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frieden 2013 2

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Frieden ist die Mitgliederzeitschrift des Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V.
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Oradour-sur-Glane 4. September 2013 Oktober 2013 Zeitschrift des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V.
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Oradour-sur-Glane4. September 2013

Oktober2013

Zeitschrift des VolksbundesDeutsche Kriegsgräberfürsorge e. V.

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WorkcampFast wie eine Familie

Die Jugendbegegnung in Kasselbeschäftigt sich mit anspruchsvollenThemen der politischen Bildung.

SchwerpunktDie Geschichte wirkt fort

In Duchowschtschina weiht der Volksbund seinen letzten großen

Sammelfriedhof in Russland ein.

Bau & PflegeAdler auf Abwegen

Die Renovierung der Skulptur des U-Boot-Ehrenmals in Möltenort

bei Kiel ist abgeschlossen.

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AktuellGauck: Oradour nicht vergessen!

Bundespräsident Joachim Gauck erinnert an die Opfer des Massakersvon Oradour-sur-Glane.

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BundeswehrAlte Gräber – neue Freunde

Deutsche und ungarische Soldatenarbeiten erstmals gemeinsam auf der

Kriegsgräberstätte Sopron.

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Liebe Leserinnen, liebe Leser,

vielleicht haben Sie sich schon ge -fragt, warum unsere Zeitschrift friedenerst drei Wochen später als gewohntbei Ihnen eintrifft. Dies liegt daran,dass wir Ih nen unbedingt unseren neu-en Präsidenten vorstellen möchten:Denn seit dem 12. Oktober 2013 nimmtMarkus Meckel in der Nachfolge vonReinhard Führer das wichtige Ehren-amt des Volksbund-Präsidenten wahr.

Ein besonderes Ereignis war auchder historische Besuch des Bundesprä-sidenten und Volksbund-Schirmherrenin Oradour-sur-Glane. Joachim Gauckwar der erste Bundespräsident, der die -sen Ort der Erinnerung an die Gräueldes Zweiten Weltkrieges besuchte.

Zugleich wurde mit dem Bau derneu en deutschen Kriegsgräberstätte inDuchowschtschina bei Smolensk, demletzten großen Sammelfriedhof in Russ -land, ein weiterer Meilenstein gesetzt.Aber auch die anderen Aspekte derVolks bundarbeit kommen nicht zu kurz.So lesen Sie in dieser Ausgabe über dasEngagement der Bundeswehr, interna-tionale Workcamps und Jugendbegeg-nungen, das älteste Volksbundmitglied,Vorsorge-Informationen, Veranstaltun-gen im In- und Ausland sowie weitereInformationen zu aktuellen Bau- oderRenovierungsarbeiten und viele weite-re interessante Neuigkeiten aus un se -rer internationalen Friedensar beit.

Danke für Ihre Hilfe.

Maurice BonkatRedakteur

Inhalt/Vorwort

Spendenkonto: Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V.Kontonummer: 3 222 999 • Commerzbank Kassel • Bankleitzahl: 520 400 21

Beitrag und Spende per Telefon: 0561 – 7009 – 0Bitte halten Sie Ihre Mitgliedsnummer bereit! Danke für Ihre Hilfe!

Gedenken4 Wir werden Oradour nicht vergessen Joachim Gauck erinnert an Opfer

Aktuell6 Abschied und Neuanfang Reinhard Führer übergibt an Markus Meckel

Schwerpunkt8 Die Geschichte wirkt fort Duchowschtschina: Letzter Sammelfriedhof eingeweiht

Reisen14 Ein langer Weg Reise nach Polen und ins ehemalige Ostpreußen

Workcamp18 Fast wie eine Familie Internationale Jugendbegegnung in Kassel

Jugendarbeit22 „Back to the roots“ JAK-Pfingstzelten in Lommel23 60 Jahre Jugendarbeit Volksbund feiert Jubiläum in Lommel

Zeitzeugen24 „Eigentlich bin ich doch die Jüngste!“ 111-Jährige treues Volksbundmitglied

Kriegskinder28 Die Vergangenheit ist nicht tot Autorenlesung mit Sabine Bode

SEPA29 Europäischer Zahlungsverkehr SEPA startet am 1. Februar 2014

Erzählen ist Erinnern30 Buchreihe Band 90, 110, 112 und 113

Interview31 Auf den Spuren des Vaters Interview: Generalmajor a. D. Jürgen von Falkenhayn

Bundeswehr32 Alte Gräber – neue Freunde Deutsch-ungarischer Arbeitseinsatz in Sopron

Förderer-Workcamp35 Jeder Handschlag zählt 9. Förderer-Workcamp in Monte Cassino

Veranstaltungen36 Abschied vom deutschen Vater 50 Jahre deutsche Soldatenfriedhöfe in Finnland 38 Ort der Begegnungen 50 Jahre Kriegsgräberstätte Dagneux

Bau & Pflege40 Adler auf Abwegen Skulptur am U-Boot-Ehrenmal renoviert

Leserbriefe42 Leserbriefe unserer Mitglieder Aus tiefstem Herzen – Ort des Friedens

Information43 Gut vorgesorgt!? Jurist hält 50. Vorsorge-Vortrag

Namen & Nachrichten44 Termine & Meldungen Namen, Nachrichten, Meldungen und Fotos

46 Impressum

47 Coupon

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kann, wenn nicht jeder Schritt, jede Geste,jeder Blick und jedes Wort „sitzt“.

Der gemeinsame Besuch des deut-schen Bundespräsidenten Joachim Gauckund des französischen StaatspräsidentenFran çois Hollande am 4. September 2013ist so ein Termin. Oradour ist bis heute einpolitisches Minenfeld. Am 10. Juni 1944haben Angehörige einer SS-Panzerdivisi-

on als Rache für Partisanenangriffe in dem30 Ki lometer nordwestlich von Limogesgelegenen Dorf 624 Menschen auf grau-samste Weise getötet und den Ort völligzerstört. Nur fünf Menschen überlebtendie se durch nichts zu rechtfertigendeWahn sinnstat.

Ein Besuch in den als Mahnmal erhal-tenen Ruinen von Oradour ist ein speziel-ler Prüfstein der deutsch-französischenBeziehungen. Es ist deshalb etwas He -rausragendes, wenn Robert Hebras, derdamals das Massaker überlebt hat, dendeutschen Bundespräsidenten in dem zer -störten Ort begrüßt. Joachim Gauck istdas erste deutsche Staatsoberhaupt inOra dour. Natürlich weiß er, dass alles,was er tut und sagt, von den Medien welt-weit beobachtet und kommentiert wird.Wie gesagt: ein Besuch im Minenfeld ...

Es wäre auf jeden Fall zu wenig, wennman heute feststellte: Unser Bundespräsi-dent hat alles richtig gemacht. Man solltezumindest ergänzen: Der französischeStaatspräsident und der Überlebende desVerbrechens haben ihm dabei sehr gehol-fen. Dies zeigen die Bilder, wo sich diesedrei Männer im Gedenken an die Totenberühren. Viele tun sich schwer mit sol-chen Gesten. Wie schnell wirkt so etwasaufgesetzt, gar peinlich. Hier, an diesemOrt des Entsetzens, dieser stumm schrei-enden Ermahnung zur Bewahrung derMenschlichkeit, ist es gelungen, die inne-re Anteilnahme, die Verbindung dieserdrei Menschen in gemeinsamer Erinne-rung und Trauer sichtbar zu machen.

„Aus der ernsthaften Auseinanderset-zung mit dieser bitteren Geschichte habendie Menschen in Deutschland die Kraftgewonnen, mein Heimatland zu einemguten Land zu machen“, sagt der Bundes -präsident und bekräftigt: „Wir werdenOradour und die anderen Orte des Grau-ens und der Barbarei nicht vergessen.“

as Leben eines deutschen Bundes -präsidenten, wie auch das eines

französischen Staatspräsidenten,ist geprägt von einer nicht enden wollen-den Abfolge von Terminen, Besuchen, Be -geg nungen, Gesprächen. Viele sind sichererfreulich, andere bestimmt sehr anstren-gend. Etliche sind kompliziert – und eini-ge wenige von der besonderen Art, dassman eigentlich nur alles falsch machen

1984: Ein Händedruck als Symbol der Versöhnung – Staatspräsident Mitterrand und Bundeskanzler Kohlreichen sich die Hand vor dem Gebeinhaus auf dem Douaumont/Verdun. Foto: Volksbundarchiv

Wir werden Oradour nicht vergessenJoachim Gauck erinnert an Opfer

Gedenken

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Ehrliche Betroffenheit

Oradour – der Name dieses französi-schen Ortes steht seit langem als ein Fanaldafür, was Menschen Menschen antunkönnen. Der Besuch des deutschen Bun-despräsidenten hat daran nichts geän-dert. Aber er hat dem Namen Oradourvielleicht etwas hinzugefügt, das demMenschen doch ebenfalls zueigen ist: ehr-liche Betroffenheit und Trauer. Die Bereit-schaft, Verantwortung zu übernehmen,auch wenn es sich nicht um persönlicheTaten handelt. Den unbedingten Willen,das schreckliche Geschehen nicht zu ver-gessen – und dafür zu sorgen, dass dieseMahnung für die nachkommenden Gene-rationen wirksam bleibt.

Martin Dodenhoeft

Linie der Versöhnung

Joachim Gauck und François Hollandestehen damit gewissermaßen in einer his -to rischen Linie mit dem französischemStaatspräsidenten François Mitterrandund Bundeskanzler Helmut Kohl. DasBild von Mitterrand und Kohl, 1984 Handin Hand in Verdun, ist in das kollektiveGedächtnis von Deutschen und Franzo-sen eingegangen. Vielleicht passiert dasnun auch mit einem der Bilder vom Be -such in Oradour.

Verständigung und Versöhnung

Diese Bilder von Präsidenten und Kanz -lern gehen um die Welt, unzählige Men-schen sehen sie, sie werden immer wiederabgedruckt – und so wirken sie auch be -sonders. Sehr viel mehr Bilder aber sindentstanden, seitdem junge Deutsche zumersten Mal nach dem Zweiten Weltkriegnach Frankreich kamen, um dort deutscheKriegsgräber zu pflegen – und um Ver-ständigung, für Versöhnung und eine ge -meinsame Friedensarbeit zu werben. Die-se vielen Bilder von den deutsch-franzö-sischen Begegnungen sind der Weltpressekeine Aufmerksamkeit wert gewesen.Doch haben auch die Jugendlager desVolksbundes – die Workcamps, wie manheute sagt – etwas bewirkt. Sie habensicher auch dazu beigetragen, dass in derGegenwart junge Deutsche und Fran -zosen einfach nur fassungslos zur Kennt-nis nehmen, dass so etwas wie Oradourdamals zwischen den heute be freun detenNationen möglich war.

Leicht war es übrigens nicht immer.Deut sche Jugendliche waren in den 1960er-Jahren auch in Oradour. Sie fanden Ge -sprächspartner in der Bevölkerung, bautenvorsichtige Beziehungen auf, stifteten ei -nen Leuchter für die Kirche – bis der Kon-takt jäh abgebrochen wurde. Vielleicht wares damals, vor gut 50 Jahren, doch noch zufrüh – trotz des gerade ab ge schlossenendeutsch-französischen Freund schafts ver -trages. Vielleicht hatte damals ein einfa-cher französischer Geistlicher seine Kom-petenzen überschritten. Ja, es dauerte, bissich der argwöhnische Blick auf die Deut-schen, die in Frankreich deutsche Solda-tengräber pflegten, in ein wohlwollendesNicken wandelte.

Gedenken

2013: Der französische Staatspräsident François Hollande, der Überlebende Robert Hebras und Bundes -präsident Joachim Gauck besuchen die Kirche von Oradour. Fotos: dpa

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sammelten Menschen sind alt. Es sindnicht nur Deutsche. Ich sehe auch russi-sche Frauen weinen, ich denke, aus Mit-leid um die Menschen, denen der Krieg dasLiebste genommen hat. Sicher weinen sieauch um ihre eigenen Liebsten, ihre Män-ner und Brüder, ihre Väter und Groß väter,die im Kampf gegen die Deutschen starbenund vielleicht bis heute kein Grab haben.

Meine alte Erinnerung an den trauri-gen Abend in Frickenhausen ist wiederda. Und es wird mir deutlich, wie unend-lich wichtig es für die Menschen ist, Ab -schied nehmen zu können. Ich erfahreselbst, wie wichtig es ist, einfach nur einGrab zu kennen, an das man gehen kann.

In Charkow sehe ich eine 87-jährigeDame, gestützt auf eine junge Frau, ihreEnkelin, lange an einem Grab stehen. Spä-ter erfahre ich von ihr, dass sie zum erstenMal das Grab ihres gefallenen Verlobtenbesucht. Wir kommen ins Gespräch. DerFriedhof ist schon viel früher eingeweihtgewesen – warum hat sie so lange mitdem ersten Besuch gewartet? Sie erzählt

es mir. Nach dem Tod ihres Verlobten hatsie seinen älteren Bruder geheiratet. Soetwas ist damals nicht ungewöhnlichgewesen. Die Menschen haben sich in die-ser schweren Zeit aneinander geklam-mert und, wenn es gut ging, Halt gefun-den. Die „große Liebe“ ist es meistensnicht. Man spricht gelegentlich von der"Versorgungsehe", aber häufig ist esnichts anderes als ein Zeichen liebevollerVerantwortung. „Ich konnte ihn ja wirk-lich nicht besuchen, solange mein Mannge lebt hat. Das durfte ich ihm einfachnicht antun. Vor drei Jahren ist er gestor-ben. Nun konnte ich von meiner großenLiebe Ab schied nehmen“, sagt sie mir.Manche Menschen verstehen nicht, wa -rum unsere Arbeit heute noch mit so tiefenEmotionen verbunden ist. Ich aber habebei meinen vielen Friedhofs be su chen ge -sehen, wie un endlich wichtig die Arbeitun seres Volksbundes für die Menschen ist.

Erfolge, Rückschläge – und Ermutigung

Das gilt auch für mich selbst. In knappelf Jahren aktiver ehrenamtlicher Ar beit

Er hatte es früher schon einmal an ge -kün digt, aber viele hatten es so langenicht glauben wollen, bis es soweit war:Reinhard Führer (67) ist am 12. Oktobervon seinem Amt als Präsident des Volks - bundes zurückgetreten. Als seinen Nach -folger hatte er Markus Meckel (61) vor-geschlagen, der vom AußerordentlichenBundesvertretertag am 12. Oktober mit71 von 73 Stimmen zum neuen Präsiden-ten gewählt wurde (ein Kurzporträt fin-den Sie auf der rechten Seite). Im hierfolgenden Text schreibt Reinhard Füh-rer für Sie etwas über seine Motivation,dem Volksbund zu helfen, über einigeseiner vielen eindrücklichen Erlebnisse,über Erfolge wie Misserfolge in den ver-gangenen Jahren wie auch über bleiben-de Aufgaben:

in kleiner Junge, sieben oder achtJahre alt, steht eines Abends an derHand seines zweiundzwanzig Jah-

re älteren Bruders auf einem Kirchhof. Esist fast dunkel. Viele Leute sind versam-melt. Es wird getragene Musik ge spielt –und die Menschen weinen. Sie weinen,und der kleine Junge weiß nicht, warum.

Der kleine Junge, das bin ich gewesen.Was war das, warum haben denn dieMenschen so geweint? Das frage ich spä-ter meinen Bruder. Und er erzählt es mir.In der Gemeinde Frickenhausen im Land-kreis Esslingen ist an dem Abend einDenkmal für die Kriegstoten des Orteseingeweiht worden. Und ich, der kleineJunge, nehme einen Eindruck mit, vondem ich heute weiß, dass er mein Lebentief beeinflusst hat.

Viele Jahrzehnte später erlebe ich Ähn-liches. Wieder stehe ich auf einem Fried-hof. Und wieder weinen viele Menschen.Nur bin ich inzwischen Präsident desVolks bundes geworden. Und dieser Fried -hof liegt in Russland. Viele der hier ver-

Alter und neuer Präsident: Markus Meckel (rechts) ist neuer Volksbundpräsident. Erster Gratulant ist seinVorgänger Reinhard Führer. Fotos: Maurice Bonkat

Abschied und NeuanfangReinhard Führer übergibt an Markus Meckel

Aktuell

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russischen Soldaten auf Kriegsgräberstät-ten. Ich halte das für ein ganz wichtigesSignal, ein Zeichen der Normalisierungder politischen Beziehungen zwischenun seren Ländern.

Wir hätten allerdings auch nicht ge -dacht, dass einmal wieder deutsche Sol-daten in Kriegen ihr Leben verlieren wür-den – so wie in Afghanistan. Das bedrücktmich sehr. Vielleicht erinnern Sie sich: Esgab in der Politik zunächst Vorbehalte,den Krieg auch nur Krieg zu nennen. Essah zeitweise so aus, als hätte man die Grä -ber der Opfer gern wie Zivilgräber be han -delt. Wir haben dafür gesorgt, dass die To -ten der Bundeswehr ein Ehrengrab er hal -ten – wenn die Familien es wollen. In zwi -schen ist jedem klar: Sie wollen es. Undgerade diese Gräber der nach Deutsch -land überführten Soldaten machen heutebesonders nachdenklich.

Im Inneren wird der Volksbund weiternachdenken müssen, wie er sich Struktu-ren schaffen kann, die den Anforderun-gen einer neuen Zeit gerecht werden – ei -ner Zeit, in der man nicht mehr wie früherauf die nahezu selbstverständliche Hilfevon Angehörigen zählen kann.

Ich danke Ihnen!

Mein Amt als Volksbundpräsident ha -be ich am 12. Oktober an den von unse-rem Bundesvertretertag zum neuen Prä-sidenten gewählten Markus Meckel über -geben. Ich bitte Sie herzlich, ihm Ihr Ver-trauen zu schenken, so wie ich mir Ih resVertrauens immer sicher sein durfte. Al -len unseren Mitgliedern und Spendern,allen Menschen, die dem Volksbund unei-gennützig helfen, möchte ich meinenganz persönlichen herzlichen Dank sa -gen. Ich wünsche mir einfach, dass Siedem Volksbund weiter die Treue halten.Ich danke Ihnen und all den vielen, dieuns helfen, die Kriegsgräberstätten alsMahnung zum Frieden, als bedeutendegeschichtliche Orte zu erhalten.

Ich wünsche Ihnen von Herzen allesGute und Gottes Segen.

Ihr

(Reinhard Führer)

als Präsident – mit zahllosen Terminen,mit anstrengenden Reisen, mit Sitzungen,die nicht unbedingt alle harmonisch ver-laufen müssen, mit so manchen Rück-schlägen für unsere Arbeit – habe ichmich immer wieder einmal gefragt: „Wa -rum tust Du das eigentlich?“ Und dann ...kommt immer wieder eine Hand, diemich berührt, eine Umarmung unter Trä-nen, ein Dankeswort, das mich tief be -wegt und all diese kleinlichen Alltagsdin-ge nichtig macht.

Ich bin sehr stolz darauf, dass wir es inden Jahren meiner Amtszeit erreicht ha -ben, auf dem Gebiet der ehemaligen Sow -jetunion nun alle notwendigen Sammel-friedhöfe zu bauen. Es ist nicht einfachgewesen. Ich erinnere mich gut an diesehr belastende Phase der absoluten „Eis-zeit“ mit Russland vor einigen Jahren –heute aber gibt es eine gute Partnerschaft,ja sogar herzliche Freundschaft!

Wenn ich daran denke, freut es michwirklich. Anderes aber ist offen geblieben.In den meisten Nachfolgestaaten des ehe-maligen Jugoslawien sind wir kaum vor-angekommen. Das liegt nicht daran, dassunsere Kräfte und Mittel zu begrenztsind, ob wohl auch das immer zu beden-ken ist. Nein, hier sind wir darauf ange-wiesen, dass sich politisch etwas ändert.

Was ich vermisse

Ich vermisse eine bessere, und das heißtvor allem eine finanzielle Anerkennungunserer Jugend- und Bildungsarbeit. Dennwenn die Angehörigen der gleichen undder folgenden Generation nicht mehr dasind, müssen sich die Kriegsgräberstättenendgültig wandeln. Sie werden von Ortender persönlichen Erinnerung und derTrau er zu historischen Stätten. Wir brau-chen ein allgemeines Bewusstsein, dassdiese Orte für unser kollektives Gedächt-nis wichtig sind. Gelingt es nicht, so einBewusstsein zu schaffen und zu veran-kern, dann verlieren diese besonderen Or -te ihre mahnende Funktion, dann werdensie vergessen.

Wir halten mit aller Kraft dagegen, unddas nicht ohne Erfolg. Seit einigen Jahrengibt es auf unsere Initiative hin gemeinsa-me Arbeitseinsätze mit deutschen und

Aktuell

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Zur Person: Markus Meckel

Geboren am 18. August 1952 inMüncheberg/Brandenburg; 1971 bis1978 Theologiestudium in Naumburgund Berlin; 1980 bis 1988 Vikariat undevangelisches Pfarramt in Vipperow/Mü ritz, Mecklenburg; 1988 bis 1990Leiter der Ökumenischen Begegnungs-und Bildungsstätte in Niederndode -leben bei Magdeburg; oppositionellepo litische Ar beit in der DDR seit den1970er Jahren; mit Martin GutzeitInitiator der Grün dung der Sozial -demokratischen Partei in der DDR(SDP); Vertreter der SDP am Zentra-len Runden Tisch; Mitglied der Volks-kammer der DDR vom 18. März bis 2. Oktober 1990, April bis August 1990Außenminister der DDR; Mitglieddes Bundestages von 1990 bis 2009.

Markus Meckel ist vielfältig ehren-amtlich engagiert, so unter anderemals Vorsitzender des Stiftungsrates derStiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Ko-Vorsitzender der Stiftungfür deutsch-polnische Zusammenar-beit und Kuratoriumsmitglied des Eu -ropäischen Netzwerks „Erinnerungund Solidarität“. Ein Schwerpunktseines Wirkens lag in den letzten Jah-ren in der Gestaltung der ÖstlichenPartnerschaft der Europäischen Uni-on und in der Demokratieförderung.

Neuer Volksbundpräsident: Markus Meckel

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Schwerpunkt

Duchowschtschina: Letzter Sammelfriedhof eingeweiht

Die Geschichte wirkt fort

Bayer aus Montreal (Kanada) mit ih -ren Kindern Felizia, Patrizia und Ge -reon, seine Tochter Christina Gradlaus Schwandorf mit ihrem Sohn Se -bastian, die dritte Tochter BarbaraDörf ler aus Bamberg und seinen SohnEk bert aus Kulmbach mitgebracht. Ererzählt über seinen Bruder.

Der 20-jährige Abiturient Karl Przi-byllok, Obergrenadier aus dem schle-sischen Klausberg, fiel am 19. August1943. Vor 70 Jahren starb er, wie es inder Todesanzeige heißt, den „Helden -tod“ in den „schweren Abwehrkämp-fen an der Ostfront“. Der Schock inder Familie war groß, als die Nach-richt kam. Da half es auch nicht, dasses in der Familie schon vorher Solda-ten gegeben hatte. Der älteste Sohn,der älteste Enkel, war tot! Viele Jahreund Jahrzehnte mussten vergehen, bisam 4. April 2013 endlich die Nachrichtdes Volksbundes kommt: Karl Przi -byl lok ist gefunden und identifiziert!Er ruht auf der neuen Kriegsgräber-stätte Duchowschtschina bei Smo-lensk in Block 21, Reihe 15, Grab 841.Der Volks bund informiert auch über

eine Reisemöglichkeit. Sofort wird inder Fa milie telefoniert, einer infor-miert den anderen, und schnell istklar: Wir müssen hin, wir fahren hin!Nicht einmal der Weg von Kanadanach Russland ist dafür zu weit. Undjetzt sind sie hier, und nun, sagt eineder Töchter, hat alles ein irgendwiedoch gutes Ende.

Quälende Ungewissheit

Am schlimmsten ist tatsächlich dieUn gewissheit, das quälende Warten,wäh rend man selbst älter und älterwird, sagt eine Frau, die nicht na ment - lich genannt werden möchte. Hat meinMann, hat mein Bruder, hat mein Vaterdamals überhaupt ein Grab er hal ten?Kann man ihn finden? Wird er umge-bettet, und wohin? Wann und wiekann man das Grab besuchen? Wie ister gestorben? Musste er leiden? Dassind die Fragen, die am häufigsten ge -stellt werden.

Heute schließt sich für viele derGäste aus Deutschland dieser Kreis.Gabriele Ja kobus und Angelika Bier-

in denkwürdiger Moment, eindenkwürdiger Tag: Am 3. Au -gust 2013 weihen Deutsche

und Russen am Rand der kleinenStadt Duchowschtschina, 60 Kilome-ter östlich von Smolensk, gemeinsamden 22. und damit letzten Sammel-friedhof für deutsche Kriegstote inRussland ein. Über 70 000 Kriegstotesollen hier nach Abschluss der nocheinige Jahre andauernden Umbet-tungen einmal ruhen. 30 513 sind esschon, geborgen aus den Gräbern aufden umliegenden Schlachtfeldernim so genannten Mittelabschnitt derdeutschen Ostfront. 16 300 Namensind bekannt und auf Granitstelendokumentiert. Weitere Namen wer-den demnächst beschriftet.

Das kleine Steckschild im Bodenne ben den Namentafeln trägt den Na -men Karl Przibyllok. Daneben liegenneun weiße Nelken, neun rote Trau -erlichter bilden einen Kreis darum.Und neun Menschen aus drei Genera-tionen haben sich hier versammelt.Der 84jährige Werner Przibyllok ausKulmbach hat seine Tochter Maria

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Schwerpunkt

Die fünf Hektar große deutscheKriegs gräberstätte Duchowschtschinaist der letzte vom Volksbund in ganzOsteuropa angelegte Sammelfriedhof.Hier sind derzeit 30 513 deutscheKriegs tote bestattet, 16 300 von ihnensind namentlich bekannt und auf Ste-len dokumentiert. Bis zu 70 000 Tote –vornehmlich aus Ursprungsgrabla-gen in den Gebieten Brjansk, Kalugaund Smolensk – sollen hier ihre letzte,würdige Ruhestätte erhalten.

Die Anlage ist in 38, durch kleineGra nitsteine markierte Einbettungs-blöcke gegliedert. Vom überdachtenEingang des Friedhofs führt ein Wegzum zentralen Ge denkplatz mit ei -nem schlich ten Hochkreuz. Die Na -men der bekannten Kriegstoten sind– und werden – auf großen Ge denk -stelen aus Naturstein verzeichnet.Kleine Gruppen aus Symbolkreuzengestalten die Fläche der Anlage.

Der Friedhof

B E L A R U S

L E T T L A N D

E S T L A N D

L I T A U E NR U S S L A N D

DuchowschtschinaDuchowschtschinaDuchowschtschina

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So einfach ist das alles nicht, wenn zwi-schen den Gräbern und den An gehörigender Toten Grenzen gezogen werden. Unddie Grenzen, die gab es nicht nur in Formvon Mauern und Zäunen und waffenstar-render Armeen. Sie existierten, was nochschlimmer ist, auch in den Köpfen.

Bundesverteidigungsminister Thomasde Maizière dankt deshalb in seiner Ge -denkansprache Russland und seinen Bür-gern für ihre Versöhnungsbereitschaft.Denn schließlich – und das betont auchReinhard Führer, der Präsident des Volks-bundes – haben die Deutschen im Juni1941 die Sowjetunion angegriffen. Die un -zähligen Toten sind bis heute nicht ver-gessen, besonders nicht im Gebiet umSmo lensk, das unter den Kämpfen undder deutschen Besatzung schwer gelit-ten hatte. Damals wurde auch der OrtDuchow schtschina vollständig zerstört –so wie übrigens schon einmal in seiner Ge -schichte, 1812 im „Vaterländischen Krieg“ge gen Frankreich.

70 Jahre liegen die furchtbaren Kämpfedes Zweiten Weltkrieges in diesem Gebietnun schon zurück. Die Häuser sind wie-der aufgebaut. Über 4 200 Menschen le -ben in der Stadt. Außer dem russischen

Soldatenfriedhof und dem neuen deut-schen Friedhof erinnert hier nichts mehran den Krieg. Anders aber ist es in denKöpfen der Menschen. Die Geschichtewirkt fort. „Nie werden wir das uner -mess liche Leid vergessen, das den Men-schen unseres Volkes – auch von denen,die hier liegen – angetan wurde“, sagtIgor Skobelew, Vizegouverneur des Ge -bietes Smolensk. Man dürfe aber nichtnur an die Vergangenheit denken – undnie dürfe man sich von Gefühlen derRache und des Hasses leiten lassen! Dannfügt er einen Satz hinzu, der wahrschein-lich bei all den vielen Gedenkreden in denvergangenen zwanzig Jahren in Russlandso noch nie gefallen ist: „Wir dürfen ande-ren keine Schuldgefühle aufzwingen.“

Stärker als Feindschaft und Hass

Reinhard Führer, Präsident des Volks-bundes, weiß: „Dass wir diesen Tag erle-ben dürfen, verdanken wir in erster Linieder Versöhnungsbereitschaft der russi-schen Bevölkerung.“ Und das wissen auchdie deutschen Angehörigen sehr genau.Nein, es ist für sie nicht selbstverständ-lich, dass sie heute endlich hier stehendürfen. Dankbarkeit gegenüber der russi-schen Bevölkerung ist keine hohle Phra-

baum (sie kom men aus Stuttgart und demnahen Fellbach) stehen an der Stele, dieden Namen ihres Onkels FriedrichSchmidt trägt. Im Juli erst hat die Familiedie Nachricht er halten, dass FriedrichSchmidt hier nun sein würdiges Grabbekam. Sein Bruder kann die Reise nachDuchowschtschina nicht selbst antreten –aber dessen Töchter zö gern nicht. Die Rei-se muss sein, schon des Vaters zuliebe,der so gern selbst am Grab seines Brudersge standen hätte. Den Töch tern ist dasThema vertraut. In der Fa milie wurde vielüber die Angehörigen gesprochen, die imKrieg geblieben sind. Friedrich starb am19. August 1943, fast genau vor 70 Jahren– drei Tage vor seinem 20. Geburtstag.

Nie vergessen

Ein Mensch, der stirbt, erhält ein Grab.So ist das in der Kultur unseres Landes,der russischen selbstverständlich auch.An dieses Grab kann man gehen, manweiß ja, wo es ist. Man kann es jederzeitbesuchen, es pflegen – es ist ein ganz per-sönlicher Ort der Erinnerung, der Trau er,des Gedenkens. Wer aber die Zeit des Kalten Krieges nicht nur aus Ge schichts -bü chern oder Fernsehdokumentationenkennt, sondern sie miterlebt hat, der weiß:

Schwerpunkt

Werner Zech und Marianne Strauss sind Angehöri-ge von Josef Zech.

Josef Zech – einer von über 35 000 Kriegstoten inDuchowschtschina.

Gabriele Jakobus und Angelika Bierbaum geden-ken ihres Onkels.

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würdigt vor allem die vorbildliche Erhal-tung der sowje ti schen Kriegsgräber inDeutschland durch die deutsche Seite.

So dürfte zutreffen, was Thomas deMaizière so zu sam menfasst: „Die Bedeu-tung der Kriegsgräberfürsorge für dieVöl ker ver stän di gung kann kaum hochgenug eingeschätzt werden.“

775 000 deutsche Kriegstote umgebettet

Sicher die meisten der über 300 Men-schen, davon 200 aus Deutschland, erle-ben zum ersten Mal eine Einweihungsze-remonie auf einer deutschen Kriegsgrä-berstätte mit. Dies wird es in Zukunft indieser Form nicht mehr oft ge ben. Dennnach der Einweihung des Friedhofs inDuchowschtschina stehen nur noch weni-ge Neubauprojekte in Südosteuropa aufder Liste des Volksbundes.

Seit dem politischen Umbruch in denbis dahin für den Volksbund weitestge-hend unzugänglichen ehemaligen Ost-

gen und daraus die notwendigen Schluss -folgerungen zu ziehen. Solche Tragödiendürfen sich nie mehr wiederholen. Wirteilen das Motto Versöhnung über den Grä -bern!“ Diese Worte stammen von Ge ne -raloberst Wladimir Tschirkin, Oberbefehls -haber der russischen Landstreitkräfte. Ererinnert an die seit den Genfer Ab kom -men geltende Verpflichtung, den Kriegs -toten würdige Ruhestätten zu geben und

se, sondern ein tief empfundenes Gefühl,verbunden häufig mit der be glückendenErkenntnis, dass Menschlichkeit doch stär -ker ist als alle Feindschaft, aller Hass.

Diese Botschaft wird nicht dadurchschlechter, dass man sie oft wiederholt.Nein, es kann nicht oft genug gesagt wer-den: „Unsere Aufgabe besteht gerade dar-in, die Lehren der Geschichte zu beherzi-

Schwerpunkt

300 Gäste, darunter auch 100 russische Staatsbürger, kommen zur Einweihung der neuen deutschen Kriegsgräberstätte und zugleich letztem Sammelfriedhofin Duchowschtschina bei Smolensk. Fotos: Uwe Zucchi

Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière und Volksbundpräsident Reinhard Führer sprechenüber die für viele Angehörige so wichtigen Namenstelen.

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• Hugo Blankenburg (geb. 15.7.1913 in Witterda)

• Günter Ulrich (geb. 2.12.1924 in Berlin)• Werner Zupp (geb. 26.6.1924 in Köslin)

Aber wo sind ihre Angehörigen?

Einer von ihnen istder fünfhunderttau -sendste Kriegstote, den dieVolksbund mitarbeiter in Russland,Weißrussland und der Ukraine gebor-gen und würdig bestattet haben. Leider

hat der Volksbund bisher zu niemandemaus ihren Familien Kontakt – und das istüberhaupt ein Problem: Der Volksbundkennt und dokumentiert Hunderttausen-de Na men von Kriegstoten, hat aber nurzu ei nem Bruchteil der Familien Kontakt.Wissen sie denn überhaupt, dass ihr An -ge hö ri ger längst ein würdiges Grab erhal-ten hat, das be sucht werden kann? 16 000To te auf dem Friedhof Duchowschtschinasind namentlich bekannt. Aber nur 200Men schen aus Deutschland haben heuteden Weg zu ih ren Gräbern gefunden.

Immerhin ist auf dem Friedhof einegan ze Reihe jüngerer Menschen ausDeutsch land anzutreffen. In den meistenFällen begleiten sie ältere Familienan-gehörige. Wenn sie es nicht vorher schonwussten, so erkennen sie es spätestenshier: Der Tod eines geliebten Menschen istauch 70 Jahre später noch eine hochemo-tionale Angelegenheit. „Jetzt kann ichendlich Ruhe finden“ – das ist einer dermeistgesagten Sätze auf dem Friedhof.Das be stätigt auch der junge ChristophHerzog von Oldenburg, der sich seit kur -zem im Kuratorium der Stiftung Ge den -ken und Frieden engagiert. In seiner en -ge ren Fa milie gibt es keine Kriegstoten,berichtet er. Den Weg zum Volksbund hater über die Bundeswehr gefunden, überpo si tive Erlebnisse bei der Haus- und Stra -ßen samm lung. Er findet es sehr wichtig,dass die Menschen hier ihren Ort derTrau er und des Abschieds finden können,macht sich aber auch Gedanken um dieZukunft des Volksbundes. Wie geht esdenn weiter, wenn die Bindung der Fami-lien von Ge neration zu Generation nach-lässt und ir gendwann ganz verloren geht?

Zu än dern ist das nicht. DieMah nung der

Kriegs gräberaber, die auf

diesem wieauf al len an -

de ren Kriegsgrä ber -stätten sehr eindring-

lich zu erfahren ist,soll für alle Menschen

blockländern haben seine Mit -arbeiter insgesamt schon rund775 000 Kriegstote umge-bettet. In Duchow scht -schina setzt der Volks-bund während der Ein wei -hungs ze re monie fünf deut schegefallene Soldaten bei.

Vier von ihnen sind nament-lich bekannt:• Richard Sennecke

(geb. 12.9.1905 in Stettin)

Schwerpunkt

Vor Beginn der offiziellen Einwei-hung bestattete der Volksbund nebendem Gedenkplatz fünf deutsche Solda-ten. Darunter war auch der fünfhun dert - tau sends te deutsche Kriegstote, der vomVolksbund in Russland, Weiß russ landund der Ukraine geborgen wurde. Essprachen der Präsident des Volksbun-des, Reinhard Führer, und Pfarrer Die-trich von Bü low-Sternbeck.

Nach einer stillen Kranzniederle-gung auf der russischen Kriegsgräber-stätte in Duchowschtschina be gann aufder neuen deutschen Friedhofsanlagedie Einweihungszeremonie. Über 300Gäste, rund 200 von ihnen aus Deutsch-land, nahmen teil.

Es sprachen: Igor Skobelew, Vizegou-verneur des Gebietes Smolensk, Rein-hard Führer, Präsident des VolksbundesDeutsche Kriegsgräberfürsorge, Gene-raloberst Wladimir WalentinowitschTschirkin, Oberbefehlshaber der Land-streitkräfte der Russischen Föderation,und der deutsche Bundesminister derVerteidigung, Thomas de Maizière.

Militärdekan Bernhard Schaller undPfarrer i. R. Dr. Klaus Loscher hielteneine ökumenische Andacht.

Nach der Kranzniederlegung, demLied „Ich hatt’ einen Kameraden“ alsTrom petensolo und den beiden Na tio -nal hymen Deutschlands und Russlandsendete die von dem Mitarbeiter desVolksbundes Arne Schrader organisier-te und moderierte Veranstaltung.

An der Veranstaltung nahmen un teran derem auch der deutsche Botschafterin Moskau, Ulrich Brandenburg, unddie Bundestagsabgeordneten KlausBrä h mig, Stephan Mayer und Dr. Joa-chim Pfeiffer teil. Das ÖsterreichischeSchwar ze Kreuz, die Schwesterorgani-sation des Volksbundes, war durch sei-nen Vi ze präsidenten Walter Murauervertreten.

Deutsche und russische Soldatenhat ten vor der Einweihung der Kriegs-gräberstätte mit einem binationalen Ar -beitseinsatz gemeinsam letzte Arbeitenauf dem Friedhof verrichtet.

Die Einweihung

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sichtbar bleiben. Schon deshalb muss derVolksbund weiterarbeiten. Da für will ersich persönlich einsetzen.

Zwischenziel erreicht – Arbeit geht weiter

Die Arbeit des Volksbundes ist nochlan ge nicht beendet. Sie wird teilweisesogar noch schwieriger. Das spricht derdeutsche Bundesverteidigungsministeran: „Auch wenn wir heute schon denfünfhunderttausendsten Kriegstoten bei-gesetzt ha ben, dürfen wir nicht vergessen:Hunderttausende liegen noch in deut-scher und russischer Erde. Viele werdenwohl niemals geborgen werden.“

Und auch diese Worte des Ministerssollen erwähnt sein: „Der Volksbund hatsich große und bleibende Verdienste er -wor ben – dafür gebühren ihm Respektund Anerkennung.“

Das tut gut, aber das allein genügtselbstverständlich nicht. Der Volksbundbraucht mehr denn je die Hilfe der Bun-desregierung und der Bevölkerung. Wirsind sicher, dass sich die Anerkennungseiner Verdienste nach den Bundestags-wahlen im September 2013 auch in einerbedarfsgerechten Fortsetzung der finan-ziellen Unterstützung durch die neueBundesregierung niederschlagen wird.

Martin Dodenhoeft

Schwerpunkt

Nach Ende der Reise kommt dietraurige Nachricht: Unser För-derer Reinhold Leber, der seine

Schwägerin bei der Reise an das Grabihres Vaters, seines Schwiegervaters,begleitet hat, ist kurz nach An kunftauf dem Mos kauer Flughafen schwergestürzt und trotz bester ärztlicherVersorgung nach einigen Tagen ge -storben. Er, der selbst im Alter von17 Jahren in den Krieg ziehen muss -te, wollte in Du chow schtschina mitdiesem Thema endlich seelisch ab -schließen. Es ist ihm versagt ge blie -ben. Unser Mitgefühl gilt seiner Fa -milie und allen, die um ihn trauern.

Ein denkwürdiger Moment, ein denk würdiger Tag:Barbara Dörfler am Grab ihres Onkels Karl Przibyllok

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Hinsicht nicht so ganz: Manche Teilneh-mer beschäftigen sich schon lange, teilsüber Jahrzehnte mit der Idee, dorthin zureisen. Einmal da sein, wo sie selbst oderihre Eltern geboren wurden und lebten –oder liebe Angehörige im Zweiten Welt-krieg starben. Doch irgendetwas andereshatte stets Vorrang gehabt. Zunächst fehl-te schlicht die Zeit, vielleicht auch dasGeld. Später, in Zeiten des Eisernen Vor-hangs, mangelte es für viele an der tat -sächlichen Möglichkeit, gen Osten reisenzu können. Wenn in späteren Jahren danndie Gesundheit nicht mehr so ganz mit-spielte, konnte es passieren, dass man denGedanken an diese Reise wieder komplettverwerfen musste. Dazu kamen noch die-

se Ungewissheit, die Fragen: Werde ich alldas gut verarbeiten? Welche Gefühle er -wachen in mir nach so langer Zeit amGrab meiner lieben Angehörigen?

Zwei Gedenkfeiern

Tatsächlich finden sich unter den Gäs -ten durchaus unterschiedliche Interessen.Während die Mehrzahl den Schwer punktder Reise in einem der Besuche deutscherKriegsgräberstätten sieht, auf denen ih - re Angehörigen ruhen, ist es für andere eher ein touristisch-historischer Ausflug.Manch mal ist es auch eine Reise in dieeigene Vergangenheit, die verlorene Hei-mat. Kritiker bezeichnen dieses Phäno-

ehr als 2 000 Kilometer, über 30 Mitreisende, dutzende Sta-tionen und ein gemeinsames

Ziel: Frieden. Wollte man die Wünsche derTeilnehmer der Volksbund-Busreise durchPolen, das Frische Haff, die KurischeNeh rung bis nach Königsberg (Kalinin -grad) und zurück über Masuren etwaspa thetisch beschreiben, wäre dies wohleine Möglichkeit. Und doch lässt sich die-se Rei se ins ehemalige Ostpreußen nurschwer lich auf wenigen Seiten wiederge-ben. Man hätte dabei sein sollen.

Die zehntägige Busreise in die Vergan-genheit startete Ende Juli 2013 in Berlin.Doch das stimmt schon gleich in vielerlei

Die Gedenkfeiern auf den deutschen Kriegsgräberstätten Bartossen in Polen (Foto unten) und im russischen Kaliningrad sind nicht nur für die Teilnehmer einerder zahlreichen Höhepunkte der Volksbund reise nach Polen und ins ehemalige Ostpreußen. Foto: Maurice Bonkat

Ein langer Weg

Reisen

Reise nach Polen und ins ehemalige Ostpreußen

M

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Reise bus liest der gebürtige Königsbergersei nen Mitreisenden auf Wunsch vonProf. Wernstedt einige Passagen darausvor. Sie handeln davon, wie er als Kind aufder Flucht bei Pillau einem so ge nann tenKZ-Todeszug begegnet: „Es nä hert sichaus schier unendlicher Ferne auf ei ner ge -raden Chaussee ein Menschen zug ... Essind in Lumpen gekleidete Menschen, zu -nächst nur Frauen, ein langer Zug. Die

„Heu te ist davon nicht mehr viel zu sehenund auch die Menschen sind anders, alssie in den Geschichten geschildert wer-den“, stellt der 33-jährige Benjamin Bar-newski aus Berlin fest. Er begleitet alsjüngster Teilnehmer seine Großeltern Wal -traut und Fred Ziemann.

Kindheit im Krieg

Ohnehin gibt es da auch die schlechtenErinnerungen. Und die sind meist sogarnoch langlebiger. Dr. Eckhart Jander ha -ben sie so lange beschäftigt, bis er sie auf-geschrieben hat. Drei Bände sind es ge -worden. Nach seiner Pensionierung be -gann er das Werk, schrieb zehn Jahre dar-an. Unter dem Titel „Zilpzalp im Weiden-laub – Ein Lebensroman“ beschreibt derPädagoge unter dem Pseudonym Kans-bar Wyderle Kindheit, Jugend und Alterdes Protagonisten Jasper Zalp. Hunger,Bomben nächte sowie seine traumatischenErlebnisse während der Flucht aus Ost-preußen spielen im ersten Band eine gro -ße Rolle. Es war eine Kindheit im Krieg. Im

men gerne als Heimwehtourismus. Da beiwird längst akzeptiert, dass die ge nann -ten ehemaligen deutschen Gebiete heutezu polnischem und russischem Ho heits -ge biet gehören. Es ist nur menschlich, sichauch an das Schöne vergangener Ta ge zuerinnern. So sieht es auch Reiseleiter Her-mann Georgi. Und wenn man ihn späterfragt, was für ihn an der Reise am wich-tigsten war, sagt er ganz bescheiden:„Dass alle zufrieden sind!“

Masurische Erinnerungen

Ein wenig Melancholie ist auch dabei,sicher. Vor allem, wenn auf den Fahrtenzwischen den einzelnen Besichtigungenpassende Lieder wie „Ännchen von Thar-au“, „Es dunkelt schon in der Heide“ undzahlreiche literarische Erinnerungen auf-gefrischt werden. „So zärtlich war Suley-ken, Masurische Geschichten“ von Sieg-fried Lenz oder „Jokehnen“ und „Som-mer vierundvierzig“ von Arno Surminski– diese Werke zeichnen ein Bild des vergangenen Masuren oder Ostpreußen.

Reisen

Dieses Bild zeigt die Volksbundgruppe während des Aufenthaltes an der Masurischen Seenplatte. Die über 30 Mitreisenden haben ein umfangreiches Pro-gramm: 2 000 Kilometer und dutzende Ortschaften besuchen sie binnen zehn Tagen.

KönigsbergKönigsberg

BartossenBartossen

Königsberg

Bartossen

P O L E N

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kreuz, mit dem Volksbundmitarbeiter dieexakte Grablage seines Vaters Fritz Spiesmarkiert haben. Es ist ein einsamer Mo -ment, in dem er innerlich Abschied nimmtvon dem Vater. Und doch ist er nicht allei-ne. Nur wenige Meter neben diesem Grabstehen weitere Holzkreuze, davor An ge -hörige im Gebet, versunken in eine ganzei gene Gedankenwelt. Tränen lassen sichin solchen Momenten nur schwerlich un -terdrücken. Warum auch.

Wille zum Frieden

Die Menschen, die hier vom Volksbundim vergangenen Jahrzehnt begraben wur-den, sind schon lange tot. Ihre Frauen undGeschwister sind inzwischen längst er -graut, auch die Kinder, von denen man-che den eigenen Vater niemals kennen ler-nen durften. Heute sind sie alle auf derdeutschen Kriegs gräberstätte – und dochjeder mit seinem persönlichen Schicksalfür sich allein. Einzig der Wunsch nachund der Wille zum Frieden sind allen ge -mein – auch den Gedenkrednern wie derAußenministerin der Kaliningrader Ge -bietsregierung und den Vertretern derKon fessionen, welche die würdige Ge -denkveranstaltung mitgestalten.

Einer der Ge denk redner sitzt gleichmitsamt Ehe frau Marianne und TochterThela im Bus. Es ist der niedersächsischeVolksbund-Landes vorsitzende Prof. RolfWernstedt. Wie viele der Mitreisenden hat

auch er einen An -gehörigen im Zwei -ten Weltkrieg ver-loren. Sein VaterWilhelm Gerickestarb am 5. August1944 und ist heutein Block 6 des Sam-melfriedhofes impolnischen Bartos-sen begraben.

Drei Bedeutungen

In Königsberg hält der ehemalige nie-dersächsische Landtagsprä sident dieGedenkrede. Dabei weist er auf die dreizentralen Bedeutungen oder auch Funk-tionen einer Kriegsgräberstätte hin. Dennneben der Eigenschaft als persönlicherOrt der Trauer, die inzwischen im merweiter an Bedeutung abnimmt, und derübergeordneten Funktion als Mahn maldes Friedens, müsse ein weiterer As pekthinzukommen: „Wenn wir es ernst neh-men mit der Friedensarbeit des Volksbun-des, müssen die Kriegsgräberstätten zuLernorten für junge Menschen werden,damit so etwas nie wieder ge schieht.“

Dabei berichtet Prof. Wernstedt ganzkonkret von dem Workcamp Wolfsburg-Costermano, das er noch kurz vor derzehntägigen Volksbund-Busreise besuchthatte. Auch dort seien sich Jugendlichenähergekommen, hätten sich Freund-

Frau en gehen in einer Kolonne, vier oderfünf nebeneinander in jeder Reihe. Haltensie sich an den Händen? Nein, das scheintnur so. Aber sie greifen zu, wollen stützen,wenn eine schwankt. Das nutzt nichts.Die Bewacher schlagen mit dem Gewehr-kolben dazwischen, sie schreien, sie sto -ßen, die Frauen bleiben stumm.“

Der Tag, von dem Dr. Jander hier be -richtete, war auch der Tag, als die Wil-helm Gustloff unterging. In der gleichenNacht wurde 150 km Luftlinie entferntder oben beschriebene To des zug, beste-hend aus jüdischen Mitmenschen, vorPalmnicken von der SS aufs Eis getriebenund erschossen.

Abschied nehmen

Auch solche Erlebnisse begleiten dieReisegruppe auf ihrer Busreise. Ähnlichbeklommen ist die Stimmung etwa beimBesuch der Wolfsschanze, wo vor nun -mehr fast 70 Jahren ein gelungenes Atten-tat womöglich Millionen Menschenlebengerettet hätte. Zugleich vermischen sichdas Wissen um die Kriegsgräuel mit demehrenden Gedenken der eigenen An ge hö -rigen. Auf der Kriegsgrä ber stätte in Kö -nigs berg, der ers ten offiziellen Ge denk - feier dieser Reise, steht dann das Ab -schied nehmen im Vordergrund.

So ergeht es auch Herbert Spies. Ganzergriffen steht er vor dem schlichten Holz -

Ein Ständchen für die Gäste: Angehörige der deutschen Minderheit in Polen veranstalten für die Volks-bundreisenden ein gemeinsames Essen samt Gesangseinlage.

Reisen

Prof. Rolf Wernstedt

Manfred Koch und Iza Gruszka moderieren das Ge -denken in Bartossen.

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nistan habe ich an -gefangen zu verste-hen, wie wichtig esfür die Hinterblie-benen ist, zu wis-sen, dass die Ver-storbenen respekt-und würdevoll be -han delt werden.Mit ei nem der dortge fal len deutschenSoldaten habe ich zusammengearbeitet.Die Hinterbliebenen, das sind eben nichtnur die Familien im engeren Sinn, das sindauch die Ka meraden und die Freunde.Mein Dank gilt daher al len, die für die Er -richtung, die Pflege und den Erhalt dieserwürdevollen Ge denkstätte Sorge getra-gen haben und weiter tragen, allen vorandem Landkreis Elk und dem Volksbundund seinen vielen freiwilligen Helfern. IhrEngagement hilft vielen Menschen, mitihrem Verlust umzugehen.“

Man hätte dabeisein sollen

Diese Worte hinterlassen bei der Volks-bundgruppe und der parallel stattfinden -den Fahrt des Bezirksverbandes Ober pfalzum Kaspar Becher großen Eindruck – sowie die gesamte Reise: Es gab so viel zusehen, dass man sich noch einmal ausgie-big sammeln müsste, um darüber be rich -ten zu können. Man hätte dabei sein sollen.

Maurice Bonkat

glauben, dass dies erst zehn Jahre her ist.Doch in dieser Dekade ist tatsächlich vielpassiert. Dies wird auch offenbar, als dieVertreter der deutschen Minderheit diedeutschen Gäste zu einem herzhaftenMittagessen einladen. Auch für sie hatsich vieles verbessert. Heute sind sielängst anerkannter Teil der polnischenGesellschaft.

Doch das alles reicht beileibe nicht aus,wenn nicht auch die Menschen jene Ortebesuchen. Prof. Wernstedt hat es auf denPunkt gebracht: Wenn die Angehörigeneinmal nicht mehr da sind, wird es umsowichtiger, dass der Volksbund – etwadurch die grenznahe Jugendbegegnungs-und Bildungsstätte (JBS) am Golm aufUsedom und andere JBS verstärkt die jün-geren Generationen anspricht und sie fürdie wichtige Aufgabe der internationalenFriedensarbeit interessiert.

Im Moment erfüllen die Kriegsgräber-stätten noch alle Funktionen, die RolfWer nstedt beschreibt: Sie sind persönli-cher Ort der Trauer, symbolische Mah -nung für den internationalen Frieden undLernorte der Jugendarbeit. Bei der Busrei-se und den Ge denk veranstaltungen inKö nigsberg so wie zu letzt in Bartossensteht aber immer noch das persönlicheGe denken der betroffenen Angehörigenim Vordergrund. Darauf wies auch diedeutsche Generalkonsulin Annette Kleinhin: „Erst wäh rend mei ner Zeit in Afgha-

schaften und sogar mehr entwickelt. „Ichdenke, wenn man sich einmal so nahe-stand, wird es später auch ein echtes Ver-ständnis füreinander geben – und das istgenau das, was wir wollen. So werdendiese Stätten der Erinnerung an die Ver-gangenheit auch zu Orten der Zukunft.“

Auch Deutsche waren Opfer

Über Vergangenes und Künftiges be -richtet ebenfalls der Bürgermeister Anto-ni Polkowski der polnischen GemeindeElk, in deren Gebiet die deutsche Kriegs-gräberstätte Bartossen liegt: „Ich musseingestehen, dass es bei uns Polen vorzehn Ja hren, als dieser Friedhof einge-weiht wur de, noch viele Ressentimentsgegenüber den Deutschen gab. Nicht allesdavon war berechtigt. Heute kann manaber sa gen, dass wir durchaus anerken-nen, dass auch die deutschen Soldaten zugro ßen Teilen Opfer dieses unmenschli-chen Krieges wa ren. Aber bis zu dieserEr kenn t nis war es ein langer Weg.“

Dieser Satz lässt alle aufhorchen, be -son ders die wenigen Gäste, die schon beider Einweihung vor zehn Jahren dabeiwa ren. Denn damals, so erinnern sie sichheute noch, blieb das Schicksal deutscherSoldaten und ihrer Familien in den polni-schen Gedenkreden nur ein Nebenthema.Wichtiger war anscheinend der teils irri-tierende Lobgesang auf den Ehrentod derpolnischen Soldaten. Man sollte kaum

Herbert Spies kniet vor dem Grab seines VatersFritz Spies in Kaliningrad.

Umbettungsleiter Thomas Schock ist verantwortlich für die Umbettungen in Polen und weiteren Län-dern. Hier zeigt er Angehörigen die genaue Grablage eines hier bestatteten Weltkriegssoldaten.

Reisen

2/2013 frieden

GeneralkonsulinAnnette Klein

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Kleine Geste, großes Verständnis

Doch jetzt ist es fast vorbei. Zum Ab -schied noch ein kleines Spiel. Der 25-jähri-ge Manuel karikiert liebevoll eine derWork camp-Teilnehmerinnen. Die ande-ren sollen mal schön raten, wer es ist. Erlehnt sich zurück und schaut gebannt aufdas Display eines imaginären Smartpho-nes. Dann wandert sein Arm blindlingsüber die Schulter der nächstsitzenden Per -son und zieht diese ganz langsam, aber be - stimmt zu sich heran. Kopf an Kopf, Schul -ter an Schulter blicken nun beide wortlosund mit großen Augen auf das nicht vor-handene Display ... Plötzlich und na hezugleichzeitig bricht es mit großem Geläch-ter aus der Runde heraus: „Das ist Masha!“

ielleicht kann man ausnahmswei-se mit dem Ende beginnen. Viel-

leicht hilft die Beschreibung einerkurzen Szene am Ende der internationa-len Jugendbegegnung des Volksbundes inKassel, um zu verstehen, was dieses Er -eignis für die Jugendlichen bedeutet: Amletzten Abend sitzt der Leiter der Jugend-begegnung, Manuel Mink, in einer locke-ren Runde vor dem Naturfreundehaus inKaufungen bei Kassel. Alle sind entspannt.Womöglich sind die jungen Erwachsenenim Al ter von 16 bis 25 auch einfach nurein bisschen er schöpft von all den Diskus-sionsrunden, Ausflügen, Unternehmun-gen – und ja: Auch die klassische Gräber-pflege stand in den vergangenen knappzwei Wochen auf dem Programm.

23 Jugendliche und junge Erwachsene aus acht Ländern sowie die sechsköpfige Leitungsgruppe um Manuel Mink und zahlreiche interessante Gäste – das istdie Jugendbegegnung in Kassel. Fotos: Maurice Bonkat

Internationale Jugendbegegnung in Kassel

Fast wie eine Familie

Workcamp

V

Bundestagsabgeordnete Nicole Maisch wird herz-lich verabschiedet.

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Work camps vor allem durch seine Qua-lität und seinen Schwerpunkt. „Oftmalsbesteht so ein Workcamp zu gleichen Tei-len aus historisch-politischer Bildung, derklassischen Gräber- oder Friedhofspflegesowie verschiedenen Freizeitaktivitäten.Doch dieses Camp ist anders. Hier in Kas-sel stehen die Fragen der politischen Bil-dung im Zentrum. Die klassische Gräber-pflege rückt dabei etwas in den Hinter-grund“, sagt Manuel Mink.

Tatsächlich bekommt das Camp mit derBundestagsabgeordneten Nicole Maisch,dem Kasseler Oberbürgermeister BertramHilgen und Kamil Saygin, dem Vorsitzen-den des Ausländerbeirats, wichtigen Be -such. Hilgen und Saygin diskutieren mitden Jugendlichen darüber, wie es passierenkonnte, dass die von Hass erfüllte Ideolo-gie des Nationalsozialistischen Unter-grunds (NSU) neben anderen Städtenauch in Kassel wütete. Nach Halit Yoz gat– ei nem der Opfer, das aus Kassel stammt– wurde hier unweit des Bomben opfer-Grä berfeldes des Zweiten Weltkrieges einöf fent licher Platz benannt.

Am Anfang des Workcamps sieht dasnoch etwas anders aus. Die meisten derJugendlichen und jungen Erwachsenen,die Ende Juli nacheinander auf dem ICE-Bahnhof in Kassel-Wilhelmshöhe an kom -men, kennen sich noch gar nicht. Fürmanche war es nur eine kurze Fahrt. InaAntonenko, Ma nu el Mink, Genia Niemey-er, Marlene Paar, Valeska Schimmelpfen-nig und Paul Wenzel sind die Teamer, alsodie Lei tungs grup pe dieser Jugendbegeg-nung. Sie kom men alle aus Deutschlandund sind für den Volksbund teils schonseit Jahren ehrenamtlich aktiv. Die meis -ten Teilnehmer stammen dagegen aus sie-ben weiteren Ländern Europas. Den wei-testen Weg ha ben die russischen und dieukrainischen Ju gend li chen, deren Reise-weg unter anderem aus einer 36 Stundenlangen Busfahrt besteht.

Andere Schwerpunkte

Nachzudenken und noch einmal in Ge -danken zu erleben, gäbe es bei dieser Ge -legenheit vieles. Denn diese Jugendbegeg -nung unterscheidet sich von anderen

„Man lernt sich in diesen zwei Wochenüberraschend gut kennen – und das ist jaauch eines der wichtigsten Ziele der Volks - bund-Jugendarbeit, nämlich die Jugendli-chen aus verschiedenen Nationen einan-der näherzubringen“, sagt Manuel später.Sein kleines Gesellschaftsspiel hat es vorAugen geführt. Man muss jemanden schongut kennen, wenn man die Person anhandweniger schauspielerischer Ges ten erra-ten möchte. Und diesen Menschen mitzwei kurzen Gesten darzustellen, ist danngleich noch mal eine Stufe schwerer, er -fordert noch mehr Verständnis für denanderen. So ist es nicht verwunderlich,dass der Abschied schwerfällt. Eigentlichist das immer so. Aber diesmal wird esbesonders schlimm. Paul Wenzel, einerder Teamer, flüchtet sich in solchen Situa-tionen gerne mal ins Ironische: „WenigerDrama geht halt manchmal nicht“, witzelter, als die Abschiedszeremonie unter denju gend lichen Teilnehmern beginnt. Jedermuss jeden noch einmal drücken, herzenund ein letztes Mal tief in die Augenschauen. Hier und da fließt auch eine Ab -schiedsträne.

„Ich möchte mehr über die Geschichte wissen und dazu beitragen, eine friedlichere Welt zu schaffen. Das ist für mich als Wolgograderin besonders wichtig“,sagt die 19-jährige Masha Gagarina aus Russland.

Workcamp

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bevölkerung zu großen Konflikten füh ren.Diese Konflikte könnten der Aus gangs - punkt künftiger Kriege sein.

Der Bundestagsabgeordneten NicoleMaisch, die zugleich Sprecherin der Grü-nen für Verbraucherschutz und Ernäh -rung ist, liegt das Thema daher besondersam Herzen. Und eigentlich sind es vieleThemen: Massentierhaltung, Gen-Food,die weltweite Wasserverschmutzung undsogar der Veg gie-Day (Vorschlag der Grü-nen zu fleischlosem Tag in Kantinen) kom -men zur Spra che.

In der Diskussion mit den europäischenJugendlichen der Volksbund-Jugendbe-gegnung und der Bundestagsabgeordne-ten wird zugleich deutlich, dass das Be -wusstsein für das Prinzip der Nachhaltig-keit nicht in allen der Herkunftsländergleichermaßen ausgeprägt ist. Das lässtsich auch auf sprachlicher Ebene nach-weisen. Was heißt eigentlich Nachhaltig-keit auf Russisch? „In Russland gibt eskeinen bestimmten Begriff für Nachhal-tigkeit“, berichtet die sprachtalentierte

Polin Agata Boguta in der CampspracheEnglisch, „das wird dann umständlichmit drei, vier Worten umschrieben.“ Die-ser Umstand ändert aber nichts daran,dass sich auch die jungen Osteuropäerimmer stärker für das Thema Umweltund Nachhaltigkeit interessieren.

Keine Angst säen

Noch größeres Interesse und ebensogroße Unterschiede in der Wahrnehmungzeigen sich auch beim Thema „NSU-Mor-de“. Auch hier sei die Frage erlaubt, wasdie Gewaltserie einer rechtsterroristischenSplittergruppe mit der Kriegsgräberfür-sorge zu tun hat. Die Antwort des Camp -leiters bekommt dann direkt am Ort einesder Morde mitten in Kassel eine be son -ders eindringliche Wirkung: „Die Ziele derrechtsterroristischen Morde waren es, ei -nerseits Angst unter Migranten zu säen –und gleich zeitig unter Verschweigung derwahren Motive einen Keil zwischen sieund die Einheimischen zu treiben.“ DerVolksbund strebe dagegen das Ge genteilan: „Wir wollen, dass sich die Menschen

Nachhaltigkeit und Krieg?

Doch zunächst steht bei der internatio-nalen Jugendbegegnung in Kassel dasPrinzip der Nachhaltigkeit im Vorder-grund – in Theorie und Praxis. Für dieJugendlichen geht es darum, mit sämtli-chen Ressourcen möglichst bewusst undsparsam umzugehen. So nutzt die jungeGruppe für die meisten Programmfahrtenden öffentlichen Nahverkehr und greiftnur für Versorgungsfahrten auf den vomStabsgefreiten Norman Briese ge führ tenKleinbus zurück. Auch in der Kü che, woder Soldat die Begegnung als Koch un -terstützt, greift der lange Arm der Nach - haltigkeit: „Wir hatten schon ein bisschenSchwierigkeiten, den Jugendlichen zu er -klären, warum es hier im Camp nur anjedem zweiten Tag Fleisch gibt“, sagt Tea-mer Paul Wenzel. So kommt schnell dieFrage auf, was genau der schonende Um -gang mit Wasser oder der Verzicht auf dastägliche Stück Fleisch mit der Kriegsgrä-berfürsorge zu tun hat. Ganz einfach: Der Mangel an lebensnotwendigen Versor -gungs gütern wird bei ansteigender Welt -

Die Teilnehmer der Volksbund-Jugendbegegnung gedenken und erinnern an eines der Opfer des nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) in Kassel. DerGedenkort wurde inzwischen nach dem Opfer Halit Yozgat benannt.

Workcamp

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danken vortragen möchte. Schnell stehenandere ihr zur Seite, nehmen sie ausgie-big in den Arm, trös ten.

Manuel Mink und die anderen jungenErwachsenen, die sich jedes Jahr ehren-amtlich um die Workcamps und Jugend-begegnungen verdient machen, haben soetwas vielleicht schon häufiger beimVolks bund erlebt. Oft haben sie erfahren– und selbst mit ihren bewährten pädago-gischen Konzepten und auch ganz per-sönlichen Vorzügen viel dazu beigetra-gen – , dass im Laufe einer Begegnung die -ses Gemeinschaftsgefühl entsteht. Unddoch ist es immer wieder schön, wenn eswie in Kassel erneut gelingt: „It feels likefamily“ (Es fühlt sich wie eine Familie an),sagt eine der Teilnehmerinnen kurz vordem Abschied. Klingt schon wieder einbisschen nach Drama? Nein, wer einmalkurz in ihre Augen sieht, weiß, dass es indiesem Augenblick ... einfach mal stimmt.

Maurice Bonkat

und Türken, Italiener, Letten, Moldawier,Polen, Russen und Ukrainer stehen hierSeite an Seite. Alt und Jung gedenkengemeinsam der Opfer einer Tat, die vielenach den Erfahrungen des Zweiten Welt-krieges nicht mehr für möglich gehaltenhätten. Und doch ist es passiert. Mitten inKassel, am helllichten Tag.

Wenn die Worte fehlen, hilft manchmaldas Gebet. So öffnen die Mitglieder der tür -kischen Gemeinde Kassels ihre Hände genHimmel und sprechen Gebete. Man cheder Jugendlichen tun es ihnen gleich, ob -wohl sie Christen sind. Da die Jugendli-chen auch etwas Persönliches zu der Ge -denkfeier beitragen wollen, haben sie einLied und ein paar Gedanken vor be reitet,die sie nun vortragen.

Es sind be son ders bewegende Momen-te, die sich hier auf dem Kasseler Halit-platz abspielen. Ei ner Workcamp-Teil -neh merin versagt schließ lich sogar dieStimme, als sie ei gent lich ihre Trauerge-

näherkommen, aus der Vergangenheitlernen.“ Zudem hätten die Morde ge zeigt,dass es noch heute verbrecherische Grup-pierungen gäbe, die weiterhin der na hezuüberwunden ge glaubten, na tio nal sozia -lis tischen Propaganda folgten. Überdiesgäbe es dieses Pro blem auch in vielen an -deren Ländern Europas.

Der Vorsitzende des AusländerbeiratsKamil Saygin sieht das ähnlich. Nach derDiskussionsrunde mit Bürgermeister Ber-tram Hilgen lädt er alle Jugendlichen zueinem türkischen Essen in ein Restaurantein. Es ist eine großzügige und vor allemsehr freundschaftliche Geste, da diese Ein - ladung exakt zum Fastenbrechen des Ra -madan ausgesprochen wird: Das so ge -nannte Zuckerfest beendet die etwa ei nenMonat anhaltende Fastenzeit. Es ist einfreudiges Glaubens- und auch Gesell -schafts ereignis. Entsprechend üppig istder Tisch gedeckt – übrigens auch mitreichlich Fleisch.

Stille Andacht im Straßenlärm

Die zusätzliche Energie können die Ju -gend lichen an diesem Tag gut gebrau-chen. Der Tradition der Volksbund-Work-camps folgend, haben sie den Vormittagmit Haken, Jäten und dem so typischenReinigen der Grabsteine auf dem Kasse-ler Bombenopfer-Gedenkplatz verbracht.Die verschiedenen Kriegsgräberfelder aufdem Hauptfriedhof kennen die Jugendli-chen bereits gut. Eine Woche zuvor habensie sich mit Fragebögen auf eine Spuren-suche zu den individuellen Geschichtender dort bestatteten Menschen begeben.Grundlage für diese inhaltliche Arbeit aufKriegsgräberstätten sind die Ergebnissedes Forschungsprojektes des hessischenLandesverbandes, die für den KasselerHauptfriedhof in Form einer Informati-onstafel dokumentiert sind.

Am Nachmittag treffen sie sich dannmit einigen Mitgliedern der türkischenGe meinde. Gemeinsam wollen sie nebender Erinnerung an die Opfer der Weltkrie-ge und der nationalsozialistischen Ge walt - herrschaft des Kasseler NSU-Opfers ge -den ken. Dazu bilden sie einen großenKreis mitten auf dem Halitplatz. Wäh -rend um sie herum der Straßenlärm tobt,wird es in der Runde ganz still. Deutsche

Eine kulinarische Europareise: Beim abschließenden Länderabend bereiten die jungen Teilnehmer spe -zielle Gerichte aus ihren Heimatländern zu.

Workcamp

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Im weiteren Gespräch mit den Zeitzeu-gen stellten die Jugendlichen dann fest,dass Weiterentwicklungen nicht nur be -grifflich vom „Jugendlager“ zum „Work -camp“ oder auch der „Jugendbegegnung“,sondern vor allem programmatisch statt - gefunden haben. Projekte der historisch-po litischen Bildung nehmen heute einenfesten Platz in jeder schulischen oder au -ßer schulischen Maßnahme ein. Davonüber zeugten sich alle Beteiligten bei ei nemgeführten Rundgang über die deutscheKriegsgräberstätte im belgischen Lom mel.

Karsten Conaert, Mitarbeiter der JBSLommel, wies darauf hin, dass insbeson-dere die biografische Betrachtung des ein-zelnen Toten eine Spannung erzeugt undzugleich Diskussionsbedarf in sich birgt.Oder können Sie, liebe Leserin, lieber Le -ser, auf Anhieb er klä ren, warum auf derdeutschen Kriegsgräberstätte Lommel einkroatischer Soldat muslimischen Glau-bens bestattet ist? (Antwort: Der Kriegs -tote Muhamed Baj ric war so ge nann terKriegsfreiwilliger der kroatischen Flak-

Legion und als solcher Teil der deutschenWehrmacht.)

Geschichte kann also sehr spannendund konkret sein. Zudem sind gegen wär -ti ge Konfliktlagen oftmals historisch be -gründet, so dass hier zahlreiche Bezügezu aktuellen Themen gegeben sind. Auchdas Thema Menschenfeindlichkeit lässtsich in diesen Zusammenhang einordnenund ist Gegenstand der Aktion „JAKtiv –Wir zeigen Gesicht!“ Die Verantwortli-chen möchten damit auf diskriminieren-des und in to lerantes Verhalten in unsererGesellschaft aufmerksam machen. Jederkann jetzt ein Zeichen dagegen setzen.Mehr In for ma tio nen finden sich im Inter-net unter www.volksbund.de/jaktiv

Großen Anklang fand auch die ge mein - same Gedenkaktion auf der Kriegsgräber-stätte Lommel. In Anlehnung an ein bud -d histisches Ritual gestalteten die Teilneh-menden dabei bunte Fähnchen mit eige-nen Gedanken und Wünschen und be fes -t ig ten diese dann an einem der Bäume derKriegs gräberstätte. Valeska Schimmel pfen - nig aus Celle beispielsweise formulierteden Wunsch: „Nie wieder Krieg“. Ange-sichts der zahllosen Gräber und dem Wis-sen, dass auch gegenwärtig Konflik te ge - waltsam gelöst werden, hat dieser Spruchleider nicht an Aktualität verloren.

Jörg Schgalin

er Einladung des Jugendarbeits-kreises (JAK) Niedersachsen und

Jugendbegegnungs- und Bil dungs -stätte (JBS) in Lommel folgten 58 JAK-Mit -glieder und kamen zu Pfingsten nach Lom -mel in Belgien. Dieser Ort hat für sie einebesondere Bedeutung: Vor 60 Jahren tra-fen sich hier zum allerersten Mal jungeMenschen aus Deutsch land und Belgien,um ge meinsam Pflegetätigkeiten auf die-ser deut schen Kriegs gräberstätte zu leis -ten. Das Motto lautete: „Back to the roots“,zu rück zu den Wurzeln der Ju gendarbeit.

So war das Interesse der JAK-Mitglie-der groß, mehr über Auftakt und Ent-wicklungslinien der Volksbund-Jugend-arbeit zu erfahren. Geholfen haben dabeidie beiden Zeitzeugen Helmut Harneit,Teilnehmer am Jugendlager Lommel 1955,und Dirk Huysmans, Teilnehmer an spä-teren Ju gendlagern in Salzgitter. Beide be -stätigten, dass die Teilnahme sie in ihrerOffenheit ge genüber anderen Nationenund ih rem in terkulturellem Verständnisgestärkt hat.

JAK-Pfingstzelten in Lommel

Back to the roots

D

Das Foto zeigt Teilnehmer und Gäste des Pfingstzeltens der Volksbund-Jugendarbeitskreise im belgischen Lommel – im Hintergrund sieht man die Fähnchenmit den persönlichen Friedensbotschaften. Foto: Henrik Berthold

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Jugendarbeit

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sche Verteidigungsattaché in Brüssel, Fre-gattenkapitän Thomas Träger, LommelsBürgermeister Peter Vanvelt hoven undder niedersächsische Volksbund-Landes-vorsitzende Prof. Rolf Wernstedt. Die Be -gegnung wurde zudem durch das EU-Programm „Jugend in Aktion“ gefördert.

Zusammen mit 100 Jugendlichen aus15 Na tionen begingen sie das Jubiläumder Ju gendarbeit mit zahlreichen Aktio-nen. Zu gleich war es eine Be geg nung imSinne der Ju gendarbeit des Volksbundesselbst, die an strebt, Menschen aus ver-schiedenen Län dern unter dem gemeinsa-men Wunsch nach Frieden zu vereinen.

Lommel ist übrigens mit mehr als39 000 Kriegstoten derzeit einer der größ-ten deutschen Kriegsgräberstätten desZweiten Weltkrieges. Hier haben zudem542 Kriegstote aus dem Ersten Weltkriegihre letzte Ruhestätte. Leichte Pflegearbei-ten auf dieser Kriegsgräberstätte sind auchfester Be standteil der Workcamps und Ju -gendbegegnungen. Höhepunkt der Ver -

anstaltung anlässlich des 60-jährigen Be -stehens der Volksbund-Jugendarbeit wareine außergewöhnlich beeindruckendeAktion. Dabei stellten die Workcamp-Teil-nehmer auf der Kriegsgräberstätte Lom-mel insgesamt 1 125 Schilder auf, die mitdem Abdruck einer Roten Hand versehenwaren. Damit brachten sie zum Ausdruck,dass Krieg und Sterben auch vor Kindernund Ju gendlichen nicht Halt machen,weder im Zweiten Weltkrieg noch in aktu-ellen ge waltsamen Konflikten. Zudem gabes noch weitere Aktionen, etwa mit zahl-reichen Luftballons, welche die Friedens-wünsche der Teilnehmer in die Welt hi -naustragen sollten.

Dies alles geschah vor einem wichtigenHintergrund, der nur auf den ersten Blickals selbstverständlich erscheint: Denn seit1945 ist, abgesehen vom Bürgerkrieg inJugoslawien, auf unserem Kontinent keinKrieg mehr geführt worden. Dies war dielängste friedliche Phase in der GeschichteEuropas. Es ist ein Ergebnis, das für denGedanken der europäischen Integrationund auch den kleinen Beitrag des Volks-bundes hierzu spricht. So haben seit 1953etwa 500 000 junge Europäer an Work-camps und internationalen Jugendbegeg-nungen sowie an Projekten in den Ju -gend begegnungs- und Bildungsstättenteilgenommen. Ein großartiges Ergebnis.

Jörg Schgalin

ier hat alles begonnen, 1953 imbelgischen Lommel. Der Grund-stein für die Jugendarbeit des

Volksbundes wurde genau hier gelegt.Jun ge Menschen aus Belgien und Deutsch -land begegneten sich damals auf der deut -schen Kriegsgräberstätte, um einanderkennen zu lernen, Freundschaften zuschlie ßen und unter dem Motto „Versöh-nung über den Gräbern“ einen kleinen,aber nicht unwichtigen Beitrag zu Friedenund europäischer Integration zu leisten.

60 Jahre später, am 13. Juli diesen Jah-res, trafen sich erneut Jugendliche aus denWorkcamps Lommel, Esterwegen sowieSt. Désir-de-Lisieux, um dieses Jubiläumfeierlich zu begehen und ihre Vorstellun-gen von Erinnerung und Gedenken inEuropa zu präsentieren. Ort dieser Begeg-nung war die heutige Jugendbegegnungs-und Bildungsstätte in Lommel (JBS), dievon Myriam Koonings geleitet wird. DerEinladung folgten etwa 150 Gäste, darun-ter der erste Leiter des Jugendlagers inLommel, Pater Theobald Rieth, der deut-

Volksbund feiert Jubiläum in Lommel

60 Jahre Jugendarbeit

232/2013

Jugendarbeit

Mit zahlreichen Aktionen wie diesem gemeinsamen Ballonstart inklusive Friedensbotschaften erinnern die Gäste der Jugendbegegnungs- und Bildungsstätteim belgischen Lommel an das 60-jährige Jubiläum der Volksbund-Jugendarbeit. Foto: Henrik Berthold

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Gertrud Henze mit 111 Jahren treues Volksbundmitglied

Eigentlich bin ich doch die Jüngste!

Im Grunde ist sie – oder besser: ihr Va -ter – schon von Anfang an dabei. Als derVolksbund im Jahre 1919 gegründet wur-de, um den kaum handlungsfähigen Staatin der Aufgabe der Kriegsgräberfürsorgezu unterstützen, war Pfarrer Henze einesder ersten Mitglieder. Nach seinem Todübernahm dann seine jüngste Tochter Ger -trud die Mitgliedschaft und blieb dabeibis heute. „Ich finde es einfach sehr an -stän dig, was der Volksbund für die An -gehörigen der Kriegstoten tut. Das unter-stütze ich gerne“, sagt die 111-Jährige.

Gründe für ihre Mitgliedschaft hat Ger -trud Henze leider viele. Denn im ZweitenWeltkrieg verlor sie neben zwei Cousinsund dem Schwager auch den einzigen,den großen Bruder. Sein Name war Fried -rich, „der Herr Leutnant“, wie ihn dieLeute aus dem Dorf immer voller Res pektgenannt haben. Das lag daran, dass er inseinem Heimatdorf der Erste war, der imKrieg verwundet wurde. Dieser Kriegwar der Erste Weltkrieg. Noch im Jahr

2013 be wahrt seine jüngste Schwester einFoto aus jenen Tagen, auf dem ihr Brudermit leicht melancholischem Blick unddem Eisernen Kreuz an der Brust zu se -hen ist. Es gibt vie le weitere Bilder: derBruder stolz zu Pferde, auf Genesungsur-laub in den Schweizer Bergen oder auchmal braun gebrannt und voll austrainiertin Badehose.

Mein Bruder, der Held

„An diese Zeit erinnere ich mich ei gent -lich am besten, besser als an den Zwei tenWeltkrieg“, sagt Gertrud Henze: „Ich weißnoch, dass er es kaum erwarten konn te,von der Schulbank direkt in den Krieg zuziehen. So war das damals. Man konnteden Krieg kaum erwarten. Aber das hieltnicht lang an. Und dann kam es auchgleich ganz dicke für meinen Bruder ...“

Friedrich wird bereits nach wenigenWo chen im Fronteinsatz von einem Gra-natsplitter schwer verletzt. Teilweise ist

anche Dinge ändern sich beiFrauen wohl nie, vor allemnicht diese Sache mit dem Al -

ter. Da wird schon mal ganz gern ge -schummelt. Gertrud Henze hätte dasüber haupt nicht nötig. Und so ist es ei -ner ihrer kleinen Scherze, als sie sich zu -nächst als 101-Jährige bezeichnet. Da beihat sie damit tatsächlich noch um gan zezehn Jahre untertrieben: Gertrud Henzewurde am 8. Dezember 1901 auf Rügenge boren. Sie ist also 111 Jahre alt – undda mit zugleich das älteste Volksbund-mitglied.

Gertrud Henze in glücklichen Kindertagen – heuteist sie 111 Jahre alt.

Das Foto aus dem Jahr 1911 zeigt Gertrud Henze (links) mit ihrer Schwester und ihrer Cousine einige Jahrevor dem Ersten Weltkrieg. Fotos: privat, Foto rechts: Maurice Bonkat

Zeitzeugen

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24 2/2013

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sein Körper gelähmt, regeneriert sich dannaber wieder mühsam. Das Metallstück,das seine Schulter halb zerfetzt hat, liegtnoch jahrelang auf seinem Schreibtisch. Esist eine Mahnung. „Doch für die Men-schen in unserem kleinen Dorf war er ein-fach nur der große Held“, erinnert sichseine Schwester heute: „Da haben dieNach barn üppige Wurstkörbe verschenkt.Einmal kommen auch zwei etwas ver -schüch terte Mädchen zu uns. Auf einemTablett bringen Sie selbst gemachte But-ter, die sie mit viel Mühe und Geschick zukleinen Figürchen geformt haben. Es isteinfach bezaubernd und mein Brudermuss doch sehr schlucken. Trotz all derSchrecken, die er gesehen hat, ist er selbstnoch mit Mühe am Le ben ge blieben – um -geben von Menschen, die ihn lieben undbewundern. Er hat Glück gehabt. Leiderbleibt es nicht dabei.“

Lebenslicht ausgelöscht

Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges warFriedrich Mitte vierzig und damit eigent-lich zu alt und nach der Verletzung zu -dem gesundheitlich zu angeschlagen, umnoch in den Krieg ziehen zu können. Ge -gen Ende dieses schrecklichen Krieges,Friedrich ist jetzt bald 50 Jahre alt, fragtdanach niemand mehr. Jeder Mann, jedesKind und jeder Greis wird gebraucht, umsich für eine längst verlorene Sache nutz-los aufzuopfern. Dafür erfindet man deneuphemistischen Titel Volkssturm. Histo-riker sprechen heute von einem aus mi li -tä rischer Sicht absolut sinnlosen und zu -dem menschenverachtenden Unterfan-gen, das von vornherein keinerlei Erfolgs-aussichten hatte.

Auch Friedrich Henze hatte längst ge -spürt, was ihn erwartete. Von Vorfreudewar nun im Gegensatz zum Ersten Welt -krieg keine Rede mehr. „Ich habe meinemBruder angesehen, dass er sich große Sor-gen machte, uns aber davon nichts er zäh -len wollte“, erinnert sich seine Schwesterheute. Leider sollte Friedrich mit seinendüsteren Vorahnungen recht behalten.Der so genannte Sturm des Volkes löschteletztlich auch das Lebenslicht von Fried -rich Henze und vielen an deren aus. Erstirbt irgendwann im Frühjahr 1945 beiden Verteidigungskämpfen um Berlin. Ge -nau weiß es keiner. Der Volksturmmann

Zeitzeugen

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Hen ze gilt als vermisst. Seine Leiche wirdzu nächst nicht gefunden.

Zurück bleiben die Angehörigen wieGertrud Henze und vielleicht auch einein sames Soldatengrab. Wenigstens das.Aber auch darauf mussten Friedrichs An -ge hörige nach seinem Tode noch vier wei -tere Jahre warten: „Dann kam dieser Tagim Jahr 1949. Ich arbeitete damals als Bi -bliothekarin und bekam völlig unerwar -tet die Nachricht, dass ich den Totenscheinmeines Bruders nun auf dem Amt abho-len könne. Viel größer hätte der Schre ckennicht sein können! Denn zu diesem Zeit-punkt wussten wir noch gar nicht, dassunser Friedrich gefallen war.“

Es war ein großer Schock für sie, dergröß te in ihrem ganzen langen Leben.Zum Glück habe sie aber vieles vergessenaus jenen Kriegstagen, in denen sie zeit-weise selbst als Krankenschwester dasschreckliche Grauen und die Not zu be -kämpfen oder zumindest zu lindern such-te. Für die ei genen Probleme blieb dannnur wenig Zeit. Und die einzig mögliche

Medizin, die dann vielleicht noch hilft, istdas Vergessen.

Pfarrers Kinder, Müllers Vieh

Sehr gut und gerne erinnert sich die111-Jährige dagegen an ihre Kindheit imPfarrhaus auf Rügen oder an spätere Ju -gend zeiten in der schönen Harzstadt Gos-

Zeitzeugen

Friedrich Henze war der große Bruder der 111-jähri-gen Gertrud Henze. Sein Grab ist unbekannt.

Leutnant Friedrich Henze wird im Ersten Weltkrieg schwer verwundet. Im Zweiten Weltkrieg stirbt er alsVolkssturmmann noch kurz vor Kriegsende. Fotos: privat

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lar. Ihre musikalischen und gottesfürchti-gen Eltern hat sie in all der Zeit sehr ge -liebt, besonders den Vater. Zu gleich ko -kettierte sie stets mit ihrem Status als Pas -to rentochter: „Pfarrers Kinder, MüllersVieh geraten selten oder nie“, sagt sie undlacht dabei herzlich in Erinnerung an ver-gangene Kindheitstage.

Ohnehin zeichnet sich Gertrud Henzevor allem durch eines aus: Humor. Davonhat sie sich trotz all der Schicksalsschlägeeines Lebens, das sich inzwischen weitüber die Jahrhundertgrenzen ausdehnt,bis heute jede Menge be wahrt. Würdeman nach dem leider viel zu häufig be -mühten Geheimrezept für ein langes Le -ben fragen, könnte man hier viel leichtfündig werden. Doch für Gertrud Henzeist auch das nicht wirklich an ge messen.Angesichts der schier beein dru ckendenDauer ihres Lebens und der teils uner-träglichen Schicksalsschläge ist diese Fra-ge einfach zu klein geraten.

Und so ganz ohne Scherz möchte siedas mit ihrem hohen Alter dann auch wie-der nicht stehen lassen. „Denn eigentlichwar ich in unserer Familie ja immer dieKleine, die Nachzüglerin. Ich bin doch ei -gentlich die Jüngste – und nicht die Ältes - te“, sagt die 111-Jährige und lächelt.

Maurice Bonkat

Zeitzeugen

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Hoch zu Pferde: Das Foto zeigt Gertrud Henzes Bru-der vor seiner Verwundung.

272/2013

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Bode in ihrem neuen Buch über Kriegs-kinder. In Kassel trifft sie sich vor der Le -sung im Kolpinghaus zusätzlich mit eini-gen Förderern des Volksbundes, um überdas so persönliche und daher heikle The-ma zu sprechen.

Neugier auf kollektive Geheimnisse

„Es gibt für die Neugier wohl kaumetwas Inspirierenderes als kollektive Ge -heimnisse“, sagt Sabine Bode in die Run-de, die ausnahmslos aus Kriegskindernbesteht, auch wenn diese sich wohl nichtso beschreiben würden. Sie alle sind Indi-viduen, starke Persönlichkeiten – und dochhaben sie gemeinsam, dass sich die dunk -len Seiten im Leben ihrer Väter teils auchauf ihr eigenes Leben haben übertragenkönnen. In vielen Familien wurde nie dar-über ge sprochen, was im Krieg passierte.Natürlich gab es auch das ganze Gegen-teil, nur eben viel seltener. Eigentlich wares ein kollektives Ge heim nis. Zumindestder größte, der schwierige Teil der Wahr-heit über den Krieg und die eigene Rol ledarin blieben außen vor. „Letztlich ist

die Er innerung anden Zweiten Welt -krieg in den aller-meisten Familien zufünf, sechs Anek do -ten ge ronnen“, sagtSabine Bode.

Und doch gäbees da viel mehr. Voral lem ist es die Fra-ge nach der Schuld jedes Einzelnen, diealles überschattet. „Schließ lich muss mansich damit aus einandersetzen, dass dereigene Vater Teil des NS-Re gimes war.Und das ist nicht so einfach“, sagt eineder Volkbundförderinnen. Zugleich zeigtBode auch Verständnis. Schließ lich könneman von den meisten Menschen kaumverlangen, et was so Unfassbares wie dieVerbrechen des Nazi-Regimes dann auchnoch Kindern erklä ren zu müssen. Ge lingtdieser Austausch unter den Generationentrotz all der verständlichen Hindernisse,wird schnell klar, dass hier vieles im Ver-borgenen lag und nur darauf wartete, indie Welt ge lassen zu werden. „Die Ver-gangenheit ist nicht tot“, sagt Sa bine Bo -de: „Ich schätze, dass bis heute et wa einDrittel der Familien unter den Folgen desZweiten Weltkrieges zu leiden hat!“

Mit ihrer zentralen These, dass dieKriegs kinder noch heute unter demSchicksal ihrer Eltern leiden, findet Sabi-ne Bode später auch im großen Saal desKasseler Kolpinghauses große Zustim-mung. Zugleich weist die Autorin aberauch darauf hin, dass diese wohl einmali-ge Zeit einer nahezu unbehüteten unddaher so spannenden Kindheit auch posi-tive Aspekte hatte. Leider ist es aber so,dass es eher die negativen Erlebnisse sind,die unser Leben dauerhaft prägen können.Ändern lässt sich dies nach so langer Zeitnatürlich nicht mehr. Aber es tut gut, dar-über zu sprechen und zugleich festzustel-len, dass man damit nicht allein ist.

igentlich machen wir keine Wer-bung für Bücher. Schließlich hatder Volksbund seine eigenen Ver-

öffentlichungen – und zugleich mehr An -fragen nach Besprechungen, als wir über-haupt leisten könnten. Doch bei ihr ma -chen wir eine Ausnahme. Die JournalistinSabine Bode ist bundesweit bekannt ge -worden mit einem Thema, das vorher inder Öffentlichkeit kaum diskutiert, zu -min dest aber stark unterschätzt wurde:Nachkriegskinder – die 1950er-Jahrgänge undihre Soldatenväter.

Kriegs- und Nachkriegskinder sindMenschen, die während oder nach demZweiten Weltkrieg geboren wurden. Siesind Teil jener Generation, die den Kriegzwar nicht miterlebt, aber doch sehr lang-fristig unter seinen Folgen zu leiden hat-te. Dies geschah oft unbemerkt. Sogar dieBetroffenen sind irritiert, wenn sie mitzunehmendem Alter feststellen, dass siebis heute von negativen Erlebnissen inihrer Kindheit beeinflusst sind. Anderewiederum kennen oder erkennen das Pro-blem gar nicht. Davon berichtet Sabine

Autorenlesung mit Sabine Bode

Die Vergangenheit ist nicht tot

Viele Volksbundförderer kommen zur Lesung von Sabine Bode in Kassel. Sie interessieren sich für dieProblematik der so genannten Soldatenväter. Fotos: Maurice Bonkat

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Kriegskinder

Sabine Bode

28 2/2013

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Wozu dient der BIC?

Der internationale Code zur Identifizierung der Bank (BIC)ersetzt bei SEPA die Bankleitzahl. Statt Zahlen gibt es eine Buch-stabenfolge, die die Zielbank eindeutig identifiziert. Der Code,manchmal auch SWIFT-Code genannt, besteht aus acht bezie-hungsweise elf Zeichen. Allerdings ist die alte Bankleitzahl jaschon in der IBAN enthalten. Deshalb soll der BIC ab Februar2014 bei Transfers im eigenen Land wegfallen, ab Februar 2016auch bei Zahlungen ins Ausland.

as genau bedeutet dieser ab dem 1. Februar 2014geltende neue, einheitliche europäische Zahlungs-

verkehr (SEPA) für Ihre Spenden beim Volksbund?

Europa wächst immer mehr zusammen. Dies gilt auch fu rden Europäischen Zahlungsverkehr. Ab dem 1. Februar 2014 wirdes nur noch SEPA-Überweisungen und Bankeinzu ge ge ben. DasKurzel steht fu r Single Euro Payments Area. Bei den 28 EU-Staa-ten sowie in Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweizgelten dann einheitliche Verfahren fur den bargeldlosen Zah-lungsverkehr in Euro. Überweisungen, Lastschriften und Kar-tenzahlungen werden also standardisiert und ohne teure Ge -buh ren wie bisher abgewickelt – egal ob sie ins Inland oder Aus-land gehen. Die internationale Kontonummer IBAN wird dannPflicht bei Überweisungen – auch im Inland. Die nationalenZahlungsverfahren werden nach und nach abgeschafft. JederKontoinhaber ist betroffen. Deshalb wurden Sie bestimmt auchschon von Ih rer Bank und anderen Unternehmen informiert.

Was verbirgt sich hinter der IBAN?

Die IBAN besteht aus Buchstaben und Zahlen (22 Stellen, sie-he Grafik unten). Sie beginnt mit dem Ländercode (fu r Deutsch -land: DE) und einer zweistelligen Pru fziffer. Danach folgt einenationale Komponente, in Deutschland sind das die Bankleit-zahl und die Kontonummer. Wirklich neu an dieser Kombina -tion ist also nur die Pru fziffer.

SEPA startet am 1. Februar 2014

Europäischer Zahlungsverkehr

W

SEPA

Was passiert mit Ihrem Bankeinzug beim Volksbund durch die SEPA-Umstellung?

Alle Mitglieder und Spender, die einen Bankeinzug beimVolksbund haben, werden im Januar 2014 vor dem erstenSEPA-Einzug informiert. Ihr Bankeinzug wird durch unsautomatisch umgestellt. Sie müssen nichts unternehmen!Bitte teilen Sie uns immer mit, falls sich Ihre Bankdatenändern.

Achtung, neuer SEPA-Überweisungsträger des Volks-bundes ab 2014! Um sicherzugehen, dass Ihre Spendeankommt, verwenden Sie bitte ab dem Jahr 2014 nur nochdie neuen Zahlungsformulare.

Bankeinzug bei SEPA-Umstellung

www.sepadeutschland.de

Weitere Informationen

292/2013

Länderkennzeichen (zweistellig)

Bankleitzahl (achtstellig)

Prüfziffer (zweistellig)Kontonummer (zehnstellig; fehlende Stellen werden z. B. vorn mit Nullen aufgefüllt)

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Erzählen ist Erinnern

Band 90, 110, 112 und 113

Buchreihe Erzählen ist Erinnern

Band 90 Neuauflage

Hero Kuck: Ein Junge aus Hannover. Kassel 2013 (172 Seiten)

Hero Kuck ist sie-ben Jahre alt, als erim September 1939die Nachricht hört: „Von nun an wird zu rückgeschossen“. Die Zeit der ebensoschö nen wie sorglosen Kindheit ist miteinem Schlag vorbei, als der eingezogeneVater Anfang 1943 in Stalingrad als ver-misst gemeldet wird. Zudem verliert derJunge aus Hannover durch einen Bom-benangriff sein Zuhause. Später wandertHero Kuck nach Amerika aus (Hierzu legtder Autor auch die Broschüre „Amerikadas gelobte Land“ vor.). Das Buch ist einebenso wichtiges wie spannendes Zeit -dokument.

Zu beziehen bei: Hero Kuck, Wilksheide 74, 30459 Han -no ver, Tel./Fax: 0511 – 4104844 (15,90 Eu -ro plus Ver sandkosten und Verpackung).

Band 110

Jürgen von Falkenhayn: Sarossawa. Auf derSuche nach demverlorenen Vater. Kassel 2012 (250 Seiten)

Fast sieben Jahr-zehnte nach dem Zweiten Weltkrieg sinddie persönlichen Narben nicht vergessen.Im Mittelpunkt dieses Buches steht derVater, der 1941 bei Sarossawa in derUkraine fällt. Zurück bleibt seine Witwemit vier Kindern, von denen der Autor alsJüngster ge rade drei Jahre alt ist. 70 Jahrespäter reflektiert er die Auswirkungendes frü hen Verlustes des Vaters auf seineigenes Leben. (Interview rechte Seite)

Zu beziehen bei: Jürgen von Falkenhayn, Eichenhof 16,24784 Westerrönfeld (12,50 Euro plusVer sand kosten und Verpackung).

Band 111 bereits angekündigt

Band 112

Helga Burkhardt-Darboe (Hrsg.): „... 7 Tage Heirats-urlaub“. Feldpost-briefe von GustavLohse 1940 – 1944.Kassel 2013(370 Seiten)

Als sich Gustav Lohse und Maria Hein-rich im März 1940 kennen lernen, bleibtihnen nur eine kurze gemeinsame Zeit.Bereits im Mai wird Gustav einberufen.Von da an können sie ihre Liebe nur inBriefen mitteilen. Dennoch wächst dieseLiebe weiter. Neun Monate nach derKriegshochzeit im Mai 1942 kommt Toch-

ter Helga zur Welt. Dann bleiben die Feld-postbriefe aus, weil Gustav Lohse in sow -je tischer Gefangenschaft gestorben ist.Seine Tochter Helga Burkhardt-Darboehat die Briefe ihres Vaters zu diesem le -senwerten Buch verarbeitet.

Zu beziehen bei: Helga Burkhardt-Darboe, Johannisstr.17, 45141 Essen (14,90 Euro plus Ver sand - kosten und Verpackung).

Band 113

Walter Naumann:Stalingrad mussgehalten werden.Ein Roman, ent-standen in derKriegsgefangen-schaft im Ural.Kassel 2013 (270 Seiten) (Hrsg. von Eva Krack, Carla Raschke,Günter Leikauf)

Stalingrad – dieser Name steht symbol-haft für den Zweiten Weltkrieg. Seine Er -lebnisse im Stalingrader Kessel hat WalterNaumann noch während der Kriegsge-fangenschaft zu einem Roman verarbei-tet. Er beschreibt das Geschehen aus derSicht eines einfachen Soldaten. Erst all-mählich erschließt sich den Kämpfenden,in welch auswegloser Situation sie sichbefinden. Doch sie halten im Vertrauenauf „den Führer“ weiter aus – vergeblich.Walter Naumanns Roman ist ein wichti-ges Zeitdokument, das den Krieg in allerSchrecklichkeit beschreibt.

Zu beziehen bei: Dr. Bettina Dodenhoeft, Terrasse 11, 34117Kassel, und Dr. Günter Leikauf, GrazerStraße 17 a, 8045 Graz (Österreich) (Preisfür Österreich: 15,40 Euro – Preis fürDeutsch land: 14,90 Euro plus Ver sand -kosten und Verpackung).

Möchten Sie auch ein Buch veröffent-lichen? Dann wenden Sie sich bitte an:

Volksbund Deutsche Kriegsgräberfür-sorge, Buchreihe Erzählen ist Erinnern, Werner-Hilpert-Straße 2, 34112 Kas-sel, Telefon: 0561 – 7009 – 156, E-Mail:[email protected],Internet: www.volksbund.de/schon_ge lesen /online_bibliothek.

Bestellung bitte bei den angegebenenAdressen, NICHT beim Volksbund!

Buchveröffentlichung

30 2/2013

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Interview

ten, sie sprach viel von ihm. Als ich, derJüngste, das Elternhaus verließ, wurdemeine Er in nerung an den Vater von Berufund eigener Familie überdeckt – die Nähezu ihm schwand.

Warum haben Sie sich nun doch auf dieSpuren Ihres Vaters begeben? Und warumsollte das in Form eines Buches sein, wasbedeutet das für Sie?

Ich wollte zum einen etwas für meineFamilie, meine drei Kinder und neun En -kel tun. Aber im Vordergrund stand meinei gener Wunsch, „zurück zu den Wur zeln“zu gelangen und meinen Vater, den ichper sönlich kaum kannte, aus dem Dunkelder damaligen Zeit hervorzuholen. Ichwollte ihm nahe sein.

Trotz intensiver Vorarbeit haben Sielange gezögert, das Buch über den Solda-tentod Ihres Vaters zu schreiben. Was warletztlich der Auslöser?

Das hing vor allem mit einer Reise desVolksbundes im Herbst 2010 zusammen.Sie führte meinen ältesten Sohn und michin die Ukraine, wo wir an einem Tag dieletzten Stationen des Weges meines Vatersvor und nach seinem Soldatentod am 13. Au gust 1941 besuchen konnten. Daswa ren hochemotionale Stunden, die mirden entscheidenden Antrieb für das Schrei -ben des Buches gegeben haben.

Ihr Vater war Offizier im ZweitenWelt krieg. Kommt da nicht oft die Fragenach einer eventuellen Verwicklung inKriegsverbrechen?

Mein Vater gehörte zu einer „verlore-nen Generation, die mit 17 in den Schüt-zengräben des Ersten Weltkrieges kämp-fen und verbluten musste und mit 40 er -neut in einen noch schrecklicheren Krieggezogen wurde. Heute werden Menschenwie er oft undifferenziert als „Nazi-Offi-ziere“ abgestempelt. Hier ein ausgewoge-nes Urteil zu finden und damit ein Zei-chen gegen die Pauschalverurteilung derKriegsgeneration zu setzen, war mir wich -tig. Bei der Auseinandersetzung mit derWehrmacht geht es mir nicht um das Rein -waschen von den Kriegsverbrechen. Diesind geschehen. Manchmal fra ge ich michsogar, ob es nicht in gewisser Weise einGlück war, dass mein Vater so früh gefal-len ist. Vieles blieb ihm damit er spart, bishin zur Erkenntnis, dass seine Vaterlands-liebe von Hitler und seinen Hel fernschänd lich missbraucht worden ist.

Wie reagiert Ihr Umfeld auf das Buch –und wie läuft der Absatz?

Von meinen zwei noch lebenden Ge -schwistern und unseren drei Kindern istdas Buch sehr emotional aufgenommenworden. Die Resonanz insgesamt ist rechtpositiv. Viele Leser haben ein ähnlichesSchicksal wie ich erlebt. Verkaufte undver schenkte Bücher addieren sich bisherauf gut 300 Exemplare. Zu den ersten sechsAutorenlesungen sind insgesamt 300, lei-der meist nur ältere Menschen gekom-men. Der Gedankenaustausch mit Be kann -ten, aber auch Fremden stellt einen gro -ßen persönlichen Gewinn für mich dar.Einige Menschen konnte ich dazu moti-vieren, ihre lange gesammelten Gedankennun ebenfalls aufzuschreiben.

Das Gespräch führte Dr. Martin Dodenhoeft

r trägt einen bekannten Namen:Jürgen von Falkenhayn (75), Ge -ne ralmajor a. D. der Bundeswehr,

ist Großneffe des Ge nerals Erich von Fal - kenhayn, der als Chef des Generalstabesdes deutschen Feldheeres von 1914 bis1916 vor allem für die Schlacht um Ver-dun steht. Der 1938 geborene, heu te inWes ter rön feld bei Rendsburg lebendeJürgen von Falkenhayn teilt mit so vie-len das Schick sal, den Vater im Kriegverloren zu haben: Ul rich von Falken-hayn, Jahrgang 1898, fiel im August 1941als Haupt mann der Re ser ve und Kompa-niechef bei einem An griff auf ein ukrai-nisches Dorf. In seinem Buch „Sarossa-wa“ re flek tiert der Autor die Aus wir -kun gen des frühen Verlustes auf sein ei -genes Leben wie auch die Notwendig-keit, das Handeln der Soldaten der Wehr -macht differenziert zu be trachten.

Was bedeutete der Verlust des Vatersfür Sie, für Ihre Familie? Wurde über ihngesprochen?

Meine Mutter hat am meisten gelitten,sie hat lange getrauert. Trotzdem hat siees geschafft, uns vier Kinder unter größ-ten wirtschaftlichen Schwierigkeiten zule bens tüchtigen Menschen zu erziehen –ei ne großartige Frau! Mir selbst war es zu -erst nicht bewusst, dass mein Vater niemehr zurückkehren würde. Unsere Mut-ter versuchte, sein Bild lebendig zu hal-

Dr. Martin Dodenhoeft führt das Gespräch mit Jürgen von Falkenhayn. Foto: Dr. Bettina Dodenhoeft

Interview: Generalmajor a. D. Jürgen von Falkenhayn

Auf den Spuren des Vaters

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312/2013

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ihr gegenseitiges Bild voneinander verän-dert haben.

Der Zaun muss weg!

Aller Anfang ist schwer. So ergeht esauch dem achtköpfigen Arbeitskomman-do vom Jägerbataillon 292 aus Donaue-schingen, das zur deutsch-französischenBrigade aus Müllheim gehört. Dies be -trifft sowohl die Arbeit als auch die Be -geg nung mit den ungarischen Kamera-den. Zum Glück lässt sich beides vorteil-haft ergänzen. Denn obwohl man gegen-seitig noch ein wenig fremdelt und nicht

immer alles Gesagte verstanden wird,steht doch eines fest: Der alte, durch -lö cherte und unterbuddelte Zaun mussweg! So machen die Soldaten beider Na -tio nen in dieser eher ungewöhnlichen Si -tua tion das, was ihnen besser liegt: an -packen. Alles klappt reibungslos undnach wenigen Tagen kennen die Soldaten,die sich größtenteils auf Englisch verstän-digen, eine Handvoll Begriffe der jeweilsanderen Sprache.

Kommandoführer Roland Berr freutdas. Der Oberstabsfeldwebel war schonmehrmals für den Volksbund unterwegs,

o viel Leben hat dieser Friedhof sel-ten gesehen. Es gibt Tage, an denensich kaum jemand auf das abseits

liegende Waldgelände verirrt – zumin-dest kein Mensch. Und genau das ist dasProblem auf der deutschen Kriegsgräber-stätte im ungarischen Sopron: Wild-schweine! Den Drahtzaun, der die Anlageauf etwa 700 Metern Länge umgibt, habensie an zahllosen Stellen längst unterbud-delt und durchlöchert. Das soll sich än -dern. Dafür sind sie hier, die acht deut-schen und acht ungarischen Soldaten.Nach ihrem gemeinsamen Einsatz wirdsich nicht nur der Friedhof, sondern auch

Deutsch-ungarischer Arbeitseinsatz in Sopron

Alte Gräber – neue Freunde

Mit hochgekrempelten Ärmeln: Das achtköpfige Arbeitskommando vom Jägerbataillon 292 aus Donaueschingen, das zur deutsch-französischen Brigade ausMüllheim gehört, arbeitet gemeinsam mit ungarischen Kameraden in Sopron. Fotos: Maurice Bonkat

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Bundeswehr

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besten Fall zu einem Kopfschütteln füh -ren. Hier aber wird die intime Beichte nurmit ei nem wissenden Nicken quittiert.Man kennt das. Die Bundeswehr hilft auchin solchen Fällen von posttraumatischerBe las tungs stö rung, so gut oder so schlechtsie es vermag. Letztlich muss der jeweili-ge Mensch aber alleine in seinem Umfelddamit zu rechtkommen. Manche schaffenes nicht. „Das Beste ist immer noch, wennman mit anderen Kameraden, die dasGlei che er lebt haben, bei einem Bier darü-ber spricht“, sagen die Soldaten. Auchhier gibt es zustimmendes Kopfnicken inder Runde.

Mit vereinter Kraft

Für ihren Einsatz hier in Ungarn habensich die freiwilligen Helfer in Uniform ex -tra ein paar Tage Urlaub genommen. Daswar es wert, sagen sie. Und so geht esnach einer kurzen Kaffeepause wiederfrisch ans Werk. Heute wird es nicht ein-fach. Der Arbeitsplan sieht vor, die tiefenSchachtlöcher für die späteren Zaunpfos -ten auszuheben. Da der Boden aber spe -ziell an der Waldgrenze nach jahr zehn te -

meis ten tatsächlich und ganz konkret er -lebt haben, verfolgt sie zuweilen – auchbei der Arbeit. Während die deutschenund un garischen Soldaten da mit be schäf -tigt sind, die alten Zaunteile und das wu -chernde Gestrüpp der vergan genen Jahrezu beseitigen, kommt schnell heraus, dassviele Teilnehmer dieses Einsatzes bereitsin Afghanistan im so ge nann ten Stabilisie-rungseinsatz waren. Dies betrifft sowohlDeutsche als auch Ungarn.

Bewegende Beichte

Auch solch Erfahrungen können ver-binden. So verstehen die Kameraden überalle Sprachgrenzen hinweg, wie schwie-rig es ist, sich nach einem Einsatz wie die-sem wieder in den normalen Alltag ein-zugliedern. Sie schildern, wie unwohl siesich in Menschenmassen fühlen oder dasssie im Supermarkt unbewusst De ckungsuchen. Einer der noch sehr jungen Män-ner An fang Zwanzig berichtet sogar, wieer nach ei nem Alptraum seine Freundinaus dem Bett stieß und sie anbrüllte, Mu -ni tion zu holen. In einem normalen Ge -sprächs kreis würde diese Geschichte im

zumeist in Frankreich. Einen binationalenEinsatz wie diesen kennt er aber auchnoch nicht: „Unsere Idee war es, mög-lichst viel gemeinsam zu machen – undzwar nicht nur während der Arbeit. Sohaben wir auch die Zimmer gemischt be -legt. Jetzt sind jeweils zwei deutsche mitzwei ungarischen Soldaten zusammenauf einer Stube“, sagt Roland Berr. DasKonzept hat Erfolg. Gemeinsame Zeit,gemeinsame Arbeit verbindet nun mal.Und Arbeit gibt es hier leider reichlich.Der Friedhof ist schon aufgrund verschie-dener Zuständigkeiten an vielen Stellenvernachlässigt, gar verfallen. Al lein diedeutschen Gräber des Zweiten Weltkrie-ges pflegte der Volksbund regelmäßig.

Spiegel der Geschichte

Sopron (deutsch: Ödenburg) hat vieleKriege gesehen. Die ersten Kriegstoten, diewie Husaren-Rittmeister Ludwig Schul zeab 1878 auf der heutigen Kriegsgräber-stätte direkt neben dem Gemeindefried-hof eingebettet wurden, zogen noch zuPferde und womöglich mit Feder am Hutin die Schlacht. Es folgten über die Jahreweitere Verstorbene aus dem Lazarett derGarnisonsstadt, aus der Zeit des Erstenund Zweiten Weltkrieges sowie aus Kriegs -gefangenenlagern. Dazu kamen weit über100 zivile Bombenopfer. In gewisser Wei-se wurden die Gräber von Sopron so zusprechenden Zeichen einer leidvollen Ge -schichte. Wer heute über diesen Friedhofgeht, kann also auch eine Zeitreise voneiner kriegerischen Vergangenheit in einehoffentlich friedlichere Zukunft erleben.

Dass dies aber noch längst nicht über -all auf der Welt der Fall ist, wissen auchdie jungen Soldaten aus Ungarn undDeutschland. Denn der Krieg, den die

Neben dem großen Zaunbauprojekt übernehmen die deutschen und ungarischen Soldaten auch Pflege-patenschaften für einzelne Gräber.

Bundeswehr

SopronSopronSopron U N G A R N

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Bundeswehr

Doch noch bevor die Soldaten sämt -liche Löcher im regelmäßigen Abstandvon etwa drei Metern ringsherum um dieKriegsgräberstätte bohren können, be -kom men sie Besuch. Es sind Vertreter derdeutschen Minderheit, die es in Ungarnnoch bis heu te in vielen Gemeinden gibt.Bepackt mit Kaffee und Kuchen laden siedie Teil nehmer des deutsch-ungarischenAr beits einsatzes zum Kaffeekränzchenins Gemeindehaus. Dabei erfahren sieauch, dass einer der Soldaten sozusagenselbst ein Angehöriger der deutschenMinderheit in Ungarn ist. Der Stabsgefrei-te Benjamin Worch berichtet, dass seineGroßeltern tatsächlich aus dieser Gegendstammen und erst seine Eltern nachDeutschland übersiedelten. Nun ist derJunge aus der deutsch-ungarischen Fami-

lie wieder zurückgekehrt in ein für ihnfremdes Land. „Dennoch fühle ich michden Leuten hier verbunden. Ich habe vieleSym pathien für das Land und seine Men-schen“, sagt der 22-Jährige. Solche Sätzehören auch die ungarischen Soldaten ger-ne. Einige von ihnen haben auch be reitspersönliche Einladungen ausgesprochen.

Bei allem was sie trennt, sind es die ge -meinsamen Erlebnisse, die überwiegen.Der Besuch in der Kaserne der Un garn,Stadtbesichtigungen, Spiel- oder Grill -abende, das gegenseitige herzliche Hän-dedrücken und Herzen zum Abschied amEnde jeden Tages sorgen für den Zusam-menhalt in der Gemeinschaft auf Zeit.Das ist allen bewusst. Was sie zudemnachhaltig verbindet, sind Kriegserfah-rungen, die sie teilen und die auch wäh -rend der Arbeit nie ganz verschwinden.

Für Sergej

Einige der acht Ungarn um den Kom-mandoführer Karcag Jácint und seinenStellvertreter Pertl Csaba waren ebenfallsim Auslandseinsatz in Afghanistan. Undgenau das kennen auch die Deutschen lei-der zu gut. Als einige der heutigen Helfervor fast genau vier Jahren während einerPatrouille nahe Kunduz angegriffen wer-den, stirbt ein Kamerad direkt vor ihrenAugen. Die Bilder haben sich fest einge-brannt. Vergessen werden sie diese Mo -mente wohl nie – genauso wie ihren ver-lorenen Kameraden Sergej Motz.

So bekommt der Arbeitseinsatz in Un -garn für die jungen Männer letztlich nocheine ganz andere Bedeutung abseits derGräberpflege oder der Errichtung desWildschwein-Sperrzaunes. Wenn sie alleam Ende des Arbeitseinsatzes die sym bo -lische Partnerschaft über ein von ihnengesäubertes Grabkreuz übernehmen, tunsie dies ganz bewusst auch in Gedankenan ihre gefallenen Ka meraden dieser Ta -ge. So sieht es auch der OberstabsgefreiteSimon Schroer. Und dann sagt er einenSatz, den man nichts weiter hinzufügenmöchte: „Wenn der Arbeitseinsatz hier inSopron vorbei ist, werde ich mit ein paarKameraden wieder die Familie Motz be -suchen. Wir tun das jedes Jahr – für Sergej.“

Maurice Bonkat

lan ger Vernachlässigung durch und durchmit dichtem Wurzelwerk durchzogen ist,wird es schweißtreibend. Zu dritt fixierenzwei deutsche und ein ungarischer Soldatdas schwere Bohrgerät mit Haltebügeln,welches nun zum Einsatz kommt. Mitvereinter Kraft gelingt es, die massiveEdelstahlspirale etwa 80 Zentimeter tiefin den steinharten Boden zu treiben. Hierwird später das Betonfundament gelegt,das dann wiederum die Stützpfosten undletztlich den schützenden verzinkten Wild -schutzzaun trägt. Der wird übrigens nichtwie bisher di rekt über dem Boden enden,sondern min destens 30 Zentimeter tief inden Boden eingegraben. So soll verhindertwerden, dass sich künftig erneut un ge -betene Gäs te auf das Gelände der Kriegs -gräberstätte verirren.

Gemeinsam stark: Mit schwerem Gerät bohren die freiwilligen Helfer die Löcher für die Zaunfundamenteim ungarischen Sopron.

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Förderer-Workcamp

stark beanspruchten Wegen baulich vor-wärts. Zahlreiche Kreu ze werden von denZeichen der Zeit gereinigt und die Namenauf etwa 500 Grabsteinen wieder leserlichnachgezeichnet. Dabei testen die Fördererabschließend an den eingelassenen In -schriften gleich noch ein neues Impräg-nierverfahren. Die teils ein wenig ein tö -nigen Arbeiten werden anstandslos undohne Mur ren akkurat erledigt. „Es machtsich halt be merkbar, dass die Leute hieraus eigenem Antrieb arbeiten. Die sehendann schon selbst, wo sie am besten mitan packen können“, sagt der begeisterteWork camp-Leiter Droste, der diese Formdes ehrenamtlichen En ga gements vonAn fang an begleitet und maßgeblich un -terstützt hat.

Der älteste beziehungsweise erfah-renste Teilnehmer in Cassino ist übrigensGeorg Hallmann mit 74 Jahren, der jüngs -te Helmut Dworacek mit 54 Jahren. Die

Be rufs gruppen sind weit gefächert vertre-ten, vom Landschaftspfleger über Lehrer,In genieure bis hin zum Handwerksmeis -ter. „Gebrauchen kann man jeden. Undjeder ist wichtig, denn buchstäblich jederHand schlag hilft!“, sagt der ehemaligeBerufssoldat Jochen Droste. Die Kostenfür die Unterkunft im Hotel übernehmendie Teilnehmer wie gewohnt größtenteilsselbst. Sie helfen also nicht nur demVolksbund, sie zahlen auch noch da für!Und am Ende gibt es zusätzlich sogarnoch Spenden und auch neue Mitglied-schaften beim Volksbund.

Zum Abschluss des Workcamps folgtdann noch eine Gedenkstunde. Damit en -det dieser Arbeitseinsatz – bevor alles aneinem anderem Ort dann wieder von vor-ne beginnt: Denn die Arbeit der Kriegs-gräberfürsorge endet bekanntlich nie!

Jochen Droste und Maurice Bonkat

ie Arbeit endet nie. Diese Binsen-weiheit gilt auch für deutsche

Kriegs gräberstätten im Ausland.Ein Beispiel hierfür ist die Kriegsgräber-stätte Monte Cassino in der italienischenProvinz Frosinone, Region Latium. Leiderist immer viel zu viel Ar beit, aber nur we -nig Geld vorhanden. Hier hilft das ehren-amtliche Engagement des Förderer-Wor-kcamps enorm. Die freiwilligen und flei -ßigen Helfer in den „goldenen Jahren“sind für den Volksbund ein echter Schatz.

Jochen Droste ist gewissermaßen derHüter und Pfleger dieses menschlichenSchatzes. Er betreut die ehrenamtlichenVolksbundfreunde, die sich nicht nur miteinfachen Spenden zufriedengeben. Siewollen selbst mit anpacken, ihren persön-lichen Beitrag leisten. Dazu gibt es in Mon -te Cassino reichlich Gelegenheit. Der etwa500 Meter hohe Felsen mit dem gleichna-migen Kloster war im Zweiten WeltkriegSchauplatz einer der blutigsten Schlach-ten. Heute befindet sich hier eine derschönsten deutschen Kriegsgräberstätten.So sehen es die zahlreichen Besucher desterrassenförmig angelegten Friedhofes.Wenn Jochen Droste denselben Ort über -blickt, erkennt er daneben auch noch jedeMenge Arbeit: Die Berieselungsanlage istin die Jahre ge kommen, im Besucherraumblättern Farbe und Putz, die Wege sindübersät mit kleinen Schlaglöchern undselbst die In schriften auf vielen der Kreu-ze sind kaum mehr zu lesen. „Hier musswas ge tan werden“, sagt der 65-Jährigeund er hält dabei Unterstützung von ins-gesamt 37 Teilnehmern.

Schon geht es los: Einige der ehrenamt-lichen Mitarbeiter, die in früheren Beru-fen große technische oder handwerklicheErfahrung gesammelt haben, kümmernsich um den Austausch der Berieselungs-anlage. Insgesamt werden dabei 321 Be -reg nerköpfe gewechselt. Währenddessengeht es auch im Besucherraum und auf den

9. Förderer-Workcamp in Monte Cassino

Jeder Handschlag zählt

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Mit viel Eifer und Fachwissen knien sich die Teilnehmer des Förderer-Workcamps in die Arbeit auf derdeutschen Kriegsgräberstätte Monte Cassino in Italien. Foto: privat

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ist auch das Grab seines Vaters und in derGedenkhalle steht sein Name, einge mei -ßelt in finnischen Muschelkalk. All die Jah -re ist er dort gewesen, ohne dass sein Sohndavon wusste. Die Mutter hatte ihr Ge -heimnis erst auf dem Totenbett preisge ge -ben. Es ist ein Schicksal, welches viele dergeschätzt über eine Million Wehrmachts -kinder in Europa und weiteren Ländernteilen. Anfang Juni 2013 gedenken die fin-nischen Wehrmachtskinder gemeinsammit den aus Deutschland in der Reisegrup -pe um Marlene Will angereisten Nachkom -men ihrer hier bestatteten Väter.

Es ist es eine weite Reise. Rovaniemi istdie Hauptstadt Lapplands und liegt ander Grenze des Polarkreises. Dennochkommen zur zentralen Gedenkveranstal-tung etwa 250 Teilnehmer beider Na -tionen. Neben den Familienangehörigenund Kameraden der Gefallenen in derVolksbund-Reisegruppe begab sich auchwieder eine Gruppe des Volksbund-Be -zirksverbandes Oberpfalz auf große Fahrtper Bus nach Norden. Sie alle gemeinsam

besuchten auch die beiden deutschen Sol-datenfriedhöfe Helsinki-Hietaniemi undHelsinki-Honkanumi. In Honkanumi er -warteten sie übrigens finnische Reservis -ten aus der Stadt Vantaa, die seit 2009 ge -meinsam mit ihren Ehefrauen und Kin-dern ehrenamtlich diesen Friedhof mitviel persönlichem Einsatz pflegen.

Großartige Unterstützung

Die Gedenkveranstaltung in Rovanie-mi bezog all diese Menschen und ihreSchicksale ein. Bei anfänglich hochsom-merlichen Temperaturen wurde in Rova-niemi in Anwesenheit finnischer Vereine,wie beispielsweise verschiedener Vetera-nenverbände sowie den „Wehrmachts-kindern in Finnland“ würdig an die Ge -fallenen erinnert. Großartige Unterstüt-zung gab es dabei schon im Vorfeld vonStadt und Kirchengemeinde, dem örtli-chen Rotary Club, der die Pflege des Fried -hofes vor mehr als zehn Jahren übernom-men hatte, sowie finnischen Soldaten undPolizisten, weiteren finnischen Vereinen,

edes Kind hat ein Menschenrecht aufVater und Mutter. Doch wie lebt essich, wenn man erfährt, dass der Vaterein fremder Soldat war? Diese Frage

stellen sich viele so genannte Wehrmachts-oder Besatzungskinder, die Nachkommenvon deutschen Soldaten und einheimi-schen Frauen in den besetzen Gebietendes Zweiten Weltkrieges. Einer von ihnenist Lauri Koskela. Anlässlich des 50. Jah-restages der Einweihung der drei deut-schen Kriegsgräberstätten in Finnland be -sucht er das Grab seines ihm unbekann-ten Vaters.

Eigentlich hätte es diesen Anlass garnicht gebraucht: Lauri Koskela war dieganze Zeit in seiner Nähe, zumindest seiter dieses schöne Haus am Norvajärvi-Seebezogen hat. Wenn er heute vor die Türund ans Ufer tritt, ist dies zugleich eineAn näherung an den unbekannten deut-schen Vater. Denn drüben auf der anderenSeite des in der Sonne glitzernden Was -sers liegt der deutsche SoldatenfriedhofRovaniemi. Und das seit 50 Jahren. Dort

50 Jahre deutsche Soldatenfriedhöfe in Finnland

Abschied vom deutschen Vater

Veranstaltungen

Lauri Koskela ist ein so genanntes Wehrmachtskind. Davon wusste er lange nichts – auch nicht, dass sich das Grab seines Vaters während der ganzen Zeit in derNähe seines Alterswohnsitzes am Norvajärvi-See befand. Fotos: Lapin Kansa und Hannes Hörkkö - Finnland, Rovaniemi

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Soldaten viele finnische Ortschaften inFlammen aufgehen. So auch die evakuier-te Stadt Rovaniemi, in der zuvor die deut-schen Soldaten und die finnische Bevöl-kerung über vier Jahre größtenteils freund -schaftlich zusammengelebt hatten.

Diese zuvor durchaus positiven Verbin -dungen dürfe man in Finnland aber erstseit der großen Wende von 1990 offen er -wähnen, sagte Abgeordneter Heikki Aut -to, dessen Großvater selbst als Freiwilli-ger auf deutscher Seite gekämpft hatte. Ge -denken müsse, so pointierte Volker Han -nemann, fernab von politisch gerade pas-sender Geschichtsschreibung, aber auchohne übertriebenes Pathos oder Helden-verehrung stattfinden. Nur dann könne esgelingen, kommende Generationen zubewegen, das Gedenken anzunehmen, esfortzusetzen und nicht in bloßen Ritualenerstarren zu lassen. Heute sei man, so dieRedner unisono, nach Aufbau der Heimatund Zusammenschluss in Europa engermiteinander verbunden denn je. Dies sei,so Pfarrer Hans-Martin Röker von derDeutschen Evangelischen Gemeinde inFinnland bei seiner Andacht, ein Hoff-nung gebendes Resultat, welches aus demtausendfachen Leid erwachsen sei.

Diese Hoffnung teilt auch Lauri Koske-la, wenn er am Abend im Schein der Mit -ter nachtssonne von seinem Grundstückaus still auf das gegenüberliegende See-ufer blickt.

Arne Schrader und Maurice Bonkat

die authentischen Geschichten, die sichhier ereignet haben, zu verbinden und ankünftige Generationen weiterzugeben.

Eine dieser bisher wenig beachtetenGeschichten ist sicherlich das Schicksalder Wehrmachtskinder (siehe Kasten). Siehatten gleich doppelt zu leiden: Nichtnur, dass sie ohne den Vater aufwuchsen– sie wurden zudem auch noch für ihrschweres Schicksal gehänselt und häufigstigmatisiert. So trat der Verein „Wehr-machtskinder in Finnland“, der etwa 700finnische Wehrmachtskinder vertritt, mitsieben Mitgliedern gemeinsam an dasHochkreuz. Sie alle umarmten sich unterTränen, während ihr Vorsitzender denBlu mengruß mit einer finnischen und miteiner deutschen Schleife niederlegte. DerVorsitzende der „Wehrmachtskinder inFinnland“, Pertti Hartikainen, stellte spä-ter auch den beispielhaften Le benslaufvon Lauri Koskela vor.

Ambivalente Beziehung

Es war eine harmonische Begegnungzwischen Finnen und Deutschen. Zu gleichweisen die Ge schehnisse der Kriegszeitdurchaus ambivalente Aspekte auf. Denndurch den von der Sowjetunion erzwun-genen Kampf der Finnen gegen die Wehr-macht im so genannten Lapplandkriegstanden die ehemaligen Kameraden nun-mehr auf der Feindesseite. Die Wehrmachtwiederum wendete vielerorts die leidvollpraktizierte „Taktik der verbrannten Er -de“ an: Auf dem Rückzug ließen deutsche

den „Wehrmachtskindern in Finnland“und der deutschen Botschaft Helsinki. Diemu sikalischen Beiträge des Lapin-Laulu-veikot-Chores bewegten die Anwesen-den, besonders bei dem Stück „Isänmaal-le“ von Jan Sibelius, dem finnischen Na -tionalkomponisten. Denn überraschendwechselte der Dirigent und der Ehrenka-pellmeister Ilkka Neuvonen übernahmden Taktstock – er dirigierte den Chor zumgleichen Lied schon vor fünfzig Jahren beider Einweihung des Friedhofes.

In den Grußworten und Reden wie-sen der deutsche VerteidigungsattachéAxel Pfaffenroth, Volksbund-Vizepräsi-dent Prof. Volker Hannemann, Staatsse-kretärin Päivi Nerg vom finnischen In nen -ministerium und der Vorsitzende desStadt rates von Rovaniemi, Heikki Autto,auf die guten und langen Beziehungenzwischen Deutschland und Finnland hin.Dabei wurde deutlich, wie wichtig Kriegs -gräberstätten wie die in Rovaniemi sind,um aus der Geschichte zu lernen. DieseBotschaft vermittelten Heikki Autto undVolker Hannemann gleichermaßen ein-dringlich. Dabei müsse man sich bewusstsein, führte Autto weiter aus, wie wichtiges sei, mit solch authentischen Orten auch

Veranstaltungen

Der Verein „Wehr machts kinder inFinnland“ vertritt die Interessen vonetwa 700 Kindern deutscher Soldaten inFinnland, die von 1940–1946 geborenwurden. Wäh rend des Zweiten Welt-krieges waren et wa 220 000 Wehr-machtssoldaten in Finn land stationiert.Das Ende des Krieges bedeutete für dieMütter, die Kinder mit deutschen Solda-ten hatten, dass sie diese versteckenmussten. Sie wurden damit zu „gehei-men Kindern“, die verfolgt und uner-wünscht waren. Das wich tigste Ziel des

Vereins ist es, mehr über die Väter der„Wehrmachtskinder“ zu er fah ren undKontakte zu knüpfen. Bitte helfen Sie!

Hinweise/Kontakt:

Erika Holmbom ([email protected])oder Pertti Hartikainen([email protected])

Aufruf der „Wehrmachtskinder in Finnland“

Am Hochkreuz erinnern Deutsche und Finnen ge -meinsam an die Opfer der Weltkriege.

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July als Teilnehmerin der zweiwöchigenJugendbegegnung in Dagneux, die Dameals Teilnehmerin einer Angehörigenreisedes Volksbundes. Zwei Menschen, zweiPerspektiven auf denselben Ort, auf dieKriegsgräberstätte Dagneux, Ruhestättefür über 20 000 Kriegstote.

Für die deutsche Angehörige ist diesein Friedhof, ihr Vater ist hier bestattet.Einmal möchte sie ihn noch besuchen. DieTrauer über den Verlust des Vaters istauch nach siebzig Jahren noch präsent.Tief bewegt legt sie Blumen nieder. FürJuly ist es eine Kriegsgräberstätte, ein Ortder zum Frieden mahnt. Hier lernt sie ge -meinsam mit deutschen Jugendlichen aneinem authentischen Ort mehr über dieGeschichte.

Die beiden kommen schnell ins Ge -spräch. Die ältere Dame ist erfreut darü-ber, dass die junge Französin da ist, umsie zu begrüßen und möchte wissen, was

das Mädchen auf der Kriegsgräberstättemacht. July berichtet, sie habe bereitsgemeinsam mit ihrer Gruppe auf demFriedhof gearbeitet und sich mit Biogra -fien von Kriegstoten beschäftigt. Auch dieGedenkveranstaltung haben die Jugend-lichen mit vorbereitet. In ihrer Hand hältsie das Totengedenken des Bundespräsi-denten in französischer Sprache. Im Lau-fe der Veranstaltung wird sie es im Wech-sel mit einer deutschen Jugendlichen ver-lesen und so symbolisieren: Wir gedenkengemeinsam.

Begegnungen der Lebensläufe

Der Mann, der dann ans Pult tritt, ganzhemdsärmelig, mit langen grauen Haa-ren, ist André Baud, der die Gedenkredespricht. Unter den vielen Uniformen undAnzug tragenden Herren sticht er heraus.Auf Formalitäten legt er wenig wert –wichtig für ihn ist, dass seine Anliegenweitergetragen werden: die deutsch-fran-zösische Versöhnung und das Gedenkenan die Opfer der Nationalsozialisten. SeinVater wurde 1943 zur Zwangsarbeit ver-pflichtet, wegen Kontakten zur Kir che inein KZ gesperrt. Er überlebte – als einervon wenigen. Fast siebzig Jahre später fin -det nun sein Sohn André folgende Wor te:„Wir wissen nicht, können und wol lennicht wissen, ob die hier Beigesetzten füroder gegen den Nationalsozialismus wa -ren. Sie alle sind wegen des Na tio nal so -zialismus gestorben. Das ist die Lehre, diewir behalten und weitergeben sollten.“

Ihm gegenüber sitzt ein Mann, der tat -sächlich über einige der Bestatteten mehrerzählen könnte: Heinrich Pankuweit warals 18-Jähriger in Lyon stationiert. Er wur-de in der französischen Metropole zumBordfunker ausgebildet – doch nur wenigspä ter folgten die alliierte Landung sowieder Rückzug der deutschen Truppen. Vie-le seiner Kameraden schafften den Rück-zug aus Lyon nicht und liegen heute in

inen Ort zum Trauern zu ha ben –diesen Wunsch haben viele An ge - hörige von Kriegstoten. Zur Ein -

weihung des Friedhofes in Dagneux inFrankreich erscheinen daher im Jahr 1963über 800 Familienmitglieder aus Deutsch-land. Fünfzig Jahre später hat sich vielesverändert. Heute sind es im mer wenigernahe Verwandte, sondern Menschen ver-schiedener Generationen, Nationen undReligionen, die am 27. Juli 2013 zum 50. Jahrestag der Einweihung nach Dag -neux kommen. Aus dem Ort der Trauerist ein Ort der Begegnung geworden. Wirschildern vier dieser Begegnungen.

Begegnung der Generationen

July Blanc ist 15 Jahre alt und Franzö-sin. Auf der Kriegsgräberstätte Dagneuxüberreicht sie einer Angehörigen ein Be -sucherheft und eine Flasche Wasser. Es istheiß am Tag der Gedenkveranstaltung.Bei de sind mit einem Reisebus angereist:

50 Jahre Kriegsgräberstätte Dagneux

Ort der Begegnungen

Veranstaltungen

Blumen für die Unbekannten: Im französischen Dagneux verteilte der Volksbund dank der Spenden sei-ner Förderer wieder Blumen auf den Gräbern der unbekannten Soldaten.

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zu den so genannten Anciens Combattants(ehemalige Kämpfer) und den Reservi-sten der Bundeswehr aus Bayern. Im Ge -denken an die Kriegstoten sind deutscheund französische Fahnen hier vor demKameradengrab vereint. Später führen siedie Prozession zur Beisetzung von vierKriegstoten an, die erst kürzlich gefundenwurden und nun in Dagneux eingebettetwerden. Leider konnten sie nicht mehridentifiziert werden. Dies bedeutet auch,dass zu ihren und weiteren Gräbern vonUnbekannten keine Angehörigen kom-men können. Daher hat der Volksbunddazu aufgerufen, Blumen für diese Unbe-kannten zu spenden – mit Erfolg: Heutesind die Gräber der Unbekannten mit 400 Sträußen geschmückt. Diese Ges tezeige, sagt einer der französischen Vetera-nen, dass auch die unbekannten Toten desKrie ges nicht vergessen sind.

Nachdem die Worte der Geistlichen dieZeremonie beenden, erheben sich die Fah -nen wieder. Deutsche und Franzosen ge -ben sich die Hand. Es ist ein herzlicher undzugleich ein symbolischer Handschlag. Erzeigt die Chance, die in den besonderenBegegnungen steckt, die auf den Kriegs-gräberstätten stattfinden – Versöhnungund Verständigung über den Gräbern!

Phillip Schrage und Jan Scherschmidt

Herr im gleichen Alter und wartet auf sei-nen Einsatz. Der Bürgermeister stellt ihn,Monsieur George Mauer, als einen Freundvor. Es ist der Sohn des ersten Friedhofs-verwalters, der nach seiner Kriegsgefan-genschaft in Bordeaux in Frankreich blieb,um für den Volksbund zu arbeiten. Zu -nächst als Umbetter und Identifizierer, ab1962 dann auf dem Friedhof in Dagneux.Noch immer wohnt George Mauer in derRegion, wie auch seine Schwester. Soprägte der deutsche Soldatenfriedhof dasLeben der Familie Mauer – und ließ eineenge Freundschaft entstehen.

Schwere Fahnen wiegen sacht im war-men und kräftigen Südwind. Sie gehören

Dagneux begraben. „Wir waren un be -kümmert, damals“, sagt der 87-Jährigerückblickend und erzählt von den Freun-den, die er in den letzten Kriegsmonatennoch verlor.

Beide, Baud und Pankuweit, machensich Gedanken über die kommenden Ge -nerationen. Wie kann man ihnen vermit-teln, was geschehen ist? Und dass es niewieder zum Krieg kommen darf? Hein-rich Pankuweit stimmt André Baud zu,als der sagt: „Es geht nicht nur darum,sich zu erinnern; die Aufrechterhaltungder Erinnerung muss positive Handlun-gen für die Zukunft tragen.“

Begegnung unter Freunden

Dagneux ist ein kleines Städtchen. DerBür germeister, Monsieur Bernard Sim-plex, macht diese Arbeit ehrenamtlich. Esgibt eigentlich genug zu tun, auch ohnedeutsche Kriegsgräberstätte. Trotzdemun terstützt er den Volksbund, wo er kann.Für Monsieur Simplex ist diese Kriegsgrä-berstätte eine Herzensangelegenheit, stellter in seiner Rede klar. Er erzählt, wie dieBegegnung von deutschen Besuchern undEinwohnern so manches Vorurteil aufge-brochen hat. Die Jugendbegegnung desVolksbundes in Dagneux unterstützt erdaher mit echter Begeisterung. Er ist im -mer dabei, macht erst Urlaub, wenn dieJu gendlichen ihre Begegnung beendet ha -ben, organisiert einen Empfang, ein Sport -fest und kommt zum Abschied noch malpersönlich vorbei.

Während Monsieur Simplex bei derGe denkfeier spricht, steht neben ihm ein

Veranstaltungen

Über den Gräbern der deutschen Soldaten senken sich als Zeichen des Gedenkens auch die Fahnen derfranzösischen Veteranenverbände. Es ist ein Zeichen der Versöhnung. Fotos: Volksbund Sachsen-Anhalt

Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus dem Workcamp des Volksbund-Landesverbandes Sach-sen-Anhalt helfen beim Verteilen der Blumensträuße auf der Kriegsgräberstätte Dagneux.

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Innengerüst. Das aus dem Adlermotiv be -stehende Oberteil reiste per Schwerlast-transport in die Hallen der Berliner Bild-gießerei Herrmann Noack, während derSockel zur Renovierung im Kieler Mari-nearsenal blieb – und dort auch ein neuesInnengerüst aus besonders haltbarem undstrapazierfähigem Stahl erhielt.

Später wurden die einzelnen Teile wie-der zusammengeführt und verschweißt.Anschließend wurden die dabei entstan-denen Schweiß nähte ebenso sorgfältig be -arbeitet wie die nun sichtbar glänzendeBronze an den Reparaturstellen. Schließ-lich handelte es sich um ein Denkmal –und das hat alt, also patiniert zu sein. Hierarbeiteten die Experten mit einer Spezi-allösung, welche die Oberfläche künstlichund binnen weniger Minuten altern ließ.Die Renovierung war damit beinahe ab -geschlossen. Jetzt musste der Adler nurnoch auf seinen angestammten Platz inMöltenort zurück.

Das lockt am Tagder Re-Montage vie -le Schaulustige an.Ohnehin ist diesemar kante Stelle amFörde-Wanderwegmit ausgezeichne-tem Blick auf dievorbeifahrendenLienenschiffe, Tan-ker, Segler, Frachterund Minensuchboote der Bundesmarineein beliebter Ausflugspunkt. Heute gibtes sogar noch mehr zu bestaunen: AusRichtung des Marinearsenals nähert sichbei niedrigem Wellengang und wenigWind der fertig renovierte Adler: Der Kö -nig der Lüfte kommt festgezurrt undmehr fach gesichert auf dem Wasserwegdaher. Den ungewöhnlichen Transportleistet eine riesige, schwimmende Pon-ton-Arbeitsfläche, die von einem Schlep-per behutsam an den Anleger vor demEhrenmal gezogen wird.

Unter den Menschen, die das Lande-manöver aufmerksam verfolgen, ist auchder 66-jährige Heinz Potrafki. Er ist seit2010 Vorsitzender der Stiftung U-Boot-Ehrenmal Möltenort, die sich beispielhaftum die Pflege und Erhaltung dieser ein-zigartigen Gedenkstätte kümmert. DerVorsitzende erinnert bei dieser Gelegen-heit auch an das inzwischen leider ver-storbene Stiftungsmitglied Martha Bege-mann (verwitwete Neumann). Sie hatteden Adler im damaligen Wert von 500 000D-Mark in Gedenken an ihren Ehemannund ehemaligen U-Boot-KommandantenKarl Neumann gestiftet.

Vogel im Ungleichgewicht

Inzwischen ist der Adler längst zu ei -nem Wahrzeichen geworden. Allerdingsbereitet nicht nur die salzige Meerluft, diebeständig um die Landzunge pfeift, großeProbleme. „Die Besonderheit an diesem

ann kommt er denn endlich wieder,der Adler? Die Frage nach dem

Ver bleib des Wahrzeichens vonMöltenort bei Kiel musste Volksbund-Lan desgeschäftsführer Frank Niemannsin der letzten Zeit öfter beantworten, als ihm lieb war. Denn der fast sechs Tonnenschwere Bronzeadler des U-Boot-Ehren-mals hatte seinen Standort 16 Meter überder Kieler Förde schon vor gut einem Jahrverlassen müssen. Der Grund: eine In spek -tion, bei der zusätzlich die innere Trage-konstruktion verstärkt wurde. Ende April2013 kehrte das Wappentier der U-Boot-Fahrer wieder auf seinen seit 1938 an ge -stammten Aussichtspunkt zurück. Endlich.

Liebevolle Behandlung

Für den Adler war es eine lange Reise.Die Renovierung der Skulptur hatte da -mit begonnen, dass sie in zwei Teile aufge -trennt wurde: das obere Kunstwerk selbstund der zugehörige Bronzesockel samt

Bau & Pflege

Skulptur am U-Boot-Ehrenmal renoviert

Adler auf Abwegen

Der König der Lüfte: Am U-Boot-Ehrenmal in Möltenort kann die renovierte Adler-Skulptur nach aufwän-diger Reparatur nun wieder bewundert werden. Fotos: Maurice Bonkat und www.flycammovies.de

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Frank Niemanns

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Bauwerk ist die einzigartige Statik desAdlers selbst. Die Figur hat durch ihrekünstlerische Gestaltung mit den halbnach hinten aufgestellten Flügeln ein in -neres Ungleichgewicht. Man spricht auchvon einem dezentralen Schwer punkt. Oh -ne innere Stützmaßnahmen würde dieFigur einfach über die ge wichtigen Flügelnach hinten wegkippen. Dies wird mitder neuen Metall-Stütz kon struktion imInneren der Bronzefigur nach haltig ver-hindert“, sagt Volksbundarchitekt undHochbauingenieur Bernd Bürger.

Und dann geht’s auch schon los. Über-raschend zügig hievt der riesige Auto-kran den 4,60 Meter hohen und 4,80 Me -ter breiten Adler auf die über 15 Meterhohe Säule. Trotz all der Technik kommtes am Ende wieder auf das gesunde Au -gen maß an. Die Mitarbeiter der FirmaNo ack bugsieren das tonnenschwere Ge -bilde millimetergenau über die sechzehnGewindestangen oder Ankerbolzen, dieauf der Spitze der Säule einbetoniert sind.Erst wenn alles haargenau passt, wird derKo loss langsam abgesenkt und fixiert.Und dann gibt’s für alle erst mal reichlichGu laschsuppe vom Smutje der U-Boot-Ka meradschaft.

Währenddessen bemerken auch zahl-reiche weitere Strandbesucher, die eherzufällig vorbeikommen, die neuerlicheVeränderung an dem kunstvollen Adler-horst, der zuvor so lange verwaist gewe-sen war. Nun neigen sich die Köpfe nochim Vorbeigehen nach hinten, während dieAugen in die Höhe blinzeln. „Ach“, heißtes dann: „Da isser ja wieder, unser Adler!“

Maurice Bonkat

Mit viel Feingefühl verschaffen die Experten derBronzeskulptur wieder eine künstliche Patina.

Bau & Pflege

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Aus tiefstem Herzen

Mein Vater Otto Bätz ist im ZweitenWeltkrieg gefallen, als ich kaum älter alsein Jahr war. Seit ich denken kann, war esimmer mein Wunsch, das Grab mei nes Va -ters in Lettland zu besuchen. Vor Jahrenwurde uns dann durch den Volksbunddie Grablage meines Vaters mitgeteilt,und dieses Jahr zu meinem 70. Ge burtstagerfüllte sich mein sehnlichster Wunsch:Nach Lettland zu reisen! Am 24. Mai 2013flog ich mit meiner Frau, meiner Tochter,meinem Schwie gersohn und zwei meinerEnkeltöchter nach Riga und von dort ausfuhren wir auch nach Saldus zum Solda-tenfriedhof. Das Ge fühl, das wir dort ver-spürten, war unbeschreib lich und ich ver-sichere Ihnen, ich werde dies niemals ver-gessen. Sie haben dazu beigetragen, dassich am Grabe meines Vaters beten durfteund dafür danke ich aus tiefstem Herzen.

Heinrich Bätz aus Steinwiesen

Ein Ort, der Frieden ausstrahlt

1960 habe ich zum ersten Mal gemein-sam mit meiner Mutter den Soldatenfried -hof in Catania besucht. Für uns war es einwichtiger Moment, an der Grabstätte mei-nes Vaters zu stehen. Inzwischen ist meineMutter verstorben und ich habe En de Aprildiesen Jahres mit 78 Jahren noch mals dieGrabstätte meines Vaters aufgesucht. Ichmöchte Ihnen aus tiefstem Herzen Dankesagen für diesen schönen Ort. Die Grab-stätte strahlt inmitten des Oliven haines ei -nen großen Frieden aus, der meiner Trauergutgetan hat. Die Tatsache, dass dort sovie len deutschen Soldaten ihre letz te Ruhege schenkt wurde, war sehr tröstlich. Zu -gleich hat mich das Leid des Zweiten Welt -krieges wieder sehr er schreckt. In Anbe-tracht der Situation in der heutigen Zeitund mit Blick auf die Vergangenheit darfun ser Bemühen um Frieden nicht aufhören.

Beate Düsterwald

In der Kirche gibt es keine Ausländer!

Der „Friedensweg“, den die Jugend -grup pen der Rostocker Christuskircheund der Eutiner Marienkirche vor zehnJah ren mit mir gegangen sind, war ein kon -kreter Schritt, Fremdenfeindlichkeit abzu-bauen und Frieden einzuüben. Mit denVolksbund-Workcamps pflegten wir 2001im belgischen Lommel deutsche Kriegs -gräber, legten in Wol gograd mit un serenrussischen Freunden Kriegsgräber an undspürten im Sommer 2003 in Gumbinnen/Gusev und Kö nigs berg/Ka li ningrad demnach, was Flucht und Vertreibung bedeu-ten. „Versöhnung über den Gräbern“ lautetdas Motto dieser Völkerverständigung –eine niveauvollere Art, jungen Menschenden „Schalom des Christ kindes“ beizu-bringen, ist mir bis heute nicht begegnet.

Pfarrer Felix Evers aus Ratzeburg

Einweihung in Duchowschtschina

Nach der Rückkehr von der Reise zurEinweihung der deutschen Kriegsgräber-stätte in Duchowschtschina drängt es mich,Sie in dieser Sache noch einmal an zu schrei -ben. Vor allem möchte ich Ihnen mei nehöchste Anerkennung dafür aus drü cken,wie Sie diese Feier gestaltet und wie Siedie dabei anwesenden Angehö rigen so ein -bezogen haben, dass sie den Ver lust derim Krieg gefallenen Soldaten gewürdigtfanden und Trost empfinden konnten. Eswar eine sehr würdige Veranstaltung, diemir und meinem Ge sprächs partnern unterden Teilnehmern immer in guter Er inne -rung blei ben wird. Daran hat auch dierussische Seite großen Anteil; sie hat beidieser Feier einen mus ter gültigen Be weisfür die Versöh nungs bereitschaft un se rerfrüheren Feinde er bracht. Für dieses au ßer -gewöhnlich wohl tuende und nachhaltigeErlebnis möchte ich Ihnen herzlich danken.

Werner Glaubitz aus Stuhr

Aus tiefstem Herzen – Ort des Friedens

Leserbriefe unserer Mitglieder

Leserbriefe

Besucher der neuen deutschen Kriegsgräberstätte Duchowschtschina fotografieren die Namen ihrerAngehörigen auf den Granitstelen. Foto: Uwe Zucchi

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gen“, sagt der erfahrene Rechtsanwalt,den viele auch aufgrund seiner Beiträge inbundesweiten Zeitschrif ten wie Focus,Handelsblatt oder auch aus der ZDF-Sen-dung WISO kennen. Dann erklärt er, war-um die Vorsorge immer wichtiger wird:„Aufgrund der längeren Lebenserwartungwird die Phase, in der ein Mensch even-tuell eine so genannte Betreuung benötigt,also selbst nicht mehr geschäftsfähig ist,immer länger.“ Tatsächlich ist aber auchdas Wort Betreuung selbst schon ein Eu -phe mis mus: „Hört sich gut an – ist aberproblematisch. In der Betreuung kann espassieren, dass Sie wesentliche Teile IhrerSelbstbestimmung einbüßen!“

Hierzu hat der Rechtsanwalt einige ab -schreckende Beispiele aus der Praxis pa -rat. Er betont zugleich, dass letztlich diefachliche Anleitung durch einen Rechts-anwalt oder Notar in der Regel sehr sinn-voll und teilweise sogar gesetzlich vorge-schrieben sind. Der Volksbund bietet zu -

sätzlich Broschüren an, mit denen Sie sicheinen fundierten Überblick schaffen. Diekostenlose Volksbund-Reihe „gut vorge-sorgt!“ mit den Themen Vorsorge, Testa-ment und Vermögen sowie die erwähntenAnwaltslisten können Sie über den Cou-pon auf Seite 47, über www.volksbund.de,per E-Mail an [email protected] oderbeim Volksbund direkt erhalten.

Zugleich macht Dr. Bonefeld seinenZu hörern Mut: „Wenn Sie sich rechtzeitigGe danken machen und Ihre Angelegen-heiten frühzeitig regeln, haben Sie vielfäl-tige Möglichkeiten, Ihre Wünsche und Be -dürf nisse abzusichern – und dies auchent sprechend kontrollieren zu lassen.“ DerReferent hat dies übrigens schon für sichselbst geregelt. Allen anderen rät er eben-falls, rechtzeitig vorzusorgen – und damiteinige Fragezeichen, wie etwa im Titeldieses Beitrages streichen und am Endemit ruhigem Gewissen sagen zu kön nen:Gut vorgesorgt!

ie möchte ich sterben – und wasgeschieht mit mir, wenn ich selber

nicht mehr in der Lage bin, eigeneEntscheidungen zu treffen? Fragen wie diesesind heikel. Ihre juristisch korrekte Be -antwortung ist daher umso wichtiger. DerVolksbund steht seinen Förderern hier mitgutem Rat zur Seite: Gemeinsam mit er fah -renen Rechtsanwälten gibt der VolksbundInfo-Broschüren heraus und bietet zu demVorträge zum Thema Vorsorge oder Erb-schaft an. In München ist RechtsanwaltDr. Michael Bonefeld einer der Experten,die kostenlos für den Volksbund tätig sind.Es gibt viele von ihnen. Rund 1 200 Adres-sen von Anwälten und Notaren stehenden Förderern des Volksbundes bundes-weit zur Verfügung.

In der Münchner Augustiner Großgast-stätte hält Bonefeld Mitte Juni seinen 50. Vorsorge-Vortrag. Bundesweit organi-sierte der Volksbund bereits 1 644 solcherVorträge mit über 112 000 Teilnehmern.Da bei sind bereits die äußeren Um ständedes Münchener Vortrages bemerkenswert.Denn der Veranstaltungsort, das „Augus -tiner“ inmitten des Stadtzentrums, ist dastraditionsreichste Brauhaus der bay e ri -schen Landeshauptstadt. Inhaber Man-fred Vollmer stellt die Räume so gar kos -ten los zur Verfügung. Darüber freut sichMünchens Volksbund-Ge schäfts füh rerFritz Vollmöller und erklärt zugleich,warum die Veranstaltungen mit Dr. Mich-ael Bonefeld so beliebt sind: „Man merktsofort, dass er absolut sattelfest im Themaist. Das Wichtigste ist aber die praxisnaheund sehr anschauliche Art der Präsentati-on. So nimmt er den Menschen die Scheuvor dem schwierigen Thema!“ Dies kön-nen bis heute etwa 6 000 Münchner Teil-nehmer der Vortragsreihe bestätigen.

„Die Themen Patientenverfügung undVorsorgevollmacht betreffen ohnehin je -den – irgendwann. Deswegen sollte mansich möglichst frühzeitig damit beschäfti-

Jurist hält 50. Vorsorge-Vortrag

Gut vorgesorgt!?

Die Themen Vorsorge, Erbschaft oder auch Patientenverfügung werden irgendwann für jeden Menschenwichtig. Der Volksbund hilft hier mit zahlreichen Infos und Vorträgen. Fotos: Maurice Bonkat

W

Fritz Vollmöller und Dr. Michael Bonefeld

Information

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Namen & Nachrichten

Für seine treuen Förderer bietet derVolksbund unter dem Titel, „Wenn Steinereden könnten ...“ zwei neu aufgelegteBroschüren an. Darin werden ausgewähl-te Kriegsgräberstätten in Osteuropa undder Normandie beschrieben – und durchBeispiele persönlicher Schicksale ein -drucks voll ergänzt. Die Schrecken desKrieges können wir in diesen Einzelschick -

salen zumindest erahnen. Sehen Sie dieseBroschüre bitte als Anstoß, eine Kriegs-gräberstätte zu besuchen. Lassen Sie sichZeit dabei. Vielleicht werden Sie die Stei-ne reden hören!

Die kostenlosen Broschüren gibt es perE-Mail an [email protected] telefonisch unter 0561 – 7009 – 0.

Wenn Steine reden könnten …Dr. Philipp Brucker verstorben

Der Volksbund trauert um einen sei-ner großen Förderer: Dr. Philipp Bru -cker verstarb am 23. Juli 2013 im Altervon 88 Jahren. Der Journalist und Autorwar von 1961 bis 1981 Oberbürgermeis -ter der Stadt Lahr im Schwarzwald. Inseiner jahrzehntelangen und überauserfolgreichen Amtszeit setzte er sichunter anderem maßgeblich für die Städ-tepartnerschaft mit der französischenStadt Dole ein. Für den Volksbund warDr. Philipp Brucker von 1950 bis 1999als Vorstandsmitglied im Bezirksver-band Südbaden-Südwürttemberg undbis 1998 als Mitglied im Redaktionsaus-schuss der Volksbund-Mitgliederzeit-schrift aktiv. Auch als Mundartschrift-steller und begabter Redner war er sehrbekannt und beliebt. Mit Dr. PhilippBrucker verliert der Volksbund eine sei-ner wichtigsten Förderer und eine gro -ße Persönlichkeit. Unser Mitgefühl giltseiner Familie. Wir werden ihm stets einehrendes Gedenken bewahren.

Spende zur Goldenen Hochzeit

Christine und Gunter Hesse sind seit50 Jahren verheiratet. Anlässlich ihrerGol denen Hochzeit baten sie nun an -stel le von Geschenken um eine Spendefür den Volks bund. Zahlreiche Gäste ka -men der Aufforderung gerne nach. Sokam eine hohe Summe im vierstelligenBereich zusammen. Das Geld kommtunter anderem der Kriegsgräberstättein Halbe zugute.

Das Paar hatte sich am 19. Oktober1962 in der Berliner Jesus-Kirche das Ja-Wort ge geben. Die Trauung nahm da -mals der Groß vater der Ehefrau vor, dersich auch in der schwierigen Kriegs- undNach kriegs zeit sehr für die Familie ein-setzte. Der Vater der Braut, Helmut Wies -jahn, war bei einem Tieffliegerangriffam 9. September 1943 in Süditalien umsLeben gekommen. Vor seiner Einberu-fung wirkte er als Pfarrer in Halbe, woder Volksbund heute eine der wichtig-sten Kriegsgräberstätten Deutschlandspflegt und für die Nachwelt erhält. Die-sem Zweck dient auch die Spende derEheleute Hesse.

Mitten in der russischen Steppe liegtdie deutsche Kriegsgräberstätte Rossosch -ka. Sie ist die letzte Ruhestätte für die Op fer der Schlacht um Stalingrad (Wolgo -grad). Dort legte nun eine Delegation ausdem bayerischen Denkendorf den Grund-stein für die künftige Friedenskapelle vonRossoschka. Diese soll die russischen unddeutschen Gräberfelder baulich und auchideell verbinden. Den genauen Stand ortder Friedenskapelle markieren nunmehrzwei Kreuze. Der Architekt des Soldaten-friedhofs, Prof. Jürgen von Reuss, hat da -bei in seinem Entwurf die Blickachsen derKapelle, die von den Symbolen des Ost-und des Westchristentums be stimmt wer-den, auf die jeweilige Mitte der Friedhofs-anlagen ausgerichtet. Die Einweihung derFriedenskapelle ist für den 6. September2015 vorgesehen.

Initiator und Motor des Projekts Frie-denskapelle ist der Denkendorfer Land-arzt Christian Holtz. Dieses Mal begleite-te ihn eine große Delegation aus Bayern,an ihrer Spitze BundestagsabgeordneterErich G. Fritz und der bayerische Land-tagsabgeordnete Eberhard Sinner. ZumAbschluss der Veranstaltung mit 70 Gäs -ten verlas Christian Holtz einen Friedens -aufruf, der von allen Teilnehmern unter-zeichnet und schließlich als Dokumentfür die Nachwelt im Grundstein deponiertwurde. In dem Dokument heißt es: „SorgtIhr, die Ihr noch im Leben steht, dass Frie-de bleibe, Friede zwischen den Menschen,Friede zwischen den Völkern. Dies ist dieBotschaft, die uns jeder Einzelne, der mitseinem Namen auf den Gedenksteinengeschrieben steht und sein Leben lassenmusste, mit auf den Weg gibt.“

Grundstein der Friedenskapelle Rossoschka gelegt

Vater Josef aus Wolgograd segnet gemeinsam mit Ltd. Militärdekan Msgr. Wolfgang Schilk, Propst OlegStulberg, Evangelische Gemeinde Zarepta, Ltd. Militärdekan Dr. Dirck Ackermann, Domkapitular i. R. Msgr.Rainer Brummer, Bistum Eichstätt und Priester Oleg den Grundstein (v.l.n.r.). Foto: privat

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Namen & Nachrichten

Neue Skulptur in Fort Douaumont

Vor der Kriegsgräberstätte Fort Dou -aumont steht nun die Bronzeskulptur„Der Abschied – Les Adieux“ des Rhein -bacher Künstlers und Pallotiner-PatersFranz-Josef Ludwig. Das Kunst werkstif tete Erich Scharrenbroich in Geden-ken an die Gefallenen von Verdun.

„Ich war dabei.“ Die beiden Mädchenaus Bulgarien können kaum glauben, wasDr. Rolf Lenz aus Ulm ihnen erzählt. Er istZeitzeuge - und erinnert sich noch gut andie Einweihung der KriegsgräberstätteLerchenberg am Bodensee: „Ich war 1938dabei, als die Kriegstoten hier am Lerchen-berg bestattet wurden. Acht war ich da -mals.“ Die beiden bulgarischen Jugend -lichen, die Deutsch als Fremdsprache inder Schule lernen, sind sehr interessiert.Sie gehören zur internationalen Jugend-begegnung. Die Teilnehmer kommen ausdreizehn Nationen zum Bodensee, umdort gemeinsam Kriegsgräber zu pflegen,die wunderbare Region zu erkunden undZeitzeugen zu treffen. Nun stehen sie mitDr. Lenz, der zudem ein besonderer För-derer des Volksbundes ist, an der Brüs -tung der Friedhofsmauer. Dort fällt das

Gelände stark ab. Der Hügel ist bewach-sen mit Weinreben und darunter brichtder Bodensee das Licht in ein tausendfa-ches Glitzern. Die Kriegsgräberstätte Ler-chenberg wird im Jahr tausendfach be -sucht, weil sie an einer exponierten Stellenahe Meersburg am Bodensee gelegen ist.Vor kurzer Zeit wurde dieses Gebiet sogarzur besten Weinsicht Badens erklärt.

Die Kriegsgräberstätte für 69 Kriegstotedes Ersten Weltkriegs wurde in den Jah -ren des Nationalsozialismus aus Propa-gandagründen ursprünglich als festungs -artige „Totenburg“ geplant. 1942 wur deder Bau dann endgültig eingestellt, als erzu zwei Dritteln fertig war. Erst am 20. Sep -tember 1964 weihten die Stadt Meersburgund der Volksbund die Kriegsgräberstät-te in ihrer heutigen Form ein.

50 Jahre Kriegsgräberstätte Lerchenberg

Die neue Zeit beginnt in der „AltenSchule“. Denn in dem ehemaligen Unter-richtsgebäude des südbrandenburgischenOrtes Halbe erhält nun die Bildungs- undBegegnungsstätte (BBS) des Volksbundesihr neues Zuhause. Angesichts des in derVer gangenheit immer wieder beobachte-ten Missbrauches der KriegsgräberstätteHalbe ist dies zugleich ein politisches Sig-nal für eine angemessene, würdige undzu gleich offene Auseinandersetzung mitder eigenen Geschichte.

Diese Auffassung vertraten Landtags-präsident Gunter Fritsch und Volksbund-präsident Reinhard Führer, die das für 1,2 Millionen Euro renovierte Gebäudenun nach dreijähriger Bauzeit seiner Be -stimmung übergaben. Rund ein Drittel derBau kosten wurden dabei vom Volksbundbeziehungsweise durch Spenden seinerFörderer aufgebracht. In enger Kooperati-on mit dem Land Brandenburg, dem Land -kreis Dahme-Spreewald, dem Amt Schen-kenländchen sowie der Gemeinde Halbehat der Volksbund so die Grundlage fürdie Umsetzung dieses ambitionierten Pro-jektes und die baulichen, finanziellen, per -sonellen und inhaltlichen Voraussetzun-gen für dessen Verwirklichung geschaffen.

In unmittelbarer Nähe der deutschenKriegsgräberstätte mit über 25 000 Grä-bern werden nun jüngeren Ge ne rationennachdrücklich die schrecklichen Ereignis-se im April 1945 vermittelt. Dazu wurdevom Volksbund extra ein His toriker einge-stellt. Er wird in Halbe auch weiter zumThema forschen und ei ne Aus stellung auf -bauen. Außerdem hat ab so fort ein Mitar-beiter des Volksbund-Umbettungs diensteshier seinen Standort. Noch immer werdenjedes Jahr über 300 Ge fallene in Branden-burg geborgen und wenn möglich mitHilfe der Deutschen Dienststelle (WASt)in Berlin identifiziert und auf ei ner Kriegs-gräberstätte im Land eingebettet.

Volksbundpräsident Reinhard Führer montiert dasSchild der BBS Halbe. Foto: Volksbund

Neue Bildungs- und Begegnungsstätte in Halbe eingeweiht

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Spuren – Ernst August Born

Das Lebenswerk von Ernst AugustBorn (1922 – 1943), der sein Lebenim Zweiten Weltkrieg verlor, ist nunin zwei Bänden erschienen. Er istein Beispiel für die Gefallenen, dieim Kulturschaffen DeutschlandsGroßes hätten leisten können: Welch ein Verlust!

Borns Gedichte, Prosa, Briefwech-sel – unter anderem mit seinemFreund Rudolf Augstein – sindeine wertvolle Chronik eineskünstlerischen Lebens und echteDokumente einer schweren Zeit.

SPUREN

Band I: Gedichte € 8,80Band II: Kurzprosa und Wegbe-

gleiter in Briefen € 12,80

Erschienen im BoD Verlag, zubestellen in jeder Buchhandlung.

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Namen & Nachrichten

Impressum

HerausgeberVolksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. www.volksbund.defrieden – Zeitschrift des Volksbundes

Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V.89. Jahrgang, Oktober 2013 (ISSN 2196-4734)Das Mitteilungsblatt erscheint zweimal imJahr, Nachdruck nur mit Quel len an gabe undBeleg. Für unverlangt eingesandtes Materialwird keine Haftung über nommen. Die Re dak -tion behält sich Kürzung und Bearbeitung deszur Verfügung gestellten Materials vor.

SpendenkontoVolksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V.Kontonummer: 3 222 999Commerzbank KasselBankleitzahl: 520 400 21

RedaktionMaurice BonkatBeirat: Prof. Volker Hannemann (Vorsitz),Erich Bulitta, Ingrid Ebert, Manfred Schaakeund Alexandra Simtion

GestaltungRené Strack

DruckDierichs Druck + Media GmbH & Co. KGFrankfurter Straße 168 • 34121 Kassel

VerantwortlichRainer Ruff, Generalsekretär

Anzeigen/BeilagenThomas FischerTelefon: 0561 – 7009 – 268

VerlagVolksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V.Werner-Hilpert-Straße 2 • 34112 KasselTelefon: 0561 – 7009 – 0 • Fax: – 221E-Mail: [email protected]

FotonachweisDas Titelbild zeigt François Hollande, RobertHebras und Joachim Gauck (v. l.) in Oradour-sur-Glane (Foto: dpa). Die übrigen Fotos stam -men, wenn nicht an ders gekennzeichnet, vonVolksbundmitarbeitern oder aus dem Archiv.

BeilagenDiese Ausgabe enthält Beilagen von: MDM, RSD Reiseservice Deutschland (Teil-auflage), Die moderne Hausfrau (Teilauflage), Spezia li täten-Haus G. Schulteis (Teilauflage),Walbusch und LV Bayern (Teilauflage)

Die Volksbund-Ausstellung „Bikernieki– Wald der Toten“ erinnert auf 16 Schau-tafeln an das Schicksal von über 25 000deutschen Juden, die 1941/42 im letti-schen Riga ermordet wurden. Bundesprä-sident und Volksbund-Schirmherr JoachimGauck erweiterte die wichtige Ausstel-lung nun um ein persönliches Geleitwort,das im Paderborner Stadthaus erstmalspräsentiert wurde. Darin schreibt er: „Fastwäre die Erinnerung an diese Schick salefür immer erloschen. ... Umso dankbarerbin ich, dass es dem Riga-Komitee, seinenUnterstützern in Lettland und vielen an -de ren Ländern nach Ende des Kalten Krie -ges gelungen ist, die verbliebenen Spurenund Zeugnisse wie ein Mosaik zusam-menzutragen und den Verstorbenen einehrenvolles Andenken zu widmen. ... Sie-ben Jahrzehnte nach dem Holocaust fin-den sich in und um Riga eindrucksvolleOrte des Erinnerns und Grabanlagen, dievon Schülern in ihren Ferien gepflegt wer -den. ... Und es gibt Engagierte – dabeiden ke ich besonders an den VolksbundDeutsche Kriegsgräberfürsorge –, die mitAusstellungen wie dieser immer wiederneuen Anlass, Raum und Zukunft für dieErinnerung schaffen. Ihnen allen, die sich

gegen das Vergessen stark machen, dankeich und ich hoffe, dass die Betrachter derBilder von Riga nicht passive Zuschauerbleiben, sondern dass sie mit Sensibilitätund Entschlossenheit für Menschen ein-treten, deren Würde oder Leben bedrohtist, ja dass sie die Menschlichkeit überalldort bewahren oder verteidigen, wo sienicht beachtet oder gar missachtet wird...“ Das vollständige Geleitwort sowieweitere Infos zum Riga-Komitee findenSie unter www.riga-komitee.de.

Bundespräsident Gauck verfasst persönliches Geleitwort zu Riga-AusstellungBilder in Gedenken an die Kameraden

Theodor Las-sen wollte ei gent -lich ein Architektwerden. So ab sol -vierte er nach sei - ner Berufsausbil-dung zum Zim-mermann Kursein Architektur-zeichnen. Dannkam der Krieg.Theodor Lassen war einer der Ersten,die eingezogen wurden. Er erlebte denZweiten Weltkrieg bis zu seinem Ende.In dieser schweren Zeit verlor er vieleliebe Kameraden, an die er bis heutedenkt. Was ihm blieb, ist die Malerei.Als seine Enkel Martin und ThomasGerken aus einem Volksbund-Work campzurückkehrten, entstand die Idee, sichfür den Volksbund zu engagieren. WennTheodor Lassen nun seine beliebten Bil-der verschenkt, legt er einen Zahlscheindes Volksbundes bei. Inzwischen ka -men so mehrere tausend Euro für dieKriegsgräberfürsorge zusammen. DerVolksbund bedankt sich für die großar-tige Unterstützung!

Theodor Lassen

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Das Foto zeigt Thomas Rey, Monika Schrader-Be -wer meier, Heinz Paus, Manfred Müller und Win-fried Nachtwei (von links). Foto: Volksbund

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Mitglied werden® Ich helfe dem Volksbund als neues Mitglied:Mein Beitrag pro Jahr ® 12 Euro ® 25 Euro ® 100 Euro ® _____________ Euro (Mindestbetrag: 6 Euro/Jahr)

Erbschaftsinformation® Bitte übersenden Sie mir kostenlos die Broschüre „Was wird mit meinem Erbe?“.

® Bitte übersenden Sie mir kostenlos die Broschüre „gut vorgesorgt! 1 – Vollmachten und Verfügungen“.

® Bitte nennen Sie mir unverbindlich einen im Erbrecht qualifizierten Anwalt in meiner Nähe.

Stiftung Gedenken und Frieden® Informieren Sie mich bitte, wie ich mit der Stiftung Gedenken und Frieden des Volksbundes

meinen Förderbeitrag für die deutsche Kriegsgräberfürsorge auf Dauer sichern kann.

Jugendbegegnungs- und Bildungsstätten (JBS)® Ich möchte den Flyer „Workcamps“. Weitere Infos und Anforderungen

® Ich möchte weitere Infos zu den JBS. auch per E-Mail an [email protected]

Mit uns reisen® Ich interessiere mich für folgende Reise: Reiseziel, Land ________________________________________

Reisedatum ________________________________________

Grabschmuck- und FotowünscheWenn Ihr Angehöriger auf einer deutschen Kriegsgräberstätte im Ausland bestattet wurde, können Sie unsbeauftragen, dort Blumen niederzulegen oder ein Foto von der Grabstelle aufzunehmen. Nähere Infor ma -tionen erhalten Sie im Internet unter www.volksbund.de/service/grabschmuck-und-fotowunsch.htmlund telefonisch unter 0561 – 7009 – 123 oder 0561 – 7009 – 227.

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Bitte senden Sie diesen Coupon an: Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V.Werner-Hilpert-Straße 2, 34112 Kassel

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Neue KriegsgräberstätteDuchowschtschina/Russland

Das kleine Foto zeigt die Bundestagsabgeordneten KlausBrähmig, Dr. Joachim Pfeiffer und Stephan Mayer (v. l.) mitSoldaten des Wachbataillons des BMVg. Fotos: Uwe Zucchi


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