Für das postoperative Managementnach mikrovaskulärem Gewebetransferist das frühzeitige Erkennen vaskulärerKomplikationen entscheidend.
Die klinische Beurteilung mikro-vaskulärer Transplantate durch Reper-fusionstests, Inspektion der Farbe trans-plantierter Haut und Blutung nachPunktion wird routinemäßig durchge-führt (Abb. 1). Diese klinische Beurtei-lung kann nicht durchgeführt werden,wenn keine Hautinsel vorhanden ist, wiez. B. bei Fibula-, Skapula- oder Becken-kammtransplantaten.
Methoden für das postoperativeMonitoring der Transplantatperfusion(Abb. 2), wie z. B. Szintigraphie, Laser-dopplerflussmessungen, Magnetreso-nanzangiographie, computertomogra-phische Angiographie, Messungen despH-Werts, der Sauerstoffsättigung undder Gewebetemperatur, werden nichtroutinemäßig durchgeführt, weil sie in-vasiv, zeit- und kostenintensiv sind [1, 2,3, 4, 5, 6, 9]. Wenn keine Hautinsel vor-handen ist, sind einige dieser Methodenauch nicht zuverlässig durchführbar [1, 2]. Das postoperative Monitoring der Transplantatperfusion von Kno-chentransplantaten und so genannten„buried“ Transplantaten ist schwierig.Werden vaskuläre Komplikationen ver-mutet, wird häufig unnötigerweise einechirurgische Revision durchgeführt [1,2, 8].
Über die gute Darstellbarkeit peri-pherer Gefäße mit der Farbduplexsono-graphie wurde bereits berichtet [6, 7, 8].Im Folgenden wird das postoperativeMonitoring von 12 mikrovaskulär re-
anastomosierten Fibulatransplantatenmit der Farbduplexsonographie demon-striert.
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Mund Kiefer GesichtsChir 2002 · 6 : 319–322DOI 10.1007/s10006-002-0388-1 Originalien
R. Schön · R. Gutwald · A. Schramm · J. Düker · N.-C. Gellrich · R. SchmelzeisenKlinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie,Universitätsklinik, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Farbduplexsonographie zumMonitoring von vaskularisiertenFibulatransplantaten
Online publiziert: 28 März 2002© Springer-Verlag 2002
Dr. Dr. Ralf SchönKlinik und Poliklinik für Mund-,Kiefer- und Gesichtschirurgie,Universitätsklinik Albert-Ludwigs-Universität Freiburg,Hugstetter Straße 55, 79106 Freiburg,E-mail: [email protected],Phone: 0761-2704919, Fax: 0761-2704900
Zusammenfassung
Hintergrund: Für das postoperative Mana-gement nach mikrovaskulärem Gewebe-transfer ist das frühzeitige Erkennen vaskulä-rer Komplikationen entscheidend. Die klini-sche Beurteilung mikrovaskulärer Knochen-transplantate ist schwierig, wenn keineHautinsel vorhanden ist.Patienten und Methode: Bei 12 Patientenwurde nach der Transplantation von mikro-chirurgisch reanastomosierten Fibulatrans-plantaten ohne Hautanteil mit der Farbdu-plexsonographie ein postoperatives Moni-toring, beginnend am ersten postoperativenTag, für 10 Tage durchgeführt. Die arterielleund venöse Perfusion der Gefäßstiele undTransplantate war bei allen 12 Fibulatrans-plantaten farbduplexsonographisch darstell-bar.Diskussion: Die Farbduplexsonographie isteine zuverlässige, nichtinvasive Methode fürdas postoperative Monitoring von mikrochi-rurgisch revaskularisierten Fibulatransplan-taten.
Schlüsselwörter
Farbduplexsonographie · Mikrochirurgie ·Vaskularisierte Fibulatransplantate · Post-operatives Monitoring
Abb. 1a,b � Beim Auftreten von vaskulärenKomplikationen ist die frühzeitige chirurgischeRevision indiziert. a Klinisches Erscheinungsbildeines Radialislappens bei venöser Thrombose,die am 3. Tag postoperativ diagnostiziert wurde.b Regelrechte Transplantatperfusion nach not-fallmäßiger chirurgischer Revision mit Entfer-nung des Thrombus
Material und Methode
Das qualitative und quantitative post-operative Monitoring der Perfusion von12 Fibulatransplantaten ohne Hautanteilwurde, beginnend am 1. postoperativenTag, für einen Zeitraum von 10 Tagenmittels Farbduplexsonographie (7,5-MHz-Schallkopf, Elegra®, Siemens, Deutsch-land) durchgeführt. Die Unterkieferre-konstruktion mit freien Fibulatransplan-taten wurde primär bei 2 Patienten nachAmeloblastomresektion (Abb. 3) und se-kundär bei 10 Patienten mit Zustandnach radikalchirurgischer Therapie vonPlattenepithelkarzinomen des Mundbo-dens mit Unterkieferteilresektion durch-geführt (Abb. 8). 6 der 10 Patienten wur-den nach radikalchirurgischer Therapieeiner Strahlentherapie zugeführt.
Ergebnis
Die arterielle und venöse Perfusion desGefäßstiels und des Transplantats war
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Originalien
R. Schön · R. Gutwald · A. Schramm · J. Düker · N.-C. Gellrich · R. Schmelzeisen
Color duplex sonography to monitor vascularized fibular grafts
Abstract
Background: For the successful manage-ment of vascularized free fibular bone grafts,the early detection of vascular complicationsis important.When vascular complicationsare suspected without a reliable monitoringof the graft perfusion, revision surgery oftenproved to be unnecessary. Color duplexsonography for the postoperative monitor-ing of free fibular bone grafts without a skinisland is demonstrated.Material and methods: The quantitative andqualitative monitoring of the perfusion ofmicrovascular anastomosis and the trans-planted tissues using color duplex sonogra-phy with a 7.5-Mhz scanner (Elegra, Sie-mens, Germany) for the postoperative moni-toring of 12 free fibular bone grafts was per-formed. Using color duplex sonography, theperfusion of the vascular pedicle and thefree fibular bone grafts was demonstrated inall 12 free fibular bone grafts. In three pa-tients vascular complications and failure ofthe bone grafts were suspected due to post-operative complications next to free fibularbone grafts such as abscess formation,wound dehiscence, and disturbances ofwound healing. Using color duplex sonogra-phy, adequate perfusion of the vascularpedicle and the transplanted tissue wasdemonstrated and therefore revision surgerynot indicated.Discussion: Color duplex sonography is a re-liable, noninvasive, and inexpensive methodfor the postoperative monitoring of freefibular bone grafts.
Keywords
Color duplex sonography · Postoperativemonitoring · Microsurgery · Free fibular bonegrafts
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Abb. 2 � Quantitatives andqualitatives Monitoring
der Perfusion einer mikro-vaskulären Anastomosemit Farbduplexsonogra-
phie: Der arterielle und ve-nöse Blutfluss (Inlet) desGefäßstiels sind im Farb-
dopplermodus dargestellt
Abb. 3 � Resektion eines Amelo-blastoms, präoperative und postope-rative Panoramaschichtaufnahmen:primäre Unterkieferrekonstruktionmit einem Fibulatransplantat nach
Resektion des Ameloblastoms
Abb. 4 � Abszessbildung bei dem Patienten ausAbb. 3 in unmittelbarer Nähe des Fibulatrans-plantats 10 Tage postoperativ
bei der Verlaufskontrolle bei allen 12 Fi-bulatransplantaten farbduplexsonogra-phisch darstellbar (Abb. 2). Das Auffin-den der Anastomose stellte sich insbe-sondere bei Patienten mit Zustand nachradikalchirurgischer Tumorresektion mitEntfernung der Lymphabflusswege amHals vereinfacht dar.Nach Entfernung derGlandula submandibularis und der Fa-zialgefäße im Rahmen von suprahyoida-len Ausräumungen ist der relativ großka-librige Gefäßstiel von Fibulatransplanta-ten sicher mit einem 7,5-MHz-Schallkopfdarstellbar und am Unterrand des Trans-plantats zu demonstrieren.
Bei 3 Patienten traten postoperativeKomplikationen,
∑ Abszessbildung (Abb. 4, 5),∑ Wunddehiszenz und∑ Wundheilungsstörung (Abb. 6, 7) bei
Zustand nach Strahlentherapie mit 60 Gy 18 Monate vor der Unterkiefer-rekonstruktion,
in der unmittelbaren Umgebung desTransplantats auf. Mit der Farbduplex-sonographie wurde eine gute Perfusionder Transplantate beim Verdacht aufvaskuläre Komplikationen dargestellt(Abb. 5, 7). Eine operative Revision wardeshalb nicht indiziert. Die Komplika-tionen wurden durch lokale Wundpfle-ge behandelt.Zum Zeitpunkt der Metall-entfernung waren die Transplantateknöchern eingeheilt (Abb. 8).
Schlussfolgerung
Die Farbduplexsonographie ist eine zu-verlässige nichtinvasive Methode für daspostoperative Monitoring von mikro-chirurgisch revaskularisierten Fibula-transplantaten. Eine enge Verlaufskon-trolle ist möglich. Durch die Farbdu-plexsonographie kann beim Verdachtauf vaskuläre Komplikationen das post-operative Management von Fibulatrans-plantaten erleichtert werden [7]. ImGegensatz zu anderen Monitoringver-fahren die als invasiv, strahlenbelastend,kosten- und/oder zeitintensiv mit teil-weise unsicherer Aussage beurteilt wer-den, erscheint die Farbduplexsonogra-phie bei Gefäßen mit einem Anastomo-sendurchmesser >2 mm als zuverlässig[1, 2, 6, 7, 8].Weitere Untersuchungen zurBeurteilung der Wertigkeit der Farbdu-plexsonographie für das Monitoring vonmikrochirurgisch revaskularisierten
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Abb. 5 � Farbduplexsono-graphische Darstellung des Fibulatransplantats(Abb. 4): regelrechte Per-fusion des Gefäßstiels
Abb. 7 � Farbduplexsono-graphische Kontrolle derWundheilungsstörung(Abb. 6) zeigt eine regel-rechte Perfusion des Ge-fäßstiels und von Perfora-torgefäßen, die in das Kno-chentransplantat eindrin-gen (Pfeil)
Abb. 6 � Sekundäre Unterkieferrekonstruktionmit einem Fibulatransplantat nach Resektion ei-nes Plattenepithelkarzinoms des Mundbodens,18 Monate nach postoperativer Bestrahlung mit60 Gy, Wundheilungsstörung am 6. postoperati-ven Tag. Als Ursache wurde eine vaskuläre Kom-plikation verdächtigt
Abb. 8 � Panoramaschichtaufnah-me nach Entfernung einer Überbrü-ckungsosteosynthese bei Radioos-teomyelitis (oben) und nach Unter-kieferrekonstruktion mit einem Fi-bulatransplantat (unten) (Patientaus Abb. 6, 7)
Transplantaten bei einer größerenGruppe von Patienten mit mikrochirur-gischen Rekonstruktionen im Mund-,Kiefer- und Gesichtsbereich werden zur-zeit an unserer Klinik durchgeführt.
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