerk Ust Yaiwa, Schacht 1 in Russland. Vor-schachtbereich mit Schlitzwänden, Blick von der Teufsohle zur Arbeitsbühne.

Energie im FokusUmweltfreundliche Grubengasverwertung

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Grubengas verwerten bedeutet Klimaschutz, Sicherheit, Energieeffizienz: Die STEAG New Energies GmbH ist in Deutschland Marktführer bei der energetischen Nutzung von Grubengas. Über 100 dezentrale Heiz- und Block-heizkraftwerke an der Ruhr und der Saar verwerten das im Grubengas enthaltene Methan und erzeugen daraus umweltfreundliche Wärme und Strom.

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GeoResources Zeitschrift 1 | 2014

6Auf ein Wort

The missing Link – GeoResources ZeitschriftBrummermann und König::

www.georesources.net

The missing Link – GeoResources ZeitschriftDr.-Ing. M.A. Katrin Brummermann und Dipl.-Ing. Manfred König, GeoResources Verlag, Duisburg, Deutschland

„Papier ist geduldig, der Leser nicht.“unbekannt

Sie haben die erste deutsche Ausgabe der Zeitschrift GeoResources vor Augen. Vielleicht fragen Sie sich, was Ihnen diese neue Zeitschrift bietet – in einer Zeit, in der wir mit Informationen überflutet werden? Und was soll dieser Ausspruch „The missing Link“ in der Überschrift? Wir hoffen, dass wir überzeugende Ant-worten auf Ihre berechtigten Fragen haben.

GeoResources behandelt das Themenspektrum Bergbau, Energie und Rohstoffe im Untergrund, Geo-technik sowie Tunnelbau. Sie ist eine global kostenfrei verfügbare online-Zeitschrift mit deutschen und engli-schen Ausgaben für professionell redigierte und gestal-tete Fachbeiträge zum genannten Themenspektrum. Sie wird in einem Portal veröffentlicht, das zeitnah aktuelle Nachrichten aus demselben Themenspektrum verbreitet. Die Online-Ausgaben können bei Bedarf ge-zielt um Print ausgaben ergänzt werden. Beiträge kön-nen nur englisch, nur deutsch oder in beiden Sprachen erscheinen. Die GeoResources Zeitschrift bietet also Fachautoren Raum zum Schreiben, Lesern Stoff zum Lesen und Unternehmen eine gute Plattform zum Wer-ben für ihre Produkte und Dienstleistungen.

„Der Mensch von heute hat so viel zu lesen, dass er nicht mehr zum Lesen kommt.“Stefan Fleischer

Auf Menschen – besonders auch Kinder und Jugendli-che –, die konzentriert in ihre Lektüre versunken sind und hinterher fasziniert und mit leuchtenden Augen da-von berichten, trifft man heutzutage viel seltener als vor 20 Jahren. Schüler und Erwachsene, die pausenlos und überall hektisch auf neue Informationen reagieren, tele-fonieren und flüchtig geschriebene Nachrichten verschi-cken, gehören hingegen schon zur Alltagsnormalität.

„Die Computer-Generation klickt inzwi-schen mehr Seiten an, als sie vorher je umgeblättert hat.“Willy Meurer

Und in dieser Zeit starten wir im GeoResources Verlag mit einer neuen Fachzeitschrift. Gibt es denn dafür Be-darf und können wir das leisten? Diese Frage haben wir uns auch gestellt und nicht spontan beantwortet. Das Ideenkonzept ist in den letzten Jahren gereift. Es ist ein einfaches Konzept. Es bricht zugunsten der Funktion mit einigen Konventionen, ohne völliges Neuland zu betreten. Wir kombinieren – zugegebenermaßen – in

Quelle: Metal Chain Concept Graphic: ©qstockmedia – Fotolia.com

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GeoResources Zeitschrift 1 | 2014

7 Auf ein Wort

The missing Link – GeoResources ZeitschriftBrummermann und König:

www.georesources.net

„Lesen bildet ungemein.“Deutsches Sprichwort/„Wer  lesen kann, ist klar im Vorteil.“unbekannt

Eine fachlich kompetente redaktionelle Bearbeitung mit ausreichendem Zeitbudget sind Kernstück der Verlags arbeit und unantastbar. Das ist uns ein wichtiges Anliegen und für uns ein Schlüssel zum Erfolg. In die-sem Sinne möchten wir Sie bei der Entwicklung Ihrer Beiträge unterstützen.

„Schreibe kurz – und sie werden es lesen. Schreibe klar – und sie werden es verste-hen. Schreibe bildhaft – und sie werden es im Gedächtnis behalten.“Joseph Pulitzer

Was haben wir konkret vor? Wir entschlacken die Fach-zeitschrift von Kurznachrichten, die wir viel aktueller online im Portal unter www.georesources.net zur Ver-fügung stellen können. Wir stellen die Fachzeitschrift professionell redigiert und gestaltet weltweit und lang-fristig online kostenfrei zur Verfügung. Beiträge können nur in deutscher, nur in englischer oder in beiden Spra-chen veröffentlicht werden. Anzeigenkunden bieten wir mit unserem Portal und der Zeitschrift eine gute Platt-form, ihre Produkte und Dienstleistungen zu bewerben.

„The missing Link“Wie im Bild zu diesem Beitrag visualisiert, möchten wir gemeinsam mit Ihnen fehlende Verbindungen oder mis-sing Links setzen:

▶ Zwischen klassischen Printlesern und der Computer-Generation.

▶ Zwischen dem schnellen Suchen und Nachschlagen eines Teilaspekts und dem gründlichen Lesen eines Fachbeitrags.

▶ Zwischen Fachleuten aus den Themengebieten Berg-bau, Rohstoffe und Energie im Untergrund, Geo-technik und Tunnelbau.

▶ Zwischen fachlichen und gesellschaftlichen Aspek-ten.

▶ Zwischen Ihren interessanten Arbeitserfahrungen und Fachbeiträgen darüber in unserer Zeitschrift.

▶ Zwischen Ihrem Unternehmen als Anbieter und Auftraggebern in aller Welt.

▶ Zwischen Kreativen zum Ideenaustausch. ▶ Zwischen dem Lesen über das Nachdenken zum Um-

setzen der neuen Erkenntnisse in die Praxis. ▶ Zwischen dem Lesen aus Pflicht und dem Lesen mit

Vergnügen und Genuss.

Wir freuen uns auf Ihre Mitarbeit und Unterstüt-zung als Fachautoren, Leser und Anzeigenkunden. Ihre Anregungen sind uns jederzeit willkommen ([email protected] und [email protected]), denn wir möchten unsere Arbeit auch mit Ihren Augen sehen und Ihr Feedback zur Weiterentwick-lung nutzen.

Ihre Katrin Brummerman und Manfred König

etwas unkonventioneller Weise einzelne Bausteine, mit denen wir in den letzten Jahren gute Erfahrungen ge-sammelt haben, und fügen sie für das GeoResources Portal und die Zeitschrift zusammen.

Im Themenspektrum von GeoResources fühlen wir uns als Bergbauingenieur und als Bauingenieurin fachlich zuhause. Wie schon in den vergangenen Jah-ren verlegen wir weiterhin den Untergrund in den Vor-dergrund. Unser Ziel ist, beiden Schwerpunkten ein-zeln gerecht zu werden, aber auch Synergien zu nutzen und mit einem Blick über den Tellerrand fruchtbaren Austausch zu ermöglichen. Wir haben die Interessen und Bedürfnisse der Branche in Wirtschaft und Gesell-schaft, aber auch die Fachautoren und die Leser in ihrer aktuellen Arbeitssituation und mit ihren Bedürfnissen im Fokus. Zudem spielt unsere Identifikation mit der Redaktionsarbeit eine wichtige Rolle.

„Das Lesen nimmt so gut wie das Reisen die Einseitigkeit aus dem Kopfe.“Jean Paul

Unsere Branche benötigt einen fundierten nationalen und internationalen fachlichen Austausch. Dieser trägt zur Weiterentwicklung und Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen, zur Ideenbildung, zur Weiterbil-dung und zur Beseitigung von grenzüberschreitenden Verständigungsschwierigkeiten bei.

„Denken um zu schreiben um zu denken.“Manfred Hinrich/„Das Beste fällt mir immer erst über dem Schreiben ein.“Gottfried Keller

Studien und unsere persönlichen Erfahrungen haben gezeigt, dass Ingenieure überwiegend zu dem Schreiber-typ gehören, der Schreiben als nachgeordnete Tätigkeit, also als Arbeit nach der Arbeit zum Fixieren der „eigent-lichen“ Arbeitsergebnisse ansieht. Auf Nutzerorientie-rung achten sie dabei selten. Der Ausspruch von Man-fred Hinrich „Denken um zu schreiben um zu denken“ beleuchtet eine kreative Dimension des Schreibens, die wir gerne bei unserer Redaktionsarbeit im Austausch mit Ihnen als Fachautoren erleben möchten.

„Wer schreibt, bleibt.“Bekanntes Sprichwort

Wir möchten Sie als zeitlich im Tagesgeschäft einge-spannte Fachautoren bei der verständlichen und nut-zerorientierten Darstellung Ihrer Inhalte in Wort und Bild unterstützen, damit Sie „schreiben und bleiben“.

„Schreib den ersten Satz so, dass der Leser unbedingt auch den zweiten lesen will.“William Faulkner

Wir möchten Ihnen als Leser durch gut redigierte und nutzerorientiert aufbereitete Fachartikel den Einstieg in die vertiefte und konzentrierte Fachlektüre erleich-tern. Durch die online-Bereitstellung, also die einfache Verfügbarkeit mit wenigen Klicks, wollen wir aber an-dererseits der Computer- und Handygeneration entge-genkommen. Dann können Sie als interessierter Leser auf die Beiträge zugreifen, „lesen und klar im Vorteil sein“.

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GeoResources Zeitschrift 1 | 2014

8Geotechnik

Hochwasserschutz: Reaktivierung Stauhaltungsdamm auf gering tragfähigem UntergrundDüser:

www.georesources.net

Hochwasserschutz: Reaktivierung eines Stauhal-tungsdamms auf gering tragfähigem BaugrundDr.-Ing. Olaf Düser, Dr. Ebel & Co. Ingenieurgesellschaft für Geotechnik und Wasserwirtschaft mbH, Bad Wurzach, Deutschland

1 Aufgabe

Zur Verbesserung des Hochwasserschutzes sollte vor einigen Jahren im Allgäu bei Isny im Süden Deutsch-lands neuer Stauraum geschaffen werden. Zu diesem Zweck wurde eine über viele Jahrhunderte bis etwa zum Jahr 1945 betriebene Stauhaltung wieder akti-viert, die nach einem Dammbruch nicht wieder her-gerichtet worden war. Dazu mussten noch vorhandene historische Dammkonstruktionen modifiziert werden. Die Dämme mussten erhöht und verbreitert werden.

Zum Schutz vor Hochwasser wurde ein histori-scher Stauhaltungsdamm auf gering tragfähigem Baugrund in Süddeutschland reaktiviert. Das Re-aktivierungskonzept mit Bodenverfestigung und Geogitterbewehrung und die Bauausführung werden erläutert. Die bei Kontrollmessungen nach der Fertigstellung ermittelten Setzungen werden mit den prognostizierten verglichen.

Geotechnik • Hochwasserschutz • Dammbau • Geokunststoffe • Bodenverbesserung • Beob-achtungsmethode

Es sollte ein Stauvolumen von ca. 22.000  m³ erreicht werden.

In einem Bauabschnitt stellte der äußerst gering tragfähige Untergrund eine besondere Herausforde-rung dar. Es stand bis etwa 6 m unter Gelände Torf an. Eine Baugrundverbesserung war wegen des unmittelbar anschließenden Landschaftsschutzgebiets nicht durch-setzbar. Deshalb konnten erhebliche Verformungen im Zusammenhang mit den Ertüchtigungs- und den Neu-baumaßnahmen nicht vermieden werden. Die Damm-konstruktion musste vielmehr an die zu erwartenden großen Verformungen angepasst werden. Zu diesem Zweck sollte ein Bauwerk mit duktilem Materialverhal-ten hergestellt werden.

Dieser Beitrag gibt zunächst Hinweise zur Historie der Stauanlage. Er erläutert die Ausgangssituation für das Hochwasserschutzprojekt, also die vor Beginn der Maßnahme vorhandene Dammkonstruktion und die Dammabmessungen sowie die Baugrundverhältnisse. Im Folgenden wird auf das Konzept zur Ertüchtigung des Damms und danach die Bauausführung eingegan-gen. In dem Konzept werden ein Bindemittel zur Er-höhung der Festigkeit des für die Dammerweiterung verfügbaren Erdstoffs und Geogitterlagen zur Beweh-rung der Konstruktion genutzt. Abschließend wird an-hand von Messergebnissen gezeigt, wie die ertüchtigte Dammkonstruktion die in den ersten sieben Betriebs-jahren planmäßig erwarteten Verformungen von mehr als einem Meter standsicher überbrücken konnte. Die gemessenen Setzungen werden mit den prognostizier-ten verglichen.

2 Historie des StauhaltungsdammsVon Mitte des 16. bis ungefähr zur Mitte des 20. Jahr-hunderts wurde bei Isny im Allgäu eine Stauhaltung zur Fischzucht und für Bewässerungsmaßnahmen betrie-ben. Urkundlich wurde sie erstmals etwa im Jahr 1540 erwähnt. Im Jahr 1945 wurde die Stauhaltung nach ei-nem Dammbruch im Bereich des Grundablasses außer Betrieb genommen.

Der Weiher wurde früher in unterschiedlichen Zeit-räumen abgelassen und der trocken gefallene Seegrund landwirtschaftlich genutzt – unter anderem zum Ge-treideanbau. Damit wurde eine Verkrautung des Gewäs-sers vermieden und der fruchtbare Schlamm genutzt. Nachfolgend wurde der Weiher dann wieder angestaut. In Teilbereichen außerhalb des Stauraums wurde ein Naturschutzgebiet ausgewiesen, in das Baumaßnahmen nicht eingreifen dürfen.

Bild 1: Dammkörper vor Projektbeginn (Stauraumseite links mit Baum- und Strauchbe-stand und Naturschutzgebiet rechts ab Dammfuß)

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GeoResources Zeitschrift 1 | 2014

9 Geotechnik

Hochwasserschutz: Reaktivierung Stauhaltungsdamm auf gering tragfähigem UntergrundDüser:

www.georesources.net

Neben klassifizierenden Untersuchungen der Bau-grundschichten und des Dammbestands – also Ermitt-lung von Wassergehalt, Plastizität, Korngrößenvertei-lung und Wasserdurchlässigkeit – wurden insbesondere dieFestigkeitseigenschaften des als stark kompressibel zu erwartenden Torfs untersucht. Eindimensionale Kom-pressionsversuche ergaben bei der Erstbelastung Steife-module Es zwischen 200 und 400 kN/m². Der Wasser-durchlässigkeitsbeiwert k10 wurde im Bereich von rund 1·10-8 m/s bestimmt. Im direkten Scherversuch ergaben sich innere Reibungswinkel ϕ´ von rund 15° und Kohä-sionswerte c´ im Mittel von 3 kN/m².

Ein eindimensionales Konsolidationsmodell wurde für eine Auflastspannung von rund 60 kN/m² ermittelt, was einer Dammschüttung von rund 3  m Höhe ent-spricht. Bei einer Torfmächtigkeit von 6 m und den zu-

Bild 2: Dammbestand und Baugrund im Bereich des gering tragfähigen Untergrunds vor Projektbeginn

Bild 3: Zeit-Setzungsverhalten bei eindimensionaler Kon-solidation bei Auflastspannung von 60 kN/m2 und Torfmächtigkeit von 6 m

Weil der aufgelassene Stauraum zur temporären Hochwasserrückhaltung genutzt werden soll, wurde im Jahr 2006 mit Restaurierungs- und Ausbaumaßnah-men zur Reaktivierung des Damms begonnen.

3 Dammbestand und Baugrund­verhältnisse vor Projektbeginn

Das Bild 1 zeigt ein Foto des Damms vor Projektbe-ginn. Die Stauraumseite liegt links und weist Baum- und Strauchbestand auf. Am Dammfuß auf der rechten Seite beginnt der Biotopbereich, also das Na-turschutzgebiet. Im Bild  2 ist der Dammquerschnitt als Prinzipskizze mit den Baugrundverhältnissen im Bauabschnitt mit sehr gering tragfähigem Untergrund dargestellt.

Die Dammhöhen lagen bei etwa zwei Metern. Der Freibord lag ehemals bei unter 0,5 m. Die Krone war mit weniger als zwei Meter Breite vergleichsweise schmal und nicht befahrbar ausgebildet. Die Bö-schungsneigungen zur Wasser- und zur Luftseite lagen zwischen 1 : 1,5 und 1 : 2.

Im Stauraum waren über die Betriebszeit von über 400 Jahren Sedimente in einer Stärke um 0,5 m durch Schürfe nachweisbar. Eine Baugrunderkundung im Be-reich des alten Dammbestands zeigte ein uneinheitli-ches Baugrundprofil. In einzelnen Abschnitten steht geländenah Geschiebemergel (bindiges Moränenma-terial) an. In anderen Abschnitten sind mehrere Meter starke, wenig zersetzte Torfschichten bis auf Gelände-niveau vorhanden. Unter dem Torf folgen ältere Seese-dimente, Geschiebemergel und Druckwasser führende eiszeitliche Schmelzwasserkiese. Der Dammbestand setzt sich aus sandigen, teils kiesigen Schluffen mit lo-kalen organischen Beimengungen zusammen. Es sind Wurzeln durch Baumbewuchs vorhanden. Wurzelka-näle und Grabgänge durch Wühltiere waren nachweis-bar.

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GeoResources Zeitschrift 1 | 2014

10Geotechnik

Hochwasserschutz: Reaktivierung Stauhaltungsdamm auf gering tragfähigem UntergrundDüser:

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vor erläuterten bodenmechanischen Kennwerten ergibt sich das im Bild 3 dargestellte Zeit-Setzungsverhalten. Eine Entwässerung erfolgt im Modellansatz nur einsei-tig nach oben, da unter dem Torf mit den Seetonen und dem Geschiebemergel gering bis sehr gering wasser-durchlässige Baugrundschichten angetroffen wurden. Mit den ermittelten bodenmechanischen Kennwerten werden Setzungen für den organischen Untergrund von etwa 120 cm errechnet.

Es zeigt sich, dass bei den vorgegebenen Randbe-dingungen rechnerische Konsolidationszeiten von etwa 8 Jahren zu erwarten sind. Der Hauptanteil der vertikalen Verformungen von über 90 cm ist dabei nach rund zwei Jahren abgeschlossen.

4 Konzept der DammertüchtigungDie bestehende Dammkonstruktion war ehemals bis auf zwischenzeitliche vergleichsweise kurze Abstau- perioden dauerhaft eingestaut. Nunmehr sollte im Rah-men des Hochwasserschutzes zwar kein Dauereinstau mehr erfolgen, stattdessen sollten aber höhere Einstau-niveaus erreicht werden. Erdstatische Vorbetrachtun-gen am Bestand zeigten bereits für die alte Einstausi-tuation erhebliche Standsicherheitsdefizite bezogen auf die heutigen Anforderungen an Stauhaltungsdämme. Dies traf insbesondere auf die Dammbereiche zu, die auf den gering tragfähigen Torfschichten gegründet sind.

Der Dammbestand sollte so gut wie möglich in eine Reaktivierung einbezogen werden. Diesem Wunsch konnte entsprochen werden, indem die Dammertüch-

tigung hauptsächlich auf den Bereich der Wasserseite verlegt wurde.

Reaktivierungen waren insbesondere im Bereich des gering tragfähigen Untergrunds als schwierig zu be-zeichnen. Das benachbarte Biotop und Naturschutzge-biet durfte nicht angetastet werden. Dazu gehörte auch, dass die Grundwassersituation nicht verändert werden durfte. Eine Stabilisierung des Untergrunds schied da-mit aus. Somit wurde das Konzept einer „schwimmen-den“ Dammgründung verfolgt. Das bedeutet:

▶ Der Dammkörper erfährt erhebliche Setzungen (Bild 3).

▶ Das Erdbauwerk muss eine ausreichende Festigkeit aufweisen, sodass im Zuge des Setzungsverlaufs keine Schwächungen durch Risse und Teilabbrüche auftre-ten.

▶ Zum benachbarten Dammbestand, der im weiteren Trassenverlauf allmählich auf geringer kompressi-blen Untergrund gründet, muss ein kraftschlüssiger Übergang erfolgen, sodass keine Zerrrisse auftreten können.

Im Zuge von Optimierungsberechnungen wurde für den gering tragfähigen Untergrund eine Konstruktion mit mehreren Geogitterlagen und erhöhter Scherfestig-keit entwickelt. Im Bild 4 ist die Konstruktion darge-stellt.

Als Geogitter sollten dehnsteife Kunststoffe aus PET (Polyethylenterephthalat) zum Einsatz kommen. Die Gitter wurden für eine Standzeit von über 100 Jahren dimensioniert. Bei der Produktwahl war sicher-zustellen, dass bei Längsdehnungen von unter 2 % dau-

Bild 4: Schwimmende Dammgründung mit mehreren Lagen hochzugfester Geogitter

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GeoResources Zeitschrift 1 | 2014

11 Geotechnik

Hochwasserschutz: Reaktivierung Stauhaltungsdamm auf gering tragfähigem UntergrundDüser:

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erhaft Zugkräfte von mindestens 20  kN/m aktiviert werden können.

Der Dammbestand, der zukünftig als stützender Vor-damm zur Luftseite des neu zu errichtenden Erdkörpers dient, war zunächst von Bewuchs und Wurzelwerk zu befreien. Auf der Wasserseite wurde für den Lastfall „ra-scher Wasserspiegelabsunk“ eine Fußvorlage aus Brech-korn angeordnet. Damit erfolgt eine zusätzliche Stüt-zung bei Wirkung von Sickerströmung und Spreizen. Auf der Luftseite wurde eine Dränage in den Übergangs-bereich von Dammbestand und -neubau eingeplant.

Basierend auf den erdstatischen und den geohyd-raulischen Berechnungen waren folgende bodenme-chanische Eigenschaften für eine ausreichende Stand-sicher heit des neuen Erdkörpers nachzuweisen:

▶ Innerer Reibungswinkel ϕk´ ≥ 25° ▶ Kohäsion ck´ ≥ 7 kN/m² ▶ Steifemodul Es,k ≥ 5 MN/m² ▶ Wasserdurchlässigkeit k10 ≤ 1·10-7 m/s ▶ Einbauwichte γk ≥ 19 kN/m³ ▶ Verdichtungsgrad DPr ≥ 97 %

5 Konditionierung des Dammbaumaterials

Als Dammbaumaterial musste ein bindiger Erdstoff gewählt werden, der neben guten Verdichtungseigen-schaften und geringer Wasserdurchlässigkeit auch ver-gleichsweise hohe Scherfestigkeit aufweist.

In der Nähe der zu ertüchtigenden Stauhaltung wurde im Zuge der Bauarbeiten für eine Umgehungs-straße ein großer Einschnitt aufgefahren. Aus dem Einschnitt konnten genügend bindige Erdstoffe für die Dammbaumaßnahmen entnommen werden.

Zur Verfügung standen Verwitterungslehme, Ver-witterungskiese und Geschiebemergel. Die Böden wie-

Bild 5: Korngrößenbereich der zum Dammbau zu verwertenden Erdstoffe

Bild 6: Ergebnisse einaxialer Druckversuchen an verdichteten Erdstoffproben ohne und mit Bindemittelzugabe

Bild 7: Einbau der ersten Schüttlage auf vliesunterlegtem Geogitter

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GeoResources Zeitschrift 1 | 2014

12Geotechnik

Hochwasserschutz: Reaktivierung Stauhaltungsdamm auf gering tragfähigem UntergrundDüser:

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Bild 8: Weiterer Baufortschritt im Bereich des gering tragfähigen Baugrunds

die geforderte Scherfestigkeit ohne Zusatzmaßnah-men im verdichteten Zustand nicht erreicht werden konnte.

Um ausreichende Qualität des Erdbaustoffs mit Blick auf Verdichtbarkeit und Scherfestigkeit sicher-stellen zu können, wurde ein hydraulisches Mischbin-demittel aus Zement und Weißfeinkalk zugesetzt. Der Zement dient dabei zur Erhöhung der Scherfestigkeit, insbesondere des Scherparameters Kohäsion. Mit dem Weißfeinkalk wird durch chemische Bindung eine Re-duktion des zu hohen Wasseranteils erreicht.

Über eine Eignungsprüfung wurde die erforder-liche Dosiermenge bestimmt. Im Bild  6 sind die Ergebnisse von einaxialen Druckversuchen nach DIN  18136 an verdichteten Probekörpern ohne Bindemittel sowie mit 4 und 6 Massen-% Bindemit-telzugabe dargestellt. Die mit Bindemittel versetzten Proben wurden nach der Herstellung über sieben Tage im Feuchtraum anschließend 24 h unter Wasser gelagert und dann abgedrückt. Die ohne Bindemittel hergestellte Probe wurde bis zur Druckprüfung nur im Feuchtraum gelagert.

Durch eine Bindemittelzugabe von 4  Massen-% konnten die geforderten bodenmechanischen Parame-ter für den Dammaufbau generell sichergestellt werden. Für die unteren Einbaulagen wurde eine höhere Bin-demitteldosierung um 6 Massen-% gefahren. Grün-de dafür waren der hohe Wassergehalt und die starke Nachgiebigkeit der gering tragfähigen Torfschichten. Der geforderte Verdichtungsgrad konnte trotz Geo-gitterunterlagerung nicht gleich in der ersten Schütt-lage gewährleistet werden. Die damit zu erwartende verminderte Festigkeit wurde durch höhere Bindemit-teldosierung ausgeglichen. Weiterhin wurde auf diese Weise ein Verdichtungswiderlager für den nachfolgen-den Schichtenaufbau geschaffen.

Die Bindemittelzugabe und die Untermischung er-folgten im Bereich des Abbaufelds, um Gewässerverun-reinigungen an der Einbaustelle sicher auszuschließen. Die Arbeiten mit dem Bindemittel wurden nur bei tro-ckener und frostfreier Witterung vorgenommen. Trotz-dem wurden Vorkehrungen mit Verwallungen getrof-fen, sodass im Falle eines Starkregens abgeschwemmtes Bindemittel nicht in die Vorflut gelangen konnte. Durch laufende Kontrollen im Zuge der Fremd- und Eigenüberwachung während der Erdbaumaßnahmen konnte die geforderte Einbauqualität sichergestellt werden.

6 BauausführungZunächst wurde der Dammbestand von Sträuchern und Bäumen befreit und die organischen Deckschich-ten abgetragen. Anschließend wurde stauraumseitig der Bewuchs im Bereich der zukünftigen Dammtrasse entfernt, die Deckschicht in einer Stärke um 0,5 m ab-getragen und seitlich zur Wiederan deckung gelagert. Danach wurde die erste Lage hochzugfester Geogitter zusammen über einer Lage eines geotextilen Vliesstoffs ausgelegt und die erste Dammlage in einer Stärke um

Bild 9: Fertig gestellter Dammabschnitt auf gering tragfähigem Untergrund mit Blick in den zukünftigen Stauraum

sen im natürlich erdfeuchten Zustand vornehmlich eine weiche Konsistenz auf.

Für die zur Verfügung stehenden Erdstoffe wur-de eine Bandbreite der Wassergehalte von 9,5 bis 21,5 Massen-% festgestellt. Verdichtete repräsentative Mischproben zeigten einen optimalen Wassergehalt von 10,4 Massen-% bei einfacher Proctordichte an. Die Wasserdurchlässigkeit k10 von verdichtetem Probenma-terial wurde zwischen 10-8 und 10-9 m/s bestimmt. Der Glühverlust lag zwischen 1 und 3 Massen-%. Alle Erd-stoffe zeigten eine weitgestufte Kornverteilung von der Ton- bis zur Kiesfraktion (Bild 5).

Die für den Dammbau zur Verfügung stehenden Erdstoffe waren zwar gering wasserdurchlässig, die große Wassergehaltsspanne zeigte jedoch bereits an, dass der geforderte Verdichtungsgrad DPr von min-destens 97 % nicht sichergestellt werden konnte. Aus Voruntersuchungen war weiterhin festzustellen, dass

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13 Geotechnik

Hochwasserschutz: Reaktivierung Stauhaltungsdamm auf gering tragfähigem UntergrundDüser:

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ßig erwarteten Verformungen von mehr als einem Me-ter standsicher überbrücken.

Quelle: Der Beitrag wurde im Rahmen des „9. Kolloquium Bauen in Boden und Fels“ im Jahr 2014 als Vortrag gehalten.

Bild 10: Prognostizierte und gemessene Vertikalverformung des Dammkörpers im Bereich des gering tragfähi-gen Untergrunds

40 cm im Einbau vor Kopf aufgeschüttet. Arbeiten wa-ren nur vor Kopf möglich, da die Baugeräte sonst we-gen des gering tragfähigen Baugrunds versackt wären. Eine Bergung wäre – wenn überhaupt – nur mit erheb-lichem Aufwand möglich gewesen.

Die erste Schüttlage wurde vorsichtig und haupt-sächlich statisch verdichtet, damit kein Wasser hoch-gezogen wurde. Die nächste Lage wurde nach Einbau von Geogittern unverzüglich mit stärkerem Verdich-tungseinsatz aufgebaut. Bild 7 und Bild 8 zeigen Bau-zustände während der Herstellung der ersten Lage. Der Dammbestand diente insbesondere im Bereich des gering tragfähigen Baugrunds zugleich als Baustraße. Bild 9 gibt einen Eindruck vom Damm kurz nach sei-ner Fertigstellung.

7 Setzungsmessungen nach der  Fertigstellung

Im Bereich der Dammtrasse wurden Setzungspegel vor Beginn der Aufschüttungen gesetzt. Inzwischen ist der Dammkörper seit sieben Jahren fertig gestellt.

Im Bild 10 sind die gemessenen Vertikalverformun-gen zusammen mit dem prognostizierten Verformungs-modell (Bild  4) dargestellt. Es zeigt sich eine gute Übereinstimmung zwischen gemessenen und prognos-tizierten Werten. Die ertüchtigte Dammkonstruktion konnte die in den ersten sieben Betriebsjahren planmä-

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14Tunnelbau

Gotthard-Basistunnel – Risiken und SicherheitsmassnahmenVetsch:

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Gotthard-BasistunnelRisiken erfassen, Sicherheitsmassnahmen ergreifen und Restrisiko akzeptierenHans-Peter Vetsch, Vetsch Rail Consulting GmbH, Bützberg, Schweiz

1 Risiken definieren

Am Anfang eines Projekts, speziell im Bereich Ver-kehrssysteme, stellen sich für den Nutzer vier wichtige Fragen im Zusammenhang mit der Sicherheit:

▶ Wie viel Sicherheit wird verlangt? ▶ Wie wird das Sicherheitsniveau erreicht? ▶ Wie kann man Sicherheit messen? ▶ Wie viel Geld ist der Besteller bereit zu zahlen?

Finanzielle Mittel für Sicherheitsmassnahmen sollen mit einem definierten Restrisiko gezielt eingesetzt werden. Am Beispiel des Gotthard-Basistunnels, des längsten Eisenbahntunnels der Welt, wird ein möglicher Ansatz zur Lösung dieser Aufgabe beschrieben.

Tunnelbau l Risikoanalyse l Betriebssicherheit l Finanzierung l Fallbeispiel l Schweiz

Bild 1: Jahrhundertbauwerk Gotthard-BasistunnelQuelle: AlpTransit Gotthard AG

1.1 Wie viel Sicherheit wird verlangt?

Bei neuen Grossprojekten, wie dem Jahrhundertbau-werk Gotthard-Basistunnel (Bild  1), besteht stets die Möglichkeit, dass man die Sicherheitsforderungen auf der Infrastrukturseite massiv in die Höhe schraubt. Da-bei lauern die Gefahren der Eisenbahn grösstenteils auf älteren Streckenabschnitten und im älteren Rollmateri-al, die nicht mit neuen Technologien beziehungsweise nach heutigem Erkenntnisstand gebaut wurden. In Eu-ropa sind die Strecken inklusive der meisten Tunnel-strecken teilweise über 100 Jahre alt.

Ein ausgewogenes Sicherheitsniveau innerhalb eines Lands und nach Möglichkeit innerhalb der EU sowie für die verschiedenen Verkehrsträger muss das Ziel sein. Im System Bahn soll zwischen den Bereichen Rohbau, Technik, Betrieb und Organisation eine abgestimmte Sicherheit für die Reisenden angestrebt werden. Nicht zuletzt muss auch der finanzielle Aufwand für die je-weils zu erzielende Risikoreduktion ausgewogen sein.

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15 Tunnelbau

Gotthard-Basistunnel – Risiken und SicherheitsmassnahmenVetsch:

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Oktober 2001 forderte 11 Menschenleben. Das veran-lasste die Schweizer Behörden in Strassen- und Bahn-tunneln für hunderte Millionen Schweizer Franken vorwiegend Selbstrettungsmassnahmen und Lüftungs-anlagen nachzurüsten. Doch man vergass auch hier die Ursache. Ein betrunkener Chauffeur hatte nichts anderes als einen schlimmen Verkehrsunfall verursacht. Nach diesem Vorfall ist es bis heute keiner Behörde in den Sinn gekommen, Forderungen nach einem Alko-holtest mit Abfahrsperre des Autos ab einem zu definie-renden Grenzalkoholgehalt als Massnahme umzusetzen beziehungsweise im Gesetz zu verankern.Beispiel 4: World Trade Center WTC „9/11“Auch die Falscheinschätzung einer Gefahr kann vie-le Todesopfer fordern. Hätte man bei den Rettungs-massnahmen für „9/11“ gewusst, dass die Türme des WTC einstürzen, wären heute wohl noch 300 Feu-erwehrmänner New Yorks am Leben. Dann hätte ihr Einsatzdispositiv vermutlich anders ausgesehen. Auch in einem anderen Fall hätte der tragische Tod von 19 jungen Feuerwehrmännern verhindert werden können. Sie hatten versucht, einen Buschbrand in Arizona zu lö-schen, obwohl ihr Dorf bereits verloren war. Wald- und Buschbrände dieser Grössenordnung sind in der Regel ohnehin nur durch die Natur selber durch Regen und günstigere Windverhältnisse löschbar.Beispiel 5: Brand im Simplon-EisenbahntunnelDer Brand im Simplon-Eisenbahntunnel im Juni 2011 konnte auch mit 1 Mio. Liter Wasser nicht gelöscht wer-den. Der Einsatzkommandant des Lösch- und Rettungs-zugs hatte – wohl mit weiser Besonnenheit – keinen seiner Leute der Gefahr des Rauchs oder herab fallender Teile ausgesetzt und musste fast machtlos zuschauen, wie sich der Brand dem Zug entlang nach Süden vor-schob, bis auch der letzte Wagen verbrannt war. Inter-essanterweise sind hier die Industrie, die Forschung und die Betreiber auf keine Lösung gekommen oder haben

Bild 2: Schutzziele AlpTransit Quelle: Emch und Berger AG, Bern

1.2 Wie wird das Sicherheits-niveau erreicht?

Der Sicherheitslevel wird heutzutage leider sehr durch die Medien beeinflusst – teilweise mit reisserischen Berichten. Medien – insbesondere die Boulevardpres-se und das Fernsehen – fordern Massnahmen ein, die Grundsätzen und Regeln zu einer ausgewogenen Si-cherheitspolitik nicht entsprechen. Ein Teil der gefor-derten Massnahmen ist gemäss den gesetzten Rahmen-bedingungen nicht sinnvoll umsetzbar. Die Gefahren werden nicht richtig eingeschätzt und falsche oder unzweckmässige und unausgewogene Massnahmen ge-fordert. Einige Beispiele sollen diese Problematik ver-deutlichen:Beispiel 1: Gefahren im Urlaub Geht es darum zu bestimmen, welche Gefahren im Ur-laub am Meer, in einem tropischen Land oder zu Hause lauern, gehen die Meinungen nicht weit auseinander. Bulldogen, Bienen, Haie und vor allem der böse Weis-se Hai, Blitzschläge, Schlangenbisse oder gar fallende Kokosnüsse stellen alle ein gewisses Gefahrenpotenzial dar. Urteilen wir nach den Medien und insbesondere nach der Schriftgrösse der Artikel, der Grösse der Bil-der und der Artikellängen, liegt es nahe, dass in der heutigen Zeit der weisse Hai, der Menschenkiller der Weltmeere, die grösste Gefahr ist. In einem Anfang der 1990er-Jahre gehaltenen Vortrag [1] sagt aber Hueter, der Direktor des Hai-Forschungszentrums von Saraso-ta in Florida, dass die Wahrscheinlichkeit eines Haian-griffs nur eins zu zehn Millionen betrage. Im Jahr 2001 registrierte die ISAF (International Security Assistance Force) weltweit 76 Haiangriffe, von denen fünf zum Tod führten. Dagegen werden jedes Jahr weltweit etwa 150 Menschen an Stränden von einer Kokosnuss er-schlagen. Abgesehen davon ist die Gefahr, durch einen Blitzschlag, durch Bisse von Schlangen oder Hunden oder sogar durch Bienen- oder Wespenstiche zu ster-ben, noch viel grösser, als von der „Bestie Hai“ atta-ckiert zu werden. Die negative Einschätzung dieser ele-ganten Meerestiere kam erst nach der Filmtrilogie „Der weisse Hai“ so richtig in Fahrt. Beispiel 2: Brandkatastrophe im Strassen tunnel un-ter dem Mont BlancNach der Brandkatastrophe im Strassentunnel unter dem Mont Blanc im März 1999, bei dem 39 Menschen zu Tode kamen, wurden für die Tunnelinfrastruktur Massnahmen in Milliardenhöhe gefordert. Im Tunnel wurde infolgedessen eine permanente Feuerwehr stati-oniert, um schneller am Einsatzort zu sein. Ursache die-ses Unfalls war eine weggeworfene Zigarette, die den Motor eines Sattelschleppers zum Brennen brachte. Bis heute gibt es aber in der EU keine Forderung nach Selbstlöschanlagen in Motoren von Lkws oder Pkws. Die Autolobby der EU konnte das bis heute erfolgreich mit dem Argument verhindern, dass dadurch die Autos teurer werden.Beispiel 3: Brand im Gotthard-StrassentunnelDie Brandkatstrophe im Gotthard-Strassentunnel im

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16Tunnelbau

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vielleicht noch gar nicht geforscht, wie ein Brand in ei-nem Tunnel erstickt werden kann, ohne Einsatzkräfte zu gefährden. Eventuell gibt es eine mit vertretbarem Aufwand zu realisierende Lösung, bei der dem Feuer der Sauerstoff entzogen werden kann. Bis heute sind dem Autor keine Ansätze oder Lösungen bekannt. Die For-derungen nach mehr Interventionsmitteln für die Feu-erwehren steigen hingegen unaufhaltsam.

Die beschriebenen Beispiele zeigen auf, dass Ge-fahren immer noch durch Bauchgefühle und Medi-enberichte beurteilt werden. Eine saubere Analyse des Unfallhergangs und der Ursachen sowie eine Beurtei-lung möglicher Massnahmen mit einer Kosten-Nutzen-Analyse wurden anscheinend nicht gemacht.

2 Risiken messenBeim Bau der neuen Alpentunnel, dem Lötschberg- und dem Gotthard-Basistunnel, wurde mit einer quan-titativen und qualitativen Risikoanalyse versucht, die Gefahren einzuschätzen und anhand der Analyseergeb-nisse unter dem permanenten Kosten-/Nutzenblick die erforderlichen Massnahmen zu bestimmen.

In den Anfängen der Bauzeit haben die Erstellerge-sellschaften AlpTransit BLS AG und AlpTransit Gott-hard AG, die Betreiber BLS und SBB sowie der Bund

mit den Departements für Verkehr und Umwelt ge-meinsam ein Sicherheitslevel festgelegt. Ausgangpunkt war hierbei der im Bild 2 rot dargestellte „nicht akzep-table Bereich“, der dem heutigen Sicherheitsniveau der Bahnen entspricht. Zwischen dem akzeptablen grünen und dem nicht akzeptablen roten Bereich befindet sich der gelbe „Übergangsbereich“. Wenn die Risikoberech-nungen für die gewählten Sicherheitsmassnahmen ein Resultat im gelben Bereich ergeben, sind mit der im Abschnitt  3 beschriebenen Methode gegebenenfalls weitere Massnahmen zu bestimmen. Wenn die Kosten-Nutzen-Ergebnisse negativ sind, soll und kann auf zu-sätzliche Sicherheitsmassnahmen verzichtet werden.

Bald zeigte sich, dass vor allem bei alten Tunneln aus den Anfängen der Eisenbahn sicherheitsmässige Mängel vorhanden sind. Sie resultieren zum einen aus dem stark gestiegenen Personenverkehr gemischt mit Güterverkehr und explosiven und toxischen Gefahren-gütern. Zum anderen prägen auch die Bauart – insbe-sondere ob es sich um einen Einspur- oder einen Dop-pelspurtunnel handelt – und die Länge der jeweiligen Tunnelabschnitte das Risiko stark. Bild 3 zeigt exemp-larisch für vier Schweizer Tunnel mit unterschiedlichen Kombinationen von Länge, Bauart, Tunnelausrüstung, und Verkehrsbelastung die ermittelten Risiken.

Bild 3: Risiken exemplarisch ausgewählter Schweizer Tunnel mit unterschiedlichen Kombinationen von Bauart, Länge, Tunnelausrüstung und Verkehrs-belastung

Quelle: Emch und Berger AG, Bern

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17 Tunnelbau

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des Einsatzes eines bestimmten Finanzbetrags um so grösser, je höher das Ausgangsrisiko ist. Die Berücksich-tigung dieses Aspekts ist für die Planung und Auswahl von Sicherheitsmassnahmen wichtig.

Die Problematik und Bedeutung der Verhältnismäs-sigkeit von Sicherheitsmassnahmen wird nachfolgend an zwei Beispielen verdeutlicht:

▶ Der kontrovers diskutierten Festlegung der Quer-schlagabstände im Gotthard-, Lötschberg- und Ce-neri-Basistunnel.

▶ Der Entscheidung über Selbstrettungsmassnahmen bei Nachrüstungen in Schweizer Tunneln und über Notbremsüberbrückungen bei älteren Zügen.

Bild 4: Wirtschaftlichkeit von gleich teuren Sicherheitsmaßnahmen bei unterschiedlich hohen AusgangsrisikenQuelle: Emch und Berger AG, Bern

Bild 5: Risikoreduktion und Wirtschaftlichkeit von zwei Einspurröhren anstelle eines Doppelspurtunnels beim Ceneri-Basistunnel

Quelle: Emch und Berger AG, Bern

3 Sicherheitsmassnahmen definieren

3.1 Zur Methodik der Kosten-Nutzen-Analyse

Bei der Kosten-Nutzen-Analyse von Sicherheitsmass-nahmen ist vor allem der folgende im Bild 4 dargestell-te Sachverhalt bei der Beurteilung wichtig: Je höher das Ausgangsrisiko ist, desto effizienter können bei glei-chen Kosten und gleichem relativen Wirkungsgrad von Massnahmen, beispielsweise einer Risikoreduktion um den Faktor 2 finanzielle Mittel eingesetzt werden. An-dersherum ausgedrückt ist also die absolute Wirkung

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18Tunnelbau

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3.2 Querschlagabstände im Gotthard-, Lötschberg- und Ceneri-Basistunnel

Die Querschlagabstände im Gotthard-Basistunnel wur-den nach der Brandkatastrophe im Eurotunnel ohne detaillierte Risikoanalyse von 650  m (maximal tech-nisch zulässiger Abstand) auf 325  m reduziert. Nach der Entscheidung für den Gotthard-Basistunnel wurde auch der Lötschberg-Basistunnel mit kürzeren Quer-schlagabständen gebaut. Mit diesen beiden Tunneln in der Schweiz legte man so ohne detaillierte Risikoanaly-se einen neuen Massstab im Bereich der Selbstrettung fest. Zuvor hatten in Eisenbahnkreisen Abstände von 500 m als „Stand der Technik“ gegolten.

Für den vor der Ausschreibung stehenden 15  km langen Ceneri-Basistunnel wendete man dagegen die beschriebene Methodik der Kosten-Nutzen-Analyse an. Man versuchte, daraus den richtigen Abstand zu fin-den und sauber zu begründen.

Beim Ceneri-Basistunnel war zuvor der ursprüng-lich geplante Doppelspurtunnel mit zwei Gleisen in einer Röhre auf zwei Einspurröhren umgeplant wor-den, wodurch sich die Baukosten um einen hohen drei-stelligen Millionenbetrag erhöhten. Dabei konnte die Risikoreduktion vom damaligen Ausgangsriskio eines Doppelspurtunnels massiv gesenkt werden, wie Bild 5 zeigt. Zwei unabhängige Einspurröhren gelten in Bezug auf die Eintrittswahrscheinlichkeit und den Stand der Technik als die wohl sicherste Bauart, die es gibt.

Bild 6 zeigt das Ergebnis der Kosten-Nutzen-Analy-se für die Reduktion des Querschlagabstands zwischen den beiden Einzelröhren des Ceneri-Basistunnels von 500  m auf 325  m. Die Kostendifferenz für die Quer-schlagabstände bewegte sich in einem tiefen zweistel-ligen Millionenbetrag und wirkte sich bei der Risiko-reduktion im Gegensatz zum Röhrenentscheid fast lächerlich aus.

Bild 6: Risikoreduktion und Wirtschaftlichkeit der Reduktion des Querschlagabstands im Ceneri-BasistunnelQuelle: Emch und Berger AG, Bern

Aus Sicht der Methodik hätte die Reduktion des Abstands nie beschlossen werden dürfen. Dennoch haben politische Motive dazu geführt, das System am Ceneri-Basistunnel wie am Gotthard-Basistunnel zu bauen. Eine ausgewogene Sicherheitsbeurteilung hätte ganz anders ausgesehen.

Auch die Argumentation der Verhältnismässigkeit wurde immer wieder in den Vordergrund gerückt. Es wurde argumentiert, was schon einige oder mehrere Millionen mehr im Vergleich zu den Gesamtkosten von 10 Milliarden für beide Tunnel ausmachen. Aus Sicht des Autors ist das eine falsche Betrachtung, weil man sich vielmehr fragen muss, wo diese finanziellen Mittel dann für andere wirksamere Investitionen fehlen.

3.3 Selbstrettungsmassnahmen und Notbrems über brückungen bei Tunnelnachrüstungen

Bei der Nachrüstung Schweizer Tunnel entschied man über Massnahmen zur Selbstrettung und den Einbau von Notbremsüberbrückungen bei älteren Zügen – anders als bei den Querschlagabständen – anhand von Kosten-Nutzen-Analysen. Bild  7 zeigt, dass aufgrund positiver Ergebnisse der Analysen in langen Doppel-spurtunneln Selbstrettungsmassnahmen umgesetzt und Notbremsüberbrückungen eingebaut wurden. Dagegen führten die im Bild  8 dargestellten negativen Ergeb-nisse für kurze Doppelspurtunel zur Entscheidung, die Massnahmen nicht umzusetzen.

4 Umsetzung der Sicherheitsmass‑ nahmen am Gotthard‑ und Ceneri‑Basistunnel

Nachdem für den Gotthard- und Ceneri-Basistunnel das Sicherheitsrisiko festgelegt und die entsprechenden Massnahmen definiert worden waren, mussten sie bau-

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4.1 Ereignisverhindernde Massnahmen

Ereignisverhindernde Massnahmen sollen die Gefah-renquellen eliminieren und die auslösenden Faktoren beseitigen. Auch organisatorische Massnahmen können wesentlich zur Verhinderung von Ereignissen beitragen. Beim Gotthard- und Ceneri-Basistunnel sind insbeson-dere folgende ereignisverhindernde Massnahmen zu nennen, auf die im Folgenden eingegangen wird:

▶ Tunnelsystem ▶ Signalsystem ▶ Zugkontrolleinrichtungen (ZKE)

Bild 7: Positive Kosten-Nutzen-Analyse für Selbstrettungsmassnahmen und Notbremsüberbrückungen im Netz der SBB Quelle: Emch und Berger AG, Bern

Bild 8: Negative Kosten-Nutzen-Analyse für Selbstrettungsmassnahmen und Notbremsüberbrückungen im Netz der SBB Quelle: Emch und Berger AG, Bern

lich, betrieblich und organisatorisch umgesetzt werden. Hierzu bedurfte es der Festlegung von Prioritäten, wel-che sich bei der Erstellung des europäischen Leitfadens „Technical Specification of Interoperability (TSI)“ [2] ebenfalls bestätigten, nämlich:

▶ Ereignisverhinderung ▶ Ausmassminderung ▶ Selbstrettung ▶ Fremdrettung

Bei Eisenbahntunneln – vor allem bei langen und sehr langen – stehen die beiden ersten Punkte im Vorder-grund.

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20Tunnelbau

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4.1.1 Tunnelsystem

Das im Bild  9 dargestellte Tunnelsystem verhindert, wie schon für den Ceneri-Basistunnel aufgezeigt, in erster Linie seitliche Kollisionen von Zügen, d. h. ein in einer Röhre entgleister Zug kann fahrende Züge in der Gegenröhre nicht gefährden. Hinzu kommt, dass im Brandfall die Röhren aerodynamisch getrennt sind und so eine Gefährdung der Gegenröhre auch fast aus-geschlossen werden kann.

Im weiteren sind im Gotthard-Basistunnel zwei Nothaltestellen in den Drittelspunkten mit je 20  km Abstand gebaut worden. Die Nothaltestellen beinhal-ten Lüftungsanlagen (Zu- und Abluft für den Ereignis-fall) und gesicherte und signalisierte Fluchtwege in die gegenüberliegende Röhre.

4.1.2 SignalsystemDas neue europäische Signalsystem ETCS erlaubt es, im Level 2, also Führerstandsignalisierung ohne Aussensig-nale, die Lokführer besser zu unterstützen und Risiken zum Überfahren roter Signale und von Geschwindig-keitsüberschreitungen fast gänzlich auszuschliessen.

4.1.3 Zugkontrolleinrichtungen (ZKE)Dank eines sehr gut ausgerüsteten Zugkontrollsystems der SBB mit über 130 Kontrollpunkten im ganzen Netz von 3.000 km Länge können die Züge im Zulauf zu den langen Tunneln am Gotthard an verschiedenen Stand-orten in bestimmten Abständen auf verschiedene Feh-ler (Bild 10) überprüft werden.

Bild 9: Tunnelsystem Gotthard-Basistunnel Quelle: AlpTransit Gotthard AG, Luzern

4.2 Ausmassmindernde Massnahmen

Bei den ausmassmindernden Massnahmen gilt es vor al-lem, die Ereigniskette zu unterbrechen und die Selbst- und Fremdrettung so gut wie möglich zu unterstützen.Beim Gotthard- und Ceneri-Basistunnel sind insbe-sondere folgende ausmassmindernden Massnahmen zu nennen, auf die im Folgenden eingegangen wird:

▶ Tunnelautomatik Gotthard (TAG) ▶ Rollmaterial

4.2.1 Tunnelautomatik Gotthard (TAG)Die TAG ist ein eigens für den Gotthard-Basistunnel entwickeltes System, welches Bestandteil der Siche-rungsanlagen ist. Es prüft ununterbrochen die Position der Züge während ihrer Durchfahrt. Verliert ein Zug unerklärlicherweise an Geschwindigkeit, trifft das Sys-tem automatisch folgende erste Entscheide:

▶ Es hält Folgezüge auf 5  km Abstand zum Ereignis-zug.

▶ Es orientiert den Fahrdienstleiter und wartet eine zu definierende Zeit (maximal 2 bis 3 Minuten) auf ei-nen Entscheid von ihm.

Bestätigt der Fahrdienstleiter den Alarm, weil er bei-spielsweise keinen Kontakt mit dem Lokführer hatte, werden zwangsläufig weitere zusätzliche Massnahmen eingeleitet, um möglichst schnell einen sicheren Zu-stand im Tunnel zu haben:

▶ Es führt den Ereigniszug in die nächste Nothaltestelle. ▶ Es lässt keine weiteren Zugfahrten in den Tunnel zu. ▶ Es stoppt alle Folgezüge.

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21 Tunnelbau

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niert und werden bei jedem Ereignis im Tunnel in Be-reitschaft gestellt. Ziel ist es, in 45 Minuten nach dem Alarm beim havarierten Zug einzutreffen und 90 Minu-ten nach Alarmauslösung die Reisenden aus dem Tun-nel zu bringen. Ereignisse sind beispielsweise stecken-gebliebene Züge und eher selten Brandfälle im Tunnel.

Die Züge werden von professionellen Feuerwehr-leuten der SBB betrieben, die von lokalen Feuer- und Chemiewehren unterstützt werden.

5 Restrisiko akzeptierenNachdem alles gerechnet, abgeschätzt und gebaut ist, gilt es, sich letztendlich mit der Realität zu befassen. Si-cherheit ist nicht lückenlos und Risiken, welche in lang-jähriger Arbeit berechnet wurden, können durchaus morgen und übermorgen erneut eintreffen. Das defi-nierte Sicherheitsniveau zu bestimmen und es zu akzep-tieren, ist die grösste Herausforderung. Immer wieder wird auf Entscheide zurückgegriffen und Diskussionen beginnen von neuem.

Werden zu einem späteren Zeitpunkt, also wenn das Bauwerk schon längere Zeit in Betrieb ist, getrof-fene Annahmen der Risikonanalyse verändert, so ist es zwingend notwendig, dass immer das Gesamtsystem überprüft wird. Erheblich mehr Güterzüge mit Gefah-rengütern können beispielsweise das Sicherheitsgefüge deutlich verändern.

Bild 10: Übersicht der Zugkontrolleinrichtungen (ZKE) der SBB Quelle: SBB AG, Bern

▶ Es stoppt alle Züge in der Gegenröhre auf Höhe der Nothaltestellen.

▶ Es bereitet die Nothaltestelle vor, also Einschalten der Lüftung und Bereitstellen des Fluchtwegs.

▶ Es alarmiert die Bereitschaft Lösch- und Rettungs-zug (LRZ).

4.2.2 RollmaterialDas Rollmaterial, das die langen Basistunnel durch die Alpen quert, muss dem neuesten Sicherheitsstandard der TSI entsprechen. Dabei sind die wichtigsten Mass-nahmen:

▶ Notbremsüberbrückung/Notbremsanforderung ▶ Notlaufeigenschaften

4.3 SelbstrettungZu den wichtigsten Massnahmen gehören die in Euro-pa als Stand der Technik geltenden Massnahmen, wie Gehwege (Bankette), Handlauf, Notfallbeleuchtung und Beschilderung. Selbstverständlich gehört dazu auch gut ausgebildetes Personal auf den Zügen, welche im Notfall eine Selbstrettung unterstützen können.

4.4 FremdrettungZur Fremdrettung gehören im Falle des Gotthard-Basistunnels zwei Lösch- und Rettungszüge. Die Züge sind sowohl am Nord- als auch am Südportal statio-

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Ein Restrisiko bleibt bestehen, das wir alle unbe­wusst akzeptieren. Jeden Tag setzen wir uns Risiken aus, indem wir Auto fahren, fliegen und arbeiten, obwohl jederzeit etwas passieren kann. Ein solches Restrisiko bewusst zu akzeptieren und ebenso zu kommunizieren, fällt uns sehr schwer. Vielfach fallen sich verschiedene Experten, auch selbst ernannte, gegenseitig in den Rü­cken. Sie wollen alles besser wissen, nachdem das Ereig­nis eingetroffen ist.

Dabei wäre es fair und besser, die Unfälle in Ruhe zu analysieren. Erst dann kann entschieden werden, ob zusätzliche Massnahmen zu treffen sind und der Sicherheitslevel erhöht werden muss oder ob das Rest­risiko akzeptiert wird und keine Massnahmen getroffen werden. Generell gilt für solche Analysen und Entschei­dungsfindungen:

▶ Innovative Lösungen müssen gemeinsam gefunden werden.

▶ Es besteht die Gefahr, sich von den Boulevardmedi­en zu überschnellen Reaktionen verleiten zu lassen.

▶ Restrisiko muss akzeptiert und kommuniziert wer­den.

▶ Ausgewogene Sicherheitsmassnahmen bringen mehr. ▶ Sicherheit ist messbar, zahlbar und akzeptierbar. ▶ Bei bestehenden oder fertiggestellten Objekten gibt

es für wenig Geld nicht viel Sicherheit.

6 FazitUnfälle oder gar Katastrophen lassen die Menschen auf­schrecken. Tunnel werden plötzlich zu einem Synonym für einen unsicheren und gefährlichen Verkehrsträger. Doch geht man den Ursachen einmal tatsächlich auf den Grund, finden wir Menschen, die in der Unglücks­kette Fehler gemacht haben. Die Kumulierung mit wei­teren Zufälligkeiten lassen die Unfälle zu Katastrophen werden.

Unfälle, die täglich und überall geschehen können, führen unter engen Verhältnissen, unübersichtlichen Situa­tionen oder gar bei beissendem, dickem Rauch leicht zum Chaos und zur Katastrophe mit zum Teil ver­heerenden Folgen und vielen Toten. In allen Fällen der Vergangenheit, beispielsweise Gotthard, Kaprun, Mont Blanc und Tauern, hatten nur die Leute eine Chance, welche sich selbst retten konnten. Die Selbstrettung ist bei vielen Unglücksfällen leider die einzige Chance, um zu überleben.

Trotz aller noch so ausgeklügelten Sicherheitsvor­kehrungen und Risikoanalysen gilt es zum Abschluss zu bedenken, dass eine absolute Sicherheit mit keinen noch so aufwändigen Massnahmen zu bewerkstelligen ist. Dieses sogenannte Restrisiko ist allerdings nicht typisch für den neuen Gotthard­Basistunnel, sondern vielmehr eine Eigenheit, die allen Verkehrsträgern – ob zu Lande, auf dem Wasser oder in der Luft – systembe­dingt anhaftet.

Alle im Gotthard­Basistunnel getroffenen Massnah­men sind von allen Beteiligten nach bestem Wissen und Gewissen erarbeitet und getroffen worden. Es bleibt zu wünschen, dass bei zukünftigen Ereignissen in Tunneln

die Unfallanalyse im Vordergrund steht. Es sollten nö­tigenfalls bewusst solche weiteren Massnahmen ergrif­fen werden, die den Kunden für ihr Geld am meisten Sicherheit bringen – und das werden bestimmt nicht immer Infrastrukturmassnahmen sein.

7 Quellenangaben[1] International Science News. 20012: Falling Coconuts

Kill More People Than Shark Attacks. http://www.unisci.com/stories/20022/0523024.htm [letzter Zugriff 18.11.2014].

[2] Kommission der europäischen Gemeinschaften: Tech­nische Spezifikation für die Interoperabilität bezüglich „Sicherheit in Eisenbahntunneln“ im konventionellen transeuropäischen Eisenbahnsystem und im transeuro­päischen Hochgeschwindigkeitbahnsystem (TSI­SRT). Brüssel, Dezember 2007.

Hans-Peter VetschHans-Peter Vetsch (geb. 1957) ist CEO der Vetsch Rail Consulting GmbH. Von 1991 bis 2013, also 22 Jahre lang, war er verant-wortlich für Betrieb und Sicherheit des Gott-hard-Basistunnels bei der SBB AG in Bern und der AlpTransit Gotthard AG in Luzern, Schweiz.Kontakt: [email protected]

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23 Tunnelbau

Scheibengipfeltunnel Reutlingen – Tunnelvortrieb im BraunjuraSchälicke und Matuschowitz:

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Scheibengipfeltunnel Reutlingen –Tunnelvortrieb im BraunjuraDipl.-Ing. Hendrik Schälicke, Beratende Ingenieure Prof. Dr.-Ing. Dieter Kirschke, Ettlingen, DeutschlandBaudirektor Dipl.-Ing. Dirk Matuschowitz, stellvertretender Referatsleiter Ref. 43 – Ingenieurbau, Regierungspräsidium Tübingen, Deutschland

1 Projektbeschreibung

1.1 Ortsumgehung Reutlingen

Die B 312 ist ein überregionaler Straßenzug und eine wichtige Hauptverkehrsachse von Oberschwaben nach Stuttgart in Baden-Württemberg. Derzeit verläuft die B 312 mit einer sehr hohen Verkehrsbelastung durch die Innenstadt von Reutlingen.

Mit der Ortsumgehung Reutlingen wird künftig die Kernstadt Reutlingen im Osten umfahren und eine deutliche Verkürzung des Straßenzugs der B 312 er-reicht. Die Verkehrsbelastung der Ortsumgehung wird auf ca. 20.000 Kfz/Tag geschätzt, wobei der Lkw-An-teil etwa 8 % betragen wird. Die Gesamtbaukosten, be-stehend aus den eigentlichen Baukosten (103 Mio. €) und dem Grunderwerb betragen etwa 109 Mio. €. Die Gesamtbaumaßnahme soll bis 2017 vollendet sein [1].

1.2 ScheibengipfeltunnelDer Scheibengipfeltunnel stellt das Kernbauwerk der Ortsumgehung Reutlingen B 312 dar und unter-fährt den Scheibengipfel, der dem Hausberg der Stadt Reutlingen, der Achalm, vorgelagert ist. Die maximale Überdeckung des Tunnels beträgt 98 m.

Von dem 1.910 m langen Tunnel werden 1.620 m in bergmännischer Bauweise ausgeführt. Hinzu kommen am Südportal 240 m und am Nordportal 50 m in of-fener Bauweise. Bild 1 zeigt im Vordergrund die Her-

Der etwa 2  km lange Scheibengipfeltunnel soll zukünftig im Zuge der Bundesstraße B 312 die Stadt Reutlingen vom Durchgangsverkehr ent-lasten. Der einröhrige Gegenverkehrstunnel mit parallel verlaufendem Rettungsstollen wurde seit dem Jahr 2012 im Spreng- und Baggervortrieb aufgefahren. Dieser Beitrag behandelt die tunnel-bautechnischen Besonderheiten des Vortriebs, nämlich den Vergleich von Prognose und Wirk-lichkeit beim Vortrieb im Braunjura, Sondermaß-nahmen wegen des unerwarteten Antreffens von Methangas, das Mess- und Beobachtungspro-gramm bei der Unterfahrung von Bauwerken so-wie Maßnahmen zur Reduzierung des Einflusses von Sprengerschütterungen.

Tunnelbau • Vortrieb • Geologie • Monitoring • Sprengtechnik • Arbeitssicherheit

stellung der offenen Bauweise Süd und im Hintergrund die Achalm.

Der Tunnel ist als zweischalige Konstruktion mit einer bewehrten Außenschale aus Spritzbeton und ei-ner Stahlbeton-Innenschale konzipiert. Die Innenscha-le wird als wasserundurchlässige Betonkonstruktion (WUB-KO) ausgeführt.

Für den Gegenverkehrstunnel ist als Fahrbahnquer-schnitt ein RQ 10,5 T mit einer Fahrstreifenbreite von jeweils 3,50 m, seitlichen Randstreifen mit 0,25 m und beidseitigen Notgehwegen mit 1,00  m Breite vorgese-hen [1, 2].

2 Geologische und hydrogeologische Randbedingungen

Der vom Tunnel zu durchörternde Scheibengipfel ist der Achalm vorgelagert. Die Achalm stellt dabei einen alleinstehenden Zeugenberg aus Qxford-Kalk (ox2) einer sich ehemals weit nach Norden erstreckenden Albhochfläche dar. Die Erhebung des Scheibengipfels umschließt dabei die Stadt Reutlingen bogenförmig [3, 4, 5 und 6].

Der Tunnel durchfährt den Scheibengipfel in den Schichten des Braunjuras α und β, wie der geologische

Bild 1: Scheibengipfeltunnel am Fuß der Achalm – Südportal

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24Tunnelbau

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3 Prognose und Wirklichkeit beim  Vortrieb

Der Tunnelvortrieb von Haupttunnel und Rettungs-stollen erfolgte fallend von Norden nach Süden. Für den Haupttunnel standen Vortriebsklassen von 4A-1 mit 20 cm dicker Außenschale bis zur schweren 7A-4 mit 35 cm dicker Schale und Rohrschirm zu Verfügung. Die schwere Rohrschirmklasse kam nur auf 25 m Länge im Anfahrbereich Nord zum Einsatz.

Die Ausbruchfläche im Haupttunnel betrug für den Regelquerschnitt etwa 100 m² und im Bereich der Haltebuchten etwa 160 m². Im Rettungsstollen muss-te für den Regelquerschnitt eine Ausbruchfläche von etwa 20 m² und im Bereich der Aufweitungen für die Abzweigung der Verbindungsstollen auf ca. 31 m² auf-gefahren werden.

Die prognostizierten geologischen Verhältnisse und der vermehrte Wunsch der Bauunternehmen, aus sicherheitstechnischen Gründen einen Tunnelvortrieb mit Spießklassen durchzuführen, veranlassten den Bau-herrn dazu, für etwa 2/3 der bergmännischen Tunnel-strecke entsprechende Vortriebsklassen auszuschreiben.

Bild 4 zeigt einen Ausschnitt aus dem Vortriebsplan für die Vortriebsklassen 6A-1 und 6A-2. Die VKL 6A-1 kam auf rund 18 % der Strecke zum Einsatz. Etwa 62 % der Strecke wurden mit den Klassen 4A-1 bis 4A-3 vor-getrieben, wovon ein Großteil auf die leichteste Klasse 4A-1 fiel.

Für alle Vortriebsklassen des Haupttunnels war entsprechend der endgültigen Querschnittsform ein flaches Sohlgewölbe vorgesehen. Bei Bedarf ließen sich mit zügigem Ringschluss der Außenschale die Querschnittsverformungen reduzieren. Ab der Vor-triebsklasse 5A-1 war der Einbau eines Kalottensohl-gewölbes geplant, um die Gebirgslasten sicher abzutra-gen. Die Erfahrungen beim Vortrieb zeigten aber recht schnell, dass hierfür außerhalb der Eingangsstrecke kein Bedarf bestand.

Die geologischen Verhältnisse entsprachen zwar der Prognose, doch verhielt sich der Baugrund uner-wartet günstig. Dies wurde durch die in weiten Stre-

Längsschnitt im Bild 2 zeigt. Der Braunjura α (Opali-nuston) wird von einer dunkelgrauen Tonsteinserie mit Toneisensteinkonkretionen gebildet. Zum Hangenden gehen diese in eine Wechselfolge sandiger Kalksteine und flaseriger Mergel- bis Tonmergelsteine, die so ge-nannten Wasserfallschichten, über. Die härteren Bänke sind wegen des höheren Kalkgehalts verwitterungsresis-tenter und bilden daher in Bächen die Wasserfälle. Im Braunjura  β treten ebenfalls dunkle sandige Tonstein-schichten, geringmächtige Kalksandsteinbänke (zum Teil in Lagen von Kalkknollen), Phosphoritkonkretio-nen und eisenoolithische Kalksteinlagen auf. Die fein-sandigen, teilweise glimmerführenden Einschaltungen in den Tonsteinen an der Basis des Braunjura β weisen Rippelmarken auf, die zur Bezeichnung als Zopfplatten führten.

Der Hangschutt besteht vorwiegend aus Gesteinen des Malms (Weißjura) und ist weitgehend auf Frost-schuttbildungen im Pleistozän zurückzuführen. Der geringmächtige Verwitterungslehm ist ebenfalls im Pleistozän entstanden.

Im Liegenden des mit dem Tunnel durchfahrenen Braunjuras stehen die oberen Schichten des Schwarz-juras, der Jurensismergel (Lias  ζ) und der Posidonien-schiefer (Lias ε), an.

Der auch als Ölschiefer bekannte Posidonienschie-fer besteht zumeist aus schwarzgrauen, schiefrigen, bi-tuminösen Tonmergeln. Ölschiefer stellt ein Mutterge-stein für Erdöl oder Erdgas dar.

Bild 3 stellt das Schichtenverzeichnis der Gebirgs-bohrung BK 3/08 und die zugehörigen Bohrkernfotos in der Tiefenlage von 16 bis 32 m unter GOK dar. Firs-te und Sohle sind mit horizontalen Linien gekennzeich-net. Die Bohrung liegt im Bereich der südlichsten im Bild  2 eingetragenen Haltebucht mit ca. 12  m Quer-schnittshöhe.

Die hydrogeologischen Randbedingungen werden von den grundwasserarmen Tonsteinen geprägt. Kluft-grundwasserleiter bilden hier nur die eingeschalteten, klüftigen Sandstein-, Kalkstein- und Oolithbänke, de-ren Grundwasserführung jedoch aufgrund des kleinen Einzugsgebiets gering ist.

Bild 2: Geologischer Längsschnitt [1]

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Bild 3: Schichtenverzeichnis von BK 3/08 und zugehörige Bohrkernfotos im Tiefenbereich von 16 bis 32 m

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Bild 5 zeigt Vermessungsarbeiten zur Verformungs-kontrolle in einer Haltebucht. Im Hintergrund ist der Kalottenvortrieb des Regelquerschnitts mit einem Ka-lottensohlgewölbe zu erkennen. Bild 6 enthält eine für den Tunnelvortrieb typische Ortsbrustkartierung beim Kalottenvortrieb. Das Gebirge war standfest und kei-nesfalls nachbrüchig oder druckhaft. Der im Zuge des Vortriebs angetroffene Wasserzutritt war immer gering, sodass keine Probleme durch Aufweichen oder Ver-schlammen auftraten.

So konnte über weite Strecken auf den Einbau ei-ner Kalottensohle verzichtet werden. Auch durch den nachfolgenden Strossen- und Sohlvortrieb erhöhten sich die Verformungen meist nicht nennenswert, sodass in etwa 80  % der aufgefahrenen Vortriebsstrecke die vertikalen und horizontalen Querschnittsverformun-gen im einstelligen Millimeterbereich lagen.

Mit dem Einfluss des Tunnelvortriebs auf die Gelän-deoberfläche musste man sich bereits nach etwa 180 m Vortrieb befassen. In diesem Bereich war ein etwa 40 m hoher Strommast der EnBW mit nur 25 m Überdeckung zu unterfahren. Das Gebirge war noch vergleichsweise geringfest und konnte gebaggert werden. Der Einfluss des Vortriebs wurde messtechnisch intensiv überwacht. Zum Messprogramm gehörten Längs- und Querprofi-le mit tachymetrisch zu messenden Oberflächenmess-

Bild 4: Vortriebsklassen 6A-1 und 6A-2Quelle: K+S Ingenieur-Consult GmbH & Co. KG, Nürnberg

Bild 5: Tunnelvermessung im Aufweitungsbereich einer Haltebucht

cken äußerst geringen Querschnittsverformungen an der Außenschale des Kalottenvortriebs deutlich. Die vertikalen Firstsenkungen betrugen meist nur wenige Millimeter, ebenso die Horizontalverformungen in den Ulmen.

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Bild 6: Typische Ortsbrustaufnahme im Kalottenvortrieb des Haupttunnels Quelle: Bauüberwachung SGT

punkten, Nivellement-Messpunkte am Mastfundament und jeweils ein Extensometer und Inklinometer auf der Tunnelachse 10 m vor dem Mast. Die Gesamtsetzungen blieben unter 15  mm. Eine nennenswerte Mastschief-stellung wurde nicht festgestellt.

Das Messprogramm an der Geländeoberkante im Bereich der Mastunterfahrung war so angelegt, dass es auch eine Abschätzung der zu erwartenden Oberflä-

chensetzungen im Bereich der Gebäudeunterfahrung ermöglichen sollte.

4 Sondermaßnahmen gegen Methanausgasung

Das Erdgas kann aus dem Liegenden heraus durch Klüfte oder im Bereich von Störungszonen in den Vor-triebsbereich des Tunnels aufsteigen und dort austreten.

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28Tunnelbau

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Bereits bei der Herstellung der Voreinschnitte wurde der Austritt von geringen Mengen Methangas festge-stellt. Auch während des Vortriebs von Haupttunnel und Rettungsstollen kam es im Bereich der Ortsbrust hin und wieder zu messbaren Methangasaustritten.

Ein Gutachten [7] zur möglichen Gasgefährdung des Scheibengipfeltunnels schlägt insbesondere folgen-de, nachfolgend genauer erläuterte Sicherheitsmaßnah-men für einen Vortrieb unter ständiger Methanausga-sung vor:

▶ Kontinuierliche Tunnelbelüftung. ▶ Durchgehende Vorausbohrungen. ▶ Ständige Messungen der Methangaskonzentration.

4.1 Kontinuierliche TunnelbelüftungEine kontinuierliche, leistungsstarke Tunnelbewette-rung ist eindeutig der wichtigste Baustein im Sicher-heitskonzept für einen Vortrieb mit dem Risiko von Methanausgasungen in den Hohlraum. Die im Tunnel-bau übliche und auch vom ausführenden Unternehmen für den Vortrieb des Scheibengipfeltunnels geplante blasende Belüftung sollte auf Empfehlung des Gutach-tens beibehalten werden.

Das Bewetterungskonzept war aber insoweit zu modifizieren, dass zu keiner Zeit durch unvorherseh-bare und plötzliche Methanausgasungen eine Gefähr-dung des Vortriebspersonals bestand. Auf Empfehlung des Gutachtens musste bei einem möglichen Zustrom brennbarer Gase die Belüftungsanlage so bemessen sein, dass in allen Bereichen des Tunnels eine Luftge-schwindigkeit von mindestens 0,5  m/s gewährleistet war [7].

Eine ausreichende Frischluftzufuhr war vor allem in einem neu ausgebrochenen Abschlag vorne an der Orts-brust erforderlich, um dort möglicherweise austretende Gase mit ausreichend Frischluft zu verwirbeln und auf ein nicht explosionsgefährliches Gasgemenge zu ver-dünnen. Da die Reichweite des Freistrahls einer Lutte begrenzt ist, sollte der Abstand der Lutte zur Ortsbrust den Wert des Fünffachen der Ausbruchfläche-1/2 nicht unterschreiten. Bei einer Ausbruchfläche von ca. 66 m² für den Haupttunnel ergibt das einen Maximalabstand von etwa 40 m zwischen Luttenende und Ortsbrust [7]. In dem Gutachten wurde folgender Mindestluftbedarf zur Einhaltung einer Mindestluftgeschwindigkeit von 0,5 m/s ermittelt:

▶ Kalotte Haupttunnel (66 m²) = 33 m³/s ▶ Rettungsstollen (22 m²) = 11 m³/s

Diese für einen Vortrieb unter Methanausgasung erfor-derliche Luftmenge liegt sowohl beim Haupttunnel als auch beim Rettungsstollen deutlich unter den Luft-mengen, die für die regulären Vortriebsarbeiten mit Dieselfahrzeugen erforderlich waren [7]. Der Auftrag-nehmer hat für den Haupttunnel etwa 950 kW und für den Rettungsstollen etwa 250  kW Dieselleistung an-gegeben. Gemäß den berufsgenossenschaftlichen Vor-schriften und Regelungen ergab sich hieraus folgender Luftbedarf [7]:

▶ Kalotte Haupttunnel = 62 m³/s ▶ Rettungsstollen = 16 m³/s

Da eine Lutte während ihrer regelmäßig erforderli-chen Verlängerung jeweils kurzfristig abgeschaltet werden musste, war im Haupttunnel die Kontinuität des Luftstroms durch eine zweite, um einige Meter nach hinten versetzte Lutte zu gewährleisten. Die Lut-ten wurden im Wechsel verlängert, wobei immer eine in Betrieb war. Da im Rettungsstollen für den Betrieb einer zweiten Lutte kein Platz vorhanden war, erfolgte die Ersatzbewetterung während der Luttenverlänge-rung über den nächstgelegenen Verbindungsstollen mit einer aus dem Haupttunnel herausgeführten Lut-tenleitung.

4.2 Durchgehende VorausbohrungenEinen weiteren Baustein für das Sicherheitskonzept stellten die im Gutachten empfohlenen durchgehenden beziehungsweise überlappenden Vorauserkundungs-bohrungen in der Ortsbrust des Kalottenvortriebs dar. Durch bis zu vier Bohrungen mit Durchmesser 80 mm sollte ein plötzliches Ausströmen größerer Gasmengen während der Ausbruch- und Sicherungsarbeiten ver-mieden werden. Die Überlappung der Bohrungen be-trug 10 m.

Wenn bei der Messung am Bohrlochmund kein Gas festgestellt wurde, konnte dies der Entwarnung dienen. Wurde Gas gemessen, musste fallweise ent-schieden werden, ob ein Nachlassen abzuwarten war oder der Vortrieb sofort fortgesetzt werden konnte. Die Bewetterung war allerdings sowieso auf den un-günstigsten Fall eines dauernden starken Gasaustritts ausgelegt.

4.3 Ständige Messung der Methangaskonzentration

Bei nicht funktionierender Bewetterung und unzurei-chender Verwirbelung und Verdünnung würde sich das leichtere Methangas am Höchstpunkt im Tunnel, also in der Firste, ansammeln. Außerdem kann Methangas bevorzugt durch Bohrlöcher eindringen. Die ständige Messung der Methangaskonzentration ist daher ein weiter Baustein des Gesamtkonzepts für einen sicheren Vortrieb unter Methangas.

Aus diesem Grund wurden in größeren Abständen über die gesamte Tunnellänge in der Firste Methangas-detektoren installiert, die frühzeitig vor einer gefährli-chen Gasansammlung warnen konnten. Ein Messgerät wurde stetig mit dem Vortrieb mitgeführt.

Zusätzlich war ein Messgerät an der Lafette des Bohrwagens befestigt, sodass ein Zustrom durch Bohr-löcher für die Systemankerung, Ortsbrustanker oder Sprengbohrlöcher bereits während der Bohrarbeiten frühzeitig erkannt werden konnte. Vor allem die 30 m langen Vorausbohrungen wurden nach der Fertig-stellung sofort mit Handmessgeräten „frei gemessen“. Dieser Messvorgang wurde anschließend auch proto-kolliert.

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29 Tunnelbau

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5 Mess- und Beobachtungsprogramm bei Bauwerksunterfahrungen

Bild 7 zeigt einen Ausschnitt aus einem Lageplan des auf einem Hang liegenden Wohngebiets. Der Plan stellt den möglichen Einflussbereich des Haupttunnels so-wohl für einen Ausbreitungswinkel zur Geländeober-fläche von 45° als auch für 60° dar.

Bild  8 zeigt in einem Querschnitt die Lage von Haupttunnel und Rettungsstollen unter einer Wohnbe-bauung. Die Überdeckung beträgt hier etwa 25 m. Wie auch bei der Unterfahrung des Strommastes zu Beginn des Vortriebs wurden in diesem Bereich im Baugrund ein Inklinometer und ein Extensometer installiert. Die Lage der Häuser sowie der Straßenverlauf erlaubten lei-der nur eine Platzierung zwischen den Tunnelröhren. Am Gebäude selbst wurden Messpunkte installiert.

Die Baugrundverformungen im Gebirgspaket zwi-schen Tunnel und Geländeoberfläche sowie die Verfor-mungen an der Oberfläche waren äußerst gering. Die Oberflächensenkung lag in der Größenordnung der Messgenauigkeit. Es kam dementsprechend zu keinen setzungsbedingten Schäden an den Gebäuden.

6 Erschütterungen und Schäden durch das Sprengen

Während die durch den Vortrieb verursachten Set-zungen erfreulicherweise so gering waren, dass es zu keinerlei Setzungsschäden an der Wohnbebauung kam,

stellten die Sprengerschütterungen eine sehr starke Be-lastung für die Anwohner dar. Selbst bei Einhaltung der vertraglich geschuldeten „Zeile  3“ aus der Tabelle für zulässige Erschütterungswerte nach Teil 3 der DIN 4150 [8] waren die in den Gebäuden erlebbaren Er-schütterungen äußerst unangenehm und störend.

Außerdem mussten bisher viele leichte Beschädi-gungen an den beweisgesicherten Gebäuden festgestellt werden. Es gab beispielsweise erschütterungsbedingte Setzungen an Terrassen und Einfahrten, die Versätze und Brüche an Fliesen beziehungsweise Gehwegplatten verursachten. Im Inneren zeigen die Gebäude teilweise kleine Risse an den Wänden und gebrochene Bodenflie-sen.

Die Schäden waren weit davon entfernt, eine ernst-hafte Bedrohung für die Gebrauchstauglichkeit oder gar die Standfestigkeit der Gebäude darzustellen. Die Kosten für die Beseitigung der Schäden wurden zudem vom Bauherrn getragen. Von den Anwohnern wurden diese Schäden allerdings ganz anders wahrgenommen: Sie glaubten hilflos zusehen zu müssen, wie ihre gut gepflegten, teilweise jahrzehntelang schadensfrei geblie-benen Anwesen „innerhalb weniger Wochen“ vermeint-lich deutlich Schaden nahmen und an Wert verloren.

Wegen der regelmäßigen Beschwerden der Anwoh-ner wegen der zwischen 6:00 und 22:00 Uhr durch-geführten Sprengungen musste das Sprengverfahren mehrfach zur Minimierung der Erschütterungen opti-miert werden. An diesem langwierigen Prozess waren

Bild 7: Lageplan vom Wohngebiet mit Einwirkungsbereich des Tunnels

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neben Bauherrn und Auftragnehmer auch die Spreng-sachverständigen beider Parteien, der Tunnelbausach-verständige des Bauherrn und der Sprengstofflieferant beteiligt. Zu guter Letzt wurde das im Tunnelbau am meisten gebräuchliche nichtelektrische Zündsystem mit Zeitstufenverzögerung durch ein Zündsystem mit Oberflächenverzögerung abgelöst.

Bei der klassischen Zeitstufenverzögerung stehen – je nach Hersteller – für eine Sprengung zwischen 30 und 40 Zündzeitstufen zur Verfügung. Die einzelnen Sprengladungen werden gleichzeitig initiiert, wobei die Zeitverzögerung jeweils durch den im Bohrloch bezie-hungsweise in der Patrone befindlichen Zünder erfolgt.

Bei beispielsweise 120 Bohrlöchern und 30 Zünd-zeitstufen müssen im Bereich zwischen Einbruch und Kranz zwangsläufig bis zu sechs Sprengladungen gleich-zeitig gezündet werden. Beim Scheibengipfeltunnel er-gab das bei einer 840-g-Patrone je Bohrloch insgesamt eine Sprengstoffmenge von 5  kg, die gleichzeitig zün-dete. Entsprechend große Erschütterungen waren dann die Folge.

Bei der Oberflächenverzögerung werden die ver-schiedenen Zeitstufen durch eine Reihenschaltung der einzelnen Sprengladungen über von Bohrloch zu Bohrloch führende Zündschläuche mit Verzögerungs-elementen erzeugt. Initiierung der Bohrlochzünder und Abstufung der einzelnen Zündpunkte sind ein Arbeits-

schritt. Die in den Bohrlöchern befindlichen Zünder haben alle die gleiche Verzögerungszeit von einigen Se-kunden. Im vorliegenden Fall hatten alle Zünder eine Verzögerungszeit von 9 Sekunden.

Die Initiierung der Bohrlochzünder muss vor der Sprengung der ersten Patrone abgeschlossen sein, um Beschädigungen an den an der Ortsbrust befindlichen Zündschlauchverbindungen zu vermeiden. Wenn die Reihenschaltung an der Ortsbrustoberfläche mit einer Verzögerung von 100  ms von Bohrloch zu Bohrloch erfolgt, können theoretisch innerhalb der zur Verfü-gung stehenden 9 Sekunden bis zu 90 Zündzeitstufen geschaffen werden.

In der Praxis wird zur Abdeckung von Toleranzen ein gewisser Sicherheitsabstand eingehalten. Bei Zün-dern mit 9 Sekunden Verzögerung sollte die Initiierung daher bereits nach 7 bis 8 Sekunden abgeschlossen sein. Es stehen daher eher 70 bis 80 Zündzeitstufen zur Ver-fügung. Mit einer vertikalen Zweiteilung der Ortsbrust in zwei zeitlich versetzte Reihenschaltungen lässt sich die Anzahl der Zündzeitstufen noch einmal verdop-peln.

Bild 9 zeigt beispielhaft eine Ortsbrust mit etwa 80 Bohrlöchern. Die mit 42 ms zeitlich versetzten Reihen-schaltungen produzieren für jedes einzelne Bohrloch in der Ortsbrust eine Zündzeitstufe. Im Kranz werden in diesem Beispiel immer zwei Bohrlöcher zusammenge-

Bild 8: Schnitt durch den Hang und ein direkt über dem Haupttunnel liegendes Wohnhaus

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fasst. Die Reihenschaltung erfolgt mit einer Verzöge-rung von 100 ms von Bohrloch zu Bohrloch. Die Ini-tiierung ist links nach 3,400 Sekunden und rechts nach 3,142 Sekunden abgeschlossen [9].

Beim Scheibengipfel waren in der Regel zwischen 100 und 120 Bohrlöcher erforderlich. Mit der Oberflä-chenverzögerung stand für jedes Bohrloch eine Zünd-zeitstufe zur Verfügung. Auch im Kranz wurde beim Scheibengipfel jedes Bohrloch einzeln gezündet, sodass bei einer Patrone je Bohrloch lediglich 840 g Spreng-stoff gleichzeitig zündeten.

Die Erschütterungen konnten mit diesem System auf Anhieb um etwa 50 % reduziert werden. Aber auch mit diesem System kam es hin und wieder zu Ausrei-ßern, die die angestrebten Erschütterungshöchstwer-te überschritten. Derartige Unregelmäßigkeiten sind durch verschiedene Einflüsse bedingt und praktisch unvermeidbar.

Im Bild 10 ist ein Erschütterungsprotokoll [9]von einer Sprengung mit 30 Zündzeitstufen dargestellt, wie sie vor der Umstellung des Sprengverfahrens durchge-führt wurde. Im Verlauf der Sprengung sind die einzel-nen Zündzeitstufen gut zu erkennen. Der im Bild 11 dargestellte Erschütterungsverlauf [10] zeigt eine Er-schütterungsmessung für eine Sprengung mit Oberflä-chenverzögerung. Da für jede Bohrlochsprengladung eine Zündzeitstufe zur Verfügung steht, sind die Er-schütterungsimpulse viel gleichmäßiger verteilt.

7 SchlussbemerkungenDie günstigen geologischen Verhältnisse bei der Durch-örterung der Schichten des Braunjuras α und β erlaub-ten grundsätzlich einen zügigen Tunnelvortrieb durch den Scheibengipfel mit sehr geringen Verformungen der Außenschale. Bei der Unterfahrung des Wohnge-biets mit 26 m Überdeckung ergaben sich daher auch keine nennenswerten Setzungen an der Geländeober-fläche.

Den Methanausgasungen aus dem Ölschiefer, die eine tunnelbautechnische Besonderheit des Vortriebs beim Scheibengipfel darstellten, wurde erfolgreich mit Sondermaßnahmen begegnet. Die Auswirkungen auf die Vortriebsleistung hielten sich in Grenzen. Die Son-dermaßnahmen haben sich als praxisgerecht und effek-tiv bewährt und könnten weitgehend auf Projekte mit einer ähnlichen Problemstellung übertragen werden. Projekte mit derartigen geologischen Besonderheiten werden aber in Zukunft sicher eine Ausnahme im Tun-nelbau darstellen.

Ein immer wiederkehrendes und von den Projektbe-teiligten oftmals unterschätztes Problem sind vielmehr die Beeinträchtigungen durch einen Sprengvortrieb, die sich für die zu unterfahrende Wohnbebauung aber vor

Bild 10: Erschütterungsmessung bei Sprengung mit Zeitstufenverzögerung und etwa 30 Zündzeitstufen für bis zu 120 Bohrlöcher vor Umstellung des Verfahrens

Bild 9: Beispiel für die Zündreihenfolge mit Oberflächenverzögerung und Teilung der Ortsbrust [9]

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Literaturverzeichnis[1] Regierungspräsidium Tübingen – Straßenbau Nord:

Projektvorstellung.

[2] Regierungspräsidium Tübingen – Straßenbau Nord: B 312 OU Reutlingen: Ausschreibungsunterlagen Schei-bengipfeltunnel mit Rettungsstollen. Juni 2011.

[3] Lahmeyer International GmbH: B 312 OU Reutlingen, Scheibengipfeltunnel, Geotechnischer Bericht, Ergän-zende Baugrunduntersuchungen. Bad Vilbel, Dezember 2012.

[4] Lahmeyer International GmbH: Scheibengipfeltunnel, Erläuterungsbericht Ingenieurgeologie. Stuttgart, Au-gust 1995.

[5] Geologisches Landesamt Baden-Württemberg (1994): Geologische Karte 1:25.000, Blatt 7521 Reutlingen mit Erläuterungen. Freiburg/Stuttgart.

[6] Geyer, O. F.; Gwinner, M. P.: Einführung in die Geologie von Baden-Württemberg. Schweizerbart’sche Verlags-buchhandlung, Stuttgart, 1968.

[7] DMT GmbH & Co. KG: Gutachterliche Stellungnah-me zur Gasgefährdung. Essen, September 2012.

[8] DIN 4150-3: Erschütterungen im Bauwesen – Teil 3: Einwirkungen auf bauliche Anlage. 1999-02.

[9] Austin Powder GmbH: Produktinformationen. http://www.austinpowder.at

[10] Terrana Geophysik Dr. Patzelt & Partner: Erschütte-rungsmessungen Tunnel Reutlingen.

[11] Der Beitrag wurde im Rahmen des „9. Kolloquium Bau-en in Boden und Fels“ im Jahr 2014 als Vortrag gehalten und für diese Veröffentlichung aktualisiert.

allem für deren Bewohner ergeben. Die Erfahrungen beim Scheibengipfeltunnel haben gezeigt, dass selbst bei Einhaltung der in Gesetzen beziehungsweise in Normen vorgeschriebenen Grenzwerte Anwohnerbe-schwerden ein erhebliches Ausmaß annehmen können, obwohl sich an der Bebauung selbst keine nennenswer-ten Schäden ergeben haben. Dies lag vor allem daran, dass neben den Sprengerschütterungen auch die Bohr-arbeiten, die teilweise auch nachts zwischen 22:00 und 06.00 Uhr durchgeführt wurden, eine erhebliche Lärm-belästigung darstellten.

Für zukünftige Tunnelvortriebe im Sprengfels mit vergleichbarer Lage zu Wohnbebauungen sollte daher bereits bei der Entwurfs- und Ausschreibungsplanung beachtet werden, dass zwischen 22.00 und 06:00 Uhr nicht nur auf das Sprengen, sondern höchstwahrschein-lich auch auf die übrigen lärmintensiven Arbeiten, vor allem das Bohren, verzichtet werden muss.

ErstautorDipl.-Ing. Hendrik Schälicke begann im Jahr 2002 seine Mitar-beit im Ingenieurbüro Prof. Dr.-Ing. Dieter Kirschke. Er ist bereits seit Jahren zumeist als Prüfingenieur für Tun-nelbauwerke sowie als tunnelbautechnischer Berater und Sachverständiger vorrangig für die Bauherrenschaft tätig. Im Jahr 2013 hat er vom Eisenbahn-Bundesamt die Anerkennung als Gutachter für Geotechnik im Tätigkeitsbereich Tunnelbau erhalten.

Bild 11: Erschütterungsmessung bei Sprengung mit Oberflächenverzögerung und einer Zündzeitstufe je Bohrloch mit geändertem Zündsystem

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33 Produktvorstellung - tunnelbau

Messtechnisch im Griff: Massen von Daten und GesteinAnger:

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Messtechnisch im Griff: Massen von Daten und Gestein Das Ryfast Projekt – Herausforderung unter dem MeeresspiegelChristian Anger, Freier Jounalist, Köln, Deutschland

Das „Herzstück“ des Bauvorhabens bildet der Solb-akk Tunnel. Dieser Projekt-Hauptteil stellt mit seinen 14  km Länge die höchsten Anforderungen an Crew, Tools und Planer. Er befindet sich 290  m unter dem Meeresspiegel. Der Sprengvortrieb begann im August 2013 nach den Vorbereitungsarbeiten im November

Region Stavanger im westlichen Norwegen: Hier entsteht das Ryfast-Großprojekt, der längste Unterwasser-Straßentunnel der Welt, als Ersatz für einen bisherigen Fährbetrieb. Dabei kommen innovative elektronische Mess-, Kontroll- und Navigationstechniken zum Einsatz. Das Großpro-jekt erstreckt sich über eine Gesamtlänge von 23,2  km; die Bauzeit ist von 2012 bis 2019 ver-anschlagt; seine Gesamtkosten belaufen sich auf rund 1,3 Mrd. Schweizer Franken (ca. 1,08 Mrd. €).

Tunnelbau • Norwegen • Messtechnik • Moni-toring • Sprengvortrieb • Software

Bild 1: Alles im Blick – eine spezielle Software erleichtert und beschleunigt Vortriebs-arbeiten

Bild 2: Skizze des Ryfast-Großprojekts mit den drei Tunnelbauabschnitten: Solbakk (seit November 2012, 14 km Länge), Hundvaag (seit Oktober 2013, 5,5 km Länge) und Eiganes (seit August 2014, 3,7 km Länge) Quelle: vegwesen.com

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34Produktvorstellung - tunnelbau

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Bau-Konsortium Marti Holding AG auf den Einsatz neuartiger Werkzeug- und Steuerungstechniken, die ein optimiertes Ineinandergreifen von Arbeitsschritten ermöglichen.

Per Software kann die Tunnelcrew den Sprengvortrieb selbst steuernMit dem ersten Sprengvortrieb am Solbakk Tunnel beginnt auch der erste Vor-Ort-Einsatz der Tunnelbau-Tablet-Software „Amberg Navigator“ (Hersteller Am-berg Technologies AG, Schweiz). Diese ermöglicht es der Tunnelcrew vor Ort, die Arbeiten im Vortrieb selbstständig zu steuern.

Den Grundgedanken dahinter formuliert Jürgen Wilhelm (Bild 3), verantwortlicher Vermessungsinge-nieur aus der Projektmannschaft, so: „Damit können jetzt einfache Routinearbeiten auch von Mitarbeitern aus anderen Bereichen zuverlässig, effizient und unab-hängig erledigt werden.“

Damit bildet die Großbaustelle Solbakk den Schau-platz für eine Premiere für das neuartige Zusammen-wirken von Planern, Crew und Ausrüstung. Für den Sprengvortrieb kommen Bohrjumbos mit intelligenter Bohrautomatisierung zum Einsatz (Typ Sandvik).

Das Positionieren und Ausrichten der Bohrjumbos erfolgt mittels Tachymeter, nach dem Koordinatensys-tem des Tunnels. Dazu platziert die Tunnelcrew den Tachymeter hinter dem Bohrjumbo (Bild 4).

Tachymeter-Einrichtung voll automatischDann drückt der Crewleiter einen Button seines Tab-lets und startet mithilfe der Navigator-Software den Positionierungsablauf: „Stativ automatisch/Tripod au-tomatic“. Dieses spezielle Software-Feature ermöglicht es, den Tachymeter vollautomatisch einzurichten, ohne die Lagenummern der Kontrollpunktkoordinaten im Tunnel zu kennen (Bild 5).

Der Tachymeter liefert durch seine 360°-Perspektive alle sichtbaren Kontrollpunkte (PowerSearch-Funkti-on), wodurch die Navigations-Software alle genauen Positionen und Ausrichtungen berechnet und die tun-nelmetrische Stationierung des Tachymeters anzeigt.

Nach dieser Positionierung werden die beiden Pris-men, mit denen der Bohrjumbo selbst ausgestattet ist, ebenfalls gemessen, deren Koordinaten erfasst und an das Sandvik-System (iSure) übermittelt. So kann das Ein- und Ausrichten des Bohrjumbos berechnet wer-den. Dessen Start erfolgt dann auf dieser Grundlage.

Software schafft Stillstandzeit ab – Crew überprüft Istzustand sofortWährend oder nach den Bohrungen erfolgt bekannt-lich routinemäßig die Ausbruchkontrolle. Dadurch entstand und entsteht bisher immer noch Stillstandzeit, wenn der Istzustand durch extra hinzugezogene Ver-messungsingenieure erfasst wird. Anders im Solbakk Tunnel: Mittels der neuen Tablet-Software kann dort die Crew selbst die Analyse in Echzeit vornehmen und

Bild 4: Richtungsvorgabe für die Bohrjumbos – Aufstellen des Tachymeters

Bild 5: Gezeigtes Auswahlbeispiel der Positionierungsmethode: „Stativ automatisch“

Bild 3: Vermessungsingenieur Jürgen Wilhelm im Solbakk Tunnel sieht mehr Möglichkeiten und Schnelligkeit durch neuartigen Softwareeinsatz für die Crews

2012. Das war sozusagen der Startschuss für eine künf-tige sichere Strassenverbindung mit zwei Tunnelröhren zwischen Ryfylke und Ryfast/Nord-Jaeren (Bild 2) statt des von Wind und Wetter abhängigen Fährbe-triebs über See.

Für die besonderen Herausforderungen in den Solbakk-Röhren setzt das beauftragte Schweizerische

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35 Produktvorstellung - tunnelbau

Messtechnisch im Griff: Massen von Daten und GesteinAnger:

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so den Vortriebsprozess verbessern und direkt beschleu-nigen.

Mittels der Software gibt der Vermessungsingenieur den Profilabstand und die Anzahl der Koordinaten-punkte vor, die gemessen werden sollen. Vor Ort wählt dann der Crewleiter einfach auf dem Tablet-Menue den Teil der Echtzeit-Analyse aus, welcher gerade im Tun-nel ausgeführt werden soll, beispielsweise „Prüfe Aus-bruch/Check Excavation“ (Bild 6).

Display zeigt Profilbereiche deutlich an – Datenspeicherung inklusiveDazu gibt er einen Start- und Endkoordinatenpunkt innerhalb der bearbeiteten Tunnelfläche vor, die erfasst werden soll. Den Vermessungsprozess übernimmt dann die Software, führt diesen also selbstständig aus.

Das Ergebnis solcher Profilmessungen wird der Tunnelcrew sofort auf dem Display angezeigt. Dabei werden Unter- oder Überprofilbereiche deutlich her-vorgehoben. So können sofort Unterprofile an den Tunnelwänden markiert und Neuprofilierungen vor-genommen werden. Zudem lassen sich die Daten zur Dokumentation oder für weitere Kontrollmessungen speichern (Bild 7).

Rückblickend dazu noch einmal Vermessungsinge-nieur Jürgen Wilhelm, der zusammenfasst: „Die Soft-ware vermeidet unnötige Wartezeiten: Die erforderli-chen Messungen sind direkt in den Arbeitsablauf mit einbezogen“.

Auf wachsenden Zeit- und Kostendruck reagierenDie Worte des Vermessungsingenieurs bilden die pas-sende Überleitung für die Situationsbeschreibung von Marcel Kalbermatter (Bild 8).

Für den Geschäftsführer von Amberg Technologies bildet das Ryfast-Projekt ein prägnantes Beispiel dafür, „dass Mannschaften und Planer einem stetig wachsen-den Zeit- und Kostendruck begegnen müssen. Die Vor-triebsgeschwindigkeit steigt rasant, dabei werden die Tunnel immer länger und komplexer“.

Bild 6: Gezeigtes Auswahlbeispiel der Messfunktion – „Profilmessung Ausbruch“

Bild 7: Schnellere Profilmessungen per Software: Nach der deutlichen Darstellung auf dem Display kann die Crew markieren und neu profilieren

Umfeld des Softwareeinsatzes:Anforderungen: Jeweils zwei Tunnelröhren, zeitgleicher Vortrieb, in zwei 24-h-Schichten, Echtzeitanalyse durch die Crew. Ausstattung, Hersteller:Navigator Tablet-Software,TMS Tunnelscan, TMS ProFit-Software. Amberg Technologies AG (CH)Laserscan Focus 3 D 120.Faro (USA)Tachymeter TS 15.Leica Geosystems GmbH (D) Bohrjumbos, iSure-System.Sandvik AB (S)

Bild 8: Marcel Kalbermatter, Amberg Technologies-Ge-schäftsführer: Spezielle Software für mehr Flexibilität im Tunnelbau zur Verfügung stellen

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36Produktvorstellung - tunnelbau

Messtechnisch im Griff: Massen von Daten und Gestein Anger:

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dar: Wie ganz oft im Berg- und Tunnelbau findet sich so auch hiermit ein inhabergeführter mittelständischer Hersteller von besonderen Nischenprodukten im Kreis globaler Großunternehmen.

Selbst- und Leistungsbewusstsein erklären sich für Kalbermatter genau aus diesem Umstand: „Als spezi-alisierter Mittelständler können wir es uns erlauben, entsprechende Produkte durch gezielte, längerfristige Investitionen in Forschung & Entwicklung zyklenwei-se zu schaffen, ohne ständig am Markt Sofortgewinne einfahren zu müssen.“

Daher sieht er auch optimistisch in die Unterneh-menszukunft, vor allem in Richtung Asien oder auch Südamerika und Türkei: Wirtschaftlich werden dort große Energie- und Infrastrukturprojekte immer mehr zum Muss, womit ein Weiteres an hochspezialisierten Software-Angeboten gebraucht wird, wenn das Ryfast-Tunnelprojekt längst beendet sein wird.

Portfolio Tunnelbauten: Die Software komplettiert „Darum haben wir – als Weiterentwicklung für unser Tunnelportfolio – mittlerweile die Entwicklung der Software „Control“ abgeschlossen“, stellt dazu Oliver Schneider fest (Bild 9).

Er ist in dem Schweizerischen Unternehmen der Produktmanager für den Geschäftsbereich Tunnelsys-teme. Dabei ist es für ihn üblich, Softwarelösungen in engem Kontakt mit dem Vermessungsteam vor Ort zu entwickeln.

„Ryfast stellt in Europa unser erstes großes Projekt für den „Navigator“ dar. Was vor Ort benötigt worden ist, haben wir entweder zeitnah als Verbesserung um-gesetzt oder wie etwa bei „Bohrjumbo automatisch“ oder „Scanner APM Einmessung“ gleich in die Soft-ware als neue Arbeitsschritte integriert.“ So konnte das Ryfast-Projekt mittlerweile ganz planmäßig bis zur letzten Etappe, den Eiganes-Tunnelarbeiten, geführt werden.

Programm probat einplanbar wie andere Bergbau-ToolsDabei entstand auch der Gedanke zur weiteren Ent-wicklung des Softwareprogramms Amberg Control. Denn, so Oliver Schneider weiter, das Auswählen und Einbinden der am besten geeigneten Messausstattun-gen einschließlich deren Software sei immer noch ein eher vernachlässigter Punkt in den Vorbereitungsarbei-ten von Tunnelbauprojekten: „Dabei ist dort ansonsten doch bei Bauträgern und Crews ein sorgfältiges Planen und Entscheiden für den Einsatz bestimmter schwerer Geräte- und Ausrüstungseinheiten selbstverständlich“.

Entsprechend bewusst soll sich daher das Programm der neuen Tunnelsoftware ab Dezember für künftige Einsätze einplanen lassen. Lassen sich damit doch ins-besondere die Anforderungsfelder Auswertung, Be-richte und Dokumentationen abdecken.

Um aus allen erfassten Messdaten zeitnah aussage-kräftige Berichte zu erstellen, kann die Software bei-

Bild 9: Oliver Schneider, Produktmanager: Beim Ryfast-Projekt haben wir die Software auf die besonderen Anforderungen vor Ort zeitnah angepasst

Eckdaten der Software Control: ▶ 2-Varianten-Software: Control Basic für Soll-

Ist-Vergleiche, Control Plus für Ist-Ist-Verglei-che

▶ Flexible Schnittstelle für verschiedene Ta-chymeter-Typen

▶ Visualisierung mittels 3D zur schnellen Ent-scheidungsgrundlage vor Ort

▶ Von der Ausbruchkontrolle über das Berech-nen des geologischen Überprofils bis zur zerstörungsfreien Beton-Schichtdickenkon-trolle

▶ Flexibles Erstellen von Berichten für pro-jektspezifische Anforderungen

▶ Daten-Transfer vom Tunnel ins Büro, bei-spielsweise für Tachymetermessungen und vom Büro in den Tunnel, beispielsweise für Schichtstärkenmessungen.

Diese Entwicklung bedeutet für das hochspeziali-sierte Unternehmen, seinerseits Software-Ausstattun-gen zu entwickeln, die es den Crews vor Ort ermögli-chen, auf die veränderten Anforderungen zu reagieren. Moderner Tunnelbau und Massen von Messdaten ge-hen heute Hand in Hand.

Auf diese simple Erkenntnis reagieren die Schwei-zer mit differenzierter Software – im Fall des Ryfast-Projekts mit der vorgestellten Navigationssoftware. Sie schafft die Möglichkeit, viele Messungen direkt im Tunnel in die Arbeitsabläufe der Crews zu integrieren, womit Wartezeiten und auch Kosten früherer Verfah-ren entfallen.

Globale Großprojekte erfordern hochspezialisierte Detaillösungen Diese Software stellt damit sozusagen ein Detail-Werk-zeug für ein Großprojekt, aber eben ein entscheidendes

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37 Produktvorstellung - tunnelbau

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Bild 10: Visualisierungsbeispiele: Auswahl von vier Ansichten für die anschauliche Datenaufbereitung

spielsweise Daten zum Soll-Ist-Vergleich genauso gene-rieren wie zum Ist-Ist-Vergleich, vom Abschlag bis zum fertigen Ausbau.

Eines der nützlichen Details bildet dabei eine ver-breiterte Importschnittstelle. Sie ermöglicht den Ein-satz und die Datenerfassung von unterschiedlichen Tachymetern. Für den Anwender bedeutet das Unab-hängigkeit vom Messinstrument bei größerer Flexibili-tät zur Datenauswertung.

Visualisierte Daten und vollständige 3D-BerechnungSchnelles und einfaches Erfassen und Verstehen von Messergebnissen bilden einen entscheidenden Faktor des heutigen Tunnelbaus. Erforderlich erschien daher die Entwicklung eines Software-Features, welches die-ser neuen Einsatzanforderung nachkommt – mit voll-ständiger 3D-Berechnung sowie anschaulichem, bild-haftem Aufbereiten der erfassten Messdaten (Bild 10).

Damit stellt Amberg Control in technischer Sicht eine Weiterentwicklung der im Ryfast-Projekt einge-setzten ProFit-Software dar. Nahe liegend, dass sie voll kompatibel mit der im Solbakk Tunnel eingesetzten

Tablet-Lösung für Profilmessungen ist. Entwicklungs-mäßig soll sie sozusagen den sprichwörtlichen Missing Link bilden. Dieser soll das Ineinandergreifen der Tun-nelbau-Tools einschließlich der dazu unterstützenden Software-Tools für einen vollintegrierten Arbeitsablauf möglich machen.

Nach den zum Messen und Erfassen beim Ryfast-Projekt eingesetzten Softwares Navigator und Ap-plications komplettiert nun Control als dritte dieses tunneltechnische Messspektrum – für einen ununter-brochenen Arbeits- und Arbeitsdatenfluss im Tunnel über Dokumentation bis zum Ergebnisbericht im Bau-leitungsbüro.

Die 3D-Berechnung der Messdaten wird dabei un-terstützt von der ebenfalls neu entwickelten Applica-tions 6.0. Diese Onboard-Software für Leica-Tachyme-ter erfasst ohne zusätzliche Hardware alle anfallenden Profildaten.

Feedback für Funktionalität – Prototypen in Tunnel-Testphasen Das Control-Programm entstand in einem Entwick-lungszeitraum von sechs Monaten, einschließlich Test-/

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38Produktvorstellung - tunnelbau

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„Debug“-Phasen. Bereits in frühen Stadien dazu mit den Prototypen marktnah vor Ort zu arbeiten, gehört zur Einführungsphilosophie des Herstellers. So kann durch praktisches tunnelbauliches Feedback schnell die Funktionalität ermittelt, feineingestellt oder umstands-gemäß alterniert werden.

Wann die soeben fertig konzipierte Software nun ihre erste tatsächliche Anwendung fahren wird, ist noch nicht spruchreif. Dafür stehen derzeit noch mehrere mögliche Einsatzorte in der Diskussion. Jedenfalls lässt sich ein typischer Tätigkeitsablauf unter Einbindung der Software in folgenden fünf Schritten nachvollzie-hen.1. Definieren: Die Planungsdaten des Tunnels werden

eingegeben, Absteckarbeiten werden im Baulei-tungsbüro vorbereitet.

2. Navigieren: Die Plandaten müssen vor Ort mit den tatsächlichen Tunneldaten abgeglichen und ange-passt werden, entsprechende Absteckarbeiten an der Tunnelwand und Einmessarbeiten der Bohrjumbos erfolgen.

3. Produzieren: Gemäß Absteck-Datenlage kann nun gearbeitet werden: Sprengung, Sprengvortrieb.

4. Kontrollieren: Abgleich Planvorgabe: Arbeitsresul-tat, Messungen und Echtzeitanalyse, Soll-Ist-Verglei-che erfolgen vor Ort.

5. Analysieren: Im Bauleitungsbüro erfolgt mit dem Instrument eine abschließende, detaillierte Aus-wertung der Messungen. Damit sind dann Doku-mentation, Interpretation, Umwandlung und Über-mittlung dieser Ergebnisse in Form aussagekräftiger Arbeitsberichte sichergestellt.

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39 Berg- und TunnelBau

Ergebnisse von Spannungsmessungen mit dem optischen FBG-Dehnungssensor beim SprengvortriebBaumann, Müller, Litschko und Pippig:

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„Spannungsmessungen mit dem FBG-Dehnungssensor – neue Grundlage für fels- oder tunneldynamische Dimensionierung untertägiger Hohlräume?“Dr.-Ing. Ingolf Baumann, Geschäftsführer, Advanced optics solutions, Dresden, Deutschland Dr.-Ing. habil. Dipl.-Geol. Bernd Müller, Geschäftsführer Dipl.-Geol. Benjamin Litschko, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Dipl.-Geoph. Uwe Pippig, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, alle drei: Geotechnisches Sachverständigenbüro Dr. Müller – Movement and Blasting Consulting, Leipzig, Deutschland

1 EinführungDie Bemessung und Dimensionierung unterirdischer Hohlräume im Berg- und Tunnelbau wird nahezu aus-schließlich fels- bzw. tunnelstatisch vorgenommen. Die dynamischen Belastungen und Einwirkungen spielen dabei eine nebengeordnete oder gar keine Rolle.

Seit 15 Jahren wird zur Erfassung von Erschütterun-gen unterschiedlicher auslösender Quellen erfolgreich neben der Messung der Schwinggeschwindigkeiten der eigens entwickelte Dehnungssensor auf Faser-Bragg-Gitter-Basis eingesetzt. Das führte insbesondere im emissionsortnahen Bereich zur genauen Registrierung von dynamischen Einwirkungen und zum besseren

Die Bemessung und Dimensionierung unterir-discher Hohlräume wird nahezu ausschließlich fels- bzw. tunnelstatisch vorgenommen. Der Ein-satz eines optischen Faser-Bragg-Gitter-Sensors (FBG) ermöglichte die Messung der durch den Sprengvortrieb verursachten Dehnungs- und Stauchungszustände. Dabei wurde festgestellt, dass die durch den Sprengvortrieb ausgelösten Spannungen unerwartet hoch waren, sodass sie zur Überbelastung von Pfeilern führten. Die Spannungen werden geringer, wenn die Firste in etwa rund ausgelegt wird. Eine schwach gewölb-te bis ebene Firste löst sehr hohe dynamische Ausbruchwirkungen aus, die allerdings nicht län-ger als der Sprengausbruch der Gesteinsmassen andauern. Bergbauinduzierte Erdbeben könnten ursächlich mit derartigen Wirkungen von augen-scheinlich unkritischen Sprengungen in Verbin-dung gebracht werden.

In bergmännisch erschlossenen Grubenge-bäuden und beim Tunnelvortrieb sollten künftig die dynamischen Einwirkungen besser über-wacht und die Dimensionierung der Hohlräume auch an fels- oder tunneldynamische Bedingun-gen angepasst werden.

Bergbau • Tunnelbau • Sprengtechnik • Hohl-raumbemessung • Messtechnik • Vortrieb

Verständnis des Sprengvorgangs. Über das bekannte Stoffgesetz kann mittels der Größe der Dehnung die ausgelöste Spannung berechnet werden. Der Einsatz des FBG-Sensors zwecks Überwachung von Erschütterun-gen beim unterirdischen Sprengvortrieb erbrachte über-raschend hohe Dehnungszustände an den bestehenden Pfeilern, mit denen die ausgelösten, dynamischen Ein-flüsse auf Grubengebäude und parallele Tunnelröhren sowie die entstandenen Spannungen neu zu bewerten sind. Die anhand der Messergebnisse für ein Gruben-gebäude vermuteten Auswirkungen der Sprengungen beim unterirdischen Vortrieb sollten Veranlassung sein, bei der Dimensionierung von unterirdischen Hohlräu-men jeder Art beim Einsatz der Sprengtechnik die dy-namischen Belastungen des Festgebirges zu beachten.

2 Dehnungsmessungen mit dem optischen FBG-Sensor

2.1 MessprinzipAus dem Messwert der Dehnung ε unter dynamischer Einwirkung jeder Art kann mit der bekannten Bezie-hung der Kontinuumsmechanik

statEs e= .....................................[N/mm²] ............... (1)

die erzeugte Spannung σ berechnet werden. Dazu muss der statische Elastizitätsmodul Estat des Materials, auf dem die Dehnung ermittelt worden ist, bekannt sein.

Der für die genaue Messung von Dehnungszustän-den entwickelte Sensor (Bild 1) ist in seiner Bauart ein Teleskopsensor aus einer optischen Faser, dem soge-nannten Faser-Bragg-Gitter. Es können mit der Sensor-einheit driftstabil und nicht störanfällig gegenüber elek-tromagnetischen Feldern Genauigkeiten von 10-6 m/m erreicht werden. Das Funktionsprinzip der faseropti-schen Messung wird mit dem periodischen Filterele-ment des Faser-Bragg-Gitters in einer Glasfaser aus-gelegt, durch die ein quasi-monochromatisches Licht geleitet wird. Die Messung beruht auf der Bestimmung der Änderung der Wellenlänge dieses Lichtstrahls, die je nach Spannungsanstieg erfasst wird und als Dehnungs-zustandskurve mittels einer entsprechenden Software

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40Berg- und TunnelBau

Ergebnisse von Spannungsmessungen mit dem optischen FBG-Dehnungssensor beim SprengvortriebBaumann, Müller, Litschko und Pippig:

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rechnerisch zeitgleich umgeformt wird und als Mess-kurve darstellbar ist.

Aus der ermittelten Dehnungs-Stauchungskurve wird die jeweils maximale Dehnung am höchsten ±-Ausschlag der Amplitudenspitzen abgelesen. Die physikalische Beschreibung ist in [1, 2] ausführlich dar-gelegt.

2.2 Der FBG-Sensor zur Messung von Deh-nungen bei dynamischen Einwirkungen

Es wurden für verschiedene Einsatzgebiete und Ge-nauigkeiten entsprechende Sensoren konfiguriert, so-dass Erdbebeneinwirkungen, Spannungsänderungen, Sprengerschütterungen über sowie unter Tage und Erschütterungen von bautechnischen Maßnahmen wie Verdichtung, Rammung, Rüttelstopfverdichtung usw. messtechnisch genau, zeitgleich, richtungsabhängig und kurzfristig bis dauerhaft erfasst werden können. Je größer die Genauigkeitsanforderungen sind, um so län-ger muss die Teleskopausbildung des Sensors sein.

Der zur messtechnischen Begleitung für die untertä-gigen Gewinnungssprengungen zum Einsatz gebrachte Sensor ist die kleinere Variante. Diese kann vergleichs-weise hohe Dehnungszustände bis 4.000  μm/m erfas-sen (Bild 1).

Vor der Messung wurde der Sensor in der benach-barten Kammer neben der Sprenganlage an seinen zwei Enden mit einem hochfesten Zweikomponen-tenkleber auf einer massiven, nicht geklüfteten Festge-steinsoberfläche senkrecht bis winklig am Stoß eines Pfeilers fixiert. Gegebenenfalls kann der in dem Bild 1 abgebildete Sensor mit Dübeln fest im Gestein ver-schraubt werden. Eine gute Kopplung des Sensors ist Voraussetzung für eine genaue Messung. Die ausgewo-gene, modern ausgestattete Software ermöglicht eine übersichtliche Auswertung der Dehnungsmessungen über die gesamte Einwirkungsdauer. Es werden Kurven ermittelt, welche die Schwingungen bzw. Änderungen der Dehnungszustände im Verlauf der Einwirkung hochauflösend darstellen (Bilder 2 und 3). Die Kur-ven ähneln denen von Schwinggeschwindigkeiten mit dem Unterschied, dass Verschiebungen der Kurve um den Nullpunkt bei Dehnungsmessungen als bleibende Verformungen zwischen den verklebten Fixpunkten des Sensors anzusehen sind [2, 3]. Die Nutzung des Mess-verfahrens für Erschütterungen ist mit den Schwing-geschwindigkeitsmessungen vergleichbar. Der Sensor wird in die jeweils zu messende Richtung x, y oder z ausgelegt, wobei je nach Messaufgabe für jede Rich-tung eine Messeinheit angeordnet werden kann. Für den dargestellten Fall ist ein Sensor etwa parallel der z-Richtung am Stoß des Pfeilers aufgeklebt worden.

2.3 Beziehung zwischen Schwinggeschwin-digkeit und Dehnung

Aufgrund des physikalisch belegbaren Zusammenhangs zwischen Schwinggeschwindigkeit und Dehnung sind die beiden für die Erschütterungen genutzten Messgrö-ßen linear abhängig (Bild 4):

Bild 1: Kleiner FBG-Dehnungssensor mit Auswerteeinheit und angeschlossenem Laptop – die Platten an den Enden dienen zur Verklebung oder Verschraubung am Messort – Messbereich bis 3.500 - 4.000 μm/m

Bild 2: Beispiel einer Dehnungsmessung an einem Pfeiler in 20,4 m Entfernung von der Sprengung

Bild 3: Beispiel einer Dehnungsmessung an einem Pfeiler in 12 m Entfernung von der Sprengung

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41 Berg- und TunnelBau

Ergebnisse von Spannungsmessungen mit dem optischen FBG-Dehnungssensor beim SprengvortriebBaumann, Müller, Litschko und Pippig:

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Pppv cGs r= ⋅ ⋅ ............................................................... (2)

Dabei sind:ppv Schwinggeschwindigkeit .........................[mm/s]ρG Rohdichte Gestein/Baustoff .................. [kg/m³]cP P-Wellengeschwindigkeit des Gesteins/Bau-

stoffs ...................................................... [m/s]

Aus der Beziehung (1) und (2) folgt:

P statppv c EGr e⋅ ⋅ = ⋅ ....................................... ppv e≈

Nach dieser Abhängigkeit kann die Messgröße der Deh-nung die Schwinggeschwindigkeitsmessungen ersetzen oder ergänzen [3, 4, 5, 6]. Die faseroptischen Messun-gen der Dehnungszustände mit dem FBG-Sensor sind wesentlich genauer als die Schwinggeschwindigkeits-messungen mit Drei-Komponenten-Geophonen.

Schwinggeschwindigkeit und Dehnung können durch die Auslegung der Sprenganlagen sowie durch die Anpassung der Sonizität beeinflusst werden [3,  4,  6]. Der dazu erforderliche Nachweis ist mit dem neuen Sprengmodell erbracht worden. Die Zunahme des fik-tiven, wirksamen Detonationsdrucks bewirkt einerseits eine hohe Zertrümmerung und andererseits ansteigen-de Erschütterungen. Eine Verbesserung der sonischen Wirkung ist mit einem Rückgang der Erschütterungen bei gleichem Sprengimpuls oder -energieeintrag ver-bunden [4, 5]. Der fiktive, wirksame Detonationsdruck PZ0α wird errechnet nach:

( )2

2d

S0

Z0 P

B0

cV

4P

w´ l sin sin

s

P Sa

rx

a a

⋅ =

⋅ ⋅ ⋅ ........................... (3)

Dabei sind:PZ0α fiktiver, wirksamer Detonationsdruck unter

Einbeziehung der sonischen Wirkung [N/mm²]ξ Füllungsgrad ........................................................ [-]ρs Sprengstoffdichte ..................................... [kg/m³]VS0 Volumen Sprengstoff/Einheitsvolumen .....[m³]w´ Vorgabe, gezündet ............................................ [m]lB0 Einheitslänge Bohrloch ................................[1 m]sinαP cP/cdsinαS cS/cdcd Detonationsgeschwindigkeit ..................... [m/s]cP P-Wellengeschwindigkeit des Gesteins .... [m/s]cS S-Wellengeschwindigkeit des Gesteins .... [m/s]P Exponent P je nach Zündung 1, 1,5 oder 2

(nach Bild 9)

Die Erhöhung der sonischen Wirkung ist durch Anpas-sung der Detonationsgeschwindigkeit des eingesetzten Sprengstoffs an die P- und S-Wellengeschwindigkeiten des zu sprengenden Materials zu erreichen.

Da die Zertrümmerung und Erschütterung in ih-ren Wirkungen beim eigentlichen Sprengvorgang zu-sammenhängen, sollten ursprünglich an den Pfeilern

Bild 4: Zusammenhang zwischen der maximalen Schwinggeschwindigkeit und maxi-malen Dehnung von Sprengerschütterungen über Tage im Vergleich mit den Messergebnissen unter Tage

Bild 5: Beziehung zwischen P- und S-Wellengeschwindigkeiten für verschiedene Karbo-natgesteine

die Sprengerschütterungen erfasst werden. Auf der Sohle vor dem vertikal fixierten Dehnungssensor wur-den dazu Geophone aufgestellt. Die Messergebnisse differierten derartig, dass ein Vergleich der Dehnungs- und Schwinggeschwindigkeitswerte nicht realistisch erschien. Am Pfeiler mussten andere Vorgänge zur Er-klärung der hohen Dehnungszustände herangezogen werden.

3 Geomechanische BedingungenDer unterirdische Sprengvortrieb erfolgte in einem Karbonatgesteinsfestgebirge, welches aus Kalksteinen mit unterschiedlichen Kalkgehalten bestand.

Im Bild 5 werden die P- und S-Wellengeschwindig-keiten verglichen, die für die Sprengstoffwahl von Be-deutung sind [6]. Das Bild 6 vermittelt die dynamischen Eigenschaften des Schermoduls G und des dynamischen Elastizitätsmoduls Edyn der Festgesteine. Mit den Zu-

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42Berg- und TunnelBau

Ergebnisse von Spannungsmessungen mit dem optischen FBG-Dehnungssensor beim SprengvortriebBaumann, Müller, Litschko und Pippig:

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Sprengbarkeit lässt sich als mittelschwer kennzeich-nen [7]. In den gering klüftigen Zonen kann diese auf schwer sprengbar ansteigen. Die Festgesteine haben eine einaxiale Druckfestigkeit von durchschnittlich 125 N/mm² bzw. Zugfestigkeiten um 16 N/mm².

Die mittlere Scherfestigkeit beträgt 27 N/mm² und ist aus der Beziehung in [7] abgeschätzt worden. Die Teilbeweglichkeit des Festgebirges ist durch die nicht durchsetzende bzw. nur angedeutete Schichttrennflä-chenschar K3 eingeschränkt. Das Trennflächengefüge wird von den ± steilen, breit streuenden K1- und K2-Scharen beherrscht, die eine ständerartige Zerteilung des Festgebirges bewirken. Das Grubengebäude wird in 15 m breiten Kammern mit verbleibenden 12 m star-ken Pfeilern erschlossen. Die Firste ist 2 m vom Kämp-fer ausgehend aufgewölbt. Die Abschläge sind 3 bis 4 m tief und erfolgen mittels Bohr- und Sprengtechnik.

4 Dehnungsmessungen beim Sprengvor-trieb und Folgerungen

Während des sprengtechnischen Vortriebs wurden an den bestehenden Pfeilern etwa der z-Komponente fol-gend Dehnungsmessungen mit dem FBG-Sensor vor-ge nom men (vgl. Bild 1). Auf den Sohlen im Abstand von 25  bis  95  m zur Sprengstelle wurden gleichzeitig Schwing geschwindigkeitsmessungen durchgeführt. Die Tabelle 1 enthält die wichtigsten Messergebnisse.

Die Schwinggeschwindigkeitsmessungen belegten, dass die Erschütterungen durch die Sprengungen ent-sprechend der eingestellten Zündfolge andauerten. Die

sammenhängen im Bild 7 können sowohl der statische Elastizitätsmodul, das mechanische Verhalten der Ge-steine und die Poisson-Zahl abgeschätzt werden. Zu-sammen mit der Größenordnung der akustischen Im-pedanz, die zwischen 12,7 bis 17,2 × 106 kg × (m²s)–1

streut und der ermittelten Trennflächenabstände der drei Hauptkluftscharen von durchschnittlich 0,05 bis 0,091  m ergibt sich eine Ausbruchfestigkeit des Festgebirges von druckhaft bis sehr gebräch [7]. Die

Bild 6: Beziehung zwischen Schermodul G und dynamischem Elastizitätsmodul Edyn [kN/mm²]

Bild 7: Zusammenhänge zwischen dynamischem Elastizitätsmodul und akustischer Impedanz (P-Welle) der Gesteine und Baustoffe zur Abschätzung des mechanischen Verhaltens, der Poisson-Zahl, des statischen E-Moduls sowie der Verflüssigungs-gefährdung bei Wassersättigung

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43 Berg- und TunnelBau

Ergebnisse von Spannungsmessungen mit dem optischen FBG-Dehnungssensor beim SprengvortriebBaumann, Müller, Litschko und Pippig:

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Dehnungsmessungen dagegen entsprachen hinsicht-lich der Zeitdauer ihrer Einwirkung auf das Gebirge etwa dem Zeitablauf des Ausbruchs der Sprengmasse (Bild 8). Das Bild 8 soll die gemessene Situation mo-dellartig vereinfacht darstellen und ist mit verschiede-nen Beziehungen ausgestattet, welche die nacheinander ablaufenden Phasen der Sprengung rechnerisch beur-teilen helfen (Tabelle 2).

In diesem Zusammenhang interessiert die 3. Phase der Ausbruchwirkung, die durch erhebliche Dehnungs-zustände gekennzeichnet ist (Tabelle 1). Die Deh-nungsmessungen können bei bekanntem statischem E-Modul in ausgelöste Spannungen nach Beziehung (1) berechnet werden. Die während der Ausbruchwirkung im Pfeiler mit dem FBG-Sensor erzeugten Spannungen sind im Vergleich mit den auszugsweise ermittelten, sta-tisch wirkenden Vertikal- und Tangentialspannungen in der Tabelle 3 aufgeführt.

Die mit den Dehnungsmessungen ermittelten Größen der ausgelösten Spannungen übersteigen kurzzeitig ein Vielfaches der statischen Einwirkun-gen. Die Werte übertreffen die Zugfestigkeit der Kar-bonatgesteine und können lokal zu Mehrausbrüchen oder Rissschäden an den Pfeilern führen. Die Kurz-lebigkeit der dynamischen Belastungen von 2 bis 5  s verhindert möglicherweise eine intensivere Schädi-gung des verbleibenden Festgebirges. Die gemessene kurzzeitige Bewegung des Gebirges unmittelbar mit dem Ausbruch der Sprengmasse scheint bei ± runder Firstausbildung kleiner und bei schwach gewölbter bis

Bild 8: Physikalisches Sprengmodell der Wirkungen einer detonativen Sprengstoffumsetzung von 3D-Untertagesprengungen

Sprengung maximale Dehnung [μm/m]

bleibende Verformung

[μm/m]

Entfernung zum Emissionsort

[m]

Dauer der Einwirkung

[ms]

1 1.315 -3,3 20,4 3.580

2 1.312 -5,8 21,9 3.256

3 1.660 -24 12,0 4.008

4 1.928 -26,6 12,6 3.389

5 1.149 -52,1 12,4 5.195

6 3.403 -195,4 12,0 4.400

7 1.217 +49,8 12,6 5.200

8 1.893 -166,3 13,0 2.218

Tabelle 1: Ergebnisse von Dehnungsmessungen beim untertägigen Sprengvortrieb

Tabelle 2: Nacheinander ablaufende Phasen der Sprengung (zu Bild 8)

Phase Komponente Zeitdauer

1 Erschütterungen auf der Sohle entspricht Zündzeit

2 Zertrümmerung der Sprenganlage entspricht Zündzeit

3 Ausbruchwirkung im Festgebirge > Zündzeit; etwa Auswurfdauer

4 Auswurf des Haufwerks/Schuttermaterials > Zündzeit 4 bis 12 s

ebener Firste des Hohlraums größer zu werden. Nach den Ergebnissen kann somit nicht ausgeschlossen werden, dass bei geschwächten Pfeilern und sprödem Bruchverhalten des anstehenden Gesteins ein Kollaps des Gebirges ausgelöst wird. Das bergbauinduzierte

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44Berg- und TunnelBau

Ergebnisse von Spannungsmessungen mit dem optischen FBG-Dehnungssensor beim SprengvortriebBaumann, Müller, Litschko und Pippig:

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Quellenangaben[1] Baumann, I.; Müller, B.: Neues Messverfahren für die

Erfassung von Sprengerschütterungen und anderen dy-namischen Einwirkungen im Bauwesen. Spreng-Info 22 (2), S. 19-32. (2000)

[2] Müller, B.; Meissner, J.; Thiel, T. : Results of continuous in-situ stress measurement with optical strain sensors. In-situ Rock Stress-Measurement, Interpretation and Application. In: Proc. of the Intern. Symp. on in-situ Rock stress, Trondheim, Norway, June 19-21, pp. 249-256. (2006)

[3] Müller, B.; Pippig, U.: Physikalische Zusammenhänge revolutionieren die Bohr- und Sprengtechnik und er-möglichen eine statistisch gesicherte Erschütterungspro-gnose. Felsbau magazin, Heft 4, S. 253-272. (2011)

[4] Müller, B.; Rossmanith, H. P.: New physical findings revolutionize the drilling and blasting technology as well as the prediction of ground vibrations– Part 1: The new drilling model; Part 2: Practical applications abo-ve ground and underground. Blasting in Mines – New Trends. Ghose & Joshi (Eds.); Workshop hosted by Fragblast 10, New Delhi, India, Nov.  24-25 2012; pp. 29-50. CRC Press, Taylor & Francis Group. (2013)

[5] Müller, B.; Litschko, B.; Pippig, U.: Richtige Erschütte-rungsprognose – sichere Anhaltswerte. Spreng-Info 35 (2013) 2, S. 12-23. (2013)

[6] Müller, B.; Litschko, B.; Pippig, U.: Erschütterungsar-mes Sprengen. Taschenbuch für den Tunnelbau 2014, 38. Jhrg. Ernst & Sohn, S. 261-303. (2014)

[7] Müller, B.; Pippig, U.: Praktikable geotechnische Klas-sifikationen von Festgesteinen und Festgebirgen für das Bauwesen sowie den Bergbau. Felsbau magazin, Heft 1, S. 10-31. (2011)

[8] Jentzsch: Bauwissenschaftliche Untersuchung der Ge-bäudeschäden infolge des Gebirgsschlages vom 13. März 1989. Veröff. des Zentralinstitutes für Physik der Erde Nr. 116, Erdbebeningenieurwesen, III. Kolloquium, Pößneck, 3. 05.01.1990, Akad. der Wiss. der DDR, S. 45-62. (1990)

[9] Bienawski, Z. T.: Rock mechanics in Mining and Tunne-ling. Balkema. (1984)

[10] Dell, M.: Anwendung eines Kennlinienverfahrens nach der Methode „Convergence – Confinement” als Basis zur Be-messung von temporärem und endgültigem Tunnelausbau. Felsbau magazin 2011, Heft 4, S. 232-242. (2011)

[11] Maidl, B.: Handbuch des Tunnel- und Stollenbaus, Band II: Grundlagen und Zusatzleistungen für Planung und Ausführung. Verlag Glückauf GmbH, Essen. (1988)

[12] Maidl, B.: Handbuch des Tunnel- und Stollenbaus, Band I: Konstruktionen und Verfahren. Verlag Glückauf GmbH, Essen. (1994)

[13] Witt, K.-J.: Grundbau-Taschenbuch, Teil 1 Geotechni-sche Grundlagen. 7. Aufl. Ernst & Sohn, A. Wiley Com-pany. (2008)

[14] Wittke, W.: Tunnelstatik-Grundlagen. Geotechnik in Forschung und Praxis. WBI-Print 4, Verlag Glückauf GmbH. (1999)

Bild 9: Beispielhafte Ermittlung des Exponenten P (3) für die Berechnung des fiktiven Detonationsdrucks PZ0α nach Bild 8

Tabelle 3: Berechnete Spannungen während der Ausbrucheinwirkung durch die Spren-gung im Vergleich mit statisch vorhandenen

Sprengungstatischer E-Modul

[kN/mm²]

dynamisch erzeugteSpannung [N/mm²]

Vertikalspannung

[N/mm²]

Tangential-spannung [N/mm²]

1 47,21 - 62,41 62,08 - 82,07 2,13 4,05

2 47,21 - 62,41 61,94 - 81,88 2,16 4,15

3 47,21 - 62,41 78,37 - 103,60 2,18 4,15

4 47,21 - 62,41 91,02 - 120,33 2,13 4,05

5 47,21 - 62,41 54,24 - 71,71 2,29 4,34

6 47,21 - 62,41 160,66 - 212,38 2,24 4,24

7 47,21 - 62,41 57,45 - 75,95 2,21 4,19

8 47,21 - 62,41 89,37 - 118,14 2,24 4,24

Erdbeben vom 13.  März  1989 ergibt sich (nach [8]) als Folge einer planmäßigen Gewinnungssprengung und könnte auf eine solche hohe Ausbrucheinwirkung auf das Grubengebäude zurückzuführen sein [8]. Die Firste der Abschläge ist geologisch bedingt parallel zur ± horizontalen Schichttrennfläche angelegt, sodass man hohe Spannungen erwarten darf.

5 FazitUnterirdische Hohlräume werden heute überwiegend statisch bemessen und dimensioniert. In sprengtech-nisch zu erschließenden Grubengebäuden und beim Tunnelbau mit Sprengvortrieb sollten künftig die dyna-mischen Einwirkungen besser und systematischer über-wacht sowie die Dimensionierung der Hohlräume auch an fels- oder tunneldynamische Bedingungen angepasst werden. Durch die Ausbruchwirkung einer untertägi-gen Sprengung wird eine kurzzeitige hohe dynamische Belastung im verbleibenden Festgebirge um die Aus-wurfkontur der Sprenganlage induziert.

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45 Berg- und TunnelBau

Ergebnisse von Spannungsmessungen mit dem optischen FBG-Dehnungssensor beim SprengvortriebBaumann, Müller, Litschko und Pippig:

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Dipl.-Geol. Benjamin Litschko2000 bis 2002 Ausbildung zum Kaufmann im Großhandel 2003 bis 2012 Studium der Geologie/Paläontologie, Universi-tät zu Leipzig Seit 1. August 2012 Geowissenschaftler Mitarbeiter im Geo-technischen Sachverständigenbüro Dr.-Ing. habil. B. Müller

Kontakt: Tel.: +49 341 358 70 30E-Mail: [email protected]

Dr.-Ing. Ingolf Baumann1986 bis 1991 Studium der Elek-trotechnik an der Technischen Universität Dresden 1991 bis 1995 Forschungsas-sistent in der Arbeitsgruppe „Photonik“ an der Fakultät Elek-trotechnik, Institut für Nachrich-tentechnik

1995 Beginn der Promotion

1998 Gründung der AOS GmbH

2001 Abschluss der Promotion „Dimensionierung und Herstellung von Add-Drop-Multiplexern als faseroptische Bauelemente auf der Grundlage von Faser-Bragg-Gittern und Kopplern“

Kontakt: Tel.: +49 351 496 01 95E-Mail: [email protected]

Dr.-Ing. habil. Dipl.-Geol. Bernd Müller1961 bis 1967 Studium der Geolo-gie an der Bergakademie Freiberg

1967 bis 1969 Assistent des Geo-logischen Instituts der Bergaka-demie Freiberg

1969 bis 1977 Geologe und Geotechniker in der Steine- und Erden-Industrie

1975 Dr.-Ing. Geotechnik/Felsbau

Geschäftsführung Geotechnisches Sachverständigenbüro Dr.-Ing. habil. B. Müller

1977 bis 1985 Assistent am Institut für Geotechnik, Hoch-schule für Verkehrswesen „F. List“ Dresden „facultas docendi“

1985 bis 1990 Hochschuldozent für Ingenieurgeologie an der TH Leipzig

1986 Dr.-Ing. habil. Geotechnik

1990 bis 1996 Leiter verschiedener Büros

Seit 1996 Selbstständig, Geotechnisches Sachverständigen-büro Dr. Müller, Sachverständiger Sächsisches Oberbergamt

Gutachter Eisenbahnbundesamt Geotechnik, Felsbau, Bo-dendynamik

Ausbilder Sprengschule Dresden

Kontakt: Tel.: +49 341 358 70 30E-Mail: [email protected]

Dipl.-Geoph. Uwe Pippig1986 bis 1991 Studium der Geophysik an der Bergakademie Freiberg1991 bis 2000 Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Uran- und Salz-bergbau2000 bis 2010 Projektleiter in ver-schiedenen IngenieurbürosSeit 2010 Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Geotechnischen Sachverständigenbüro Dr.-Ing. habil. Bernd Müller Kontakt: Tel.: +49 341 358 70 30E-Mail: [email protected]

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46Gefrierschachtbau

Teufen zweier Gefrierschächte in der Kalilagerstätte Ust Yaiwa in RusslandSchilder:

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Teufen zweier Gefrierschächte in der Kalilager-stätte Ust Yaiwa in RusslandStand der Arbeiten und Ausblick

Ralph Schilder, Projektleiter, Gefrierschächte Ust Jaiwa Bergbau, Deilmann Haniel Schachtostroj, Beresniki, Russia

1 EinleitungDer internationale Kalimarkt verzeichnet seit dem Be-ginn des neuen Jahrtausends einen Anstieg der Produk-

Die Grundlagen, Voraussetzungen und Anwen-dungen für das Teufen zweier Gefrierschächte für das Projekt Ust Yaiwa in Russland werden beschrieben und ein Überblick über die bisher geleisteten Arbeiten, einschließlich planerischer Hintergründe gegeben. Die zur Abwicklung des Auftragsgewählten Lösungsansätze und die be-reitsdurchgeführten Arbeiten werden erläutert. Durch Parallelisierung von Arbeiten – beispiels-weise Einbringen der Fördereinrichtung bereits in der Teufphase – wurde das Projekt signifikant be-schleunigt. Abschließend werden offenstehende Teile der Auftragsabwicklung kurz angesprochen.

Bergbau • Kali und Steinsalz • Schachtbau • Ausrichtung • Gefrierverfahren • Russland

tionsmengen. Trotz zwischenzeitlicher Schwankungen, die politische Ereignisse, Kapitalmarktentwicklungen oder marktwirtschaftliche Überlegungen als Ursache haben, ist mit einem weiteren Bedarfsanstieg zu rech-nen, was insbesondere mit dem Anwachsen der Welt-bevölkerung und der intensiveren Nutzung der be-grenzten Anbauflächen zu begründen ist. Hinsichtlich dieser Aussichten wurden in den vergangenen Jahren, besonders aber nach der Finanzkrise 2008/2009 viele Expansionsprojekte hinsichtlich ihrer Rentabilität neu betrachtet. Dies betrifft auch Projekte in Russland, wo bereits seit fast 90 Jahren die Erkundung und der Ab-bau von Kalilagerstätten eine große Rolle spielen.

2 Kalibergbau in RusslandDer Kalibergbau in Russland begann in der damali-gen Sowjetunion in den 1920er-Jahren. Dabei wurde als Schwerpunkt die Lagerstätte in der Permer Region am Oberlauf der Kama erkundet. Sie befindet sich ca. 200  km nördlich von Perm, der ehemals östlichsten Millionenstadt Europas. Unter den Städten Beresniki – diese wurde in den 1930er-Jahren des letzten Jahr-hunderts wegen der Kalivorkommen gegründet – und Solikamsk liegt eines der größten zusammenhängen-den und ergiebigsten Kalivorkommen der Welt. Dieses wurde zwischen 1906 und 1907 bei einer geologischen Bohrung in 98 m Teufe entdeckt. Nachdem man fest-gestellte hatte, dass das Salz ungenießbar war, wurde es näher untersucht und als erste russische Kalisalzlager-stätte eingestuft (Bild 1).

Weitere Lagerstätten, die intensiv ausgebeutet wer-den, befinden sich im Gebiet von Soligorsk (heute Weißrussland), zu Beginn der 1960er-Jahre die Produk-tion aufgenommen wurde.

In der Nähe von Wolgograd in Südrussland befindet sich eine weitere reiche Lagerstätte, wenn auch hier der Abbau in großen Teufen erfolgen muss und dieses La-ger erst im Jahr 1983 entdeckt wurde.

3 Verkhnekamsker Lagerstätte / Ust Yaiwa

3.1 Geschichte der LagerstätteIn Solikamsk wurde für das Bergwerk Solikamsk 1 im Jahr 1927 mit den Teufarbeiten und der Errichtung der übertägigen Anlagen begonnen. Bereits zu dieser Zeit war Deilmann Haniel (DH) an den Teufarbeiten beteiligt. Fünf Jahre später begannen die Arbeiten für das erste Bergwerk im Teil Beresniki (Bild 2). Nach

Bild 1: Verrohrung der ersten geologischen Bohrung (hergestellt 1906 bis 1907) zur Erkundung der Salzlagerstätte in Solikamsk

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47 Gefrierschachtbau

Teufen zweier Gefrierschächte in der Kalilagerstätte Ust Yaiwa in RusslandSchilder:

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Ausbildung einer ausreichend starken wasserschützen-den Tonschicht. Den optimalen Lagereigenschaften steht also die ständige Gefahr des Lagerstättenverlusts durch Wasserzutritte gegenüber, auch bereits während der Teufarbeiten.

3.3 Auftraggeber, Vertragsentwicklung und Vertragsgegenstand

Die Konzession zur Erkundung und Projektentwick-lung für die Herstellung von zwei Schächten sowie zur späteren Ausbeutung der Lagerstätte auf dem Feld Ust Yaiwa wurde dem Unternehmen Uralkali erteilt.

Uralkali ist seit der Übernahme des Unternehmens Sylvinit, welches ebenfalls in der Verkhnekamsk-Lager-stätte Gewinnung betreibt, im Jahr 2011 zum größten Kaliproduzenten weltweit geworden. Im Jahr 2013 wurde eine Produktion von knapp über 10 Mio. t Ka-liumchlorid (KCl) erreicht. Innerhalb Russlands ist Uralkali der größte Mineraldüngerhersteller und ver-kauft einen Großteil der Produktion über einen eigenen Hafenterminal nahe Sankt Petersburg – hauptsächlich nach Indien, Brasilien und China.

Das Unternehmen ist börsennotiert und in den Wer-ken Beresniki 2 und 4 sowie in den Werken Solikamsk 1,  2 und  3 sowie deren angeschlossenen Fabriken und Verwaltungen arbeiteten Ende 2012 über 21.000 Mit-arbeiter.

Wegen der günstigen Abbaubedingungen, attrakti-ver Produktionskosten und weiterer Festigung der Vor-machtstellung sind umfangreiche Investitionen geplant. Neben Erweiterungen bestehender Anlagen ist auch der Neubau von zwei Bergwerken geplant.

Das erste dieser Neubauprojekte ist das Bergwerk 5, Ust Yaiwa. Der Auftrag zur Erkundungsbohrung an zwei Schachtstandorten mit anschließender Projektie-

Bild 2: Lage von Beresniki in der Permer Region

Unterbrechung konnte hier im Jahr 1942 das erste Salz gewonnen werden, welches allerdings in erster Linie für die chemische Industrie und Rüstungsproduktion (Ma-gnesium) benötigt wurde. Nach dem Krieg wurden die vorhandenen Betriebe umfassend modernisiert und er-weitert. Nach einem Wasserzutritt im Jahr 1986 musste Beresniki 3 aufgegeben werden. Eine ähnliche Situati-on trat 2006 ein, als ebenfalls in Beresniki der Schacht 1 wegen Wasserzutritten nicht zu halten war.

Auf dem Gebiet des Lagerstättenteils Ust Yaiwa entsteht nun das neue Bergwerk Nr.  5 des Unterneh-mens Uralkali. Es gehört ebenfalls zum Kalivorkom-men von Beresniki und Solikamsk und damit zur Verkhnekamsk-Lagerstätte, die wirtschaftlich gewinn-bare Vorräte für die nächsten 100 Jahre enthält. Die ersten konkreten Planungen zum Abbau im Feld Ust Yaiwa erfolgten bereits direkt zur Jahrtausendwende und im Jahr 2004 erhielt Uralkali die Konzession. Das Bergwerk 5 ist ein sogenanntes Greenfieldproject und wird auch untertägig als geschlossenes Bergwerk ohne Verbindung zu bereits aufgefahrenen Grubengebäuden entwickelt. Lediglich die Verarbeitung der Förderung erfolgt in den benachbarten Fabriken des Bergwerks 3. Der Transport dorthin erfolgt über Tage über eine ca. 6 km lange Bandanlage.

3.2 Lage, Klima und GeologieDie Lagerstätte liegt am Westrand des Urals und damit an der Grenze zwischen Europa und Asien. Besonders im Westen, Norden und Osten ist die Region sehr dünn besiedelt und infrastrukturell schwach ausgebaut. Im Großraum Beresniki und Solikamsk leben ca. 250.000 Menschen. Die Anbindung nach Süden (Perm) erfolgt über Straße, Bahn und zum Teil über den Fluss Kama, der beide Städte tangiert.

Wegen der Lage im Uralvorland ist die Klimasituati-on als kontinental-trocken einzustufen. Der Winter be-ginnt im Oktober, und bis April ist eine durchgängige Schneedecke vorhanden, die Höhen von einem Meter sicher erreicht. Die Temperaturen fallen im Winter oft langfristig auf –30°C, Tiefsttemperaturen von bis zu –45°C werden nahezu in jedem Winter erreicht. Der Tag dauert kurz vor dem Jahreswechsel nur ca. 5½ Stun-den, währenddessen es Mitte Juni nur zwischen Mitter-nacht und 3:30 Uhr morgens etwas Dämmerung gibt. Die Sommer sind warm, es können Temperaturen bis maximal 40°C erreicht werden.

Die geologische Situation ist durch zwei hervor-stechende Merkmale gekennzeichnet. Einerseits weist die Lagerstätte im internationalen Vergleich einen der höchsten K2O-Gehalte auf. Auch die Mächtigkeit des Lagers ist von überdurchschnittlichen Schichtstärken geprägt, die – in geringeren Teufen befindlich – eine gute Möglichkeit zur Ausbeutung bieten. Geologi-sche Besonderheiten innerhalb der Lagerstätte sind nicht nennenswert, eine flache Lagerung ohne Ver-werfungen oder andere Störungen bietet gute Vor-aussetzungen für weitgehende Abbauoptimierungen. Ein Nachteil ist die geringe, lückenhafte oder fehlende

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48Gefrierschachtbau

Teufen zweier Gefrierschächte in der Kalilagerstätte Ust Yaiwa in RusslandSchilder:

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rung wurde im Jahr 2009 an die (damalige) DH Shaft Sinking (heute Deilmann-Haniel), bzw. deren russische Tochter OOO DH Schachtostroj vergeben und von dieser ausgeführt. Auf Grundlage der Erkundungser-gebnisse und vor dem Hintergrund, dass die zu teu-fenden Schächte im Gefrierverfahren niederzubringen sind, fanden die Ausschreibung und Vergabe statt, wel-che am 21. Dezember 2011 mit der Erteilung des Auf-trags an die DH-Beteiligung OOO DH Schachtostroj vollzogen wurde. Im März 2012 wurden die Arbeiten vor Ort aufgenommen. Ab Juli 2012 wurden für den Schacht  1 die Gefrierbohrlöcher gebohrt, im August ging die Gefrierstation in Betrieb und am 19. Dezem-ber 2013 konnte auf dem Schacht 1 der erste Kübel ge-fördert werden.

Ein Auftragsbestandteil war die Erzeugung von zwei bis zu 245  m Teufe reichenden Frostkörpern, um die Schächte sicher durch das wasserführende Deckgebirge teufen zu können. Dazu wurden bei jedem Schacht 46 Gefrierbohrlöcher auf eine Teufe von knapp 245 m ziel-genau niedergebracht. Ebenfalls mussten je Schacht vier Temperaturbohrlöcher erstellt werden, die bis zur glei-chen Teufe die Temperaturentwicklung überwachen.

Die Gefrierstation mit 3 MW Leistung stellt haupt-sächlich die Bodenvereisung sicher, dient später jedoch auch in den sehr warmen Sommern zur Wetterkühlung. Im Gefrierschachtteil wird der Ausbau mittels Beton-schalung im ersten Schritt betoniert und im zweiten Schritt mit Stahlgusstübbingen ausgebaut.

In der Salzlagerstätte erfolgt der Ausbau ausschließ-lich durch Beton. Zur Betonherstellung wurde ein eige-nes Mischwerk errichtet, um die sehr hohen Ansprüche an diesen Baustoff nach geringen Transportzeiten zu erfüllen.

Bild 3: Lageplan des Baustellenkomplexes

Tabelle 1: Hauptparameter der Schächte

Tabelle 2: Zusammenstellung der Ausbaukonzepte in unterschiedlichen Teufen

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49 Gefrierschachtbau

Teufen zweier Gefrierschächte in der Kalilagerstätte Ust Yaiwa in RusslandSchilder:

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Tabelle 3: Übersicht der nach der Fertigstellung einzubringenden Infrastruktur im Schacht

Die Ausstattung mit Schachteinbauten ist ebenfalls Bestandteil des Auftrags. Weitere Auftragsbestandtei-le sind neben der bereits erwähnten Gefrieranlage die Errichtung der beiden Fördergerüste, welche bereits für die spätere Förderung und auf eine Laufzeit von mindestens 50 Jahren konzipiert wurden. Die Ab-teuffördermaschinen für beide Schächte wurden neu in stalliert, dienen aber nur für die Dauer der Teufar-beiten. Beide Schachthallen sind den späteren Erfor-dernissen angepasst und dementsprechend errichtet worden. Temporäre Baumaßnahmen zur Erfüllung der Teufarbeiten sind die Errichtung der Kompressoren-station, das offene Tübbinglager zur Vorbereitung und Qualitätskontrolle der Einbauteile, eine großflächige Lagerhalle mit integriertem Werkstattbereich, ein eige-nes Mischwerk zur Betonherstellung, ein Verwaltungs-gebäude und die nahezu komplette Infrastruktur.

4 ProjektdatenDie beiden Schächte wurden auf nahezu gleiche Höhe konzipiert und haben einen Abstand von 150 m zuei-nander. Bis zur Erreichung der Teufe von knapp 250 m und dem erfolgtem Ausbau mit Tübbingen werden bei-de Schächte gefroren. Ihr lichter Schachtdurchmesser beträgt 8,0 m abzüglich der festen Führungen für die Fördereinbauten. Der Schacht  1 ist als reiner Förder-

schacht geplant worden und wird später mit zwei Dop-pelgefäßförderungen ausgerüstet. Der Schacht  2 dient auch als Serviceschacht für Seilfahrt und Materialtrans-port. Die jährliche Förderkapazität für Ust Yaiwa soll bei etwas mehr als 11 Mio. t liegen.

4.1 SchachtparameterDie Tabellen 1 bis 3 zeigen die wichtigsten Schachtpa-rameter.

4.2 Übertägige AnlagenDer Bau der übertägigen Anlagen gehörte zum Auf-tragsumfang. Diese Arbeiten waren Voraussetzung

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50Gefrierschachtbau

Teufen zweier Gefrierschächte in der Kalilagerstätte Ust Yaiwa in RusslandSchilder:

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Bild 4: Schema im Gefrierloch Bild 5: Aufbau des Gefrierkreises und Entwicklung des Frostkörpers nach 24d (Tagen), 90d und 365d (schematisch)

für die Teufarbeiten. Lediglich Anlagen zur zentralen Strom- und Wasserversorgung sowie einige Infrastruk-turmaßnahmen wurden vom Auftraggeber ausgeführt. Viele Anlagen wurden bereits für den späteren Gru-benbetrieb ausgelegt. So werden die errichteten Förder-türme mit einer Betriebszeit von 60 Jahren für die be-rechnete Abbauperiode ihren Dienst versehen. Andere Anlagen, wie etwa die Gefrierstation, werden nach der Beendigung der Teufarbeiten zurückgebaut. Zu diesen Anlagen gehören außerdem (Bild 3):

▶ Teufeinrichtung über Tage Skipförderschacht 1 ▶ Teufeinrichtung über Tage Großkorbschacht 2 ▶ Gefrier-Maschinenhalle ▶ Kompressorhalle ▶ Werkstatt mit dem Tübbingzwischenlager ▶ Offenes Gasflaschenlager ▶ Verteilungstrafostationen ▶ Büro-, Sozial- und Kauengebäude ▶ Sprengstofflager (Nr. 1 und Nr. 2) ▶ Versorgungsleitungen und Anlagen innerhalb des

Betriebsgeländes: ▷ Stromversorgungsleitungen 6,0 und 0,4 kV ▷ Gefrierrohrleitungen ▷ Druckluftleitungen

5 Gefrierbohrungen

5.1 Entstehung der Gefrierbohrtechnik„Eine Methode, um Bohrlöcher, Schächte und Aus-schachtungen im Wasser ... durch die Anwendung einer

in sich geschlossenen Mauer aus Eis oder gefrorenem schwimmendem Gebirge, welche genügend stark ist, um allem Seitendruck und Sohlendruck zu widerste-hen, und dabei diese Eis- oder Frostmauer mit Hülfe einer Anzahl Rohren, welche in passender Entfernung niedergebracht sind und in denen tief erkaltete Luft oder tief erkaltete Flüssigkeit circuliert, hergestellt wird“: Mit diesen Worten meldete 1883 F. H. Poetsch sein Patent zum Gefrierverfahren an. In den vergange-nen Jahren wurde dieses Verfahren hundertfach ange-wendet, optimiert und derzeit sind Gefriertiefen bis 800 m praktikabel, der Grundgedanke und das Funk-tionssystem blieben aber prinzipiell unverändert. So auch beim vorliegenden Projekt Ust Yaiwa.

5.2 Prinzipielles System Ust YaiwaUm beide Schächte herum wurden kreisförmig Boh-rungen erstellt und mit einer maximal erlaubten Tole-ranz von 0,8 m auf eine Teufe von 245 m geführt. In die gestützte Bohrung wird ein Stahlrohr besonderer Güte, welches druckgeprüft in 10-m-Schüssen verschraubt wird und am Bohrlochtiefsten verschlossen ist, einge-baut. Dieses Außenrohr beherbergt dann ein „Speise-rohr“, um die Zirkulation des Kältemittels zu gewähr-leisten. Normale Kühlmitteltemperaturen betragen bis –25 Grad, bei Schächten des Kali- und Salzbergbaus jedoch wegen der Gefrierpunkte salinarer Schichten bis zu –35 Grad. Die Kühlflüssigkeit befindet sich spä-ter im ständigen Umlauf zwischen Gefrieranlagen und Frostkörper (Bilder 4 und 5).

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51 Gefrierschachtbau

Teufen zweier Gefrierschächte in der Kalilagerstätte Ust Yaiwa in RusslandSchilder:

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Bild 6: Aufbau des Bohrplatzes eines russischen Subunternehmers mit zwei kanadischen Tiefbohrgeräten

Bild 7: Ausrüstung eines Gefrierbohrlochs

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52Gefrierschachtbau

Teufen zweier Gefrierschächte in der Kalilagerstätte Ust Yaiwa in RusslandSchilder:

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Im vorliegenden Fall sah die Planung vor, dass ein durchgängiger Frostkörper bis auf 254  m Teufe mit einem Gefrierkreis von 17,0  m zu erstellen war. Dazu war das Niederbringen von 45 Gefrierbohrlöchern not-wendig. Zur Überwachung der Frostkörperausbildung wurden vier Bohrungen geplant, welche ebenfalls auf die volle Länge und zielgenau erstellt werden mussten. Damit im Inneren des Schachts während der Gefrier-phase kein Wasserdruck entstand, war zudem ein Ent-lastungsbohrloch als Mittelbohrung niederzubringen. Die Gefrierrohre haben einen Abstand von 1,19 m un-tereinander und stehen in den oberen 20,0 m im Schutz von Stahlrohren (Ø = 254 mm).

Auf dem 70  x  70  m messenden Bohrplatz wird mit zwei Bohranlagen gearbeitet (Bild 6). Neben den Anforderungen an die Genauigkeit einer maximalen Abweichung von 0,8 m darf bei gleicher Teufe nie ein

größerer Abstand als 2,20 m zwischen zwei Bohrungen entstehen. Die Bohrungen werden im Drehbohrverfah-ren abgeteuft, wobei der Bohrmotor am Bohrlochtiefs-ten über die Spülung angetrieben wird (Imlochbohrver-fahren). Die Spülung übernimmt neben dem Antrieb und der Kühlung auch den Mate rialtransport sowie die Stützung des Bohrlochs und wird anschließend wieder aufbereitet. (Bild 7)

Zur genauen Platzierung der Gefrierrohre wird wäh-rend des Bohrens ein Richtbohrsystem, das sogenannte MWD- (Measuring-while-drilling-) System eingesetzt. Damit werden während des Bohrfortschritts die Daten und Koordinaten zeitnah ausgewertet und sofort korri-giert. Die Ergebnisse bei dem hier vorgestellten Projekt lagen innerhalb der vorgegebenen Toleranzen und wur-den nach dem Einbau der Gefrierrohre nochmals un-abhängig durch eine Vermessung (System Gyro Tracer) bestätigt. (Bilder 8 und 9)

6. Übertägige Teufeinrichtungen

6.1 FördergerüsteAn den Schächten wurden zwei Fördergerüste unter-schiedlicher Höhe errichtet, welche nach Abschluss der Teufarbeiten und kleineren Umbauarbeiten für die ge-samte Betriebsdauer des Bergwerks konzipiert sind. An dem Schacht 1 beträgt die Höhe 56,20 m, an Schacht 2 52,55  m. Beide Konstruktionen sind vollverkleidet und isoliert und mit Anschlüssen an Schachthallen, Tübbingvorbereitungslager und Wartungshalle für das Schachtbohrgerät versehen. Um den Schachtansatz-punkt herum befindet sich, direkt unter der Ackersohle, der Gefrierkeller. Die Gerüste wurden auf vier monoli-thisch gegossenen Stahlbetonfundamenten gegründet. Es handelt sich um Einzelfundamente, welche im Schutz von Verbauwänden bis in eine Tiefe von 6,50 m geschalt wurden, mit anschließender Rückverfüllung. Auf den Seilscheibenbühnen befinden sich neben den beiden Seilscheiben für die Förderung und den Teufbetrieb auch alle Seilscheiben für Bühnenfahrung und Hilfs-winden (Bild 10). In der Teufphase sind die Förderge-rüste mit einer Kippschurrenbühne ausgerüstet, auf der beidseitig die Kübel entleert werden können. Das geför-derte Material gelangt über Rutschen in die Bergeboxen, welche sich außerhalb der Fördergerüste befinden.

6.2 FördermaschinenAls Fördermaschinen kommen je zwei Einzeltrom-melmaschinen mit Versteckvorrichtung von Siemac Tecberg zum Einsatz. Diese Maschinen sind aus-schließlich für den Teufbetrieb konzipiert worden und werden nach der Fertigstellung des Schachts durch reine Skipfördermaschinen ersetzt. Der Seildurchmes-ser für die Teufarbeiten und damit die notwendige Aufnahme an den Seiltrommeln betrögt 34 mm. Jede Trommel hat einen Durchmesser von 3.200 mm, wobei maximal drei Seillagen aufgenommen werden können. Die Leistung jedes Motors beträgt 690 kW. Nach dem Erreichen einer Mindestteufe kann die Maximalge-

Bild 8: Übersicht der Gefrierbohrverläufe am Schacht 1

Bild 9: Verlauf der Gefrierrohrbohrung am Schacht 1, Bohrloch (BL) 13

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53 Gefrierschachtbau

Teufen zweier Gefrierschächte in der Kalilagerstätte Ust Yaiwa in RusslandSchilder:

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ermöglicht dem Greifer auf der vollen Fläche der Sohle das gelöste Haufwerk zu fassen und in die Kübel zu la-den. Durch die Greiferschwenkeinrichtung ist eine vol-le Flexibilität des Greifers gegeben. Die Greiferschalen sind einzeln austauschbar; während der Sprengungen wird der Greifer zurückgefahren.

7.3 SchachtbohrgerätAn beiden Schächten kommt während der Bohrarbei-ten je ein Schachtbohrgerät zum Einsatz. Die Geräte

Bild 10: Bau des Fördergerüstes Schacht 1, Einhängen der Seilscheibe

Bild 11: Doppeltrommelfördermaschine

schwindigkeit von 6 m/s eingestellt und genutzt wer-den. Die maximale Hakenlast ist mit 12,5 t ausgelegt. (Bilder 11 und 12)

7. Vorschacht und Teufeinrichtung unter Tage

7.1 VorschachtDie Vorschächte wurden auf fast 40,0 m Länge projek-tiert und dienen zur Installation und Aufnahme der Ar-beitsbühne, die beim Teufvorgang vielfältige Aufgaben übernimmt.

Da zum Zeitpunkt der Erstellung noch nicht mit einem funktionierenden Frostkörper gerechnet werden konnte, wurden die Vorschächte im Schutz von Schlitz-wänden erstellt. Die hierfür benötigten Schlitzwände wurden bereits zu Beginn der Baumaßnahmen – noch vor den Gefrierlochbohrungen – erstellt. Insgesamt wurden um jeden Schacht 14 Schlitzwandlamellen ringförmig angeordnet. Mit einer Schlitzbreite von 3,2  m und einer Lamellenstärke von 0,8  m wurde der Schlitzwandring mittels einer Schlitzwandfräse herge-stellt.

Im Schutz dieser Schlitzwände und nach der Erstel-lung der Gefrierkeller und Gerüstfundamente wurden die ersten 20 m der Vorschächte manuell ausgehoben. Dazu wurde ein Minibagger eingesetzt, der zur Bela-dung eines Förderkübels geeignet war (Bild 13). Der Kübel wurde mittels eines Mobilkrans gezogen. Der Rest des Vorschachts wurde mithilfe eines Schachtbag-gers, Typ DH Mining Systems, geteuft. Zuvor wurden alle Anlagen im Zusammenhang mit der verwendeten Fördertechnik erstellt (Fördergerüste, Fördermaschi-nen etc.).

Der Schachtbagger wird elektrisch angetrieben und findet später in den sensiblen Salzmergelschichten sei-nen weiteren Einsatz, da dort kein Vortrieb durch Boh-ren und Sprengen erfolgen kann (Bild 14). Nach dem Erreichen der Endteufe der Schlitzwand wurde die Ab-teufanlage installiert.

7.2 Teufbühne/GreifereinrichtungBei den Teufbühnen handelt es sich um 3-etagige Ar-beitsbühnen. Im Wesentlichen haben sie die Aufgaben Ausbau und Förderung (Bilder 15 und 16). Das heißt, von ihnen aus wird einerseits die Betonschalung er-stellt, andererseits nehmen sie unterhalb der Bühne die Greifereinrichtung auf.

Für die Betonage befindet sich im Mittelteil der Bühne ein Betonverteiler, der mit einem Fassungsver-mögen von 2,5  m³ über 360° den vollen Querschnitt der Schachtscheibe bedienen kann (Bild 17). Die Büh-nen haben entsprechende Öffnungen, um die Kübel für Berge, Beton, Material und Fahrung passieren zu lassen. Auch für das Schachtbohrgerät und den Schachtbagger ist im Transportzustand ein genügend großes Trum mit Öffnung zur Durchfahrt vorhanden.

Am Unterdeck der Teufbühne ist die Greiferein-richtung installiert. Diese ist druckluftbetrieben und

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54Gefrierschachtbau

Teufen zweier Gefrierschächte in der Kalilagerstätte Ust Yaiwa in RusslandSchilder:

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werden – nachdem die Sohle bohrfest gemacht wurde – durch die Bühne eingefahren. Aus dem Transportmo-dus wird das Gerät ausgeklappt und am Stoß verspreizt, um genaues Bohren unter Anwendung mehrerer Bohr-antriebe zu ermöglichen. Der Bohrdurchmesser beträgt 43  mm, der Antrieb erfolgt ebenfalls druckluftbetrie-ben. Im Gefrierschachtbereich werden Abschlagslängen von bis zu 2,4 m gebohrt; später in der Salzlagerstätte werden diese Abschlagslängen erhöht. Im vorliegenden Fall wird ein Schachtbohrgerät eingesetzt, an dem mit vier Bohrlafetten gleichzeitig gearbeitet werden kann (Bilder 18 und 19).

8 Arbeitsabläufe Gefrierschachtteil

8.1 BetonausbauFür den Betonausbau im Gefrierschachtteil wird eine Schalung aus zusammengesetzten Stahlsegmenten

Bild 12: Übersicht des Aufbaus der Teufeinrichtungen

Bild 13: Einsatz des Minibaggers für das Teufen des Vorschachts

Bild 14: Einsatz des Schachtbaggers von Deilmann-Haniel Mining System für das Abteufen

eingesetzt, die einen Betonausbau mit einem inneren Durchmesser von 9,2 m erstellt. Im Gefrierschachtteil und außerhalb der Salzmergelschichten werden drei Einzelringe übereinander angeordnet. Dabei besteht jeder Ring aus sechs Segmenten und hat eine Höhe von 1,4 m. Daraus ergibt sich eine Schalungshöhe von 4,2 m je Betonring.

Unterhalb der Schalungselemente befindet sich der Tragring, der auch als Aufnahmeelement von Spindeln dient. Diese Spindeln richten den Tragring aus und verspreizen ihn gegen das Gebirge, um dem Druck des Betons entgegenzuwirken und die Schalung sicher in Position zu halten. Über die drei Ringe hinweg ist ein Schalungstor angeordnet, welches hydraulisch gelöst oder verschlossen werden kann.

Die Ansprüche an den Beton sind vielfältig, und es handelt sich hinsichtlich der Anforderungen um einen hochentwickelten Baustoff. Einerseits müssen, auch im Hinblick auf die klimatischen Bedingungen, zwischen Mischung und Einbau ausreichend gute Verarbeitungseigenschaften aufrechterhalten werden. Andererseits muss nach dem Einbau eine schnelle Frühfestigkeit erreicht werden, um die Umsetzzeiten der Schalung dem Abteufrhythmus anzupassen und einen ökonomischen Teuffortschritt zu gewährleisten. Ein weiteres Problem ist die Wärmeentwicklung. Da es eine direkte Kontaktfläche zwischen dem Gefrierstoß und dem Frischbeton gibt, darf weder das gefrorene Gebirge dem Frischbeton und dessen Festigkeitsent-wicklung schaden, noch der Beton mit seiner Wärme-entwicklung den Frostkörper über Gebühr schädigen. Im Endzustand müssen dann die geforderten hohen Werte hinsichtlich Druckfestigkeit und Wasserun-durchlässigkeit erreicht werden, die hinsichtlich Teufe und geologischer Schichten variieren. Aus Gründen der Minimierung der Transportzeiten, besonders im Hinblick auf die Frischbetonqualität, wurde entschie-den, auf der Baustelle ein eigenes Mischwerk zu errich-ten und zu betreiben.

Zur Betonage stehen vier Fahrmischer mit einem Fassungsvermögen von 6,5  m³ zur Verfügung. Dabei

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55 Gefrierschachtbau

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Bild 15: Schema der Arbeitsbühne beim Laden

Bild 16: Schema der Ar-beitsbühne beim Betonieren

Bild 17: Mitteldeck und Betonmanipulator beim Aufbau der 3-etagigen Arbeitsbühne

Bild 18: Einsatzbedingungen für das Schachtbohrgerät

Bild 19: Schematische Darstellung des sechsarmigen, aber sonst baugleichen Bohrgeräts

befüllen immer zwei Mischer auf Rampen stehend jeweils einen Betonkübel (Fassungsvermögen gleich dem des Betonverteilers auf der Teufbühne: 2,5 m³), der auf gleisgebundenen und druckluftbetriebenen Wagen zu den Schachtklappen verfahren wird. Hier wird der volle Kübel angeschlagen, und im Doppelt-rum-Modus können abwechselnd je zwei Kübel zum Betonverteiler der Teufbühne gefahren werden. Nach der Entleerung in den Betonverteiler wird der Be-

ton lagenweise hinter die Schalung eingebracht und mittels Rüttlern verdichtet. Zwischen den einzelnen Betonsegmenten bleibt ein Spalt von 0,3  m, welcher später verschlossen wird. Die Verbindung der einzel-nen Betonsätze wird durch 16  Gewindestangen ge-währleistet, die analog dem Betonausbau nach unten gezogen werden. Nach der Auswertung der jetzigen Erkenntnisse kann nach ca. zwei Tagen die Schalung entspannt und verfahren werden.

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56Gefrierschachtbau

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8.2 Teufen im Gefrierschachtteil

Nach dem Erreichen des Schlitzwandfußes bei –39,0 m und der ersten Betonage fängt bei einer Teufe von ca. 43,5 m das reguläre Teufen an. Voraussetzung dafür ist die komplette Installation der Bühne einschließlich Sicherheitseinrichtungen, Hydraulik- und Elektrover-sorgung sowie Installation aller Anlagen (z.B. Scha-lung). Wegen der geologischen Bedingungen wurde der maximale Abstand zwischen der Unterkante des Betonausbaus und der Sohle mit 15,0  m freier Stoß-höhe definiert. In diesem Bereich erfolgt die Sicherung gegen Steinfall durch den Einsatz von Maschendraht, der durch ausreichend dimensionierte Spreizanker und Ankerplatten gehalten wird. Eine zusätzliche Kontrol-le in jeder Schicht und eventuelle Beraubetätigkeit ist jedoch unerlässlich, da sich besonders bei den letzten Betonagen infolge von Auftauerscheinungen wegen der Wärmeentwicklung des Betons Gestein lösen kann.

Ist die Sohle bohrfest, werden im Gefrierschachtteil in der Regel nach einem Sprengbild mit 122 Bohrlö-chern die Arbeiten mit dem Schachtbohrgerät ausge-führt. Die Abschlagslängen betragen 2,4  m. Damit ergibt sich, dass nach zwei kompletten Abschlägen im Normalfall eine Betonage erfolgt. Sind die Bohrungen erstellt worden, wird das Schachtbohrgerät wieder in den Transportmodus verfahren und nach über Tage ge-fördert. Im Mittel beträgt die Bohrzeit 5 bis 6 Stunden, kann aber in Abhängigkeit von starken lettigen Zwi-schenlagen auch empfindlich erhöht werden.

Nach russischer Rechtslage ist für den Umgang mit Sprengmitteln ein lizensiertes und ermächtigtes Un-ternehmen zu beauftragen, welches auch hinsichtlich Lagerung und Transport die nötigen Voraussetzungen bietet. Aus diesem Grund werden diese Arbeiten an einen Nachunternehmer vergeben, der ständig vor Ort ist und für die Bereitstellung der Sprengmittel, den Einbau und die Sprengung selbst verantwortlich ist. Je Bohrloch wird ziemlich genau 1 kg Sprengstoff einge-bracht und mit einem Zünder versehen. Bei warmen Außentemperaturen und Betonage vor dem Sprengen kann es zu Wasserzuläufen in die Bohrlöcher kommen. Diese Zuflüsse gefrieren dann am Bohrlochtiefsten und behindern das Besetzen. Deshalb ist immer auf ausrei-chende Kühlung zu achten, bzw. nach dem Bohren sind die Bohrlöcher zwischenzeitlich dicht zu verschließen. Während der Sprengung ist ein Sicherheitsradius von 50 m um den Schacht zu beachten. Ab einer Konzen-tration von <  17  ppm CO an der Rasenhängebank kann nach der Sprengung in den Schacht eingefah-ren werden. Für ausreichende Bewetterung sorgt eine redun dante Bewetterungsanlage mit der Möglichkeit der Wetterheizung und -kühlung. Zur Auswetterung werden 45 m³/s in den Schacht geblasen, was allerdings noch nicht der Kapazitätsgrenze der Anlage entspricht.

Nach dem Auswettern wird die Bühne in Position gebracht und mit einem optimalen Abstand von ca. 21,0  m werden mittels Greifer die Kübel befüllt. Es wird mit zwei Kübeln gefördert. Jeder Kübel hat ein

Fassungsvermögen von 5  m³ was einer Last von bis zu 8  t entspricht. Bei einem regulären Abschlag von 2,4 m werden so zwischen 70 und 80 Kübel gefördert. Nacharbeiten an Stoß und Sohle werden manuell aus-geführt. Der Ausbau mit Maschendraht wird analog dem Teuffortschritt nachgezogen. Eine Behinderung entsteht, weil im Querschnitt noch ein Stahlrohr mit Betonausbau der ehemaligen Untersuchungsbohrung vorhanden ist. Dieses Rohr muss ebenfalls dem Fort-schritt folgend sukzessive rückgebaut werden. Je nach Rhythmus erfolgt nach der Förderung des gesamten Abschlags entweder ein neuer Abschlagszyklus oder eine Betonage.

9 Aktueller Stand der Arbeiten

9.1 Schacht 1Mit Stand 15. Dezember 2014 liegt die Teufe im Schacht 1 bei ca. 240 m, der Betonausbau bei 238 m. Alle übertägigen Anlagen sind für den Schacht  1 voll einsatzbereit.

9.2 Schacht 2Mit Stand Ende August 2014 liegt die Teufe im Schacht 2 bei ca. 220 m, der Betonausbau bei 217,50 m. Die übertägigen Anlagen sind für den Schacht 1 voll einsatzbereit, lediglich an den Gleisanlagen sind noch Restarbeiten zu erledigen.

9.3 Übertägige AnlagenDie übertägigen Arbeiten sind bis auf Restarbeiten zur Infrastrukturgestaltung (z.B. Fahrbahnbau, Böschungs-sicherungen, Kanalverlegung) und dem Tübbinghaupt-lager abgeschlossen. Für das Tübbinghauptlager müssen noch die beiden 16-t-Portalkräne aufgesetzt werden.

10 Ausstehende ArbeitenDer vorliegende Bericht konzentriert sich schwer-punktmäßig auf die bereits ausgeführten Arbeiten und deren Grundlagen und Ausrüstungen dazu. Alle Ausführungen, die nach dem Gefrierschachtausbau anfallen, sollen hier nur kurz angerissen werden, um den Rahmen der Dokumentation bei einem so umfas-sendem Projekt nicht zu sprengen. Dazu gehören unter anderem folgende Tätigkeiten.

In den sogenannten Zwischenschichten ab 185  m Teufe kann es in entfestigten Salzmergelschichten zu Standsicherheitsrisiken kommen. Aus diesem Grund wird neben der Verringerung der freien (unausgebau-ten) Stoßhöhe auf bis unter 3,0  m auch in den Stoß und die Sohle injiziert, um den Frostkörper nicht zu stark zu belasten und das Entstehen von Klüftigkeiten für Zuflüsse zu minimieren. Diese Injektionsarbeiten müssen hinsichtlich der Art und Weise des Einbringens und der eingesetzten Materialien auf die herrschenden Randbedingungen abgestimmt werden und sind in den Teufprozess einzubinden.

In einer Teufe von ca.  290  m wird bei beiden Schächten ein Keilkranz erstellt, auf dem aufbauend die

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57 Gefrierschachtbau

Teufen zweier Gefrierschächte in der Kalilagerstätte Ust Yaiwa in RusslandSchilder:

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Tübbinge im Gefrierschachteil bis fast zur Rasenhän-gebank gezogen werden. Die Tübbinge bestehen aus einer Gussmischung, ihr Gesamtgewicht wird mehr als 12.000 t betragen.

Nach dem Einbau der Tübbinge mit allen Arbeiten zur Abdichtung können die Gefriermaschinen abge-schaltet werden. Die Schächte sind dicht. Gleichzeitig können die Schächte von der bestehenden Sohle aus bis zur Endteufe niedergebracht werden. Dies geschieht ebenfalls mittels Bohr- und Sprengarbeit, dann aller-dings mit erweiterten Abschlagslängen. Im Bereich un-terhalb des Gefrierschachtteils erfolgt der Ausbau mit Beton bis zur Endteufe.

Nach dem Erreichen der Endteufe gehören noch die Installation der Schachteinbauten zum Auftrags-umfang sowie die Demontage der für das Teufen be-nötigten Anlagen, mit Ausnahme der Fördergerüste. Eine planmäßige Übergabe beider Schächte ist für das Frühjahr 2017 geplant. Die Aufnahme des Gruben-betriebs mit Förderung der ersten Salze ist für 2020 vorgesehen.

Quellenangaben[1] Der Beitrag wurde in ähnlicher Form im Rahmen des

1. Internationalen Freiberger Schachtkolloquiums Frei-BERGbau 2014 als Vortrag gehalten.

Dipl.- Ing. Ralph Schilder

1988 – 1993 Studium an der Bergakademie Freiberg, Fachrichtung Bergbau/Tiefbau. 1993 – 1995 Bauleiter Spezialtiefbau. 1995 – 2000 Oberbau-leiter, Zweigstellen-leiter Spezialtiefbau, Tunnelbau, Unterta-gebau. 2000 – 2010 Projektleitung von Großprojekten im Spezialtiefbau, Tunnelbau, Untertagebau; ab 2005 international (Europa). 2011 – 2012 Leitung und Umstrukturierung eines Tagebaus zur Baustoffgewinnung (Korosten, Ukraine). Ab 2012 Projektleiter Deilmann Haniel Schachtostroi, Ust Yaiwa, Beresniki, Permski Krai, RF

KontaktE-Mail: [email protected]

RAG Mining Solutions GmbHShamrockring 1

44623 Herne GERMANY

Tel.: +49 (0) 23 23 15 - 53 00 http://www.ragms.com

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58BergBau

Bergbauregion Ontario im ÜberblickRomano:

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Bergbauregion Ontario im Überblick – „Yours to discover“Dr. Terrie Romano, Konsulin für Wirtschaftsangelegenheiten der Provinz Ontario, Konsulat von Kanada

„Yours to discover“ liest sich der Slogan der kanadi-schen Provinz Ontario – und zu entdecken und fördern gibt es noch mindestens 70 Mio. ha Land. Seit mehr als 130 Jahren werden Gold, Nickel, Kupfer, Diamanten und andere wertvolle Mineralien und Metalle aus den Bergwerken gefördert – 265 Unternehmen folgen der-zeit der Tradition und arbeiten an mehr als 400 aktiven

Mit zahlreichen Bodenschätzen, viel unerforsch-ter Fläche für neue Explorationen sowie einem klassischen und stabilen Bergbausektor lockt Ka-nada seit jeher internationale Unternehmen an. Ontario ist dabei Kanadas Vorzeigeprovinz und eine der fünf bedeutendsten Regionen in der Rohstoffexploration weltweit.

Bergbau • Wirtschaft • Länder • Rohstoffe • Ka-nada

Bild 1: In Sudbury wird Nickel abgebaut: Luftaufnahme der Glencore PLC’s, Nickel Rim South Mine, SudburyQuelle: Invest Ontario

Rohstoffexplorationsprojekten (Bild 1). Etwa 276.000 aktive Claims gibt es derzeit in Ontario. Von gegenwär-tig mehr als 35 Explorationsvorhaben erfordern sechs den Bau und Betrieb eines Bergwerks – beste Voraus-setzungen für die insgesamt 900 auf den Bergbau spezi-alisierten Zulieferer und Dienstleister. Insgesamt flossen im Jahr 2013 rund 600 Mio. C$ (1 C$ ≈ 0,7034 €) in Explorationsaktivitäten, 2003 waren es gerade einmal 193 Mio. C$. Der Wert der mineralischen Rohstoffe im Jahr 2013 lag bei 9,8 Mrd. C$, vor elf Jahren waren es nur 5,7 Mrd. C$.

Milliardengeschäfte winken in der Bergbaure gion Ring of Fire. Etwa 540  km nordöstlich von Thunder Bay gelegen, besitzt die Region mit dem gleichen Na-men wie der Chartbreaker von Johnny Cash das größte Chromit-Vorkommen in Nordamerika. Die Vorkom-men werden auf einen Wert von cirka 60  Mrd.  C$ geschätzt. Die Ausbeute wird sicherlich mehrere Ge-

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59 BergBau

Bergbauregion Ontario im ÜberblickRomano:

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Attraktives OntarioMit offenen Armen empfängt die Provinz Unterneh-men, die gerade auf die Erforschung von Lagerstätten und in den folgenden Bereichen spezialisiert sind:

▶ Bergwerksplanung, ▶ Automatisierung, ▶ Kommunikationstechnologie, ▶ Umwelttechnologie und ▶ Untertagebau.

Steuerliche Anreize, Sicherung von Grundbesitz sowie effiziente Zulassungs- und Genehmigungsprozesse sind in Ontario eine Selbstverständlichkeit. Im Dezember

Bild 3: In Ontario gibt es rund 26.000 Bergbaujobs und zu-sätzlich 50.000 in Herstellung und Verarbeitung wie hier in der Lakeshore Gold Corporation’s Bell Creek Gold Mine in Timmins

Quelle: Invest Ontario

Bild 2: Made in Ontario: In den einheimischen Werkstätten werden die Diamanten geschnitten und poliert, wie hier in Sudbury

Quelle: Invest Ontario

nerationen beschäftigen und birgt große Chancen für Bergbauunternehmen. Zahlreiche Unternehmen befin-den sich bereits in der Erschließungsplanung. Geplan-te Aktivitäten sind Tage- und Untertagebau sowie der Betrieb von Konzentrierungsanlagen und die Abraum-lagerung unter Tage.

Diamantenfunde in OntarioAuch Diamanten sind in Ontario reichlich zu finden. Den kanadischen Edelsteinen wird nachgesagt, dass sie von besonders hoher Qualität seien und zudem nach hohen ethischen Normen gefördert werden. Ein bekannter Tagebau ist seit 2008 die Victor Mine, die vom Luxemburger Diamantenlieferanten De Beers betrieben wird. Mit der Provinzregierung Ontario hat De Beers in der Vergangenheit ein Sozial- und Wirt-schaftsabkommen unterzeichnet. Zehn Prozent des wirtschaftlichen Werts der jährlichen Produktion des Bergwerks müssen an weiterverarbeitende Betriebe in Kanada weitergegeben werden. In den einheimischen Werkstätten werden die Diamanten dann geschnitten und poliert (Bild 2). Das Abkommen sorgt dafür, dass die Diamanten aus Ontario nicht im Pulk der welt-weiten De Beers-Diamantenproduktion untergehen, sondern als Diamanten made in Ontario ausgewiesen sind.

Made in Ontario heißt es auch bei anderen in der Provinz gewonnenen Rohstoffen. Etwa 50 % der Me-talle, die in Ontario abgebaut werden, verarbeiten Un-ternehmen vor Ort. Auch andere kanadische Provinzen sowie die USA und Australien lassen ihre mineralischen Rohstoffe in Ontario aufbereiten (Bild 3).

Provinzregierung unterstützt mit MillionenBisher hat Ontario rund 140 Mio. C$ in die minera-lische Rohstoffgewinnung investiert. Das Geld fließt seit dem Jahr 2003 unter anderem in die Unterstützung von Unternehmen oder in die Umsetzung des Mining Amendment Act von 2009 – ein Regelwerk zu nach-haltigem und umweltfreundlichem Bergbau sowie zur Einhaltung der Vertragsrechte der lokalen Ureinwoh-nerbevölkerung und Anerkennung des privaten Land-eigentums.

Ontario bringt gute Argumente auf den Tisch, warum es nicht nur Kanadas führende Region in Sa-chen Bergbau ist, sondern weltweit zu den größten gehört: Bekannte Bergbauregionen wie Ring of Fire, Timmins oder Red Lake Gold Mines sowie die Pro-vinzhauptstadt Toronto als Finanzierungsmetropole mit der Toronto Stock Exchange im Bereich Bergbau. Mehr als 1.600 börsennotierte Bergbauunternehmen haben sich in Toronto niedergelassen. Die Marktka-pitalisierung im Bergbau im vergangenen Jahr lag bei 240 Mrd. C$, das eingeworbene Eigenkapital im Berg-bau bei 6,9 Mrd. C$. Zudem ist auch die 29. Diaman-tenbörse der Welt in Toronto zuhause. Im Jahr 2009 eröffnete dort die Diamond Bourse of Canada (DCB) ihre Pforten.

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60BergBau

Bergbauregion Ontario im ÜberblickRomano:

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2015 soll das „Mining Observatory Data Control Cen-tre“ im Norden Ontarios seine Arbeit beginnen. Feder-führend ist dabei das „Centre for Excellence in Mining Innovation“ (CEMI). Die Einrichtung wird Bergbau-unternehmen beim Sammeln, Filtern und Analysieren von geologischen und anderen themenverwandten Da-ten unterstützen.

Bergbauforschung und Innovation in Ontario Die Provinz forscht derzeit an Innovationen für den Bergbau: Neuartige Filter gegen die Abgase dieselbe-triebener Maschinen unter Tage und die Entwicklung eines neuen Überdachungssystems für vereinfachten Tunnelbau. Die zwei Projekte werden von Regierungs-mitteln aus der Northern Ontario Heritage Fund Cor-poration (NOHFC) gefördert. Mit den Filtern sollen eines Tages die Anteile von Stickstoffdioxid und feinem Dieselruß in der Luft weiter gesenkt werden, so hoffen die Forscher der Canadian Mining Industry Research Organization (CAMIRO). Dies soll das Leben und die Gesundheit der betroffenen Arbeiter schützen. Ontarios Ministerpräsidentin Kathleen Wynne lobt die Bedeutung der NOHFC für die Wirtschaft der kanadischen Provinz: „Mithilfe der NOHFC unter-stützen wir Innovationen und die Neuentstehung von Arbeitsplätzen in einer so wichtigen Schlüsselindustrie wie dem Bergbau. Indem wir die Stärken des nördlichen Teils von Ontario fördern, sichern wir der ganzen Pro-vinz eine bessere Zukunft.“

Beim Thema Arbeitsplätze schaut Ontario zufrie-den auf 26.000 Bergbau-Jobs und zusätzlich 50.000, die an Herstellung und Verarbeitung gekoppelt sind.

Bild 4: Das Bohrkernlager von Rainy River Resources im Norden OntariosQuelle: Invest Ontario

Davon befinden sich zwei Drittel im Norden Ontarios (Bild 4). Die Bergbauindustrie ist der größte Arbeit-geber für die Ureinwohner. Seit 2011 bereiten sich rund 1.300 Mitglieder des Matawa-Stamms auf künf-tige Aufgaben im Bergwerk Ring of Fire vor. „Wir glauben daran, dass die Integration der First Nations gerade im Norden Ontarios wesentlich zum Erfolg des Bergbausektors und unserer Provinz beisteuert“, sagt Michael Gravelle, Minister of Northern Development and Mines. Die Branche bezahle zudem gut, nämlich wöchentlich rund 1.400 C$.

Künftige Herausforderungen – „China schläft nicht“Wirtschaftliche Unsicherheiten und eine rückläufige Nachfrage sind auch an Ontarios Bergbauindustrie nicht spurlos vorbeigegangen. Während im Jahr 2012 noch 306.000 aktive Claims registriert waren, ist die Zahl im Jahr 2013 auf 278.000 gefallen (Bild 5). Auch die In-vestitionen nehmen ab. Michael Gravelle spricht auch das Thema Fachkräfte an: „Im kommenden Jahrzehnt müssten rund 90.000 zusätzliche Arbeiter angeheuert werden, um das derzeitige Produktionsvolumen zu tra-gen“. Aber Gravelle blickt positiv in die Zukunft: „Hier in Ontario haben wir das Gesamtbild vor Augen und nicht nur einzelne Aspekte. Wir meistern wirtschaftliche Herausforderungen, indem wir die Bergbauforschung vorantreiben und dabei die Umwelt und unsere Gemein-den, vor allem unsere Ureinwohner, nicht aus den Augen verlieren“.

Dennoch sollte man die Herausforderungen sehr ernst nehmen. Die Konkurrenz wie beispielsweise Chi-na schlafe nicht und werde auch im Bergbau immer prä-senter. Auch die Volatilität des Goldpreises beeinflusst Ontarios Goldabbau. „Unser Plan ist, unsere Rohstoff-Erschließungs-Strategie zu überdenken, den Gegeben-heiten anzupassen und zu modernisieren“, so Gravelle. Unter anderem dadurch, künftig den Akquisitionspro-zess zur Absteckung von Claims online zur Verfügung zu stellen. Damit werde nicht nur der bürokratische Aufwand minimiert, sondern auch ein Zeichen für ein modernes Verwaltungswesen in Ontario gesetzt, erklärt Gravelle.

Neue Bergwerke in der ProvinzDass in Ontarios Bergbauindustrie kein Stillstand herrscht, zeigen neue Bergwerke wie Detour Lake oder die Totten-Mine im Norden der Provinz. Das Unter-nehmen Detour Gold Corporation hat mit der Gold-produktion rund 180 km nordöstlich von Cochrane begonnen. Rund 500 Mitarbeiter sind an dem Projekt beteiligt. Die prognostizierte Laufzeit des Bergwerks liegt bei derzeit 22 Jahren und einer jährlichen Produk-tion von 660.000 Unzen Gold. Die Investitionskosten werden auf 1,45 Mrd C$ geschätzt.

Die Totten Mine (Vale SA) startete mit ihrer Pro-duktion Anfang 2014. Das jährliche Volumen wird auf 11.340 t Kupfer und 9.070 t Nickel bei einer Laufzeit von 20 Jahren geschätzt. Circa 200 Mitarbeiter beschäf-

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61 BergBau

Bergbauregion Ontario im ÜberblickRomano:

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In den letzten zehn Jahren entwickelte Bergwerke

▶ Tomclid Iron Mine (Ferromine) – periodisch geöff-net

▶ Island Gold Mine (Richmont Mines) – geöffnet 2007

▶ Levack Mine (KGHM International) – geöffnet 2007

▶ Victor Diamond Mine (DeBeers Canada) – geöff-net 2008

▶ Black Fox Mine (Primero Mining Corp) – geöffnet 2009

Bild 6: Das Unternehmen Vale – eines der drei größten Bergbauunternehmen der Welt – ist bekannt für seine Transportlogistik

Quelle: Invest Ontario

tigt das Projekt. Die Investitionen belaufen sich auf rund 760 Mio. C$.

Immer neue Vorkommen von Nickel, Kupfer und Metallen der Platingruppe (PGEs) werden entdeckt. Das bedeutet: Unternehmen wie Glencore Xstrata, Vale und KGHM International sorgen für volle Auftragsbü-cher bei Anbietern von Anlagen und Dienstleistungen für den Bergbau. Vale hat vor kurzem auch mit dem Bau einer neuen Schmelzhütte für einen verbesserten Emis-sionsschutz begonnen. Kostenpunkt:   >  1  Mrd.  C$ (Bild 6). Aktuell sind 35 neue Bergbauprojekte in On-tario in der Entwicklung.

Bergwerke in der nahen ZukunftKurz vor dem Abschluss steht auch die Wiederinbe-triebnahme des Goldtagebaus Hollinger (Goldcorp Inc.) in Timmins. Hier werden 180 Arbeiter für min-destens acht Jahre tätig sein. Die Kosten für das Pro-jekt betragen rund 75 Mio. C$. Goldcorp Inc. weitet derzeit seine Aktivitäten auch in Red Lake und Mussel-white bedeutend aus. Das Abbauvolumen soll nahezu verdoppelt werden.

Das Phoenix Gold-Projekt soll Mitte 2015 starten. Rubicon Minerals Corporation plant mit einer Le-bensdauer des Bergwerks von rund zwölf Jahren, 275 Mitarbeitern und einer Investition von rund 214 Mio. C$. Die jährliche Produktion wird auf 180.000 Un-zen Gold geschätzt. Die Mine liegt etwas nördlich der Goldcorp’s Red Lake Gold-Mine.

In der Nähe soll im nächsten Jahr auch das Co-chenour Goldprojekt von Goldcorp starten. Rund 100 Arbeiter sind für eine Zeitspanne von 20 Jahren eingeplant. Die jährliche Produktionsmenge soll bei 250.000 Unzen Gold liegen mit Investitionskosten von 350  C$/Unze. Goldcorp lässt sich das Projekt rund 420 Mio. C$ kosten.

Bild 5: Aktive Claim Units in Ontario – eine Übersicht von 2000 bis 2013Quelle: Invest Ontario

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62BergBau

Bergbauregion Ontario im ÜberblickRomano:

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▶ Holloway/Holt Mine (St. Andrews Goldfields) – geöffnet 2009

▶ Ellen Mine (Vale Canada) – geöffnet 2010 ▶ Hislop Mine (St. Andrews Goldfields) – geöffnet

2010 ▶ Nickel Rim South Mine (Glencore Canada) – ge-

öffnet 2010 ▶ Lockerby Mine (First Nickel) – wieder geöffnet

2011 (offen von 2001-2008) – derzeit aktiv ▶ Timmins West Mine (Lakeshore Gold) – geöffnet

2011 ▶ Bell Creek Mine (Lakeshore Gold) – geöffnet 2012

(Bild 7) ▶ Mohawk Garnet Mine (Mohawk Garnet) – geöff-

net 2012 ▶ Young-Davidson Mine (Aurico Gold) – geöffnet

2012 ▶ Mishi Mine (Wesdome Gold Mines) – geöffnet

2012 ▶ Detour Lake Mine (Detour Gold) – geöffnet 2013 ▶ Totten Mine (Vale Canada) – geöffnet 2014

Regionen mit PotenzialBesonders vielversprechend sind die Regionen um den Red Lake Greenstone-Gürtel mit mehreren aktiven Goldexplorationsprojekten.

▶ Kenora ist bekannt für Diamanten und Gold. ▶ Thunder Bay North macht mit dem Ring of Fire

Schlagzeilen – großes Potenzial steckt in dieser Re-gion.

▶ Im Süden von Thunder Bay sucht man derzeit unter anderem nach Gold.

▶ Timmins lockt mit hochreinem Graphit und eben-falls Goldvorkommen.

▶ Sault Ste. Marie hat einiges zu bieten: Gold, Basis-metalle, Uran und Seltene Erden.

▶ In der Gegend um Kirkland Lake hat man vor allem Gold abgebaut.

▶ Sudbury lockt mit Kupfer, Nickel und Edelmetal-len.

▶ Im Süden von Ontario sind Industriemetalle das große Thema.

Bild 8: Versuchsgrube unter Tage von Joy Global, vormals Mining Technologies Inter-national (MTI) in Sudbury, Ontario

Quelle: Invest Ontario

Bild 7: Bei der Arbeit in der Goldmine Lakeshore Gold Corporation’s Bell Creek in Timmins

Quelle: Invest Ontario

Über Ontario, KanadaDie kanadische Wirtschaftsregion Ontario genießt weltweites Ansehen als Zentrum für Auslandsinvesti tionen und Handel in Nord-amerika. Der direkte Zugang zum nordamerikanischen Markt mit einer Wirtschaftsleistung von mehr als 15 Bio. € (19 Bio. US$) ist nur einer von vielen Vorzügen: In der mit 13 Mio. Einwohnern bevölkerungsreichsten Provinz Kanadas arbeiten hochqualifizierte Menschen mit vielseitigem kulturellem Hintergrund. Einheitliche Regelungen und ein risikoarmes Investitionsklima erleichtern es Un-ternehmen, sich in Ontario niederzulassen. Langfristig überzeugt die Provinz zudem mit einem wettbewerbsfähigen Wirtschaftsumfeld und einer hohen Lebensqualität.

Für Ontario haben sich Weltmarktführer aus verschiedenen Branchen entschieden, darunter Honda, Magna, Sodexo, Alcatel-Lucent, AXA, Bombardier, DuPont, MDS, Sanofi Pasteur, GlaxoSmithKline, Trojan, IBM und Dell. Schwerpunktbranchen sind Automotive, Luft- und Raumfahrt, Life Sciences und Biotech, IKT, Wasser- und Abwassertechnologien, Finanzen und Bergbau.

Ontario erwirtschaftet rund 38 % von Kanadas Bruttoinlandsprodukt und hat ein größeres BIP als Belgien, die skandinavischen Län-der oder die Schweiz. Im Jahr 2013 wurden im internationalen Handel Waren im Gesamtwert von mehr als 307 Mrd. € (434 Mrd. C$) importiert und exportiert. Unternehmen in Ontario exportierten im Jahr 2013 Waren im Wert von mehr als 116 Mrd. € (164 Mrd. C$).

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63 BergBau

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„Yours to discover“

Die hochmoderne Bergbauindustrie in Ontario bietet auch deutschen Unternehmen gute Chancen. Auch wenn wirtschaftliche Hochs und Tiefs an der kana-dischen Provinz nicht spurlos vorbeigehen, spricht die vorhandene und noch unentdeckte Fläche für Bergbauprojekte für sich. Zudem lockt Ontario mit steuerli-chen Anreizen, hoher Lebensqualität und qua-lifizierten Arbeitnehmern. Schon jetzt sind zahlreiche international führende Bergbauunternehmen vor Ort involviert, die sich über gute Gewinne freuen – und die Zeichen stehen weiterhin auf Wachstum.

Über das Centre for Excellence in Mining Innovation (CEMI)

Das CEMI ist eine gemeinnützige Organisation und koordiniert Forschungsprojekte im Bereich Bergbau.

Contact:

Centre for Excellence in Mining Innovation (CEMI)935 Ramsey Lake RoadWillet Green Miller CentreSudbury, ON, P3E 2C6, CanadaTel.: +1 705.673.6568Fax: +1 705.671.3878

Über die Canadian Mining Industry Re-search Organization, (CAMIRO)

CAMIRO, ist eine gemeinnützige Organisation. Ziel von CAMIRO ist es, neue Techniken, Metho-den und Technologien zu entwickeln, die die Pro-duktivität, Wettbewerbsfähigkeit und Sicherheit der kanadischen Bergbauindustrie steigern – immer unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit.

Contact

Canadian Mining Industry Research Organization1545 Maley DriveSudbury ONP3A 4R7

Tel.: +1 705 673-6595Fax: +1 705 673-6588

Dr. Terrie RomanoDr. Terrie Romano istKonsulin für Wirt-schaftsangelegen-heiten der Provinz Ontario. Sie studierte an den Universitäten Western Ontario und Toronto (M.A.) in den Bereichen Geschichte und Philosophie von Wissenschaft und Technologie sowie (post graduate) am University College London Geschichte der Medizin. An der Yale University wurde sie im Jahr 1993 promo-viert.

Für die nächsten Ausgaben sind unter anderem folgende Artikel in Planung:

Latest Developments in Longwall Mining Technology

Erdbeben im Mai 2014 in Nieder-Beerbach (Hessen) – Dynamischer Großversuch zur Ableitung von begründeten Anhaltswerten für Erschütterungen in der Sprengtechnik

Weser-Jade-Port: Schadenssanierung unter Einsatz der Injektionstechnik

Talsperre Sylvenstein – Gebirgsstabilisierung mit Injektionen

Speicherbecken: Schlammentwässerung in textilen Schläuchen nach Nassbaggerung und Leitungstransport

Kunststoffdichtungsbahnen für Anwendungen mit hohen Temperaturen / Application of high temperature resistant geomembranes

Load Bearing Behaviour of Pipe Umbrellas in Tunnel Construction in Granular Soils

Bestandserfassung von Tunnelbauwerken und Stützmauern in der Schweiz mit zerstörungsfreien Prüfverfahren

Planung und Abwicklung von Einbauten für einen Schacht im Tunnelbau

Kleinbergbau in Laos und Kambodja

Viele der Beiträge werden in deutscher und englischer Sprache veröffentlicht. Sie erscheinen in den jeweiligen Ausgaben (deutsch/englisch) von GeoResources. Bei Interesse an einer deutschen oder internationalen Anzeigenplatzierung zu einem bestimmten Thema sprechen Sie uns jederzeit gerne an: [email protected]

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64BergBau

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