Date post: | 06-Apr-2016 |
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GenehmigungswettbewerbEine aktuelle Analyse
Rößler Rechtsanwälte PartnerschaftRechtsanwalt Matthias M. Junghanß
Rechtsanwalt Tilo RößlerJudeichstraße 6, 01099 DD
Telefon: 0351.8033888, 8047720Fax: 0351.8047719
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Unwissenheit ist die Ursache aller Probleme der Menschen!
Siddharta Gautama
Der Genehmigungswettbewerb ist tot ...
... es lebe der Genehmigungswettbewerb!
Der Rechtsrahmen
Der Genehmigungswettbewerb ist als sprachästhetische Eigenschöpfung nicht als solcher im Gesetz definiert.
Eine genehmigungswettbewerbliche Praxis ist ab etwa 2006 anzutreffen.
Die bekannteste Ausprägung ist das sog. „Wittenberger Modell“.
Der Rechtsrahmen
Genehmigungswettbewerb (Definition):
„Der Genehmigungswettbewerb ist ein originär verwaltungsrechtliches Verfahren zur Erteilung von (eigenwirtschaftlichen) Linienverkehrsgenehmigungen, in welches zur Herstellung von Transparenz vergaberechtliche Elemente eingebunden werden.“
Der Rechtsrahmen
Der Genehmigungswettbewerb ist höchstrichterlich anerkannt (zuletzt BVerwG 3 C 30.12 und 3 C 31.12).
Der Genehmigungswettbewerb ist PBefG- und EG-Verordnungs-konform.
Er ist von der grundsätzlichen Einhaltung von gesetzlichen Parametern abhängig.
Der Rechtsrahmen
Personenbeförderungsgesetz (PBefG) VO (EG) Nr. 1370/07 Gesetz zur Beschränkung des
Wettbewerbs (GWB) Landes-ÖPNVG Rechtsprechung
Rechtsgrundlagen
Die zentrale Norm, § 8 Abs. 4 Satz 1 PBefG:
„Verkehrsleistungen im öffentlichen Personennahverkehr sind eigenwirtschaftlich zu erbringen.“
Diese Regelung enthält den Grundsatz.
Rechtsgrundlagen
Mithin ist die eigenwirtschaftliche Erstellung der Verkehrsleistungen prioritär.
„Eigenwirtschaftlichkeit“ wird im Gesetz nicht näher definiert, nur umschrieben.
Der bislang vorhandene Abgrenzungsbegriff der „Gemeinwirtschaftlichkeit“ ist seit dem 01.01.2013 nicht mehr im Gesetz verankert, zumindest nicht als „duales System“.
Der Rechtsrahmen Das „Monstrum“, § 8 Abs. 4 Satz 2 PBefG:„Eigenwirtschaftlich sind Verkehrsleistungen, deren Aufwand gedeckt wird durch Beförderungserlöse, Ausgleichsleistungen auf der Grundlage von allgemeinen Vorschriften nach Artikel 3 Absatz 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates (ABl. L 315 vom 3.12.2007, S. 1) und sonstige Unternehmenserträge im handelsrechtlichen Sinne, soweit diese keine Ausgleichsleistungen für die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen nach Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 darstellen und keine ausschließlichen Rechte gewährt werden.“
Verständnis
Um die Norm umsetzen zu können, empfehlen wir jedem Anwender zumindest ein berufsbegleitendes Jurastudium ...
... nun ernsthaft ...
Alles klar?
Der Rechtsrahmen
Das heißt: Es besteht (wohl) Konsens, dass die
meisten Verkehrsleistungen nicht durch Beförderungserlöse gedeckt sind.
Sie sind daher „im Kern“ nicht eigenwirtschaftlich.
Eigenwirtschaftlich sind allerdings auch Verkehre, für die Ausgleichsleistungen gewährt werden und/ oder sonstige Unternehmenserträge bestehen!
Der Rechtsrahmen
Zur Beachtung:
Diese (Ausgleichsleistungen) müssen jedoch zulässig sein.
Die Unternehmenserträge dürfen keine Ausgleichsleistungen nach Art. 3 Abs. 1 VO (EG) 1370/07 sein.
Der Rechtsrahmen
Ausgleichsleistungen sind zulässig, wenn
sie auf der Grundlage von allgemeinen Vorschriften nach Artikel 3 Absatz 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 gewährt werden
Der Rechtsrahmen
(handelsrechtliche) Unternehmenserträge sind zulässig, wennsie nicht zur Erfüllung
gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen nach Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 dienen und
keine ausschließlichen Rechte gewährt werden .
Verständnis
Was sind „allgemeine Vorschriften“ im Sinne des Artikels 3 Absätze 2 und 3 der VO (EG) 1370/07?
Was bedeutet die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen nach Artikel 3 Absatz 1 der VO (EG) 1370/07?
Wann ist die Gewährung ausschließlicher Rechte gegeben?
Verständnis
Abweichend vom öffentlichen Dienstleistungsauftrag können gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen zur Festsetzung von „Höchsttarifen“ für alle Fahrgäste oder bestimmte Gruppen von Fahrgästen auch Gegenstand allgemeiner Vorschriften sein (Art. 3 Abs. 2 VO 1370/2007).
Verständnis
Nach Art. 2 lit. l) VO 1370/2007 ist hierunter eine „Maßnahme“ zu verstehen, „die diskriminierungsfrei für alle öffentlichen Personenverkehrsdienste derselben Art in einem bestimmten geografischen Gebiet, das im Zuständigkeitsgebiet der zuständigen Behörde liegt, gilt“.
Verständnis
Ausgleichsleistungen aufgrund allgemeiner Vorschriften nach Art. 3 Abs. 2 und 3 VO 1370/2007 sind nur zur Abgeltung von Tarifpflichten möglich.
Ausgleichsleistungen für Tarifpflichten aufgrund allgemeiner Vorschriften nach Art. 3 Abs. 2 VO 1370/2007 müssen den Grundsätzen der Art. 4 und 6 sowie den Regelungen des Anhangs der VO 1370/2007 entsprechen.
Verständnis Allgemeine Vorschriften
Abgeltung von Tarifpflichten anstelle eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags
Erlass durch zuständige Behörde„Ausgleichsleistungen aufgrund allgemeiner Vorschriften“
tragen nach PBefG zur Eigenwirtschaftlichkeit bei, landesgesetzliche Vorgaben sind möglich
Verständnis
Die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen meint u.a. die Umsetzung von Aufgaben der Daseinsvorsorge und erfasst alles, was im Interesse der Allgemeinheit geleistet ist.
Verständnis - Abgrenzung
Art. 3 Abs. 1 VO 1370/2007 lautet: „Gewährt eine zuständige Behörde dem ausgewählten Betreiber ausschließliche Rechte und/oder Ausgleichsleistungen gleich welcher Art für die Erfüllung gemein- wirtschaftlicher Verpflichtungen, so erfolgt dies im Rahmen eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags.“
Verständnis - Abgrenzung
Die Bestellung von Verkehrsleistungen durch Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge ist nach § 8a Abs. 1 Sätze 1 und 2 PBefG i.V.m. § 8 Abs. 4 Satz 1 PBefG nur zulässig, wenn eine ausreichende Verkehrsbedienung nicht eigenwirtschaftlich angeboten ist.
Verständnis - Abgrenzung
Genehmigungsrechtlich setzt sich der vom Aufgabenträger (per ÖDA) bestellte Verkehr nur (!) durch, wenn nach § 12 Abs. 6 und § 13 Abs. 2a PBefG ein vorrangiger eigenwirtschaftlicher Antrag nicht zu genehmigen ist.
Verständnis
Ausschließliche Rechte werden aufgrund eines öffentlichen Dienstleistungsauftrages gewährt.
(Aber!!!:) Die Linienverkehrsgenehmigung ist kein
ausschließliches Recht, sondern lediglich die besondere behördliche Erlaubnis zu einer Verkehrsdienstleistung. Der Inhaber ist nicht ausschließlich allein berechtigt, Verkehrsdienstleistungen zu erstellen.
Verständnis
Sind alle Kriterien erfüllt, ist die Erteilung eigenwirtschaftlicher Linienverkehrsgenehmigungen im Verhältnis zu den §§ 8a, 8b PBefG genannten Verfahren vorrangig.
Genehmigungswettbewerb
Die weiteren Verfahren nach den §§ 8a,b PBefG sind solche, die Verwaltungs- und Vergaberecht kombinieren.
Sie sind dem verwaltungsrechtlichen Genehmigungsverfahren nachrangig, wenn dieses zulässig ist.
Genehmigungswettbewerb
Vorteile des Genehmigungswettbewerbes Durchführung eines Verwaltungsverfahrens Vermeidung von Rechtszersplitterung
zwischen Vergaberecht (Zivilrecht) und Verwaltungsrecht
Vermeidung langwieriger Rechtsstreite auf zwei Rechtswegen
Gestaltender Marktzugang im (öffentlich) vordefinierten Rahmen
Fachlich-sachliche Ermessensausübung im öffentlichen Verkehrsinteresse
Genehmigungswettbewerb
Vorteile des GenehmigungswettbewerbesÜberschaubare Kosten im
RechtsschutzverfahrenRechtssicherheitPlanbarkeitEinziges Verfahren zur konsequenten
Umsetzung des Vorranges der Eigenwirtschaftlichkeit
Vielen Dank für Aufmerksamkeit, Geduld und Verständnis!
Matthias Junghanß und Tilo Rößler