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Friedrich Georg Houtermans (1903–1966) – Ein … · 1927 erlangten neben Fritz Houtermans auch...

Date post: 18-Sep-2018
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F riedrich Georg Houtermans (Abb. 1), von seinen Eltern Fritz gerufen und später von seinen Freunden „Fissel“, wurde am 22. Januar 1903 in Danzig geboren. Sein Va- ter Dr. Otto Houtermans (1878–1936), ein holländischer Ju- rist, hatte von seinem Vater ein ansehnliches Vermögen und ein Villengrundstück in Sopot geerbt. Fritz’ Mutter Elsa Wanek (1878–1942) wurde in Wien geboren und wuchs dort auf. Ihre Mutter wiederum gehörte der in Wien bekannten jü- dischen Familie Karplus an, die „Das Wiener Tageblatt“ he- rausgab. Der Unterschied in den Lebensauffassungen des wohlha- benden Vaters und der liberal-intellektuellen Mutter war of- fenbar zu groß, um dauerhaft überbrückbar zu sein. Elsa Wanek behagte das Leben in Wohlstand und Nichtstun in Sopot nicht. Die Eheleute ließen sich nach dreijähriger Ehe scheiden, und sie ging mit dem Sohn zurück nach Wien. Sie engagierte sich für die Emanzipation der Frauen, studierte Chemie und Biologie und schrieb eine Dissertation zum Thema „Ist reines Wasser gefährlich?“. Fritz Houtermans besuchte das Akademische Gymnasium in Wien. Nachdem er am l. Mai 1919 im Foyer des Gymnasi- ums aus dem „Kommunistischen Manifest“ rezitiert hatte, wurde er von der Schule verwiesen und kam für die letzten zwei Schuljahre in die „Freie Schulgemeinde Wickersdorf“ (Thüringen), die 1906 von Gustav Wyneken gegründet wor- den war. Dieses Landerziehungsheim orientierte sich an der Naturwissenschaftliche Rundschau | 56. Jahrgang, Heft 4, 2003 187 KONZEPTE UND GESCHICHTE . Friedrich Georg Houtermans (1903–1966) – Ein bedeutender Physiker des 20. Jahrhunderts Fritz Houtermans – der Einzelgänger holländisch-österreichischer Abstammung, der den verdienten Erfolg niemals erreichte. Otto Robert Frisch [1] Fritz Houtermans, „Mischling 2. Grades“, eine faszinierende Persönlichkeit mit großem Intellekt und Wiener Charme, voller Ideen und Humor, Vertreter des emanzipierten Bürgertums der 20er Jahre des vorigen Jahrhunderts, war sowohl ein Physiker von internationalem Rang als auch glühender Gegner des Nationalsozialismus. Bis zu seiner Verhaftung durch den sowjetischen Geheimdienst (NKWD, 1937) im Rahmen der großen Stalinistischen „Säuberung“ war er Bewunderer der revolutionären Umwandlung des feudalen Russland und aktives Mitglied der KPD. Nachdem er in seinem politischen und privaten Leben bereits „viele kleine Tode gestorben“ war, fand sein wissenschaftliches Leben eine späte Erfüllung im Aufbau der „Berner Schule“ als Ordinarius für Physik der Universität Bern. Unter seinen etwa 140 wissenschaft- lichen Veröffentlichungen finden sich grundlegende Beiträge zur Kernphysik, zur Astrophysik und zur radiometrischen Altersbestimmung. Konrad Landrock, Coswig (Sachsen) Abb. 1. Friedrich Georg Houtermans (22. Januar 1903, Danzig – 1. März 1966, Bern) als Ordinarius für Physik der Universität Bern.
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Friedrich Georg Houtermans (Abb. 1), von seinen Eltern

Fritz gerufen und später von seinen Freunden „Fissel“,

wurde am 22. Januar 1903 in Danzig geboren. Sein Va-

ter Dr. Otto Houtermans (1878–1936), ein holländischer Ju-

rist, hatte von seinem Vater ein ansehnliches Vermögen und

ein Villengrundstück in Sopot geerbt. Fritz’ Mutter Elsa

Wanek (1878–1942) wurde in Wien geboren und wuchs dort

auf. Ihre Mutter wiederum gehörte der in Wien bekannten jü-

dischen Familie Karplus an, die „Das Wiener Tageblatt“ he-

rausgab.

Der Unterschied in den Lebensauffassungen des wohlha-

benden Vaters und der liberal-intellektuellen Mutter war of-

fenbar zu groß, um dauerhaft überbrückbar zu sein. Elsa

Wanek behagte das Leben in Wohlstand und Nichtstun in

Sopot nicht. Die Eheleute ließen sich nach dreijähriger Ehe

scheiden, und sie ging mit dem Sohn zurück nach Wien. Sie

engagierte sich für die Emanzipation der Frauen, studierte

Chemie und Biologie und schrieb eine Dissertation zum

Thema „Ist reines Wasser gefährlich?“.

Fritz Houtermans besuchte das Akademische Gymnasium

in Wien. Nachdem er am l. Mai 1919 im Foyer des Gymnasi-

ums aus dem „Kommunistischen Manifest“ rezitiert hatte,

wurde er von der Schule verwiesen und kam für die letzten

zwei Schuljahre in die „Freie Schulgemeinde Wickersdorf“

(Thüringen), die 1906 von Gustav Wyneken gegründet wor-

den war. Dieses Landerziehungsheim orientierte sich an der

Naturwissenschaftliche Rundschau | 56. Jahrgang, Heft 4, 2003 187

K O N Z E P T E U N D G E S C H I C H T E .

Friedrich Georg Houtermans (1903–1966) –Ein bedeutender Physiker des 20. JahrhundertsFritz Houtermans – der Einzelgänger holländisch-österreichischer Abstammung, der den verdienten Erfolg niemals erreichte. Otto Robert Frisch [1]

Fritz Houtermans, „Mischling 2. Grades“, eine faszinierende Persönlichkeit mit großem Intellekt

und Wiener Charme, voller Ideen und Humor, Vertreter des emanzipierten Bürgertums der 20er

Jahre des vorigen Jahrhunderts, war sowohl ein Physiker von internationalem Rang als auch

glühender Gegner des Nationalsozialismus. Bis zu seiner Verhaftung durch den sowjetischen

Geheimdienst (NKWD, 1937) im Rahmen der großen Stalinistischen „Säuberung“ war er

Bewunderer der revolutionären Umwandlung des feudalen Russland und aktives Mitglied der

KPD. Nachdem er in seinem politischen und privaten Leben bereits „viele kleine Tode

gestorben“ war, fand sein wissenschaftliches Leben eine späte Erfüllung im Aufbau der „Berner

Schule“ als Ordinarius für Physik der Universität Bern. Unter seinen etwa 140 wissenschaft-

lichen Veröffentlichungen finden sich grundlegende Beiträge zur Kernphysik, zur Astrophysik

und zur radiometrischen Altersbestimmung.

Konrad Landrock, Coswig (Sachsen)

Abb. 1. Friedrich Georg Houtermans (22. Januar 1903, Danzig – 1. März1966, Bern) als Ordinarius für Physik der Universität Bern.

Konzepte und Geschichte

Schweizer „Landsgemeinde“, der souveränen Volksver-

sammlung eines Kantons. Ziel war es, die bürgerliche Jugend

in Selbstbestimmung zu bilden und eine neue Jugendkultur

zu schaffen – weg vom „Untertan“. 1921 bestand Fritz Hou-

termans das Abitur „als Externer an der Oberrealschule in

Sonneberg (Thür.)“ [2].

Studium in Göttingen (1921–1927)Nach dem Abitur studierte Fritz Houtermans Physik in

Göttingen. Als Lehrer nannte er später „Hilbert, Courant,

Runge, Pohl, Franck, Born, Rausch von Traubenberg, Reich,

Tammann und Windaus“ [2]. 1926 erhielt er sein Diplom bei

James Franck, der 1925 zusammen mit Gustav Hertz den

Physik-Nobelpreis erhalten hatte. Das Thema seiner Arbeit

lautete „Über die Bandenfluoreszenz des Quecksilberdamp-

fes“. 1927 promovierte er mit magna cum laude mit der Dis-

sertationsschrift „Über die Bandenfluoreszenz und die licht-

elektrische Ionisierung des Quecksilberdampfes“ (vgl. S. 191,

Kasten 1).

Göttingen war neben München, Berlin und – ab 1927 –

Leipzig eines der herausragenden und international

berühmten Physik-Zentren Deutschlands. Die damalige Si-

tuation hat der Historiker Alan D. Beyerchen beschrieben [3].

1927 erlangten neben Fritz Houtermans auch Robert Oppen-

heimer, Walter M. Elsasser (beide bei Max Born) und Charlot-

te Riefenstahl (bei Gustav Tammann) den Doktortitel.

Robert Oppenheimer ging zurück in die USA. Fritz Hou-

termans bekam zunächst für ein Jahr eine Stelle als Hilfs-

assistent am 2. Physikalischen Institut in Göttingen mit ei-

nem Stipendium der Notgemeinschaft der Deutschen Wissen-

schaft und 1928 eine Stelle als Assistent (ab 1932 Oberassis-

tent) an der TH Berlin Charlottenburg. Charlotte Riefenstahl,

die er verehrte, während sie aufgrund dessen weltmänni-

scher Art für „Oppi“ schwärmte, ging für zwei Jahre in die

USA. Walter M. Elsasser bekam eine Einladung von Paul

Ehrenfest nach Leiden, wurde aber nach kurzer Zeit wieder

entlassen und von Fritz Houtermans in Berlin als Hilfs-

assistent eingestellt [4].

Bevor Fritz Houtermans nach Berlin ging, drängte er

Georg Gamow, der aus Leningrad nach Göttingen gekom-

men war, dessen Theorie der Emission von Alpha-Teilchen

aus radioaktiven Kernen zu präzisieren und zu erläutern. Die

gemeinsame Arbeit erschien 1928 [5]. Ebenfalls 1927 wurde

Fritz Houtermans Mitglied der KPD, der er bereits 1920/21 in

Wickersdorf kurzzeitig angehörte [6].

Als Assistent an der TH Berlin-CharlottenburgEbenso wie in Göttingen gab es in Berlin eine beein-

druckende Ansammlung von Naturwissenschaftlern und

Mathematikern an der Friedrich-Wilhelms-Universität, der

TH Berlin-Charlottenburg und den Kaiser-Wilhelm-Institu-

ten, einige auch in der Industrie (Siemens, AEG, Osram).

Hauptaufgabe von Fritz Houtermans war die Durchführung

des Fortgeschrittenenpraktikums, dessen Leitung bei Wil-

helm Westphal, Verfasser des in vielen Auflagen im Sprin-

ger-Verlag erschienenen Lehrbuch der Experimentalphysik, lag.

Der englische Astronom Robert d’E. Atkinson, der zu ei-

nem Gastaufenthalt in Deutschland weilte (seine Frau

Irmine von Holten kannte Fritz Houtermans bereits aus

Wickersdorf), war ebenfalls von Göttingen nach Berlin über-

gesiedelt und Assistent im Fortgeschrittenenpraktikum ge-

worden. 1929 beschäftigte sie, angeregt durch Arthur S. Ed-

dingtons 1926 erschienenes Buch The Internal Constitution

of Stars, die Bildung der Elemente in Sternen und die damit

verbundene Energieerzeugung. Sowohl Max von Laue (1928)

als auch J. Kudar (1929) hatten kurz zuvor versucht, dies un-

ter Annahme des umgekehrten Alpha-Zerfalls zu erklären,

fanden aber hierfür viel zu kleine Ausbeuten. Atkinson und

Houtermans nahmen als Ansatz den Einfang von Protonen

(H-Kernen) unter den für das Sterninnere angenommenen

physikalischen Bedingungen (1023 Protonen/m3; 10 bis 20 x

106 K) und fanden plausible Protonen-Halbwertszeiten von

8 s für Helium und 109 a für Neon und Werte für die beim Pro-

tonen-Einfang frei werdende Energie, mit denen die Energie-

abstrahlung der sonnenähnlichen Sterne erklärbar wurde.

Vor der Veröffentlichung verabredeten sie sich mit Georg

Gamow, dem Theoretiker, zu einem gemeinsamen Winter-

urlaub in Zürs (Vorarlberg, Österreich), um ihre Ergebnisse

durch Diskussion mit ihm abzusichern.

Georg Gamow überprüfte später die Arbeit und fand gute

Übereinstimmung der Ergebnisse mit danach bestimmten

Werten, obwohl ihnen (Gamow eingeschlossen) zwei Fehler

unterlaufen waren, die sich aber in der Wirkung aufhoben

und deshalb lange Zeit unbemerkt blieben: Für die Bestim-

mung der Wahrscheinlichkeit des Zusammenstoßes von Pro-

tonen mit Kernen benutzten sie den klassischen (zu kleinen)

geometrischen Wirkungsquerschnitt statt des quantentheo-

retischen Quadrats der de Broglie-Wellenlänge thermischer

Protonen bei der Temperatur im Sonneninneren. Zudem

schrieben sie die Emission von Photonen aus angeregten

Kernen Dipolübergängen zu. Zwei Jahre später fand man,

dass Kerne aus Protonen und Neutronen aufgebaut sind und

das sie umgebende Feld eher einem Quadrupol ähnelt, was

eine geringere Übergangs- (bzw. Emissions-)wahrscheinlich-

keit bedeutet.

Der Begriff „thermonukleare“ Reaktion wurde von Atkin-

son, Gamow und Houtermans geprägt [5].

Fast 10 Jahre später haben C. F. von Weizsäcker (1937) und

H. A. Bethe mit C. L. Critchfield (1938) alle für sonnenähnli-

che Sterne in Betracht kommenden Kernprozesse überprüft.

Sie konnten dabei neue Erkenntnisse einbeziehen, die ent-

weder theoretisch postuliert und mit den inzwischen verfüg-

baren Teilchenbeschleunigern bestätigt oder mittels dersel-

ben gewonnen worden waren, wie die Existenz von Neutron

und Positron als Kernteilchen, von Deuteron und Triton als

Teilchenkombinationen (Proton + Neutron bzw. Proton +

Neutron + Neutron) und die Möglichkeit des Elektronenein-

fangs durch Atomkerne (K-Strahler). Als ganz überwiegende

Energiequelle erkannten sie die Bildung von Helium-Kernen

(Alpha-Teilchen) aus Wasserstoff-Kernen (Protonen). Das

„Wasserstoffbrennen“ liefert in der „Wasserstoffkette“ (p-p-

Kette) 98,5% und im „CNO-Zyklus“ 1,5% der Sonnenenergie.

188 Naturwissenschaftliche Rundschau | 56. Jahrgang, Heft 4, 2003

Landrock: Friedrich Georg Houtermans (1903–1966) – Ein bedeutender Physiker des 20. Jahrhunderts

Naturwissenschaftliche Rundschau | 56. Jahrgang, Heft 4, 2003 189

G L O S S A R .

Alphateilchen: Atomkern des Heliumatoms, bestehend aus 2 Proto-nen (p) und 2 Neutronen (n).

Alphazerfall: Emission von Alphateilchen (Alphastrahlung; Symbol:α oder 4

2He aus radioaktiven Kernen, die zur Bildung von Kernen miteiner um 2 verringerten Kernladung (= Ordnungszahl im Perioden-system der chemischen Elemente) und um 4 verringerten Massenzahlführt.

Umgekehrter Alphazerfall: Einfang von Alphateilchen durch Atomker-ne, der zur Bildung schwererer Atomkerne und damit schwererer Ele-mente führt.

Autoradiographie: Zweidimensionale Abbildung der Aktivitätsver-teilung in radioaktiven oder radioaktiv markierten Proben mittels derSchwärzung lichtgeschützt verpackter photographischer Filme oderPlatten bzw. der Anregung szintillierender Schichten durch die ionisie-rende Strahlung, die durch die in der Probe befindliche(n), radioakti-ve(n) Substanz(en) emittiert wird.

Betazerfall: Zerfall eines Atomkerns unter Emission eines Elektrons(e– oder β–) und eines Antineutrinos (–νe) oder eines Positrons (e+ oderβ+) und eines Neutrinos (νe); im ersten Falle entsteht unter Umwand-lung eines Neutrons in ein Proton ein Kern mit der nächsthöherenKernladung (Ordnungszahl), im zweiten Falle unter Umwandlung ei-nes Protons in ein Neutron ein Kern der nächstniedrigeren Kernla-dung. Die emittierten Elektronen und Positronen nennt man auch Be-tastrahlung.

CNO-Zyklus: Reaktionszyklus im Wasserstoffbrennen (überwiegendaus dem Bethe-Weizsäcker-Zyklus bestehend), der bei höheren Tem-peraturen, d. h. in Sternen mit etwas größerer Masse als die der Sonne,überwiegt. Der als Katalysator benötigte Kohlenstoff wurde in der pri-mordialen Nukleosynthese einige Minuten nach dem Urknall im ex-pandierenden und sich dabei abkühlenden frühen Universum gebil-det, nachdem sich vorher Quarks zu Neutronen und Protonen (Was-serstoffkerne) vereinigten und danach das Deuteron, das Triton (Kerndes superschweren Wasserstoffs: Tritium; 3

1H, bestehend aus 1 Protonund 2 Neutronen), das Alphateilchen, Lithium-, Beryllium- und Bor-Kerne in Kernreaktionen entstanden.

Der CNO-Zyklus führt in 4 Teilzyklen zur Bildung von Kernen der Ele-mente bis Fluor, die aber im CNO-Zyklus immer wieder verbrauchtwerden. Die Bildung der Elemente bis 20

10Ne erfolgt im Heliumbrennen,das nach dem Wasserstoffbrennen in den dann kontrahierenden undsich dabei erhitzenden massereicheren Sternzentren einsetzt. Danachfolgen das Kohlenstoff-, das Neon-, das Sauerstoff- und das Silicium-brennen mit der Bildung der Elemente bis 56

26Fe. Die Bildung der Ele-mente durch Fusionsprozesse geladener Teilchen in nuklearen Brenn-phasen endet hier, da der Potentialwall (Coulombbarriere) schwerererKerne nicht mehr überwunden werden kann und die Bindungsenergiepro Nukleon bei Kernen der Elemente um Eisen ihr Maximum hat. DieKerne schwererer Elemente werden durch Neutroneneinfang, demmeist ein Beta-Zerfall folgt, und Photoneneinfang gebildet. In beidenFällen ist kein Potentialwall zu überwinden.

de Broglie-Wellenlänge: Nach Louis de Broglie (1924) muss nichtnur Photonen (wie von Einstein vorhergesagt), sondern allen Elemen-tar-Teilchen eine bestimmte Wellenlänge zugeordnet werden. DieEigenschaften eines Teilchens können durch eine Wellenfunktion (ψ)beschrieben werden: Die Wahrscheinlichkeit, ein Teilchen bei einembestimmten Wert von x, y, z und t (Raum-Zeit) anzutreffen, ist propor-tional dem Quadrat der Intensität der Welle ψ (x, y, z, t)2.

Einfangwirkungsquerschnitt (Absorptionswirkungsquer-schnitt): Wirkungsquerschnitt für den Einfang eines Teilchens durcheinen Kern, z. B. von einem Neutron in einem Atomkern [Neutro-neneinfang; (n, γ)].

Elektronenemission aus Festkörpern: Austritt von Elektronenaus Festkörpern durch Energiezufuhr (glühelektrischer und lichtelek-trischer Effekt) sowie durch Feld- und Sekundäremission.

Exoelektronenemission: Ohne äußere Energiezufuhr aus frischaufgedampften Metalloberflächen infolge eines exothermen Prozes-ses stattfindende Emission von Elektronen sehr geringer Energie undReichweite.

Feinstruktur: Durch die verschiedenen Einstellmöglichkeiten desSpins (Eigendrehimpuls) der Elektronen in der Atomhülle relativ zummagnetischen Bahnmoment bewirkte Aufspaltung der Spektrallinien.Hyperfeinstruktur: Noch feinere Aufspaltung der Spektrallinien, diedurch Wechselwirkung der Elektronenhülle mit den elektrischen undmagnetischen Kernmomenten (Kernspin) oder infolge der unter-schiedlichen Masse der Atomkerne der verschiedenen Isotope einesElements bewirkt wird.

Gammazerfall: Umwandlung eines energetisch angeregten Atom-kerns (X*) in den energetischen Grundzustand unter Aussendung vonPhotonen (energiereiche Quanten, Gammastrahlung, γ), wobei Kern-ladungs- und Massenzahl erhalten bleiben.

1/v-Gesetz: Es besagt, dass die Wirkungsquerschnitte der Wechsel-wirkung von Neutronen für nicht-resonante Reaktionen umgekehrtproportional der Neutronengeschwindigkeit v sind. Je nach ihrer Ge-schwindigkeit bzw. kinetischen Energie (relativ zu den Kernen der sieumgebenden Materie) unterscheidet man schnelle, langsame, thermi-sche und kalte Neutronen.

Ionisierende Strahlung: α-, β- und γ-Strahlung (direkt ionisie-rend) und Neutronenstrahlung (indirekt ionisierend), die – sofern siekeine Kernumwandlung bewirken – Atome der sie umgebenden Ma-terie ionisieren.

Isotope: Chemisch gleichartige Nuklide (Kernarten) eines Elements,die gleiche Ordnungszahl, aber unterschiedliche Massenzahl (d. h.unterschiedliche Anzahl von Neutronen) haben.

Isotopentrennung: Separierung der Isotope eines Elements mittelsphysikalischer Effekte, z. B. die unterschiedliche Diffusion durchMembranen oder die verschieden stark wirkende Zentrifugalkraft, waszur Anreicherung eines Isotops in der einen und Abreicherung in deranderen Fraktion führt.

Kernemulsion (Kernspuremulsion): Feinkörnige Photoemulsion ho-hen Bromsilbergehaltes, in der Bahnspuren ionisierender Teilchennach dem Entwickeln unter dem Mikroskop sichtbar werden.

Kernspaltung: Zerfall der Kerne bestimmter Isotope schwerer Ele-mente in 2, meist angeregte Spaltbruchstücke (Isotope leichterer Ele-mente), verbunden mit der Emission von Neutronen und Energiefrei-setzung in Form von ionisierender Strahlung, die unter anderem Wär-me erzeugt.

Löchertheorie: Nach Dirac ist das Vakuum ein „Elektronen-See“, indem alle Zustände negativer Energie aufgefüllt und alle Zustände po-sitiver Energie unbesetzt sind. Diese hat er Löcher genannt. DieLöcher verhalten sich wie Antiteilchen positiver Energie (Positronen).Beim Herausschlagen eines Elektrons aus dem Elektronen-See durchein Photon der Energie E > 2me · c2 wird gleichzeitig ein Positron ge-bildet (Paarbildung).

Maxwell-Boltzmann-Verteilung: Geschwindigkeitsverteilungder Atomkerne in einem nicht-relativistischen Gas (Plasma), das sichim thermodynamischen Gleichgewicht befindet.

Konzepte und Geschichte

Bei der Reaktion sollten auch Neutrinos freigesetzt werden,

deren Existenz W. Pauli 1931 postuliert hatte.

1930 veröffentlichten Robert d’E. Atkinson und Fritz

Houtermans eine zusammenfassende Darstellung der Theo-

rie des Alpha-Zerfalls schwerer Kerne und berechneten für

die Kerne der Nuklide der Uran-Radium-Zerfallsreihe die Di-

mensionen des jeweiligen Potentialwalls (proportional zur

Massenzahl). Im selben Jahr veröffentlichte Fritz Houter-

mans den Übersichtsartikel Neuere Arbeiten über die Quan-

tentheorie des Atomkerns [7].

1931/32 leistete er, zusammen mit M. Knoll und W. Schul-

ze, Beiträge zur Konstruktion magnetischer Linsen für Elek-

tronenmikroskope. Fritz Houtermans und Max Knoll erhiel-

ten darauf ein Patent. Eugen Ruska hat 1974 in einem Bericht

über die Vor- und Frühgeschichte des Elektronenmikroskops

Fritz Houtermans und Max Knoll als diejenigen erwähnt, die

als erste die de Broglie-Wellenlänge des Elektrons als die phy-

sikalische Größe bei der Betrachtung der Auflösung von Elek-

tronenmikroskopen erkannt und eingeführt haben [8].

1932, als Oberassistent bei Gustav Hertz, wirkte Fritz Hou-

termans mit an der Entwicklung der Isotopentrennung in

Diffusionskaskaden, indem er seine Kenntnisse in der Atom-

spektroskopie, die er bei James Franck in Göttingen erwor-

ben hatte, anwandte, um den Grad der Anreicherung anhand

der Spektren der angeregten Isotope zu bestimmen. Er war

der erste, der die Hyperfeinstruktur künstlich getrennter Iso-

tope maß [9], und habilitierte sich mit der Schrift Über die

Isotopie-Hyperfeinstruktur am Neon zum (Privat-)Dozenten

für Physik. 1933 berichtete er über Untersuchungen an

fluoreszierenden Stoffen mittels modulierten Lichts. Von da

an ließ ihn die Lichtabsorption durch angeregte Atome oder

Moleküle – ein Problem, das eng verknüpft ist mit den Vor-

gängen in Lasern – nie ganz los.

Privatleben in BerlinFritz Houtermans und Charlotte Riefenstahl fanden doch

zueinander. Sie heirateten im August 1930 in Batumi, einem

Schwarzmeerbadeort am Südhang des Kaukasus. Trauzeu-

gen waren Wolfgang Pauli und Dmitri Iwanenko [10]. Zuvor

hatten sie am l. Allunions-Physikerkongress der UdSSR in

Odessa teilgenommen. Über 800 Kollegen kamen damals

dort zusammen, darunter neben den bereits genannten A.

Sommerfeld, F. Simon, I. Tamm und Y. Frenkel. Rudolf Peier-

ls und seine spätere Frau Genia (Eugenia) Kannegieser, Phy-

sikerin aus Leningrad, waren ebenfalls zugegen. Die Exkursi-

on am Ende des Kongresses hatte sie dann alle übers

Schwarze Meer nach Batumi gebracht [11].

In Berlin waren 1931/32 Houtermans’ für ihre Gastfreund-

schaft bekannt und berühmt. Fritz Houtermans mit seinem

Wiener Charme, seinem Humor, dem Talent, Witze zu er-

190 Naturwissenschaftliche Rundschau | 56. Jahrgang, Heft 4, 2003

Polarisation von e–-e+-Paaren: Ausrichtung von Elektronen undPositronen im sie umgebenden elektromagnetischen Feld.Radioaktivität: Zerfall von instabilen Atomkernen unter Aussendungionisierender Strahlung. In der Natur gibt es 268 im energetischenGrundzustand stabile (Atom-)Kernarten [Halbwertszeit (HWZ) > 1015

Jahre] sowie 14 natürlich radioaktive Elemente (HWZ um 4,5 Mrd. Jahre/Alter des Sonnensystems), ferner natürlich radioaktive Isotope innatürlich vorkommenden Isotopengemischen eines Elementes (z. B. 3H,40K) sowie radioaktive Folgeprodukte der natürlichen Zerfallsreihen.Seit 1932 wurde eine große Zahl radioaktiver Kernarten durch Kern-reaktionen künstlich hergestellt. Alle bekannten Kernarten (Nuklide)werden mit ihren wichtigsten Eigenschaften in Nuklidkarten (ähnlichdem Periodensystem der chemischen Elemente) dargestellt.Resonanz: Bei einer Resonanz werden bestimmte Konfigurationendes Atomkerns durch ein mit ihm in Wechselwirkung tretendes Teil-chen mit einer charakteristischen Energie bzw. dessen Welle (Welle-Teilchen-Dualismus) zu besonders starken „Schwingungen“ angeregt,wodurch das Teilchen im Vergleich zu gleichartigen Teilchen andererEnergien besonders stark absorbiert wird (der Wirkungsquerschnittfür die Kernreaktion wird bei dieser Energie besonders groß; z. B.: Ein-fang schneller Neutronen durch 238U-Kerne).Unat: Das gegenwärtig in der Natur vorkommende Uran: Isotopenge-misch aus 235U (0,71%) und 238U (99,29%). Infolge der unterschiedli-chen Halbwertszeiten der beiden Isotope hat sich ihr Verhältnis imLaufe der Erdgeschichte zu Ungunsten des 235U verschoben. Beim an-gereicherten und hochangereicherten (kernwaffenfähigen) Uran wur-de der Gehalt an 235U durch Isotopentrennung erhöht. Die nach derIsotopentrennung verbleibende Fraktion mit sehr geringem Gehalt anspaltbarem 235U bezeichnet man als abgereichertes Uran (verwendetzur Abschirmung ionisierender Strahlung, als Trimmgewicht in Flug-zeugen, für panzerbrechende Munition).

Wasserstoffbrennen: Erste Brennphase eines Sterns, in derWasserstoffkerne (Protonen) zu Heliumkernen fusioniert („verbrannt“)werden. Wichtigster Prozess ist die pp-Kette genannte (Kern-)Reakti-onskette, die einsetzt, wenn nach der ursprünglichen Kontraktion derMaterie aus den interstellaren Gas- und Staubwolken zu Sternendurch Gravitationsanziehung ausreichend hohe Temperaturen undDrücke vorliegen, um das Wasserstoffbrennen zu zünden:p + p > d + e+ + νd + p > 3He + γ3He + 3He > 4He + p + p (zu 86%) und 3He + α > 7Be + γ (zu 14%)

[p = Proton; d = Deuteron, Kern des schweren Wasserstoffs (Deuterium) 21H;

e+ = Positron; ν = Neutrino; γ = Gammaquant (Photon); 3He = Heliumisotop mit

instabilem Kern aus 2 Protonen und 1 Neutron]

In der pp-Kette werden 4 Protonen zu einem Heliumkern plus 2 Po-sitronen plus 2 Neutrinos verbrannt. Die in Form von Gammaquantenund Neutrinos frei werdende Energie Q dieser Kernreaktionskette be-trägt 26,73 MeV.Wechselwirkung: Wirkung von Teilchen aufeinander. Es gibt 4 fun-damentale Arten der Wechselwirkung: starke, elektromagnetische,schwache und Gravitationswechselwirkung.Wirkungsquerschnitt: Maß für die Wahrscheinlichkeit des Statt-findens einer Streuung eines Teilchens an einem anderen oder Maßfür eine bestimmte Kernreaktion (Symbol: σ, Maßeinheit: 1 barn = 10–28 m2). Der quantentheoretische Wirkungsquerschnitthängt stark von der Art der Wechselwirkung ab. Er kann größer oderkleiner sein als der geometrische Wirkungsquerschnitt σG (für 1H + p istσG = 0,21 · 10–28 m2, für 238U + 238U ist σG = 8,16 · 10–28 m2). Wenn dieWechselwirkung schwach ist, wird der quantentheoretische Wir-kungsquerschnitt äußerst klein (z. B. Neutrinostreuung an Atomker-nen: 10–15 barn); er kann aber bei Wirken der starken Wechselwirkungsehr groß werden [z. B. (n, α)-Reaktionen an Atomkernen: 107 barn].

Landrock: Friedrich Georg Houtermans (1903–1966) – Ein bedeutender Physiker des 20. Jahrhunderts

zählen, und seinem beeindruckenden Vermögen, Ideen zu

gebären, zog Leute an – eine nicht unwesentliche Rolle spiel-

ten hierbei – es war die Zeit der Weltwirtschaftskrise – auch

die finanziellen Zuwendungen seines Vaters. Man traf sich

bei Houtermans’ zur „Kleinen Nachtphysik“. Wolfgang Pauli

kam zu Besuch, ebenso Georg Gamow und Lev Landau.

Michael Polanyi und Alexander Weissberg, Eva Striker (später

kurzzeitig Ehefrau Alexander Weissbergs und danach in den

USA die bekannte Künstlerin Eva Zeisel) und der Schriftstel-

ler Manès Sperber gehörten ebenso zur Runde, wie vermut-

lich auch Robert Rompe, Paul Rosbaud (wissenschaftlicher

Berater der Zeitschrift „Metallwirtschaft“ mit vielen Kontak-

ten, auch zum britischen Geheimdienst [12]), Leo Szilard

und Eugene P. Wigner. Fritz Houtermans’ politische Genos-

sen des konspirativ agierenden BB-Ressorts des Apparates

der KPD (BB steht für Betriebsberichterstattung), auch ge-

tarnt als „Klub der Geistesarbeiter“ (KdG), Dr. Felix Bobek,

Dr. Günther Kromrey, Dr. Walter Caro, Dr. Fritz Eichenwald

und andere, dürften sich ebenfalls unter die Gäste gemischt

haben [6]. Wilhelm Walcher, 1932 Hilfsassistent im Fortge-

schrittenenpraktikum, erinnert sich noch heute gern und

ohne jeden Beigeschmack an diese anregenden Abende [13].

1931 lernte Fritz Houtermans Victor Weisskopf (1908–

2002) kennen, der als Assistent von Erwin Schrödinger für ein

Semester in Berlin weilte [14]. 1932 kam das Töchterchen

Giovanna zur Welt („Epsilon“ genannt, „weil sie so klein ist“

[13, 15]).

1933, mit der Machtübernahme Hitlers am 30. Januar, än-

derte sich das Leben radikal. Nationalsozialistische Studen-

ten durchsuchten Wohnungen jüdischer oder „verdächtiger“

Kommilitonen und Dozenten. Juden und „politisch Unzuver-

lässige“ wurden von den Hochschulen und aus allen staatli-

chen Einrichtungen vertrieben (Gesetz zur Wiederherstel-

lung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933).

Max von Laue half vielen jüdischen Kollegen und Studen-

ten, im Ausland Kontakte zu knüpfen und dort Beschäftigung

zu finden. Fritz Houtermans half mit, war aber nicht imstan-

de, für sich selbst etwas zu tun. Als Victor Weisskopf von Wien

über Berlin nach Cambridge reiste, wurde er von Charlotte

Houtermans um Hilfe gebeten. Er stellte die Verbindung zu

EMI (Electrical and Musical Instruments Ltd., bekannt durch

die Marke „His Master’s Voice“) in Hayes, Middlesex, her. Lei-

ter des dortigen EMI Television Laboratory war Sir Isaac

Schoenberg, der 1914 aus Russland nach England emigriert

und dort als Industrie-Wissenschaftler und Fernseh-Pionier

erfolgreich war [10].

Emigration: Hayes, Charkov; NKWD-HaftFritz Houtermans ging im Sommer 1933 über Kopenha-

gen nach England. Charlotte folgte ihm nach Cambridge, wo

sie die Blacketts wiedertrafen, mit denen sie zuvor in Göttin-

gen zusammengekommen waren. Sie lernten Guiseppe

Occhialini (Mitarbeiter Patrick M. S. Blacketts bei der Vervoll-

kommnung der Blasenkammer) kennen, der bereits in Cam-

bridge lebte.

Naturwissenschaftliche Rundschau | 56. Jahrgang, Heft 4, 2003 191

K A S T E N 1 : .

A R B E I T S F E L D E R .

V O N F R I E D R I C H G E O R G H O U T E R M A N S .

Göttingen 1921–1927Studium, Diplom und Promotion an der Universität, Hilfsassistentam 2. Physik. Institut– Bandenfluoreszenz des Quecksilberdampfes – Emission von Alphateilchen aus radioaktiven Kernen

(beides bei James Franck)– Theorie der Emission von Alpha-Teilchen (mit Georg Gamow)

Berlin 1927–1933Assistent, später Oberassistent an der TH Berlin-Charlottenburg– Studium stellarer Prozesse– Theorie der thermonuklearen Reaktion (mit Atkinson, Gamow)– Theorie des Alpha-Zerfalls schwerer Kerne

(mit Robert d’E. Atkinson)– „Neuere Arbeiten über die Quantentheorie des Atomkerns“– Beiträge zur Konstruktion magnetischer Linsen für Elektronen-

mikroskope (mit M. Knoll, W. Schulze)– Isotopentrennung in Diffusionskaskaden

(als Mitarbeiter von G. Hertz)– Untersuchungen zur Hyperfeinstruktur künstlich getrennter

Isotope (Habilitationsarbeit)

Hayes 1933–1935Wissenschaftler am EMI Television Laboratory – Arbeiten u. a. über Lichtverstärkung

Charkov 1935–1937 und Haft 1937–1940 (Moskau, Kiev, Charkov, Moskau)Wissenschaftler am Ukrainischen Physikalisch-TechnischenInstitut in Charkov– Arbeiten über langsame Neutronen (mit Valentin Fomin)– Studien zur Zahlentheorie (in der Haft)

Berlin 1940–1944Mitarbeiter im „Laboratorium für Elektronenphysik“ (Manfred von Ardenne), Gast an der Physikalisch-TechnischenReichsanstalt (ab Mitte 1942)– Arbeiten über Isotopentrennverfahren– Geheimbericht „Zur Frage der Auslösung von Kernkettenreak-

tionen“, in der die Spaltbarkeit des Plutoniums vorausgesagtwurde

– Arbeiten zur Neutronenphysik und der Metrologie vonNeutronenquellen (mit Ilse Bartz)

Ronneburg 1944–1945 Mitarbeiter an der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt, Abtl. Kernphysik (ausgelagert)– Arbeiten zur Neutronenphysik

Göttingen 1945–1951zunächst „kriegswichtige Forschung“ (bei H. Kopfermann, R. Becker), dann Dozent an der Universität Göttingen– Neutronenphysik– über die Möglichkeiten der experimentellen Beobachtung einer

sehr geringen Variation der β-Zerfallskonstante (mit P. Jordan)– „Über die Thermische Dissoziation des Vakuums“

(mit J. H. D. Jensen)– Arbeiten zur Bestimmung des Alters von Uran

Bern 1952–1966Ordinarius für Physik an der Universität Bern– Gründung der „Berner Schule“. Schwerpunkt: Anwendung

der Radioaktivität für Geowissenschaften, Astrophysik,Kosmochemie

Konzepte und Geschichte

Im Forschungslabor von EMI versuchte Fritz Houtermans,

Einsteins 1909 formulierte Hypothese zu überprüfen, nach

der ein Lichtstrahl beim Durchlaufen eines Gases, das die

„richtige Art“ von angeregten Atomen enthält, nicht abge-

schwächt, sondern verstärkt wird. Nach dem Durchbrennen

eines teuren Transformators musste er die Versuche jedoch

abbrechen. Bei einem Erfolg wäre möglicherweise der Laser

20 Jahre früher erfunden worden [1].

Das ländlich-sittliche Leben in Hayes und der geregelte

Arbeitstag bei EMI waren für Fritz Houtermans völlig unge-

wohnt. Das als Isolation empfundene beschauliche Dasein

währte allerdings nur wenige Wochen. Die Sorge um Freun-

de, die sich noch in Deutschland befanden, teilten die Hou-

termans’ mit anderen, so dass bald wieder Leben im Hause

war. Gleichgesinnte Freunde und Kollegen kamen aus Lon-

don, um gemeinsam Hilfe zu organisieren: Aufstellung von

Namenslisten und Biographien Gefährdeter, Gespräche mit

möglichen Arbeitgebern, Veranlassung schriftlicher Appelle

namhafter Kollegen, Inhaftierte freizulassen. Im Mai 1933

war der Academic Assistance Council (AAC) von W. Beveridge,

A. V. Hill und anderen (darunter 7 Nobelpreisträger) gegrün-

det worden, um Mittel einzuwerben und praktische Hilfe zu

gewähren. 1936 umbenannt in Society for the Protection of

Science and Learning, hatte die Gesellschaft Ende des Zwei-

ten Weltkriegs 2541 Emigranten mit akademischem Grad in

Naturwissenschaften (science) in ihren Listen erfasst. 20 von

ihnen erhielten später den Nobelpreis, und mehr als 50 wur-

den Fellows of the Royal Society („Hitlers Geschenk“: [16]).

Fritz Houtermans’ Gehalt bei EMI war sehr großzügig be-

messen, so dass er nicht nur ideelle, sondern auch finanziel-

le Hilfe leistete. Die Gästeküche seiner Wohnung verwandel-

te er in eine Dunkelkammer, und er entwickelte zusammen

mit Fritz Lange, der vor 1933 Hochspannungsphysik bei der

AEG in Berlin betrieben hatte [17] und nun ebenfalls im La-

bor von EMI arbeitete, ein Verfahren, um ganze Seiten der

Londoner Times auf Briefmarkengröße zu verkleinern und

auf diese Weise die verbotene andere Sicht auf die Gescheh-

nisse nach Deutschland zu senden. In Deutschland tat Felix

Bobek das Gleiche [18].

Bei den Blacketts in London lernten Houtermans unter

anderem die französischen Physiker Pierre Auger, Jean Perrin

und Frédéric Joliot-Curie kennen. Aber all das vermochte

nicht, das Leben an einer Universität, den Gedankenaus-

tausch, die geistige Inspiration durch wissenschaftliche Dis-

pute zu ersetzen. So fiel Sascha Leipunskis (sowjet. Physiker,

1903–1972) Werben für das 1927 gegründete Ukrainische

Physikalisch-Technische Institut in Charkov auf fruchtbaren

Boden; er war mit einem Stipendium 2 Jahre im Rutherford-

Labor in Cambridge und verbrachte seine Wochenenden in

Hayes. Auch Alex Weissberg (Schulfreund, seit 1931 dort)

schrieb begeistert aus Charkov. Ewig von 8 a. m. bis 5 p. m.

für „His Master’s Voice“ zu arbeiten, war für Fritz Houter-

mans ganz und gar nicht verlockend. Eine Ausreise in die

USA, ohne den Ruf an eine Universität oder ein Stipendium,

vermutlich auch aufgrund seiner politischen Biographie, war

nicht möglich. So schien eine neue Tür geöffnet worden zu

sein. Die Konditionen klangen gut (eine ordentliche Profes-

sur und die Leitung des Kernphysikalischen Labors), zumal

inzwischen auch sein Gehalt gekürzt worden war, damit

mehr Emigranten eingestellt werden konnten. Fritz Houter-

mans ignorierte alle Warnungen. Insbesondere Wolfgang

Pauli (der Walter Elsassers Erfahrungen bei dessen halbjähri-

gem Aufenthalt 1930 und auch die Viktor Weisskopfs von ei-

nem Besuch im Jahre 1932 kannte) versuchte, ihm das Aben-

teuer auszureden. Houtermans’ fuhren also 1935 in die Sow-

jetunion und fühlten sich zunächst wohl in Charkov, vermut-

lich auch, weil sein Kollege Fritz Lange ebenfalls dorthin

übersiedelte. Am 4. November 1935 wurde Sohn Jan geboren.

Namhafte Kollegen arbeiteten im Physikalisch-Techni-

schen Institut: K. D. Sinielnikow als Direktor, A. Leipunski,

L. D. Landau, I. W. Kurtschatow, I. Pomerantschuk, A. Weiss-

berg, H. Hellmann, M. Ruhemann, G. Placzek (als Gast) und

L. Shubnikow, um nur einige zu nennen. Fritz Houtermans’

engster Mitarbeiter wurde Valentin P. Fomin (1906–1937). Er

hatte in Deutschland Physik studiert, Fritz Houtermans hatte

ihn bereits in Berlin kennen gelernt. Sie untersuchten Wech-

selwirkungen von Neutronen mit Materie; unter anderem

maßen sie Absorptionswirkungsquerschnitte und deren

Temperaturabhängigkeit (1936 erschienen 5 gemeinsame

Veröffentlichungen, 1937 noch eine). Aus den Messungen

folgerten sie, dass im thermischen Bereich der Absorptions-

wirkungsquerschnitt für Neutronen in Silber und Bor dem

1/v-Gesetz folgt, während Cadmium eine Resonanz aufwei-

sen sollte. In einem wasserstoffhaltigen Moderator, wie Pa-

raffin oder Wasser, folgt bei Raumtemperatur und darüber

das Neutronenspektrum grob einer Maxwell-Boltzmann-

Verteilung, während in flüssigem Wasserstoff nicht das ther-

mische Gleichgewicht erreicht wird. Diese Grundlagenfor-

schung bekam nach Entdeckung der Kernspaltung Bedeu-

tung für den Aufbau und die Dimensionierung von „Uran-

maschinen“.

Dann tat sich ein Abgrund auf. Einer nach dem anderen

wurde vom Geheimdienst NKWD (Narodnij Komitet po

Wnutrenich Djel = Volkskomitee für Innere Angelegenheiten)

inhaftiert, darunter auch Alex Weissberg im März 1937. An-

deren, wie Georg Placzek mit österreichischem Pass, gelang

es, gerade noch rechtzeitig zu emigrieren.

Charlotte Houtermans versuchte auf einer Reise nach

England, ihre dortigen Freunde und Bekannten auf die be-

drohliche Situation aufmerksam zu machen und eine Einla-

dung für Fritz Houtermans zu erwirken, musste aber erfolg-

los zurückkehren. Kurz darauf nahm sich Fritz Houtermans’

Mitarbeiter Valentin Fomin, der zu einer „Befragung“ abge-

holt werden sollte, das Leben. Fritz Houtermans war zutiefst

erschüttert und befürchtete das Schlimmste für sich und sei-

ne Familie. Er fuhr nach Moskau – Lev Landau war bereits

dort –, weil der Eindruck bestand, dass der politische Druck

in der Hauptstadt nicht so groß sei. Seine Familie kam nach

und wohnte bei Landau. Fritz Houtermans ersuchte um

Ausreiseerlaubnis. Die wurde ihm versprochen, aber die

Klärung der „Zollformalitäten“ zog sich in die Länge, und am

l. Dezember 1937 wurde er am Zollamt verhaftet. Nachdem

192 Naturwissenschaftliche Rundschau | 56. Jahrgang, Heft 4, 2003

Landrock: Friedrich Georg Houtermans (1903–1966) – Ein bedeutender Physiker des 20. Jahrhunderts

Charlotte herausgefunden hatte, dass er in der „Ljubjanka“

(NKWD-Zentrale) beziehungsweise im Butyrka-Gefängnis

war, entschloss sie sich, mit den Kindern über Riga auszurei-

sen, um die Kinder zu schützen und zu versuchen, Fritz Hou-

termans von Dänemark oder England aus – mit Öffentlich-

keit – zu helfen. Nach einigen Querelen und Tagen bangen

Wartens wurde ihr erlaubt, auszureisen. Von Riga aus bat sie

das Bohr-Institut in Kopenhagen um eine Einladung, erhielt

sie und wurde nach der Überfahrt in der Abfertigungshalle

des Kopenhagener Hafens am Heiligabend von Christian

Moeller in Empfang genommen, der noch fehlende Einreise-

papiere mitbrachte.

Niels Bohr und seine Mitarbeiter interessierten sich für

das Schicksal von Fritz Houtermans, Lev Landau, Alex Weiss-

berg und den anderen befreundeten und bekannten Physi-

kern in der Sowjetunion. Es wurden Hilfsmöglichkeiten be-

sprochen. Charlotte reiste dann nach London und von dort,

auf Einladung von Fritz Houtermans’ Mutter, die 1936 mit

Hilfe eines ihrer Schüler dorthin emigriert war, in die USA.

Mutter und Ehefrau schrieben an Fritz Houtermans, erhiel-

ten jedoch nie eine Antwort. Charlotte Houtermans kam in

Kontakt mit Eleanor Roosevelt, die über den Botschafter der

USA in der UdSSR, Steinberg, herausfand, dass Fritz Houter-

mans lebte. Von Europa aus versuchten Irène Curie, Frédéric

Joliot-Curie und Jean Perrin (alle Nobelpreisträger), Fritz

Houtermans und Alex Weissberg freizubekommen, indem sie

im Juni 1938 Telegramme an Stalin und den Generalstaatsan-

walt Wischinsky sandten [19]. Eine Reaktion kam nicht, aber

sicherlich halfen sie, eine Verurteilung und Ermordung zu

verhindern.

Übrigens: Das Politbüro der KPD in Moskau hat, nach Er-

halt und Kenntnisnahme der NKWD-Mitteilung über die In-

haftierung Fritz Houtermans’, ihn am 15. Januar 1938 routi-

nemäßig – wie in (fast) allen Fällen – aus der Partei ausge-

schlossen, ohne einen Versuch, zu intervenieren und den

Wahrheitsgehalt der Anschuldigungen zu prüfen [6].

Am 23. August 1939 wurde der Hitler-Stalin-Pakt abge-

schlossen, am 1. September 1939 marschierten deutsche Sol-

daten in Polen ein. Daraufhin erklärten Frankreich und Eng-

land Deutschland den Krieg. Der Zweite Weltkrieg hatte be-

gonnen.

Am 30. September 1939 wurde Fritz Houtermans, der

nach Kiev und Charkov verlegt und mehrfach mit der Be-

schuldigung, ein deutscher Spion zu sein, scharf verhört wor-

den war, wieder nach Moskau gebracht. In der Ljubjanka

wurde er relativ gut behandelt und über die vorherigen „Be-

fragungen“ und „Geständnisse“ sowie die „Befrager“ verhört.

Das in Kiev geschriebene Manuskript über seine Studien zur

Zahlentheorie, mit denen er versuchte, das Verrücktwerden

zu verhindern, hatte man ihm abgenommen. In Moskau er-

hielt er Schreibmaterial, und er rekapitulierte die Ergebnisse

seiner Denkübungen. Anfang Dezember 1939 wurde er

nochmals befragt, und ihm wurde versichert, dass er bald aus

der Sowjetunion ausgewiesen werde. Er bat darum, nicht

nach Deutschland geschickt zu werden. Erst im Januar 1940

erfuhr Fritz Houtermans vom Krieg, so einschneidend war

die Isolation in der Haft. Im Moskauer NKWD-Gefängnis wa-

ren gleichzeitig mit ihm Prof. Fritz Noether und Hugo Eber-

lein, die beide später umkamen. Im März 1940 unterschrieb

Fritz Houtermans, nach Konsultation seiner Mitgefangenen

und auf deren Anraten, eine Erklärung, nicht über seine Er-

lebnisse in den sowjetischen Gefängnissen zu sprechen und

geheim für die UdSSR im Ausland tätig werden zu wollen.

Am 30. April 1940 wurde er zusammen mit anderen aus

der UdSSR ausgewiesen und am 2. Mai nach Brest-Litowsk

gebracht, wo sie von der Gestapo übernommen wurden. (Be-

reits seit Herbst 1936 gab es ein Auslieferungsgesuch

Deutschlands. Es existiert eine lange, alphabetisch geordne-

te Liste „Flüchtige Kommunisten“ der Gestapo, in der Fritz

Houtermans unter der Lfd. Nr. 3727 aufgeführt ist [30], sowie

eine „Liste der in der SU aufhältlichen Reichsdeutschen, wel-

che auf Grund ihrer kommunistischen und staatsfeindlichen

Betätigung im In- und Auslande zur Auslieferung vorgeschla-

gen werden“ vom Okt. 1937, in der Fritz Houtermans eben-

falls aufgeführt ist [6]). Am 5. Mai brachte man sie nach Ber-

lin; einige in ein „nationalsozialistisches Rückwanderer-

heim“, von wo sie freigelassen wurden, andere in das Polizei-

gefängnis Alexanderplatz (das einzige verlauste Gefängnis).

Als ein Mitgefangener entlassen wurde, trugen die Verblei-

benden ihm auf, ihre Angehörigen oder Freunde zu benach-

richtigen. Fritz Houtermans bat ihn, seinen alten Freund Dr.

Robert Rompe anzurufen und nur zu sagen „Fissel ist in Ber-

lin“. Dieser folgerte, dass Fritz Houtermans inhaftiert sei und

informierte Max von Laue, der bald seinen Aufenthaltsort

herausfand. Er brachte ihm Nahrungsmittel und etwas Geld

und bemühte sich, ihn freizubekommen. Fritz Houtermans

war ins Gestapo-Gefängnis Prinz-Albrecht-Straße gebracht

und verhört worden. Er wurde aufgefordert, einen Bericht

über seine Erlebnisse in der UdSSR zu schreiben, wobei er

tunlichst vermied, zu erwähnen, dass er in Moskau darum

ersucht hatte, nicht nach Deutschland ausgeliefert zu wer-

den (ein deutscher Spion, der er sein sollte, hätte dies sicher-

lich nicht getan). Wenige Tage nach seiner Entlassung am

16. Juli 1940 kam er mit Max von Laue zusammen, der ihn

über den Verbleib seiner Familie informierte. Noch im Juli

reichte Fritz Houtermans eine Arbeit bei den Naturwissen-

schaften ein, die im Augustheft unter dem Titel Die Halb-

wertszeit von Radio-Tantal erschien, in der er über Arbeiten

in Charkov vor Oktober 1937 informierte – mit Dank an

Herrn Kurtschatov für die Bestrahlung der Proben und an Frl.

Poluschkina für ihre Mitwirkung bei den Zählmessungen

und unter Angabe seiner Privatadresse in Berlin.

Vorrangiges Anliegen war, Freunde und Bekannte zu in-

formieren, dass er wieder in Berlin und zurück bei seiner

Arbeit sei. Andererseits war der Inhalt der Arbeit interessant

genug, um im FIAT-Review (Kasten 2, S. 195) über die For-

schung in Deutschland 1939–1946 erwähnt zu werden.

Detektoren aus Tantalblech wurden zur Bestimmung des

Zeitintegrals des Neutronenstroms an Generatoren (z. B.

Zyklotrons) benutzt.

In Briefen an seine Mutter vom l. August und 28. Septem-

ber 1940 schilderte er seine Odyssee, und unmittelbar nach

Naturwissenschaftliche Rundschau | 56. Jahrgang, Heft 4, 2003 193

Konzepte und Geschichte

Kriegsende, am 19. Mai 1945, verfasste er den „Chronologi-

schen Bericht über mein Leben in russischen Gefängnissen“,

versehen mit dem Wunsch, dass er nicht veröffentlicht wer-

den solle. Edoardo Amaldi entschied sich 1987, nachdem na-

hezu alle erwähnten Personen verstorben waren, dennoch

dafür, den Bericht zu zitieren, um auf diese Weise die Lebens-

zeugnisse anderer Inhaftierter zu ergänzen [10].

Max von Laue verschaffte Fritz Houtermans eine Stelle im

privaten „Laboratorium für Elektronenphysik“ von Manfred

von Ardenne in Berlin-Lichterfelde. Manfred von Ardenne

suchte einen erfahrenen Kernphysiker, da er, gesponsert vom

Reichspostminister Dr. Wilhelm Ohnesorge, einem Freund

seines Vaters aus dem Ersten Weltkrieg, parallel zum so ge-

nannten „Uranverein“ auf dem neuen, faszinierenden Gebiet

der Nutzbarmachung der Kernenergie Erfolge erzielen woll-

te. Fritz Houtermans kam wie gerufen, und Max von Laue

hatte erreicht, dass Fritz Houtermans seine Kenntnisse nut-

zen konnte, ohne im Rampenlicht zu stehen.

1941 bis 1945: Berlin-Lichterfelde, Berlin-Baumschulenweg, Ronneburg, Göttingen

1941 verfasste Fritz Houtermans vier Arbeiten: Zusammen

mit K. H. Riewe widmete er sich in der Publikation „Über die

Raumladungswirkungen an einem Strahl geladener Teilchen

von rechteckigem Querschnitt“ [20] einem Thema der Elek-

tronenoptik und Plasmaphysik. Zwei umfangreiche Arbeiten

berichteten über Isotopentrennverfahren, mit denen er eine

entsprechende Arbeit von W. Walcher [21] ergänzte. Beson-

deres Gewicht hat aber die unveröffentlichte Schrift „Zur Fra-

ge der Auslösung von Kernkettenreaktionen“ (Aug. 1941).

Dieser „Geheimbericht“ war – wie alle Arbeiten zu diesem

Thema als „streng vertraulich“ eingestuft –, aber den führen-

den Köpfen des „Uranvereins“ zugänglich gemacht und mit

ihnen (Werner Heisenberg, Carl Friedrich von Weizsäcker,

Otto Haxel) diskutiert worden. Seine Bedeutung liegt in der

Voraussage, dass das Nuklid der Ordnungszahl (Kernla-

dungszahl) 94 und der Massenzahl 239 gut spaltbar sein

müsse und erhebliche Vorteile gegenüber dem bekannten,

gut spaltbaren Uranisotop 235U bieten sollte. 235U muss näm-

lich aus dem nicht waffentauglichen natürlichen Uran

(99,3% 238U + 0,7% 235U) mittels aufwendiger physikalischer

Isotopentrennungsverfahren angereichert werden. Das von

Houtermans diskutierte hypothetische Nuklid – später als

Plutoniumisotop 23994Pu bekannt – sollte hingegen in einem

Atomreaktor („Uran-Maschine“) unter Beschuss von Uran

(23892U) mit schnellen Neutronen erbrütet und anschließend

chemisch abgetrennt werden, was, trotz hoher Sicherheits-

vorkehrungen zur Vermeidung von äußerer Bestrahlung,

Kontaminationen und Inkorporationen, bei weitem nicht so

aufwendig ist.

Bekannt war:238U + n1 → 239U*239U* → 239U + γ239U → EkaRe239 + β– + –ν [Halbwertszeit (kurz HWZ): 23 min].

Houtermans’ quantentheoretisch hergeleitete Voraussage

war:

EkaRe239 → 239Pu + β– + –ν (HWZ später zu 2,3 d bestimmt)

a) 239Pu → 235U+ 4He

(HWZ sehr lang; später zu 24 110 a bestimmt)

b) 239Pu + n1 → X1 + X2 + … n1.

Dabei stehen X1 und X2 für Spaltprodukte und … n1 für frei

werdende Neutronen.

Wegen der großen Halbwertszeiten für den Alphazerfall

des 239Pu (a) ist bei Vorhandensein von Neutronen die Spal-

tung (b) viel wahrscheinlicher.

Fritz Houtermans hat später in einem Gespräch mit Gui-

seppe Occhialini und Cornelia Dilworth erklärt, dass seine

Schlussfolgerungen sehr hypothetischen Charakter hatten,

da er nicht die Wirkungsquerschnitte der ablaufenden Wech-

selwirkungsprozesse kannte, woraus auch der Fehlschluss

herrührt, dass ein Reaktor bei tiefen Temperaturen (–100 °C)

betrieben werden könne [10].

Bereits 1940 hatte C. F. von Weizsäcker eine geheime Arbeit „Eine

Möglichkeit der Energiegewinnung aus 238U“ verfasst. Er bezieht sich auf

Überlegungen von Bohr und Wheeler und vor allem auf Experimente

von Nier und Cunnings: Nier hatte am 29. Februar 1940 in Minnesota

mikroskopisch kleine Unat-Proben in 235U und 238U getrennt, und

Cunnings (Columbia University) hatte wenige Tage später gezeigt, dass

nur 235U durch thermische Neutronen spaltbar ist. Weizsäcker folgerte

daraus, dass bei der Kernspaltung von Uran (Unat) lediglich 235U (<1% in

Unat) zur Energieerzeugung beiträgt. Die Auslösung und Aufrechterhal-

tung einer Kettenreaktion erfordere die weitgehende Ausschaltung aller

konkurrierenden Neutronenstreu- und -absorptionsprozesse, die bei

der Kernspaltung frei werdende Neutronen verbrauchen, das heißt

höchste Reinigung der in einer Kernbrennstoff-Konfiguration verwen-

deten Materialien. Außerdem wäre das schwer erhältliche Schwere

Wasser (D2O) als Bremssubstanz erforderlich. Da ferner – wegen der

Resonanzabsorption der Neutronen im 238U die bei der Spaltung des 235U

frei werdende Energie nicht auf einmal bei sehr hoher Temperatur frei-

gesetzt werden könne, wäre Unat als Sprengstoff nicht nutzbar. Als

Lösung schlug er die sukzessive Anlagerung von zwei Neutronen an 238U

vor:

238U + n1 → 239U*239U* → 239U+ γ 239U → EkaRe239 + β- + –ν (HWZ 23 min).

Diese Wirkung der Anlagerung des 1. Neutrons war bekannt (vgl. oben).

Da bis dahin aber kein strahlendes Folgeprodukt von EkaRe239 beobach-

tet worden war, hat C. F. v. Weizsäcker fälschlicherweise gefolgert, dass

EkaRe239 (= 239Np) sehr langlebig sein und sich vermutlich unter Alpha-

Zerfall in 235Pu umwandeln würde, während es sich tatsächlich unter β-

Zerfall in kurzer Zeit (HWZ = 2,3 d) in 239Pu umwandelt.

Das EkaRe239 sollte aber wahrscheinlich durch thermische Neutronen

spaltbar sein:

EkaRe239 + n1 → EkaRe240*

EkaRe240* → EkaRe240 + γEkaRe240 → X1 + X2 + … n1.

C. F. von Weizsäcker ist also nicht auf 239Pu gekommen, hat aber eben-

falls den Vorteil der chemischen Abtrennbarkeit des EkaRheniums

(Neptunium; damals EkaRhenium genannt, weil Uran – Ordnungszahl

92 – im Periodensystem der chemischen Elemente unkorrekt unter

Wolfram plaziert worden war, und deshalb das „EkaRhenium“ dem

194 Naturwissenschaftliche Rundschau | 56. Jahrgang, Heft 4, 2003

Landrock: Friedrich Georg Houtermans (1903–1966) – Ein bedeutender Physiker des 20. Jahrhunderts

Rhenium ähnliche chemische Eigenschaften haben sollte) von Uran und

die Möglichkeit des gezielten Zugebens zu einer Kernbrennstoffkonfigu-

ration erkannt. Er gehörte dem „Uranverein“ an, und seine Arbeit wurde

im Nachkriegsbericht Werner Heisenbergs über die deutschen Arbeiten

zur Nutzbarmachung der Kernenergie während des Krieges erwähnt, die

von Fritz Houtermans dagegen nicht („Heisenberg hat nichts davon

gehalten.“ [13]).

Manfred von Ardenne hat die nicht-explizite Erwähnung

der Houtermans-Arbeit durch W. Heisenberg offensichtlich

als Affront betrachtet. Es hat ihn nicht ruhen lassen; mehr-

mals hat er nach seiner Rückkehr aus der Sowjetunion auf

die in seinem Institut entstandene Arbeit von Fritz Houter-

mans hingewiesen, sie kopieren lassen und verschickt

(Abb. 2). Er war bemüht, das „schiefe Bild“ gerade zu rücken,

wohl auch, um seinen Anteil an den frühen Arbeiten zur

Nutzbarmachung der Kernenergie zu vermitteln. Für die

„Verdrängung“ des Houtermans-Berichts war aber vielleicht

ein ganz anderes Motiv entscheidend: Offenbar waren die

führenden Köpfe des „Uranvereins“ im Einvernehmen mit

Admiral Carl Witzell, Leiter des Marine-Zeugamtes, und mit

dessen Verbindungsoffizier Otto Haxel 1941 nicht daran in-

teressiert, Fritz Houtermans’ Arbeit der politischen und mi-

litärischen Führung zukommen zu lassen, da es möglicher-

weise blamabel für sie hätte sein können, und um einen zu

erwartenden Erfolgsdruck von oben zu vermeiden.

Wie auch immer das „Verschweigen“ motiviert war, die

Entwicklung wäre kaum anders verlaufen: Im Gegensatz zu

Deutschland gab es in den USA bereits 1940 ein funktions-

fähiges Zyklotron in Berkeley, mit dem es Anfang 1941 ge-

lang, circa 0,5 x 10–6 g 239Pu zu erzeugen und seine wichtigs-

ten Eigenschaften zu bestimmen. Die Veröffentlichung er-

schien erst 1946 und enthielt den Zusatz: „dated May 29,

1941 voluntary withheld from publication until the end of

the war“ [22].

Naturwissenschaftliche Rundschau | 56. Jahrgang, Heft 4, 2003 195

Abb. 2. Inhaltsangabe einer internen Mitteilung von F. G. Houtermanszur Auslösung von Kernkettenreaktionen.

K A S T E N 2 : .

F I A T - R E V I E W .

Nach dem Kriege veranlassten amerikanische Behörden die zu-sammengefasste Darstellung der naturwissenschaftlichen undmedizinischen Forschungsarbeiten in Deutschland ab 1939, die alsFIAT-Review of German Science bezeichnet wurde. FIAT steht fürField Investigation Agencies Technical.Die für Deutschland bestimmte Ausgabe erschien um 1950 imVerlag Chemie (Weinheim/Bergstraße) unter dem Titel Natur-forschung und Medizin in Deutschland 1939–1946.Im Zusammenhang mit Houtermans interessiert vor allem derBand 14: Kernphysik und Kosmische Strahlen, Teil II, der vonW. Bothe und S. Flügge herausgegeben wurde.

Abschnitt 7.1: „Großversuche zur Vorbereitung der Konstruktioneines Uranbrenners“ von W. Heisenberg und K. Wirtz.7.1.1 „Theoretische Grundlagen“,Fußnote 10: „Im Folgenden sind einige Arbeiten genannt, die theoretischeProbleme des Uranbrenners behandeln. Die Titel einer Reiheweiterer Arbeiten sind nicht mehr verfügbar.“Es folgt eine Auflistung von 16 Arbeiten von F. Bopp, E. Fischer, W. Bothe,

K. H. Höcker, P. O. Müller, H. Volz, C. F. von Weizsäcker, P. Harteck,

H. Jensen, Fr. Knauer und H. Suess aus den Jahren 1940-1943, darunter 5

Arbeiten von C. F. von Weizsäcker, aber nicht die von F. Houtermans. So

wird immer wieder C. F. von Weizsäcker als derjenige genannt, der als erster

in Deutschland die Bedeutung des 239Pu erkannte.

Abschnitt 7.2: „Der Beitrag der schnellen Neutronen zurVermehrung von Uran“ (von O. Haxel). In diesem Abschnitt wird allerdings berichtet:„W. Bothe 19, Flügge 19a, Heisenberg 20 und Houtermans 21haben Theorien über die Neutronenvermehrung durch Spaltung,die durch schnelle Neutronen ausgelöst wird, aufgestellt. Da dieseTheorien alle auf denselben Voraussetzungen basieren, genügt es,wenn wir uns einer davon, etwa den Ausführungen Heisenbergs,anschließen …“

Als Literaturstelle (21) wird genannt: F. G. Houtermans: Zur Frageder Auslösung von Kernkettenreaktionen (vgl. Abb. 2). Forschungs-bericht, unveröffentlicht.

Im Band 14 (Abschnitt 5.2) findet sich auch der von Houtermans selbst ver-

fasste Beitrag „Messverfahren für Neutronen“ (offenbar wurde ihm die Ehre

zuteil, da C. F. Weiss 1946 zur Arbeit in der Sowjetunion verpflichtet worden

war).

Die zusammen mit Dr. Ilse Bartz durchgeführten Arbeiten zur Neutronen-

physik wurden in dem Band 13 in Kapitel 3, Kernbau und Kernprozesse,

Abschnitt 3.5, von W. Ramm (mit einem Anhang von S. Flügge: „Zusammen-

stellung gemessener Wirkungsquerschnitte für thermische Neutronen“)

sowie in Abschnitt 3.6 von H. Maier-Leibnitz zitiert.

Konzepte und Geschichte

Doch zurück zu den Ereignissen im Jahre 1941: Am

22. Juni marschierte Deutschland unter Bruch des Hitler-

Stalin-Paktes von 1939 in die Sowjetunion ein. Am 26. Sep-

tember 1941 endete die „Schlacht um Kiev“. Im Oktober wur-

de eine Wehrmachtsdelegation in die besetzte Ukraine ent-

sandt, an der Wissenschaftler teilnahmen, die den Zustand

der Forschungseinrichtungen einschätzen und wissen-

schaftliche Geräte ins Reich holen sollten. Neben Fritz Hou-

termans, der als Delegierter der Marine-Forscher unter Ad-

miral Carl Witzell reiste, nahmen unter anderem Kurt Dieb-

ner, Ludwig Bewilogua und Heinrich Rausch von Trauben-

berg teil. Fritz Houtermans hat die Gelegenheit genutzt, um

seinen Charkover Freunden zu helfen, insbesondere dem

Historiker Prof. K. Schteppa, seinem Retter vor dem Verhun-

gern und Verrücktwerden in der NKWD-Haft, und dessen Fa-

milie. Er hat verhindert, dass die Großgeräte im Physikalisch-

Technischen Institut in Charkov demontiert wurden. Die lau-

teren Absichten Fritz Houtermans’, die von K. Schteppas

Tochter, Carl Friedrich von Weizsäcker und Maria Rausch

von Traubenberg bestätigt wurden [23], hat Paul Rosbaud

später bezweifelt [12]. Das führte vermutlich dazu, dass eini-

ge sowjetische Physiker um Pjotr Kapitza nach dem Kriege

Fritz Houtermans als Kollaborateur der Nazis betrachteten

[23].

Fritz Houtermans soll dem im April 1941 aus Deutschland

in die USA emigrierten Chemieprofessor Friedrich Reiche die

Information, dass die deutschen Physiker versuchen, Militär

und Regierung so lange wie möglich vom Bau einer Atom-

bombe abzuhalten, mitgegeben haben, die aber scheinbar

ohne Wirkung blieb.

F. Reiche hat in einem Interview am 9. 5. 1962 erklärt, dass er nach sei-

ner Ankunft in den USA im Hause von Prof. R. Ladenburg, den er aus der

gemeinsamen Studienzeit bei W. C. Röntgen in München kannte, eine

Zusammenkunft mit etwa 10 Leuten hatte (darunter E. P. Wigner, W.

Pauli, H. Bethe, J. v. Neumann), denen er diese Information mitteilte.

Von diesen arbeitete damals nur E. P. Wigner im Metallurgischen

Laboratorium (MetLab) in Chicago zusammen mit E. Fermi an der

Schaffung einer Uranmaschine; er war aber zur Verschwiegenheit ver-

pflichtet, so dass Reiche keine Reaktion verspürte.

Im Februar 1942 erschien von Fritz Houtermans ein weite-

rer, wiederum nicht publizierter Institutsbericht „Über den

Zusammenhang zwischen Trennfaktor, Druckverhältnissen

und Transport in der Ultrazentrifuge“. Fritz Houtermans hat-

te nicht unerheblichen Anteil an den Arbeiten im Institut

Manfred von Ardenne, der ihn später ausdrücklich würdigte:

„Houtermans trat am l. Januar 1941 in den Kreis der Mitar-

beiter des Lichterfelder Laboratoriums ein und war dort bis

kurz vor Kriegsende tätig. Während dieser Jahre ist er mit sei-

nen phantasievollen, genialen Ideen eine der tragenden Säu-

len im Lichterfelder Team gewesen. … dieser hervorragende

Kernphysiker, für den sich schon Niels Bohr eingesetzt hatte

…“ [24].

Ab Mitte 1942 arbeitete Fritz Houtermans mit einem For-

schungsauftrag des Oberkommandos der Marine (sehr wahr-

scheinlich durch Carl Witzell veranlasst und vom späteren

Beauftragten für Kernphysik im Reichsforschungsrat,

Walther Gerlach, gebilligt) als Gast an der Physikalisch-Tech-

nischen Reichsanstalt (PTR), die 1944 nach Thüringen

evakuiert wurde. Die Abteilung Kernphysik in Berlin-Baum-

schulenweg (Leiter: C. F. Weiss, der „Hüter des Radiums“

[25]), in der Fritz Houtermans im Radiumlaboratorium tätig

war, kam nach Ronneburg; der Hauptteil der ausgelagerten

Abteilungen der PTR war in Weida untergebracht.

Fritz Houtermans veröffentlichte zwischen 1942 und 1944

Arbeiten zur Neutronenphysik und Metrologie an Neutro-

nenquellen (Kasten 1).

1942 soll Fritz Houtermans die „Kollegen“ in den USA mit

einem aus der Schweiz von Paul Scherrer abgesandten Tele-

gramm zur Eile ermahnt haben: „Hurry up – we’re on the

track“. Im Juli 1943 ließ sich Fritz Houtermans von Charlotte

(fern)scheiden (aufgrund eines neuen Gesetzes; ohne ihre

Einwilligung einzuholen) und heiratete im Februar 1944 Dr.

Ilse Bartz, mit der er ab 1942 zusammenarbeitete und einige

Arbeiten publiziert hatte. Sohn Pieter kam 1944 in Gera zur

Welt, Tochter Elsa Anfang 1946 in Göttingen und Cornelia

auch dort 1947.

Im März 1943 hatte Fritz Houtermans – möglicherweise

auf Veranlassung von Walther Gerlach – eine erfolgreiche

Aktion zur Rettung von Richard Gans gestartet, wobei er von

Wissenschaftlern (wie M. v. Laue, J. H. D. Jensen, R. Becker, H.

Schmellenmeier, W. Friedrich, F. Sauerbruch, W. Heisenberg,

R. Rompe), aber auch von Mitarbeitern des Reichsluftfahrt-

ministeriums (Hauptmann Dr. Thum) und des Reichssicher-

heitshauptamts (General a. D. Faupel und Major a. D. Cam-

man) unterstützt wurde.

Der Physiker Richard Gans (*1880) war Hochschullehrer in

Tübingen, Straßburg, La Plata (Argentinien) und Königsberg

und war nach seiner Entlassung (1935) in Berlin in der indus-

triellen Forschung tätig. Als „privilegierter Jude“ – zwei seiner

Brüder waren im Ersten Weltkrieg gefallen – war er bis An-

fang 1943 nicht in unmittelbarer Gefahr für Leib und Leben

gewesen, dann aber zum Schuttberäumen herangezogen

worden [26]. Es bestand die Gefahr, dass er dieser Arbeit

nicht gewachsen war oder in ein Konzentrationslager einge-

liefert würde.

In Ronneburg, unter Tabakmangel leidend, kam Fritz

Houtermans Mitte 1944 auf die geniale, aber beinahe hals-

brecherische Idee, mit Briefkopf der PTR bei einer Dresdener

Zigarettenfabrik 50 kg Tabakmehl für angeblich kriegswichti-

ge Forschungen über die Einwirkung des Nikotins auf den

menschlichen Körper (in Zusammenarbeit mit Dr. Kühne

vom pharmakologischen Institut Berlin und Prof. Timofejeff-

Ressowski vom KWI für Hirnforschung Berlin-Buch) zu sei-

nen Händen in Ronneburg anzufordern (andere – sicher

nicht von ihm, nachträglich erfundene – Versionen: a) zur

Lichtabsorption durch Rauch und Nebel, b) um Schweres

Wasser aus mazedonischem Tabak zu gewinnen). Fritz Hou-

termans erhielt prompt eine größere Menge Tabakabfälle,

wie sie an Zigarettenmaschinen anfallen. Er siebte den Fein-

staub aus und erhielt so mehrere kg rauchbaren Tabaks, den

er (nicht nur allein) mit Genuss verbrauchte. Als nach eini-

gen Monaten der Tabak aufgebraucht war, wiederholte er sei-

196 Naturwissenschaftliche Rundschau | 56. Jahrgang, Heft 4, 2003

Landrock: Friedrich Georg Houtermans (1903–1966) – Ein bedeutender Physiker des 20. Jahrhunderts

ne Anfrage nach dem erforderlichen Zollerlaubnisschein,

diesmal für 80 kg, – erklärend, dass die Versuche gute Ergeb-

nisse zeitigten, aber fortgeführt werden müssten –, unter An-

gabe seiner Privatanschrift. Der Zoll schickte die Erlaubnis

aber (korrekt) an die PTR-Anschrift. So flog das Ganze auf,

und Abraham Esau, Präsident der PTR und, trotz seines jü-

disch klingenden Namens ein „strammer Nazi“ [13], entließ

Fritz Houtermans fristlos und stellte Strafanzeige, worüber er

Walther Gerlach, Beauftragter für Kernphysik im Reichsfor-

schungsrat, informierte [6]. Wieder war Fritz Houtermans

scheinbar schutzlos und erneut halfen ihm Freunde und Kol-

legen zu überleben. Fritz Houtermans wandte sich, nachdem

ihm seine Frau Ilse dringend dazu riet, an W. Heisenberg und

C. F. von Weizsäcker, die Max von Laue und Walther Gerlach,

der bereits im Bilde war, einschalteten, die wiederum

arrangierten, dass Fritz Houtermans in Göttingen bei Hans

Kopfermann und Richard Becker in kriegswichtiger For-

schung unterkam, so eine drohende Einberufung in eine

Strafkompanie verhindernd.

Es war Anfang Februar 1945. Die erforderliche Begrün-

dung der Bahnfahrt nach Göttingen wurde von W. Gerlach

oder W. Heisenberg ausgestellt. C. F. von Weizsäcker soll spä-

ter gereimt haben: „Heisenberg mußte die Reise bescheini-

gen und Kopfermann die Sch. bereinigen“ [27]. Wilhelm

Walcher bezeugt, dass Fritz Houtermans, etwa 1,75 m groß,

leicht gebückt gehend und in Wiener Dialekt näselnd, sehr

splendid war. Wenn er, nach dem Debakel, jemandem eine

Zigarette anbot, fragte er „Willst du ein corpus delicti?“ [13].

Unmittelbar vor Kriegsende traf Fritz Houtermans in Göt-

tingen K. Schteppa, der von Kiev nach Plauen umgesiedelt,

von dort aber vor der anrückenden Roten Armee geflohen

war. Fritz Houtermans verschaffte ihm und seiner Familie

eine Aufenthaltsgenehmigung, da sonst die Unterbringung in

einem Repatriierungslager und die Ausweisung in die Sowjet-

union gedroht hätten. Später gingen die Schteppas in die USA.

Konstantin Schteppa erhielt dort die Möglichkeit, wieder als Historiker

zu arbeiten. Zuvor hatten er und F. Houtermans unter Pseudonymen ein

Buch über ihre Erlebnisse in der NKDW-Haft geschrieben [32]. F.

Houtermans übergab ein Exemplar mit Widmung vom 10. 7. 1951 Niels

Bohr [30] während eines Aufenthaltes am Kopenhagener Niels-Bohr-

Institut anlässlich einer Tagung [17].

Die Nachkriegszeit in GöttingenVon 1945 bis 1951 arbeitete Fritz Houtermans im Institut

für Theoretische Physik und im 2. Physikalischen Institut der

Universität Göttingen. Er beschäftigte sich weiter mit Neu-

tronenphysik, wie schon zuvor in Charkov, Berlin und Ron-

neburg. Wie bereits erwähnt, durfte er im FIAT-Review über

die „Messmethoden für Neutronen“ berichten. In einer mit P.

Jordan, einem der Mitbegründer der Quantenmechanik,

1946 verfassten Arbeit wird die Möglichkeit der experimen-

tellen Beobachtbarkeit einer sehr geringen Variation der β-

Zerfallskonstante mit der Zeit erörtert. 1937 war Dirac auf die

theoretische Möglichkeit dieses Phänomens gestoßen. In der

mit J. H. D. Jensen 1947 publizierten Arbeit „Über die thermi-

sche Dissoziation des Vakuums“ werden Konsequenzen aus

Diracs Löchertheorie diskutiert: Die Dichte von Elektron-

Positron-(e–- e+-)Paaren in einem „partikelfreien“ Volumen

in thermischem Gleichgewicht ist klein bei niedriger

Temperatur (kT<<mec2), wächst aber schnell mit T. Für kT =

137 mec2, das heißt bei T ca. 1011 K, existieren mehr als ein

Elektron-Positron-Paar pro Elementarvolumen [v0 = 4π/3

(e2/mec2)3].

Diesen Überlegungen zufolge existiert also im Weltall bei

T = 1011 K, wie sie etwa 10–2 s nach dem Urknall auftraten, ei-

ne dicht gepackte Struktur von Elementarteilchen. Ein Effekt,

der bis dato vernachlässigt worden war. Bei diesen Tempera-

turen sollten auch Neutrinos und Mesonen in merklicher

Zahl vorhanden sein. In dieser Arbeit wird auch die Polarisa-

tion von e–-e+-Paaren in einem elektrischen Feld und deren

Temperaturabhängigkeit diskutiert, ein Problem, das mit der

Polarisation des Vakuums verknüpft ist. Es erschienen Arbei-

ten zum Zerfall der natürlichen radioaktiven Nuklide Rb-87

und K-40, zur Exoelektronenemission (beide mit O. Haxel),

zur Autoradiographie (mit H. v. Buttlar) und zur Kernemulsi-

onsplatte als Hilfsmittel der Mineralogie und Geologie. 13

der 21 Arbeiten aus der Nachkriegsepoche in Göttingen be-

treffen Voraussetzungen und Verfahren zur geologischen

Altersbestimmung. Drei der Arbeiten (1946/47) betrafen die

Bestimmung des Alters des Urans. Damit kündigt sich eine

neue Thematik an, die ab 1952 in Bern die entscheidende

Rolle spielt. In Göttingen entwickelte sich 1945 eine enge

Freundschaft mit Wolfgang Paul, der um 1950 auch in die

Schweiz ging [13].

Fritz Houtermans’ 3. und 4. Familie und die Jahre in Bern

1951 gab es ein Wiedersehen mit Charlotte, die ihre Mutter

in Bielefeld besuchte. Fritz Houtermans erzählte von Diffe-

renzen, die in der Ehe mit Ilse entstanden waren, und be-

schwor sie, ihn ein zweites Mal zu heiraten. 1952 kam Char-

lotte mit den Kindern und 1953 ein weiteres Mal nach Euro-

pa. James Franck, der zu einer Kur in Bad Kreuznach weilte

Naturwissenschaftliche Rundschau | 56. Jahrgang, Heft 4, 2003 197

Abb. 3. 1955 entstandene Karikatur Houtermans’ von seinem FreundOtto R. Frisch. Aus [1]

Konzepte und Geschichte

und von Fritz Houtermans befragt wurde, riet von einer er-

neuten Heirat ab. Dennoch wurde im August 1953 die Ehe

geschlossen. Trauzeugen waren die Kinder Giovanna und Jan

und wieder Wolfgang Pauli. Es ging nicht gut. Bereits 1954

wurden Fritz Houtermans und Charlotte erneut geschieden.

1955 schließlich heiratete Fritz Houtermans Lore Müller, die

Schwester seines Stiefbruders Hans. Pauli sandte „die übli-

chen Glückwünsche“. Lore brachte eine 4-jährige Tochter,

Sabine, mit in die Ehe, die später adoptiert wurde, 1956 wur-

de Sohn Hendrich geboren.

Im Januar 1952 erhielt Fritz Houtermans, nachdem die

„Herren Becker, Casimir, Correns, Huber, Jauch, Kopfer-

mann, Mattauch und Weisskopf Urteile über ihn abgegeben

hatten“, einen Ruf als Ordinarius für Physik an der Univer-

sität Bern [28]. Aus einem Physikinstitut mit musealem Cha-

rakter machte er eine moderne Einrichtung und begründete

die „Berner Schule“ für die Anwendung von Isotopen in den

Geowissenschaften, der Astrophysik sowie in Kosmochemie

und -physik, ein weltweit anerkanntes Zentrum auf diesem

Gebiet. Von 1952 bis zu seinem Tode war er Verfasser bezie-

hungsweise Co-Autor von 85 wissenschaftlichen Arbeiten.

Gemessen an der Zahl der Veröffentlichungen und der

Schüler ist dies die produktivste Periode im Leben Fritz Hou-

termans. Unter den Veröffentlichungen findet man

– Arbeiten zu Untersuchungen der Kosmischen Strahlung

auf der Jungfraujoch-Station (mit M. Teuscher und H.

Debrunner),

– Arbeiten zur Teilchenphysik, und zwar zu solaren Neutri-

nos, die im CNO-Zyklus gebildet werden (1954 mit H.

Thirring) und über die Physik der K-Mesonen (1958),

– zwei Arbeiten über die „Maser-Bedingung“ („Licht-Lawi-

ne“) in Spektren dissoziierender Moleküle (1960) sowie

– 1959 eine Arbeit über Gefährdungsmöglichkeiten und Er-

fordernisse bei der Nutzung natürlich radioaktiver Stoffe

(speziell über thoriumhaltige Gläser, die in der optischen

Industrie zur Verbesserung der Qualität von Linsen ver-

wendet wurden) – ein Thema, das seit Inkrafttreten der

novellierten Strahlenschutzverordnung vom 22. Juli 2001

wieder ganz aktuell ist [29].

– Nahezu alle übrigen Arbeiten der „Berner Periode“ in Fritz

Houtermans’ Wirken betreffen die Anwendung der Radio-

aktivität in Geowissenschaften, Astrophysik sowie Kosmo-

chemie und -physik.

1953 bestimmte Fritz Houtermans, anschließend an die

1946 in Göttingen durchgeführte Bestimmung des Uranalters

(2,9 x 109 Jahre), das Erdalter zu (4,5 ± 0,3) x 109 Jahre. 1957

ließ er sich in Bern für ein Jahr beurlauben und reiste in die

USA, wo er in Pasadena und La Jolla mit führenden Köpfen

der Geowissenschaften (Roger R. D. Revelle, Hans E. Suess,

H. S. Brown, S. Epstein, G. J. Wasserburg) zusammentraf und

nach fast 30 Jahren Walter M. Elsasser wiederbegegnete. Es

schloss sich eine arbeitsreiche, ergiebige Zeit an, die 1962

durch die Folgen eines Sturzes beendet wurde. Von da an war

er nur noch sehr eingeschränkt arbeitsfähig. Am 1. März 1966

starb Fritz Houtermans. 1973 gab die Internationale Astrono-

mische Union einem Mondkrater den Namen Houtermans.

Viele seiner unmittelbaren Kollegen nennen ihn ihren

Freund (Pauli, Gamow, d’E. Atkinson, Elsasser, Frisch – vgl.

Abb. 3 –, Casimir, Weissberg, Jensen, Rompe, Walcher,

Peyrou, Schmellenmeier, Rausch von Traubenberg, Paul,

Amaldi, Picciotto, Occhialini, Dilworth), andere empfinden

Hochachtung vor ihm (Frenkel [30]) oder rühmen sich seiner

Bekanntschaft (von Ardenne, Weisskopf), etliche halfen ihm

(allen voran Max von Laue, aber auch Blackett, Bohr, Moeller,

Rompe, Gerlach, Kopfermann, Jensen, Becker, Heisenberg,

von Weizsäcker, Witzell, Camman), wieder andere waren sei-

ne Co-Autoren (Jordan, Thirring, Haxel) oder dankbare

Schüler und Nachfolger (Oeschger, Geiss, Begemann, Teu-

scher und viele andere) [31]. Fast alle wussten, dass er ein

„Linker“ war, aber es störte sie nicht. Nur wenige wussten

von seiner aktiven Mitarbeit in der KPD.

Und dann gibt es noch die, die sich, wie der Verfasser, von

den Überlieferungen und Erinnerungen seiner Zeitgenossen

faszinieren lassen und große Hochachtung vor seiner wis-

senschaftlichen Leistung in einem abenteuerlichen, ereignis-

reichen, nicht leichten Leben „mit vielen kleinen Toden“

(Occhialini [10]) empfinden.

Literatur

[1] O. R. Frisch: Woran ich mich erinnere, Physik und Physiker meiner

Zeit. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft. Stuttgart 1981. – [2] Dossier

Houtermans, Universitätsarchiv Bern im Staatsarchiv Bern, Signatur BB

8.l.329; darin Lebenslauf, unterzeichnet von F. G. Houtermans, aus dem

Jahre 1951, mit Liste der veröffentlichten Original-Arbeiten. – [3] A. D.

Beyerchen: Wissenschaftler unter Hitler, Physiker im Dritten Reich.

Kiepenheuer & Witsch. Köln 1980. – [4] W. M. Elsasser: Memoirs of a

Physicist in the Atomic Age. Science History Publications. New York

1978. – [5] G. Gamow: My world Line. The Viking Press. New York 1970.

– und: My early memories of Fritz Houtermans. In: J. Geiss, E. D.

Goldberg (Hrsg.): Earth Science and Meteoritics. North-Holland

Publishing Company. Amsterdam 1963. – [6] S. Grundmann, Berlin, per-

sönliche Mitteilung, 18. 6. und 16. 7. 2002, aufgrund von noch nicht

publizierten Manuskripten. – [7] F. Houtermans, Erg. der exakten

Naturwiss. 9, 123 (1930). – [8] E. Ruska, 8th Intern. Congress on Electron

Microskopy, Canberra, Australia, Vol. l, 1 (1974). – E. Ruska: Die frühe

Entwicklung der Elektronenlinsen und der Elektronenmikroskopie. Acta

Historica Leopoldina, Nr. 12 (1979). – [9] P. Brix: 50 Jahre Kernvolumen-

effekt in den Atomspektren, Phys. Bl. 37, 181 (1981). – [10] A. Amaldi: The

adventurous life of Friedrich Georg Houtermans, physicist (1903–1966).

In: G. Battimelli, G. Paoloni (Hrsg.): 20th Century Physics: Essays and

Recollections. A Selection of Historical Writings by Edoardo Amaldi.

World Scientific Publ. Co. Pte. Ltd.. Singapore 1998. – [11] R. Peierls: Bird

of Passage, Recollections of a Physicist. Princeton University Press.

1985. – [12] A. Kramish: Der Greif, Paul Rosbaud – der Mann, der Hitlers

Atompläne scheitern ließ. Knaur. München 1989. – [13] W. Walcher,

Marburg, persönl. Mitt., 4. 10. 2001. – [14] V. Weisskopf: Mein Leben.

Scherz-Verlag. Bern, München, Wien 1991. – [15] A. Ehlers: Liebes Hertz!

Physiker und Mathematiker in Anekdoten. Birkhäuser Verlag. Basel,

Boston, Berlin 1994. – [16] J. Medawar, D. Pyke: Hitler’s Gift. Scientists

Who Fled Nazi Germany. Piatkus Ltd. London 2001. – [17] H. Casimir:

Haphazard Reality, Half a Century of Science. Harper & Row, Publishers.

New York, Cambridge 1983. – [18] S. Grundmann: Der Fall Dr. Felix

Bobek. Neues Deutschland, 25./26. Mai 2002, S. 19. – [19] A. Weissberg-

Cybulski: Hexensabbat, Russland im Schmelztiegel der Säuberungen.

Verlag der Frankfurter Hefte. Frankfurt am Main 1951. – [20] F. G.

Houtermans, K. H. Riewe, Arch. Elektrotechn. 35, 686 (1941). – [21] W.

Walcher, Erg. d. exakten Naturwissenschaften 18, 155 (1939). – [22] J. W.

Kennedy, G. T. Seaborg, E. Segré, A. C. Wahl , Phys. Rev. 70, 555 (1946). –

198 Naturwissenschaftliche Rundschau | 56. Jahrgang, Heft 4, 2003

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[23] J. B. Khriplovich: The eventfull life of Fritz Houtermans. Physics

Today, 7/92, S. 29 (1992). – [24] M. v. Ardenne: Ein glückliches Leben für

Forschung und Technik. Verlag der Nation. Berlin 1973. – 7., stark über-

arb. u. veränd. Ausgabe: Mein Leben für Forschung und Fortschritt.

Nymphenburger-Verlagsbuchhandlung. München 1984. – [25] L.

Peltzer: Die Demontage deutscher naturwissenschaftlicher Intelligenz

nach dem 2. Weltkrieg, Die Physikalisch-Technische Reichsanstalt 1945–

1948. ERS-Verlag. Berlin 1995. – [26] H. Schmellenmeier: Die „Affäre

Prof. Dr. Richard Gans“, in: E. Swinne: Richard Gans Hochschullehrer in

Deutschland und Argentinien. ERS-Verlag. Berlin 1992. – [27] K.

Schlüpmann, persönl. Mitt., E-Mail vom 13. 4. 2001; vgl. K. Schlüpmann:

Vergangenheit im Blickfeld eines Physikers, Hans Kopfermann 1895–

1963 (Eine Wissenschaftsstudie). http://www.aleph99.org/etusci/ks –

[28] Dossier Houtermans, Universitätsarchiv Bern im Staatsarchiv Bern,

Signatur BB 8.l.329; darin Gutachten der Physikkommission zu Händen

der Philosophisch-naturwissenschaftlichen Fakultät, gez. von M.

Schürer (Dekan), o. D. (etwa Aug./Sept. 1951), S. 2. – [29] K. Landrock,

Strahlenschutzpraxis 8 (3), 38 (2002). – [30] V. Y. Frenkel: Professor

Friedrich Houtermans, Arbeiten, Leben, Schicksal. Verlag des Peters-

burger Instituts für Kernphysik der russ. AdW. St. Peterburg 1997 (russ.).

– [31] W. Winkler, T. Riesen (Hrsg.): Leonium, Anekdoten über Prof. Dr.

F. G. Houtermans. Fachhochschule Aargau. Neue Auflage 1997;

Originalausgabe: LEONIUM und andere Anekdoten um den Physikpro-

fessor Dr. F. G. Houtermans 1903–1966. Hrsg. Haro von Buttlar (vermut-

lich Eigenverlag) Bochum 1982. – [32] F. Beck, W. Godin: Russian Purge

and The Extraction of Confession. Hurst & Blackett Ltd. London, New

York 1951.

Danksagung

Ich danke Herrn Prof. W. Walcher für die Bereitschaft, sich mit mir in 2

längeren Telefongesprächen zu unterhalten, und Herrn Dipl.-Phys.

Bernd-August Brandt für sein Interesse, die Vermittlung des Kontakts zu

Prof. W. Walcher und den Hinweis auf „Liebes Hertz“ [15]. Herrn Dr. K.

Schlüpmann danke ich für sein ins Internet gestelltes Werk und die

Kurzgespräche per E-Mail [27] und Herrn Prof. S. Grundmann, Autor des

Buches „Einsteins Akte“, Springer-Verlag (1998) sowie eines in Bearbei-

tung befindlichen Manuskriptes über „Die FBI-Akte Einsteins – Berichte

über Albert Einsteins Berliner Zeit“, für die Mitteilung wichtiger

Informationen zur politischen Biographie Fritz Houtermans’ (auf den

sich u. a. die erwähnten FBI-Berichte beziehen). Frau Dr. F. Rogger,

Universitätsarchiv Bern, danke ich sehr für die prompte Beantwortung

meiner Anfrage und die Übersendung etlicher kopierter Blätter aus dem

Dossier Houtermans. Herrn Prof. F. Begemann danke ich für „Leonium“

[31], nach dem ich lange vergeblich suchte, und die Kopie eines Photos

des älteren Houtermans, und Herrn Prof. P. Brix für die Antwort auf

meine diesbezügliche Anfrage. Besonderen Dank verdient auch meine

Frau für die Geduld, die sie mit mir aufbringen musste, auch wenn es

manchmal schwer fiel.

Das Ganze wäre nicht zu Ende gekommen, wenn nicht Prof.

Grundmann mir in meiner Not geholfen hätte, nachdem meine

Unterlagen, meine Kommunikationsmöglichkeiten und meine verfüg-

bare Zeit (in den nachfolgenden 4 Monaten) vom Elbehochwasser im

August 2002 geschluckt worden waren.

Dipl.-Phys. Konrad Landrock (geb. 1938) studierte Physik an der Univer-

sität Leipzig. 1961 Diplomarbeit über Prozesse in Ionisationsdetektoren

für Gaschromatographie im Institut für angewandte Radioaktivität der

DAdW (Direktor Prof. C. F. Weiss). 1961–1991 Tätigkeit als Industriephy-

siker im VEB Vakutronik Wissenschaftlicher Industriebetrieb (WIB)

Dresden (später Robotron-Messelektronik), danach bis 2001 Vertriebs-

beauftragter und selbständiger Handelsvertreter im kerntechnischen

Gerätebau. Mitarbeit im Arbeitskreis Natürliche Radioaktivität des

Fachverbandes für Strahlenschutz.

Niederseite 16a, 01640 Coswig

Naturwissenschaftliche Rundschau | 56. Jahrgang, Heft 4, 2003 199

Frisch, Otto Robert

Woran ich mich erinnerePhysik und Physiker aus meiner ZeitAus dem Englischen übersetzt von LucienTrueb. Mit einem Geleitwort von Hans Motz1981. 276 Seiten. 55 Abbildungen, davon 8 Zeichnungen des Verfassers. Gebunden.(Große Naturforscher, Bd. 43)€ 21,50 [D]/sFr 34,40ISBN 3-8047-0614-2

Otto Robert Frisch (1904-1979) ist einer der Pioniere derAtomenergie. Zusammen mit seiner Tante Lise Meitnererrechnete er die bei der Spaltung einesUranatoms freigesetzte Energie und verifizier-te sie in einem entscheidenden Experiment.Mit Rudolf Peierl errechnete er die kritischeMasse des Urans und schätzte die bei ihrerExplosion frei werdende Energie. FrischsErinnerungen zeigen ihn nicht als dämoni-schen Erfinder der Atombombe, sondern alsweltfremden, lustigen und verspielten Bastler.

Erinnerungen eines Atomphysikers

Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbHPostfach 10 10 61 • 70009 Stuttgart • Telefon 0711 25 82-0 • Telefax 0711 25 82-290E-Mail: [email protected] • Internet:: www.wissenschaftliche-verlagsgesellschaft.de


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