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Gemeindeabgabengesetz für das Fürstentum Reuss ä. L. Vom 21. Dezember 1911

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Gemeindeabgabengesetz für das Fürstentum Reuss ä. L. Vom 21. Dezember 1911 Source: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, 29. Jahrg., H. 2 (1912), pp. 375-385 Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KG Stable URL: http://www.jstor.org/stable/40906708 . Accessed: 16/06/2014 19:00 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to FinanzArchiv / Public Finance Analysis. http://www.jstor.org This content downloaded from 185.44.79.160 on Mon, 16 Jun 2014 19:00:50 PM All use subject to JSTOR Terms and Conditions
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Gemeindeabgabengesetz für das Fürstentum Reuss ä. L. Vom 21. Dezember 1911Source: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, 29. Jahrg., H. 2 (1912), pp. 375-385Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KGStable URL: http://www.jstor.org/stable/40906708 .

Accessed: 16/06/2014 19:00

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Oemeindeabgabengesetz für das Fürstentum Reuss ä. L. Vom 21. Dezember 1911.

(Gesetzsamml. f. d. Fürstent. Reuss ä. L. 1911 Nr. 12 S. 123.)

Erster Titel. Allgemeine Bastimmungen.

§1. Die Gemeinden sind berechtigt, zur Deckung ihrer Ausgaben und Bedürf-

nisse nach Massgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes Gebühren und Beiträge, indirekte und direkte Steuern zu erheben.

Wegen der Verpflichtung zur Leistung von Naturaldiensten wird an den bestehenden, einschliesslich gewohnheitsrechtlichen, Bestimmungen nichts ge- ändert (siehe jedoch § 48 Abs. 2, § 49 Abs. 2).

§2. Die Gemeinden dürfen von der Befugnis, Steuern zu erheben, nur inso-

weit Gebrauch machen, als die sonstigen Einnahmen, insbesondere aus dem Gemeindevermögen, aus vorhandenen Stiftungsfonds und gewerblichen Unter- nehmungen aus Gebühren und Beiträgen zur Deckung ihrer Ausgaben nicht -ausreichen.

Auf Hunde- und Lustbarkeits- sowie auf ähnliche, durch besondere Rück- sichten gebotene Steuern findet diese Bestimmung keine Anwendung.

Durch direkte Steuern darf nur der Bedarf aufgebracht werden, welcher nach Abzug des Aufkommens der indirekten Steuern von dem gesamten Steuer- bedarfe verbleibt.

§3. Gewerbliche Unternehmungen der Gemeinden sind grundsätzlich so zu

verwalten, dass durch die Einnahmen mindestens die gesamten durch die Unter- nehmung der Gemeinden erwachsenden Ausgaben, einschliesslich der Verzinsung und der Tilgung des Anlagekapitals, aufgebracht werden.

Eine Ausnahme ist zulässig, sofern die Unternehmung zugleich einem öffentlichen Interesse dient, welches andernfalls nicht befriedigt wird.

Zweiter Titel. Gebühren und Beiträge.

§4. Unberührt bleiben die bestehenden, einschliesslich gewohnheitsrechtlichen,

Bestimmungen über die Erhebung von Gebühren für einzelne Handlungen der Gemeindeorgane (Verwaltungsgebühren).

Die Gemeinden sind berechtigt, auch für die ordnungs- und feuerpolizei- liche Beaufsichtigung von Musikaufführungen, Schaustellungen, theatralischen Vorstellungen und sonstigen Lustbarkeiten Gebühren zu erheben.

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37ß Gemeindeabgabengesetz für das Fürstentum Reuss ä. L. vom 21. Dezember 1911.

§5. Die Gemeinden können für die Benützung der von ihnen im öffentliche»

Interesse unterhaltenen Veranstaltungen (Anlagen, Anstalten und Einrichtungen), z. B. öffentlicher Wege, Wasserleitungen, Kanalisationsanlagen, besondere Ge- bühren (Vergütungen) erheben.

Die Erhebung von Gebühren hat zu erfolgen, wenn die Veranstaltung einzelnen Gemeindeangehörigen oder einzelnen Klassen von solchen vorzugs- weise zum Vorteile gereicht und soweit die Ausgleichung nicht durch Beiträge oder eine Mehr- oder Minderbelastung erfolgt. Die Gebührensätze sind in der Regel so zu bemessen, dass die Verwaltungs- und Unterhaltungskosten der Veranstaltung, einschliesslich der Ausgaben für die Verzinsung und Tilgung des aufgewendeten Kapitals, gedeckt werden.

Besteht eine Verpflichtung zur Benützung einer Veranstaltung für alle Gemeindeangehörigen oder für einzelne Klassen derselben, oder sind die ge- nannten auf die Benützung der Veranstaltung angewiesen, so ist unter Berück- sichtigung des öffentlichen Interesses, welchem die Veranstaltung dient, und der den einzelnen gewährten besonderen Vorteile eine entsprechende Ermässi- gung der Gebührensätze gestattet; auch kann in Fällen dieser Art die Erhebung von Gebühren unterbleiben.

Auf Unterrichts- und Bildungsanstalten, auf Krankenhäuser, Heil- und Pflegeanstalten, sowie auf vorzugsweise den Bedürfnissen der unbemittelten Volksklassen dienende Veranstaltungen finden vorstehende Bestimmungen (Abs. 2 und 3) keine Anwendung. Jedoch muss für den Besuch der von den Gemeinden unterhaltenen höheren Lehranstalten und Fachschulen ein angemessenes Schul- geld erhoben werden.

Andere Abweichungen von der im Abs. 2 vorgeschriebenen Bemessung der Gebühren sind nur aus besonderen Gründen gestattet.

Ein Zwang zur Erhebung von Wege-, Pflaster- und Brückengeldern findet nicht statt.

§ 6. Markt Standgelder können in dem durch § 68 der Reichsgewerbeordnung

begrenzten Umfang erhoben und, soweit sie bestehen, anderweit festgesetzt werden.

§7. Gebühren sind im voraus nach festen Normen und Sätzen zu bestimmen.

Eine Abstufung der Gebührensätze, insbesondere nach Massgabe der Leistungs- fähigkeit, bis zur gänzlichen Freilassung ist nicht ausgeschlossen.

§8. Die Gemeinden können behufs Deckung der Kosten für Herstellung und

Unterhaltung von Veranstaltungen (§ 5 Abs. 1), welche durch dag öffentliche Interesse erfordert werden, insbesondere für Herstellung von Strassen, ein- schliesslich Pflasterung, Kanalisation und Trottoirlegung, von denjenigen Grund- eigentümern und Gewerbetreibenden, denen hierdurch besondere wirtschaftliche Vorteile erwachsen, Beiträge zu den Kosten der Veranstaltungen erheben.

Die Beiträge dürfen die Gesamtkosten erreichen, sofern es sich um erst- malige Herstellungen handelt.

Beiträge sollen in der Regel erhoben werden, wenn andernfalls die Kosten, einschliesslich der Ausgaben für die Verzinsung und Tilgung des aufgewendeten Kapitals, durch Steuern aufzubringen sein würden.

§9. Unberührt bleibt das Gesetz vom 25. Oktober 1905, die Erhebung von

Beiträgen bei ausserordentlicher Benützung von Kommunikations- und Ortswegen betreffend (Ges.-Samml. S. 87).

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Gemeindeabgabengesetz für das Fürstentum Reuss ä. L. vom 21. Dezember 1911. 377

§ 10.

Gebühren und Beiträge im Sinne des § 4 Abs. 2 und der §§ 5-8 dieses Gesetzes dürfen von den Gemeinden nur durch Ortsstatut eingeführt, abgeändert oder aufgehoben werden.

Dritter Titel. Gemeindesteuern.

1. Abschnitt. Indirekte Gemeindesteuern.

§11. Die Gemeinden sind zur Erhebung indirekter Steuern innerhalb der gesetz-

lichen Grenzen befugt. Den Gemeinden sind Vereinbarungen mit den Beteiligten gestattet, wonach

der Jahresbetrag der zu entrichtenden indirekten Steuern für mehrere Jahre im voraus fest bestimmt wird. Die Vereinbarungen bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde.

§12. Die Besteuerung von Lustbarkeiten, einschliesslich musikalischer und dekla-

matorischer Vorträge, sowie von Schaustellungen umherziehender Künstler ist den Gemeinden gestattet.

Familienlustbarkeiten sind von der kommunalen Besteuerung ausgeschlossen.

§ 13. Wegen der Besteuerung der Hunde bewendet es beim Gesetz vom

6. Juli 1910. § 14.

Die Einführung neuer und die Veränderung bestehender indirekter Ge- meindesteuern kann nur durch Ortsstatut erfolgen.

2. Abschnitt. Direkte Gemeindesteuern.

1. Allgemeine Bestimmungen. § 15.

Der durch andere Einnahmen ungedeckte Gemeindebedarf ist durch Steuern vom persönlichen Einkommen und durch Grundsteuern zu bestreiten. Daneben können Gewerbesteuern nach Massgabe des § 38 erhoben werden.

Der Ertrag der Grundsteuer ist in erster Linie zur Deckung derjenigen Kosten zu verwenden, die für die in §§ 5, 8 dieses Gesetzes angeführten Ver- anstaltungen aufzubringen sind.

§ 16. Die direkten Gemeindesteuern sind auf alle der Besteuerung unterworfenen

Pflichtigen nach festen und gleichmässigen Grundsätzen zu verteilen. Handelt es sich um Veranstaltungen, welche in besonders hervorragendem

oder geringem Masse einem Teile des Gemeindebezirks oder einer Klasse von Gemeindeangehörigen zustatten kommen, und werden Beiträge nach § 8 nicht erhoben, so kann die Gemeinde eine entsprechende Mehr- oder Minderbelastung dieses Teiles des Gemeindebezirks oder dieser Klasse von Gemeindeangehörigen beschliessen. Bei der Abmessung der Mehr- oder Minderbelastung ist nament- lich der zur Herstellung und Unterhaltung der Veranstaltungen erforderliche Bedarf nach Abzug des etwaigen Ertrages in Betracht zu ziehen. Der Beschluss bedarf der Genehmigung der Aufsichtsbehörde.

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37g Gemeindeabgabengesetz für das Fürstentum Reuss ä. L. vom 21. Dezember 1911.

2. Besondere Bestimmungen,

a) Geineindeeinkommensteuer.

§17. In Beziehung auf die Steuerpflicht und Steuerbefreiung kommen für die

Gemeindeeinkommensteuer die Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes sinngemäss zur Anwendung, soweit sich nicht aus dem Folgenden etwas anderes ergibt.

§ 18. Der Steuerpflicht unterliegen auch 1. die nach § 5 Ziff. 1 des Einkommensteuergesetzes von der staatlichen

Einkommensteuer befreiten Personen, sofern ihr Einkommen den Betrag von 300 M., oder wenn sie verheiratet sind und mit dem Ehegatten einen gemein- samen Haushalt haben oder wenn sie unterhaltsberechtigten Personen ange1 messenen Unterhalt gewähren, den Betrag von 500 M. übersteigt.

Der § 19 des Einkommensteuergesetzes findet entsprechende Anwendung. Die Gemeinden können durch Ortsstatut Bestimmung treffen, dass den

niederen Einkommen in weiterem Umfang Steuerbefreiung oder Steuerermässi- gung gewährt wird und anderseits, dass auch die in Abs. 1 bezeichneten Per- sonen, welche Einkommen von über 200 M. bzw. 350 M. haben, zur Einkommen- steuer heranzuziehen sind.

2. Zweiganstalten der Reichsbank. Die Gemeinden sind berechtigt, den in § 5 Ziff. 2 des Einkommensteuer-

gesetzes bezeichneten Steuerpflichtigen (Veteranen) in der durch § 5 Ziff. 2 des Einkommensteuergesetzes bezeichneten Grenze Steuerbefreiung oder Steuer- ermässigung zu gewähren.

§ 19. Die Steuerpflicht gegenüber der einzelnen Gemeinde ist, soweit nicht die

Bestimmungen der §§ 20 - 23 des gegenwärtigen Gesetzes zutreffen, abhängig davon, dass der Wohnsitz oder Aufenthalt, welche nach den Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes Voraussetzung für die Besteuerung sind, in der be- treffenden Gemeinde genommen sind, und bei den in § 3 des Einkommensteuer- gesetzes bezeichneten Steuerpflichtigen, dass ihr Sitz in der betreffenden Ge- meinde sich befindet.

§ 20. Unbeschadet der Bestimmung in § 24 ist Einkommen aus Grundbesitz

steuerpflichtig nur in der Gemeinde, in welcher der Grundbesitz belegen, Ein- kommen aus Handel, Gewerbe oder Bergbau nur in der Gemeinde, in welcher sich der Sitz oder eine gewerbliche Betriebsstätte (§ 3 Abs. 2 des Doppelsteuer- gesetzes vom 22. März 1909) befindet.

§ 21. Das Einkommen aus dem Besitz oder Betrieb einer sich über mehrere

inländische Gemeinden erstreckenden Handels-, Gewerbe- oder Bergbauunter- nehmung ist in diesen Gemeinden nach folgenden Grundsätzen zur Einkommen- steuer heranzuziehen:

1. Wenn zwischen den beteiligten Gemeinden und dem Steuerpflichtigen eine Vereinbarung über die Versteuerung des Einkommens zustande kommt, ist diese massgebend.

2. Ist eine solche Vereinbarung nicht getroffen, so gelten folgende Be- stimmungen :

a) Bei Betrieben, die aus Handel und Fabrikation zusammengesetzt sind, ist das Gesamteinkommen auf diese beiden Betriebszweige je zur Hälfte zu ver- teilen, sofern sich nicht ergibt, dass hinsichtlich der Beteiligung an der Gewinn- erzielung der eine Betriebszweig hinter dem anderen erheblich zurückbleibt.

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Gemeindeabgabengesetz für das Fürstentum Reuss ä. L. vom 21. Dezember 1911. 379

Erstrecken sich auch die dem Handel oder die der Fabrikation dienenden Anlagen auf mehrere Gemeinden, so findet für die weitere Verteilung des Ein- kommens eines jeden dieser Betriebszweige unter die beteiligten Gemeinden die nachfolgende Vorschrift unter b Anwendung.

b) In allen anderen Fällen wird das Einkommen nach Verhältnis der in den einzelnen Gemeinden erwachsenen Ausgaben an Gehältern, Löhnen und Tantiemen festgestellt; erstreckt sich auch die einzelne Betriebsstätte, innerhalb deren Ausgaben an Gehältern, Löhnen und Tantiemen erwachsen, über den Bezirk mehrerer Gemeinden, so findet die Verteilung unter diese Gemeinden nach Lage der örtlichen Verhältnisse unter Berücksichtigung des Flächenver- hältnisses und der den beteiligten Gemeinden durch das Vorhandensein der Betriebsstätte erwachsenen Gemeindelasten statt.

§ 22. Die Ermittlung der in § 21 gedachten Ausgaben an Löhnen, Gehältern

und Tantiemen erfolgt in dreijährigem Durchschnitt nach Einsicht eines den steuerberechtigten Gemeinden von dem Unternehmer bzw. dem Gesellschafts- vorstande jährlich mitzuteilenden Verteilungsplanes. In denselben sind nicht nur diese Ausgaben einzustellen, sondern es sind auch die Höhe des gesamten Reineinkommens und die für die Verteilung nach § 21 massgebenden Umstände anzugeben.

§ 23. Bei der Heranziehung der Steuerpflichtigen zur Einkommensteuer in ihren

Wohnsitz-(Aufenthalts-)Gemeinden ist derjenige Teil des Gesamteinkommens ausser Betracht zu lassen, welcher nach § 20 in den Belegenheits- bzw. Betriebs- gemeinden nachweislich zu versteuern ist.

Die Gemeinde, in welcher der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz (Aufenthalt) hat, ist jedoch, wenn das steuerpflichtige Einkommen weniger als ein Viertel des Gesamteinkommens beträgt, berechtigt, ein volles Viertel des Gesamtein- kommens für sich zur Besteuerung in Anspruch zu nehmen; das auf die Be- legenheits- oder Betriebsgemeinden entfallende Einkommen erleidet hierdurch keine Verkürzung.

§ 24. Sind mehrere Wohnsitzgemeinden vorhanden, in welchen sich der Steuer-

pflichtige im Laufe des vorausgegangenen Rechnungsjahres mindestens drei Monate aufgehalten hat, so haben diese Gemeinden an dem nicht nach § 20 anderweit steuerbaren Einkommen Anspruch zu gleichen Teilen.

Im übrigen gelten für die Einschätzung von Personen mit mehrfachem Wohnsitz innerhalb oder innerhalb und ausserhalb des Fürstentums die Grund- sätze der §§ 20 und 23 Abs. 1 mit der Massgabe, dass die Bestimmung des § 23 Abs. 2 sinngemäss zur Anwendung kommt, wenn in einer der beteiligten Gemeinden der auf sie entfallende Teil des Gesamteinkommens weniger als ein Viertel desselben beträgt.

§ 25. Bezüglich des Beginns und Erlöschens der Einkommensteuerpflicht, ins-

besondere auch bei Wegzug und Zuzug und bezüglich der Veränderung der Steuer innerhalb des Veranlagungsjahres sind die für die Staatssteuer geltenden Vorschriften des Einkommensteuergesetzes massgebend.

Neuanziehende, welche keinen Wohnsitz begründen, sind nur steuerpflichtig, wenn ihr Aufenthalt die Dauer von drei Monaten übersteigt und solchenfalls mit rückwirkender Kraft von Beginn des auf den Zuzug folgenden Monats an.

Ausländer sind im Falle des § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes schlechthin steuerpflichtig mit Beginn des auf den Zuzug folgenden Monats.

§ 26. Gemeindeeinkommensteuern dürfen mit den aus §§ 27, 28, 30 sich ergeben-

den Ausnahmen nur auf Grund der Veranlagung erhoben werden, welche nach 84Í)

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380 Gtemeindeabgabengesetz für das Fürstentum Reuss ä. L. vom 21. Dezember 1911.

dem Einkommensteuergesetz vom heutigen Tage (vgl. insbesondere auch § 73) erfolgt ist.

Eine auf Grund der Einlegung von Rechtsmitteln sowie auf Grund der §§ 57, 58 des Einkommensteuergesetzes erfolgte Erhöhung oder Ermässigung des veranlagten Einkommens zieht eine entsprechende Aenderung des Ein- kommens bezüglich der Gemeindesteuer ohne weiteres nach sich. Bezüglich der von der Staatssteuer befreiten Gemeindesteuerpflichtigen (§18 Ziff. 1 dieses Gesetzes) entscheidet über Anträge auf Steuerermässigung oder Inabgangstellung auf Grund der §§ 58, 59 Ziff. 2 des Einkommensteuergesetzes in Verbindung mit § 25 Abs. 1 dieses Gesetzes der Gemeindevorstand. Gegen dessen Verfügung findet binnen einer Ausschlussfrist von zwei Wochen Berufung an die zunächst vorgesetzte Aufsichtsbehörde statt, welche endgültig entscheidet.

§ 27.

Natürliche oder nichtphysische Personen, die das stehende Gewerbe des Klein-(Detail-)Handels mit Waren aus mehr als einer der folgenden vier Waren- gruppen :

a) Material- und Kolonialwaren, Ess- und Trinkwaren und Genussmittel, Tabak und Tabakfabrikate (auch Rauchutensilien), Apothekerwaren, Farbwaren, Drogen and Parfümerien;

b) Garne und Zwirne, Posamentierwaren, Schnitt-, Manufaktur- und Mode- waren, gewebte, gestrickte, gewalkte und gestickte Waren, Bekleidungs- gegenstände, Wäsche jeder Art, Betten, Möbel jeder Art, Vorhänge, Teppiche, Möbelstoffe und die zu deren Verarbeitung dienende An- fertigung von Zimmerdekorationen ;

c) Haus-, Küchen- und Gartengerätschaften, Oefen, Glas-, Porzellan-, Stein- gut- und Tonwaren, Möbel jeder Art und die dazu dienenden Möbel- stoffe, Vorhänge und Teppiche;

d) Gold-, Silber- und sonstige Juwelierwaren, Kunst-, Luxus-, Galanterie- waren, Papp- und Papierwaren, Bücher und Musikalien, Waffen, Fahr- räder, Fahr-, Reit- und Jagdutensilien (Patronen und Pulver gelten nicht als Jagdutensilien), sonstige Sportartikel, Nähmaschinen, Spiel- waren, optische, physikalische, medizinische und musikalische Instru- mente und Apparate

betreiben und einen Jahresumsatz von 100,000 M. oder mehr im Detailhandel erzielen, oder ohne Rücksicht auf die Höhe des Umsatzes diejenigen, die in einer Gemeinde des Fürstentums im kleinen Waren auch nur einer der ge- nannten Warengruppen von mehr als einer Verkaufsstätte aus oder in einer Niederlassung eines auswärtigen gewerblichen oder landwirtschaftlichen Unter- nehmens feilbieten, haben, auch wenn ihr tatsächlicher Reingewinn geringer ist, mindestens 7 Proz. des in diesen Waren erreichten Jahresumsatzes als Ein- kommen aus diesem Detailhandel zu versteuern.

Teilhaber von Erwerbsgesellschaften, welche die juristische Persönlichkeit nicht besitzen, fallen unter diese Bestimmungen schon dann, wenn der ent- sprechende Umsatz der ganzen Gesellschaft 100,000 M. oder mehr beträgt. Das nach dem Umsätze zu berechnende Einkommen ist den Teilhabern im Ver- hältnis ihres Anteils am Reingewinne zuzurechnen.

Wird neben dem Detailhandel der Verkauf im grossen betrieben, so ist der vom Steuerpflichtigen nachzuweisende und nach den Bestimmungen des Gemeindeabgabengesetzes festzustellende Reingewinn aus dem Grosshandel dem nach den vorhergehenden Sätzen ermittelten Einkommen hinzuzurechnen; ebenso ist das übrige, insbesondere das aus anderen Quellen erzielte, steuerbare Rein- einkommen hinzuzuschlagen.

Bei den vorstehenden Berechnungen werden die Ergebnisse der der Steuer- veranlagung vorausgehenden drei Geschäftsjahre unter entsprechender An- wendung des § 10 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes zugrunde gelegt.

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Gemeindeabgabengesetz für das Fürstentum Reuss ä. L. vom 21. Dezember 1911. ßgj

§ 28.

Die Gemeinden sind berechtigt, durch Ortsstatut zu bestimmen, dass ge- werbliche Grossbetriebe mit einem im Gemeindebezirk beschäftigten Anlage- und Betriebskapital von mindestens 300,000 M. einen bestimmten Prozentsatz dieses Kapitals, höchstens jedoch drei vom Hundert, als Mindesteinkommen zu versteuern haben.

Bei mehreren Gesellschaftsteilhabern wird der Gesamtsteuerbetrag auf i ed en von ihnen nach Verhältnis seines Gesellschaftsanteiles umgelegt.

Anlage- und Betriebskapital ist der Kapitalwert aller Vermögensgegen- stände, welche dem Betriebe dauernd zu dienen bestimmt sind, ohne Abzug der Schulden.

§ 27 letzter Absatz findet entsprechende Anwendung. Die Bestimmungen dieses Paragraphen finden auf Bankbetriebe keine

Anwendung. § 29.

Durch die für die Veranlagung zur Staatssteuer berufenen Behörden hat nach Gehör der beteiligten hierländischen Gemeindevorstände auch die Ver- teilung des Gesamteinkommens unter die in den Fällen der §§ 20 ff. des gegen wärtigen Gesetzes konkurrierenden Besteuerungsgemeinden zu erfolgen. Gegen die Verteilung finden nach den Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes die Rechtsmittel der Berufung und der Beschwerde statt. Sie stehen auch den beteiligten Gemeinden zu.

§ 30. Die Besteuerung des Einkommens der Eisenbahnen in den Gemeinden

wird durch besonderes Gesetz geregelt.

§31. In der Regel sind der Besteuerung in den Gemeinden die in dem Tarif

des Einkommensteuergesetzes festgesetzten Steuersätze zugrunde zu legen und gleichmässige Prozente derselben zu erheben.

Unter besonderen örtlichen Verhältnissen sind Aenderungen des Steuer- tarifs durch Ortsstatut zulässig. Die Stufen des Steuertarifs des Einkommen- steuergesetzes dürfen nicht abgeändert werden. Unbeschadet der Vorschrift des § 18 Ziff. 1 Abs. 3 dürfen die einzelnen Sätze des Staatssteuertarifs nicht um mehr als Vs erhöht oder 73 ermässigt werden.

§ 32. Den Gemeinden sind Vereinbarungen mit Steuerpflichtigen gestattet, wo-

nach von fabrikmässigen Betrieben an Stelle der Gemeindeeinkommensteuer ein für mehrere Jahre im voraus zu bestimmender fester jährlicher Steuerbetrag zu entrichten ist oder solche Betriebe zeitweise von der Einkommensteuer be- freit sein sollen.

§ 33. Die Vorschriften der §§ 68 und 69 Abs. 1, 3 und 4 des Einkommensteuer-

gesetzes finden sinngemässe Anwendung.

§ 34. Zur Untersuchung und Entscheidung über Zuwiderhandlungen im Sinne

von § 33 dieses Gesetzes sind die Gerichte zuständig, sofern nicht der Steuer- pflichtige freiwillig die von dem Gemeindevorstande vorläufig festgesetzte Geld- strafe und die durch das Verfahren gegen ihn entstandenen Kosten innerhalb einer ihm bekannt gemachten Frist an die Gemeindekasse zahlt.

Die Festsetzung der Nachsteuer steht dem Gemeindevorstand zu, gegen dessen Beschluss nach Massgabe des § 45 Beschwerde zulässig ist.

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382 Gremeindeabgabengesetz für das Fürstentum Reuss ä. L. vom 21. Dezember 1911.

§ 35. Die nach den vorstehenden Paragraphen verwirkten Geldstrafen werden

unabhängig von den wegen Hinterziehung der Staatssteuer verwirkten Geld- strafen erkannt und fliessen in die betreffende Gemeindekasse.

b) Gemeindegrundsteuer. § 36.

Die Gemeindegrundsteuer wird erhoben in gleichmässigen Prozenten der aus dem Grundsteuerkataster sich ergebenden Grundsteuersätze von den der Grundsteuer nach dem Gesetze vom 9. Mai 1857 und seinen Nachträgen unter- worfenen Grundstücken.

Die Befreiung nach § 4 Ziff. b des genannten Gesetzes tritt dann nicht ein, wenn das Grundeigentum der Kirchen, Pfarreien oder Schulen in einer politischen Gemeinde liegt, welche nicht zu dem betreffenden Kirchgemeinde-, Pfarr- oder Schulbezirk gehört.

§ 37. Falls die Gemeindeeinkommensteuer nach Prozenten der Staatssteuer er-

hoben wird, wird bei Bemessung der Grundsteuer ein Normalsteuersatz von 1,5 Pf. auf die Steuereinheit zugrunde gelegt. Besteht ein besonderer Ge- meindesteuertarif, so wird der Normalgrundsteuersatz durch Fürstliche Landes- regierung entsprechend anderweit festgesetzt.

In der Regel sind von den Normalgrundsteuersätzen gleiche Prozente wie von den Einkommensteuersätzen zu erheben.

Abweichungen von der vorstehenden Vorschrift bedürfen der Genehmigung Fürstlicher Landesregierung. Die Abweichungen sind nur aus besonderen Gründen zu gestatten. Bei dieser Genehmigung ist besonders in Rücksicht zu ziehen, inwieweit Aufwendungen der Gemeinde (insbesondere für den Bau und die Unterhaltung von Strassen und Wegen, für Ent- und Bewässerungsanlagen, für Verzinsung und Tilgung der zu derartigen Zwecken aufgenommenen Schulden) in überwiegendem Masse dem Grundbesitz zum Vorteil gereichen sowie, ob bereits eine Ausgleichung durch Erhebung von Gebühren oder Beiträgen oder nach § 16 Abs. 2 dieses Gesetzes erfolgt.

c) Gemeindegewerbesteuer. § 38.

Von den Gemeinden kann auf Grund besonderer Ortsstatute der Gewerbe- betrieb mittels Wanderlagern oder Warenauktionen nach dem Gesetz vom 18. April 1879 (Ges.-Samml. S. 91) besteuert werden.

Unberührt bleiben die Bestimmungen der bestehenden Ortsstatute, betreffend die Erhebung einer Gewerbesteuer vom Betriebe der Gastwirtschaft, Schank- wirtschaft, sowie des Kleinhandels mit Branntwein oder Spiritus. Derartige Steuern dürfen nicht neu eingeführt oder, wo sie bestehen, nicht erhöht werden.

Vierter Titel.

Steuerfestsetzung und Steuererhebung. § 39.

Ueber die Festsetzung und Hebung der indirekten Steuern und Gewerbe- steuern ist in den Ortsstatuten Bestimmung zu treffen.

Im übrigen gelten folgende Vorschriften.

§ 40. Die Festsetzung des auf jeden Steuerpflichtigen entfallenden Jahresbetrags

an Steuern (Veranlagung) erfolgt durch den Gemeindevorstand. 852

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Çemeindeabgabengesetz für das Fürstentum Reuss ä. L. vom 21. Dezember 1911. ßgg

§ 41.

Die Bekanntmachung der zur Erhebung kommenden Grundsteuern erfolgt durch eine vom Gemeindevorstand in ortsüblicher Weise zu bewirkende Ver- öffentlichung der Anzahl von Pfennigen, welche von jeder Steuereinheit zu entrichten sind.

Die Bekanntmachung der Einkommensteuern, welche in Form von Zu- schlägen zur Staatseinkommensteuer erhoben werden, erfolgt durch den Ge- meindevorstand für diejenigen Steuerpflichtigen, bezüglich deren die staatlich veranlagte Steuer die unveränderte Grundlage der Prozente oder Zuschläge bildet, durch ortsübliche Veröffentlichung der von der Staatssteuer zu ent- richtenden Prozente, für andere Steuerpflichtige durch besondere Mitteilung.

Bei Erhebung der Einkommensteuer nach einem besonderen Steuertarif geschieht die Bekanntmachung durch den Gemeindevorstand für die im Ge- meindebezirk wohnenden steuerpflichtigen physischen Personen mittels Aus- legung der Hebeliste während eines zweiwöchigen Zeitraums in einem oder mehreren, in ortsüblicher Weise zur öffentlichen Kenntnis zu bringenden Räumen des Gemeindebezirks, für die übrigen Steuerpflichtigen durch besondere Mitteilung.

Bei Steuerpflichtigen, welche der Staatssteuer nicht unterliegen, bedarf es stets besonderer Mitteilung unter Bezeichnung der zulässigen Rechtsmittel. Ferner ist besondere Mitteilung bei Zugängen erforderlich.

Durch Gemeindebeschluss kann an Stelle der Bekanntmachung nach Abs. 1 - 3 eine besondere Mitteilung an jeden einzelnen Pflichtigen angeordnet werden.

§ 42. Nach erfolgter Bekanntmachung ist die Steuer in den ersten acht Tagen

eines jeden Monats zu entrichten. An Stelle des Monats kann durch Gemeinde- beschluss eine zwei- oder dreimonatliche Hebeperiode eingeführt werden. Auch können durch Gemeindebeschluss bestimmte Hebungstage innerhalb der acht- tägigen Frist festgesetzt werden.

Dem Pflichtigen ist stets die Vorausbezahlung der Steuer bis zum ganzen Jahr esb etra ge gestattet.

§43. Im übrigen finden auf die Erhebung der Gemeindeeinkommensteuer § 64

Abs. 2 und 3 und § 65 des Einkommensteuergesetzes entsprechende Anwendung.

Fünfter Titel.

Rechtsmittel. § 44.

Beschwerden, welche sich gegen die Höhe des einer Veranlagung zugrunde liegenden Einkommens oder die Anzahl der aus den Staatssteuerkatastern sich ergebenden Grundsteuereinheiten richten, können nur durch Einlegung der nach den betreffenden Staatssteuergesetzen gegebenen Rechtsmittel zur Geltung ge- bracht werden.

§45. Im übrigen steht den Abgabepflichtigen, soweit in besonderen Ortsstatuten

nicht abweichende Bestimmungen enthalten sind, gegen die Heranziehung zu Gebühren, Beiträgen und Steuern Beschwerde an die zunächst vorgesetzte Auf- sichtsbehörde zu. Die Beschwerde ist binnen einer Ausschlussfrist von vier Wochen bei dem Gemeindevorstand einzulegen.

Der Lauf der Frist beginnt: 1. soweit die Bekanntmachung durch Auslegung der Hebelisten erfolgt

ist, mit dem ersten Tage nach Ablauf der Auslegungsfrist; 853

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2. soweit eine besondere Mitteilung vorgeschrieben ist, mit dem ersten Tage nach erfolgter Mitteilung;

3. in allen übrigen Fällen mit dem ersten Tage nach der Aufforderung zur Zahlung bzw. Leistung.

Erachtet der Gemeindevorstand die Beschwerde für begründet, so hat er ihr abzuhelfen.

Andernfalls hat er, gegebenenfalls mit einer Aeusserung zur Beschwerde- begründung, die Akten an die Aufsichtsbehörde abzugeben.

Gegen den Bescheid der Aufsichtsbehörde steht dem Gemeindevorstand und dem Steuerpflichtigen binnen einer Frist von 14 Tagen nach Eröffnung oder Empfang des Bescheides weitere Beschwerde an Fürstliche Landesregierung zu.

Letztere entscheidet endgültig.

Sechster Titel.

Nachforderung von Gemeindeabgaben.

§ 46. Auf die Nachforderung von Gemeindeeinkommensteuern findet der § 67

des Einkommensteuergesetzes sinngemässe Anwendung. Die Nachschätzung des steuerbaren Einkommens liegt in allen Fällen den Staatsbehörden gemäss § 67 des Einkommensteuergesetzes obt selbst dann, wenn die betreffenden Steuer- pflichtigen von der Staatssteuer befreit sind. Ist nach den Bestimmungen des § 67 des Einkommensteuergesetzes eine Nachsteuer für den Staat festgesetzt, so ist das hierbei festgestellte steuerbare Einkommen ohne weiteres auch für die Gemeindenachsteuer massgebend. Der Gemeinde vorstand setzt die nachzu- zahlenden Beträge fest, und zwar einheitlich für den Zeitraum, auf den sich die Verpflichtung erstreckt.

§ 47. Hat infolge einer nachträglichen Veranlagung (§ 67 des Einkommensteuer-

gesetzes) eine Erhöhung der ursprünglich vom Staate veranlagten Steuer statt- gefunden, so kann die hieraus entspringende Nachforderung der Gemeinde nur innerhalb der Frist von einem Jahre, welche mit dem Tage der endgültigen Entscheidung über die Erhöhung der Steuer beginnt, erhoben werden.

§48. Die Gemeinden sind berechtigt, auch andere Abgaben, welche gar nicht

oder mit einem zu geringen Betrag erhoben sind, nachzufordern. Diese Be- rechtigung beschränkt sich auf die Frist von vier Jahren seit dem Ablauf des- jenigen Jahres, in welchem die Forderung entstanden ist.

Die Nachforderung von Naturaldiensten ist, sofern die Nachleistung nach den Zwecken der zu leistenden Dienste überhaupt möglich ist, auf die Dauer des laufenden Rechnungsjahres beschränkt.

Siebenter Titel.

Zwangsmittel.

§ 49. Gebühren, Beiträge, Steuern und Kosten unterliegen der Beitreibung im

Verwaltungszwangsverfahren. Sind Naturaldienste zu leisten, so ist der Gemeindevorstand bei Säumnis

der Pflichtigen neben den ihm sonst etwa noch eingeräumten Befugnissen be- rechtigt, die Dienste durch Dritte leisten und die entstehenden Kosten von den Pflichtigen im Verwaltungszwangsverfahren beitreiben zu lassen.

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Page 12: Gemeindeabgabengesetz für das Fürstentum Reuss ä. L. Vom 21. Dezember 1911

Gemeindeabgabengesetz für das Fürstentum Reuss ä. L. vom 21. Dezember 1911. ggg

Achter Titel. Schlussbestimmungen.

§ 50. Alle in dem gegenwärtigen Gesetze vorgeschriebenen Fristen sind Aus-

schlussfristen. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der Frist ist nach Massgabe des § 75 des Einkommensteuergesetzes zulässig.

§ 51. Zur Vermeidung von Doppelbesteuerungen bei Heranziehung zu direkten

Gemeindesteuern im Fürstentum und einem anderen deutschen Bundesstaat ist Fürstliche Landesregierung ermächtigt, Vereinbarungen zu treffen und Anord- nungen zu erlassen, durch welche die Steuerpflicht unter Wahrung des Grund- satzes der Gegenseitigkeit auch abweichend von den im Fürstentum geltenden Vorschriften geregelt wird.

Die beteiligten inländischen Gemeinden sollen vorher gehört werden. Für solche Gemeinden eines deutschen Bundesstaats, in denen eine Sonde-

rung von Staats- und Gemeindesteuern nicht stattfindet, kommt diese Bestimmung siüngemäss zur Anwendung.

§ 52. Der § 76 des Einkommensteuergesetzes findet entsprechende Anwendung.

§ 53. Das Rechnungsjahr für den Gemeindehaushalt beginnt mit dem 1. April

und schliesst mit dem 31. März.

§ 54. Dieses Gesetz tritt zugleich mit dem Einkommensteuergesetz vom heutigen

Tage in Kraft. Die Gemeinden sind verpflichtet, die Statuten, Regulative usw. über die

Aufbringung von Gebühren, Beiträgen, indirekten und direkten Steuern mit den Vorschriften dieses Gesetzes in Uebereinstimmung zu bringen.

Zu diesem Behufe können die zur Ausführung des gegenwärtigen Gesetzes erforderlichen Beschlüsse schon vor dem Inkrafttreten desselben im voraus ge- fas8t und die dadurch bedingten Anordnungen und Entscheidungen der Behörden nach Massgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes getroffen werden.

Mit dem Inkrafttreten des gegenwärtigen Gesetzes treten alle demselben entgegenstehenden gesetzlichen Bestimmungen ausser Kraft. Wo in den Ge- setzen auf diese Bestimmungen Bezug genommen ist, kommen diejenigen des gegenwärtigen Gesetzes sinnentsprechend zur Anwendung.

§ 55. Die zur Ausführung dieses Gesetzes erforderlichen Bestimmungen hat

Fürstliche Landesregierung zu treffen.

Finanzarchiv. XXIX. Jahrg. 855 25

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