Rauchfreie Gastronomie
Friedrich J. Wiebel
3. Deutsche Konferenz für Tabakkontrolle
7.-8. Dezember 2005
Heidelberg
Rauchfreie Gastronomie?
Brennpunkt Nichtraucherschutz in der Gastronomie
hohe Belastung von Personal und Gästen
geringste Regelung zum Nichtraucherschutz
bevorzugtes Trainingsfeld für die Jugend zum Rauchen (Diskos, Szenekneipen)
letzte und stärkste Bastion der Tabakindustrie gegenden Schwund der soziale Akzeptanz des Rauchens
Umfrage in Speisegaststätten
befragte Gaststätten
3621
mit Nichtraucherplätzen
6,6 %
„Nichtraucher-freundliche“ Speisegaststätten in Deutschland
Tische Raum
Nichtraucher- rauchfreie Gaststätte
gesamtNichtraucher-freundlich Stadt
befragteGaststätt.
Großstädte 3340 90 (2,7%) 88 (2,6%) 4 (0,2%) 182 (5,5%)
Kleinstädte 262 13 (4,9%) 8 (3,2%) 0 21 (8,0%)
Küche
Deutsch 1591 39 (2,4%) 60 (3,7%) 2 (0,1%) 101 (6,3%)
Ausländisch 2050 66 (3,2%) 41 (2,0%) 2 (0,1%) 109 (5,3%)
Umfrage in Eiscafés
befragte Eiscafés
212
mit Nichtraucherplätzen
9,4 %
„Nichtraucher-freundliche“ Eiscafés in Deutschland
gesamtNichtraucher-freundlich
Nichtraucher-befragteEiscafés
rauchfreie EiscafésStadt Tische Raum
Berlin
Hannover
Bremen
München
Münster
Stuttgart
47 3 0 2 5 (10,6%)
34 1 1 0 2 (5,8%)
28 2 1 0 3 (10,7%)
23 2 0 0 2 (8,7%)
20 2 2 0 4 (20,0%)
18 2 0 0 2 (11,1%)
Rauchfreie Gastronomie im Ausland
Raucherräume zulässigvollständiges Rauchverbot
Irland
Norwegen
Neuseeland
9 US-Staaten
7 australische Territorien
7 kanadische Provinzen
Bhutan
Schottland (ab 2006)
Italien
Schweden
Malta
Katalonien (ab 2006)
Belgien (2007)
Großbritannien (ab 2009)
Widerstände im Gastgewerbe gegen Rauchverbote
hoher Prozentsatz an Rauchern unter den Beschäftigenim Gastgewerbe)
PROPORTION OF SMOKERS IN THE STAFF VERSUS NATIONAL PROPORTION OF SMOKERS
(%)
55%50%
56% 54% 55% 54%
29%
35% 35% 36%
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
BE (n = 386) FIN (n = 366) FR (n = 387) GE (n = 387) SP (n = 201) TOTAL (n = 1727)
Smokers proportion in the staff Smokers proportion in national adult population
Anteil der Raucher im Gastgewerbeund in der Bevölkerung
= Gastgewerbe = Bevölkerung
Widerstände im Gastgewerbe gegen Rauchverbote
hoher Prozentsatz an Rauchern unter den Beschäftigenim Gastgewerbe
Furcht vor Umsatzeinbußen bei umfassendemRauchverbot
Profit aus dem Verkauf von Tabakwaren (Automaten)
Einflussnahme der Tabakindustrie auf das Gastgewerbe
PROGRAMM: RESTAURANTSPhilip Morris (1991)
Ziele:
Aktivierung der Verbände des Gastgewebes
- bei der Regierung Lobbyarbeit gegen gesetzlicheRauchverbote zu betreiben
- bei ihren Mitgliedern „freiwillige Selbstverpflichtungen“ zu propagieren
Einflussnahme der Tabakindustrie auf das Gastgewerbe
PROGRAMM: RESTAURANTSPhilip Morris (1991)
Ziele:
Aktivierung der Verbände des Gastgewebes
- bei der Regierung Lobbyarbeit gegen gesetzlicheRauchverbote zu betreiben
- bei ihren Mitgliedern „freiwillige Selbstverpflichtungen“ zu propagieren
Botschaften:
Gesetzgebung vermeidenGesetzliche Rauchverbote kosten den Restaurants Geld
Widerstände im Gastgewerbe gegen Rauchverbote
hoher Prozentsatz an Rauchern unter den Beschäftigenim Gastgewerbe
Furcht vor Umsatzeinbußen bei umfassendemRauchverbot
Profit aus dem Verkauf von Tabakwaren (Automaten)
relativ geringes Bewusstsein für die Gesundheits-schädlichkeit des Passivrauchens
MEAN TROUBLE SCORE (question 12., score max. = 5) n = 1675
3,40
2,602,44
1,52 1,51
0,00
0,50
1,00
1,50
2,00
2,50
3,00
3,50
4,00
4,50
5,00
FIN (n = 334) BE (n = 381) FR (n = 369) SP (n = 201) GE (n = 390)
Score
Punk
tzah
len
Kenntnisse über die akuten Gesundheitsschäden durch Passivrauchen
(Augenbrennen, Husten, Kopfschmerzen, Übelkeit, Atembeschwerden)
Hürde für einen gesetzlichen Nichtraucherschutz der Gäste
Vereinbarung der Bundesregierung mit dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA)
Das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherheit verzichtet bis zum 1.3.2008 auf eine Initiative zur Einführung eines gesetzlichen Rauchverbotes im Gastgewerbe.
Der Hotel- und Gaststättenverband verpflichtet sich, auf seine Mitgliedsbetriebe und die Gesamtbranche einzuwirken,dass stufenweise bis zum 1.3.2008 mindestens 90% aller Speisebetriebe 50% des Platzangebotes für Nichtraucherbereit gehalten wird.
Mängel der Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und DEHOGA
Einschränkungen in der Vereinbarung :
- nur „Nichtraucherbereiche“ – nicht rauchfreien Bereiche
- nur 50% des Platzangebotes für Nichtraucher
- nur Speisegaststätten - nicht Trinklokale, Bars, Diskos etc.
- nur Speisegaststätten einer bestimmten Größe (über 75 qm Gastfläche oder 40 Sitzplätze)
- nur Erfolgskontrolle bei Mitgliedsbetrieben des DEHOGA
- nur unverbindliche Vereinbarung, keine Sanktionen
Hürde für den gesetzlichen Nichtraucher-schutz der im Gastgewerbe Beschäftigen
Arbeitsstättenverordnung (3. Okt. 2002)
§ 5aNichtraucherschutz
(1) Der Arbeitgeber hat die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die nichtrauchenden Beschäftigten in Arbeitsstätten wirksam vor den Gesundheitsgefahren durch Tabakrauch geschützt sind.
(2) In Arbeitsstätten mit Publikumsverkehr hat der Arbeitgeber Schutzmaßnahmen nach Absatz 1 nur insoweit zu treffen, als die Natur des Betriebs und die Art der Beschäftigunges zulassen.
Fehlender gesetzlicher Nichtraucherschutz für die im Gastgewerbe Beschäftigen
Auslegung des §5a Abs. 2 ArbStättV durch den Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA):
....teilen wir Ihnen gerne mit, dass der DEHOGA davon ausgeht, dass die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen im Gastgewerbe nicht vom Regelungsbereich der Arbeitsstättenverordnung erfasst sind.“
Quelle: Antwortschreiben des DEHOGA an den Ärztlichen Arbeitskreis Rauchen und Gesundheit e.V. vom 24.9.03
Verankerung des Nichtraucherschutzes im Gaststättengesetz?
§ 5
Auflagen
(1) Gewerbetreibenden, die einer Erlaubnis bedürfen, können jederzeit Auflagen zum Schutze
1. der Gäste …. gegen Gefahren für Leben,Gesundheit….
2. der im Betrieb Beschäftigten gegen Gefahrenfür Leben, Gesundheit….
erteilt werden.
Gaststättengesetz, 20. Nov. 1998, BGBI. I S. 3418
Wahrung der Verhältnismäßigkeit bei der Nichtraucherschutz-Gesetzgebung
Güterabwägung
Gesundheitunternehmerische Entscheidungs-
freiheit
Wahrung der Verhältnismäßigkeit bei der Nichtraucherschutz-Gesetzgebung
Güterabwägung
Gesundheitunternehmerische Entscheidungs-
freiheit
Schädigung der Gesundheit durch
Passivrauchen
Einkommensverlustedurch Rauchverbote
Wahrung der Verhältnismäßigkeit bei der Nichtraucherschutz-Gesetzgebung
Güterabwägung
Gesundheitunternehmerische Entscheidungs-
freiheit
Schädigung der Gesundheit durch
Passivrauchen
Einkommensverlustedurch Rauchverbote
Belastung durch Tabakrauch-Partikel
Referenz/Quelle pm2.5 (µg/m3)
Bierzelte (Wies‘n)
Bistro im ICE/Bahn
Restaurants
Nichtraucherbereichin Restaurants (2/3)
Nichtraucher Wohnung
82 - 105
25 - 86
15 - 108
10 - 60
3 - 5
Geruchsschwelle
Reizung von Auge,Nase und Rachenraum
0,6 - 1,4
4,4
Junker et al. 2001
Junker et al. 2001
ÄARG, NID, 2005
ÄARG, 2005
ÄARG, 2005
Lambert et al.1993
ÄARG, 2005
Belastung durch Tabakrauch-Partikel
Referenz/Quelle pm2.5 (µg/m3)
Bierzelte (Wies‘n)
Bistro im ICE/Bahn
Restaurants
Nichtraucherbereichin Restaurants (2/3)
Nichtraucher Wohnung
82 - 105
25 - 86
15 - 108
10 - 60
3 - 5
Geruchsschwelle
Reizung von Auge,Nase und Rachenraum
0,6 - 1,4
4,4
Junker et al. 2001
Junker et al. 2001
ÄARG, NID, 2005
ÄARG, 2005
ÄARG, 2005
Lambert et al.1993
ÄARG, 2005
Zur Wirksamkeit der Trennung von Raucher- und Nichtraucherbereichen
Pinkler Nicht-Pinkler
Schädigung der Atemwege durch Passivrauchen im Gastgewerbe
(Heiserkeit, Husten, Auswurf, Atembeschwerden)
Beschäftige im Gastgewerbe:
stärker betroffen als Beschäftigte in anderen Berufszweigen 1)
stärker in Gaststätten betroffen, in denen geraucht werden darf,als in Gaststätten mit partiellen oder vollständigen Rauchverbot 2)
weisen nach Vollzug von Rauchverboten eine starke Abnahme der Symptome auf 3)
1) Fidan et al, Tob Control (2004) 13:1612) Dimich et al., Scand. J. Work Envir Health (2005) 31: 753) Eisner et al., JAMA,(1998) 280:1909
Passivrauchen als tödliches Risiko für Beschäftigte im Gastgewerbe
höhere Aufnahme des tabakspezifischen, krebserregenden Nitrosamins NNK an Arbeitstagen 1)
höheres Lungenkrebsrisiko (50%) als bei Beschäftigten in anderen Berufszweigen 2)
50-70 Todesfälle in Deutschland (Krebs, Herzkreislauf-krankheiten, COPD) 3)
1) Tulunay et al. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev (2005) 14:12832) Siegel, JAMA (1993) 270:4903) eigene Schätzung nach Daten von Keil et al., 2005
Wahrung der Verhältnismäßigkeit bei der Nichtraucherschutz-Gesetzgebung
Güterabwägung
Gesundheitunternehmerische Entscheidungs-
freiheit
Schädigung der Gesundheit durch
Passivrauchen
Einkommensverlustedurch Rauchverbote
Veröffentlichungen zu den ökonomischen Folgen von Rauchverboten im Gastgewerbe (A)
Scollo M, Lal A, Hyland A & Glantz S. A review of the quality of studies on the economic effects of smoke-free policies on the hospitality industry, Tobacco Control, 2003;12:13-20
Hopkins, DP, Briss PA, Ricard CJ, et. al. Reviews of Evidence Regarding Interventions to Reduce Tobacco Use and Exposure to Environmental Tobacco Smoke. Am J Prev Med 2001;20(2S)
Glantz SA, Charlesworth A. Tourism and hotel revenues before and after passage of smoke-free restaurant ordinances. JAMA 1999; 281:1911-1918.
Hyland A, Cummings KM, Nauenberg E. Analysis of taxable sales receipts: was New York City's smoke-free air act bad for restaurant business? J Pub Health Mgmt Prac 1999; 5:14-21.
Hyland A, Cummings KM. Restaurant employment before and after the New York City smoke-free air act. J Pub Health Mgmt Prac 1999; 5:22-27.
Hyland A, Cummings KM. Restaurant reports of the economic impact of the New York City smoke-free air act. J Pub Health Mgmt Prac 1999; 5:37-41.
Bartosch WJ, Pope GC The economic effect of smoke-free restaurant policies on restaurant businesses in Massachusetts. J Pub Health Mgmt Prac 1999; 5: 53-62.
Sciacca JP, Ratliff MI. Prohibiting smoking in restaurants: effects on restaurant sales. Amer J Health Prom 1998; 12: 176-184.
Veröffentlichungen zu den ökonomischen Folgen von Rauchverboten im Gastgewerbe (B)
Goldstein AO, Sobel RA. Environmental tobacco smoke regulations have not hurt restaurant sales in North Carolina. NC Med J 1998; 284: 284-287.
Biener L, Siegel M. Behavior intentions of the public after bans on smoking in restaurants and bars. AJPH 1997; 87: 2042-2044.
Glantz SA, Smith LRA. The effect of ordinances requiring smoke-free restaurants and bars on revenues: a follow-up. AJPH 1997; 87: 1687-1693.
Enz CA, Corsun DL, Young CA. The politics of smoking: findings or agenda. Cornell Hotel and Rest Admin Q 1996; 37: 8-12.
Evans MK. Review of Cornell survey on smoking bans in New York City: executive summary. Cornell Hotel and Rest Admin Q 1996; 37: 8-9.
Corsun DL, Young CA, Enz CA. Should NYC's restaurateurs lighten up? Effects of the city's smoke-free air act. Cornell Hotel and Rest Admin Q 1996; 37: 25-33.
Sciacca JP. A mandatory smoking ban in restaurants: concerns versus experiences. J Comm Health 1996; 21: 133-150.Ellis GA, Hobart RL, Reed DF. Overcoming a powerful tobacco lobby in enacting local smoking ordinances: The Contra Costa County experience. J Pub Health Policy 1996; 17: 28-46.
Huant P, Tobias S, Kohout S, et al. Assessment of the impact of a 100% smoke-free ordinance on restaurant sales - West Lake Hills, Texas, 1992-1994. MMWR 1995; 44:370-372.
Veröffentlichungen zu den ökonomischen Folgen von Rauchverboten im Gastgewerbe (C)
Glantz SA, Smith LRA. The effect of ordinances requiring smoke-free restaurants on restaurant sales. AJPH 1994; 84: 1081-1085. Erratum AJPH 1997; 87: 1729-1730.
Rigotti NA, Stoto MA, Schelling TC. Do businesses comply with a no-smoking law? Assessing the self-enforcement approach. Prev Med 1994; 23: 223-229.gegen staatliche Rauchverbote
The 30 percent myth. Consumer Reports May 1994; 320.
Sciacca JP, Eckrem M. Effects of a city ordinance regulating smoking in restaurants and retail stores. J Comm Health 1993; 18:175-182.
Stanwick RS, Thomson MP, et al. The response of Winnipeg retail shops and restaurants to a bylaw regulating smoking in public places. Canadian J Pub Health 1988; 79: 226-230.
Sämtliche 22 Studien zeigen, dass Rauchverbote im Gastgewerbe nicht geschäftsschädigend sind.
Das Gastaufkommen in Restaurants, Trinklokalen und Bars hat sich nach dem Rauchverbot in Irland, Norwegenund Italien nicht verändert.
Güterabwägung: größeres Gewicht der Gesundheit als der Berufsfreiheit
Gesundheit
unternehmerische Entscheidungs-
freiheit
freiwilligeVereinbarungen
gesetzlicherNichtraucherschutz
Zusammenfassung
Der Schutz der Gesundheit von Gästen und Personal erfordert ein vollständiges Rauch-verbot in Einrichtungen der Gastronomie.
Ein solches Verbot ist im Einklang mit derVerfassung.
Vergangenheit und Gegenwart
Zukunft