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FREIE UNIVERSITÄT BOZEN FAKULTÄT FÜR BILDUNGSWISSENSCHAFTEN Laureatsstudiengang Bildungswissenschaften für den Primarbereich TITEL DER LAUREATSARBEIT Das Rhythmische im Vorschulalter. Kann rhythmische Förderung den Spracherwerb erleichtern? Betreuer eingereicht von Prof. Franz Comploi Iris Unterhofer Schlagworte: Rhythmus, Spracherwerb, Kindergarten Session: II Akademisches Jahr: 2007/2008
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FREIE UNIVERSITÄT BOZEN

FAKULTÄT FÜR BILDUNGSWISSENSCHAFTEN

Laureatsstudiengang Bildungswissenschaften

für den Primarbereich

TITEL DER LAUREATSARBEIT

Das Rhythmische im Vorschulalter.

Kann rhythmische Förderung den Spracherwerb erleichtern? Betreuer eingereicht von

Prof. Franz Comploi Iris Unterhofer

Schlagworte: Rhythmus, Spracherwerb, Kindergarten

Session: II

Akademisches Jahr: 2007/2008

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Inhaltsverzeichnis

Einleitung………………………………………….. S. 6

Kapitel 1: Definitionen

1.1 Rhythmus………………………………….. S. 8

1.1.1 Definition……………………………………... S. 8

1.1.2 Wortherkunft………………………………….. S. 8

1.1.3 Merkmale……………………………………... S. 9

1.2 Rhythmik………………………………….. S. 10

1.2.1 Definition……………………………………... S. 11

1.2.2 Didaktisch-methodische Prinzipien und In-

strumentarium…………………………………

S. 11

1.2.3 Geschichte…………………………………….. S. 12

1.3 Metrum……………………………………. S. 13

1.3.1 Wortherkunft………………………………….. S. 13

1.3.2 Die Kultur des Metrums………………………. S. 14

1.4 Sprache……………………………………. S. 14

1.4.1 Definition……………………………………... S. 14

1.4.2 Merkmale von Sprache……………………….. S. 15

1.4.3 Das System „Sprache“………………………... S. 16

1.4.4 Die Sprachfähigkeit…………………………… S. 17

1.4.5 Aufgaben der Sprache…………………………

S. 18

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Kapitel 2: Das Rhythmische in der Musik 2.1 Zwei Arten von Rhythmus………………… S. 19

2.2 Rhythmische Kontrolle……………………. S. 21

2.2.1 Theoretische Grundlagen……………………... S. 22

2.3 Kulturelle Unterschiede……………………

S. 25

Kapitel 3: Befunde aus der Gehirnforschung 3.1 Welche Gehirnareale sind für die Ausbil-

dung des Rhythmischen verantwortlich?......

S. 31

3.2 Welche Gehirnareale steuern die Sprach-

funktionen?...................................................

S. 33

3.2.1 Sprachproduktion……………………………... S. 35

3.2.2 Sprachverständnis……………………………..

S. 36

Kapitel 4: Zusammenhänge zwischen Rhythmus und

Sprache 4.1 Allgemeine Parallelen zwischen rhythmi-

schen Elementen in der Musik und in der

Sprache…………………………………….

S. 39

4.2 Das Rhythmische in der Sprache………….. S. 41

4.2.1 Steuerung der Prosodie im Gehirn……………. S.41

4.2.2 Der Sprachrhythmus…………………………... S. 42

4.2.2.1 Die bedeutendste prosodische Einheit: Die Silbe…. S. 45

4.3 Der kindliche Erwerb der Prosodie………... S. 46

4.3.1 Allgemeines…………………………………… S. 46

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4.3.2 Die Entwicklung der Prosodie vom ersten bis

zum 30. Monat ………………………………..

S. 48

Kapitel 5: Förderung der Sprachentwicklung mit

Schwerpunkt auf die Prosodie 5.1 Wie kann man Rückstände in der Prosodie

feststellen?....................................................

S. 52

5.2 Förderungsmöglichkeiten der kindlichen

Sprachentwicklung im Zusammenhang mit

musikalisch-rhythmischen Aktivitäten im

Kindergarten……………………………….

S. 53

5.2.1 Fachliche Kompetenz der pädagogischen

Fachkraft als Voraussetzung…………………..

S. 53

5.2.2 Musikalisch-rhythmische Angebote im Kin-

dergarten, die zur Sprachförderung beitragen…

S. 55

5.2.3 Geschlechtsspezifische Differenzierung und

Polarisierung…………………………………..

S. 59

5.3 Eine konkrete Möglichkeit der Förderung:

die prosodische Therapie…………………..

S. 61

Kapitel 6: Forschungsteil 6.1 Hypothesen………………………………... S. 64

6.2 Beschreibung der Untersuchung…………... S. 64

6.2.1 Beschreibung der Versuchsgruppe…………… S. 64

6.3 Untersuchungsmethode……………………. S. 66

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6.2.2.1 Test zum Prüfen der rhythmischen Begabung bei

Vorschulkindern…………………………………...

S. 66

6.2.2.2 Sprachlicher Test zum Prüfen der phonologischen

Fertigkeiten bei Vorschulkindern (entnommen aus

„Seldak“)…………………………………………..

S. 71

6.3 Ergebnisse…………………………………. S. 74

6.3.1 Auswertung des rhythmischen Tests………….. S. 74

6.3.2 Auswertung des Teilabschnittes aus „Seldak“... S. 82

6.3.3 Vergleich der Ergebnisse des rhythmischen-

und des sprachlichen

Tests…………………………………………...

S. 85

Kapitel 7: Einordnung der Ergebnisse in den Stand des

Wissens 7.1 Einbindung in die berufliche Praxis………. S. 89

7.2 Erweiterungs- und Ergänzungsmöglich-

keiten……………………………………….

S. 93

Kapitel 8: Zusammenfassung und Schlussbemerkung

Abkürzungsverzeichnis……………....…… S. 98

Abbildungsverzeichnis……………………. S. 99

Literaturverzeichnis……………………….. S. 101

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Einleitung

In meiner Laureatsarbeit „Das Rhythmische im Vorschulalter. Kann rhythmische

Förderung den Spracherwerb erleichtern?“ wird der Zusammenhang von Rhyth-

mus und Spracherwerb, sowie dessen Bedeutung für das Kindergartenkind be-

leuchtet. Zunächst werden im theoretischen Teil Grundlagen in Bezug auf Rhyth-

mus und Sprache separat, wie etwa die Bedeutung der Rhythmischen in der Musik,

Erkenntnisse aus der Gehirnforschung, oder entwicklungspsychologische Grundla-

gen erläutert. Dann schließlich werden interessante allgemeine und konkrete Zu-

sammenhänge zwischen „Rhythmus“ und „Sprache“ aufgezeigt.

Im Forschungsteil wird die eigentliche Fragestellung untersucht – nämlich ob durch

rhythmische Aktivitäten und Angebote beim Kindergartenkind der Spracherwerb

positiv beeinflusst werden kann: Um diesen Zusammenhang zu untersuchen, habe

ich eine Testgruppe von Kindern im letzten Kindergartenjahr aus Südtirol einerseits

einem Sprachtest, andererseits einem selbst ausgearbeiteten rhythmischen Test un-

terzogen. In der Auswertung habe ich das Abschneiden in diesen beiden Tests auf

Zusammenhänge untersucht.

Das Interessante an dieser Fragestellung liegt sicherlich im Manko an Forschung

und Literatur in diesem Bereich: Dass musikalische Aktivitäten zur sprachlichen

Förderung bei Kindern beitragen, wurde mehrfach erforscht und bewiesen – wie

sieht es jedoch mit rein rhythmischen Aktivitäten aus? Können diese den Sprach-

erwerb allgemein bzw. einen Teilbereich davon positiv beeinflussen, und den Er-

werb somit erleichtern? Welcher Zusammenhang besteht überhaupt zwischen

„rhythmischer“ und „sprachlicher“ Begabung?

Aus der Musik wird also ein Bereich – nämlich das Rhythmische – herausgefiltert,

und in Zusammenhang mit dem Spracherwerb gebracht. Da es sich hier um „uner-

forschtes Neuland“ handelt, könnte die Entdeckung eines (oder keines) Zusam-

menhangs von beachtlicher Bedeutung sein. Sprachförderung könnte in Zukunft

unter anderem durch gezielt ausgearbeitete rhythmische Förderung geschehen. Pä-

dagogische Fachkräfte könnten sich dann auf theoretische Grundlagen stützen, und

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mit Kindern im Kindergarten gezielte rhythmische Übungen durchführen – mit dem

Ziel, deren Spracherwerb positiv zu beeinflussen.

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1. Definitionen In diesem Kapitel möchte ich einige Begriffe, die für den von mir behandelten Be-

reich relevant sein werden, definieren. Dazu gehören die Begriffe „Rhythmus“,

„Rhythmik“, „Metrum“ und „Sprache“.

1.1 Rhythmus Die folgende Definition entnehme ich dem Musiklexikon „Die Musik in Geschichte

und Gegenwart“ (MGG):1

1.1.1 Definition

Erst seit dem 5. Jh. V. Chr. wird für die Zeitordnung ein eigener Begriff – Rhyth-

mus – eingesetzt: Vorher bezeichnete das Wort Harmonie einerseits die Ordnung

der Töne, und andererseits die Ordnung der Zeit. Heute meinen wir mit dem Ter-

minus Rhythmus nicht mehr das, was einst darunter verstanden wurde: „Heute be-

zeichnet Rhythmus alles, was irgendwie mit Struktur oder dem Ablauf der musika-

lischen Zeit, oft auch, was mit Bild- und Raumbewegung zu tun hat.“2 Mit Rhyth-

mus werden seit dem 20. Jh. Strukturen, die das Tempo betreffen, sowie Gescheh-

nisabläufe beschrieben.

Von der Antike bis zum 20. Jahrhundert wurde der Begriff Rhythmus folgender-

maßen definiert: „Rhythmus ist ein normativer Begriff.“3 Zum Gegenstand hat er

Bewegungen und Zeiten, die den menschlichen Sinnen Gefallen bringen.

1.1.2 Wortherkunft

Der Terminus „Rhythmus“ geht auf die griechische Antike zurück, und bezeichnet

einerseits das „Auf und Ab von Glück“4, andererseits politische Ordnung, oder so-

gar den Charakter eines Menschen.5

1 vgl. Die Musik in Geschichte und Gegenwart, Sachteil Quer- Swi 2 „Rhythmus, Metrum, Takt“, 1998, S. 257 (zit. nach „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“, Sachteil Quer- Swi) 3 „Rhythmus, Metrum, Takt“, 1998, S. 258 (zit. nach „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“, Sachteil Quer- Swi)

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Im 19. und frühen 20. Jh. besann man sich auf das Wort „rhein“, was soviel wie

„fließen“ bedeutet, und leitete es von „Rhythmus“ ab. Ernst Wolf (1955) wies zum

ersten Mal auf ein regelmäßiges Fließen hin6. Andere Autoren aus der Antike wei-

sen auf den Zusammenhang von Rhythmus und Zahl hin.7

1.1.3 Merkmale

- Rhythmus ist normativ8

Rhythmus ordnet Zeiten und Bewegungen – aber nicht beliebig, sondern immer so,

wie es der Mensch mit seinen Sinnen als angenehm und ästhetisch empfindet.

- Rhythmus und Materie9

Rhythmus ordnet unterschiedliche Arten von Bewegung, so zum Beispiel die Be-

wegung von Silben oder Tönen.

- Grenzen des Rhythmus10

Der Rhythmus erfährt seine Grenzen dort, wo die Grenzen der menschlichen Sinne,

also etwa das menschliche Auffassungsvermögen, liegen. Unsere Sinne müssen

rhythmische Einheiten also überblicken können: Wäre eine dieser Einheiten zu

lange, beispielsweise mehrere Jahre lang, so wäre sie für unsere Sinne nicht mehr

überschaubar. Rhythmus bezieht sich auf natürliche Phänomene, wie auf den Puls

oder den Atem.

- Struktur und Proportionen11

Auch wenn die Grenzen des Rhythmus eingehalten werden – die menschlichen

Sinne ihn also erfassen können – muss eine Ordnung nicht rhythmisch sein:

4 „Rhythmus, Metrum, Takt“, 1998, S. 258 (zit. nach „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“, Sachteil Quer- Swi) 5 vgl. „Rhythmus, Metrum, Takt“, 1998, S. 258 (zit. nach „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“, Sachteil Quer- Swi) 6 vgl. Wolf 1955, S.106 (zit. nach „Rhythmus, Metrum, Takt“, 1998, S. 259) 7 vgl. „Rhythmus, Metrum, Takt“, 1998, S. 259 (zit. nach „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“, Sachteil Quer- Swi) 8 vgl. „Rhythmus, Metrum, Takt“, 1998, S. 260- 261 (zit. nach „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“, Sachteil Quer- Swi) 9 vgl. „Rhythmus, Metrum, Takt“, 1998, S. 261- 262 (zit. nach „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“, Sachteil Quer- Swi) 10 vgl. „Rhythmus, Metrum, Takt“, 1998, S. 262- 263 (zit. nach „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“, Sachteil Quer- Swi) 11 vgl. „Rhythmus, Metrum, Takt“, 1998, S. 263- 266 (zit. nach „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“, Sachteil Quer- Swi)

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Rhythmisch wird sie erst dann, wenn der betreffende strukturierte Zeitabschnitt den

menschlichen Sinnen positiv anspricht. Die Kunst, Zeiträume so zu gestalten, nennt

man Rhythmopoeia. Einförmige Bewegungen werden erst durch das Rhythmisieren

ästhetisch bereichert. Auch in diesem Zusammenhang wird der Rhythmus mit einer

natürlichen Bewegung, dem Puls verglichen – dessen Schlagen für uns Menschen

als angenehm empfunden wird.12

In der Antike galt die Proportion 1:1 als die „beste aller rhythmischen Proportio-

nen“13 Das gleichmäßige Heben und Senken wurde als symmetrisch empfunden,

weshalb es auch heute noch oft zu einer inhaltlichen Gleichsetzung zwischen

Rhythmus und Symmetrie kommt.14 Wichtig für die Qualität des Rhythmus ist

nicht die Größe der Proportionen, sondern deren Klarheit. Dennoch werden bei-

spielsweise die Proportionen 3:1 und 4:1 als unrhythmisch empfunden. Allerdings

hängt es von der musikalischen Situation ab, ob die Proportion eines Rhythmus als

rhythmisch oder als unrhythmisch empfunden wird: Ein Solist kann sich beispiels-

weise verschiedener rhythmischer Proportionen bedienen, die nicht unbedingt un-

rhythmisch wirken, da der Hörer sich nicht auf alle Stimmen eines großen Orches-

ters konzentrieren muss.15

Im 19. Jh. Werden rhythmische Proportionen nicht mehr so streng strukturiert –

was für die klassische Rhythmik äußerst bedeutend war.

1.2 Rhythmik Im Musiklexikon „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“ finde ich eine aus-

führliche Definition und Erläuterung des Begriffs Rhythmik:

12 vgl. „Rhythmus, Metrum, Takt“, 1998, S. 264 (zit. nach „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“, Sachteil Quer- Swi) 13 „Rhythmus, Metrum, Takt“, 1998, S. 265 (zit. nach „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“, Sachteil Quer- Swi) 14 vgl. „Rhythmus, Metrum, Takt“, 1998, S. 264 (zit. nach „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“, Sachteil Quer- Swi) 15 vgl. „Rhythmus, Metrum, Takt“, 1998, S. 265 (zit. nach „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“, Sachteil Quer- Swi)

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1.2.1 Definition

Der Begriff „Rhythmik“ meint zum einen ein Fachgebiet und zum anderen ein Un-

terrichtsprinzip:16

- Rhythmik als Fachgebiet

„Rhythmik als Fachgebiet behandelt die Ähnlichkeiten und Unterschiede der bei-

den Ausdrucksmedien Musik und Bewegung.“17 Dabei werden theoretische

musikalische Sachverhalte mit Bewegung in Bezug gebracht, um schließlich in

Bewegung umgesetzt zu werden.

- Rhythmik als Unterrichtsprinzip

Beim Unterrichtsprinzip „Rhythmik“ werden dem Einzelnen durch musikalische

Inhalte sowie durch Bewegungsabläufe verschiedene Thematiken, wie zum Bei-

spiel die „gegenständliche Umwelt“18 in bestimmten Aktionsformen nahe gebracht.

Ziel ist es, im Einzelnen einen Verarbeitungsprozess des jeweiligen Themas zu ak-

tivieren – ihn also durch die angebotenen Aktivitäten zu erziehen.19

1.2.2 Didaktisch-methodische Prinzipien und Instrumentarium

Einige didaktisch-methodische Prinzipien der Rhythmik sind die Improvisation, die

Förderung der inneren Vorstellungskraft, das Lernen im Dialog, und der ständige

Wechsel zwischen den Aktivitäten (zum Beispiel Spiel, Reflexion usw.). Ein weite-

rer wichtiger Bestandteil sind intra- und interpersonelle Aktivitäten, wie zum Bei-

spiel „Führen und Folgen“20.

Instrumente, die bevorzugt in der Rhythmik eingesetzt werden, sind Stabspiele,

Perkussionsinstrumente sowie Melodie- und Tasteninstrumente. Außerdem werden

verschiedene Hilfsmittel, wie zum Beispiel Gymnastikgeräte benötigt.

16 vgl. „Rhythmik“, 1998, S. 252- 255 (zit. nach „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“, Sachteil Quer- Swi) 17 „Rhythmik“, 1998, S. 252 (zit. nach „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“, Sachteil Quer- Swi) 18 „Rhythmik“, 1998, S. 252 (zit. nach „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“, Sachteil Quer- Swi) 19 vgl. „Rhythmik“, 1998, S. 252 (zit. nach „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“, Sachteil Quer- Swi) 20 „Rhythmik“, 1998, S. 252 (zit. nach „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“, Sachteil Quer- Swi)

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1.2.3 Geschichte

Die wohl bekannteste Person, die mit Rhythmik in Verbindung gebracht wird, ist E.

Jaques-Dalcroze.21 Ab 1892 unterrichtete er in Genf am Konservatorium

„Gehörbildung mit Solfège, Harmonielehre und Improvisation“22. Jaques-Dalcroze

kritisierte die zu starke Spezialisierung der einzelnen Fächer, und forderte eine all-

gemeine musikalische Bildung, die durch Bewegung zugänglich gemacht werden

sollte, sowie emotional fühlbar war.

1910 gründete er in Deutschland die „Bildungsanstalt für Musik und Rhythmus E.

Jaques-Dalcroze“23, in der er sein pädagogisches Konzept, das er „Rhythmische

Gymnastik“24 nannte, umsetzte. Bis 1914 verbreitete sich die rhythmische Gymnas-

tik rasch – nicht zuletzt durch die internen Aufführungen der Bildungsanstalt sowie

durch Jaques-Dalcrozes Vortragsreisen.

Obwohl sein Konzept zunehmend kritisch betrachtet wurde, entstanden in

Deutschland weitere Bildungsanstalten, die nach seiner Vorstellung arbeiteten.

1914 wurde die erste Bildungsanstalt für Musik und Rhythmus E. Jaques-Dalcroze

jedoch geschlossen, und er selbst musste aus politischen Gründen in die Schweiz

flüchten. Jaques-Dalcroze unternimmt weitere Vortragsreisen durch ganz Europa,

sein Modell der Rhythmik ist inzwischen sehr verbreitet.

In Deutschland hingegen entwickelt sich die rhythmische Gymnastik ohne ihn

weiter. Einige Lehrer erreichen die Wiedereröffnung der Bildungsanstalt für Musik

und Rhythmus E. Jaques-Dalcroze, die nun unter anderem Namen in Wien weiter-

geführt wird. Das Konzept bleibt jedoch dasselbe: Bewegungserziehung ist der mu-

sikalischen Erziehung gleichgestellt; 1919 gewinnt erstmals der Tanz an Bedeu-

tung.25

1925 ist ein weiterer Meilenstein in der Rhythmik anzusetzen: Per Erlass wird die

rhythmisch-musikalische Erziehung in der Lehrerausbildung neben dem Instru-

mentalunterricht als Hauptfach vorgeschrieben. Zudem finden die Fächer Improvi-

21 vgl. „Rhythmik“, 1998, S. 253 (zit. nach „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“, Sachteil Quer- Swi) 22 „Rhythmik“, 1998, S. 253 (zit. nach „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“, Sachteil Quer- Swi) 23 „Rhythmik“, 1998, S. 253 (zit. nach „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“, Sachteil Quer- Swi) 24 „Rhythmik“, 1998, S. 253 (zit. nach „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“, Sachteil Quer- Swi) 25 vgl. „Rhythmik“, 1998, S. 254 (zit. nach „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“, Sachteil Quer- Swi)

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sation, Hörbildung und rhythmische Gymnastik nach Jaques-Dalcrozes Vorbild

Eingang in die Lehrpläne von Grundschulen und Kindergärten.26

Ab 1919 wird das Prinzip der Rhythmik auf verschiedene andere Bereiche, wie

zum Beispiel auf die Heil- und Sonderpädagogik und auf die Tanztherapie, übertra-

gen.27

Zur Zeit des Zweiten Weltkrieges werden jüdische Lehrer durch deutsche ersetzt;

außerdem wird das Prinzip der Rhythmik auf nationalsozialistisches Gedankengut

übertragen.

1948 wurde von einigen Hochschuldozenten ein Arbeitskreis für rhythmische Er-

ziehung gegründet, dessen Gedanken 1964 und 1971 weitergeführt wurden.28

Was dem Fach „Rhythmik“ bis heute fehlt, ist eine „wissenschaftliche Fundie-

rung“29: Für die einen ist Rhythmik ein Fach, für die anderen ein Prinzip.

Ab den 1970er Jahren findet die Rhythmik als Pflichtfach Eingang in die Bildungs-

pläne der Musikhochschulen.

Heute wird die Rhythmik vor allem in Kindergärten und Musikschulen, sowie in

der Heilpädagogik angewendet. Außerdem wird das Fach Rhythmik als Haupt-

oder Nebenfach an verschiedenen Musikhochschulen angeboten.30

1.3 Metrum Im Musiklexikon „Musik in Geschichte und Gegenwart“31 ist der Begriff „Metrum“

unter „Rhythmus“ zu finden. Ich werde den Terminus „Metrum“ nun definieren:

1.3.1 Wortherkunft

„Rhythmus und Metrum bilden schon in der Antike ein Wortpaar.“32 Der Terminus

Metrum ist allerdings jünger als Rhythmus. Metrum bedeutet Maß, und bildet mit

26 vgl. „Rhythmik“, 1998, S. 254 (zit. nach „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“, Sachteil Quer- Swi) 27 vgl. „Rhythmik“, 1998, S. 254 (zit. nach „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“, Sachteil Quer- Swi) 28 vgl. „Rhythmik“, 1998, S. 254 (zit. nach „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“, Sachteil Quer- Swi) 29 „Rhythmik“, 1998, S. 255 (zit. nach „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“, Sachteil Quer- Swi) 30 vgl. „Rhythmik“, 1998, S. 256 (zit. nach „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“, Sachteil Quer- Swi) 31 vgl. Die Musik in Geschichte und Gegenwart, Sachteil Quer- Swi 32 „Rhythmus, Metrum, Takt“, 1998, S. 259 (zit. nach „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“, Sachteil Quer- Swi)

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Rhythmus vor allem dort ein Begriffspaar, wo die rhythmische Qualität besonders

hoch ist. In der nachklassischen Antike bezeichnete man ein Metrum als einen Ab-

schnitt, der einen bestimmten Rhythmus in regelmäßige Abschnitte gliedert.

1.3.1 Die Kultur des Metrums

Schon im 18. Jh. nennt man die Taktbewegung Metrum, die Bewegung der Melodie

hingegen Rhythmus.33 Der Gegensatz zwischen Rhythmus und Metrum erweist

sich als kompliziert: Im 18. Jh. bemühten sich viele Komponisten, Rhythmus und

Metrum im Gleichgewicht zu halten. Zu dieser Zeit war man der Auffassung, dass

die Einheit einer Komposition durch die von Beginn bis zum Ende gleich bleibende

Taktbewegung ausgestrahlt werden würde.34 Einige Komponisten, zum Beispiel

Beethoven oder Mozart, schichten gekonnt verschiedene Metren aufeinander, ohne

jedoch die Taktart zu wechseln.35

Vereinzelt halten sich Komponisten jedoch nicht durchwegs an ein Metrum, was

ein momentanes Gefühl der Befreiung oder sogar der Bedrohung im Hörer auslösen

kann. Schwierig ist es dann, in das Ausgangsmetrum wieder zurückzufinden.36

1.4 Sprache Die Definition des Begriffs „Sprache“ entnehme ich dem „Brockhaus“37. Ich defi-

niere zunächst den Begriff und gehe dann auf verschiedene Merkmale von Sprache

ein.

1.4.1 Definition

Sprache kann im engeren und im weiteren Sinn definiert werden: Im engeren Sinn

versteht man unter Sprache die vom Menschen produzierte Sprache; im weiteren

33 vgl. „Rhythmus, Metrum, Takt“, 1998, S. 294 (zit. nach „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“, Sachteil Quer- Swi) 34 vgl. „Rhythmus, Metrum, Takt“, 1998, S. 295 (zit. nach „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“, Sachteil Quer- Swi) 35 vgl. „Rhythmus, Metrum, Takt“, 1998, S. 295 (zit. nach „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“, Sachteil Quer- Swi) 36 vgl. „Rhythmus, Metrum, Takt“, 1998, S. 295 (zit. nach „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“, Sachteil Quer- Swi) 37 vgl. „Sprache“, 1998, S. 627

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Sinn werden alle Kommunikationsmittel – auch jene von Tieren bezeichnet. Aller-

dings gibt es keine „allgemein gültige Definition“38 von Sprache – weder im enge-

ren, noch im weiteren Sinn: Sprache kann als „Mittel zum Ausdruck von Gedanken

und Gefühlen, als wichtigstes und artspezifisches Kommunikationsmittel des Men-

schen, als strukturiertes System von Zeichen, als internalisiertes System von Re-

geln, als Menge von Äußerungen in einer Sprachgemeinschaft oder als Werkzeug

des Denkens definiert“39 werden. Ich werde nun auf einige dieser Punkte näher

eingehen:

1.4.2 Merkmale von Sprache

Durch Sprache werden immer inhaltliche Botschaften durch symbolische Zeichen

übermittelt. Dennoch unterscheidet sich Sprache im engeren Sinn von Sprache im

weiteren Sinn in einigen Merkmalen:

- Sprache im engeren Sinn ist nicht situationsgebunden40

Während sich Tiere durch Kommunikation nur auf gegenwärtige Ereignisse bezie-

hen können, kann mit menschlicher Sprache auch Vergangenes, Zukünftiges und

Fiktives thematisiert werden.

- Sprache im engeren Sinn kann Verallgemeinerungen treffen41

Menschen können durch Sprache begriffliche Verallgemeinerungen treffen, was

Tieren wiederum nicht möglich ist.

- Mit Sprache im engeren Sinn kann über metasprachliche Sachverhalte

kommuniziert werden42

Mit menschlicher Sprache kann über Sprache kommuniziert werden.

- Sprache im engeren Sinn ist intern hierarchisch strukturiert43

An der Spitze dieser hierarchischen Struktur befinden sich die Sätze, die in Phrasen

unterteilt werden können. Die Phrasen bestehen aus mehreren Wörtern, diese wie-

derum aus Morphemen, und Morpheme werden schließlich in Laute zersplittert.

38 „Sprache“, 1998, S. 627 (zit. nach „Brockhaus. Die Enzyklopädie in 24 Bänden.“, SEIF-STAL) 39 „Sprache“, 1998, S. 627(zit. nach „Brockhaus. Die Enzyklopädie in 24 Bänden.“, SEIF-STAL) 40 vgl. „Sprache“, 1998, S. 627 (zit. nach „Brockhaus. Die Enzyklopädie in 24 Bänden.“, SEIF-STAL) 41 vgl. „Sprache“, 1998, S. 627 (zit. nach „Brockhaus. Die Enzyklopädie in 24 Bänden.“, SEIF-STAL) 42 vgl. „Sprache“, 1998, S. 627 (zit. nach „Brockhaus. Die Enzyklopädie in 24 Bänden.“, SEIF-STAL) 43 vgl. „Sprache“, 1998, S. 627 (zit. nach „Brockhaus. Die Enzyklopädie in 24 Bänden.“, SEIF-STAL)

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Diese Einheiten werden nach bestimmten Regeln miteinander kombiniert, worauf

einfache bis komplexe, inhaltliche Aussagen entstehen. (Auf dieses Merkmal gehe

ich in Punkt 1.4.3 näher ein)

- Mit Sprache im engeren Sinn kann unterschiedliches gemeint sein44

Das Wort „Sprache“ kann beispielsweise Sprachen unterschiedlicher Kulturkreise,

also verschiedene Sprachsysteme, meinen. „Sprache“ kann aber auch die Sprachfä-

higkeit an sich bedeuten, oder bestimmte sprachliche Äußerungen im Sinne von

Gesprochenes.

1.4.3 Das System „Sprache“

Wie schon erwähnt, ist Sprache im engeren Sinn ein hierarchisches System, dessen

kleinste Einheiten nach komplexen Regeln zu größeren Einheiten zusammengefügt

werden, damit eine Aussage Sinn ergibt.45

In jedem sprachlichen System sind die Laute, die sogenannten Phoneme, die

kleinsten Einheiten. Diese unterscheiden sich von Sprache zu Sprache: im Deut-

schen decken sich beispielsweise nicht alle Laute mit denen im Französischen.

Auch die Art und Weise, wie die Laute zu Silben und diese schließlich zu Wörtern

zusammengesetzt werden, ist von der jeweiligen Sprache abhängig. Die Wissen-

schaft der gesprochenen Laute wird Phonologie genannt. Laute, die verschriftlicht

werden, nennt man Grapheme. Auch hier gelten spezifische Kombinationsregeln,

die von Sprache zu Sprache variieren.

Die nächsten Einheiten, zu der die Laute bzw. Grapheme zusammengesetzt werden,

nennt man Morpheme (Beispiel: [zer][leg][en]). Diese bilden wiederum nach be-

stimmten sprachspezifischen Regeln Wörter, die schließlich zu Phrasen und zu Sät-

zen zusammengesetzt werden können.

Alle Einheiten ab den Morphemen sind bedeutungstragend. Die Semantik ist jene

Wissenschaft, die sich mit den Bedeutungen einer Sprache auseinandersetzt.46 Die

Grammatik befasst sich hingegen mit dem spezifischen Regelsystem einer Sprache,

und das Lexikon setzt sich mit dem Wortschatz auseinander. 44 vgl. „Sprache“, 1998, S. 628 (zit. nach „Brockhaus. Die Enzyklopädie in 24 Bänden.“, SEIF-STAL) 45 vgl. „Sprache“, 1998, S. 628 (zit. nach „Brockhaus. Die Enzyklopädie in 24 Bänden.“, SEIF-STAL) 46 vgl. „Sprache“, 1998, S. 628 (zit. nach „Brockhaus. Die Enzyklopädie in 24 Bänden.“, SEIF-STAL)

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Die Hierarchie der Sprache fasse ich in folgender Grafik nochmals zusammen:

Satz

Phrase

Wort

Morphem

Phonem bzw. Graphem

Abb. 1 Die Hierarchie der Sprache

1.4.4 Die Sprachfähigkeit47

Der Mensch verfügt über physiologische sowie über neurologische Voraussetzun-

gen, die es ihm möglich machen, Sprache zu produzieren und zu verstehen. Zu den

physiologischen Grundlagen zählen alle Voraussetzungen die geschaffen sein müs-

sen, damit der Mensch sehen und hören kann – also das Funktionieren des Seh- und

Sprechapparats. Die neurologischen Grundlagen betreffen das Gehirn, welches die

sprachlichen Prozesse kognitiv steuert.

Umstritten ist, ob der Spracherwerb isoliert gesehen werden muss, oder ob er zur

gesamten kognitiven Entwicklung gehört: Eine Position nimmt an, dass jeder

Mensch von Geburt an über eine „Universalgrammatik“ verfügt, die auf „angebo-

rene, sprachspezifische Fähigkeiten“48 beruht. Sogenannte „funktionalistische

47 vgl. „Sprache“, 1998, S. 628 (zit. nach „Brockhaus. Die Enzyklopädie in 24 Bänden.“, SEIF-STAL) 48 „Sprache“, 1998, S. 628 (zit. nach „Brockhaus. Die Enzyklopädie in 24 Bänden.“, SEIF-STAL)

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Sprachauffassungen“49 sehen den Spracherwerb als Teil der kognitiven Entwick-

lung, zu dem auch die soziale Entwicklung ihren Teil beiträgt.

1.4.5 Aufgaben der Sprache

Als bedeutendste Funktion von Sprache kann die Kommunikation angesehen wer-

den, also „die Vermittlung von Gedanken, der Austausch von Fakten, Ansichten

und Wünschen.“50 Gemeint ist hier die gesprochene Sprache: Niedergeschriebenes

(z.B. Bücher) dient vor allem der Wissensvermittlung.

Da durch Sprache kommuniziert werden kann, hat sie eine bedeutende Rolle in der

Gesellschaft. Auch für ein Individuum ist Sprache, falls sie durch eine soziale

Gruppe geprägt wird, bedeutend, da sie zur Entwicklung der Identität beiträgt.

Die expressive Funktion von Sprache bezieht sich auf den sprachlichen Ausdruck

von Gefühlen. Beispiele für diese Funktion sind Flüche oder Ausrufe des Erstau-

nens.51

Die unkommunikative Komponente von Sprache kommt beim Denken zum Aus-

druck. Allerdings ist bei dieser Komponente zu beachten, ob Sprache und Denken

überhaupt voneinander getrennt werden können.52

49 „Sprache“, 1998, S. 628 (zit. nach „Brockhaus. Die Enzyklopädie in 24 Bänden.“, SEIF-STAL) 50 „Sprache“, 1998, S. 629 (zit. nach „Brockhaus. Die Enzyklopädie in 24 Bänden.“, SEIF-STAL) 51 vgl. „Sprache“, 1998, S. 630 (zit. nach „Brockhaus. Die Enzyklopädie in 24 Bänden.“, SEIF-STAL) 52 vgl. „Sprache“, 1998, S. 629 (zit. nach „Brockhaus. Die Enzyklopädie in 24 Bänden.“, SEIF-STAL)

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2. Das Rhythmische in der Musik Nachdem ich nun einige für meine Arbeit relevanten Begriffe definiert und deren

Aufgaben erläutert habe, möchte ich mich in diesem Kapitel der Erscheinungsform

des Rhythmischen in der Musik widmen. Wie zeigt sich die rhythmische Kompo-

nente in der Musik, und welche Funktionen erfüllt sie eigentlich? Schließlich wird

in diesem Kapitel eine kurze Reise in die Rhythmen anderer Kulturen unternom-

men.

2.1 Zwei Arten von Rhythmus Zunächst stelle ich zwei unterschiedliche „Erscheinungsformen“ von Rhythmus in

Bezug auf die Musik vor:

Eine dieser Erscheinungsformen habe ich bereits im ersten Kapitel (vgl. 1.3) defi-

niert – es handelt sich also um das Metrum. Jourdain (2001) definiert das Metrum

als „die bekannte Vorstellung von Rhythmus als Muster betonter Schläge“53. Um

diese Schläge abwechslungsreicher zu gestalten, können sie – beispielsweise durch

Synkopen – modifiziert werden. Kennzeichnend für diese Art von Rhythmus ist ein

ständiger Grundschlag ausgeführt durch Perkussionsinstrumente. Für die meisten

Vertreter populärer Musik bedeutet Metrum Rhythmus.

Die zweite Vorstellung von Rhythmus hat auf den ersten Blick überhaupt nichts mit

Rhythmus zu tun: Es handelt sich dabei nämlich um einen „Rhythmus organischer

Bewegungen“54, der in der Musikwissenschaft als Phrasierung bezeichnet wird. Im

Gegensatz zum Metrum ist diese Art von Rhythmus nicht durch die Einteilung in

Takte oder durch verschiedene Betonungsmuster und Akzente gekennzeichnet; ihr

„Markenzeichen“ ist vielmehr das Aufeinanderfolgen von unregelmäßigen Klang-

figuren, die sich auf unterschiedliche Weise miteinander verbinden.55 Ihre Aufgabe

53 Jourdain 2002, S. 161 54 Jourdain 2002, S. 161 55 vgl. Jourdain 2002, S. 162

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ist es – genau wie die des Metrums – die Musik zeitlich zu gestalten. Jede Phrase

hat einen musikalischen Gedanken zum Inhalt.56

Das Metrum wird meistens von Instrumenten gehalten, man kann es also als in-

strumental bezeichnen. Instrumente sind in der zeitlichen Abfolge meist präziser als

die Sprache, und können auch in großer Geschwindigkeit spielen. Der Phrasierung

wird hingegen die vokale Eigenschaft zugeordnet, da sie oft im Gesang und durch

Sprache zum Ausdruck kommt. Würde eine Trommel in einem Musikstück nicht

das Metrum schlagen, so klänge das Stück unnatürlich – würde man im Metrum,

etwa mit einem Metronom, sprechen, so würde sich das ebenfalls fremdartig anhö-

ren.57 Doch auch in der Instrumentalmusik finden wir Phrasierungen: Besonders

deutlich wird sie in jener Instrumentalmusik, die sich aus dem Gesang entwickelt

hat. Vor allem Barockkomponisten phrasieren ihre Werke sehr deutlich, wodurch

die Musik für uns klar „durchschaubar“ wird, da unser Gehirn die einzelnen Ab-

schnitte gut kategorisieren kann.

Folgende Graphik (Abb.) macht den Unterschied zwischen Metrum und Phrasie-

rung deutlich: Während das Metrum im Musikstück „The Pink Panther“ von Henry

Mancini den Grundschlag der Viertelnoten hält, fasst die Phrasierung das Gespielte

in sinnvolle Einheiten zusammen:

Abb. 2 Phrasierung am Beispiel des Musikstücks “The Pink Panther” von Henry Mancini

Beide Formen von Rhythmus – das Metrum und die Phrasierung – sind für die Mu-

sik essentiell. Jourdain (2001) vergleicht das Metrum mit einem „Gitter, sich über

56 vgl. Jourdain 2002, S. 171 57 vgl. Jourdain 2002, S. 162

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die Musik spannt“58, und kleine Zeiträume organisiert. Der Phrasierung schreibt er

hingegen eine erzählerische Rolle zu, die „eine Komposition zu einem packenden

Drama entwickeln kann“59, und für den zeitlichen Ablauf von größeren

Abschnitten verantwortlich ist.

Dominiert entweder Metrum oder Phrasierung ein Musikstück, so wird der jeweils

andere Aspekt automatische weniger betont. Legt ein Komponist in einem Musik-

stück besonderen Wert auf die Phrasierung, so darf er dennoch die andere Kompo-

nente des Rhythmus – das Metrum – nicht außer Acht lassen. Der Grund dafür liegt

zum einen darin, dass das Metrum eine Perfektion in die Musik bringt, indem es

kurze Abschnitte zeitlich exakt organisiert; diese Perfektion kann ein Instrument –

die richtige Tonhöhe betreffend – nur selten erreichen.60

2.2 Rhythmische Kontrolle In diesem Abschnitt liefere ich einerseits wichtige theoretische Grundlagen zum

Rhythmus in der Musik. Zudem zeige ich anhand einiger Übungen, wie der Ein-

stieg in die „Kunst des Rhythmus“61 erleichtert werden kann.

Der rhythmische Verlauf in der Musik wird heute durch sieben verschiedene No-

tensymbole, die die Zeitdauern von Tönen und von Pausen angeben, dargestellt.

Musikstücke werden zudem, um eine bessere Übersicht zu gewähren, regelmäßig in

Takte eingeteilt. Eine weitere Lesehilfe stellen die Notenlinien dar, über welche die

Noten eingetragen werden. Außerdem werden die Noten „in Relation zur Zählzeit

und zum Takt dargestellt“62. Die Zählzeiten und die Takte sind grundlegend für den

rhythmischen Aspekt der Musik – nur so können Werte berechnet werden.

58 Jourdain 2002, S. 163 59 Jourdain 2002, S. 162 60 vgl. Jourdain 2002, S. 173 61 Giger 1993 62 Giger 1993, S. 16

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2.2.3 Theoretische Grundlagen

- das binäre Notationsprinzip63

Das heute verwendete binäre Notationsprinzip beinhaltet folgende Wertskala:

1 - 2 - 4 - 8 - 16 - 32 - 64

Alle Noten entstehen aus der Teilung der ganzen Note:

1/1 - 1/2 - 1/4 - 1/16 - 1/32 - 1/64

Diese Notenwerte stehen im Verhältnis zu den Haupteinheitszahlen des binären

Notationsprinzips.

- Noten- und Pausenwerte64

Die sieben Symbole, die für die sieben Haupteinheitszahlen stehen, können in alle

Werte aufgeteilt werden. Zusätzlich können sie durch Haltebögen, durch Punktie-

rung und durch Wertaufteilung von ihrem ursprünglichen Wert vergrößert oder

verkleinert werden:

Durch Haltebögen können Notenwerte dargestellt werden, „die nicht als reine

Werte existieren“65 – Pausen können allerdings nicht durch Bögen verbunden wer-

den.

Hier zwei Beispiele für die Verbindung zweier Noten:

Abb. 3 Haltebögen

Mit Hilfe der Punktierung wird ein Notenwert um die Hälfte seiner Dauer verlän-

gert. Auch Pausen können punktiert werden. Bei der doppelten Punktierung, die

nicht sehr oft vorkommt, zählt der zweite Punkt die Hälfte der Dauer vom ersten.

63 vgl. Giger 1993, S. 17 64 vgl. Giger 1993, S. 25 65 vgl. Giger 1993, S. 25

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Abb. 4 Punktierung

Bei der Wertaufteilung werden ganze Notenwerte aufgeteilt. Beispiele sind Triolen,

Quartolen oder Sextolen. Weniger oft kommen Septolen oder Dezimolen vor. Zur

Übersichtlichkeit werden die Noten mit Klammern zusammengefasst; in der Mitte

der jeweiligen Notengruppe wird die entsprechende Ziffer (z.B. „3“ für eine Triole)

eingetragen:

Abb. 5 Triole

- Proportionen in der Notation

Um geschriebene Musik für den Musiker übersichtlicher zu gestalten, werden die

Noten in Takte („metrische Notation“66) eingetragen. Das hilft dem Musiker außer-

dem, sich „im Notenbild eines Taktes schneller zu orientieren“67.

Durch die Proportionierung wird die jeweilige Zählzeit klar – sie bezieht sich folg-

lich nicht auf den Rhythmus innerhalb einer Phrase. Es besteht also eine Wider-

sprüchlichkeit zwischen dem Gitter des Metrums und der „rhythmischen Führung

einer Phrase“68. Das ist auch der Grund dafür, dass so manche Literatur falsch

proportioniert wurde.69

Folgendes Beispiel zeigt die eine Phrase aus 12 Achteln, die in einem 6/4 Takt pro-

portioniert wird:

66 Giger 1993, S. 45 67 Giger 1993, S. 45 68 Giger 1993, S. 45 69 vgl. Giger 1993, S. 45

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Abb. 6 Proportionierung

- Das Tempo

„Das Tempo ist Leitgedanke, Grundlage und bestimmende Kraft der rhythmisch-

metrischen Vorgänge in der Musik. Der Begriff Tempo umfaßt kontrolliertes Zeit-

maß, Geschwindigkeit (Dichte des Zeitgerüsts) und metrischen Puls sowie deren

verschiedene Interpretationsweisen.“70 Das Tempo ist in der Musik immer präsent

– während Musik erklingt, ja sogar während der Pausen: Es ordnet ein Musikstück

zeitlich, und ist für den Musizierenden sowie für den Zuhörer stets fühlbar, als

„[…] fließend, schwebend, schleichend, bummelnd, schlendernd, hüpfend, hastend,

fliegend, rasend, rollend, purzelnd, federnd, sich überschlagend, zuckend, stockend,

hinkend oder gar transparent.“71

Das Tempo gibt in der Musik einerseits an, wie schnell ein Musikstück zu spielen

ist, andererseits manifestiert es sich als Ausdrucksbezeichnung. Mit Hilfe des Met-

ronoms, einem elektronischen Gerät zur Erfassung des gewünschten Tempos, kann

die Anzahl der Grundschläge pro Minute eingestellt werden. Der Nachteil liegt si-

cherlich in der Perfektion, die über dem menschlichen, gefühlsmäßigen Erfassen

des Tempos liegt. Als Angabe steht immer der Notenwert für die Zählzeit, gefolgt

von der Tempoangabe:

Abb. 7 Tempoangaben

Die klassischen italienischen Tempobezeichnungen umschreiben das Tempo hinge-

gen mit phantasievollen Begriffen, hier einige Beispiele72:

70 Giger 1993, S. 50 71 Giger 1993, S. 50 72 vgl. Giger 1993, S. 55- 56

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largo breit, gedehnt

adagio, lento langsam, ruhig

andante mäßig (gehend)

moderato, al-

legro

mäßig schnell, schnell

presto ganz schnell

prestissimo sehr schnell

ad libitum frei nach Belieben

agitato aufgewühlt

comodo gemächlich

con fuoco feurig

sostenuto getragen

2.3 Kulturelle Unterschiede Selbstverständlich ergeben sich nicht nur bezüglich der Musik allgemein, sondern

auch bezüglich der Rhythmen kulturspezifische Unterschiede. Ich werde nun an ei-

nigen Beispielen diese Eigenheiten aufzeigen.

Typisch für Mazedonien sind ungerade Rhythmen: Reine und punktierte Achtel-

werte werden als Grundbeat aufgefasst. Dieses Muster gilt auch für die Makedonka,

einen in Mazedonien praktizierten Tanz, der grundsätzlich einen „kurzen“ (reinen)

und einen „langen“ (punktierten) und betonten Achtel enthält.73 Verbreitet ist auch

die 7/16-Struktur, die melodisch folgendermaßen unterteilt sein kann:

Abb. 8 Die 7/16 – Struktur in Mazedonien

73 vgl. Giger 1993, S. 205

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In Nordindien gibt es einen großen Reichtum an Rhythmen: Die Lahara bzw.

Naghma74 stellen melodische Grundstrukturen dar, welche meist von einem Saran-

gispieler gespielt werden. Sie bestimmen, welche Töne zu einem Musikstück pas-

sen. Laharas und Naghmas eignen sich als Improvisationsgrundlage für sämtliche

Instrumente. Es gibt zahlreiche solcher überlieferter Melodien, die entweder zu ei-

ner bestimmten Tageszeit oder einer bestimmten Situation passen.75 Hier ein Bei-

spiel für eine Lahara:

Abb. 9 Eine Lahara aus Norindien

Die Musik des westindischen oder karibischen Raumes aus dem 16. Jahrhundert

„prägte die Musik des 20. Jahrhunderts, besonders den Jazz und die brasilianische

(südamerikanische) Musik.“76 Afrikanische Sklaven in Spanien und Europa, die in

ihre Heimat zurückkehrten, beeinflussten ihrerseits eigene Musiktraditionen mit

denen Europas.

Der Rhythmus dieser Musik wird oft durch einen Caves-Beat getragen, der in der

Regel zweitaktig wiederholt wird. Dieser Rhythmus stellt die Basis für Musik und

Tanz dar – an den Spieler dieses Instrumentes werden hohe Erwartungen gestellt:

„Der Clave Spieler ist sozusagen der Koordinator, der Timekeeper, auf den sich die

anderen Spieler stützen, und er muss daher eine hohe rhythmische Integrität und Er-

fahrung mitbringen.“77

Der ursprüngliche Clave-Rhythmus sieht folgendermaßen aus:

74 vgl. Giger 1993, S. 205 75 vgl. Giger 1993, S. 208 76 Giger 1993, S. 212 77 Giger 1993, S. 212

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Abb. 10 Das 6/8 – Clave Pattern im westindischen und karibischen Raum

In Burundi (Zentralafrika) spielen Trommler mit dicken Stöcken auf Trommeln

traditionsgemäß einen Grundrhythmus durch. Andere Trommler spielen über diesen

Rhythmus Soli, zu denen ein weiterer Trommler tanzt.78

Hier ein Beispiel für einen Grundrhythmus aus Burundi:

Abb. 11 Grundrhythmus aus Burundi

In Ghana wird die traditionelle Musik noch sehr geschätzt. Einen besonderen Stel-

lenwert haben auch hier die Trommeln, die bei Feierlichkeiten und besonderen

Anlässen gespielt werden. Bei der „Asaadua“, einem ghanaischen Unterhaltungs-

tanz, ertönen große- und mittlere Rahmentrommeln, helle Rahmentrommeln, eine

Doppelglocke, eine Glocke und das Klatschen aller Anwesenden:79

78 vgl. Giger 1993, S. 212 79 vgl. Giger 1993, S. 220

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Abb. 12 Die Asaadua aus Ghana

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3. Befunde aus der Gehirnforschung In diesem Kapitel taste ich mich aus Sicht der Gehirnforschung an mein Thema

heran: Wie ist das Gehirn aufgebaut – und vor allem welche Areale steuern rhyth-

mische und sprachliche Funktionen beim Menschen?

Das Gehirn ist bei den Wirbeltieren jener Teil des Zentralnervensystems, der im

Kopf liegt. Geschützt wird das Gehirn von der Schädelhöhle.80

Das Großhirn ist neben dem Hirnstamm und dem Limbischen System einer der

übereinanderliegenden drei Teile des Gehirns. Beim Menschen macht das Großhirn

den größten Teil des Gehirns aus. In ihm werden einerseits Erfahrungen gespei-

chert, andererseits übt es eine kognitive Kontrolle über Emotionen aus. Das Groß-

hirn ist längs durch eine Furche „in zwei symmetrischen Schalen, den cerebralen

Hemisphären“81 unterteilt. Jede „Schale“ lenkt die entgegengesetzte Körperseite.

Die linke und die rechte Gehirnhälfte tauschen durch den corpus callosum, die

Nervenfasernplatte, ständig Informationen aus.

Jede der beiden Gehirnhälften ist für bestimmte „Aufgaben“ zuständig:

Abb. 13 Funktionen der beiden Gehirnhälften

81 Carlson 2004, S. 6

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Obwohl die beiden Gehirnhälften durch den corpus callosum Informationen unter-

einander austauschen, sind ihre Funktionen also nicht deckungsgleich. „Einige

Funktionen erweisen sich als lateralisiert – d.h. sie sind auf einer Seite des Gehirns

lokalisiert.“82 Die linke Hemisphäre analysiert Informationen und ist dafür zustän-

dig, Ereignisse im Verhalten in die richtige Reihenfolge zu bringen. Ein Beispiel

dafür ist das Sprechen, das Lesen und das Schreiben. Wird ein Teil der linken Ge-

hirnhälfte verletzt, so kann es zu Beeinträchtigungen in diesen Bereichen kommen.

Die rechte Gehirnhälfte ist hingegen für die ganzheitliche Wahrnehmung verant-

wortlich. Zusammenhänge aus vielen Details werden von den neuronalen Verbin-

dungen der rechten Gehirnhälfte synthetisiert – ein Beispiel dafür ist das Kartenle-

sen. Auch hier können Schädigungen zu Beeinträchtigungen dieser Fähigkeiten

führen.83

Dass unsere beiden Hemisphären unterschiedliche Funktionen erfüllen, nehmen wir

nicht wahr – Wahrnehmen und Denken geschieht einheitlich.

Die beiden Hemisphären werden vom „cerbralen Cortex“84, dessen Oberfläche

stark gewunden ist, umhüllt. In dieser Schicht befinden sich unzählige Neuronen.

Unterhalb des cerebralen Cortex sind „mehrere Millionen Axone, die die Neurone

des cerebralen Cortex mit denjenigen in anderen Hirnbereichen verbinden.“85.

Im cerebralen Cortex befinden sich die Bereiche, die von den Sinnesorganen In-

formationen erhalten:

- der primäre visuelle Cortex

Dieser Bereich, der visuelle Informationen erhält, liegt an der Rückseite des Ge-

hirns.

- der primäre auditive Cortex

Diese Zone, die Informationen aus dem auditiven System erhält, liegt in einer Fur-

che an der Seite des Gehirns.

82 Carlson 2004, S. 97 83 vgl. Carlson 2004, S. 98 84 Carlson 2004, S. 93 85 Carlson 2004, S. 93

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- der primäre somatosensorische Cortex

Der somatosensorische Cortex liegt als vertikaler Streifen an der oberen Seite des

Gehirns. Die Informationen, die in diesen Abschnitt strömen, stammen von unter-

schiedlichen Regionen im Körper, zum Beispiel von den Füßen und von den Hän-

den, aber auch von den Lippen.

- der primäre motorische Cortex

Dieser Bereich liegt parallel zum primären somatosensorischen Cortex. In ihm

werden Bewegungen gesteuert: Verbindungen zwischen den Nervenzellen in die-

sem Gehirnabschnitt auf der rechten oder linken Seite steuern Bewegungen der ent-

gegengesetzten Körperhälfte.

Doch welche Aufgaben erfüllt der Rest des cerebralen Cortex? Nun, jeder primäre

Bereich des Vorderhirns „überträgt Information auf benachbarte Regionen, die man

den sensorischen Assoziationscortex nennt.“86 Informationen werden hier analy-

siert, wahrgenommen und gespeichert. Wird ein bestimmter Assotiatioscortex ver-

letzt, so können bestimmte Aufgaben vom Betroffenen nicht mehr ausgeführt wer-

den: Wenn beispielsweise ein Teil des somatosensorische Assotiationscortex ge-

schädigt wird, so können „Gegenstandsformen allein durch das Tasten“87 nicht

mehr wahrgenommen werden. Wird hingegen der primäre auditive Assotiations-

cortex geschädigt, so kommt es zu Schwierigkeiten in der Sprachwahrnehmung und

Sprachproduktion.88

3.1 Welche Gehirnareale sind für die Ausbildung des Rhythmi-

schen verantwortlich? Um Musik verarbeiten zu können, kann unser Gehirn nicht das Ende eines einstün-

digen Werkes abwarten – es muss einen Weg finden, die Musik in kleine Teile zu

zerstückeln. Unser Gehirn „sucht“ deshalb nach Indizien, die auf den Beginn und

auf das Ende eines Abschnittes hinweisen. Der Rhythmus ist dem Gehirn bei dieser

Aufgabe eine große Hilfe: Er unterteilt die Musik und setzt Markierungen. Ohne

86Carlson 2004, S.96 87 Carlson 2004, S.96 88 vgl. Carlson 2004, S.97

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diese „rhythmischen Marker“89 wäre unser Gehirn beim Hören von Musik orientie-

rungslos und überfordert: Man muss sich nur einmal vorstellen, in wie vielen Wei-

sen Töne aus selbst einfachen Melodien zusammengestellt werden können.

Hinweise zur Rhythmisierung ergeben sich für unser Gehirn aus den Notenlängen,

den Betonungen, den Akkordwechseln und dem Hinzu- oder Wegfallen von In-

strumenten.90

Diese Marker werden „Chunks“ genannt. Ihre Aufgabe ist es, übersichtliche Ein-

heiten zu gruppieren, sodass sie für das auditorische System in unserem Gehirn

leichter verarbeitet werden können.91

Doch wo genau führt das Gehirn diese komplexen Aufgaben aus? Nun, während

harmonische Einheiten von den meisten Menschen im auditorischen Cortex der

rechten Hirnhälfte verarbeitet werden, werden die rhythmischen Fähigkeiten vor

allem von der linken Hirnhälfte gesteuert. Dafür gibt es mehrere „Indizien“, die ich

nun aufzählen möchte:

- Musikalische Begabung lässt sich nach „Tonalität und Rhyhmus“92 einteilen,

Menschen aus beiden Gruppen sind also entweder rhythmisch oder melodisch be-

gabter bzw. weniger begabt. Das ist das Ergebnis mehrerer Testreihen, mit denen

individuelle musikalische Fähigkeiten gemessen wurden. Steuert die rechte Hemi-

sphäre die Tonalität, so ist es ziemlich wahrscheinlich, dass die linke Hemisphäre

für die rhythmischen Fähigkeiten verantwortlich ist.

- Ein weiterer Hinweis für den linksgesteuerten Rhythmus stammt von den soge-

nannten „musikalischen Savants“93: Dabei handelt es sich um Menschen mit

außergewöhnlichen musikalischen Fähigkeiten, die jedoch in ihrer restlichen geisti-

gen Entwicklung zurückgeblieben sind. Als eine Ursache für diese Störung vermu-

tet man Verletzungen oder Störfunktionen der linken Gehirnhälfte. Musikalische

Savants haben immer ein absolutes Gehör, und haben einen besonders ausgeprägten

89 Jourdain 2003, S. 163 90 Jourdain 2003, S. 163 91 vlg. Ellis und Hunt 1993 (zit. nach Jourdain 2003, S. 163- 164) 92 vgl. Jourdain 2003, S. 192 93 vgl. Jourdain 2003, S. 192

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Sinn für Harmonien – allerdings haben sie ein sehr schlechtes Gespür für den

Rhythmus, was die Musik und auch Bewegungen betrifft.94

- Ein weiterer interessanter Hinweis darauf, in welcher Hemisphäre die rhythmi-

schen Fähigkeiten beim Menschen gesteuert werden, ergibt sich aus den Fähigkei-

ten der Hände: Da bei den meisten Menschen die rechte Körperhälfte von der lin-

ken Gehirnhälfte gesteuert wird und umgekehrt, müsste die rechte Hand besser im

Stande sein, einen Rhythmus nachzuklopfen. Das ist tatsächlich der Fall: Men-

schen, die sich nicht näher mit Musik beschäftigen, klopfen einen Rhythmus in den

meisten Fällen mit der rechten Hand nach. Mit der linken Hand schlagen die meis-

ten ein einheitliches Metrum dazu. Werden die Personen aufgefordert, mit der lin-

ken Hand den Rhythmus und mit der rechten das Metrum zu klopfen, so gelingt das

meistens nicht. Bei Linkshändern, deren Gehirnhälften gleich lateralisiert sind wie

bei Rechtshändern, tritt genau dieselbe rhythmische Überlegenheit der rechten

Hand ein.95

Obwohl rhythmische Fähigkeiten aufgrund der genannten Hinweise von der linken

Hemisphäre gesteuert zu werden scheinen, ist dem nicht nur so: Patienten, deren

linke Gehirnhälfte beispielsweise durch den Einfluss eines Betäubungsmittels be-

täubt wird, haben ihre rhythmischen Fähigkeiten nicht gänzlich verloren.

3.2 Welche Gehirnareale steuern die Sprachfunktionen? Im folgenden Abschnitt werde ich erklären, dass in unserem Gehirn zwei Bereiche

für die Sprachproduktion und das Sprachverständnis besonders wichtig sind: Das

Broca’sche Areal, das sich im linken Frontallappen befindet, steuert die Sprachpro-

duktion. Schädigungen in diesem Bereich führen zu Problemen beim Sprechen, wie

zum Beispiel zu Artikulationsschwierigkeiten.

Der Bereich im Gehirn, der die Sprachwahrnehmung steuert, befindet sich im lin-

ken Temporallappen und wird Wernick’sches Areal genannt. Hier werden Wörter

als solche erkannt, ihr Inhalt wird verstanden, und Gedanken werden in Worte ge-

94 vgl. Miller 1989 (zit. nach Jourdain 2003, S. 192) 95 vgl. Jourdain 2003, S. 193

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fasst. Wird das Wernick’sche Areal geschädigt, kann der Betroffene Gesprochenes

nicht mehr verstehen.

Um über die Areale unseres Gehirns, die für Sprachverstehen und Sprachproduk-

tion verantwortlich sind etwas herauszufinden, hat man hauptsächlich das Sprach-

verhalten von Menschen mit einer Gehirnverletzung untersucht: Viele Personen,

die untersucht wurden, haben einen Schlaganfall erlitten, d.h. ein Blutgefäß im Ge-

hirn war verstopft, wodurch ein gewisser Abschnitt im Gehirn nicht mehr ausrei-

chend mit Blut versorgt werden kann. Die Folge davon ist, dass die Zellen in der

betroffenen Region absterben.96

Wie in Abschnitt 3. bereits betont wurde, erfüllt jede der beiden Hemisphären be-

stimmte Aufgaben. Bei „etwa 90 Prozent der gesamten Population“97 ist die linke

Hemisphäre die sprachlich dominante. Die linke Hirnhälfte ist im Allgemeinen

mehr auf die „Analyse von Reizsequenzen“98 spezialisiert; Sprache besteht aus Se-

quenzen von Wörtern und von Lauten. Die Sprachwahrnehmung und -produktion

wird folglich von der linken Hemisphäre gesteuert. Der amerikanische Neurophy-

siologe William H. Calvin vergleicht die Funktion des Gehirns in Bezug der Spra-

che mit dem Motor eines Autos: „Um sprechen zu können, braucht man selbstver-

ständlich beide Seiten von Brust, Zunge und Lippen, aber der Mechanismus, der die

Worte auswählt, sitzt links im Gehirn, genauso wie Bremsen und Lenkung eines

Autos von der linken Seite gesteuert werden.“99

Wenn die Sprache bei etwa 90 Prozent der Bevölkerung von der linken Gehirn-

hälfte gesteuert wird, was passiert dann mit den restlichen zehn Prozent? Da jede

Gehirnhälfte die jeweils andere Körperhälfte steuert, müsste man annehmen, dass

bei Linkshändern die Sprachsteuerung in der rechten Hemisphäre liegt. Allerdings

konnte das nicht eindeutig belegt werden; der dominante Handgebrauch lässt also

nicht eins-zu-eins darauf schließen, in welcher Gehirnhälfte die Sprachsteuerung

lokalisiert ist. Calvin beschreibt, dass sich bei etwa fünf Prozent den Menschen die

96 vgl. Carlson 2004, S. 583 97 Carlson 2004, S. 583 98 Carlson 2004, S. 584 99 Calvin 2000, S. 55

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Sprachfunktionen in der rechten Gehirnhälfte befinden, bei den restlichen fünf Pro-

zent übernehmen beide Gehirnhälften diese Funktionen.100

3.2.1 Sprachproduktion

Um Sprache produzieren zu können, d.h. um über etwas sprechen zu können, sind

mehrere Voraussetzungen notwendig, unter anderem das Vorhandensein eines Ge-

sprächsthemas: Der Gegenstand, über den eine Person spricht, kann sich entweder

auf gegenwärtige Sinneseindrücke, auf Vergangenes, oder auf Vorstellungen bezie-

hen. Spricht eine Person über etwas, das sich im Moment ereignet – also über

Wahrnehmungen und Sinneseindrücke – so werden die vier Lappen des cerebralen

Cortex beansprucht (vgl. 3.). Dieselben Areale sind beim Sich-Erinnern einer ver-

gangenen Situation aktiv, also dann, wenn sich die Person etwas ins Gedächtnis

ruft. Welche Bereiche beim Sprechen über Vorstellungen oder Lügen aktiv sind, ist

in der Forschung noch nicht gänzlich geklärt. Man nimmt jedoch an, dass hier

„Mechanismen, die für die Wahrnehmung und Gedächtniseintragungen zuständig

sind, auch daran beteiligt sind“101.

Der französische Chirurg Paul Broca fand 1861 heraus, dass im unteren hinteren

Abschnitt des Frontallappens wichtige Sprachsteuerungen stattfinden.102 Wird das

sogenannte Broca’sche Areal geschädigt, so kommt es zu einer extremen Schwie-

rigkeit zu sprechen (Broca’sche Aphasie). „Personen mit einer Broca’schen Apha-

sie können gesprochene Sprache weit besser verstehen als produzieren“103 Betrof-

fene haben Schwierigkeiten grammatikalisch korrekt zu sprechen, außerdem kön-

nen sie die Wörter oft nicht richtig artikulieren bzw. die Laute in die richtige Rei-

henfolge bringen. Ein weiteres Merkmal der Broca’schen Aphasie ist die „Ano-

mie“104, d.h. für einen Gegenstand das richtige Wort zu finden.

Neuere Studien zeigen jedoch, dass die Artikulation nicht nur vom Broca’sche

Areal aus gesteuert wird: Dronkers (1996) hat herausgefunden, dass sich im linken

100 vgl. Calvin 2000, S. 56 101 Carlson 2004, S. 584 102 vgl. Calvin 2000, S. 55-57 103 Carlson 2004, S. 585 104 Carlson 2004, S. 587

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Cortex der Insula, der hinter dem Temporallappen liegt, ein wichtiges Steuerungs-

zentrum für die Artikulation befindet.105

Eine weitere Voraussetzung, um Sprache produzieren zu können, ist das Funktio-

nieren eines motorischen Mechanismus: Zunge, Lippen, Unterkiefer und Stimm-

bänder müssen sich beim Sprechen schnell und koordiniert bewegen. Regionen im

und um das Broca’sche Areal enthalten Neuronenschaltkreise, die diese Bewegun-

gen auslösen. Zudem ist der motorische Cortex (vgl. 3.), der die Sprechmuskulatur

steuert, direkt mit diesen Regionen verbunden.

3.2.2 Sprachverständnis

Um gesprochene Sprache zu verstehen, muss unser Gehirn einige komplexe Vor-

gänge durchführen. Wir unterscheiden dabei zwischen dem Erkennen von Worten

und dem Verstehen ihres Inhalts106: Beim Erkennen eines Wortes greift unser Ge-

hirn auf bereits bekannte Lautsequenzen zurück. Dieser Vorgang übernimmt das

sogenannte Wernick’sche Areal, eine Region im linken Temporallappen:

Abb. 14 Broca’sches – und Wernick’sches Areal

105 vgl. Dronkers 1996 (zit. nach Carlson 2004, S. 588) 106 vgl. Carlson 2004, S. 589

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Wird das Wernick’sche Areal geschädigt, so kann die betreffende Person zwar flüs-

sig sprechen, der Inhalt des Gesprochenen ergibt oft aber keinen Sinn. Der deutsche

Psychiater Carl Wernicke beschrieb 1874 Menschen mit Störungen in diesem Be-

reich: „Diese Menschen konnten fließend, ja sogar exzessiv sprechen; aber manch-

mal gebrauchten sie Worte, die keinen Sinn ergaben. Und gewöhnlich verstanden

sie im Gegensatz zu Brocas Patienten nicht, was man zu ihnen sagte“107.

Ein weiteres Merkmal von Patienten mit Wernick’schem Syndrom ist, dass sie sich

ihres Sprachdefizits oft nicht bewusst sind: Obwohl ihr Sprechen inhaltlich keinen

Sinn ergibt, führen sie Konversationen – auch wenn sie nicht verstehen, was ihr

Gegenüber zu ihnen sagt. Aber wie verstehen solche Menschen, wenn ihnen bei-

spielsweise eine Frage gestellt wird? Carlson beschreibt genau diesen Fall: Perso-

nen, deren Wernick’sches Areal geschädigt ist, „sind für den mimischen Ausdruck

und den Tonfall der Stimme anderer Personen sensibel und fangen zu sprechen an,

wenn man ihnen eine Frage stellt und eine Pause für die Antwort lässt.“108 Men-

schen mit dieser Sprachstörung können also Gesprochenes hören, sind aber nicht in

der Lage, es auch zu verstehen.

Betrachtet man diese Sprachstörung genauer, so lassen sich drei Merkmale heraus-

kristallisieren:109

1. Betroffene sind nicht mehr in der Lage, gesprochene Worte als solche zu

erkennen:

Wird der linke Temporallappen geschädigt, so kann die sogenannte „reine Wort-

taubheit“110 auftreten – da der linke Temporallappen Teil des auditiven Systems ist,

in dem auch Wörter erkannt werden. Das zeigt sich darin, dass Wörter zwar gehört

werden, der Inhalt aber nicht erfasst wird. Nonverbale Laute (z.B. Tierlaute) oder

die Intonation der Sprache, die Emotionen ausdrückt, werden hingegen erkannt.

Auch können Patienten geschriebene Sprache verstehen; die reine Worttaubheit be-

zieht sich also lediglich auf gesprochene Sprache.

107 Calvin 2000, S. 57 108 Carlson 2004, S. 590 109 vgl. Carlson 2004, S. 590 110 Carlson 2004, S. 590

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2. Betroffene können die Bedeutung von Worten nicht mehr verstehen:

Dieses Kennzeichen des Wernick’schen Syndroms bezieht sich auf die Unfähigkeit,

die Bedeutung von Wörtern überhaupt zu verstehen. Die Ursache dafür liegt in ei-

ner Schädigung des von Carlson bezeichneten „posterioren Sprachareals“111, das

um das Wernick’sche Areal angesiedelt ist. In diesem Bereich werden Informatio-

nen zwischen dem auditiven System und dem übrigen sensorischen Assoziation-

sortex, in dem die Bedeutungen der Worte als Gedächtniseintragungen gespeichert

sind, ausgetauscht.

3. Betroffene können Gedanken nicht verbal ausdrücken:

Auch dieses Merkmal des Wernick’schen Syndroms führt auf eine Schädigung des

sogenannten posterioren Sprachareals zurück (siehe 2.).

111 Carlson 2004, S. 590

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4. Zusammenhänge zwischen Rhythmus und Sprache Nachdem nun auf das Rhythmische in der Musik eingegangen (vgl. 2.), und der

Stand der Gehirnforschung beleuchtet wurde (vgl. 3.), widme ich mich nun den all-

gemeinen und konkreten Zusammenhängen zwischen Rhythmus und Sprache. Zu-

dem gehe ich in diesem Kapitel auf die Bedeutung dieses Zusammenhangs für Kin-

der ein.

4.1 Allgemeine Parallelen zwischen rhythmischen Elementen in

der Musik und in der Sprache Sucht man in der Sprache rhythmische Elemente, die denen der Musik sehr ähneln,

so findet man sie vor allem in jener „Art“ von Rhythmus, die wir Phrasierung nen-

nen (vgl. 2.): „Es ist der Rhythmus eines Langstreckenläufers oder eines Stabhoch-

springers, der Rhythmus von Wasserfontänen im Wind, der Rhythmus der segeln-

den Schwalbe oder des schleichenden Tigers. Es ist auch der Rhythmus der Spra-

che.“112 Wird in der Musik in einer Phrase ein musikalischer Gedanke ausgedrückt,

so beinhaltet auch in der Sprache ein Satz etwas inhaltlich Sinnvolles. Ist der

Sprachrhythmus gestört, so kann der Inhalt des Gesprochenen nicht mehr leicht

verstanden werden – dasselbe passiert mit nicht richtig gesetzten Phrasen in der

Musik, die vom Hörer auch nicht mehr verstanden werden.113

Verschiedene Untersuchungen bestätigen, dass das menschliche Gehirn Phrasen in

der Musik und in der Sprache gleich auffasst: Eine Phrase wird nicht sofort wäh-

rend dem Sprechen bzw. während dem Hören von Musik verstanden. Das Ver-

ständnis wird sozusagen bis zum Ende der Phrase aufgeschoben. Erkennt das Ge-

hirn aufgrund verschiedener „Indizien“, dass die Phrase beendet ist, so versteht es

die eben gehörte Phrase. Solche Indizien können beispielsweise kurze Pausen, Ak-

kord- oder Instrumentwechsel sein.114

112 Jourdain 2001, S, 161- 162 113 vgl. Jourdain 2001, S. 171 114 vgl. Jourdain 2001, S. 336

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In einer Untersuchung sollten Hörer die Sequenz aus zwei Tönen aus einem Musik-

stück heraushören. Es stellte sich heraus, dass die Testpersonen weniger Schwie-

rigkeiten damit hatten, wenn sich die Töne in der gleichen Phrase befanden. Wur-

den die Sequenz zwischen zwei Phrasen aufgeteilt, so nahmen die Hörer die Töne

nur mit großen Schwierigkeiten wahr.115

In einer ähnlichen, linguistischen Untersuchung sollten die Versuchspersonen jene

Silbe eines Satzes wiederholen, bei der ein Klickgeräusch ertönte. Die meisten

nahmen den Klick erst am Ende des Satzes wahr, also dann, wenn die Phrase been-

det war.116

Diese beiden Untersuchungen zeigen, dass das Gehirn sowohl in der Musik, als

auch in der Sprache das rhythmische Element „Phrase“ als vollständige Einheit

wahrnimmt, die es erst am Ende von deren Erklingen verstehen kann.

Auch was den Klang von Phrasierungen in der Musik und in der Sprache betrifft,

lassen sich einige Gemeinsamkeiten finden: Manchmal klingt es geradezu so, als

würden Instrumente miteinander Sprechen. In West- und Zentralafrika werden so

genannte sprechende Trommeln hergestellt, die sich in ihrem Klang den Sprach-

lauten annähern. Auch in der Tonhöhe stimmen sie mit bestimmten Sprachlauten

überein.

Das Masenqo und das Enanga, beides Instrumente aus Ostafrika, klingen menschli-

chen Stimmen sehr ähnlich. Mit ihnen werden manchmal musikalische Botschaften,

die Worten sehr ähneln, verkündet.117

Allerdings gibt es in der Musik keine Einheit, die mit dem Wort vergleichbar wäre:

Ein Ton erhält in einem bestimmten Zusammenhang eine bestimmte Funktion, und

ist Teil einer musikalischen Aussage; in einem anderen Zusammenhang erhält der-

selbe Ton eine völlig andere Funktion. Ein Wort meint hingegen immer dasselbe,

auch wenn sich der Zusammenhang ändert.118

115 vgl. Jourdain 2001, S. 336 116 vgl. Jourdain 2001, S. 336 117 vgl. Davidson 1966 (zit. nach Jourdain, S. 336) 118 vgl. Jourdain 2003, S.

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4.2 Das Rhythmische in der Sprache

4.2.1 Steuerung der Prosodie im Gehirn

Die Aspekte der Sprache, die sich mit Rhythmus, Stimmhöhe, Betonung und Klang

auseinandersetzen, nennt man Prosodie119: Wir sprechen immer in einem bestimm-

ten Rhythmus, betonen Wörter, indem wir sie lauter aussprechen, und verändern

unsere Stimmhöhe, um unser Gegenüber wissen zu lassen, ob es sich um eine Frage

oder eine Behauptung handelt. Über Rhythmus, Stimmhöhe und Klang geben wir

gleichzeitig Auskunft über unser emotionales Befinden.

Nehmen wir jene Areale, die in unserem Gehirn für Sprachproduktion und Sprach-

wahrnehmung verantwortlich sind unter die Lupe, so lässt sich hinsichtlich der Pro-

sodie folgendes feststellen (vgl. 3.2) : Patienten, deren Wernick’sches Areal ge-

schädigt ist – d.h. die Schwierigkeiten bei der Sprachproduktion haben – weisen

beim Sprechen keinerlei Defizite hinsichtlich der Prosodie auf. Das Gesprochene ist

inhaltlich zwar bedeutungslos, die Sprache ist aber rhythmisch und durch eine nor-

male Betonung gekennzeichnet. Menschen, deren Broca’sches Areal geschädigt ist,

können hingegen weder grammatikalisch korrekt, noch flüssig sprechen, d.h. ihre

Sprache weist starke Defizite in Grammatik und Prosodie auf: „Bei Patienten mit

Broca’scher Aphasie erfolgt die Artikulation derart mühevoll und die Worte wer-

den so langsam gesprochen, dass der Patient rhythmische Elemente kaum demonst-

rieren kann“120.

Ergebnisse von Untersuchungen lassen uns annehmen, dass die Prosodie beim

Sprechen besonders von der rechten Hemisphäre gesteuert wird121: Die Prosodie ist

dem Singen ähnlich, und ist somit mit den allgemeinen musikalischen Fähigkeiten

verstrickt. Außerdem werden von der rechten Hemisphäre aus Emotionen gesteu-

ert122, die auch beim melodischen Sprechen zum Ausdruck gebracht werden kön-

nen.

119 vgl. Carlson 2004, S. 604 120 Carlson 2004, S. 605 121 vgl. Carlson 2004, S. 605 122 vgl. Abb. 13

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Weintraub, Mesulam und Kramer (1981) führten ein Experiment durch, in dem sie

bei Personen mit einer Schädigung der rechten Hemisphäre das Erkennen und Wie-

dergeben von prosodischen Elementen testeten. Die Probanden sollten bei jeweils

zwei Wörtern, deren Inhalt und Prosodie unterschiedlich ist, die aber gleich ge-

schrieben werden, Unterschiede hinsichtlich der Prosodie erkennen. Es stellte sich

heraus, dass Personen, die Schädigungen in der rechten Hemisphäre hatten, diese

Aufgabe nur schlecht lösen konnten.123

4.2.2 Der Sprachrhythmus

Unter dem Terminus Sprachrhythmus versteht man nicht nur den Wechsel von be-

tonten und unbetonten Wörtern, sondern auch den Wechsel von betonten und un-

betonten Elementen innerhalb eines Wortes – also von Silben. Wird gesprochene

Sprache aufgenommen und in einem Oszillogramm veranschaulicht, so wird genau

das deutlich erkennbar124. In folgenden Beispielen werden die Wörter „Brücke“,

„Plakat“ und „Staatsanwalt“ in einem Oszillogramm grafisch dargestellt. Die unter-

schiedlichen Amplituden verweisen auf eine unterschiedliche Betonung innerhalb

der beiden Wörter:

Abb. 15 Das Wort “Brücke” veranschaulicht in einem Oszillogramm

123 vgl. Weintraub, Mesulam und Kramer 1981 (zit. nach Carlson 2004, S. 605) 124 vgl. Fischer 2006, S. 17

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Das Wort „Brücke“ besteht aus folgenden beiden Silben: Brü – cke. In der Abbil-

dung wird deutlich sichtbar, dass die Amplitude bei der ersten Silbe weiter aus-

schlägt als bei der zweiten. Das bedeutet, dass die erste Silbe (Brü-) betont – und

somit lauter ausgesprochen wird; die zweite Silbe (-cke) wird hingegen nicht be-

tont, und wird weniger laut ausgesprochen.

Abb. 16 Das Wort “Plakat” veranschaulicht in einem Oszillogramm

Beim Wort „Plakat“, das auch aus zwei Silben besteht (Pla – kat), wird hingegen

die zweite Silbe betont, was wiederum durch eine weiteren Ausschlag der Ampli-

tude sichtbar wird. Außerdem ist in der Grafik der sogenannte Plosiv – das [t] am

Ende des Wortes deutlich erkennbar.

Abb. 17 Das Wort “Brücke” veranschaulicht in einem Oszillogramm

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Beim Wort Staatsanwalt tritt eine besondere Gesetzmäßigkeit des Sprachrhythmus

in Kraft: „Eine universelle Regel für den Sprachrhythmus besagt, dass es keine

,Zusammenstöße’ von betonten Silben innerhalb eines Wortes geben darf.“125 Was

in einem solchen Fall geschieht, ist in der Grafik deutlich ablesbar: Das Wort

„Staatsanwalt“ setzt sich aus den beiden Wörtern „Staat“ und „Anwalt“ zusammen.

Das Wort „Staat“ besteht aus einer betonten Silbe; „Anwalt“ besteht aus zwei Sil-

ben, wobei die erste beim Sprechen betont wird. Werden die beiden Wörter zu

Staatsanwalt zusammengesetzt, so treffen zwei betonte Silben aufeinander. Nun

wird eine der Betonungen – in diesem Fall jene im Wort „Anwalt – abgeschwächt.

Dieses Phänomen wird in der Fachsprache „Eurhythmie“ genannt.126 Die zweite

und die dritte Silbe des Wortes „Staatsanwalt“ werden nun gleichermaßen betont.

Fischer et al. (2006) vergleichen den Rhythmus in der Sprache mit einem

„,Klebband’, mit dem aus einzelnen Silben zwei- oder mehrsilbige Wörter zusam-

mengesetzt werden.“127 Deshalb ist ein bestimmter Rhythmus in jeder Sprache

unbedingt erforderlich.

In jeder Sprache wird in einem bestimmten, individuellen Rhythmus gesprochen –

der Sprachrhythmus einer bestimmten Sprache ist also genau auf diese Sprache an-

gepasst, und somit nicht auf andere Sprachen übertragbar. Im Rahmen des Sprach-

erwerbs eines Kindes spielt der Erwerb des spezifischen Sprachrhythmus eine ent-

scheidende Rolle, „da die sprachspezifischen Regeln der Muttersprache explizit

vom Kind entdeckt werden müssen.“128 Die Regeln, die den Sprachrhythmus einer

bestimmten Sprache betreffen, sind abstrakt – das Kind lernt also über seine sub-

jektive Wahrnehmung der Sprache.

125 Fischer 2006, S. 18-19 126 vgl. Fischer 2006, S. 19 127 Fischer 2006, S. 17 128 Fischer 2006, S. 17

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4.2.2.1 Die bedeutendste prosodische Einheit: Die Silbe

Fischer et al. (2006) bezeichnen die Silbe als „,populärste’ prosodische Einheit“129:

Selbst für kleine Kinder wird sie intuitiv wahrgenommen – was sich dadurch zeigt,

dass sie zu einem Wort aus ihrem Sprachgebrauch zu den Silben richtig klatschen

können. Auch in der Musik spielt die Silbe eine entscheidende Rolle.130

Doch warum ist die Silbe für uns so leicht wahrnehmbar? Eine Silbe ist eine kleine

Einheit, die gewisse Merkmale enthält:131

1. Sonoritätsverlauf und Gipfligkeit

Unter „Sonorität“ verstehen wir die „Lautlichkeit“132: Vom Beginn bis zur Mitte (=

Gipfel) der Silbe steigt die Sonorität an, bis sie ein Maximum erreicht hat – und

fällt dann wieder ab. Das heißt also, dass eine Silbe zur Mitte hin lauter, und dann

wieder leiser wird.

2. Dauer

Nach Oller (1986) darf eine Silbe die Dauer von 500 Millisekunden nicht über-

schreiten, um als Silbe noch wahrgenommen zu werden.133

3. Formantenübergang

Unter „Formantenübergang“ versteht Oller (1986) die Schwingungen der Obertöne

beim Übergang von einem Konsonanten zu einem Vokal, die die Zeitspanne von

125 Millisekunden nicht überschreiten dürfen.

Silben sind also durch gewisse Eigenschaften gekennzeichnet. Dennoch unterschei-

den sie sich untereinander, sei es durch die verschiedenen Laute aus denen sie zu-

sammengesetzt sind, als auch durch die Art ihres Aufbaus. Eine Silbe kann bei-

spielsweise nur aus einem Vokal aufgebaut sein („Ei“ [ai]), oder zu Beginn

und/oder am Ende mehrere Konsonanten haben, wie etwa „Winter“ [winter].

129 Fischer 2006, S. 17 130 vgl. Fischer 2006, S. 17 131 vgl. Fischer 2006, S. 17 132 vgl. Fischer 2006, S. 24 133 vgl. Oller 1986 (zit. nach Fischer 2006, S. 24)

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4.3 Der kindliche Erwerb der Prosodie

4.3.1 Allgemeines

Das Kind beginnt mit dem Erwerb der Sprache nicht etwa erst mit den ersten Wor-

ten, sondern schon lange vorher. Produziert ein Kind mit etwa einem Jahr seine

ersten Worte, so ist dem ein langer Prozess vorhergegangen, in dem das Kind die

auditiv wahrgenommene Sprache in seinem Umfeld phonologisch und prosodisch

einzuordnen gelernt hat.134 Säuglinge sind von Beginn an besonders empfänglich

für die prosodischen Merkmale der Sprache135, und interessieren sich weniger für

einzelne Laute und Wörter: „Erst vier Tage alt können sie ihre Muttersprache auf

der Grundlage prosodischer Charakteristika von einer fremden Sprache unterschei-

den“136. Man nimmt an, dass Säuglinge diese Fähigkeiten teils vor der Geburt im

Mutterleib, und teils nach der Geburt erwerben. Allerdings weiß man noch nicht

genau, „welche Rolle die einzelnen prosodischen Merkmale der Tonhöhe, der Be-

tonung, der Lautheit, der Schnelligkeit und der Pausengebung spielen.“137

Ein Säugling zieht es zudem vor, wenn man mit einer ausgeprägten Prosodie zu

ihm spricht: Das Gesprochene muss klar gegliedert und übertrieben intoniert

sein.138

Fischer et a. (2006) beschreiben den kindlichen Erwerb der Prosodie der Mutter-

sprache als einen unerlässlichen Schritt in der Sprachentwicklung: Damit ein Kind

seinen Wortschatz überhaupt aufbauen kann, muss es mit der Prosodie der Sprache

vertraut sein (vgl. Fischer 2006, S. 66).

Um auf die Notwendigkeit des Prosodieerwerbs näher eingehen zu können, muss

ich zunächst zwei linguistische Begriffe erklären, nämlich die Mora und den Fuß:

„Mora“ bedeutet im Lateinischen „Zeitraum“ und beschreibt jenen Zeitabschnitt,

134 vgl. Montada 2002, S. 521 135 Morgan & Demuth, 1996 (zit. nach Montada 2002, S. 521) 136 vgl. Montada 2002, S. 522 137 Montada 2002, S. 523 138 Fernald, 1984; Fernald & Kuhl, 1987 (zit. nach Montada 2002, S. 524)

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die die einzelnen Abschnitte innerhalb einer Silbe einnehmen. Für den Spracher-

werb eines Kindes sind die Moras äußerst wichtig, „da die Berechnung der Mora-

zahl pro Silbe im Deutschen als Grundlage für die Wortbildung und die Betonungs-

regeln dient.“139. Der „Fuß“ ist hingegen jene prosodische Einheit, „die sich inner-

halb eines Wortes von einer stark betonten Silbe bis zur nächsten stark betonten

Silbe erstreckt.“140 Wird die erste Silbe eines Fußes betont, so handelt es sich um

einen „Trochäus“; wird die letzte Silbe betont, so handelt es sich um einen „Jam-

bus“. Ein Fuß wird dann als „quantitätssensitiv“ bezeichnet, wenn die Morazahl der

Silben berücksichtigt wird. Im Deutschen spielt die Quantitätssensivität eine große

Rolle: Ein Fuß enthält entweder eine oder zwei Silben – es müssen aber immer drei

Moras vorhanden sein.141

Nehmen wir den Erwerb der Wortprosodie eines Kindes unter die Lupe, so können

wir zwischen Wortproduktion und Wortverstehen unterscheiden:142

Wortproduktion

mit Hilfe des dreimoraischen

Prinzips der Fußbildung

Wortverstehen

mit Hilfe des dreimoraischen

Prinzips der Fußbildung

Beherrscht ein Kind das dreimorai-

sche Prinzip, so kann es seinen

Wortschatz erweitern.

Beherrscht ein Kind das dreimorai-

sche Prinzip, so erkennt es neue

Wörter im Redefluss schnell.

Natürlich gibt es Voraussetzungen die erfüllt sein müssen, damit ein Kind prosodi-

sche Regeln überhaupt erwerben kann. Dazu gehört zum Beispiel das Funktionieren

des auditiven Systems:143 Um Betonungen und lange- und kurze Vokale richtig

wiedergeben zu können, muss das Kind sie als solche zuerst hören können.

139 Fischer 2006, S. 34 140 Fischer 2006, S. 36 141 vgl. Fischer 2006, S. 37 142 vgl. Fischer 2006, S. 66 143 vgl. Fischer 2006, S. 68

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Zusammenfassend lässt sich zur Entwicklung der Prosodie eines Kindes folgendes

feststellen: Während das Kind die „Wohlgeformtheitsbedingungen“144 der Prosodie

entdeckt, wird es sich gleichzeitig über die fundamentalen rhythmischen Gesetze

seiner Muttersprache bewusst. Dieses Erkunden der rhythmischen Gesetze findet in

der Regel zwischen dem ersten Geburtstag und dem 30. Lebensmonat statt. Im fol-

genden Abschnitt werde ich genau auf diesen Prozess näher eingehen.

4.3.2 Die Entwicklung der Prosodie vom ersten bis zum 30. Monat

- erster bis dritter Lebensmonat

In den ersten drei Lebensmonaten benutzt das Kind Laute, deren Inhalt nicht zielge-

richtet ist – es befindet sich in der vorlexikalischen Phase. Diese ersten Laute nennt

man „Phonation“145, da der Säugling für deren Produktion nur den Glottisbereich

benutzt (= die Stimmritze im Kehlkopf), und auf Gaumen, Zunge und Kiefer nicht

zurückgreift. Wahrscheinlich liegt der Grund dafür im Vokaltrakt, der sich bei ei-

nem Säugling von dem eines Erwachsenen noch ziemlich unterscheidet: Der wohl

größte Unterschied ist die hohe Stellung des Kehlkopfes, durch die das Baby

gleichzeitig atmen und schlucken kann.

Das Schreien eines Säuglings ähnelt dem Geräusch einer Sirene und wird deshalb

als „Bogen“ bezeichnet.146 Würde das Kind immer konstant auf einem Ton

schreien, so wäre das Schreien durch Hintergrundgeräusche weniger leicht hörbar,

wodurch seine Umwelt nicht so leicht auf es aufmerksam werden würde.

Bereits das Schreien folgt einer bestimmten Rhythmik: Wermke et al. (2002) unter-

suchte die Betonungen innerhalb der Schreimuster genauer. Er fand dabei heraus,

dass das trochäische Muster am öftesten vorkam, also dass die Schreie am häufigs-

ten zu Beginn betont wurden.147

144 Fischer 2006, S. 102 145 vgl. Fischer 2006, S. 74 146 vgl. Fischer 2006, S. 74 147 vgl. Wermke et. al. 2002 (zit. nach Fischer 2006, S. 74)

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- vierter bist sechster Lebensmonat

Ab dem vierten Monat ist der Vokaltrakt des Kindes dem einen Erwachsenen na-

hezu gleich – das Kind ist deshalb rein physisch im Stande, alle Laute auszuspre-

chen.148

Das Kind beginnt nun zu „lallen“: Es formt eine sonore Welle, Selkirk (1984) be-

zeichnet diese Welle bereits als Silbe. Mit den Silben eines Erwachsenen können

diese Silben jedoch nicht verglichen werden, da es ihnen an Wohlgeformtheit

fehlt.149

Penner und Fischer (2003) haben in einem Experiment die Lalllaute von 25 Kin-

dern im Alter von drei Monaten untersucht. Sie fanden wiederum heraus, dass die

Dreimonatigen zweisilbigen Lalläußerungen meist erstbetont, also trochäisch wa-

ren.150

- siebter bist zwölfter Lebensmonat

Verschiedene Studien zeigen, dass sich die Silbe eines Kindes ab dem siebten Le-

bensmonat physikalisch gesehen nicht mehr großartig von der eines Erwachsenen

unterscheidet, d.h. dass das Kind nun eine wohlgeformte Silbe produzieren kann.151

Oller (1986) und Oller et. al. (1999) geben diesem Lallen nun den Namen „kanoni-

sches Lallen“, das sich in zwei Formen äußern kann:152

• Produzieren von reduplizierten Lallwörtern

Hier wiederholt das Kind stets eine bestimmte Silbe, z.B. die Silbe [ma] wird im-

mer wiederholt, und wird zu [mamamama] usw.

• Produzieren von bunten Lallwörtern

Anstatt einer Silbe werden nun verschiedene Silben aneinander angehängt und wie-

derholt, z.B. [daba] wird zu [dabadabadaba] usw.

148 vgl. Fischer 2006, S. 76 149 vgl. Selkirk 1984 (zit. nach Fischer 2006, S. 76) 150 vgl. Penner & Fischr 2003 (zit. nach Fischer 2006, S. 76) 151 vgl. Oller 1986, und Oller et.al. 1999 (zit. nach Fischer 2006, S.78); Davis et.al. 2000 (in Fischer 2006, S.78) 152 vgl. Oller 1986, und Oller et.al. 1999 (zit. nach Fischer 2006, S.78)

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Oller et. Al. (1999) fand heraus, dass das Fehlen des kanonischen Lallens bis zum

zehnten Lebensmonat auf eine Spracherwerbsstörung hinweist:153 Das kanonische

Lallen ist somit Hinweis auf einen „normalen“ Spracherwerb.

Eine Studie von Ejiri (1998) zeigt, dass sich die rhythmischen Äußerungen von Ba-

bys in diesem Alter nicht nur auf die Sprache beschränken154: Ejiri untersuchte

japanische Babys, die sich in der kanonischen Lallphase befanden. Er gab ihnen ge-

räuschbildende - und geräuschlose Rasseln. Im Laufe der kanonischen Lallphase

bevorzugten diese Babys eindeutig die geräuschbildenden Rasseln. Das weist dar-

auf hin, dass die Bildung der wohlgeformten Silbe nicht nur Teil der Sprachent-

wicklung, sondern Ausdruck der allgemeinen physischen Entwicklung des Men-

schen ist.

- erstes Lebensjahr

Mit etwa einem Jahr beginnt für das Kind die sogenannte lexikalische Phase, d.h.

das Kind produziert die ersten zielgerichteten Wörter.

Auch in der Entwicklung der Prosodie sind Fortschritte zu erkennen: Das Kind

deutscher Muttersprache nähert sich in kurzen Schritten allmählich der Fähigkeit,

die endgültige Struktur der Silbe erfassen und produzieren zu können, was es in der

Regel im Alter von zweieinhalb Jahren erreicht hat:155 Anfangs reduziert das Kind

alle Wörter auf eine Silbe, wobei es lediglich die betonte Silbe ausspricht: Das

Wort „Elefant“ wird so beispielsweise zu „fan“.156

In einer nächsten Phase produziert das Kind erstmals zweisilbige Wörter, aus „Ba-

nane“ könnte jetzt „nane“ werden. Typisch für diese Zweisilber ist die Betonung

der ersten Silbe (=Trochäus).

Dass das Kind diese Erstbetonung inzwischen sehr verinnerlicht hat, zeigt sich in

der nächsten Phase: Obwohl es nun Wörter wie „Kamel“ zwar aussprechen kann,

überträgt es die trochäische Regel nun darauf, und macht somit einen „Betonungs-

153 vgl. Oller et. al. 1999 (zit. nach Fischer 2006, S. 79) 154 vgl. Ejiri 1998 (zit. nach Fischer 2006, S.79) 155 vgl. Fikkert 1994 (zit. nach Fischer 2006, S.81) 156 vgl. Fischer 2006, S. 84

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fehler“: Anstatt die zweite Silbe zu betonen, betont es auch hier die erste Silbe.

Fikkert (1994) bezeichnet diese Umkehrung der Betonung nicht als „Betonungs-

fehler“, sondern als „Übergeneralisierung der erworbenen trochäischen Regel“157.

- zweites Lebensjahr

In der Zeit um den zweiten Geburtstag entfernt sich das Kind allmählich von dem

trochäischen Betonungsmuster: Nehme ich wieder das Beispiel „Kamel“ her, so

betont das Kind nun zwar nicht mehr sie erste Silbe mehr – es betont das Wort aber

auch noch nicht völlig korrekt, also jambisch: Als Übergang betont das Kind beide

Silben gleichermaßen, „ein Phänomen, welches in der Spracherwerbsforschung als

,Level stress’ bezeichnet wird.“158 Zudem betonen Kinder in diesem Alter dreisil-

bige Wörter mit Endbetonung (z.B. Kapitän) in der Regel so, als handle es sich um

Komposita aus zwei Wörtern („Kapi – tän“) – und betonen fälschlicherweise die

erste Silbe, anstatt die dritte.159

In der darauffolgenden Phase der prosodischen Entwicklung ist das Kind nun im

Stande, diese dreisilbigen Wörter mit Endbetonung richtig zu betonen. Zu diesem

Zeitpunkt sind die meisten Kinder etwa 2,5 Jahre alt – also in jenem Alter, in dem

der Kindergarteneintritt in vielen Ländern bereits möglich ist.160

157 vgl. Fikkert 1994 (zit. nach Fischer 2006, S.85) 158 Fischer 2006, S. 86 159 vgl. Fischer 2006, S. 86 160 vgl. Fikkert 1994 (zit. nach Fischer 2006, S.87)

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5. Förderung der Sprachentwicklung mit Schwerpunkt

auf die Prosodie Dieses Kapitel widmet sich der sprachlichen Förderungsmöglichkeiten für Vor-

schulkinder, wobei besonderes Gewicht auf die Prosodie – die rhythmische Kom-

ponente der Sprache – gelegt wird. Da es zur sprachlichen Förderung durch

Rhythmik noch keine Literatur gibt, nähere ich mich diesem Bereich aus zwei ver-

schiedenen Richtungen: Einerseits berichte ich von sprachlicher Förderung durch

Musik, welche von der pädagogischen Fachkraft im Kindergarten durchgeführt

werden kann. Zum anderen stelle ich eine konkrete prosodische Therapieform vor,

die von einer logopädischen Fachkraft durchgeführt werden sollte.

5.1 Wie kann man Rückstände in der Prosodie feststellen? Die meisten Spracherwerbsstörungen im Bereich der Prosodie lassen sich auf einen

nicht zureichenden Erwerb des dreimoraischen Prinzips zurückführen (siehe 4.2.1).

Dieses Fehlen löst dann eine Reihe von Prozessen aus, die sich von Kind zu Kind

unterschiedlich zeigen können:161

• Kommt es zum Auslassen- oder Hinzufügen einer Mora in einem

dreimoraischen Fuß, so manifestiert sich das beim Kind in Auslassungen und

Vereinfachungen von Konsonanten oder Konsonantengruppen.

• Zerfällt die Fußstruktur vollständig, so kommt es zu einer andersartigen

Betonung von Wörtern.

• Zerfällt die Silbenstruktur, die Teil des Fußes ist, so kann sich das beim

Kind in der Assimilation von Silben und in Verlagerungen zeigen.

Ein Beispiel für eine weitere Störung ist das Auslassen von sogenannten „Coda-

Lauten“162: „Bett“ wird dann zu „Be-“; der Coda-Laut [t] wird vom Kind außer

161 vgl. Fischer 2006, S. 155 162 vgl. Fischer 2006, S. 155

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Acht gelassen. Auch diese Form der Auslassung stellt eine massive Störung der

Prosodie dar.

Allgemein lässt sich feststellen, dass Kinder mit prosodischen Störungen den tro-

chäischen, dreimoraischen Fuß nur zufällig bilden.163

Rückstände in der Prosodie lassen sich am besten feststellen, indem die prosodische

Entwicklung des Kindes mit einer „angemessenen“ prosodischen Entwicklung (vgl.

4.3.2) verglichen wird.164 Dazu müssen dem Kind bestimmte Wörter „entlockt“

werden. Kann festgestellt werden, dass die Entwicklung des Kindes von einer zu

erwartenden Entwicklung abweicht (etwa, wenn das Kind eine Phase noch nicht er-

reicht hat), so werden diese Abweichungen analysiert und eingeordnet.

5.2 Förderungsmöglichkeiten der kindlichen Sprachentwicklung

im Zusammenhang mit musikalisch-rhythmischen Aktivitäten im

Kindergarten

5.2.1 Fachliche Kompetenz der pädagogischen Fachkraft als Voraussetzung

Sollen im Kindergarten sprachliche Kompetenzen der Kinder mit Hilfe von

Rhythmik und Musik gefördert werden, so muss zunächst klar werden, welche

Ziele durch rhythmisch-musikalische Aktivitäten gefördert werden, bzw. was die

Beschäftigung mit Musik in einem Kind bewirkt.

Zusammengefasst bedeutet Musik und Rhythmus für Kinder ganzheitliche, kreative

und lebendige Erfahrung: „[…] unabhängig von Nationalität, Beeinträchtigung oder

Behinderung“165 ist Musik für jedes Kind auf seine individuelle Weise zugänglich.

Musik und Rhythmik bietet jedem Kind die Gelegenheit, persönliche Vorlieben und

Potential zu entdecken, sowie Teil einer kommunikativen Gemeinschaft zu sein.

163 vgl. Fischer 2006, S. 162 164 vgl. Fischer 2006, S. 156 165 Zaiser 2005, S. 19

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Jedes Kind entdeckt demnach durch die Musik eigene Stärken, die es weiterentwi-

ckeln kann und die der Gemeinschaft zu Nutze werden.

Zaiser (2005) erklärt, welche Voraussetzungen die pädagogische Fachkraft, die für

die Kinder musikalische Angebote ausarbeitet und Impulse setzt, mitbringen sollte.

Für sekundär bedeutsam hält er die „musiktheoretischen Kenntnisse und instru-

mentale Virtuosität“166. Musikalisch-rhythmische Kompetenz misst er vielmehr an

„einer wachen und sensiblen Wahrnehmung, an Spontanität, Flexibilität und Expe-

rimentierfreudigkeit, Mut und Expressivität, an der emphatischen Fähigkeit zur

Fremd- aber auch zur Selbstbeobachtung“167. In der Arbeit mit Kindern hält Zaiser

demnach die Kompetenz Angebote, die den momentanen Bedürfnissen der Kinder

entsprechen, spontan zu entwickeln für besonders bedeutsam. Fachkräfte sollen den

Kindern Musik und Rhythmik als einen Teil des jeweiligen kulturellen Geschehens

nahebringen: Musik und Rhythmik begleiten uns nämlich durch unser gesamtes

Leben, gestalten weltliche sowie religiöse Rituale, besondere und alltägliche Ereig-

nisse.168

Leider ergeben sich für viele pädagogische Fachkräfte Hemmschwellen, Musik und

Rhythmik Kindern nahezubringen. Gründe dafür liegen vor allem in der teilweise

starken Unterbewertung des Musikalischen in der pädagogischen Ausbildung169.

Die Vermittlung von Musik beschränkt sich oft nur mehr auf theoretische Inhalte,

wie etwa die Notenlehre. Wichtig wäre es jedoch vielmehr den Fachkräften selbst

positive Selbsterfahrungen mit Musik zu ermöglichen, bzw. die Freude und Lust an

Musik zu wecken. Durch die Reduktion von Musik auf die rein technische Ebene

wird die eigentliche Freude am musikalischen Schaffen gehemmt, was sich wie-

derum negativ auf die pädagogische Arbeit auswirkt.170

Zum persönlichen, positiven Bezug zu Musik und Rhythmik müssen sich pädago-

gische Fachkräfte außerdem über „wichtige didaktische Bezüge, Voraussetzungen

und Zielsetzungen“171 bewusst werden. Gemeint sind damit einmal Erkenntnisse

166 Zaiser 2005, S. 20 167 Zaiser 2005, S. 20 168 vgl. Zaiser 2005, S. 20 169 vgl. Zaiser 2005, S. 7-8 170 vgl. Zaiser 2005, S. 8 171 Zaiser 2005, S. 9

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aus der Entwicklungspsychologie, und zum anderen das Wissen über den aktuellen

Stand der Forschung im Bereich Musik und Rhythmik im Zusammenhang mit

Sprachförderung.

5.2.2 Musikalisch-rhythmische Angebote im Kindergarten, die zur

Sprachförderung beitragen

In diesem Abschnitt werde ich einige Ansätze vorstellen, mit denen sprachliche

Kompetenzen im Kindergarten gefördert werden. Alle Aktivitäten lassen sich

problemlos in den Kindergartenalltag einbauen, erfordern jedoch fachliches Hinter-

grundwissen der Erzieherin/ des Erziehers (vgl. 5.2.1). Aus den folgenden Aktivi-

täten lässt sich deutlich erkennen, dass sich „musikalische“ und „rhythmische“ An-

gebote nicht strikt trennen lassen, bzw. dass in jedem anscheinend rein „musikali-

schen“ Angebot zahlreiche rhythmische Elemente vorhanden sind.

Gesang

Kinder im Kindergartenalter entwickeln allmählich die

Fähigkeit, Lieder tonal, aber auch rhythmisch „korrekt“

nachzusingen. Parallel dazu nimmt die Lust zu improvi-

sieren ab, bleibt aber dennoch erhalten.172 Während Kin-

der schrittweise einen Tonumfang von etwa einer Oktave

(c1 bis f2173) entwickeln, verfeinern sich auch ihre

rhythmischen und metrischen Kompetenzen.

Die pädagogische Fachkraft sollte beim Singen im Kin-

dergarten ihre Singstimme möglichst dem Tonumfang der

der Kinder anpassen, da ihre Singstimme für die Kinder

als Orientierung und Vorbild gilt. Männliche Singstim-

men sollten ein Lied oktavieren, da die angegebene Ton-

lage meist nur mit der Kopfstimme gesungen werden

kann, was für Kinder klanglich irritierend ist. Haben Kin-

172 vgl. Moog 1968 und Stadler Elmer 2000 (zit. nach Zaiser 2005, S. 22) 173 vgl. Zaiser 2005, S. 22

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der Probleme mit der Oktavierung eines Liedes, kann sich

die männliche pädagogische Fachkraft mit der Begleitung

eines Melodieinstrumentes in der gewünschten Tonlage

verhelfen.174

Musik hören

Etwa ab dem vierten Lebensjahr sind Kinder im Stande,

musikalische Parameter (wie laut-leise, schnell-langsam,

hoch-tief) nicht mehr nur wahrzunehmen und körperlich

auszudrücken, sondern auch sprachlich zu benennen.

Kinder bilden also Kategorien, in die jeweils bestimmte

Merkmale eines Musikstückes eingeordnet werden. Beim

rezeptiven Hören gewöhnt sich das Kind nach und nach

an bestimmte rhythmische und klangliche Muster, „es

entsteht eine Art musikalischen Denkens.“175 Gruhn

(1998) bezeichnet die Fähigkeit musikalische Vorgänge in

Bezug auf Klang und Rhythmus zu verstehen als Audia-

tion: Er belegt diese Fähigkeit bei drei- bis vierjährigen

Kindern in mehreren Untersuchungen.176 Außerdem stellt

er hier einen klaren Bezug zur Sprachentwicklung her, in-

dem er auf die Ähnlichkeit des Denkens in musikalischen

Einheiten und des Denkens in der Sprache verweist.177

Instrumente

spielen

Ein Instrument zu spielen verlangt den Kindern hohe An-

forderungen ab: Auge, Ohr, Hand, Finger, Kopf und Kör-

174 vgl. Zaiser 2005, S. 22 175 Zaiser 2005, S.23 176 vgl Gruhn 1998 (zit. nach Zaiser 2005, S.23) 177 vgl. Zaiser 2005, S. 23

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per müssen in einem komplexen Vorgang „zusammenar-

beiten“, um das Spielen überhaupt möglich zu machen.178

Für das Musizieren auf Instrumenten kommen im Kinder-

garten vor allem Instrumente aus dem Orff-Instrumenta-

rium in Frage, da sie selbst für drei- bis fünfjährige Kin-

der relativ leicht zu handhaben sind. Während das Aus-

drücken von verschiedenen Lautstärken und Tempi den

Kindern keine große Schwierigkeiten bereitet, sind die

meisten Kinder bei der Steigerung von leise zu laut (cre-

scendo) oder von langsam zu schnell (accellerano) und

umgekehrt überfordert: Beim Spielen laut – ohne gleich-

zeitig schneller zu werden, oder leise – ohne jedoch lang-

samer zu werden ist alles eher als leicht.179 Was Kinder-

gartenkinder jedoch sehr wohl können, ist das Mit- oder

Nachspielen eines einfachen Rhythmus. Allerdings kön-

nen die meisten Kinder im Vorschulalter ein regelmäßiges

Metrum noch nicht problemlos durchhalten. Gruhn (1998)

beschreibt die Fähigkeit, mit dem ganzen Körper gleich-

mäßige, fließende Bewegungen ausführen zu können als

Voraussetzung, ein Metrum in einem bestimmten Tempo

überhaupt durchhalten zu können.180 Pädagogische Fach-

kräfte können diese Fähigkeit im Kind schulen, indem ein

Bewegungsfluss ganz- oder teilkörperlich umgesetzt wird.

In einem nächsten Schritt sollten sich die Kinder mit dem

Umgang mit den Instrumenten und den Spieltechniken

vertraut machen. Die Erzieherin/ der Erzieher gibt dabei

Anregungen und Impulse. In einer anschließenden Grup-

penimprovisation sollten klare Rahmenbedingungen und

178 vgl. Kreusch-Jacob 1999 (zit. nach Zaiser 2005, S.24) 179 vgl. Zaiser 2005, S.24 180 vgl. Gruhn 1998 (zit. nach Zaiser 2005, S.24)

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Regeln aufgestellt werden, die dem Kind zur Erhaltung

der Orientierung und des Überblicks verhelfen – etwa der

Beginn und das Ende, oder wie oft ein Instrument erklin-

gen darf.181

Tanz und Be-

wegung

Die Ziele beim Tanz mit Vorschulkindern gehen weit

über die Schulung der „motorischen, koordinativen, vesti-

bulären und räumlichen Fähigkeiten“182 hinaus: Vielmehr

„gilt es die persönlichkeitsbildenden und sozialen Merk-

male im Tanz zu entwickeln: Selbstbewusstsein, Durch-

setzungsvermögen, Anpassungsfähigkeit, emotionale

Ausdrucksfähigkeit, Interaktions- und Kommunikations-

fähigkeit“183. Diese Kompetenzen können laut Zaiser

(2005) vor allem in der rhythmischen Improvisation ge-

fördert werden. Die pädagogische Fachkraft sollte zwi-

schen festgelegten und freien Formen des Kindertanzes

variieren, d.h. Bewegungen sollen von den Kindern nach-

geahmt, aber auch selbst erfunden werden. Wichtig ist es

sowohl bei freien, als auch bei festgelegten Tänzen die

Bewegungen und die räumlichen Ausrichtungen „eng an

die musikalische Form zu koppeln“184.

Gedichte,

Reime und Fin-

gerspiele

Kinder lieben lyrische Sprachformen wie Reime, Ge-

dichte und Fingerspiele. Durch das (End-)Reimen wird

der rein inhaltliche Aspekt von Sprache erweitert – außer-

181 vgl. Zaiser 2005, S. 24 182 Zaiser 2005, S. 25 183 Zaiser 2005, S. 24 184 Zaiser 2005, S. 24

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dem werden die Grenzen von Sprache, Rhythmus und

Musik fließend.185 Durch Musik lassen sich im

Kindergarten lyrische Sprachformen rhythmisch und

klanglich sehr gut darstellen. Der formale, rhythmische

Aspekt von Sprache wird vor allem in Nonsensversen und

Wortneuschöpfungen, welche von der Regelsprache

abweichen, aber nicht als „falsch“ gelten, deutlich.

Auch durch Fingerspiele wird die Verknüpfung von Spra-

che und Rhythmik deutlich: „Fein- und grobmotorische

Bewegungen werden dynamisch, rhythmisch und klang-

lich unmittelbar mit einer bildhaften, sinnlichen und pho-

netischen Sprache gekoppelt.“186 Die feinmotorische

Wahrnehmung steht beim Fingerspiel folglich in engem

Zusammenhang mit dem prosodischen Aspekt der Spra-

che.

Die Erzieherin/ der Erzieher kann die Kinder auch dazu

anregen, Finderspiele, Reime und Gedichte ganzkörper-

lich auf den Raum zu übertragen. Dazu können einige

Kinder auch auf Rhythmus und/ oder Melodieinstrumente

spielen.

5.2.3 Geschlechtsspezifische Differenzierung und Polarisierung

Bestimmte musikalische Angebote ordnen viele von uns bewusst oder unbewusst

eher einem Geschlecht zu: Zaiser (2005) führt als Beispiel den Tanz mit einem

Tuch als Gerät also „typisch weiblich“ an, das Spielen auf einer Trommel hingegen

als „typisch männlich“.187 Dabei sieht er vor allem in der Musik die Chance, solch

einem voreingenommenen Denken entgegenzuwirken: „[…] Gleichzeitig bietet ge-

rade die Musik und die Rhythmik ein breites Repertoire an Handlungsfeldern, die 185 vgl. Zaiser 2005, S. 39 186 Zaiser 2005, S. 39 187 vgl. Zaiser 2005, S. 47- 48

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genderspezifische Sozialisationsmuster aufbrechen können, ohne individuelle Ei-

genheiten pauschalisieren zu können.“188

Wichtig ist Zaiser dabei die Unterscheidung zwischen dualistischem Denken und

Polarisierung: Während das dualistische Denken zwei verschiedene, nebeneinander

bestehende Zustände beschreibt, versteht man unter Polarität eine ganzheitliche

Sichtweise. Dieser Gedanke wird in folgenden Beispielen deutlich: Der Tanz mit

dem Tuch kann auch für Jungen „schmackhaft“ werden, unter der Voraussetzung,

dass die pädagogische Fachkraft den Jungen hilft, ihren eigenen Zugang zu finden.

Zuerst sollen Jungen mit dem Tuch als Gerät einmal vertraut werden, und auch für

das Gerät typische weiche, fließende Bewegungen ausführen. Ist diese Vertrautheit

erst einmal geschaffen, kann jeder Junge seine eigenen Ausdrucksmöglichkeiten er-

finden, die selbstverständlich von den charakteristischen, weiblichen Vorstellungen

abweichen können.189

Anders rum kann für Mädchen beispielsweise der Zugang zu einem Schlaginstru-

ment, für das sich tendenziell eher Jungen entscheiden, erleichtert werden. Die pä-

dagogische Fachkraft kann den Mädchen über „die musikalischen Parameter Dy-

namik, Rhythmus und Tempo“190 verschiedene Spielanweisungen geben, indem

etwa das Spielen einer Spanne von besonders leisen – bis zu lauten Tönen geübt

wird. Eine Trommel kann zudem auch auf „zarte“ Weise - beispielsweise mit den

Fingerspitzen – gespielt werden.

Zaiser geht es also nicht um eine geschlechtsneutrale Erziehung, in der Neigungen

und Interessen der Einzelnen als bedeutungslos gelten. Vielmehr bemüht er sich,

dem dualen Geschlechtsklischee entgegenzuwirken, indem allen Kindern individu-

elle Erfahrungsmöglichkeiten bereitgestellt werden, ohne diese mit Werten zu be-

setzen.191

In Bezug auf die Sprachentwicklung belegt die Forschung den „Vorsprung“ der

Mädchen auf die Jungen. Erklärt wird dieser teilweise mit der typisch „männli-

188 Zaiser 2005, S. 47 189 vgl. Zaiser 2005, S. 48 190 Zaiser 2005, S. 48 191 vgl. Zaiser 2005, S. 48

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chen“ Sozialisation der Jungen.192 Genau an diesen Punkt kann die Rhythmik

anknüpfen, indem durch gezielte Angebote (vgl. 5.2.2) „speziell im sozial-kommu-

nikativen, perzeptiven und feinmotorischen Bereich“193 ein Ausgleich geschaffen

wird. Gleichzeitig wird das Selbstbewusstsein der Mädchen gesteigert, da eben „ty-

pisch weibliche“ Eigenschaften aufgewertet werden.

Durch Musik und Rhythmik können folglich sowohl Jungen, als auch Mädchen

Angebote nutzen, in denen sowohl Vertrautes erlebt, als auch Fremdes und Neues

erprobt werden kann. Mädchen und Jungen stärken und erweitern so ihre Kompe-

tenzen und wagen sich an bisher unbekannte Aktivitäten heran. Jedes Kind lernt auf

diese Weise seine individuellen Neigungen und Stärken kennen, die von Wertbe-

setzung absolut frei sind.

5.3 Eine konkrete Möglichkeit der Förderung: die prosodische

Therapie In diesem Abschnitt möchte ich eine Form der prosodischen Therapie für Kinder,

wie sie von Fischer et. al. (2006)194 ausgearbeitet wurde, kurz vorstellen. Wie ich

bereits erwähnt habe, endet die prosodische Sprachentwicklung bei Kindern in der

Regel mit etwa zweieinhalb Jahren (vgl. 4.3.2). In der Therapie werden jene proso-

dischen Entwicklungsschritte, die ein Kind „normalerweise“ durchläuft, nachge-

ahmt. Geeignet ist diese Form der Therapie für Kinder ab dem 12. Lebensmonat.195

Auch für Kindergartenkinder mit Verzögerungen oder Störungen in der prosodi-

schen Entwicklung eignet sich die Therapie äußerst gut.196

Ich werde nun vor allem die ersten Schritte der Therapie genauer beschreiben, um

eine Einsicht in die Arbeitsweise der Therapeuten zu geben:

192 vgl. Zaiser 2005, S. 48 193 Zaiser 2005, S. 48 194 vgl. Fischer 2006, S. 168- 189 195 vgl. Penner 2002 (zit. nach Fischer 2006, S. 191) 196 vgl. Penner 2003, 2005 und 2006 (zit. nach Fischer 2006, S. 191)

61

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Wie ich im Abschnitt 4.3.2 bereits betont habe, hat für das Kind das trochäische

Betonungsmuster von Anfang an den anderen Betonungsmustern gegenüber eine

vorrangige Bedeutung. Eine Form der prosodischen Therapie nimmt gerade diese

Tatsache als Ausgangspunkt:197

Sprechen wir mit einem Kind, verwenden wir oft Verniedlichungsformen, auch

„Clipping“ genannt. Inhaltlich signalisiert das Clipping den Abbau von Distanz zur

betreffenden Person (Bsp. „Hansi“) bzw. zum betreffenden Gegenstand (Bsp.

„Pulli“). Erkennt das Kind das im Deutschen immer trochäische Betonungsmuster

der Clippings, lässt es andere Betonungsmuster vorübergehend außer Acht, und

kann zu einem späteren Zeitpunkt auf das trochäische Muster aufbauen. Als ersten

Teil der Therapie werden dem Kind nun verschiedene Verniedlichungsformen ge-

boten, d.h. sie sollen in den normalen Dialog mit dem Kind eingebaut werden. Ziel

ist es, das Kind an das trochäische Muster zu gewöhnen.

Im Anhang an diese Phase soll das Kind langsam an den dreimoraischen, zweisilbi-

gen Fuß gewöhnt werden. Ein Beispiel dafür ist das Wort „Hose“: Die erste Silbe

dieses dreimoraischen Fußes wird betont, die unbetonte Endsilbe wird in der Fach-

sprache auch als „Schwa“ bezeichnet.198 Um ein Kind mit einer prosodischen Stö-

rung an dieses Wortbildungsprinzip heranzuführen, bedarf es mehrerer Phasen: Das

Kind soll zuerst visuell für die verschiedenen prosodischen Muster sensibilisiert

werden. Dazu arbeitet die Therapeutin oder der Therapeut mit Kärtchen mit einem

großen, darauf abgebildeten Kreis, sowie Kärtchen mit einem großen und einem

kleinen Kreis. Der große Kreis symbolisiert eine betonte Silbe, der kleine Kreis

steht hingegen für eine Schwa-Silbe. Außerdem werden Bilder für zweisilbige,

dreimoraische Wörter bereitgelegt (z.B. „Apfel“), und Bilder für einsilbige Wörter

(z.B. „Bett“). Auf der einen Hälfte der Bilder sind auch die Betonungen symbolisch

mit Hilfe der Kreise dargestellt, auf der anderen Hälfte finden sich lediglich die

Bilder. Dem Kind werden schließlich abwechselnd die Symbole für die unter-

schiedlichen Betonungsmuster gezeigt – das Kind soll dann ein zur Betonung pas-

197 vgl. Fischer 2006, S. 170-171 198 vgl. Fischer 2006, S. 174

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sendes Bild suchen. In einem nächsten Schritt wird dieselbe Übung mit jenen Bil-

dern durchgeführt, auf denen keine zusätzlichen Symbole abgebildet sind.199

Schließlich wird das Kind Schritt für Schritt zu längeren Wörtern mit mehreren Sil-

ben und verschiedenen Betonungen hingeführt. Im letzten Schritt dieser prosodi-

schen Therapie soll dem Kind geholfen werden, das Betonungsmuster von zusam-

mengesetzten Wörtern, den so genannten Komposita zu erkennen (vgl.4.2.2).

199 vgl. Fischer 2006, S. 176

63

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6. Forschungsteil

6.1 Hypothesen Bevor ich die Untersuchung, die ich für meine Laureatsarbeit durchgeführt habe, im

Detail beschreibe, lege ich meine Vermutungen zur Frage „Kann rhythmische För-

derung den Spracherwerb erleichtern?“ dar:

Zwischen der rhythmischen Begabung und der sprachlichen Begabung ei-

nes Kindes besteht ein Zusammenhang.

Dieser Zusammenhang sieht folgendermaßen aus:

Hohe Sprachkompetenz hohe rhythmische Begabung (und umgekehrt).

Besteht tatsächlich dieser angenommene Zusammenhang, so kann durch

die Förderung im rhythmischen Bereich indirekt die Sprachkompetenz eines

Kindes gefördert werden.

6.2 Beschreibung der Untersuchung

6.2.1 Beschreibung der Versuchsgruppe

Um für meine Forschung an Kinder im Vorschulalter „heranzukommen“, habe ich

mich an die Kindegartendirektion Brixen (Südtirol) gewendet und den Direktor ge-

beten, mir einen Kindergarten zuzuweisen, in dem ich mit eine Gruppe an Kindern

für eine Laureatsarbeit arbeiten kann. Dies ist dann auch problemlos geschehen:

Nach einem Vorstellungsgespräch mit der Leiterin des betreffenden Kindergartens

in Brixen (Rosslauf), und der Einwilligung der Eltern der betreffenden Kinder

konnte ich an mehreren Tagen meine Tests Vorort im Kindergarten durchführen.

Nach reichlicher Reflexion und Diskussion mit meinem Betreuer Prof. Comploi

habe ich beschlossen, jene Kinder zu testen, welche den Kindergarten im letzten

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Jahr besuchen. Dies hat zweierlei Gründe: Einerseits befinden sich so alle Kinder

etwa im gleichen Alter, wodurch in der Auswertung das Ziehen direkter Vergleiche

zwischen den einzelnen Kindern (aufgrund des mehr oder weniger gleichen Ent-

wicklungsstandes) durchaus geschehen kann. Andererseits zeigen sich bei Kindern

im letzten Kindergartenjahr die „Früchte“ der pädagogischen Förderung der letzten

zwei oder drei Jahre – ist ein Kind also etwa rhythmisch und sprachlich begabt, so

geht das mit großer Wahrscheinlichkeit unter anderem auf die sprachliche Förde-

rung der vergangenen Kindergartenzeit zurück. Im letzten Kindergartenjahr haben

die Kinder also (verglichen mit Drei- oder Vierjährigen) zeitlich am meisten päda-

gogische Förderung genossen.

Bevor ich mit den Untersuchungen für die Laureatsarbeit begann, führte ich die ge-

samte Untersuchung mit zwei mit bekannten Sechsjährigen durch. Dadurch gewann

ich Sicherheit im Umgang mit den Kindern in dieser auch für mich neuen Situation.

Als ich die positive Einwilligung eines Großteils der Eltern in der Hand hatte, blie-

ben im Kindergarten Rosslauf noch 15 zu untersuchende Kinder übrig. Das Ver-

hältnis zwischen Jungen (acht) und Mädchen (sieben) ist ziemlich ausgewogen:

Geschlecht Alter am Tag der

Erhebung

In der Auswer-

tung verwendete

Abkürzung

1. weiblich 6,09 Kw1 (= Kind

weiblich 1)

2. weiblich 6,08 Kw2

3. weiblich 5,60 Kw3

4. weiblich 6,02 Kw4

5. weiblich 5,78 Kw5

6. weiblich 6,02 Kw6

7. weiblich 6,11 Kw7

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8. männlich 6,29 Km1 (= Kind

männlich 1)

9. männlich 5,78 Km2

10. männlich 5,67 Km3

11. männlich 6,29 Km4

12. männlich 5,98 Km5

13. männlich 6,55 Km6

14. männlich 5,60 Km7

15. männlich 5,56 Km8

Durchschnittsalter Mädchen: 5,96

Durchschnittsalter Jungen: 5,97

Durchschnittsalter gesamt: 5,97

Die Untersuchung selbst zeichnete ich mit meiner Videokamera auf – erstens um

bei der Durchführung nicht mit Schreibereien beschäftigt zu sein, und zweitens um

die Auswertung zu erleichtern und genau ausführen zu können.

6.2.2 Untersuchungsmethode

Um den Zusammenhang zwischen rhythmischen und sprachlichen Fähigkeiten he-

rauszufinden, habe ich die Testgruppe (vgl. 6.3) einerseits einem rhythmischen, an-

dererseits einem sprachlichen Test unterzogen. Da es sich beim von mir gewählten

Thema wie bereits erwähnt um „unerforschtes Neuland“ handelt, habe ich den

rhythmischen Test in Zusammenarbeit mit Prof. Comploi selbst ausgearbeitet –

beim Sprachtest habe ich mich auf einen Teil des Beobachtungsbogens „Seldak.

Sprachentwicklung und Literacy bei deutschsprachig aufwachsenden Kindern“200

gestützt. In folgenden Abschnitten werde ich auf die beiden Tests näher eingehen:

6.2.2.1 Test zum Prüfen der rhythmischen Begabung bei Vorschulkindern

Der folgende Test ist das Produkt einiger Stunden Ideensammlung, Ausarbeitung

und Über-arbeitung. Am Ende dieses Prozesses steht dieser „Test zum Prüfen der

200 vgl. Ulich, M., Mayr, T. 2006

66

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rhythmischen Begabung bei Vorschulkindern“, der sich in insgesamt vier Bereiche

gliedert: „Beibehalten eines Metrums“, „Übungen, die das rhythmische Gefühl auf

der akustischen Ebene durch Vor- und Nachklatschen prüfen“, „Eine Übung, die

das Rhythmusgefühl in Zusammenhang mit Sprache prüft“ und „Tests, die Rhyth-

musgefühl und Bewegung in Zusammenhang bringen“. Diese vier Bereiche versu-

chen die rhythmische Begabung des einzelnen Kindes auf mehreren Wegen und mit

unterschiedlichen Methoden zu prüfen, um die Richtigkeit der Ergebnisse zu ga-

rantieren:

1. Beibehalten eines Metrums

Ziele: Als erstes wird überprüft, wie sicher die Kinder im Beibehalten eines vorge-

gebenen Metrums sind. Die Übung soll auch gleichzeitig eine Einstimmung auf die

kommenden Aufgaben sein.

Durchführung: Die Versuchsleiterin/ der Versuchsleiter (VL) gibt im Stehen fol-

genden Rhythmus mit den Klanggesten Stampfen und Klatschen vor ( = ca.100):

stampfen

stampfen

klatschen

stampfen stampfen

klatschen

stampfen

Ich möchte, dass das Kind, dem ich parallel in ca. 2 Meter Entfernung entgegen-

stehe, mit denselben Klanggesten in den Rhythmus mit einstimmt. Wir wiederholen

den Rhythmus so lange, bis das Kind meinen Einschätzungen nach einige Sicher-

heit darin hat. Dann beginne ich – immer weiter im Rhythmus stampfend und klat-

schend – ein Gespräch mit dem Kind zu führen. Ich beginne etwa mit: „Guten

Morgen. Wie geht’s dir heute?“ Ich stelle spontan verschiedene Fragen, wie zum

Beispiel „Hast du Geschwister?“, oder „Wie heißt deine Kindergärtnerin?“ Ich

spreche dabei in einem natürlichen Sprachtempo – rhythmisiere das Gesprochene

also nicht übertrieben, und passe es auch nicht dem Rhythmus, den wir stampfen

und klatschen an. Ich überprüfe, inwieweit das Kind auch dazu im Stande ist.

67

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2. Übungen, die das rhythmische Gefühl auf der akustischen Ebene durch

Vor- und Nachklatschen prüfen

Ziele: Bei den folgenden Aufgaben soll das Kind verschiedene Rhythmen, die die/

der VL vorklatscht, nachklatschen. Dabei werden wichtige Versfüße, die im natür-

lichen Sprachgebrauch verwendet werden, mit einbezogen. Es wird überprüft, ob

das Kind den Rhythmus versteht, ihn sich merkt und ihn richtig wiedergeben kann.

Außerdem wird darauf geachtet, ob das Kind das vorgegebene Tempo einhält und

ob es die Betonungen umsetzt.

Durchführung: Die Übungen sind von leicht nach schwierig geordnet. Ich werde

dem Kind den betreffenden Rhythmus einmal vorklatschen ( = ca. 100), und das

Kind wird ihn dann sogleich nachklatschen. Dazu gebe ich ihm einen Einsatz im

richtigen Tempo durch ein Handzeichen und durch lautes Einatmen. Jedes Kind

bekommt drei „Chancen“, d.h. klatscht ein Kind einen Rhythmus falsch nach, so

klatsche ich ihn nochmals bis zu drei Mal vor. Ist das Kind dann noch nicht im

Stande, den Rhythmus korrekt nachzuklatschen, so gehen wird zum nächsten

Rhythmus über.

� �

2.1 Diesen Rhythmus klatsche ich in drei verschiedenen Zeitmaßen vor: langsam, mit-

tel und schnell.

� U

2.2 (2/4 Takt)

Hier liegt der Akzent auf der ersten Note (= Trochäus).

U �

2.3 (2/4 Takt)

Bei dieser Übung betone ich die zweite Note (= Jambus).

68

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U U � U U �

2.4 (2/4 Takt)

Auf zwei unbetonten Achteln liegt der Akzent hier auf der Viertelnote (= Anapäst).

Die letzte Viertelnote ist als „Zielnote“ zu verstehen.

� U U � U U

2.5 (2/4 Takt)

Die Betonung liegt bei dieser Übung auf der Viertelnote, auf die zwei unbetonte

Achtelnoten folgen (= Daktylus). Die letzte Viertelnote ist wiederum als „Zielnote“

zu verstehen.

� U � U U � U � U U

2.6 (4/4 Takt

In diesem 4/4 Takt liegt der Akzent auf dem 1. und dem 3. Schlag.

� U U � � U U �

(4/4 Takt) 2.7

Beim letzten Rhythmus, den ich dem Kind vorklatsche, kommt erstmals eine Syn-

kope vor. Die Akzente liegen auf dem 1. und auf dem 3. Schlag. Um die Pause auf

der 4 deutlich zu machen, öffne ich die Hände im Rhythmus weit.

3. Eine Übung, die das Rhythmusgefühl in Zusammenhang mit Sprache

prüft

Ziele: In diesem Teil soll herausgefunden werden, inwieweit das Kind im Stande

ist, einen vorgesprochenen Vers im selben Rhythmus nachzusprechen, und in ei-

69

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nem zweiten Schritt selbst mitzuklatschen. Zudem wird überprüft, ob das Kind mit

der/ dem VL in einem bestimmten Rhythmus mitklatschen kann.

Durchführung: Ich spreche zuerst nur einen Teil des Verses vor, und in einem

zweiten Schritt den zweiten Teil, damit sich die Kinder den gesamten Vers leichter

merken können.

Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sie - ben

wo bist du so lang ge – blie – ben?

Bei dem Schuh – ster – tick, tick, tick,

Der hat mir mein Schuh ge - flickt201

Ich achte darauf, wie das Kind das Nachgesprochene rhythmisiert. Sobald das Kind

den gesamten Auszählreim beherrscht, fordere ich es auf beim Sprechen mitzuklat-

schen.

Dann spreche ich den Vers mit dem Kind nochmals gemeinsam, und klatsche im

Metrum mit (rhythmisiere also beim Sprechen in Achtelnoten, klatsche aber die

Viertelnoten mit) – bei „tick, tick, tick“ und bei „Schuh geflickt“ klatsche ich Ach-

telnoten mit. Ich schaue, ob das Kind im Stande ist mit mir mitzusprechen- und zu

klatschen.

4. Rhythmusgefühl in Zusammenhang mit Bewegung

Ziel: Hier wird untersucht, inwieweit das Kind den vorher gelernten Vers mit Be-

wegungen auf grobmotorischer Ebene begleiten kann. Zudem wird überprüft, ob

das Kind im Metrum marschieren kann, und mit dem/ der VL einen anderen

Rhythmus klatschen und patschen kann.

201 http://www.vaterglueck.de/auszaehlreime.php

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Durchführung: Ich fordere das Kind nun auf aufzustehen, und den Vers (vgl. Punkt

3) zu sprechen, und dazu (evtl. auch auf dem Stand) zu marschieren. Ich sage zum

Kind bewusst nicht „im Rhythmus“, weil ich herausfinden will, ob das Kind von

sich aus im Rhythmus dazu geht (bzw. gehen kann). Ich denke, das Wort „mar-

schieren“ beinhaltet bereits ein regelmäßiges Bewegen. Außerdem kann ich so die

Schritte der Kinder klar erkennen.

In einem zweiten Schritt stelle ich mit in einiger Entfernung parallel zum Kind, und

klatsche bzw. patsche folgenden Rhythmus mit. Ich fordere das Kind auf, dieselben

Klanggesten mit mir mitzumachen:

klatschen Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sie - ben

patschen wo bist du so lang ge – blie – ben?

klatschen Bei dem Schu – ster – tick, tick, tick,

patschen Der hat mir mein Schuh ge - flickt

Bei den Aufgaben Nr. 2 und Nr. 4. ist unbedingt zu erwähnen, dass die Übungen

bewusst so gestellt sind, dass ein Kindergartenkind nahezu unmöglich die maxi-

male Punkteanzahl erreichen kann: Durch den ansteigenden Schwierigkeitsgrad

kann genau beobachtet werden, wie weit ein Kind einer bestimmten Aufgabe ge-

wachsen ist.

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6.2.2.2 Sprachlicher Test zum Prüfen der phonologischen Fertigkeiten bei

Vorschulkindern (entnommen aus „Seldak“202)

Um die rhythmischen- mit den sprachlichen Fähigkeiten ein jedes Kindes verglei-

chen zu können, habe ich nach einem geeigneten Sprachtest für Vorschulkinder ge-

sucht, in dem die einzelnen Teilaspekte von Sprache (z.B. Sprachverständnis,

Wortschatz, Grammatik) differenziert getestet werden können: Für meinen For-

schungsteil erschien mir nämlich besonders ein solcher Teilaspekt als relevant –

nämlich jener, der sich mit dem Sprach- und Sprachrhythmus, mit der Fähigkeit

Gedichte zu erfassen und zu reimen befasst.

Bei „Seldak“ ist genau das der Fall: Mit Hilfe des Beobachtungsbogens, der für

deutschsprachig aufwachsende Kinder im Alter zwischen vier und sechs Jahren

konzipiert ist, können folgende neun sprachlichen Aspekte beobachtet und fest-

gehalten werden:203

- Motivation und Interesse an sprachlichen Aktivitäten

- Literacy

- Sprachverständnis, aktives Zuhören, Sinnverstehen

- Sprachpragmatik

- Phonologie

- Wortschatz

- Grammatik

- Dialekt, Sprechweise

- Nachsprechen von Sätzen

Im Begleitheft von Seldak wird ausdrücklich betont, dass entweder der gesamte

Beobachtungsbogen, oder einzelne, für die Situation relevante Teilaspekte daraus

bearbeitet werden können.204 Für den Forschungsteil meiner Laureatsarbeit habe

ich die sprachlichen Kompetenzen der Kinder im Teil „Phonologie“ getestet und

ausgewertet.

202 vgl. Ulich, M., Mayr, T. 2006 203 vgl. Ulich, M., Mayr, T. 2006 204 vgl. Ulich, M., Mayr, T. 2006, S. 2 (Begleitheft)

72

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Der Bogen sollte zudem „[…] von pädagogischen Bezugspersonen bearbeitet wer-

den, die das Kind gut kennen“205. Aus diesem Grund habe ich mich dafür entschie-

den, den für die Forschung relevanten Teilaspekt des Bogens von den Kindergärt-

nerinnen der betreffenden Kinder ausfüllen zu lassen, da diese die Kinder besser

kennen und genauer einschätzen können als ich.

In „Seldak“ werden im Bereich „Phonologie“ nicht „eng umschriebene phonologi-

sche Fertigkeiten formuliert“206 – es geht vielmehr um einen breiteren Zugang zu

diesem Bereich, in dem beispielsweise auch Spaß und Freude am Reimen ange-

sprochen werden: Kinder können schon in frühester Kindheit im Bereich Phonolo-

gie mit Liedern, Fingerspielen, Reimen, Gedichten, Spielen, Nonsensreimen, Wit-

zen, Sprichwörtern, usw. gefördert und sensibilisiert werden. Die Fähigkeit, genau

hinzuhören und Gemeinsamkeiten und Unterschiede gewisser Laute zu erkennen,

nimmt dadurch zu. Außerdem dichten Kinder gerne selbst – was unter anderem als

Vorbeugung von Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten im Schulalter wirken

kann. Im Abschnitt „Phonologie“ wird einerseits die Freude des Kindes an Sprach-

spielen festgehalten, andererseits kann die Merkfähigkeit von Gedichten und die

Phantasie beim selbstständigen Dichten untersucht werden:207

205 Ulich, M., Mayr, T. 2006, S. 2 (Begleitheft) 206 Ulich, M., Mayr, T. 2006, S.9 207 vgl. Ulich, M., Mayr, T. 2006, S. 9-10 (Begleitheft)

73

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Abb. 18 Ausschnitt aus dem Beobachtungsbogen “Seldak”

6.3 Ergebnisse

6.3.1 Auswertung des rhythmischen Tests

Für die Auswertung des rhythmischen Tests habe ich folgende Einteilungen ge-

wählt:

1. Beibehalten eines Metrums

1 = das Kind kann das Metrum nicht halten

2 = das Kind kann das Metrum teilweise halten

3 = das Kind kann das Metrum halten

2. Übungen, die das rhythmische Gefühl auf der akustischen Ebene durch Vor-

und Nachklatschen prüfen

1 = das Kind kann keinen Rhythmus fehlerfrei nachklatschen

2 = das Kind kann nur Rhythmus 2.1 fehlerfrei nachklatschen

3 = das Kind kann alle Rhythmen bis einschließlich 2.2 fehlerfrei nachklatschen

4 = das Kind kann alle Rhythmen bis einschließlich 2.3 fehlerfrei nachklatschen

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5 = das Kind kann alle Rhythmen bis einschließlich 2.4 fehlerfrei nachklatschen

6 = das Kind kann alle Rhythmen bis einschließlich 2.5 fehlerfrei nachklatschen

7 = das Kind kann alle Rhythmen bis einschließlich 2.6 fehlerfrei nachklatschen

3. Eine Übung, die das Rhythmusgefühl in Zusammenhang mit Sprache prüft

A)

1 = das Kind kann den Vers nicht im selben Rhythmus nachsprechen

2 = das Kind kann den Vers nicht auf Anhieb im selben Rhythmus nachsprechen

3 = das Kind kann den Vers auf Anhieb im selben Rhythmus nachsprechen

B)

1 = das Kind kann beim Sprechen des Verses nicht im Rhythmus mitklatschen

2 = das Kind kann beim Sprechen des Verses im Rhythmus mitklatschen

C)

1 = das Kind kann beim Sprechen des Verses nicht in dem von mir vorgegebenen

Rhythmus mitklatschen

2 = das Kind kann beim Sprechen des Verses teilweise in dem von mir

vorgegebenen Rhythmus mitklatschen

3 = das Kind kann beim Sprechen des Verses in dem von mir vorgegebenen

Rhythmus mitklatschen

4. Rhythmusgefühl in Zusammenhang mit Bewegung

A)

1 = das Kind kann beim Sprechen des Verses nicht im Rhythmus marschieren

2 = das Kind kann beim Sprechen des Verses im Rhythmus marschieren

B)

1 = das Kind kann beim Sprechen des Verses nicht die vom VL vorgemachten

Klanggesten mitmachen

75

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2 = das Kind kann beim Sprechen des Verses teilweise die vom VL vorgemachten

Klanggesten mitmachen

3 = das Kind kann beim Sprechen des Verses die vom VL vorgemachten

Klanggesten mitmachen

Bei der Auswertung zähle ich bei jedem Kind wiederum die angekreuzten Antwor-

ten zusammen, und komme so zu einem Zahlenergebnis. Das Minimum an er-

reichten Punkten liegt bei 7, das Maximum bei 26. Da ich selbst diesen Test ausge-

arbeitet habe und er im Rahmen dieser Laureatsarbeit zum ersten Mal angewandt

wurde, können die folgenden Ergebnisse selbstverständlich nicht mit Normwerten

verglichen werden:

Abkürzung

Versuchs-

person

1. 2. 3.A) 3.B)

Kw1 2 6 3 2

Kw2 2 5 2 2

Kw3 2 4 3 2

Kw4 2 3 2 1

Kw5 2 4 1 2

Kw6 2 4 3 2

Kw7 2 4 3 2

Km1 2 5 1 2

Km2 2 6 3 2

Km3 2 4 2 2

Km4 2 6 2 2

Km5 2 3 1 1

Km6 2 5 2 2

Km7 2 5 2 2

Km8 2 5 3 2

76

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Abkürzung

Versuchs-

person

3.C) 4.A) 4.B) Punkte

gesamt

Kw1 2 2 2 19

Kw2 3 2 2 18

Kw3 2 2 2 17

Kw4 3 2 2 16

Kw5 3 2 1 15

Kw6 3 2 2 16

Kw7 2 2 1 16

Km1 2 2 1 15

Km2 2 2 2 19

Km3 1 2 1 14

Km4 2 2 2 18

Km5 1 1 2 11

Km6 2 2 2 17

Km7 2 2 1 15

Km8 2 2 3 19

Hier jeweils eine graphische Darstellung der erreichten Punkte beim rhythmischen

Test:

Aufgabe 1.:

0

15

00

2

4

6

8

10

12

14

1 Punkt 2 Punkte 3 Punkteerreichte Punkte

Anz

ahl d

er K

inde

r

Abb. 19 Beibehalten eines Metrums

77

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Aufgabe 2.:

0 0

2

5 5

3

00

2

4

6

8

10

12

14

1 Punkt 2 Punkte 3 Punkte 4 Punkte 5 Punkte 6 Punkte 7 Punkteerreichte Punkte

Anz

ahl d

er K

inde

r

Abb. 20 Vor- und Nachklatschen

Aufgabe 3.A):

3

6 6

0

2

4

6

8

10

12

14

1 Punkt 2 Punkte 3 Punkteerreichte Punkte

Anz

ahl d

er K

inde

r

Abb. 21 Rhythmus und Sprache A)

Aufgabe 3.B):

78

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2

13

0

2

4

6

8

10

12

14

1 Punkt 2 Punkteerreichte Punkte

Anz

ahl d

er K

inde

r

Abb. 22 Rhythmus und Sprache B)

Aufgabe 3.C):

2

9

4

0

2

4

6

8

10

12

14

1 Punkt 2 Punkte 3 Punkteerreichte Punkte

Anz

ahl d

er K

inde

r

Abb. 23 Rhythmus und Sprache C)

Aufgabe 4.A):

79

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1

14

0

2

4

6

8

10

12

14

1 Punkt 2 Punkteerreichte Punkte

Anz

ahl d

er K

inde

r

Abb. 24 Rhythmus und Bewegung A)

Aufgabe 4.B):

5

9

1

0

2

4

6

8

10

12

14

1 Punkt 2 Punkte 3 Punkteerreichte Punkte

Anz

ahl d

er K

inde

r

Abb. 25 Rhythmus und Bewegung B)

80

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In folgender Graphik wird veranschaulicht, wie sich die prozentuelle Verteilung der Kin-

der betreffend der erreichten Punktezahl gestaltet:

7%

7%

20%

20%13%

13%

20%

11 Punkte14 Punkte15 Punkte16 Punkte17 Punkte18 Punkte19 Punkte

Abb. 26 Prozentuelle Verteilung der erreichten Punkte

Es gab kein Kind, das weniger als 11 Punkte, oder mehr als 19 Punkte erreichte: Die

Verteilung innerhalb dieser beiden Rahmen gestaltet sich mehr oder weniger ausgegli-

chen. Allerdings erreichte ein Kind „nur“ 11 Punkte, alle anderen Kinder schnitten beim

rhythmischen Test mit mindestens 14 Punkten ab. Ein Kind erreichte 14, jeweils drei

Kinder 15, 16 und 19 Punkte – und jeweils zwei Kinder 17 und 18 Punkte.

Differenziert man zwischen Jungen und Mädchen, so verteilen sich die erreichten Punkte

folgendermaßen:

81

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14%

44%14%

14%

14%

15 Punkte16 Punkte17 Punkte18 Punkte19 Punkte

Abb. 27 Prozentuelle Verteilung der erreichten Punkte (Mädchen)

13%

13%

24%

13%

13%

24%

11 Punkte14 Punkte15 Punkte17 Punkte18 Punkte19 Punkte

Abb. 28 Prozentuelle Verteilung der erreichten Punkte (Jungen)

Auffallend ist, dass sich die Punktezahl der Mädchen eher im „Mittelfeld“ befindet – und

zwar zwischen 15 und 19 Punkten: Drei der getesteten Mädchen haben 16 Punkte, und

jeweils eines hat 17, 18 und 19 Punkte erreicht.

Bei den Jungen hingegen ins das Verhältnis der Aufteilung ziemlich ausgewogen: Ein

Junge hat 11 Punkte erreicht, ein weiterer 14, zwei Jungen 15, einer 17, einer 18 und

zwei der getesteten Jungen haben mit 19 Punkte erreichten Punkten abgeschlossen.

82

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6.3.2 Auswertung des Teilabschnittes aus „Seldak“208

Für die Auswertung von „Seldak“ muss zunächst von jedem Bereich (in diesem

Fall nur vom ausgefüllten Bereich „Phonologie“) der Summenwert gebildet wer-

den, das heißt die Zahlen der angekreuzten Fragen werden einfach zusammenge-

zählt. Voraussetzung dafür ist, dass alle Fragen eines Bereichs beantwortet wurden

– was bei dieser Forschung auch der Fall war.

In einem zweiten Schritt werden diese Summenwerte mit den im Beobachtungsheft

angeführten Normwerten – die dem Alter des Kindes am nächsten kommen – ver-

glichen. Außerdem gibt es für jeden Sprachbereich sechs „Gruppen“ mit den ent-

sprechenden prozentuellen Verteilungen, wobei „Gruppe 1“ für äußerst positive

Kompetenzen in einem bestimmten Bereich steht, „Gruppe 6“ hingegen für eine

problematische Situation. Um von den Summenwerten zu den Normwerten zu ge-

langen, werden die Kinder – das Alter berücksichtigend – in mit Hilfe einer Ta-

belle209 Normgruppen eingeteilt.

Folgender Übersicht sind die Ergebnisse des Teilabschnittes „Phonologie“ der 15

getesteten Kinder zu entnehmen:

Abkürzung

Veruchsperson

Erreichter

Summenwert

Vergleichsnorm

Kw1 29 Gruppe 2

Kw2 26 Gruppe 3

Kw3 27 Gruppe 3

Kw4 25 Gruppe 4

Kw5 25 Gruppe 4

Kw6 26 Gruppe 3

Kw7 24 Gruppe 4

Km1 24 Gruppe 4

Km2 26 Gruppe 3

208 vgl. Ulich, M., Mayr, T. 2006 209 vgl. Ulich, M., Mayr, T. 2006, S. 27 (Beobachtungsbogen)

83

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Km3 22 Gruppe 5

Km4 25 Gruppe 3

Km5 23 Gruppe 4

Km6 25 Gruppe 3

Km7 23 Gruppe 4

Km8 25 Gruppe 3

Von den Mädchen können folglich eines in Gruppe 2, drei in Gruppe 3 und drei in

Gruppe 4 eingestuft werden. Von den Jungen fallen vier in Gruppe 3, drei in

Gruppe vier und einer in Gruppe fünf. Das ergibt folgenden Prozentsatz:

46%

7%7%

40%Gruppe 2Gruppe 3Gruppe 4Gruppe 5

Abb. 29 Prozentuelle Verteilung der Gruppen

84

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43%

43%

14%

Gruppe 2Gruppe 3Gruppe 4

Abb. 30 Prozentuelle Verteilung der Gruppen (Mädchen)

13%

38%

Gruppe 3Gruppe 4

49%

Gruppe 5

Abb. 31 Prozentuelle Verteilung der Gruppen (Jungen)

uffallend ist, dass die weiblichen Versuchspersonen im Sprachtest deutlich besser

A

abschneiden als die gleichaltrigen männlichen Versuchspersonen – und das obwohl

in den Normwerten von „Seldak“ der sprachliche Entwicklungsvorsprung der Mäd-

chen berücksichtigt wird210

210 vgl. Ulich, M., Mayr, T. 2006 (Begleitheft), S.21

85

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6.3.3 Vergleich der Ergebnisse des rhythmischen- und des sprachlichen Tests

er Übersicht die Ergebnisse der einzelnen Kin-

Abkürzung Ver- Ergebnis

er Test

Ergebnis des

s aus

Nun komme ich schließlich zur eigentlichen Fragestellung, nämlich ob zwischen

den rhythmischen und den sprachlichen Begabungen eines Kindes ein Zusammen-

hang besteht – was ich ja annehme.

Dazu vergleiche ich zunächst in ein

der im rhythmischen- und im Sprachtest:

suchsperson rhythmisch Teilabschnitte

„Seldak“

Kw1 19 Punkte Gruppe 2

Kw2 18 Punkte Gruppe 3

Kw3 17 Punkte Gruppe 3

Kw4 16 Punkte Gruppe 4

Kw5 15 Punkte Gruppe 4

Kw6 16 Punkte Gruppe 3

Kw7 16 Punkte Gruppe 4

Km1 15 Punkte Gruppe 4

Km2 19 Punkte Gruppe 3

Km3 14 Punkte Gruppe 5

Km4 18 Punkte Gruppe 3

Km5 11 Punkte Gruppe 4

Km6 17 Punkte Gruppe 3

Km7 15 Punkte Gruppe 4

Km8 19 Punkte Gruppe 3

e einigen Versuchspersonen ist ein deutlicher Zusammenhang zwischen den Er-B

gebnissen der beiden Tests zu erkennen:

86

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Die Versuchsperson „Kw1“ hat sowohl beim rhythmischen, als auch beim sprachli-

chen Test mit hohen Punkteanzahlen abgeschnitten (19 Punkte; Gruppe 2). Auch

die zweite Versuchsperson, Kw2, liegt sowohl beim rhythmischen, als auch beim

sprachlichen Test deutlich im oberen Bereich (18 Punkte; Gruppe 3). Die folgenden

weiblichen Versuchspersonen (Kw3, Kw4, Kw5, Kw6, Kw7) haben mit 17-, 16-,

15-, 16- und 16 Punkten beim rhythmischen Test abgeschlossen, und liegen somit

im Mittelfeld der erzielten Ergebnisse. Das ist bei diesen Vorschulkindern auch

beim sprachlichen Test der Fall: Dort sind sie in den Gruppen 3, 4, 4, 3, 4 anzusie-

deln.

Auch bei den männlichen Versuchspersonen zeigen sich in den Ergebnissen deutli-

che Zusammenhänge: Der erste Junge (Km1) ist mit 15 erreichten Punkten im

rhythmischen Test beim sprachlichen Test in Gruppe 4 einzuordnen. Km1 liegt

beim rhythmischen Test mit 19 Punkten an der Spitze der Testgruppe – beim

sprachlichen Test befindet er sich in Gruppe 3, ist also im „oberen“ Bereich. Km3

und Km4 schnitten mit 14 und 18 Punkten ab und werden in die Gruppen 5 und 3

eingeordnet. Die Versuchsperson Km5, die beim rhythmischen Test am wenigsten

Punkte erreichte, nämlich 11, kann beim sprachlichen Test in Gruppe 4 eingeordnet

werden. Km6, Km7 und Km8 erreichten 17-, 15- und19 Punkte, und werden in die

Gruppen 3, 4 und 3 eingeordnet.

Sowohl bei den Mädchen, als auch bei den Jungen sind also deutliche Zusammen-

hänge zwischen den Ergebnissen der beiden Tests zu erkennen.

Wollen wir die Ergebnisse nun systematisch unter die Lupe nehmen. Ich liste nun

jeweils eine erreichte Punkteanzahl auf, und führe daneben die dazugehörige(n)

Gruppe(n) und die Häufigkeit an:

11 Punkte Gruppe 4 (1Mal)

14 Punkte Gruppe 5 (1 Mal)

15 Punkte Gruppe 4 (3 Mal)

16 Punkte Gruppe 3 (1 Mal), Gruppe 4 (2 Mal)

17 Punkte Gruppe 3 (2 Mal)

18 Punkte Gruppe 3 (2 Mal)

87

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19 Punkte Gruppe 2 (1 Mal), Gruppe 2 (2 Mal)

Aus dieser Liste ist ein Zusammenhang zwischen dem Abschneiden beim rhythmi-

schen und beim Sprachtest deutlich erkennbar – wenn sich auch einige geringe

Abweichungen zeigen. Tendenziell kann gesagt werden:

Niedrige Punktezahl beim rhythmischen Test Einstufung in eine höhere Gruppe

beim sprachlichen Test

oder anders ausgedrückt:

Gutes Abschneiden beim rhythmischen Test Gutes Abschneiden beim sprachli-

chen Test

und umgekehrt.

Die Hypothese, dass ein Zusammenhang zwischen rhythmischen und den sprachli-

chen Begabungen eines Kindes gibt, hat sich auf Grund der Forschung bestätigt: Ist

ein Kind rhythmisch begabt, so kann tendenziell angenommen werden, dass es auch

im prosodischen Bereich der Sprache keine Probleme aufweist. Umgekehrt, wenn

ein Kind im Umgang mit der Prosodie keine Probleme hat, wird es wahrscheinlich

auch keine rhythmischen Probleme aufweisen.

Dieser Zusammenhang trifft auf Jungen, als auch auf Mädchen zu – es lassen sich

also keine geschlechtsspezifischen Unterschiede diesbezüglich erkennen, obwohl

die männliche Versuchsgruppe beim sprachlichen Test etwas schlechter als die

weibliche Vergleichsgruppe abgeschnitten hat. Beim rhythmischen Test befanden

sich die Mädchen eher im Mittelfeld der gesamten erzielten Ergebnisse; die Jungen

schnitten hingegen sowohl äußerst gut, als auch äußerst schlecht ab.

Durch die Bestätigung der ersten Hypothese, nämlich dass rhythmische begabte

Kinder auch sprachlich begabt sind, schließe ich nun, dass Sprachentwicklung

durch rhythmische Aktivitäten gefördert werden kann (vgl. 6.1): Weist ein Kind in

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seiner Sprachentwicklung Rückstände auf, so müsste die Förderung der rhythmi-

schen Komponente (laut meiner Hypothese) auch in der Sprachentwicklung zu po-

sitiven Ergebnissen führen. Dieser Punkt müsste allerdings in einer erweiterten

Untersuchung untersucht geprüft werden (vgl. 7.2).

89

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7. Einordnung der Ergebnisse in den Stand des Wissens Da, wie schon erwähnt, noch keine Untersuchungen dieser Art mit Kindern durch-

geführt wurden, gibt es keine direkten Vergleichswerte für die gewonnenen Ergeb-

nisse: Dass Musik allgemein zur Sprachförderung eingesetzt werden kann und soll

ist bekannt - dass aber die Förderung des rein rhythmischen Aspekts von Musik zur

Förderung der Sprachentwicklung beitragen kann, ist neu.

Ich werde nun einige Ideen der gewonnen Ergebnisse für die Einbindung in die Be-

rufliche Praxis erläutern:

7.1 Einbindung in die berufliche Praxis Es besteht ein Zusammenhang zwischen den rhythmischen- und den sprachlichen

Fähigkeiten eines Kindes (vgl. 6.4.3), nämlich

Große Sicherheit im der Sprache Große Sicherheit im Rhythmus

bzw.

Geringe Sicherheit im der Sprache Geringe Sicherheit im Rhythmus

Diese Erkenntnisse eröffnen ein breites Spektrum an pädagogischen Anknüpfungs-

punkten. Dabei geht es darum, die rhythmischen Fähigkeiten eines Kindes zu so-

weit zu stärken, dass sie sich positiv auf die Sprachkompetenz auswirken. Hier ei-

nige praktischen Ideen zur Förderung eben dieses Aspekts, die im Kindergarten, als

auch in den ersten Grundschuljahren umgesetzt werden können. Die wichtigste

Voraussetzung für das Umsetzen dieser Übungen ist es, den Kindern etwas zuzu-

trauen und Geduld zu haben: Kein Kind entwickelt sich von heute auf morgen zum

„Rhythmusgenie“ – Zeit und Zuversicht von Seiten des Erwachsenen zählt also zu

den Grundvoraussetzungen zum Gelingen dieser Übungen. Zudem möchte ich be-

tonen, dass die folgenden Ideen nur ansatzweise ausgeführt werden, und dass sie

von den pädagogischen Fachkräften im Kindergarten leicht abgeändert und erwei-

tert werden können.

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Förderung der rhythmischen Fähigkeiten beim Erlernen von Liedern

Um den rhythmischen Aspekt beim Erlernen von neuen Liedern zu unterstreichen,

sollte die pädagogische Fachkraft beim Einlernen einem gezielten Ablauf folgen,

der die Kinder für das rein Rhythmische sensibilisiert. Dabei kann sie:

- den Liedtext zuerst im Rhythmus vorsprechen, und das Metrum dazu klat-

schen/ patschen

- den Liedtext im Rhythmus vorsprechen, und im Rhythmus der Melodie klat-

schen/ patschen

- das Lied vorsingen, und das Metrum dazu klatschen/ patschen

- das Lied vorsingen, und im Rhythmus der Melodie klatschen/ patschen

Die Kinder machen jeden Schritt nach und nach mit. Jedes einzelne Kind ist bei

diesen Übungen unglaublich gefordert – das Sprechen/ Singen in einem vorgegebe-

nen Rhythmus und das Begleiten mit Klanggesten (klatschen/patschen) im Metrum

erfordert Konzentration und Übung.

Das Rhythmusgefühl und die –sicherheit werden durch diese nicht ganz leichten

Übungen meiner Ansicht nach zweifellos gestärkt. Allerdings müssen die Übungen

auch konsequent und regelmäßig durchgeführt werden, am besten beim Einlernen

jedes neuen Liedes, bzw. als Wiederholung bei bereits bekannten Liedern.

Förderung der rhythmischen Fähigkeiten beim Begleiten von Liedern durch

Klanggesten oder Rhythmusinstrumente

Die pädagogische Fachkraft kann sich zu jedem eingelernten Lied eine passende

rhythmische Begleitung überlegen. Ziel ist es nicht, ein Lied durch komplizierte

Rhythmen zu begleiten, sondern den Kindern einfache Rhythmen einzulernen, die

sie auch möglichst fehlerfrei umsetzen können.

Zunächst kann die Gruppe beispielsweise lediglich das Metrum eines Liedes durch

Klanggesten oder Rhythmusinstrumente mitklatschen/-patschen. Zum Spielen des

Metrums eignen sich Rhythmusinstrumente mit einem tiefen Klang, wie zum Bei-

spiel die afrikanische Djembe oder die Pauke. Selbstverständlich muss den Kindern

vor Gebrauch der einzelnen Instrumente der richtige, sorgfältige Umgang damit

beigebracht werden. In einem zweiten Schritt kann ein teil der Gruppe einen leicht

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abgewandelten Rhythmus (der aber zum Lied passen muss) spielen, beispielsweise

Viertelnote – zwei Achtelnoten – Viertelnote – zwei Achtelnoten – usw. Der Rest

der Gruppe spielt dabei durchgehend das Metrum. Diese Übung kann zuerst nur mit

den Instrumenten/ den Klanggesten durchgeführt werden, um etwas an Schwierig-

keit abzunehmen.

Die pädagogische Fachkraft ist vor allem dadurch gefordert das Tempo zu halten,

d.h. darauf zu achten, dass die Gruppe nicht immer schneller und schneller spielt.

Mit der Zeit und mit zunehmender Sicherheit der Kinder können die Rhythmen

schwieriger werden, und die Gruppe kann auch mal dreigeteilt werden.

Förderung der rhythmischen Fähigkeiten durch Vor- und Nachklatschen

Das Rhythmusgefühl der Kinder kann unter anderem durch Vor- und Nachklat-

schen einfacher bis schwieriger Rhythmen positiv beeinflusst werden (vgl. 6.3.1.1).

Im Kindergarten kann die Erzieherin beispielsweise im Morgenkreis erfundene

Rhythmen vorklatschen, und von einzelnen Kindern nachklatschen lassen. In einer

solchen Situation, in der alle Kinder anwesend sind, spornen sich die Kinder gegen-

seitig an. Die Erzieherin kann die Kinder bei schwierigen Rhythmen zur Aufmerk-

samkeit motivieren, indem sie beispielsweise sagt: „Ich klatsche nun einen beson-

ders schwierigen Rhythmus vor. Ich bin gespannt, ob es hier ein Kind gibt, das sich

den Rhythmus merken und richtig nachklatschen kann…!“

Ich bin überzeugt, dass das regelmäßige Praktizieren von Vor- und Nachklatschen

(d.h. mindestens einmal pro Woche) zu positiven Ergebnissen bei den Kindern

führt.

Förderung der rhythmischen Fähigkeiten durch Tanz und Bewegung

Tanz und Bewegung führen dazu, dass das Kind einen bestimmten Rhythmus mit

dem ganzen Körper wahrnimmt und ausdrücken kann. Die pädagogische Fachkraft

kann mit den Kindern dazu einfache Tänze einlernen. Für den Kindergarten eignen

sich Kreistänze besonders gut, da der Blickkontakt zur Erzieherin durch die Anord-

nung im Kreis immer vorhanden ist.

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Beim Turnen im Kindergarten können den Kindern beispielsweise verschiedene

Tempi näher gebracht werden, indem die Kinder langsam gehen, etwas schneller

gehen und laufen. Die Kindergärtnerin sollte die Kinder dabei auf die unterschied-

lichen Klänge der Schrittfolgen aufmerksam machen. Zudem können in der Turn-

stunde von Kleingruppen unterschiedliche Bewegungen/ Geräusche durchgeführt

werden, zum Beispiel eine Gruppe stampft im Metrum auf den Boden, eine andere

Gruppe „trippelt“ die Achtelnoten dazu, und eine dritte Gruppe bewegt sich auf al-

len Vieren voran, und „spielt“ die Sechzehntelnoten. Um den Kindern das Ganze

schmackhaft zu machen, kann die Erzieherin die Übung in ein Spiel verpacken,

etwa in dem sich eine Kleingruppe in Gorillas, die nächste in Zebras und die dritte

Kleingruppe in Spinnen verwandelt.

Förderung der Sensibilisierung für den Lebensrhythmus

Um den Rhythmus richtig zu spüren, sollte der Tagesablauf im Kindergarten be-

wusst nach bestimmten, für das Kind klar erkennbaren, rhythmischen Einheiten ge-

gliedert sein, zum Beispiel: Nach der Spielzeit trifft sich die Gruppe immer im

Stuhlkreis, dann gibt es einen Spaziergang, nach dem Mittagessen schließlich eine

zweite Spielzeit, und dann werden die Kinder abgeholt. Das Kind lernt so, dass der

Tag nach einer gewissen, immer wiederkehrenden Ordnung gegliedert ist, und ge-

winnt so an Sicherheit und Vertrauen.

Außerdem sollte die Erzieherin die Kinder auf immer wieder kehrende Elemente im

Leben bzw. in der Natur aufmerksam machen, zum Beispiel Tage, Wochen, Mo-

nate, Jahreszeiten, Jahre. Außerdem gibt es in jedem Jahr Feste, die immer wieder

aufs Neue gefeiert werden, so etwa Weihnachten, Geburtstage, Ostern, St. Martin,

usw. Im Gespräch sollen die Kinder selbst solche immer wieder kehrenden, also

rhythmischen Elemente finden. Ziel ist es den Kindern klar zu machen, dass nicht

nur wir selbst Rhythmus (auf Instrumenten, mit dem Körper, …) produzieren kön-

nen, sondern dass es einen „höheren“ Rhythmus gibt, in den wir Menschen alle

eingebunden sind.

93

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Jede pädagogische Fachkraft ist natürlich darin gefordert, weitere Übungen in

kindgerechter Art zu erfinden, die das Rhythmusgefühl und das Rhythmusbewusst-

sein im Kind fördern. Denn wie die Untersuchung zeigt, gehen Rhythmusgefühl

und Sprachkompetenz Hand in Hand – ein gutes Gefühl für den Rhythmus kann

also die Sprachentwicklung positiv beeinflussen.

7.2 Erweiterungs- und Ergänzungsmöglichkeiten In meiner Untersuchung habe ich die sprachlichen Kompetenzen im Teilbereich

„Phonologie“ mit den rhythmischen Fähigkeiten einer Versuchsgruppe von Kin-

dern im letzten Kindergartenjahr geprüft. Dabei bin ich auf einen eindeutigen Zu-

sammenhang gestoßen: Schnitt ein Kind beim sprachlichen Test gut ab, so war dies

in der Regel auch beim rhythmischen Test der Fall (vgl. 6.4.3).

Selbstverständlich ist mir bewusst, dass es für diese Untersuchung noch zahlreiche

Erweiterungs- sowie Ergänzungsmöglichkeiten gibt. Hier möchte ich einige davon

auflisten:

- die Versuchsgruppe

Um die Ergebnisse der Untersuchung zu verifizieren, müsste die Untersuchung

nochmals mit einer größeren Versuchsgruppe durchgeführt werden (mindestens 50

Kinder). Im Rahmen dieser Laureatsarbeit war das leider nicht möglich.

Außerdem könnte man Kinder unterschiedlicher Altersgruppen untersuchen und die

Ergebnisse schließlich miteinander vergleichen( etwa 3-jährige, 4-jährige, 5-jährige

und 6-jährige). Würden der Zusammenhang zwischen den rhythmischen – und den

sprachlichen Fähigkeiten immer noch derselbe sein?

- Geschlechtsspezifische Differenzierung

Würde man eine größere Anzahl von Kindern untersuchen, so wäre es interessant

herauszufinden, ob sich bezüglich der beiden Geschlechter in den Ergebnissen klare

Unterschiede bzw. Eigenheiten zeigen. Bei nur 15 untersuchten Kindern ist es

schier unmöglich, das Ergebnis – durch die eben kleine Stichprobe – als wissen-

schaftlich gesichert anzusehen.

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- Interkulturelle Unterschiede

Was würde herauskommen, wenn man die Ergebnisse mitteleuropäischer Kinder

mit denen afrikanischer Kinder vergleichen würde, die sich auf Grund ihrer Kultur

relativ viel mit Rhythmus beschäftigen? Wie würden die Ergebnisse bei australi-

schen oder südamerikanischen Kindern aussehen?

- Erweiterung des sprachlichen Tests

Ein weiterer interessanter Aspekt ist, ob sich die rhythmische Begabung auf die

sprachliche Entwicklung im Gesamten, oder nur auf Teilbereiche (wie die Phono-

logie) auswirken. Wie sieht es zum Beispiel mit den Bereichen Grammatik und

Wortschatz aus? Hat rhythmische Begabung überhaupt eine Auswirkung auf diese

Teilaspekte?

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8. Zusammenfassung und Schlussbemerkung Der eigentlichen Thematik meiner Laureatsarbeit, nämlich ob die Sprachentwick-

lung von Kindern durch rhythmische Förderung positiv beeinflusst werden kann,

habe ich mich auf recht verschiedenen Wegen genähert.

Zum einen habe ich die Rolle des Rhythmischen in der Musik beleuchtet, indem ich

mich zuerst auf musiktheoretische Grundlagen berufen habe. Hier wurde deutlich,

dass Rhythmus nicht gleich Rhythmus ist – bzw. dass es in der Musik zwei „Arten“

von Rhythmus gibt, nämlich das Metrum und die Phrasierung: Während es Auf-

gabe des Metrums ist, den Grundschlag zu markieren, teilt die Phrasierung die Mu-

sik in inhaltlich „sinnvolle“ Einheiten. In der Folge habe ich für die Musik uner-

lässliche Begriffe wie „binäres Notationsprinzip“, „Noten- und Pausenwerte“ oder

„Punktierung“ erklärt.

Interessante kulturelle Unterschiede manifestieren sich nicht nur in der Musik all-

gemein, sondern lassen sich auch deutlich an den Rhythmen der verschiedenen

Länder aufzeigen – wie ich es am Ende dieses Kapitels anhand von einigen Bei-

spielen aufgezeigt habe.

Im nächsten Kapitel habe ich durch Befunde der Gehirnforschung den Gegenstand

meiner Fragestellung beleucht. Ziel war es hier herauszufinden, in welchen „Regi-

onen“ Sprache und Rhythmus in unserem Gehirn anzusiedeln sind – und ob sich

etwa Gemeinsamkeiten in den Lokalitäten erkennen lassen. Eine wichtige Beo-

bachtung in diesem Kapitel waren die unterschiedlichen Funktionen, die die beiden

Hirnhälften steuern: Während die rechte Gehirnhälfte eher für die Gesamtorientie-

rung, für das Kreative und für ganzheitliche Zusammenhänge „zuständig“ ist, ana-

lysiert die linke Gehirnhälfte Details, steuert die Logik und das Zeitempfinden.

Auch Sprachfunktionen werden großteils von der linken Hirnhälfte gesteuert – was

ebenso auf rhythmische Fähigkeiten eines Menschen zutrifft. Nehmen wir Sprach-

produktion und Sprachverständnis unter die Lupe, so ist zu erkennen, dass sie von

zwei Arealen im Gehirn gelenkt werden – nämlich vom sog. „Broca’schen“ und

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vom „Wernick’schen“ Areal. Schädigungen in den jeweiligen Bereichen haben für

den Menschen fatale Folgen für das Sprechen oder das Verstehen von Sprache.

Das folgende Kapitel untersucht zum ersten Mal Zusammenhänge zwischen den

Komponenten „Rhythmus“ und „Sprache“. Relevant ist dabei zunächst die Paral-

lele der Phrasierung, die Rhythmus und Sprache auf den ersten Blick zu verbinden

scheint: Während die Phrasierung sozusagen musikalische Gedanken ausdrückt, so

ist sie in der Sprache mit Sätzen vergleichbar, die ebenfalls inhaltliche Einheiten

bilden. Natürlich hat auch die Sprache ihre Rhythmus: Innerhalb eines Satzes wer-

den bestimmte Wörter mehr und bestimmte weniger betont; innerhalb eines Wortes

werden ebenfalls bestimmte Einheiten mehr- und andere weniger betont, was in den

grafischen Darstellungen von Wörtern in einem Oszillgramm deutlich wird.

Kinder zeigen in der Entwicklung der Prosodie – also jenem Aspekt der Sprache,

der sich unter anderem mit Rhythmus auseinandersetzt – einen klaren Verlauf, der

mit dem Hören von Sprache m Mutterleib beginnt, und mit dem korrekten betonen

von Wörtern endet.

Wie genau dieser Aspekt von Sprache bei Vorschulkindern gefördert werden kann,

habe ich im nächsten Kapitel erläutert. Zum einen können pädagogische Fachkräfte

im Kindergarten durch rhythmisch-musikalische Angebote, wie etwa Musik hören,

Gesang, Instrumente spielen usw. die Sprachentwicklung eines Kindes positiv be-

einflussen. Zum anderen habe ich eine Form der prosodischen Therapie vorgestellt,

die für Kindergartenkinder, die Rückstände in der Prosodie aufweisen, von einer

logopädischen Fachkraft angewandt werden kann.

Ziel meiner wissenschaftlichen Forschung war es herauszufinden, ob sich Paralle-

len zwischen rhythmisch- und sprachlich „begabten“ Kindern beobachten lassen.

Meine zweite Annahme war nämlich, dass durch eventuelle Zusammenhänge

Sprachentwicklung durch rhythmische Förderung beeinflusst werden könnte.

Um der zentralen Fragestellung auf den Grund zu kommen, führte ich mit einer

Testgruppe von 15 Vorschulkindern einerseits je einen Ausschnitt des Beobach-

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tungsbogens „Seldak“ durch. Zum anderen testete ich die rhythmischen Fähigkeiten

ein jedes Kindes mit einem eigens dafür ausgearbeiteten Test. Am Ende verglich

ich die Ergebnisse des sprachlichen und des rhythmischen Tests der einzelnen Kin-

der – und kam zu einem für mich erfreulichen Ergebnis: Wie die Auswertung

zeigte, besteht ein eindeutiger Zusammenhang zwischen den rhythmischen und den

sprachliche Fähigkeiten (im getesteten Bereich „Phonologie“) eines Kindes. Schnitt

ein Kind – unabhängig vom Geschlecht – gut beim rhythmischen Test ab, so schnitt

es auch beim sprachlichen Test gut ab. Dasselbe gilt auch umgekehrt.

Aufgrund dieses Ergebnisses bestätigt sich meine Hypothese, dass es einen Zu-

sammenhang zwischen rhythmischer- und sprachlicher Begabung bei einem Kind

gibt. Daraus resultiere ich, dass durch Förderung im rhythmischen Bereich der

sprachliche Bereich „zwangsläufig“ mit gefördert wird.

Genau diese Annahme müsste jedoch in einer weiterführenden Untersuchung über-

prüft werden. Zudem müsste die gesamte Forschung mit einem größeren Anteil an

Kindern wiederholt werden, um die Ergebnisse als wissenschaftlich gesichert zu

erklären.

Durch die vertiefte Beschäftigung mit der Theorie und das selbstständige Forschen

und Untersuchen meiner Hypothesen wurde in mir der Drang nach weiteren Unter-

suchungen in diesem Bereich geweckt. In meinem Berufsbild als Kindergärtnerin

ist Sprachförderung immer hochaktuell – durch die Förderung von Sprache durch

Rhythmus habe ich sozusagen einen neuen, spannenden Weg entdeckt, auf dem die

Sprachentwicklung bei Kindergartenkindern begleitet und positiv beeinflusst wer-

den kann.

98

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Abkürzungsverzeichnis

Abb. Abbildung

d.h. das heißt

Jh. v./n. Chr. Jahrhundert vor/ nach Christus

Km Kind männlich

Kw Kind weiblich

sog. so genannt

z.B. Zum Beispiel

99

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Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Iris Unterhofer

Abbildung 2: Jourdain 2002, S. 162

Abbildung 3: Giger 1993, S. 25

Abbildung 4: Giger 1993, S. 25

Abbildung 5: Giger 1993, S. 29

Abbildung 6: Giger 1993, S. 45

Abbildung 7: Giger 1993, S. 56

Abbildung 8: Giger 1993, S. 205

Abbildung 9: Giger 1993, S. 210

Abbildung 10: Giger 1993, S. 212

Abbildung 11: Giger 1993, S. 217

Abbildung 12: Giger 1993, S. 220

Abbildung 13: http://de.wikipedia.org/wiki/Gehirn

Abbildung 14: Carlson 2004, S. 586

Abbildung 15: Fischer 2006, S. 17

Abbildung 16: Fischer 2006, S. 18

Abbildung 17: Fischer 2006, S. 19

Abbildung 18: Ulich, M., Mayr, T. 2006 (Beobachtungsbogen), S.6

Abbildung 19: Iris Unterhofer

Abbildung 20: Iris Unterhofer

Abbildung 21: Iris Unterhofer

Abbildung 22: Iris Unterhofer

Abbildung 23: Iris Unterhofer

Abbildung 24: Iris Unterhofer

Abbildung 25: Iris Unterhofer

Abbildung 26: Iris Unterhofer

Abbildung 27: Iris Unterhofer

Abbildung 28: Iris Unterhofer

Abbildung 29: Iris Unterhofer

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Abbildung 30: Iris Unterhofer

Abbildung 31: Iris Unterhofer

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Eidesstattliche Erklärung

Ich erkläre hiermit an Eides statt, dass ich die vorliegende Laureatsarbeit selbständig

angefertigt habe. Die aus fremden Quellen direkt oder indirekt übernommenen Gedanken

und Formulierungen sind als solche kenntlich gemacht.

Die Arbeit wurde bisher weder in gleicher noch ähnlicher Form einer anderen

Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht.


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