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Frieden als Ordnungsvorstellung der Internationalen Politik Frieden ist mehr als kein Krieg.

Date post: 05-Apr-2015
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Frieden als Ordnungsvorstellung der Internationalen Politik Frieden ist mehr als kein Krieg
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Page 1: Frieden als Ordnungsvorstellung der Internationalen Politik Frieden ist mehr als kein Krieg.

Frieden als Ordnungsvorstellung der Internationalen Politik

Frieden ist mehr als kein Krieg

Page 2: Frieden als Ordnungsvorstellung der Internationalen Politik Frieden ist mehr als kein Krieg.

bedeutet im alltäglichen Verständnis die Abwesenheit von Krieg. Die

Friedens- und Konfliktforschung fasst den Begriff jedoch weiter. Sie

unterscheidet zwischen dem negativen Frieden als der Abwesenheit

direkter, personaler, durch ein Subjekt - Objekt - Verhältnis

gekennzeichneter Gewaltanwendung und dem positiven Frieden als

der Abwesenheit indirekter, struktureller, d. h. in politischen,

ökonomischen oder gesellschaftlichen Verhältnissen wurzelnder

Gewalt. In strukturellen Gewaltverhältnissen lassen sich zwar noch die

Objekte, in aller Regel aber nicht mehr die (Einzel-) Subjekte der

Gewaltausübung konkret benennen; Gewalt - als Macht der

gesellschaftlichen Verhältnisse - zeigt sich in Abhängigkeit,

Unterdrückung, Ausbeutung.

bedeutet im alltäglichen Verständnis die Abwesenheit von Krieg. Die

Friedens- und Konfliktforschung fasst den Begriff jedoch weiter. Sie

unterscheidet zwischen dem negativen Frieden als der Abwesenheit

direkter, personaler, durch ein Subjekt - Objekt - Verhältnis

gekennzeichneter Gewaltanwendung und dem positiven Frieden als

der Abwesenheit indirekter, struktureller, d. h. in politischen,

ökonomischen oder gesellschaftlichen Verhältnissen wurzelnder

Gewalt. In strukturellen Gewaltverhältnissen lassen sich zwar noch die

Objekte, in aller Regel aber nicht mehr die (Einzel-) Subjekte der

Gewaltausübung konkret benennen; Gewalt - als Macht der

gesellschaftlichen Verhältnisse - zeigt sich in Abhängigkeit,

Unterdrückung, Ausbeutung.

FriedenFrieden

Page 3: Frieden als Ordnungsvorstellung der Internationalen Politik Frieden ist mehr als kein Krieg.

Die erweiterten Begriffe von Gewalt und Frieden nach Galtung

GEWALTGEWALT

FRIEDEN FRIEDEN

personale (direkte)

Abwesenheit von personaler Gewalt oder negativer Frieden

strukturelle (indirekte)

Abwesenheit von struktureller Gewalt oder positiver Frieden

Page 4: Frieden als Ordnungsvorstellung der Internationalen Politik Frieden ist mehr als kein Krieg.

Der Friedensbegriff -eine Dauerbaustelle-

Das Kennzeichen beider Friedensbegriffe ist zunächst ihre Orientierung auf

einen politisch-gesellschaftlichen (Ideal-) Zustand, der - ähnlich wie der Begriff

der Gesundheit in der Medizin - durch das Nichtvorhandensein wie auch immer

im einzelnen definierter Störfaktoren beschrieben wird. Über diese Störfaktoren

- etwa Gewalt, Not, Unfreiheit - lässt sich in Politik wie Wissenschaft Konsens

relativ einfach herstellen.

Die positiv - inhaltliche Definition dessen, was den (Ideal-) Zustand des

Friedens ausmacht, trifft hingegen auf erhebliche Schwierigkeiten. Sie hängt ab

von den moralisch-ethischen Grundannahmen und Normen, von den

gesellschaftlichen und politischen Wertvorstellungen des Einzelnen oder der

Gruppe, die sich mit dem Inhalt des Friedensbegriffs jeweils

auseinandersetzen. Folglich gibt es im Prinzip so viele positiv-inhaltliche

Umschreibungen von Frieden, wie es Gesellschafts- und Politikmodelle,

Weltanschauungen, Glaubensbekenntnisse gibt.

Das Kennzeichen beider Friedensbegriffe ist zunächst ihre Orientierung auf

einen politisch-gesellschaftlichen (Ideal-) Zustand, der - ähnlich wie der Begriff

der Gesundheit in der Medizin - durch das Nichtvorhandensein wie auch immer

im einzelnen definierter Störfaktoren beschrieben wird. Über diese Störfaktoren

- etwa Gewalt, Not, Unfreiheit - lässt sich in Politik wie Wissenschaft Konsens

relativ einfach herstellen.

Die positiv - inhaltliche Definition dessen, was den (Ideal-) Zustand des

Friedens ausmacht, trifft hingegen auf erhebliche Schwierigkeiten. Sie hängt ab

von den moralisch-ethischen Grundannahmen und Normen, von den

gesellschaftlichen und politischen Wertvorstellungen des Einzelnen oder der

Gruppe, die sich mit dem Inhalt des Friedensbegriffs jeweils

auseinandersetzen. Folglich gibt es im Prinzip so viele positiv-inhaltliche

Umschreibungen von Frieden, wie es Gesellschafts- und Politikmodelle,

Weltanschauungen, Glaubensbekenntnisse gibt.

Page 5: Frieden als Ordnungsvorstellung der Internationalen Politik Frieden ist mehr als kein Krieg.

Gleichwohl lassen sich idealtypisierend - vereinfachend in der

Entwicklung des Friedensgedankens zwei Argumentationsstränge

herausschälen.

Friede wird entweder begriffen als kosmisches Ordnungsprinzip, als

überhistorischer, gleichsam konzentrierter Ausdruck einer Weltordnung.

Diese findet ihren letzten Flucht- und Legitimationspunkt erst in Gott,

dann als Folge der Säkularisation des politischen Denkens nach der

Reformationszeit in der allen Menschen natürlich gegebenen Vernunft.

Oder Friede wird begriffen als Ausdruck der menschlichen

Willensüberzeugung, als ein rational begründbares politisches

Kulturprodukt. Dieses bedarf der ausdrücklichen Stiftung durch ver-

traglicheVereinbarungen (Landfriedenseinungen, Gesellschaftsvertrag)

ebenso wie des Schutzes durch die öffentliche Gewalt.

Page 6: Frieden als Ordnungsvorstellung der Internationalen Politik Frieden ist mehr als kein Krieg.

Mit dieser dualen Argumentationsstruktur verbunden ist die Frage nach

dem Verhältnis von Frieden und Gerechtigkeit, pax und iustitia: Entweder

ist die Gerechtigkeit dem Frieden vorgeordnet, gilt Friede als ihre

naturwüchsige Frucht. Oder die gesellschaftlich-politische

Friedensordnung ist durch die Herrschaft der öffentlichen Gewalt erst

herzustellen und zu sichern. Dann ist die Gerechtigkeit als

Legitimationsprinzip einer gegebenen gesellschaftlichen Ordnung, die

jedem das Seine zuteilt, dem Frieden nachgeordnet, auch ohne Frieden

nicht zu verwirklichen.

Schließlich: im Kontext des ersten Argumentationszuges erscheint der

Krieg als Unterbrechung, als Störung des naturwüchsigen Friedens. In

der zweiten Traditionslinie ist der Krieg - Folge menschlichen Verfehlens

und sündhafter Willensfreiheit - gleichsam der inner- und

zwischengesellschaftliche Normalzustand. Friede ist Nicht-Krieg.

Page 7: Frieden als Ordnungsvorstellung der Internationalen Politik Frieden ist mehr als kein Krieg.

Friede als natürlicher Zustand Gestifteter Friede als KulturproduktPAX als kosmisches

OrdnungsprinzipPAX als kosmisches

Ordnungsprinzip

Friede resultiert aus Teilhabe an der Gnade Gottes: pax christiana

universalis perpetua mit deutlich eschatologischem Charakter

Friede resultiert aus Teilhabe an der Gnade Gottes: pax christiana

universalis perpetua mit deutlich eschatologischem Charakter

PAX SPIRITUALIS

Pax et justitia als gesell-

schaftliches Ordnungsprinzip

Pax et justitia als gesell-

schaftliches Ordnungsprinzip

Friede als Nichtstörung der Rechtsordnung, Waffenruhe in der

Fehde (tranquillitas pacis) oder Befriedung besonderer

Rechtsbezirke (securitas pacis)

Friede als Nichtstörung der Rechtsordnung, Waffenruhe in der

Fehde (tranquillitas pacis) oder Befriedung besonderer

Rechtsbezirke (securitas pacis)

PAX CIVILIS

Säkularisierung : Emanzipation der Politik von der Ethik

Page 8: Frieden als Ordnungsvorstellung der Internationalen Politik Frieden ist mehr als kein Krieg.

Friede als natürlicher vorgesellschaftsvertragliche

r Zustand

BELLUM RUPTURA PACIS BELLUM RUPTURA PACIS

rationalistisch-naturrechtliche Begründung aus der

Vernunftbegabung des Menschen

rationalistisch-naturrechtliche Begründung aus der

Vernunftbegabung des Menschen

Friede als Ergebnis des gesellschaftsvertraglich

begründeten Gewaltmonopols des Staates; pax civilis effectiva als innere und

Rechtssicherheit

PAX ABSENTIA BELLI PAX ABSENTIA BELLI

gesellschaftsvertragliche Stiftung

gesellschaftsvertragliche Stiftung

Page 9: Frieden als Ordnungsvorstellung der Internationalen Politik Frieden ist mehr als kein Krieg.

Schon diese unterschiedlichen Positionen in der dualen

Argumentationskette zeigen, dass es eine geschichtliche

Epochen übergreifende, vom jeweiligen ethisch - normativen

und / oder politisch-philosophischen Kontext losgelöste

Allgemeindefinition von Frieden nicht gibt. Wenn überhaupt,

lässt sich der Positivgehalt von Frieden nur im Rückgriff auf

ein je bestimmtes Politik- und Gesellschaftsverständnis

festlegen. Statt allgemeinverbindlich, wird der Begriff Frieden

damit notwendigerweise politisch, fordert den Benutzer zur

Überprüfung der eigenen Position, zu Zustimmung oder

Ablehnung heraus.

Schon diese unterschiedlichen Positionen in der dualen

Argumentationskette zeigen, dass es eine geschichtliche

Epochen übergreifende, vom jeweiligen ethisch - normativen

und / oder politisch-philosophischen Kontext losgelöste

Allgemeindefinition von Frieden nicht gibt. Wenn überhaupt,

lässt sich der Positivgehalt von Frieden nur im Rückgriff auf

ein je bestimmtes Politik- und Gesellschaftsverständnis

festlegen. Statt allgemeinverbindlich, wird der Begriff Frieden

damit notwendigerweise politisch, fordert den Benutzer zur

Überprüfung der eigenen Position, zu Zustimmung oder

Ablehnung heraus.

Page 10: Frieden als Ordnungsvorstellung der Internationalen Politik Frieden ist mehr als kein Krieg.

Elemente einer historischen Formenlehre von Krieg und Frieden I

Elemente einer historischen Formenlehre von Krieg und Frieden I

Epoche Kriegsform Charakteristik Politische Organisation

Ökonomische Struktur

Friedensideen

Mittelalter Individualisiert Fehde, Ritterlicher Zweikampf

Lehnswesen, Feudalsystem Herrschaft im

Personen-verband

Grundherr-schaft,

Fernhandel, Zunft- und

Verlagswesen

Gottesfrieden, Landfrieden (als

personale, temporale, regionale

Exemptionen)

Renaissance Kommerzia-lisiert

Söldnerheere, Schusswaffen

Radizierung von

Herrschaft im Prozess der Territoriums-

bildung

Frühkapitalis-mus,

Mittelmeer- und

Orienthandel

Ausbildung eines verbindlichen

Rechtssystems im Innern und

Einschränkung des ius ad bellum im

Aussenverhältnis

Page 11: Frieden als Ordnungsvorstellung der Internationalen Politik Frieden ist mehr als kein Krieg.

Epoche Kriegsform Charakteristik Politische Organisation

Ökonomische Struktur

Friedensideen

Neuzeit Etatisiert, systematisiert

Übergang zu stehenden

Heeren, Einheitlichkeit

von Uniformierung

und Ausbildung

Territorial-staat,

Ständestaat

Manufaktur, Entdeckungen, ÜberseehandelKolonialismus

Zivilisierung des Krieges durch

Kodifizierung und Einhegung des

ius in bello

Absolutismus Bürokratisiert Staatsheere und (dynastische)

Kabinettskriege

Anstaltlich-bürokratisch

verfasster Flächenstaat

Steigerung der staatlichen Wirtschafts- (und Militär-) Potenz durch

Merkantilismus

Rechtsstaat als Überwindung despotischer

Regierungsformen; Freihandel

Elemente einer historischen Formenlehre von Krieg und Frieden II

Elemente einer historischen Formenlehre von Krieg und Frieden II

Page 12: Frieden als Ordnungsvorstellung der Internationalen Politik Frieden ist mehr als kein Krieg.

Epoche Kriegsform Charakteristik Politische Organisation

Ökonomische Struktur

Friedensideen

Französische Revolution

(Radikal-) Demokratisiert

Levée en Masse, Völkerkriege

Republik Kriegswirt-schaft,

Kontinental-sperre,

merkantilisti-sche Autarkie

Demokratisierung von Herrschaft als Teilhabe

der Bürger an Entscheidungen über

Krieg und Frieden 19.

Jahrhundert Industrialisiert Wehrpflicht-

Armee; generalstabs-

mäßig geplante Massen

mobilisierung;

Intensivierung der Mobilität (Eisenbahn)

und der Kontrolle

(Telegraph)

Konstitutiona-lismus

Industriewirt-schaftlich geprägter liberaler

Kapitalismus

Förderung der in ternationalen

Arbeitsteilung;

Freihandel

Elemente einer historischen Formenlehre von Krieg und Frieden III

Elemente einer historischen Formenlehre von Krieg und Frieden III

Page 13: Frieden als Ordnungsvorstellung der Internationalen Politik Frieden ist mehr als kein Krieg.

Epoche Kriegsform Charakteristik Politische Organisation

Ökonomische Struktur

Friedensideen

20. Jahrhundert

Totalisiert Volkskrieg unter Einschluss der

Zivilbevöl-kerung

Parlamentarismus und

Demokratie; Totalitäre Regime

Finanzkapitalis-mus mit

sozialstaat- lichen

Momenten

Individueller Widerstand gegen den Krieg als Pazifismus

nach 1945

Nuklearisiert Bedrohung der gesamten

Schöpfung

Wie vor Sozial- oder Daseinsvor-sorgestaat

Gesellschaftlicher Widerstand gegen den Krieg: Anti-Atomtod/

Friedensbewegungen

Elemente einer historischen Formenlehre von Krieg und Frieden IV

Elemente einer historischen Formenlehre von Krieg und Frieden IV

Page 14: Frieden als Ordnungsvorstellung der Internationalen Politik Frieden ist mehr als kein Krieg.

Elemente einer historischen Formenlehre von Krieg und Frieden V • Epoche: nach dem Ende des Ost-West-Konflikts• Kriegsform: Neue Kriege • Charakteristik: Entstaatlichung des Krieges, Privatisierung der

innergesellschaftlichen wie zwischengesellschaftlichen Gewaltanwendung

• Politische Organisation: Vermischung staatlicher und substaatlicher, öffentlicher und privater Formen von Herrschaft und Machtausübung (Warlords, Mafiagang-Territorien, ethnische Mini-Republiken etc.)

• Ökonomische Struktur: Bürgerkriegs- und Mafiaökonomien vermitteln zwischen lokaler/regionaler Ausbeutung von Ressourcen und prädatorischer Aneignung nicht selbst geschaffener (Mehr-) Werte und der Mobilisierung von Fluchtkapital oder (gewaschenem) Schwarzgeld und der Realisierung von Profiten im globalen Masstab

• Friedensidee: Noch unbestimmte Entwicklung zwischen den Polen des Post Conflict Peace Building gestützt auf Zivilgesellschaft, Third Track Diplomacy, NGOs etc. und Global Governance andererseits

Page 15: Frieden als Ordnungsvorstellung der Internationalen Politik Frieden ist mehr als kein Krieg.

Krieg und Frieden im Lichte exemplarischer Großtheorien der Internationalen Beziehungen

Krieg und Frieden im Lichte exemplarischer Großtheorien der Internationalen Beziehungen

(klass.) Völkerrechts-

lehre

klassischer Liberalismus

Demokrati-scher

Liberalismus

Marxismus Idealismus Realismus

Akteur Souveräne Staaten

(wirtschaf-tende)

Individuen

(Staats-) Bürger und

Völker

sozioökono misch

definierte Klassen

Individuen Nationalstaaten

Konfliktnatur (quasi-) objektiv

subjektiv subjektiv objektiv subjektiv (quasi-) objektiv

Page 16: Frieden als Ordnungsvorstellung der Internationalen Politik Frieden ist mehr als kein Krieg.

(klass.) Völkerrechts

-lehre

klassischer Liberalismus

Demokrati-scher

Liberalismus

Marxismus Idealismus Realismus

Entscheidende Konfliktgründe

jus ad bellum der

Souveräne,

Erwägungen der

Staatsraison

(irrationale Verhaltens-weisen der

Regierungen, insbes.

Eingriffe in das freie Spiel der

Marktkräfte und

Förderung partikularer

Interessen

despotisch- undemokra-

tische Verfassung

der Staaten

private Verfügung über Pro duktions-

mittel;

Klassen-

kampf

Unvernunft, Vorurteil, man

gelnde Kennnis der Absichten anderer

Machttrieb, Sicherheits-

dilemma, Sicht der

inter-nationalen

Beziehungen als

Nullsummen spiel um Macht,

Ressourcen,

Einfluß Beziehung der

Akteure(positiv-)

völkerrechtliche Gleich-

ordnung

Naturrecht-lich verbürgte Gleichheit bei

objektiver Interessen-

harmonie

Vernunft-rechtlich

legitimierte Gleichheit im jus cosmopo-

liticum

Abhängig-keit,

Ausbeutung,

Asymmetrie

Gleichheit, assoziative

Symmetrie

Völkerrecht-liche

Gleichheit, dissoziative machtpolitis

che Schichtung

Krieg und Frieden im Lichte exemplarischer Großtheorien der Internationalen Beziehungen

Krieg und Frieden im Lichte exemplarischer Großtheorien der Internationalen Beziehungen

Page 17: Frieden als Ordnungsvorstellung der Internationalen Politik Frieden ist mehr als kein Krieg.

(klass.) Völkerrechts-

lehre

klassischer Liberalismus

Demokrati-scher

Liberalismus

Marxismus Idealismus Realismus

Friedensziel rechtliche Einhegung des Krieges als legitimer Form des Ver

kehrs der Souveräne

untereinander

(freie) Welt-(Handels-)

Gesellschaft

rechtlich verfasste

internatio-nale Staatengesell

schaft mit genossen-

schaftlicher Organisati-onsstruktur

klassenlose Gesellschaft

Weltgesell-schaft als

kosmopoli-tische

Gemeinschaft aller

Individuen

negativer Friede:

Abwesenheit militärischer Gewaltanwen

dung zwischen Staaten

Mittel zum Frieden

Diplomatie, Interessen-ausgleich, friedlicher Wandel,

Weiterent-wicklung des Kriegsvölker-rechts durch Konsens und

Usus

freie Marktwirt

schaft, Freihandel,

Internationale ArbeitsteilungKooperation

Rechtsstaat-liche und

gewalten- teilige

Verfassung der Staaten, Teilhabe der Staats bürger

an Entscheidun-

gen über Krieg und Frieden

Aufhebung der Ausbeutung

und der privaten

Verfügung über

Produktions-mittel; mit dem

Klassen-gegensatz in den Nationen

fällt die Feindschaft der Nationen

gegeneinander

Aufklärung, Konflikt-

Schlichtung, Streit-

Beilegung, internationale Organisation,

kollektive Sicherheit, Integration

Ab-schreckung,

Gleichgewicht der Macht, kollektive

Verteidigung

Page 18: Frieden als Ordnungsvorstellung der Internationalen Politik Frieden ist mehr als kein Krieg.

(klass.) Völkerrechts

-lehre

klassischer Liberalismus

Demokrati-scher

Liberalismus

Marxismus Idealismus Realismus

Grundein- Stellung

hinsichtlich der Verwirk-lichung des

Friedens

(gemäßigt) optimistisch

(determini- stisch)

optimistisch

(gemäßigt) optimistisch

determini-stisch

optimistisch

optimistisch pessimistisch

Page 19: Frieden als Ordnungsvorstellung der Internationalen Politik Frieden ist mehr als kein Krieg.

Friede als Prozess Dem Dilemma einer gleichsam konstruktivistischen, je epochenmässig inhaltlich

differenten Verortung von Krieg und Frieden sucht die Friedens- und

Konfliktforschung neuerdings dadurch zu entgehen, daß sie Frieden weniger als

(Ideal-) Ziel oder Zustand gesellschaftlichen Handelns begreift, sondern als einen in

der Geschichte sich entwickelnden Prozess. In diesem Prozess geht es um die

Institutionalisierung dauerhafter, gewaltfreier Formen der Konfliktbearbeitung, nicht

allerdings - manch landläufigem Verständnis zuwider - um die Abschaffung des

Konfliktes als einer gesellschaftlichen Verhaltensweise an sich.

Vielmehr soll die Bearbeitung von Konflikten durch kontinuierliche Verrechtlichung

ihrer Austragungsweise zivilisiert werden. Durch zunehmende Gewaltfreiheit des

Konfliktaustrags eröffnet sich die Chance zum Abbau von Gewaltsamkeit zunächst

im Binnenverhältnis der Einzelgesellschaften, sodann aber auch in der

internationalen Politik, im Verhältnis der staatlich verfassten Einzelgesellschaften

untereinander.

Page 20: Frieden als Ordnungsvorstellung der Internationalen Politik Frieden ist mehr als kein Krieg.

fünfziger undsechziger Jahre

siebziger und frühe achtziger Jahre

späte achtziger und neunziger Jahre

negativer Friede positiver Friede Friede als Zivilisierungsprojekt

Friedensbegriff Abwesenheit direkter, insbesondere organisierter

militärischer Gewaltanwendung

Abwesenheit direkter und struktureller Gewalt

institutionalisierte gewaltfreie politische und soziale

Interaktion

Merkmal raumzeitlicher Zustand gesellschaftlicher Prozeß

Ansatzebene internationale Beziehungen in der machtkonkurrenzgeprägten

Staatenwelt des Ost-West-Konflikts

Individuen als Grundeinheit inner- und

zwischengesellschaftlicher Beziehungen

transnationale Vernetzung politischer, sozioökonomischer,

kultureller und ökologischer Beziehungen, interaktive Verflechtung inner- und

zwischengesellschaftlicher Lebensbereiche

Ansatzschwerpunkt national, regional; Einhegung und Verhinderung

militärischer Konflikte

transnational, global;Identifikation mit den Opfern

struktureller Gewalt

Transformation des Verhaltens von Kollektiven in

Konfliktsituationen in Richtung auf zunehmend gewaltfreie

Konfliktbearbeitung

Gegenbegriff Krieg Gewalt gewaltförmiger Konfliktaustrag

Entwicklungsphasen der Prädizierung des FriedenbegriffsEntwicklungsphasen der Prädizierung des Friedenbegriffs

Page 21: Frieden als Ordnungsvorstellung der Internationalen Politik Frieden ist mehr als kein Krieg.

Die Ausdifferenzierung des FriedensbegriffsDie Ausdifferenzierung des Friedensbegriffs

Kriegsverhütung gesellschaftliche Strukturänderung

komplexe ganzheitliche Modelle

Abwesenheit

militärischer Gewaltanwendung

Gleichgewicht der

Macht/der Mächte

Abwesenheit

struktureller Gewalt

GeschlechterfriedenInterkultureller

FriedeFriede mit

der Natur

Spiritueller innerer Friede

Global

Umwelt

Kultur

Transnational

Zwischenstaatlich

Innerstaatlich

Inner-

gesellschaftlich

Familie/Individ.

Innerer Friede

FRIEDEFRIEDE

Oberziel:

Bereich

Kennzeichen

Page 22: Frieden als Ordnungsvorstellung der Internationalen Politik Frieden ist mehr als kein Krieg.

Internationale Ordnungsbildung

Ordnungsbildung ist seit der Herausbildung des europazentrischen

Staatensystems – d.h. seit dem 17. Jahrhundert - ein zentraler Aspekt der

internationalen Politik zunächst in Europa, dann auch der übrigen

westlichen (OECD)- Welt.

Das Ziel von Ordnungspolitik war die Verhinderung des Krieges oder die

Bewahrung des Friedens (einschließlich der Kontrolle von kleinen

Konflikten) unter den großen Mächten. Die Existenz oder Nicht-Existenz

funktionierender internationaler Ordnung - so lehrt die Geschichte der

vergangenen Jahrhunderte - war immer ein wichtiger Bestimmungsfaktor

dafür, ob es Krieg oder Frieden gab. Die Phase des langen Friedens des

19. Jahrhunderts wird in der Geschichtswissenschaft mit dem

Funktionieren einer internationalen Ordnung ebenso in Zusammenhang

gebracht, wie umgekehrt das Scheitern ordnungspolitischer

Bemühungen in den zwanziger und dreißiger Jahren als ein wesentlicher

Grund für den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs angesehen wird.

Page 23: Frieden als Ordnungsvorstellung der Internationalen Politik Frieden ist mehr als kein Krieg.

Was die Beschäftigung mit internationaler Ordnung erschwert, ist die Tatsache, dass

in der politischen wie der theoretischen Debatte unterschiedliche Vorstellungen

davon bestehen, was man unter „Ordnung“ verstehen soll und was tatsächlich dazu

beiträgt, dass durch (gesellschaftlich-nationale wie zwischenstaatlich-internationale)

Ordnung Krieg vermieden und Frieden gesichert werden kann. Es lassen sich im

Gesamtkontext der überkommenen theoretischen Denkschulen mindestens vier

unterschiedliche Erklärungen ausmachen:

Was die Beschäftigung mit internationaler Ordnung erschwert, ist die Tatsache, dass

in der politischen wie der theoretischen Debatte unterschiedliche Vorstellungen

davon bestehen, was man unter „Ordnung“ verstehen soll und was tatsächlich dazu

beiträgt, dass durch (gesellschaftlich-nationale wie zwischenstaatlich-internationale)

Ordnung Krieg vermieden und Frieden gesichert werden kann. Es lassen sich im

Gesamtkontext der überkommenen theoretischen Denkschulen mindestens vier

unterschiedliche Erklärungen ausmachen:

Page 24: Frieden als Ordnungsvorstellung der Internationalen Politik Frieden ist mehr als kein Krieg.

eine der Theorie des strukturellen Realismus zugehörige Erklärung, der

zufolge internationale Ordnung gleichzusetzen ist mit einem

internationalen System, welches sich aus dem Prozess der

Herausbildung von Macht und Gegenmacht entwickelt. Für einen Autor

wie Kenneth Waltz ist zur Erklärung der internationalen Politik primär die

Logik von Macht und Gegenmacht entscheidend. Ordnung wird

mechanistisch mit dem Bestehen einer Machtbalance gleichgesetzt. Erst

wenn sich Mächte gegenseitig balancieren, gibt es so etwas wie

Ordnung, entweder im Rahmen eines multipolaren Systems, eines

bipolaren oder aber auch im Rahmen eines unipolaren Systems, bei dem

sich der Hegemon wie weiland Gulliver bei den Liliputanern freiwillig

Fesseln anlegen lässt (benign hegemon) oder wo der Hegemon sich

unilateral (möglicherweise gewaltsam) durchsetzt.

eine der Theorie des strukturellen Realismus zugehörige Erklärung, der

zufolge internationale Ordnung gleichzusetzen ist mit einem

internationalen System, welches sich aus dem Prozess der

Herausbildung von Macht und Gegenmacht entwickelt. Für einen Autor

wie Kenneth Waltz ist zur Erklärung der internationalen Politik primär die

Logik von Macht und Gegenmacht entscheidend. Ordnung wird

mechanistisch mit dem Bestehen einer Machtbalance gleichgesetzt. Erst

wenn sich Mächte gegenseitig balancieren, gibt es so etwas wie

Ordnung, entweder im Rahmen eines multipolaren Systems, eines

bipolaren oder aber auch im Rahmen eines unipolaren Systems, bei dem

sich der Hegemon wie weiland Gulliver bei den Liliputanern freiwillig

Fesseln anlegen lässt (benign hegemon) oder wo der Hegemon sich

unilateral (möglicherweise gewaltsam) durchsetzt.

I. Ordnung als Systemeigenschaft I. Ordnung als Systemeigenschaft

Kenneth N. Waltz, Theory of International Politics, New York 1979

Page 25: Frieden als Ordnungsvorstellung der Internationalen Politik Frieden ist mehr als kein Krieg.

eine historisch-soziologische, auf normative Kategorien zurückgreifende Erklärung,

die im Prinzip der realistischen Denkweise zugeordnet werden muss. Internationale

Ordnung reflektiert den Willen, bei Anerkennung aller Unterschiedlichkeit der

Interessen und unter Bedingungen einer prinzipiellen, gleichsam naturzuständlichen

internationalen Anarchie unter den Akteuren des internationalen Systems zumindest

zu einem Modus Vivendi und zur Vereinbarung gewisser Spielregeln zu kommen.

Die traditionelle Variante begnügt sich damit, internationale Ordnung mit den all-

gemeinen Prinzipien der Staatenordnung des Westfälischen Friedens

Anerkennung des Prinzips der äusseren Souveränität der Staaten (rex est

imperator in regno suo)

Nichteinmischungsgebot in die inneren Angelegenheiten anderer (innere

Souveränität – cujus regio, ejus religio)

Ausbildung des Gleichgewichtsprinzips

gleichzusetzen.

eine historisch-soziologische, auf normative Kategorien zurückgreifende Erklärung,

die im Prinzip der realistischen Denkweise zugeordnet werden muss. Internationale

Ordnung reflektiert den Willen, bei Anerkennung aller Unterschiedlichkeit der

Interessen und unter Bedingungen einer prinzipiellen, gleichsam naturzuständlichen

internationalen Anarchie unter den Akteuren des internationalen Systems zumindest

zu einem Modus Vivendi und zur Vereinbarung gewisser Spielregeln zu kommen.

Die traditionelle Variante begnügt sich damit, internationale Ordnung mit den all-

gemeinen Prinzipien der Staatenordnung des Westfälischen Friedens

Anerkennung des Prinzips der äusseren Souveränität der Staaten (rex est

imperator in regno suo)

Nichteinmischungsgebot in die inneren Angelegenheiten anderer (innere

Souveränität – cujus regio, ejus religio)

Ausbildung des Gleichgewichtsprinzips

gleichzusetzen.

II. Ordnung als Ergebnis eines Normen- und Verfahrenskonsenses II. Ordnung als Ergebnis eines Normen- und Verfahrenskonsenses

Adam Watson, The Evolution of International Society. A comparative historical analysis, London 1992

Page 26: Frieden als Ordnungsvorstellung der Internationalen Politik Frieden ist mehr als kein Krieg.

Viele Autoren gehen jedoch weiter und begreifen internationale Ordnung

im Gegensatz zu der einzig auf Machtbalancefragen zugeschnittenen

Definition des strukturellen Realismus als eine komplexere Form der

Verständigung unter den großen Staaten darüber, wie der Frieden

zwischen ihnen zu wahren ist und wie eventuelle Probleme und

Herausforderungen des Friedens gehandhabt werden können.

Dabei kommen sowohl machtpolitische (Kräftebalance; Interventionen

gegen Ordnungsstörer) als auch normative Kategorien (Legitimität,

Imperativ der Kriegsvermeidung) zum Tragen. Dieses Konzept einer

internationalen Ordnung wurde vor allem von Gordon Craig und

Alexander George entwickelt, aber auch grundlegende Schriften Henry

Kissingers stützen es. Nach Craig und George müssen drei Elemente

gegeben sein, um von einer internationalen Ordnung sprechen zu

können:

Viele Autoren gehen jedoch weiter und begreifen internationale Ordnung

im Gegensatz zu der einzig auf Machtbalancefragen zugeschnittenen

Definition des strukturellen Realismus als eine komplexere Form der

Verständigung unter den großen Staaten darüber, wie der Frieden

zwischen ihnen zu wahren ist und wie eventuelle Probleme und

Herausforderungen des Friedens gehandhabt werden können.

Dabei kommen sowohl machtpolitische (Kräftebalance; Interventionen

gegen Ordnungsstörer) als auch normative Kategorien (Legitimität,

Imperativ der Kriegsvermeidung) zum Tragen. Dieses Konzept einer

internationalen Ordnung wurde vor allem von Gordon Craig und

Alexander George entwickelt, aber auch grundlegende Schriften Henry

Kissingers stützen es. Nach Craig und George müssen drei Elemente

gegeben sein, um von einer internationalen Ordnung sprechen zu

können:

Page 27: Frieden als Ordnungsvorstellung der Internationalen Politik Frieden ist mehr als kein Krieg.

erstens eine gemeinsame Übereinkunft zwischen den

beteiligten Staaten über die Ziele und Perspektiven der

internationalen Politik;

zweitens das Vorhandensein einer Systemstruktur, die der

Verwirklichung der Ziele dient,

und drittens die Existenz und Wirksamkeit akzeptierter

Verfahrensregeln (Normen, Usancen und Institutionen), die bei

der Verwirklichung der Ziele zu beachten sind.

erstens eine gemeinsame Übereinkunft zwischen den

beteiligten Staaten über die Ziele und Perspektiven der

internationalen Politik;

zweitens das Vorhandensein einer Systemstruktur, die der

Verwirklichung der Ziele dient,

und drittens die Existenz und Wirksamkeit akzeptierter

Verfahrensregeln (Normen, Usancen und Institutionen), die bei

der Verwirklichung der Ziele zu beachten sind.

Gordon A.Craig/Alexander L. George, Force and Statecraft. Diplomatic Problems of our Time, New York 1983Henry A. Kissinger, Die Vernunft der Nationen. Über das Wesen der Aussenpolitik, Berlin 1994

Page 28: Frieden als Ordnungsvorstellung der Internationalen Politik Frieden ist mehr als kein Krieg.

III. Ordnung als Ergebnis der Bildung internationaler InstitutionenIII. Ordnung als Ergebnis der Bildung internationaler Institutionen

eine institutionalistische Erklärung, der zufolge eine internationale

Ordnung daraus erwächst, dass Staaten das Völkerrecht beachten

und wesentliche Bereiche ihrer Souveränität zugunsten eines

internationalen Normen- und Institutionengefüges aufgeben

(Vorstellung von der rechtlich verfassten Staatengesellschaft). Eine

derartige Ordnung ist in der Charta der Vereinten Nationen angelegt,

insbesondere im System der kollektiven Sicherheit, in dem der

Sicherheitsrat die zentrale Rolle bei der Sicherung des

internationalen Friedens spielt. Diese Ordnungsvorstellung

beherrschte auch lange Zeit die politische Debatte in Deutschland.

Auf sie bezieht sich Art. 24, Abs. 2 Grundgesetz, in dem es heißt:

"Der Bund kann sich zur Wahrung des Friedens einem System

gegenseitiger kollektiver Sicherheit einordnen."

eine institutionalistische Erklärung, der zufolge eine internationale

Ordnung daraus erwächst, dass Staaten das Völkerrecht beachten

und wesentliche Bereiche ihrer Souveränität zugunsten eines

internationalen Normen- und Institutionengefüges aufgeben

(Vorstellung von der rechtlich verfassten Staatengesellschaft). Eine

derartige Ordnung ist in der Charta der Vereinten Nationen angelegt,

insbesondere im System der kollektiven Sicherheit, in dem der

Sicherheitsrat die zentrale Rolle bei der Sicherung des

internationalen Friedens spielt. Diese Ordnungsvorstellung

beherrschte auch lange Zeit die politische Debatte in Deutschland.

Auf sie bezieht sich Art. 24, Abs. 2 Grundgesetz, in dem es heißt:

"Der Bund kann sich zur Wahrung des Friedens einem System

gegenseitiger kollektiver Sicherheit einordnen."

Hedley Bull, The Anarchical Society. A Study of Order in World Politics, 3. Aufl. Basingstoke 2002Martin Wight, Systems of States, Leicester 1977

Page 29: Frieden als Ordnungsvorstellung der Internationalen Politik Frieden ist mehr als kein Krieg.

IV. Ordnung als Ergebnis der Durchsetzung von Demokratie IV. Ordnung als Ergebnis der Durchsetzung von Demokratie

eine liberale Ordnungsperspektive, wonach die Ausbreitung von

Demokratie, Menschenrechten, Freihandel und gesellschaftlicher

Entwicklung sowie die Förderung von zwischenstaatlicher Kooperation

die wichtigsten Bausteine für eine friedliche internationale Ordnung

seien. Vertreter der liberalen Denkschule der internationalen

Beziehungen gehen davon aus, dass es so etwas wie einen

zivilisatorischen Fortschritt in der Menschheitsgeschichte und somit

auch in der internationalen Politik geben kann, der die Perspektive

eines "Endes der Geschichte" eröffnet.

eine liberale Ordnungsperspektive, wonach die Ausbreitung von

Demokratie, Menschenrechten, Freihandel und gesellschaftlicher

Entwicklung sowie die Förderung von zwischenstaatlicher Kooperation

die wichtigsten Bausteine für eine friedliche internationale Ordnung

seien. Vertreter der liberalen Denkschule der internationalen

Beziehungen gehen davon aus, dass es so etwas wie einen

zivilisatorischen Fortschritt in der Menschheitsgeschichte und somit

auch in der internationalen Politik geben kann, der die Perspektive

eines "Endes der Geschichte" eröffnet.

Page 30: Frieden als Ordnungsvorstellung der Internationalen Politik Frieden ist mehr als kein Krieg.

Realismus Rationalismus Liberaler Internationalismus

Akteure Nationalstaaten Nationalstaaten individuelle, gesellschaftliche, nationalstaatliche

Akteure

Prozesse Nullsummenspielartige Konkurrenz um Macht,

Einfluss und Ressourcen

Konflikt und Kooperation im

Rahmen gemeinschaftlich

anerkannter Verhaltensregeln und

(informeller wie formeller)

Institutionen

internationale Arbeitsteilung und

funktionale Vernetzung als

Ergebnis wie als Voraussetzung

wissenschaftlicher, technischer,

ökonomischer und politischer

Modernisierung

Friedenschaffende Leitprinzipien klassischer Großtheorien Friedenschaffende Leitprinzipien klassischer Großtheorien

Page 31: Frieden als Ordnungsvorstellung der Internationalen Politik Frieden ist mehr als kein Krieg.

Realismus Rationalismus Liberaler Internationalismus

Strukturprinzip Sicherheitsdilemma Kontrolle des Machtstrebens und der

Machtausübung der Akteure in der internationalen

Anarchie

Kooperation und Interdependenz

Milieu Staatenwelt als internationaler anarchischer Naturzustand

Staatenwelt als rechtlich verfasste internationale

Staatengesellschaft

Staaten- und Gesellschaftswelt als Friedensgemeinschaft liberaler Demokratien

Friedenskonzept Sicherheit des Akteurs (als Voraussetzung seines

Überlebens)

Garantie der Erwartungsverlässlichkeit

des Akteurshandelns in der

internationalen (Rechts-) Ordnung

(„pacta sunt servanda“)

Fortschreitende Verwirklichung von

Freiheit, Gerechtigkeit, Wohlfahrt als menschliche

Existenzbedingungen plus Intensivierung der

internationalen Kooperation plus

Förderung der Modernisierung als

Bedingung moralischer Perfektibilität wie

zunehmender Wohlfahrt der Menschheit

Page 32: Frieden als Ordnungsvorstellung der Internationalen Politik Frieden ist mehr als kein Krieg.

Realismus Rationalismus Liberaler Internationalismus

(Erklärungs-)Ansatzebene

(außengerichtetes) Aktions-/Interaktionsverhalten

der Akteure („unit-level-explanation“)

Vergesellschaftung/ Systembildung der

Akteure; Phänomen der „governance without

government“

Politische/ sozioökonomische Binnenstruktur der

Akteure („inside-out-explanation“)

Mittel Machtakkumulation, (gewaltsame) Selbsthilfe zur

Durchsetzung von Eigeninteressen, Abschreckung,

Gleichgewichtspolitik

Ausbildung eines Konsenses der Akteure über gemeinschaftliche

Interessen, (Selbstbindende

Verhaltens-) Regeln und Institutionen; insbes.

Anerkennung/ Befolgung von Verhaltensregeln, die

die Gewaltausübung in der Staatengesellschaft

einhegen, beschränken,

reduzieren

Freihandel, Förderung der internationalen

Organisation und kollektiven Sicherheit, Demokratisierung der Akteure im Lichte von

Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechtsverwirk-lichung, Aufklärung über

gemeinsame (Menschheits-) Interessen

und Erziehung zu kompromißhafter,

interessenausgleichender

Konfliktbearbeitung Schlagwort Abschreckungsfrieden

unter Anarchie (Rechts-)Ordnungsfriedenunter regulierter Anarchie

Demokratischer Friedenunter Kooperation

Page 33: Frieden als Ordnungsvorstellung der Internationalen Politik Frieden ist mehr als kein Krieg.

Literaturhinweise (zur eingehenderen Diskussion der inhaltlichen

Bestimmungen von ‘Frieden’):

• Czempiel, Ernst-Otto: Friedensstrategien. Systemwandel durch

Internationale Organisationen, Demokratisierung und Wirtschaft,

Paderborn 1986.

• Czempiel, Ernst-Otto: Friedensstrategien. Eine systematische

Darstellung aussenpolitischer Theorien von Machiavelli bis Madariaga,

2.Aufl. Opladen/Wiesbaden 1998

• Meyers, Reinhard: Begriff und Probleme des Friedens, Opladen 1994.

• Brown, Michael E. et al. (eds.): Theories of War and Peace, Cambridge,

Massachusetts 1999

Literaturhinweise (zur eingehenderen Diskussion der inhaltlichen

Bestimmungen von ‘Frieden’):

• Czempiel, Ernst-Otto: Friedensstrategien. Systemwandel durch

Internationale Organisationen, Demokratisierung und Wirtschaft,

Paderborn 1986.

• Czempiel, Ernst-Otto: Friedensstrategien. Eine systematische

Darstellung aussenpolitischer Theorien von Machiavelli bis Madariaga,

2.Aufl. Opladen/Wiesbaden 1998

• Meyers, Reinhard: Begriff und Probleme des Friedens, Opladen 1994.

• Brown, Michael E. et al. (eds.): Theories of War and Peace, Cambridge,

Massachusetts 1999


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