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Faktor Sport - Ausgabe 3/2013

Date post: 09-Mar-2016
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Das Magazin des Deutschen Olympischen Sportbundes - Thema duale Karriere: Evi Sachenbacher-Stehle und Andrea Eskau suchen den anderen Erfolg.
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FAKTOR DAS MAGAZIN DES DEUTSCHEN OLYMPISCHEN SPORTBUNDES [ SPORT ] 3 I 2013 Euro 6,- STEILE HAARE, STEILES WACHSTUM [ BBL-Chef Jan Pommer im Interview ] IMPORT, EXPORT [ Über Trainer, die von außen kommen ] ECHOLOS [ Sport-PR findet selten Gehör, sagt Experte Michael Schaffrath ] EVI SACHENBACHER-STEHLE UND ANDREA ESKAU SUCHEN DEN ANDEREN ERFOLG DUALE KARRIERE
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Page 1: Faktor Sport - Ausgabe 3/2013

FAKTORDAS MAGAZIN DES DEUTSCHEN OLYMPISCHEN SPORTBUNDES [SPORT ]

3 I 2013

Euro

6,-

STEILE HAARE, STEILES WACHSTUM [ BBL-Chef Jan Pommer im Interview ]IMPORT, EXPORT [ Über Trainer, die von außen kommen ]ECHOLOS [ Sport-PR fi ndet selten Gehör, sagt Experte Michael Schaffrath ]

EVI SACHENBACHER-STEHLE UND ANDREA ESKAU SUCHEN DEN ANDEREN ERFOLG

DUALE KARRIERE

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Faktor Sport [ Editorial ] 3

Ungleiche Welten: das Play-off-Halbfinale 2013 in der Basketball-Bundesliga zwischen Bamberg und Oldenburg, Marc Zwiebler beimolympischen Badminton-Wettbewerb in London 2012 und das Ferienpro-gramm beim TV Jahn-Rheine

LIEBE FREUNDE DES SPORTS,

Sie werden in dieser Ausgabe von „Faktor Sport“ drei Themen fin-den, die auf den ersten Blick sehr unterschiedlich sind und auf den zweiten erstaunliche Parallelen aufweisen: das Interview mit dem Chef der Beko Basketball Bundesliga (BBL), Jan Pommer, die Reportage über den Deutschen Badminton-Verband (DBV) und eine Ortsbesichtigung beim TV Jahn-Rheine, der mit 5700 Mitglie-dern zu den großen Vereinen in diesem Land gehört.

Eine Profiliga, ein Spitzenverband und eine Breitensportor-ganisation: Was also haben sie gemein? Die Antwort: eine bemer-kenswerte Entwicklung unter schwierigen Bedingungen – und die unisono vertretene Haltung ihrer jeweiligen Protagonisten: „Wir jammern nicht.“

Bei aller notwendigen Differenzierung: Der Rundblick von der Basis bis zum Profisport zeigt, dass widrige Bedingungen be-herrschbar bleiben können, wenn man ihnen mit strategischer Konsequenz begegnet statt mit Schicksalsergebenheit. Im Basket-ball etwa, wo die BBL Liga Nummer eins in Europa werden will, differierende Interessen geschickt moderiert und Fortschritte macht im Aufmerksamkeitsgerangel des Profisports. Oder im Bad-minton, das im vergangenen Jahrzehnt eine imposante Entwick-lungsgeschichte hingelegt hat, ohne ausreichende Finanzausstat-tung, aber mit probatem sportlichen Konzept. Und schließlich beim Verein, der abseits des Leistungssports kluge Antworten auf die Herausforderungen einer sich rasant verändernden Gesell-schaft gefunden hat.

Widrigen Bedingungen erfolgreich zu trotzen, das könnte im Übrigen auch das Leitmotiv für die Titelgeschichte dieses Hef-tes sein. Wir stellen Evi Sachenbacher-Stehle und Andrea Eskau vor, Athletinnen, die mit über 30 Jahren noch einen sportlichen Spurwechsel vorgenommen haben und sich derzeit auf die Olym-pischen und Paralympischen Spiele in Sotschi vorbereiten. Zwei eindrucksvolle Porträts, die zunächst sehr unterschiedlich wirken und dann ihre Parallelen offenbaren.

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„Der Rundblick von der Basis bis zum Profisport zeigt, dass widrige Bedingungen beherrschbar bleiben können“

Marcus Meyer, Redaktionsleitung „Faktor Sport“

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Inhalt

AUGENBLICK, VERWEILE06|PanoramablickRaphael Holzdeppe holt als erster Deutscher WM-Gold im Stabhochsprung

FLUTLICHT08|Zweiter Bildungsweg: Evi Sachenbacher-Stehle und Andrea Eskau vor den Olympischen und Paralympischen Spielen in Sotschi

15|TOP-Teams Sotschi: Wer kommt rein, wer ist drin?

TRIBÜNE22|Forsches VorhabenBBL-Boss Jan Pommer spricht über ehrgeizige Liga-Pläne und „Luft nach oben“ bei TV-Übertragungen

56|Ungewohnte AufmerksamkeitGroßer Medienandrang bei der Rollstuhlbasketball-EM in Frankfurt

ZEITGEIST26|LiteraturHamid Rahimi – Die Geschichte eines Kämpfers

42|Bewegte WorteEin Literat, ein Kabarettist und eine Journalistin zum Verhältnis von Sprache und Sport

SPIEGELBILD27|Lästige MitbestimmungÜber basisdemokratische Vereinsmodelle in Zeiten zunehmender Kommerzialisierung

40|Ohne Training läuft nixNRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und das Sportabzeichen

Große Ziele für Sotschi: Paralym-

pionikin Andrea Eskau Seite 08Strammer Wurf: Die Basket-

ball-Liga im Aufwind Seite 22Vereinspolitik: Wenn die Basis

auf Mitsprache pocht Seite 27Maximilian Levy, der RSC Cottbus

und das Grüne Band Seite 30

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4 [ Inhaltsverzeichnis ] Faktor Sport Das Magazin des Deutschen Olympischen Sportbundes

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Dafni Bouzikou gründete den Be-

rufsverband für Trainer Seite 33Fliegt gut: Badminton mit schma-

lem Budget erfolgreich Seite 48PR im Sport: Ein Star hilft mehr

als tausend Worte Seite 54Die Rollstuhlbasketball-EM als

Medienhighlight Seite 56

58|Freie WahlDer TV Jahn-Rheine richtet das Vereinsangebot konsequent nach seinen Mitgliedern aus

PROFILE32|GrenzerlebnisseVier Trainer und ihre Erfahrungen in fachfremden Sportarten

METER X SEKUNDE48|Auf Kante genähtWenig Geld, aber gutes Konzept: Das deutsche Badminton hat zur Weltspitze aufgeschlossen

AUSZEIT52|Langer AnfangDie Europäischen Makkabi-Spiele kommen 2015 nach Berlin, als erstes jüdisches Großevent in der Geschichte der Bundesrepublik

VERMIT TLUNGSKUNST54|Und wer hört zu? Medienprofessor Michael Schaffrath über seine Studie zur Sport-PR

WECHSELSPIEL62|Von Hand gezähltCarsten Hüfner schmeißt beim Sportreiseveranstalter Dertour das Geschäft mit Olympiatickets

BEWEGUNGSMELDER20|30|38|46|60 – 61

61| Impressum

Faktor Sport [ Inhaltsverzeichnis ] 5

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6 [ Augenblick, verweile ] Faktor Sport

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8 [ Flutlicht ] Faktor Sport

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Auf ein NeuesDiese Chance kommt nie wieder? Diese sicher nicht, aber vielleicht eine ande-

re, da muss man nur Evi Sachenbacher-Stehle und Andrea Eskau fragen. Beide

streben in Sotschi 2014 nach Ruhm, die eine nach olympischem, die andere nach

paralympischem. Zwei grundverschiedene Frauen, zwei grundverschiedene Ge-

schichten von Athletinnen auf dem zweiten Bildungsweg. Text: Johannes Schweikle und Peter Stützer

Faktor Sport [ Flutlicht ] 9

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Der Weg nach Sotschi führt für Evi Sachenbacher-Steh-le über ein schwarzes Laufband. An e inem Mittwoch-morgen um acht beginnt es sich zu drehen. Dr außen ist Hochsommer, die Sonne brennt aus einem wolken-losen Himmel auf die Berge rund um Ruhpolding. Aber im Ricco-Groß-Haus des Olympiastützpunkts schnallt Evi Sachenbacher-Stehle die Skiroller an. Mit den Hän-den schlüpft sie in die Schlauf en der Langlaufstöcke, dann beginnt die Leistungskontrolle.

In lockerem Tempo skatet sie über das schwarze Band. Flüssiger Zweitaktschritt, Puls 125, ihre weißen Zähne strahlen. Mit diesem Lächeln hat Evi Sachen-bacher-Stehle vor elf Jahren Deutschland verzaubert. Bei den Olympischen Spielen in Salt Lake City gewann sie Gold und Silber im Skilanglauf. Der Wintersport hatte ein neues Gesicht: jung, fröhlich, hübsch.

Bei drei Olympischen Spielen hat Sachenbacher-Stehle fünf Medaillen gewonnen. Jetzt bereitet sie sichauf ihre vierten Spiele vor. In Sotschi will sie in einer neuen Disziplin an den Start gehen: im Biathlon.

Nach ein paar Minut en hält da s Laufband an. Der wissenschaftliche Leiter des Stützpunkts fingert an ihrem Ohrläppchen her um und nimmt Blut ab.

1. Im Moment

Schulterblick beim Schießen: 12.000 Schuss, 2000 mehr als die Kolleginnen, verfeuert Evi Sachenbacher-Stehle pro Jahr – vor den Augen von Trainer Ricco Groß

10 [ Flutlicht ] Faktor Sport

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Während eine Assistentin den Lactatwert bestimmt, läuft das Band wieder – mit höherem Tempo. So geht das eine Stunde lang: alle paar Minut en Blut abneh-men, dann wird’s schneller.

Irgendwann ist der Puls von Evi Sachenbacher-Stehle bei 175. Sie lächelt nicht mehr. Schaut konzent-riert, setzt die Skistöcke in einem harten Stakkato wie im Endspurt. Der Trainer Ricco Groß, der bislang ne-ben dem Laufband seine Mails abgearbeitet hat, beob-achtet die Athletin jetzt genau. Später wird er sagen, dass sie unter Belastung den rechten Fuß zu gerade setzt. Der muss mehr Schwung nach v orn bringen. Die Sportlerin, die seit einem Dutzend Jahren zur Weltklasse gehört, hört so konzentriert zu, als käme sie frisch aus dem Nachwuchskader.

Andrea Eskaus letzte Chance liegt rund 3100 Kilome-ter und gut ein halbes Jahr weit weg. Nur in Sotschi wird sie es noch v ersuchen, Gold im Winter zu ge-winnen. Nach 2014, nach den Paralympischen Spie-len an der r ussischen Schwarzmeerküste, will sie sich ganz auf das Sommerprogramm konzentrieren. „Das müsste doch mit dem Teufel zugehen“, sagt An-

drea Eskau. Hat ja noch alles g ewonnen, was sie ge-winnen wollte.

Die Graurheindorfer Straße in Bonn sieht etwa so aus, wie der Name es vermuten lässt. Das Innenmi-nisterium hat hier noch einen Sitz. Merkt man g ar nicht. Jeden Tag kommt Andrea Eskau vorbei, schaut in ihrem Büro nach dem R echten, spricht ein biss-chen zu sich selbst. „Hier ist ja sonst keiner.“ Das gilt für ihren Flur, sie ist da ein Eine-Frau-Betrieb.

Ein Büröchen, winzig, mit dem Rollstuhl tän-zelt sie durch die wenigen Möbel, zierlich ist sie und geschickt. Redet recht gerne und ganz schnell. In-stitut für Sportwissenschaf t, Leiterin des Bereichs Behindertensport, das heißt v or allem: Wer dazu- gehören will, mit Handicap Sport betreiben, gerne Leistungssport, gefordert werden und gefördert, der kommt mit seinem Antr ag unweigerlich über den Tisch von Andrea Eskau. Sie entscheidet über A uf-nahme oder Aufgabe, vormittags ist die Lag e ent-spannter, die Frau auch. Am N achmittag trainiert sie und zwar jeden T ag, meist ganz alleine, es gibt halt in der Gegend nicht noch jemanden, der sich so etwas antun will.

„WENN MAN MIT IHR ARBEITET, FÜHLT SICH DAS AN WIE IM FRÜHLING“Ricco Groß

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Andrea Eskau ist auf dem Weg Richtung Spiele, wie eigentlich immer, das kommt davon, wenn jemand so einen Antrieb hat, so eine Begeisterung. Sotschi ist die nächste Station, eine Zwischenstation, eine ganz wichtige, das schon, aber es geht dann weiter, Abfahrt Bonn, Ankunft Rio de Janeiro, das ist der Plan. Fahrt-zeit: gut drei Jahre von hier aus, zweieinhalb von Sot-schi. Ankunft: im Sommer 2016. Die Paralympischen Sommerspiele, die Perspektive: Goldmedaille, eine, zwei, womöglich drei. Zwei, das war auch ihre Bilanz im Vorjahr, in London.

Mögliche Konkurrenz nimmt die Eskau mit links. Frohen Mutes, exakt nach Plan. Sie rett et überall die Bilanzen, und wie. Natürlich zählt auch, und zualler-erst, die persönliche Bilanz, überall, wo sie hinkommt, erntet sie Bewunderung für das, was sie g eleistet hat. An dem Unfall damals habe sie nicht lang e zu knap-sen gehabt, am eigenen Schopf hat sie sich aus diesem Schlamassel rausgezogen, ihre Zähigkeit, ihr Trotz, ihr Mut und ihr unbändiger Ehrgeiz waren geblieben. Und wenn es darauf ankommt, sind sowieso die meisten Helfer weg. Ist ihr auch viel lieber so, Selbstverantwor-tung, Eigenregie, Respekt, sie pflegt hochrangige Kon-takte, erobert neues Terrain, probiert, bloß kein Mit-leid, lasst mich mal machen, im Zw eifelsfall bin ich allein schneller, flexibler, und überhaupt: Woran sehe ich, dass einer wirklich helfen will.

„Wir haben hier eine Athletin, die eigentlich im Spät-sommer ihrer Karriere ist“, sagt Ricco Groß über Evi Sachenbacher-Stehle. „Aber wenn man mit ihr arbei-tet, fühlt sich das an wie im Frühling.“

32 Jahre alt ist sie jetzt. Der W echsel der Sport-art hat sie verjüngt. Als Biathletin strahlt sie die Fri-sche des Karrierebeginns aus. „Im Langlauf hat mir am Ende die Motivation g efehlt“, sagt sie, „aber im Biathlon hat alles komplett neu angefangen: Die Ab-läufe sind neu, und das Team ist neu.“

Zuallererst ist die zw eite Disziplin neu. N ach dem Laufbandtest wechselt Evi Sachenbacher-Steh-le ihr durchg eschwitztes Oberteil. Dann holt sie ihr Gewehr und legt am Schießs tand Nummer acht

2. Die Hingabe

Irdische Freude: Nach nur ein halbem Jahr Vorbereitung holte Andrea Eskau Silber über fünf Kilo-meter Langlauf bei den Paralympischen Spielen in Vancouver

eine Gummimatte auf den Asphalt. Rechts und links knallt und scheppert es, zwei Dutzend Biathleten trai-nieren heute in der Chiemgau-Arena. Es riecht nach Schwefel und Sixtuf it. Wo im Winter Schnee liegt, blühen gelbe Wiesenblumen. Auf der Zuschauerter-rasse stehen Urlauber und machen F otos von den Wintersportlern, die in kurzen Hosen schwitzen.

„Zwei liegend, zwei stehend“, sagt Rudi Schöll-mann, der heute das Schießtraining leitet. Sachenba-cher-Stehle schultert ihr Gewehr und skatet mit den Skirollern davon. Nach drei Minuten ist sie zurück von der Runde, bremst und geht in den liegenden An-schlag – fünf Treffer.

So geht das Runde um Runde. Von 20 Schuss ge-hen zwei daneben. Der Trainer schaut angestrengt durch sein Spektiv. „Links tief“, sagt er und mei nt einen Fehlschuss. Irgendwann ziehen drei Kollegin-nen ihre Skatingstiefel aus, legen sich barfuß auf die Gummimatten und dehnen ihre Musk eln. Evi Sachenbacher-Stehle läuft und schießt immer noch. Ihr Training sieht konzentriert aus, aber nicht ver-bissen.

Beim stehenden Anschlag korrigiert der Trai-ner den Haltearm. Bei den nächsten Schüssen will er sie bewusst irritieren: Sie zielt, er redet auf sie ein. „Wenn sie das nicht ausblenden kann, muss sie gar nicht erst zum Wettkampf antreten“, sagt er.

Rudi Schöllmann nimmt einen S traßenbesen und kehrt Patronenhülsen von der Matte. In einem Jahr feuert Evi Sachenbacher-S tehle bis zu 1 2.000 Schuss ab – das sind 2000 mehr als bei anderen Bi-athletinnen. Viele Stunden investiert sie ins Trocken-training: stellt sich zu Hause mit dem Gewehr in den Keller und zielt auf ganz kleine Scheiben, die in fünf Metern Entfernung an der Wand hängen. So trainiert sie die Haltefähigkeit. „Durch ihre beharrliche Arbeit ist sie eine sichere und stabile Schützin geworden“, sagt Schöllmann.

Im Juli muss ten alle Biat hletinnen zur sog e-nannten Sommerleistungskontrolle antreten. Evi Sa-chenbacher-Stehle gewann diesen internen Vergleich. Von 60 Schuss gingen nur drei daneben. --›

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Vor Jahren sagte Evi Sachenbacher-Stehle über ihre Karriereplanung: „Mit 30 hab ich schon alle meine Kinder.“ Mit 24 heiratete sie den alpinen Skirennläu-fer Johannes Stehle. Aber sie lief w eiter. Mit 29 g e-wann sie Gold und Silber in Vancouver, mit 30 berei-tete sie sich auf den nächsten Langlauf-Winter vor.

Doch der Körper hatte nach den dritten Olym-pischen Spielen genug. Er funktionierte nicht mehr hochleistungsgemäß. Ein Spezialist stellte Nahrungs-mittelunverträglichkeiten fest – die Langläuf erin musste Weizen und Eier meiden. Im Sommer 20 11 stieg sie aus und legte eine Trainingspause ein. Aber richtig. „Da hab ich mich nicht aufs Rad g esetzt und bin nicht mal ‘ne halbe Stunde gejoggt“, sagt sie. Sie ging in den bayerischen Seen baden, spielte ein biss-chen Golf und pflegte alte Freundschaften, die unter dem Leistungssport gelitten hatten. „Das war schön: Abends einfach sitzen bleiben zu können und nicht ans Training des nächsten Tages zu denken.“

Evi Sachenbacher-Stehle ist 1,62 Meter groß und hat ein Wettkampfgewicht von 52 Kilo. Im Sommer ohne Sport nahm sie nicht etwa zu. Im Geg enteil: Sie verlor Muskelmasse und Gewicht. Heute, vor ih-ren vierten Olympischen Spielen, sagt sie: „Ohne die-se Pause wäre ich nicht mehr dabei. Ich hab sie ge-braucht für den Körper und den Kopf.“

Nach einem halben Jahr war die Nahrungsmitte-lunverträglichkeit weg. Jetzt sitzt Evi Sachenbacher-Stehle im „Café Biathlon“ von Ruhpolding. Nach zwei Trainingseinheiten isst sie mit herz haftem Appetiteinen großen Teller Nudeln. „Die Zeit im Sport v er-ging viel zu schnell“, sagt sie und lacht, „ich war ein-fach noch nicht bereit aufzuhören.“

Andrea Eskaus Unfall, man kann es nicht fassen. Ein Sturz mit dem Fahrrad 1998, die erfolgreiche Triath-letin und Radrennsportlerin war noch und wieder Schülerin damals, machte ihr Abitur auf dem zweiten Bildungsweg, das hieß Reifeprüfung mit 27. Das hieß auch; jeden Tag mit dem Rad zum Gymnasium. Der Traum von den Spielen war schon etwas ält er, und es glaube keiner, sie habe ihn nur eine Sekunde in-frage gestellt. Nicht einmal, als die Ärzt e ihr die nie-derschmetternde Wahrheit sagten: Querschnittsläh-mung, Behinderung der Klasse 4. Jetzt lagen all die Wünsche und Hoffnungen mit ihr in einem drecki-gen Straßengraben und konnten nicht mehr: Sie hat-te eine überfrorene Pfütze übersehen, war mit dem Rückgrat direkt auf einen Bordstein geprallt, die Läh-mung ließ nicht lange auf sich warten, ihr nächstes Zweirad würde ein Rollstuhl sein.

Die kleine Person hat sich g roßartig gewehrt, was gleich mal der freundliche jung e Mann vom Sa-nitätshaus um die Ecke zu spüren bekam. Es galt, die

3. Der Einschnitt

aktuellen Maße für den Bau eines passgenau gefertig-ten Rollstuhls einzuholen. Doch da kannten die Herr-schaften die junge Frau Eskau schlecht. „Raus!“ Das war deutlich. „Ich brauche keinen Rollstuhl!“ Der Vor-gang soll sich dem V ernehmen nach vier- oder fünf-mal wiederholt haben, bis der Fachmann befand, dann müsse der Augenschein reichen, sein Augen-schein, wohlgemerkt. Das Ergebnis passte ihr wieder gar nicht in den Kram, „grelle Farben“, und: „Aua! Sah aus wie ein Krankenwagen.“ Warum auch nicht, Roll-stühle müssen auf sich aufmerksam machen, da sind grelle Farben ein probates Mittel.

„OHNE DIESE PAUSE WÄRE ICH NICHT MEHR DABEI. ICH HAB SIE GEBRAUCHT FÜR DEN KÖRPER UND DEN KOPF“Evi Sachenbacher-Stehle

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Skeptischer Blick: Evi Sachenbacher-Stehle, 2012 in Antholz, in ihrer ersten Weltcup-Saison als Biathletin

ZWEIMAL SOTSCHI, ZWEIMAL TOP-TEAM Andrea Eskau ist drin, Evi Sachenbacher-Stehle auch: im TOP-Team für die Paralym-pischen respektive Olympischen Winter-spiele 2014 in Sotschi. Beiden Athletinnen traut man eine Medaille zu, beide bereiten sich entschlossen-systematisch vor – zwei zentrale Kriterien für die Aufnahme in das zwölfköpfige Team des Deutschen Behin-dertensportverbandes (DBS) als auch in das des DOSB mit etwa 120 Sportlern. Letzteres wird dynamisch besetzt: Der auch aus Talen-ten mit Spitzenperspektive und Staffelmit-gliedern bestehende Kader nimmt immer wieder neue Mitglieder auf, während bishe-rige ausscheiden, je nach Leistungsentwick-lung. Beide TOP-Teams sollen ihren Mitglie-dern beste Bedingungen beim Anlauf auf 2014 bieten. Der DOSB stimmt sich dabei mit diversen Partnern ab, von den Fachver-bänden und dem Bundesinnenministerium über die Stiftung Deutsche Sporthilfe und die Olympiastützpunkte bis hin zu Wissen-schaft – Partnerhochschulen des Sports, In-stitut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES), Institut für Angewandte Trainingswissenschaft (IAT) – und Arbeitge-bern: Bundeswehr, Bundespolizei, Zoll. Der DBS, dessen Sportler zunächst finanzielle Absicherung brauchen, wird von der Alli-anz und der Deutschen Telekom unterstützt. Seine TOP-Team-Mitglieder bekommen bis zu 1500 Euro monatlich über einen Förder-zeitraum von 21 Monaten.

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4. Die neue GierVom Unfall und dem bunten Untersatz halbwegs gene-sen, las sie in der Zeitung vom Köln-Marathon, besorg-te sich ein richtiges Handbike und wurde auf Anhieb Dritte. So langsam bekam ihr neues Leben Strukturen, sie liebte den Sport und nicht nur den einen, probierte sich im Rennrollstuhlfahren und Rollstuhlbasketball. Jetzt bekamen andere Bilder wieder Konturen, Olym-pia vor Augen, das größte Sportfest der Welt, oder dann halt die Paralympics. „Da wollte ich unbedingt hin.“

Das Handbike war schnell ihre Paradedisziplin ge-worden, fast genauso schnell gingen ihr in Deutsch-land die Gegner aus, also beschloss sie eines sonnigen Tages zu den Bes tzeiten der Konkurrenz im Ausland mal ihre persönlichen Machbarkeitsstudien zu erstel-len. Ein Beispiel, ein W ahnsinn: Beim Hamburg-Ma-rathon 2011 unterbot sie den damalig en Weltrekord der Französin Monique van der Vorst um fast acht Mi-nuten. Überall nahm sie jetzt Fahrt auf, das Tempo er-

staunte sie schon selber. Kann sie etwas dafür, dass die anderen nicht nachkamen? K ann sie nicht. Seit 2002 bestreitet sie ihre ersten Wettkämpfe im Handbiken, 2003 ist sie schon Vize-Europameis terin, 2008 in P e-king holt sie die erste Goldmedaille im Straßenrennen.

Als Evi Sachenbachers zweite Chance kam, sah sie sie erst gar nicht. Damals, nach dem Sommer ohne Sport, machte der Langlauftrainer Jochen Behle seiner A th-letin a. D. einen Vorschlag: Sie solle doch mit den Bi-athleten ins Trainingslager nach Finnland gehen und locker mitlaufen. Also nahm sie im November 2011 in Muonio, 200 Kilometer nördlich des Polarkreises, zum ersten Mal ein Biathlongewehr in die Hand. Ohne Hin-tergedanken, wie sie sagt, aus reiner Neugier.

„Eine Waffe hat halt ihre eig ene Faszination“, so sieht Ricco Groß das, der Biathlontrainer. Evi Sa-chenbacher-Stehle hat da einen w eiblicheren Blick,

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sie nennt das Ge wehr „ein spannendes Trainingsge-rät“. Vor dem Biathlon hat sie nur mal aus Jux auf dem Jahrmarkt geschossen. Ihr Schwager ist Jäger, aber die Jagd hat sie nie gereizt. „Ich will nicht auf Tiere schießen.“

Als Sportsoldatin der Bundeswehr bekam sie na-türlich eine Schießausbildung mit dem Sturmgewehr G36. „Das ist etwas ganz anderes. Da sind die Ziele so groß, dass du dich blöd anstellen musst, wenn du da-neben schießen willst.“ Mit einem vier Kilo schweren Kleinkalibergewehr eine 50 Meter entfernte Zielschei-be zu treffen, deren Durchmesser nicht größer ist als ein Eierbecher, das empfand die Langläuferin als He-rausforderung.

Und dann war da eben die N eugier. „Sie hinter-fragte alles“, erinnert sich Ricco Groß. Am Ende des Winters 2011/2012 gab Evi Sachenbacher-Stehle be-kannt, künftig im Biathlon starten zu wollen.

5. Die Erwartungen

Erfolgreiches Finish: Zwei Goldmedaillen im Handbike räumte Andrea Eskau in London ab

Noch weiß niemand, ob sie sich für Sotschi q ualifi-zieren kann. Aber eins ist klar: Wenn sie dort antritt, wird man Evi Sachenbacher-Stehle an ihren Erfolgen als Langläuferin messen. „Das ist mir egal“, sagt sie, „ich hab wieder so viel Spaß am Sport. Und für mich geht keine Welt unter, wenn ich ohne Medaille nach Hause komme.“

Auch wenn die Oberbayerin das mit entwaf f-nend fröhlichen Augen sagt, klingt es wie die Flos-kel einer Sportlerin, die routiniert die Erwartun-gen von Medien und Öffentlichkeit abfedert. Aber Stefan Schwarzbach, der PR -Chef des Deutschen Skiverbands, kennt die Athletin seit vielen Jahren. Er hat sie in den Höhen und Tief en ihrer Karriere begleitet. Und er sagt: „Ich erlebe die Evi gerade un-glaublich konzentriert und so in sich ruhend wie seit Jahren nicht mehr. Sie hat wieder richtig Spaß am Sport.“ --›

ERFOLG HOCH ZWEI EVI SACHENBACHER-STEHLE, gebürtige Traunsteinerin des Jahrgangs 1980; Sportsoldatin und Biathletin, im Langlauf aufgewachsen. Erstes Weltcuprennen 1998, erster Weltcupsieg 2001, dem zwei weite-re folgen. Ganz groß die Saisons 2002 und 2003: Staffelgold bei Olympia in Salt Lake City respektive der WM in Val di Fiemme; dazu jeweils Silber in Einzelrennen.

ANDREA ESKAU, 1971 in Thüringen geboren, sportliches Mul-titalent und Diplom-Psychologin, bis zu einem Unfall 1998 Rennradlerin und Triathletin. Denkwürdiger Erstverein: Obertrikotagen Apolda, heute USC Magdeburg. Seit 2002 Serienproduktion von WM-Titeln, sieben mit dem Handbike, zwei auf Skiern, je einer in Langlauf und Biathlon: dazu fünf Paralympische Medaillen.

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Die Vorzeichen für Olympia sind gut: Im März 20 13, am Ende ihres ersten Biathlonwinters, belegte Sachen-bacher-Stehle beim Weltcup in Sotschi Platz sechsund siegte mit der Staffel. Ricco Groß erklärt das un-ter anderem mit der Streckenführung in Sotschi: „Der harte Anstieg liegt der Evi. Der kommt zwar auch ih-ren Konkurrentinnen Tora Berger und Darja Domra-tschewa entgegen – aber dann ist ja immer noch ein Platz auf dem Treppchen frei.“ Und der Druck des Ge-messenwerdens? Der Trainer kehrt es um: „Wer ein-mal eine olympische Medaille geholt hat, will sich die Siegerehrung nicht im Fernsehen anschauen.“

Das Handbike, der Sommer, die goldenen Medaillen, Brasilien 2016, da steckt die ganze Andrea Eskau drin.

„SO VIEL HAT SIE FÜR DEN BEHINDERTENSPORT GETAN UND BEWIESEN, DASS ES SICH AUCH DABEI UM LEISTUNGSSPORT HANDELT“

Aber der Wintersport ist auch keine Nebensache, wo-her denn, sie hat halt viele T alente, das sah man da-mals ja gleich, als sie 2009 Ernst machte mit den Ski-ern. Nach nur einem halben Jahr Tr aining trat sie 2010 in Vancouver gleich in zwei Disziplinen an, Er-gebnis: Bronze über zehn Kilometer Biathlon und Sil-ber über fünf Kilometer Skilanglauf. Das war der An-lauf zum Gold, zum Projekt Sotschi.

Ein Denkmal müssten sie ihr eigentlich setzen, so viel hat sie für den Behindert ensport getan und bewiesen, dass es sich auch dabei um Leis tungssport handelt. Ihr Ehrgeiz ist ungebrochen, ihr Fleiß legen-där, gleich siebenmal will sie bei den Spielen 2014 an den Start gehen. Heißt: sieben gut e Medaillenchan-cen für ihr Land. ]

In Sotschi will sie wieder fliegen: Sieben Starts peilt Andrea Eskau bei den Paralympischen Spielen 2014 an

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Page 20: Faktor Sport - Ausgabe 3/2013

ie Felix Schoeller Group, ei-ner der international größten Anbieter von Spezialpapieren, ist neuer Co Partner der Deut-schen Olympiamannschaft.

Das Familienunternehmen mit Sitz in Osnabrück einigte sich mit dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) und seiner Vermarktungs-agentur Deutsche Sport-Marketing auf eine Zusammenarbeit bis 2016. Der Premiumhersteller wird den Verband also mindestens bei den Spielen von Sotschi und Rio mit seinen Produkten ausstatten – und damit zum Beispiel die bildliche

Darstellung der Deutschen Olym-piamannschaft bei den Spielen 2014 und 2016 maßgeblich beein-flussen. Felix Schoeller gilt als Welt-marktführer von Digital-Imaging- Papieren, auf denen unter anderem Fotos, Poster und Bildbände ge-druckt werden. Auch für Broschü-ren und Einladungen des DOSB und für Dekoroberflächen liefert das Traditionsunternehmen – Grün-dungsjahr 1895 – die Basis. Die Felix Schoeller Group machte 2012 mit knapp 2300 Mitarbeitern 732 Milli-onen Euro Umsatz und hat Kunden in 53 Ländern.

Die Adresse bleibt, anderes ändert sich – vor allem technisch. Denn der neue Onlineauf-tritt der DKB Handball-Bundesliga (HBL) passt sich in seiner Darstellung dem jeweiligen Endgerät (Computer, Tablet, Smartphone) an: Das Responsive Webdesign optimiert die Website im Stile einer App. Inhaltlich setzt die HBL einen Schwerpunkt auf Bewegtbilder: Eine Video-Plattform erlaubt den Zugriff auf Formate mit teils aktuellem (etwa Interviews und eigene Berichte), teils hintergründigem Charakter (Spielerporträts etc.). Sie sind ebenso kostenfrei abrufbar wie das weitere Informationsangebot inklusive Livedaten, Sta-tistiken und Downloads. Zum Saisonstart ersetzt www.dkb-handball-bundesliga.de auch die bisherige iPhone-App der Liga.

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Felix Schoeller wird DOSB-Partner

Immer hip halt, diese Basketballer: Mit seiner neuen App ermöglicht es der Deutsche Basketball Bund (DBB) als zweiter nationaler Sportverband überhaupt, Termine und Spielpaarungen aller seiner Ligen mobil abzurufen. Natürlich bietet das Programm, das in den kostenlosen Versionen iOS für das iPhone, Android und als speziel-ler View für Tablets erhältlich ist, unter anderem auch Nachrichten, Videos, Live-Spielstände von Länderspie-len und Infos zu den Nationalteams sowie ihren Akteu-ren. Die sogenannte hybride App, die die Aktualität und Funktionalität webbasierter Inhalte mit den Vorzügen nativer Apps verbindet, wurde von DOSB New Media konzipiert und umgesetzt, selbstredend in Abstimmung mit dem DBB. Technisch wurde das Projekt vom Ham-burger Dienstleister Njiuko unterstützt.

https://itunes.apple.com/us/app/dbb/id652095890?mt=8

https://play.google.com/store/apps/details?id=com.njiuko.dbb

DBB lanciert Hybrid-App

HBL erneuert Onlinepräsenz

Sie hat den letzten Schritt getan, sie hat das Feld verlassen: Natascha Keller, deutsche Rekordnational-spielerin im Hockey, hat ihre Bundesliga-Karriere be-endet. Schon im vergangenen Jahr war die 36-Jähri-ge aus der Nationalmannschaft zurückgetreten, nach den sportlich enttäuschenden Olympischen Spielen von London (Platz 7), die dennoch einen Höhepunkt ihrer Karriere markierten: Als erste Hockey-Akteurin über-haupt trug sie die Fahne der deutschen Delegation ins Olympiastadion. Ihre 20-jährige Liga-Karriere beende-te sie als Double-Gewinnerin mit dem Berliner Hockey Club. Keller, 425 Länderspiele mit 209 Toren, besitzt ei-nen A-Trainerschein. Sie brauche etwas Abstand, sagte sie dem SID nach ihrer Entscheidung, schließe ein wei-teres Engagement im Hockey aber nicht aus.

Keller tritt ab

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Hier geht’s zu den Stores von Apple und Google:

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Page 21: Faktor Sport - Ausgabe 3/2013

Sparkassen. Gut für Deutschland.

Wann ist ein Geldinstitut gut für Deutschland?

Wenn es nicht nur in Geld-anlagen investiert. Sondernauch in junge Talente.

Sparkassen unterstützen den Sport in allen Regionen Deutschlands. Sport fördert ein gutes gesellschaftliches Mit-einander durch Teamgeist, Toleranz und fairen Wettbewerb. Als größter nichtstaatlicher Sportförderer Deutschlands engagiert sich die Sparkassen-Finanzgruppe im Breiten- und Spitzensport besonders für die Nachwuchsförderung. Das ist gut für den Sport und gut für Deutschland. www.gut-fuer-deutschland.de

Page 22: Faktor Sport - Ausgabe 3/2013

In der Zentrale der Beko Basketball-Bundesliga (BBL) in Köln, Neustadt-Süd, springt dem Besucher die Zukunf t ins Auge. Als Leitbild pr angt sie in jedem Raum an der Wand: „2020 die beste nati-onale Liga in Europa“. Die Vergangenheit ist weniger aufdringlich, sie ist abseits in einem kleinen Spind verstaut: Devotiona-lien und F otos aus der Lig a-Geschichte. Der Blick fällt auf Dirk Nowitzki, Bubige-sicht und schmächtiger Körper, ein Doku-ment aus den 90er-Jahren. U nd auf seine Schuhe, schon damals Größe 54.

BBL-Geschäftsführer Jan P ommer zeigt diesen Spind gern. So viel Geschichte hat Basketball in Deut schland ja nicht. Die Zukunft? Gegenwärtig sieht sie ganz gut aus. Es beginnt ein Gespräch über die Be-deutung der Nationalmannschaft als Zugpferd für die Sportart, die Gesprächs-kultur mit Ba yern München und über die gesellschaftliche Verantwortung des Profisports.

Interview: Marcus Meyer und Nicolas Richter

Viel Spannung trotz Dominanz: Jan Pommer (l.) gratuliert Casey Jacobson von den Brose Baskets Bamberg, den Serien-siegern von 2010 bis 2013, zur Meisterschaft

„Wir sind nicht hilfs-bedürftig“

22 [ Tribüne ] Faktor Sport

Page 23: Faktor Sport - Ausgabe 3/2013

Im Sommer gab es eine Europameister-schaft Ihrer Sportart in Frankfurt, die der Rollstuhlbasketballer. Hat’s Ihnen gefallen?Ich finde Rollstuhlbasketball großartig. Vielleicht ist das der Behindert ensport, bei dem am besten erkennbar ist, dass es um richtigen Leistungssport geht – und nicht um körperlich gehandicapte Men-schen, die sich aufg erappelt haben, ein bisschen Sport zu machen. Das is t wahn-sinnig actionreich.

Haben Sie es live erlebt?Nein, leider habe ich es nicht geschafft. Aber ich war schon oft dabei.

Unterstützt die Liga den paralympischen Sport?Wir helfen ein wenig in der PR-Arbeit, bei Kontakten. Wir sprechen auch mit den Vereinen, um die V erbreitung von Roll-stuhlbasketball zu vergrößern. Alba Ber-lin und Bayern München haben eigene Ab-teilungen, das Spitzenteam in Wetzlar hat zuweilen 2000 Zuschauer.

Bei der EM war das nicht so, da gab‘s teil-weise keine zehn.Die Teams hätten es v erdient gehabt, ein gutes Thema auch für Schulen. Mein Sohn zum Beispiel is t 2011 mit seinen Schulkameraden im Bus zur Fr auenfuß-ball-WM von Köln nach Bochum gefahren worden. Ich hätte es mehr begrüßt, wenn er dieses Jahr von Köln nach Frankfurt ge-fahren wäre, um t ollen Rollstuhlbasket-ball zu sehen.

Sehen Sie eine gesellschaftliche Verant-wortung des Profisports?Christian Seifert (Vorstand der Deutschen Fußball Liga, d. Red.) betont immer, Brei-te braucht Spitze , aber eben au ch Spitze die Breite. Wir haben deshalb Verantwor-tung, weil wir schlicht wollen, dass mehr Leute Basketball spielen. Es ist ein großar-tiger Sport, mit großer integrativer Kraft, die im Behindert ensport genauso wirkt wie bei Menschen mit Mig rationshinter-grund. Basketball ist nicht nur „Müller , Meier, Schulze“. Das zeigt auch die Natio-nalmannschaft.

Sie wollen den Sport populärer machen. Was macht ihn so besonders? Natürlich werden wir dafür bezahlt, dass wir Basketball für die bes te Sportart der Welt halten, aber wir haben auch schlag-kräftige Argumente: zum Beispiel eine Zielgruppe mit überdurchschnittlicher Bildung, mit überdurchschnittlichem Haushaltseinkommen. Und das Produkt selbst ist werblich nicht überlastet, son-dern präsentiert sich aufgeräumt, sauber, vergleichsweise reduziert.

Das sind Vermarktungsargumente. Aber womit locken Sie neue Zuschauer?Es ist ein wahnsinnig kreativ es, wechsel-haftes, spektakuläres Spiel. Oft hört man den Vergleich zum Jazz. Dann wäre Eisho-ckey vielleicht Rock und Handball im bes-ten Sinne vielleicht Volksmusik. Bei allem größten Respekt vor anderen: Es gibt ei-nen Flow im Spiel, eine hohe ästhetische Komponente, es mutet nicht so konfronta-tiv an, sondern ist spielerischer.

Das hört sich nach dem alten Clinch an: Wer ist die Sportart Nummer zwei nach Fußball ...Wir freuen uns, w enn wir in der media-len Diskussion hier und da punkten, aber ganz offen: Es hilft uns für die Basketball Bundesliga kaum w eiter, festzustellen, dass wir Nummer zwei sind. Das bietet kei-nen Erkenntnisgewinn.

Die Ligen kooperieren ja auch: in der Ini-tiative „Profisport“ und der Vereinigung der Sponsoring-Anbieter (VSA). Wie weit reichen gemeinsame Interessen, wo be-ginnt die Konkurrenz?Wir haben in der „Initiativ e Profisport“ festgestellt, dass die Lig en im Fußball, Handball, Eishockey und Basketball letzt-lich vor sehr ähnlichen Her ausforderun-gen stehen – natürlich in unt erschiedli-cher ökonomischer Größenordnung. Ein Beispiel: Die Berufsgenossenschaft für Ar-beitnehmer, also auch für Prof i-Spieler – ist grundsätzlich eine famose Sache, v er-ursacht aber ganz erhebliche Kosten. Die Klubs der BBL haben bei einem Gesamt-umsatz von gut 80 Millionen Euro im ver-gangenen Jahr weit über vier Millionen Euro BG-Beiträge bezahlt. Mit den ande-ren Ligen, auch mit der Hilf e des DOSB, ist eine weitere Erhöhung dieser Beiträge abgewendet worden. Da haben wir von der Zusammenarbeit profitiert. --›

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Page 24: Faktor Sport - Ausgabe 3/2013

Wir werden natürlich kein schlechtes Wort hören, aber was bedeutet Uli Hoeneß für die von Ihnen gepriesene Gesprächs-kultur in der Liga?Er ist eine Hilfe und Bereicherung. Dass wir uns in Einzelfragen mal konfronta-tiv begegnen, ist normal. Das war und ist bei den Kollegen aus Berlin oder Bam-berg zum Beispiel nicht anders. Wichtig ist das Grundverständnis eines Systems der kommunizierenden Röhren. Clubs wie Liga wird es immer geben. Wir sind aufeinander angewiesen, das wissen alle Beteiligten.

Es gibt den Plan, mehr BBL-Standpunkte in den Metropolen zu entwickeln. Wir haben drei Millionen Menschen in Deutschland, die sagen, sie seien stark an Basketball interessiert, und r und zwölf Millionen zumindest ein w enig Interes-sierte. Da klafft also eine große Lücke, die wir schließen wollen. Metropolen bieten einfach das größte Potenzial.

Das hört sich sehr harmonisch an.Die Vereine sehen, dass unsere gemein-sam erarbeitete Strategie verfängt. In der vergangenen Saison sind deutsche Spieler auf Einsatzzeiten von rund 30 Prozent an der Gesamtspieldauer g ekommen. Und das Nationalteam besteht zunehmend aus einer jungen, in Deutschland ausgebilde-ten Generation, nehmen wir Maik Zirbes, Dennis Schröder oder Daniel Theis. Heute ist die Basis der Spieler, aus denen der Na-tionaltrainer auswählen kann, viel breiter. Dass ARD und ZDF zur EM sechs Spiele live übertragen und damit auf breit er Front Werbung für Basketball machen, liegt si-cher auch daran.

Lässt sich das durchhalten? Ein anderes erklärtes Ziel von Ihnen lautet, bis 2020 die stärkste europäische Basketball-Liga zu sein. Es ist ein Wert an sich, an einmal g etroffe-nen Beschlüssen festzuhalten; die 6+6-Regel gilt bis zur Saison 2014/15, das ist ja durch-aus überschaubar. Aber natürlich disku-tieren wir offen mit den Clubs, falls etwas nicht funktioniert. Und die Vereine wissen, dass sie frühzeitig in die Überlegungen ein-bezogen werden. Nächstes Frühjahr ma-chen wir einen Zw ei-Tages-Workshop zur Strategie und Entwicklung der Liga ab 2015. Wir lassen also nicht etwa den Hammer fal-len, sondern nehmen uns gemeinsam et-was verbindlich und ehrgeizig vor.

Stellt Bayern München eine Gefahr für die sportliche Ausgeglichenheit der Liga dar? Natürlich will Bayern mit seinem Erfolgs-anspruch, und der is t Kern der Mark e, auch im Basketball ganz vorn sein. Letz-te Saison Viertelfinale, diese Saison Halb-finale, da braucht man nicht viel F anta-sie, sich den Anspruch für die kommende Spielzeit vorzustellen. Bei den anderen wird der Ehrgeiz aber nicht geringer, dem etwas entgegenzusetzen. Ihre Frage kön-nen wir also getrost mindestens drei Jah-re zurückstellen.

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Sie haben einiges unternommen, um den deutschen Nachwuchs zu stärken, ein Stichwort ist die 6+6-Regel (mindestens sechs Deutsche auf dem Spielberichtsbo-gen, d. Red.). Würden fertige Stars nicht mehr beim Aufbau einer attraktiven Liga helfen?Das wäre kurzsichtig. Wir w ollen Basket-ball mittel- und langfris tig noch besser positionieren. Also beobachten wir, was andere machen, etwa die europäischen Partnerligen oder Handball und Eisho-ckey. Stichwort „Wintermärchen“ der Handball-Nationalmannschaft 2007. Auch das hat uns damals bes tärkt, das Thema„Nationalmannschaft und deutscher Nach-wuchs“ zu forcieren. Wir haben g elernt, welche Wucht so eine WM im eig enen Land entfalten kann und dass die N atio-nalmannschaft das Zugpferd für die Sport-art ist.

Aber gerade im Handball zieht die Liga daraus ganz andere Schlüsse: Ausländi-sche Top-Spieler dominieren nach wie vor. Denken Basketball-Vereine langfristiger?Natürlich stehen unsere Clubs unter täg-lichem Leistungsdruck: Sie müssen Spiele gewinnen. Aber wir sind uns einig, dass man auch vorausschauend investieren muss. Das haben wir zuerst mit einer Ab-gabe versucht: Jeder Verein sollte acht Pro-zent seines Etats für Nachwuchsarbeit ver-wenden. Wir haben aber festgestellt, dass das auf Dauer zu starr ist. Jetzt regeln wir das flexibler und deutlich k omplexer. Es geht weniger um den Königsw eg als um das Ergebnis, sprich: deutsche N ach-wuchsspieler zu fördern.

24 [ Tribüne ] Faktor Sport

Page 25: Faktor Sport - Ausgabe 3/2013

Sind Fußballstädte Ihre erste Wahl? Es ist deutlich zu beobachten: Der FC Bay-ern ist eine so s tarke Marke, dass er der ganzen Liga einen Schub gibt und neue Zuschauer lockt.. Und der FC Bayern kann so seinen Partnern und Fans ein weiteres tolles Angebot machen. Das is t bemer-kenswert und unseres Erachtens vielleicht auch für Fußballclubs int eressant. Des-halb sprechen wir mit Vereinen wie Schal-ke, HSV oder Dortmund.

Was haben Sie ihnen erzählt?Wir haben berichtet, welche Überlegun-gen wir v om FC Ba yern aufgenommen haben: Verlängerung der Marketingplatt-form, Schaffung eines weiteren Angebo-tes, Ergänzung der Erfolgsmarke FC Bay-ern, Stützung des sportlichen Erfolges.

Und wie ist die Rückmeldung aus-gefallen?Sehr verhalten, aber doch höf lich interes-siert. Für uns als Lig a ist es einfach wich-tig, dass wir solche Möglichk eiten aufzei-gen, um zu expandieren.

DER STRATEGE Jan Pommer betrachtet Themen gern grundsätzlich, strukturell und strategisch, zu Schnellschüssen und un-vorsichtigen Äußerungen neigt er nicht. Unklar ist, ob diese Neigung eher seiner juristischen Ausbildung oder seinem Naturell zuzuschreiben ist.

Seit 2005 steht der 43-Jährige der BBL als Geschäfts-führer vor, sein Vertrag läuft bis Ende Juni 2015. Der eloquente Liga-Boss ist in vielen Organisationen und Gremien vertreten, unter anderem als Vizepräsident der Vereinigung der Sponsoring-Anbieter (VSA) und Vorstandsmitglied des europäischen Ligenverbandes (ULEB). In der „Initiative Profisport Deutschland“ ver-tritt Pommer seit 2009 die BBL-Interessen.

2010 kürte ihn die Fachzeitschrift „Horizont“ zum Sport-manager des Jahres. Dafür ausschlaggebend: der Er-folg bei der Akquisition des Liga-Sponsors Beko sowie die Etablierung eines festen Sendeplatzes bei SPORT1. 2016/2017 feiert die BBL 50-jähriges Bestehen.

Trotz der Partnerschaft mit SPORT1 wird immer wieder die geringe Medienprä-senz von Basketball kritisiert, etwa beim den diesjährigen Play-offs. Wie stehen Sie zu dem gebetsmühlenartig geforderten Sportkanal? Wir verbessern uns bemerkbar und fühlen uns nicht benachteiligt. Vielmehr glauben wir, dass unser Potenzial noch nicht von allen erkannt wird.

Also kein Bedarf?Klar, ein solcher K anal wäre gut. Profes-sioneller Sport in all seiner Vielfalt hät-te es verdient, noch mehr angeboten zu werden. Wenn es zum Beispiel einen The-aterkanal gibt, is t doch nur schw er zu verstehen, warum es keinen Sportkanal gibt. Aber ich möcht e mir ausdrücklich Nörgeln versagen und auch den V erweis auf einen quasi gebührenrechtlichen An-spruch auf Übertragung. Wir müssen wei-ter daran arbeiten, dass unsere Attraktivi-tät gerade von den öffentlich-rechtlichen Sendern noch s tärker wahrgenommen und abgebildet wird.

Die Zuschauer sind an Fußball gewöhnt. Kann man sie einfach für Basketball ge-winnen oder müssen da Regeln und Ka-meraführung angepasst werden?Da treffen Sie einen Punkt: Wir müssen unseren Sport besser erklären, denn er ist vom Regelwerk her komplizierter als etwa Fußball. Bask etball wird für mei-nen Geschmack auch deutlich zu of t un-terbrochen. Das mag in den USA, wo man dann Popcorn holen oder einen W erbe-spot schalten kann, Anklang f inden. Bei uns ist es eher störend. Ein Fußballspiel stoppt nur einmal, in der Halbzeit. U nd die Zuschauer sind verwöhnt, hohe Auf-lösung, gute Analysen. Da haben wir bei den SPORT1-Übertragungen trotz aller Qualität noch Luft nach oben. kabel eins hat in der vergangenen Saison gezeigt, wie es mit sehr hohem Aufwand gehen kann. Am Ende ist es aber wie immer: Qualität ist auch eine ökonomische Frage. ]

Faktor Sport [ Tribüne ] 25

Page 26: Faktor Sport - Ausgabe 3/2013

ann das sein? Korrespondieren bei der bekann-ten chauvinistischen Frage, „was Frauen beim Fußball nicht verstehen“, die Erwartungen mit harten statistischen Fakten? Nein, eher nicht, aber man kann den Eindruck bekommen,

wenn man das Buch von Katja Berlin und Peter Grün-lich in die Hand nimmt: „Was wir tun, wenn der Auf-zug nicht kommt. Die Welt in überwiegend lustigen Grafiken“.

L I T E R A T U R

Vermutete Gewissheiten

Hamid Rahimi weiß, wovon er redet: „Sportler sind bessere Vor-bilder als Soldaten.“ Und so kämpft der Profiboxer auf seine Art dafür, Frieden nach Afghanistan zu bringen. Regelmäßig verfol-gen Millionen Landsleute via TV seine Auftritte im Ring. Im Herbst vergangenen Jahres gewann er beim ersten professionellen Box-kampf im kriegsgeplagten Land den WBO-Weltmeistertitel. Der Fight in Kabul hatte Missionscharakter: „Unglaublich. Es gab kei-ne Schüsse an diesem Abend. Es war Frieden“, sagt Rahimi.

Es war nicht abzusehen, dass der 30-Jährige zum Idol für Millionen Afghanen und Sendbote für ein einträchtiges Miteinander wer-

den würde. Als er vor 20 Jahren als Flüchtling nach Deutschland kam, verlief sein Weg bald auf üblen Pfaden: Drogenabhängigkeit, Kriminalität, schließlich Jugendgefängnis in Hamburg. Über das Boxen, dem er sich seit 2006 intensiv widmet, fand er einen neuen Weg – und seine Aufgabe: Frieden für die Heimat. Sein Leben ist nun als Buch erschienen, aufgeschrieben von Mariam Noori. mm

Hamid Rahimi – Die Geschichte eines Kämpfers. Eine Biografie.

Die Friedensfaust

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Es ist ein Spiel mit Vorurteilen und Ahnungen, das die beiden Autoren treiben. Sie nutzen die Autorität von Schaubildern und Diagrammen, um die gefühl-te Welt quasi-wissenschaftlich aufzubereiten und aufzuschlüsseln: „Warum sind die Sitznachbarn im Flugzeug das Schlimmste am Fliegen?“ „Das gibt es laut ZDF-Filmen in Afrika“, „Wo werden die meisten Leichen im Tatort gefunden?“ Und so geht es weiter – auch für den Sport.

Die Schaubilder sind frei erfunden, aber extrem un-terhaltsam, etwa bei der Frage, „Wofür Heimtrainer benutzt werden“ oder „Gehe ich joggen?“. Kannten wir sie nicht schon immer, die Hürden, die sich ei-nem selbst organisierten Bewegungsprogramm in denWeg stellen? Vermutete Gewissheiten präsentieren sich manchmal eben unspektakulär, genauso wie in einer Tortengrafik zur Antwort auf die Frage: „Wer ist der Idiot am Steuer?“ Ich – oder die anderen? mm

Das Buch ist im Heyne Verlag erschienen (208 Seiten, 9,99 Euro), demnächst folgt die Fortsetzung: „Was wir tun, wenn es an der Haustür klingelt“.

www.randomhouse.de/Taschenbuch/Was-wir-tun-wenn-der-Aufzug-nicht-kommt/Katja-Berlin/e380885.rhd

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... vielleicht doch keinen Sport?

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Erschienen im August 2013 im Osburg Verlag, 320 Seiten, 19,95 Euro

Noch mehr über Hamid Rahimi erfahren Sie hier: www.hamid-rahimi.com/leben-und-person.html

26 [ Zeitgeist ] Faktor Sport

Page 27: Faktor Sport - Ausgabe 3/2013

Vereinsmitglieder fordern mehr Mitbestimmung, viele

Vereinsmanager fürchten sich davor. Im Spannungsfeld zwischen

digitaler Schwarmkommunikation und den Auswüchsen einer

professionalisierten Vermarktung stoßen basisdemokratische

Ansätze in Vereinen schnell an Grenzen. Daran erinnert nicht

zuletzt ein ambitioniertes Projekt aus Köln. Text: Roland Karle

Schatten

Faktor Sport [ Spiegelbild ] 27

Page 28: Faktor Sport - Ausgabe 3/2013

lemens Tönnies sah mitgenommen aus. „Wir haben Prü-gel bekommen, wie ich es in meinen 19 Jahren noch nicht erlebt habe“, sagte der Aufsichtsratsvorsitzende des FC Schalke 04 nach der Jahreshauptversammlung Ende Juni. Ein Großteil der Mitglieder hatte sich über die Zusammen-

arbeit mit dem Tickethändler Viagogo beschwert – und die Club-chefs leidenschaftlich beschimpft.

Zu deren Unverständnis, denn sie meint en, einen richtig guten Deal für den Verein gemacht zu haben: Mehrmals pro Jahr durfte Viagogo maximal 300 K arten zum Doppelten des eigent-lichen Preises verkaufen, Schalke sollte dafür 1,2 Millionen Euro kassieren. Doch für die Fans war dieses „Kartenverscherbeln“ ein Tabubruch, sie plädierten für „viaNOgo“. Zunächst setzte sich die Vereinsführung durch, und Tönnies wurde mit beachtlichen 78 Prozent der Stimmen wiedergewählt. Ein paar Tage später aber kündigte der Club den taufrischen Vertrag – wegen angeblicher Verstöße des Unternehmens gegen die Absprachen.

Das Beispiel Viagogo zeigt zw eierlei. Erstens: Mitglieder fordern mehr Mitspracherecht und widersetzen sich Entschei-dungen, mit denen sie nicht einv erstanden sind. Zweitens: Ver-einsmanager tun sich schwer, mehr Mitbestimmung zuzu-lassen, vor allem wenn es um das operative Geschäft und wirtschaftliche Beschlüsse geht – fügen sie sich, tun sie es in der R egel gezwungener-maßen. Zwar sehe die S truk-tur der deutschen Vereine vor, dass sich Mitglieder einmi-schen und mitwirken, konsta-tiert Professor Ulrich Wagner von der Universität Marburg. „Doch die Bemühungen man-cher Fangruppen um Mitspra-che wird von den Vereinen und der Öffentlichkeit oft als Be-drohung dargestellt.“

Ein Konflikt, der sich vermutlich eher v erschärft als abschwächt. Der V orwurf der Bedrohung (des V ereins-wohls) wird gegenseitig erho-ben, tendenziell umso lauter, je weiter die Vermarktung des betroffenen Clubs fortschrei-tet. Einstweilen ist vor allem der Fußball betrof fen: Was die eine Seite als notwendige Professionalisierung forciert, fürchtet ein Teil der anderen als entwurzelnde Kommer-zialisierung. Man denk e an den Hamburger SV: Die A us-einandersetzung zwischen dem früheren Vorstandschef Bernd Hoffmann und der in-ternen Opposition lief schon Jahre, als die Clubmitglieder Anfang 2011 vier der Fanorga-nisation „The Supporters“ na-hestehende Kandidaten in den Aufsichtsrat wählten. Zwei Mo-

nate später war Hoffmanns Abschied vom Club beschlossen. „De-mokratie will gelernt sein“, titelte „Die Zeit“.

Das Scheitern der Fußballpiraten

Und direkte Demokratie erst recht. Trotz oder gerade wegen all der digitalen Instrumente und Netzwerke, die sie vereinfachen. deinfussballclub.de (DFC), das v on Fortuna Köln initiierte und bundesweit wohl ehrgeizigste Projekt auf diesem F eld, ist letzt-lich daran gescheitert.

Das Vorhaben war im April 2008 verheißungsvoll gestartet. Der ziemlich nor male und ziemlich g ebeutelte Fußballverein Fortuna Köln sollte sich in eine basisdemokr atische Ballgesell-schaft verwandeln. Ausgerechnet die Fortuna, die jahrzehnte-lang vom inzwischen verstorbenen Jean Löring geführt, geprägt und finanziert wurde, während einer Saison sogar ganz oben, in der Bundesliga (siehe Faktor Sport 1/2013). Inzwischen war die Fortuna zu einem sportlichen Pflegefall geworden, spielte in der Verbandsliga, also in der sechsten Klasse.

VEREIN ZUM SELBERMACHEN Die Idee zu deinfussballclub.de stammt aus Großbritannien,

wo der Sportjournalist Will Brooks 2007 „MyFootballClub“ (MyFC) gründete und die Mehrheit am damaligen Fünftligisten Ebbsfleet

United übernahm. Es sollte ein Gegenmodell werden zu der im englischen Fußball um sich greifenden Sitte, wonach sich

Milliardäre aus aller Welt Clubs kaufen, um sie dann – aus Sicht der Fans – wie aufgepumptes Spielzeug zu behandeln.

Wer Mitglied bei MyFC werden will, zahlt 50 Pfund (umgerechnet knapp 60 Euro) im Jahr. Die Idee, die Geschicke

des Vereins per Klick mitgestalten zu können, fand in der fußballinteressierten Web-Gemeinde schnell Anhänger. Doch die

Euphorie ließ fast genauso zügig nach. Von den anfangs 30.000 Mitgliedern sind lediglich 1350 am Ball geblieben.

„Es gibt Themen, da wird Transparenz schnell zum Eigentor“Dirk Daniel Stoeveken, Mitinitiator des Projektesrojektes

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28 [ Spiegelbild ] Faktor Sport

Page 29: Faktor Sport - Ausgabe 3/2013

Die Not war groß genug, um sich auf das Experiment einzulas-sen, Mitglieder zu Mitbestimmern zu machen, sie direkt und im Tagesgeschäft an Entscheidungen zu beteiligen. Wie viel die Sta-dionwurst kostet, wie die Trikots aussehen, wer Trainer wird – darüber sollte via Internet abgestimmt werden. Finanzielle Ge-genleistung: ein Jahresbeitrag von 39,95 Euro.

Prominente Unterstützer wie Filmemacher Sönke Wort-mann, der als Mitglied N ummer eins und Schir mherr beitrat, und der als Berater verpflichtete Ex-Nationalspieler Jens Nowotny steigerten das Interesse an Deinfussballclub.de (DFC). Zu Spitzen-zeiten waren rund 12.000 Mitglieder registriert – davon ist For-tuna Köln weniger als die Hälfte geblieben, nachdem das Projekt 2012 abgewickelt worden ist. Als Premium-Mitglieder bekommen sie für ihren Jahresbeitrag heute unter anderem Live-Übertragun-gen der Fortuna-Spiele, Chats mit Trainern und Spielern sowie Freikarten geboten.

Dirk Daniel Stoeveken, Mitinitiator des Projektes und bis zum Ende der vergangenen Saison Geschäftsführer der Fortuna Köln Spielbetriebsgesellschaft, sagt: „Vielleicht ist der Fußball zu emotional für eine breit ang elegte und direkte Mitwirkung der Mitglieder. Es gab immer wieder Interessenkonflikte.“ Zum Bei-spiel wenn es um Werbepartner ging. „Einige potenzielle Geldge-ber haben abgewinkt, weil sie die Verträge nicht öffentlich ma-chen wollten“, sagt Ex-DFC-Sprecher Burkhard Mathiak.

Können oder sollten Verhandlungen über Spielergehälter oder Ablösesummen öf fentlich sein? In Köln sucht e man Kom-

promisse: Gehaltsklassen wurden f estge-legt, und die Mitglieder k onnten abstim-men, ob ein Prof i zu diesen Konditionen verpflichtet werden solle oder nicht. Aber die Wünsche reichten weiter, bis zur di-rekten Einflussnahme der Community auf die Mannschaftsaufstellung. „Das ging zu weit“, sagt Stoeveken, dem anfangs ebenso wie dem Anwalt Peter Josef Felden 40 Pro-zent an deinfussballclub.de g ehörten; die restlichen Anteile hielt der Internetunter-nehmer (Finanzportal Onvista) und Inves-tor Michael Schwetje, bis heute wichtigster Geldgeber des Clubs.

Fans wollen mitreden: klingt plausi-bel. Aber das auch: Weder Trainer, Spieler noch Sponsoren wollen sich permanent einem Vereinsplebiszit stellen. Stoeveken sagt, es gebe Themen, „da wird Tr anspa-renz schnell zum Eig entor“. Die Realität habe mit den Erwartungen nicht Schritt halten können.

Das demokratische Dilemma

Dass Interessen von Fans, Mitgliedern und Vereinsführung öfter auseinanderdriften, lässt sich nicht ändern. Aber man braucht einander. Die Anhänger eines Clubs „bil-den oft die einzig e Konstante, während Spieler, Trainer und Stadionnamen dau-ernd wechseln“, heißt es im Befund der Arbeitsgruppe Sozialpsychologie an der Uni Marburg. Die Wissenschaf tler schla-gen vor, „ernst, intensiv und dauerhaft auf Augenhöhe miteinander zu verhandeln“. Doch die großen Trends scheinen die Su-

che nach Konsens zu erschw eren. Siehe Köln, siehe Hamburg, siehe Schalke – siehe Stuttgart. Der VfB hatte schon vor Schalke einen Vertrag mit Viagogo geschlossen. Auf den Gelsenkirchener Aufruhr hin versprach der neue VfB-Präsident Bernd Wahler im Juli, genau hinzuschauen, ob der Partner die Vereinbarung kor-rekt umsetze. Nun soll der Vertrag zum Jahresende auslauf en. Konsens? Immerhin.

Vielleicht lassen sich die Konf likte zwischen Clubführung und Clubanhängern unter anderem so erklären: Bei den F ans herrscht das diffuse (und oftmals konkrete) Gefühl, in den v on Vermarktung, Marketing und PR geprägten, unübersichtlichen Vereinsstrukturen zunehmend gegängelt oder übergangen zu werden. Auf der anderen Seite sehen sich die Verantwortlichen, lange Zeit eher mit einer schweigenden Mehrheit vertraut, der Dynamik einer digitalisierten Kommunikation ausgesetzt. Der schnelle Austausch in den sozialen Netzwerken erschwert die Un-terscheidung: Was ist einzelne Unmutsbekundung, was berech-tigtes Anliegen? Überreaktionen auf beiden Seiten sind die Folge.

Das Dilemma scheint unauf löslich. Die Fortuna breiträu-mig zu demokratisieren, hat in Köln dazu geführt, an starren Mauern zu rütteln. Durchaus mit Gewinn, wie Stoeveken bilan-ziert. „Wir haben uns auch dank deinfussballclub.de zu einem modernen Verein entwickelt und damals eine A ufbruchsstim-mung erzeugt, ohne die wir v ermutlich nicht den A ufstieg in die Regionalliga geschafft hätten.“ Und doch: Das Experiment als Ganzes ist gescheitert. ]

Einer unter 12.000: Filmregisseur Sönke Wortmann war Mitglied

Nummer eins und Schirmherr von deinfussballclub.de, geholfen hat‘s leider nicht. Im vergangenen Jahr

wurde das basisdemokratische Projekt bei Fortuna Köln abgewickelt

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as machen die Vereine an-ders, die, die das Grüne Band gewinnen, den 1986 geschaf-fenen, jährlich von DOSB und Commerzbank ausgeschrie-

benen Wettbewerb für Nachwuchsför-derung im Leistungssport? Manchmal lässt sich das schwer analysieren. Nur be-schreiben. Wie es Maximilian Levy tut, wenn der dreimalige Bahnrad-Weltmeis-ter über den RSC Cottbus spricht (siehe unten). Einerseits ein Verein wie viele. Andererseits einer, der regelmäßig Top-Athleten hervorbringt.

Qualität in Kontinuität: Das hat Cottbus mit anderen Preisträgern des 27. Grüne-Band-Jahrgangs gemeinsam. Im Chemnitzer Athletenclub hat nicht al-lein Matthias Steiner zur Spitzenleistung gefunden, beim Ski Club Kreuth nicht nur Viktoria Rebensburg, um zwei wei-tere Beispiele zu nennen. Beide Vereine werden auf der im September startenden „Deutschland-Tour“ geehrt und mit 5000 Euro belohnt. Wie auch der Judosportver-ein Speyer, der integrative Mitgliederak-quise (niedrige Beiträge für Einkommens-schwache, Schul-AGs) mit sportlichem Erfolg verbindet (Bundesliga-Teams bei Frauen und Männern). Oder wie der Ka-nu-Club-Fulda, der Zweitklässler des gan-zen Kreises auf ihre sportmotorischen

Voraussetzungen als Kanusportler teste-te. So bunt wie 2013 war das Grüne Band selten.

Und was macht jetzt den RSC Cott-bus aus? Vier Fragen an Maximilian Levy:

Sie sind 2000, als gerade 13-Jähriger, von Berlin nach Cottbus gewechselt: Welche Karriereschritte konnten Sie dort machen, die in Berlin nicht möglich waren? Ich bin mit meiner Familie in Berlin auf-gewachsen. Die Rahmenbedingungen für eine kontinuierliche Leistungsent-wicklung hatten wir trotz Bemühungen nicht gefunden. Mein Vater hat sich auf die Suche nach einem besseren Umfeld begeben, das haben wir dann in Cottbus gefunden. Meine entscheidenden Karrie-reschritte? Schauen Sie auf meine Er-folgsbilanz, die spricht für sich.

Was macht der RSC besser, konsequenter als andere Radsportvereine? Besser als andere Radsportvereine möch-te ich nicht sagen. Überall geben Ehren-amtliche das Beste, sie sind die Basis für kommende Weltmeister, die auch aus an-deren Vereinen kommen. Der RSC Cott-bus kann auf Jahrzehnte Erfahrungen im Radsport blicken. Zudem ist er wesent-licher Bestandteil des Fördersystems im Land Brandenburg.

Der RSC fordert Spitzensport, hat aber auch eine Breitensportabteilung: Gibt’s so was wie ein alle verbindendes Vereins-leben? Ja klar, wir sind ein Verein. Ich nehme soweit möglich an Veranstaltungen teil, ob an einer gemütlichen Runde oder an Sportveranstaltungen für alle. Ich sehe meine Vereinsleute auch ständig, wenn ich in Cottbus trainiere. Es gibt persönli-chen Kontakt auf allen Ebenen.

Sind Sie noch Mitglied? Seit einigen Jah-ren fahren Sie ja für ein Profiteam. Ja, ich war, bin und bleibe Mitglied im RSC Cottbus. Seit drei Monaten sitze ich im Präsidium des Vereins und engagiere mich für den Nachwuchs. nr

er große Nachbar und Rivale Brasilien hat die Spiele 2016 in Rio, da wird das dem Nationalstolz guttun: Buenos Aires richtet die Olympischen Jugendspiele 2018 aus. Das beschloss das Internationale Olympische Komitee (IOC) Anfang Juli auf seiner Sitzung in Lausanne. Die argentinische Hauptstadt, die mit ei-nem Budget von 231 Millionen Dollar und 26 Sportstätten plant, bekam mehr

Stimmen als die schottische Metropole Glasgow und im zweiten Durchgang auch als der kolumbianische Bewerber Medellìn. Buenos Aires wird die dritte Auflage der Ver-anstaltung erleben, die für Sportlerinnen und Sportler zwischen 14 und 18 Jahren of-fen ist. Singapur machte 2010 den Anfang, 2014 folgt die chinesische Stadt Nanjing.

Weitere Informationen finden Sie unter:

www.olympic.org/youth-olympic-games

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Das Band für das gewisse Etwas

Buenos Aires empfängt die Jugend

Medaillensammler vom RSC Cottbus: Maximilian Levy, auch Deutscher Meister 2013 über 1000 Meter

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So sehen Sieger aus –und wir fördern sie!

Wir sind Förderer des Schulsports in Deutschland und leisten damit einen Beitrag zur Integration von Menschen mit Behinderungen.

Als neuer Hauptsponsor der Schulsportwettbewerbe Jugend trainiert für Olympia und Jugend trainiert für Paralympics möchten wir nicht nur sportliche Talente, sondern auch die Integration von Schülerinnen und Schülern mit Behinderung über den Sport in die Gesellschaft fördern. Das ist uns eine Herzensangelegenheit – und eine große Herausforderung für die Zukunft!

Mehr über das Engagement der DB unter www.deutschebahn.com/jugend-trainiert

DB. Zukunft bewegen.

Page 32: Faktor Sport - Ausgabe 3/2013

Trainer ist ein Beruf, im besten Fall eine Berufung. Und ganz

sicher eine Tätigkeit, die den Ausübenden mehr abverlangt

als früher. „Faktor Sport“ porträtiert vier Grenzgänger, die in

unterschiedlichen Sportarten unterwegs sind, und die den-

noch eines eint: Die Bereitschaft, über den Tellerrand ihrer

Sportart und ihrer Profession hinauszuschauen. Text: Roland Karle

Mut zum Wechsel

32 [ Profile ] Faktor Sport

Page 33: Faktor Sport - Ausgabe 3/2013

afni Bouzikou hat ihr lockig-langes Haar unter eine Mütze gesteckt und trägt ein Holzfällerhemd, als sie das erste Mal vor ihre Mannschaft tritt. Sie is t noch k eine 30 Jahre

alt, als sie bei den La ndesliga-Basketbal-lern des FC P esch ihre Tr ainerkarrierebeginnt. „Ich habe mich nicht bewusst so gekleidet, aber ich wollte mich männlich geben und streng wirken“, sagt sie über ihr damaliges Outfit. In den ersten Jahren ist sie „kompromisslos autoritär“, gibt den Rudelführer, marschiert vorneweg, spart mit Emotionen. Die Cheftrainerin hält Si-cherheitsabstand, bloß nicht zu viel Nähe riskieren im männerdominierten Umfeld.

Doch nach und nach, so wie sie in ihre Rolle hineinwächst und ihr Feld ab-steckt, verändert sich ihr Verhalten. Bou-zikou gewinnt schnell Anerkennung. Ei-ner ihrer Spieler wird spät er mal sagen: „Bei uns her rscht eine sanf tere Kultur als in anderen Männerteams.“ Da ist die Sportwissenschaftlerin und Ausnahmeer-scheinung im Profisport schon Co-Traine-rin der Sk yliners Frankfurt. Nirgendwo sonst hat es eine Frau in die Kommando-zentrale eines Basketball-Bundesligisten geschafft.

DSie, die als aktiv e Basketballerin kaum in Erscheinung getreten war („Da bin ich an meine körperlichen und mentalen Grenzen gestoßen“), wird für ihr Fachwis-sen geschätzt. Und – um doch ein Klischee zu erfüllen – für ihr psychologisches Gespür. Sie erkenne die Gemütsver-fassung der Spieler sofort und könne gut auf deren Gefühle eingehen, lobt sie ihr früherer Chefcoach Gordon Herbert öf-fentlich.

Fast zehn Jahre lang is t Bouzikou eine Konstante der Skyliners, dann geht die Bezie-hung krachend in die Brüche. Um Geld und em pfundene Ungerechtigkeiten bricht ein Streit aus, der erst vor Gericht geschlichtet werden kann.

Eine Zäsur im Tr ainerle-ben der Dafni Bouzik ou, die es verstanden hatte, mit Kon-ventionen der Branche zu bre-chen: Als Frau unter Männern. Als Mutter mit Kind im Tr ainerjob. Als Griechin an der Seite eines tür kischen Cheftrainers, Murat Didin, mit dem sie har monierte.

Die Vorzeigefrau

DAFNI BOUZIKOUwurde 1969 als Tochter griechischer El-tern in Lübbecke geboren. Nach dem Abitur studierte sie an der Deutschen Sporthochschule Köln (DSHS), die sie 1996 als Diplom-Sportwissenschaftle-rin verließ. Anschließend übernahm Bouzikou als Cheftrainerin den Basket-ball-Landesligisten FC Pesch, ehe sie von 1999 bis 2009 als erste und bisher einzige hauptamtliche Co-Trainerin in der Herren-Basketball-Bundesliga für die Skyliners Frankfurt tätig war. Heu-te lebt die Mutter zweier Kinder in Köln und arbeitet dort als selbstständi-ge Supervisorin und Sportpsychologin. Im Oktober 2012 wurde Bouzikou zur 1. Vorsitzenden des neu gegründeten Berufsverbands der Trainer/innen im deutschen Sport (BVTDS) gewählt.

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Faktor Sport [ Profile ] 33

Page 34: Faktor Sport - Ausgabe 3/2013

Der Handballeroberer s sind rund 170 Kilometer von Bonn nach Wetzlar, und w enn der V er-kehr fließt, ist die S trecke in gut anderthalb Stunden zu schaf fen. Thorsten Ribbecke kann die Auto-

bahnausfahrten, Staustellen und Wegga-belungen auswendig aufsagen. Hier sollte man vielleicht noch einem Missv erständ-nis vorbeugen: Der 40-Jährige ist Trainer, kein Kurierfahrer.

Zweimal pro Woche pendelt er von seinem Wohnort Bonn zu den Handbal-lern der HSG W etzlar, um sie f it für die

Als Vollbeschäftigte im Spitzensport, die nebenbei eine Ausbildung zur Superviso-rin absolviert.

Heute arbeitet sie in diesem Beruf, in den sie vieles von dem einbringen kann, was sie als Trainerin gelehrt und gelernt hat. Ihre aktuellen Teams bestehen nicht nur aus Sportlern, sondern aus Managern, Polizisten, Psychiatrie-Mitarbeitern. „Dass sich Führungskräfte coachen lassen, ist in der Wirtschaft selbstverständlich, bei Trai-nern im Sport allerdings noch immer die Ausnahme“, sagt sie. Ein Thema v on vie-len, denen sich der im v ergangenen Jahr gegründete Berufsverband der Trainer/in-nen im deutschen Sport (BVTDS) widmen will. Bouzikou ist dessen Vorsitzende. Ein neues Spielfeld, um mit Konventionen zu brechen.

THORSTEN RIBBECKE, Jahrgang 1973, ist Diplom-Sportwis-senschaftler (Abschluss an der DSHS Köln) sowie Diplomtrainer und A-Lizenz-Trainer Leichtathletik. Zehn Jahre lang arbeitete er als haupt-amtlicher Trainer für den TSV Bayer Dormagen, war dort für die Leicht-athletik zuständig und betreute Nach-wuchs- und Erwachsenen-Leistungs-gruppen. Seit 2008 fungiert Ribbecke als Athletiktrainer in der Handball-Bundesliga, erst für den TSV Dorma-gen/DHC Rheinland, derzeit bei der HSG Wetzlar. Im vergangenen Jahr übernahm der in Bonn wohnhafte Familienvater zudem die Stelle eines Wissenschaftlichen Referenten an der Trainerakademie Köln.

Bundesliga zu machen. Für eine Trainings-einheit sitzt Ribbecke mehr als drei Stun-den lang im A uto. Ganz schön läs tig die Fahrerei, trotzdem nimmt er den A uf-wand in Kauf: Sportart und Sportler fas-zinieren ihn.

Ribbecke hat einen guten Draht zum Team gefunden in den fünf Jahren, die er im Handball tätig ist, und den richtigen Ansatz, um sie fit zu machen. Die Wetzla-rer „Wurfgewaltigen“ haben den Ruf, zu den athletisch Besten der Liga zu gehören. „Eine Mannschaft hat eine besondere Dy -

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34 [ Profile ] Faktor Sport

Page 35: Faktor Sport - Ausgabe 3/2013

namik, das finde ich spannend. Gleichzei-tig muss jeder Spieler persönlich geschult und verbessert werden“, beschreibt Ribbe-cke seine Aufgabe im Spannungsfeld von Gruppe und Individuum. Zuv or war er nur im Einzelsport tätig.

Zum Handball is t er spät g ekom-men, als Quereinsteiger. Bevor Ribbecke im vergangenen Jahr als Wissenschaf t-licher Referent an der Tr ainerakademie in Köln angefangen hat, war er zehn Jah-re lang hauptamtlich als Leichtat hletik-Trainer beim TSV Bayer Dormagen ange-stellt. Irgendwann ergaben sich eng ere Kontakte zu den Bundesliga-Handbal-lern im Verein, die einen Fachmann für Fitness suchten. Ribbecke übernahm im Nebenjob und musste sich das bis dahin nur oberflächlich bekannte Terrain fach-lich geradezu „erobern“. Abwehrspieler, gibt er ein Beispiel, br auchen eine ganz besondere körperliche Konstitution. „Ihr Schulterbereich muss stark ausgebildet sein, um sich g egen Kontrahenten mit 120 Kilo Gewicht am Wurfkreis behaup-ten zu können.“

Anders als in der Leichtat hletik, in der sich die Athleten auf wenige Haupt-wettkämpfe im Jahr k onzentrieren und ihr Training darauf ausrichten, stehen Handballer Woche für W oche im W ett-bewerb. Ribbecke lernte. „Mit einer klas-sischen Periodisierung kommt man da nicht weit. Zumal die Saisonvorbereitung der Handballer meist nur sechs Wochen dauert. Das erfordert ein anderes Heran-gehen.“

Der Grenzgang des Trainers erstreck-te sich nicht allein auf die neue Sportart, er lernte auch einen anderen Typus Sport-ler kennen. In Dormagen hatte er es vor-wiegend mit Nachwuchssportlern zu tun, jetzt stand Ribbecke vor Voll- und Teilzeit-profis. „Das sind unterschiedliche Wel-ten“, sagt er. Begegnungen, die er span-nend, lehrreich, weiterführend nennt. „Der Wechsel hält einen wach und auf-nahmebereit für Neues, dadurch vermei-det man Routinen.“

Bei aller Suche nach dem N euen möchte er den Beg riff „Routine“ nicht falsch verstanden wissen. Im Sinne v on Erfahrung sei sie ein unschätzbarer Wert. „Man merkt erst nach ein paar Jahren im Trainerberuf, wie wichtig sie ist.“ Und schließlich sei der rege Austausch mit Kollegen und Athleten aus anderen Sport-arten auch eine Art, Erfahrungen zu sam-meln. „Alle guten Trainer, die ich kenne“, sagt Ribbecke, „schauen über den T eller-rand hinaus und w ollen sich immer ein Stück weit neu erfinden.“ Und meint da-mit auch sich selbst.

„ Tradition behindert“

enn über interdisziplinär arbeitende Trainer und Wissenstrans-fer zwischen den Sportarten gesprochen wird, dann ist mit Si-cherheit irgendwann von Bernhard Peters die Rede. Der 53-jäh-rige ehemalige Hockeytrainer und aktuelle Direktor für Sport und Nachwuchsförderung beim Fußball-Bundesligis ten TSG

1899 Hoffenheim gilt als Prototyp des Grenzgängers. Ein Gespräch über Be-harrungskräfte kommerziell erfolgreicher Sportarten.

Herr Peters, profitieren Sportarten durch den Wissenstransfer voneinander? Die Chance ist groß, unter der Voraussetzung, dass es g rob artverwandte Sportarten sind. Man sollte systematisch über vergleichbare Leistungskom-ponenten der Sportarten diskutieren. Trainer aus olympischen Sportarten tauschen sich oftmals sehr intensiv aus.

Sie haben lange im Hockey gearbeitet und sind dann in den Fußball ge-wechselt. Was hat Sie daran gereizt? Hockey und Fußball tragen taktisch sehr verwandte Züge. Seit rund 30 Jah-ren beschäftige ich mich mit beiden Sportarten und vergleiche ihre Entwick-lung – etwa bei taktischen Strukturen und deren Methodik im Training oder beim langfristigen Trainingsprozess, der Belastungssteuerung, der Individu-alisierung des Trainings sowie bei Methoden und Spielprinzipien mit und gegen den Ball. Auch Kriterien der Talentsichtung und -förderung gehören dazu. In jeder Hinsicht kann die eine von der anderen Sportart Impulse auf-nehmen.

Welche Maßnahmen würden beispielsweise den Fußball weiterbringen? Ein Beispiel wäre der f liegende Spielerwechsel mit Möglichkeiten des stän-digen Ein- und Auswechselns, wie das in anderen Sportarten wie Handball, Basketball, Volleyball, Hockey und Eishockey üblich ist. Das würde viele Vorteile bieten und die Variationsbreite des taktischen Handelns sowie die Handlungsschnelligkeit im Fußball weiter erhöhen.

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Faktor Sport [ Profile ] 35

Page 36: Faktor Sport - Ausgabe 3/2013

Was steht dem im Wege? Die Beharrungskräfte sind in k ommerziell äußerst erfolgrei-chen Sportarten mit langer Tradition besonders stark ausge-prägt. Innovationen und Mut zu Regeländerungen haben es da schwer.

Dass Trainer von einer Sportart in eine an-dere wechseln, kommt selten vor. Warum? Ein guter Trainer muss Spezialist in seiner Sportart sein, dazu gehört viel Erfahrungs-wissen und ein eigenes Bewegungsgefühl für die Sportart, also intensives Beschäfti-gen mit den Themen dieser Sportart. Das erschwert den Wechsel. Dazu kommt: Es fehlt im Sport ganz oft an Offenheit und Mut, sich auf Ungewohntes einzulassen.

Ist der Wissensaustausch zwischen Trai-nern verschiedener Sportarten bei Ihnen in Hoffenheim fest verankert? Wichtig ist zuerst mal, dass unsere Trainer untereinander im Gespräch sind, von den Profis bis zu den Jug endmannschaften. Zudem laden wir fünf bis sechs Mal im Jahr Trainer oder Experten von außerhalb ein, um unseren Horizont stetig zu erweitern. Nowitzki-Entdecker Holger Geschwindner war schon hier, Hockey-Bundestrainer Mar-kus Weise, Handballtrainer, Extremkletterer sowie Bundestrainer aus dem Skisport oder dem Eishockey – die Bandbreite ist groß.

Der Hantel-exporteur

ie ersten Monate im neuen Job sind hart. Drei Ol ympia-Teilneh-mer haben ihren Rücktritt erklärt oder pausieren. Bis 2016 in Rio de Janeiro, das ist schon jetzt abzu-

sehen, wird es k ein deutscher Gewicht-heber in die Weltspitze schaffen. „Es ist ein bisschen ernüchternd für mich“, sagt Oliver Caruso gegenüber einer g roßen deutschen Tageszeitung. Sie hat ihn kurz nach der Europameisterschaft erwischt, dem ersten internationalen Wettkampf unter seiner Leitung.

Dabei ist der seit diesem Jahr dienst-habende Bundestrainer keiner, der viel klagt. Kämpfen, das ist eher seine Sache. Schon als Aktiver hat er es so g ehalten. 1992 in Barcelona war Caruso mit 18 Jah-ren Deutschlands jüngs ter Olympia-Ge-wichtheber aller Zeiten, vier Jahre später gewann er Bronze in A tlanta. Der Sohn

aus einer deutsch-italienischen Ehe steu-erte auf den Zenit seines Schaf fens hin, als er sich eine V erletzung in der Hüf t-muskulatur zuzog. Sie sollte der Anfang einer Leidensgeschichte sein, die S tarts bei Olympia 2000 und 2004 verhinder-ten. Nach dem Rücktritt aus der N atio-nalmannschaft wagte Caruso, damals schon als junger Trainer in Anstellung, ein Comeback für P eking 2008. Es war zu spät.

Caruso ist einer von denen, die schon als Sportler wie ein Trainer ge-dacht haben. Stur ein Programm abarbei-ten, das ging nicht, er wollte immer wis-sen, warum er das so und nicht anders machen soll. Dass nicht alle Athleten so ticken, daran musste er sich g ewöhnen. Sich darauf einzustellen und die richti-gen Schlüsse daraus zu ziehen, auch das ist eine Qualität des Tr ainerberufs. Eine

BERNHARD PETERS, 1960 in Rheine geboren, studierte an der DSHS und an der Trainerakademie in Köln, übernahm 1983 den Posten des Sportlichen Leiters beim CHTC Krefeld und wurde schon zwei Jahre später Bundestrainer des Deutschen Hockey-Bundes. Dort betreute Peters zunächst die Junioren-Nationalmannschaft, ehe er Ende 2000 zum Cheftrainer der Her-ren berufen wurde, mit denen er drei Mal den Weltmeistertitel errang. 2006 wechselte Peters nicht nur den Job, sondern auch die Sportart und schloss sich als Sportdirektor dem Fußball-Bun-desligisten TSG 1899 Hoffenheim (da-mals Drittligist) an. Daneben war Peters eine Zeit lang Mitglied des DFB-Kompe-tenzteams. Nach öffentlicher Kritik an Bundestrainer Löw wurde die Zusam-menarbeit beendet.

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Page 37: Faktor Sport - Ausgabe 3/2013

OLIVER CARUSO, geboren 1974 im nordbadischen Mos-bach, ist Bundestrainer der deutschen Gewichtheber/-innen. Als Aktiver ge-hörte er 15 Jahre lang der National-mannschaft an, gewann insgesamt26 Medaillen bei Olympia, WM und EM. Nach der Ausbildung zum Diplom-Trainer an der Trainerakademie Köln startete Caruso 2006 seine Laufbahn als Trainer beim Landessportverband Baden-Württemberg (LSV) und dem Baden-Württembergischen Gewichthe-berverband (BWG). Der Olympia-Dritte von Atlanta 1996 engagiert sich in der Aus- und Fortbildung von Trainern, ist Dozent für Langhanteltraining in ande-ren Sportarten und unterstützt geistig behinderte Sportler (Special Olympics).

andere, dass Car uso sich auch als Bot-schafter seiner Sportart versteht.

Er exportiert Wissen üb er die Ef-fekte des Langhanteltrainings in andere Sportarten. „Der gesamte Körper wird ge-fordert und das Zusammenspiel der Mus-kelschlingen gefördert. Bei Profisportlern lassen sich dadurch spürbar Leistungsre-serven heben“, sagt Caruso.

Keine leeren V ersprechungen, wie sich herausgestellt hat, und so is t die Sportgemeinde angesprungen auf den Trainingsexporteur: ob Skispringer und Nordische Kombinierer, Basketballer, Handballer und Volleyballer, Judoka, Gol-fer, Badminton- und Tennisspieler. Bei et-lichen Nationalteams und Trainern hat der Bundestrainer mittlerweile referiert und Trainingseinheiten mit der klassi-schen Gewichtheber-Hantel eingeführt, bei den T op-Skispringern gehören Ge-

wichtheber-Schuhe sogar zur Trainings-ausrüstung.

Ganz wichtig für den Erf olg seien „eine saubere Technik und Übungen, die auf die jeweilige Sportart zugeschnitten sind“, sagt Caruso. Ein Skispringer zum Beispiel müsse nicht aus dem S tand rei-ßen, für seine Zwecke reichten Zugübun-gen aus. Der Bundestrainer selbst hat durch den Ausflug in andere Sportarten viel gesehen, was er zuvor nicht kannte. Das lässt sich nicht immer direkt ins eige-ne Training umsetzen, aber, da klingt er wie „Handballimmigrant Ribbecke“: „Die Anregungen sind entscheidend, und der Austausch mit den Kollegen.“

Das Gewichtheben, stellt Caruso fest, habe bei anderen Sportlern und Trai-nern an Ansehen gewonnen. „Sie können dadurch viel besser einschätzen, was un-sere Sportart ausmacht und wie sie da-

von profitieren.“ Manches, was im Alltag als selbstverständlich gilt, erfahre durch die Anerkennung von außen eine Aufwer-tung, sagt Caruso. Schmeicheleinheiten, die gut tun, besonders an Tagen, an de-nen der Bundestrainer von seiner Sport-art ernüchtert ist. ]

Faktor Sport [ Profile ] 37

Page 38: Faktor Sport - Ausgabe 3/2013

s ist Beckenschwimmen, es ist der Saisonhöhepunkt, es ist Gold für die deutsche Mannschaft, und das nicht nur einmal: Was den Klassi-kern bei der WM in Barcelona nicht

gelang, machten die Rettungs- und Flos-senschwimmer bei den World Games von Cali umso besser, insbesondere der DLRG-Athlet Marcel Hassemeier aus Oelde und der Rostocker Finswimmer Michael Lau-schus. Sie gewannen vier respektive zwei Rennen und holten damit 40 Prozent der 15 Goldmedaillen für das insgesamt 139-köpfige Team, das in Kolumbien un-

ter dem Motto „Wir für Deutschland“ an den Start gegangen war.

Es waren erfolgreiche Spiele aus na-tionaler Sicht, mit einem besseren Ge-samtergebnis als erwartet. Nebst sieben-mal Silber und achtmal Bronze gab es 30 Medaillen (plus einmal Gold und zwei-mal Bronze in den Einladungssportarten Kanu-Marathon und Duathlon). Bei den World Games 2009 im taiwanesischen Ka-ohsiung, die der Dachverband als Richt-schnur angelegt hatte, waren es 22.

Neben den Schwimmern holten un-ter anderem drei deutsche Mannschaften

Dienstantritt 1. Oktober: Andreas Höfer ist neuer Direktor des Deutschen Sport- & Olympia Museums (DSOM) in Köln. Der 53-jährige Sporthistoriker und Publizist kehrt damit in die Stadt seines Studiums zurück, dem er die Promotion an der Freien Universität Berlin hatte folgen lassen. Höfer kommt von der Deutschen Olympischen Akademie in Frankfurt, die er als Gründungsdirektor seit 2007 leitete. Er folgt indirekt Frank Dürr nach. Dieser war im Oktober 2012 aus privaten Gründen zurückgetreten und kommissarisch von Sammlungsleiter Wolfgang Lewitzki abgelöst worden. Nicht nur Ingo Weiss, dem Vorsitzenden des Vereins Deutsches Sport- & Olympia Museum, gilt Höfer als „ausgewiesener Fachmann“. Das DSOM im Kölner Rheinauhafen thematisiert die Sportgeschichte von der Antike bis zur Moderne und wird von der Stiftung Deutsches Sport & Olympia Museum betrieben.

Das DSOM liegt im Kölner Rheinauhafen. Aktuelle Sonderausstellung (bis November 2013): „Dabei sein ist alles – Sportarten im Wettstreit um die Gunst des IOC“

www.sportmuseum.de

EDie 9. World Games in Cali hinterlassen nicht nur bei

der DOSB-Delegation prägenden Eindruck

Starke Deutsche, starke Stimmung

Fachmann für his-torische, politi-sche und kulturelle Olympia-Aspekte, bestens vernetzt: Andreas Höfer

Der Sport hat viele Seiten, diese zeigt sie: Die World Games wurden in 120 Länder übertragen, in Deutsch-land waren sie nur bei splink.tv zu sehen. Die DOSB-Plattform sendete 62 Stunden aus Cali

Höfer leitet Sport & Olympia Museum

Gold: die favorisierten Faustballer und Frauen und Männer im Kanupolo. Auch Karateka Jonathan Horner und das Stan-dardtanzpaar Benedetto Ferruggia und Claudia Köhler, wie Lauschus in „Faktor Sport II/2013“ vorgestellt, erfüllten die Sieghoffnungen. Im Ländervergleich kam Deutschland auf Platz vier hinter Italien (18/13/18), Russland (17/23/13) und Frank-reich (16/11/13). Jörg Bügner, Ressortlei-ter nicht-olympische Sportarten im DOSB und Chef de Mission in Cali, nannte das Abschneiden angesichts wachsender internationaler Konkurrenz „bemer-kenswert“.

Bei den 9. World Games gewannen 59 der 101 vertretenen Nationen Medail-len. Etwa 3000 Athleten maßen sich in 31 Sportarten und 171 offiziellen Wettbe-werben, für die 400.000 Tickets abgesetzt worden waren, deutlich mehr als 2009 (286.000) und 2005 in Duisburg (200.000). Und wenn die Stimmung in der Salsa-Me-tropole auch nicht immer so dicht war wie bei den Tanzwettbewerben in der 16.000 Zuschauer fassenden Stierkampf-arena, fand die Atmosphäre doch großen Beifall von Sportlern und Beobachtern. In Deutschland waren die World Games auf der DOSB-Online-Plattform http://splink.tv zu verfolgen.

Dort sind Videos von den Wettkämp-fen abrufbar, auch von den Medaillenge-winnern, die nicht immer nur zu ihren Erfolgen lächelten, sondern auch über ein Missgeschick, ein bleibendes, der Ver-anstalter: Auf den Medaillen steht der Schriftzug „Word Games 2013 in Cali“. Auch Organisatoren von Großevents sind nicht unfehlbar, manchmal geht ihnen einfach ein Buchstabe verloren. nr

Die nächsten World Games erlebt in vier Jahren das polnische Wrocław (Breslau):

www.worldgames2017.pl

38 [ Bewegungsmelder ] Faktor Sport

Page 39: Faktor Sport - Ausgabe 3/2013

www.dbs-npc.de/DeutscherBehindertensportverband

„Klar habe ich schon mal etwas in den

Sand gesetzt - einen Weltrekord.“Markus Rehm | Weitspringer

Page 40: Faktor Sport - Ausgabe 3/2013

Es gibt heute so viele Sportangebote, auch zahlreiche mit unter-schiedlichen Anforderungen. Wie sind Sie auf das Sportabzei-chen gestoßen?Meine Familie und ich machen seit vielen Jahren Urlaub mit der Familienfreizeit des Landessportbundes im Sauerland, nicht zu-letzt wegen des tollen Angebots. So kamen wir auf das Sportab-zeichen. Und das hat mich interessiert. Ein erster Versuch endete mit einem Muskelfaserriss, aber letztes Jahr habe ich es erstmals geschafft.

Was macht für Sie den Reiz aus?Man muss in unterschiedlichen Disziplinen gut sein, nicht nur in seiner eigenen „Lieblingssportart“.

Gehen Sie mit oder ohne Training in die Prüfungen?Ganz ohne Training geht das nicht. Das gilt für sportliche wie für politische Herausforderungen.

Was ist Ihre stärkste, was Ihre schwächste Disziplin?Am stärksten bin ich im W erfen, was wohl mit meiner Vergan-genheit als Handballerin zusammenhängt. Sprint is t dagegen eine Herausforderung.

Würden Sie mehr Sport machen, wenn Sie Zeit dazu hätten?Ich gehe regelmäßig morgens ins Fitnessstudio. Ein Leben ohne Sport ist für mich nur schwer vorstellbar.

Die Klassikerfrage zur Schulzeit: Gehörten Sie eher in die Riege der Sportlichen oder in die der Unsportlicheren?Wir sind eine sportbegeisterte Familie. Bewegung war schon im-mer ein wichtiger Teil meines Lebens. In der Schule haben mir die Ballsportarten am meisten Spaß gemacht. So bin ich auch zum Vereinshandball gekommen.

Werden Sie weiterhin am Ball bleiben?Solange ich gesund bin, werde ich Sport machen. Das Sportabzei-chen bietet für jedes Alter etwas. Deshalb werde ich das sicher öfter versuchen.

Dass Sie das Sportabzeichen abgelegt haben, ist in den Medien immer wieder großes Thema. Amüsiert Sie das?Es stört mich nicht, dass neben der politischen Berichterstattung darüber berichtet wird, dass eine Ministerpräsidentin ein ganz normaler Mensch ist. Außerdem hoffe ich, dass dadurch mehr Menschen animiert werden, es auch einmal mit dem Sportabzei-chen zu versuchen.

Sie waren in London im Deutschen Haus. Ihr erster Besuch?Ja, ich war zum ers ten Mal bei Olympischen Spielen. Zum Dau-mendrücken für die deutschen Athletinnen und Athleten. Kurz danach war ich auch bei den Paralympics, die für mich eine ganz wichtige Signalwirkung haben. Sie zeigen eindrucksvoll, zu wel-chen großartigen Leistungen Spitzensportlerinnen und Spitzen-sportler mit Behinderung in der Lage sind. Wichtig war die Er-kenntnis, dass dabei die Behinderung zur Nebensache wird.

Was hat herausgeragt – und ist es Anreiz für Sie?In erster Linie bin ich immer wieder beeindr uckt von der Diszi-plin und Willensstärke, die die Athleten zeigen. Ohne das geht es auch in der P olitik nicht. Natürlich bin ich sportlich immer noch ehrgeizig. Aber für Ol ympia wie für das Sportabzeichen, also im Großen wie im Kleinen, zählt am Ende v or allem eins: Dabei sein ist alles. ]

Generation: Best AgerHimmelsrichtung: WestenPassion: Handball

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Zur Feier des Hundertsten: Der runde Geburtstag des Deutschen Sportabzeichens in diesem Jahr ist Anlass für eine kleine Serie über Prominente und ihr Verhältnis zum Orden der „Durchtrainierten“. Den dritten Teil bestreitet die nordrhein-westfäli-sche Ministerpräsidentin Hannelore Kraft.

Interview: Jasper Rothbaum

Sie und das Sportabzeichen

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Page 41: Faktor Sport - Ausgabe 3/2013

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Page 42: Faktor Sport - Ausgabe 3/2013

Auf ein paar WorteSport hat sich zu einer Art deutscher Leitkultur entwickelt, seine Fachbegriffe, Rede-

wendungen und Floskeln scheinen in alle Ritzen unseres Alltags zu dringen – in welchen

Zusammenhängen sind „Endspurt“ oder „Champions League“ noch nicht aufgetaucht?

Zeit für ein Gespräch mit Profis: eine Journalistin, ein Kabarettist und ein Literat zum

Verhältnis von Sport und Sprache.

FRITZ ECKENGA

IST KABARETTIST, BUCH-

AUTOR UND KOLUM-

NIST. DER 58-JÄHRIGE IST

REGELMÄSSIG IM WDR

ALS „FUSSBALLMANA-

GER A.“ ZU HÖREN UND

HAT UNTER ANDEREM

DEN „LITERATURPREIS

RUHR“ (2011) UND DEN RADIO-KABARETTPREIS

„SALZBURGER STIER“ (2012) ERHALTEN.

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Seite 44

BIRGIT SCHÖNAU

WURDE 1966 GEBOREN,

SCHREIBT FÜR DIE

„SÜDDEUTSCHE

ZEITUNG“ UND IST

ITALIEN-KORRESPON-

DENTIN FÜR DIE „ZEIT“

UND DEN „TAGES-AN-

ZEIGER“. 2005 ERSCHIEN

IHR ERSTES VON BISHER DREI BÜCHERN:

„CALCIO – DIE ITALIENER UND IHR FUSSBALL“.

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Seite 45

MORITZ RINKE

IST WERDER-FAN UND

MITGLIED DER AUTO-

REN-NATIONALMANN-

SCHAFT. DIE BILANZ:

37 LÄNDERSPIELE, 35

TORE. SEIN ROMAN „DER

MANN, DER DURCH DAS

JAHRHUNDERT FIEL“

STAND WOCHENLANG AUF DER BESTSELLERLISTE

DES „SPIEGELS“.

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42 [ Zeitgeist ] Faktor Sport

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„Für die falsche Neun kann ich mich begeistern“Moritz Rinke fürchtet die Putzfrauen, die an

diesem Vormittag in der deutschen Kulturakade-

mie in Istanbul sauber machen sollen. „Mein

Türkisch reicht nicht, um ihnen klarzumachen,

dass ich ein Interview führe“, sagt Rinke. Seine

Agentin versichert ihm am Handy, dass sie später

kommen. Zeit genug also, um über Sport und

Literatur zu sprechen. Rinke, Jahrgang 1967,

weilt als Stipendiat in Istanbul; er schreibt an

einem Drehbuch. Aus seinem Theaterstück

„Wir lieben und wissen nichts“ (2012) soll ein

Film werden.

Interview: Frank Heike

Herr Rinke, schwierige Frage zum Einstieg: Was wird in dieser Saison aus Werder Bremen?Ich war in der letzten Rückrunde beim Spiel gegen Augsburg im Stadion. Das ging verloren. Ich hoffe, es gibt keinen Zusammen-hang zwischen meiner Anwesenheit und der Niederlage. Obwohl ich offizieller Botschafter bin, halte ich mich aber lieber v om

Stadion fern und tippe auf gesichertes Mittelfeld.

Kommen Sie aus einem sportlichen Haus?Mein Vater hat eine g roße Affinität zu Extremsportarten, wir hatten Pferde, er liebt Springreiten, M-Springen. Wild-wasserfahren mag er bis heute, er wollte mir in der Ham-me unbedingt die Eskimorolle beibringen. Ich musste so lange schaukeln, bis ich seitlich ins trübe Moorwasser fiel, wo ja wahrscheinlich t ote Hexen und Wikinger auf dem Grund liegen, und dann sollte ich die Eskimotechnik an-wenden, um wieder hochzukommen. 15 Sekunden muss-te ich das versuchen, ehe er das Boot wieder umdrehte. Ich war mit ihm auch Ballon fahren. Allerdings habe ich am liebsten Fußball gespielt. Torwart.

Vorbilder?Dieter Burdenski, Ronnie Hellström und Sepp Maier. Ich war angstfrei und konnte gut hechten und springen.

Haben Sie „Sportschau“ geguckt und die Schlusskonferenz gehört?Ja. Und wenn ich heute alte Sportreportagen sehe, bemerke ich etwas Meditatives daran. Es sind nostalgische Momente, diese alleinige Konzentration auf den Sport. Nicht so überladen mit Phrasen und Floskeln. Ernst Huberty, Harry Valérien, Rudi Mi-chel und Dieter Kürten – das waren meine W eisen der Sport-kommentierung. Ich schaue heute noch, aber ich f inde, die

meisten Kommentatoren ersetzen Empathie durch Gequat-sche, und man merkt ihnen einfach an, dass sie nie g e-

spielt haben.

Drehen Sie den Ton ab?Ich habe mich an vieles g ewöhnt, aber bei den g röß-ten Nervensägen mache ich das. Viele finden ja Mar-cel Reif toll – ich g ar nicht. Diese altback ene Elo-quenz, die mir signalisiert: Ich w eiß Bescheid und du nicht! Amüsieren kann ich mich über die Fußball-Phraseologie, die auch in Interviews von jungen Spie-lern übernommen wird.

Sprachliche Standardsituationen?Der Gegner hat kompakt gestanden. Mit einem Quäntchen Glück hätten wir das eine oder andere Ding noch machen können. So is t Fußball. Wir müs-sen nach vorne schauen und Einzelgespräche führen.

Manche Begriffe sickern in den Sprachgebrauch ein, die das moderne Spiel durchaus erklären helfen, fal-sche Neun, Doppelsechs, Überzahl in Ballnähe. Oder benutzt man sie als Laie nur, um kenntnisreich zu wirken?Ach, so kritisch würde ich das nicht sehen. Mir ma-chen solche Diskussionen Spaß. Es g eht ja dar um, dass es immer wieder neue Zauberf ormeln im Fuß-ball gibt. Wenn ich Guardiola sehe, wie er eine sehr erfolgreiche Mannschaft komplett durcheinanderwir-belt, bis allen schwindlig wird, stelle ich mir schon die Frage, ob man den Fußball wirklich neu erfinden kann. Die falsche N eun kann mich beg eistern, weil das ein Spielsystem ist, das mir liegen würde, eines mit ganz verdichtetem Mittelfeld und der Freiheit als Stürmer, zwischen gegnerischem Tor und Mittelkreis zu variieren.

Dem Reiz, Fußball zu dramatisieren, sind Sie bis-lang nicht erlegen.Es ist schwer, Stücke über Sport zu schreiben. Fußball ist ein eigenes Drama mit allen genuin dramatischen Stoffen, das kann man gar nicht reproduzieren.

Kommt bei der Zeitungslektüre zuerst das Feuilleton oder der Sport?Ich lese immer ers t den Sportteil, in jeder Zeitung. Den Kulturteil oder das F euilleton lese ich weniger. Das sind für mich oft Störfaktoren, die ich aus Selbst-schutz ausblende. Ich will mich nicht immer mit dem Kulturgeraune belasten. Jetzt muss ich aber noch er-zählen, warum ich mir mal 20 „Kicker“-Ausgaben ge-kauft habe.

Bitte!Vor ein paar Jahren hat Hans Meyer dem „Kicker“ ein Interview gegeben. Er war damals Trainer der Auto-ren-Nationalmannschaft. Die Überschrift war: „Rinke ist mein bester Mann!“ Danach habe ich gleich alle Ausgaben aus dem Kiosk mitgenommen. ]

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/Ein Gespräch mit Fritz Eckenga beginnt gern

mal so: „Mann, Mann, Mann, warum spielt er den

Ball nicht lang?“ „Ja, weil vorne keiner geht.“

„Und warum geht vorne keiner?“ „Weil sie in der

Mitte keinen haben, der geht.“ „Dann soll er doch

selber gehen.“ „Ja, wenn er selber geht, muss er

vorher auch nicht lang spielen.“

Der Kabarettist Eckenga liebt diesen Dialog. „Das

ist komisch, da steht jeder drauf, auch die, die nichts

mit Fußball zu tun haben. Ich mache das manch-

mal zum Einstieg in mein Bühnenprogramm, gewis-

sermaßen als Grundkurs für die Zuschauer“, sagt er.

Vielleicht sollte man erwähnen: Fritz Eckenga lebt in

Dortmund. Sport, insbesondere Fußball, ist für ihn

eine Herzensangelegenheit, der er sich – nicht unge-

fährlich – mit Humor zu nähern versucht.

Interview: Marcus Meyer

„Der Dialekt kommt schnell auf den Punkt“

Herr Eckenga, Sie bewegen sich als Kabarettist auf vermintem Terrain: Sport und Humor, heißt es gemeinhin, passen nicht zu-sammen.Ja, ein weites Feld. Wenn wir vom Fußball ausgehen, an dem ich als Zuschauer sehr oft teilnehme ...

Sie sind Dauerkarten-Inhaber beim BVB ...Ja (lacht), was jetzt hier in der S tadt nichts Außergewöhnliches ist. Hab ich schon ganz lange. Also, wenn ich als Zuschauer ins Stadion gehe, dann nicht, um zu lachen. Das is t schon ernst. Ich gehe auch nicht dahin, um interessante Gespräche zu führen, ich will Fußball sehen. Aber natürlich passiert viel unfreiwillig Komi-sches. Besonders häufig ist das in der Sportberichterstattung der Fall, weil Menschen dazu g enötigt werden, zu allem Möglichen Stellung zu beziehen. Ausgelaugte Sportler vor der Kamera, das ist manchmal sehr komisch, und manchmal führt es dazu, dass Men-schen bloßgestellt werden.

Sie begegnen dem Sport trotzdem mit Humor. Ist das leichter ge-worden, seitdem er Teil des Entertainments geworden ist? Nein, das finde ich nicht, eher beliebiger. Es beziehen sehr viele Menschen Stellung zum Sport, auch fachfremdes Personal, auch aus meinem Metier. Schlimmstenfalls sogar aus dem Feuilleton (lacht).

Kann man mit Klischee gewordenen Formulierungen wie „die Null muss stehen“ noch spielen?

Wenn man sie aus dem Sujet her auslöst, ja, etwa auf Fr au Mer-kel bezogen. Sonst geht es nicht mehr. Es sei denn, ic h spreche explizit über Phrasen.

Hat sich die Sprache der Moderatoren, Kommentatoren und Sportjournalisten verbessert oder lediglich geändert, hat der „falsche Neuner“ nur die „langen Kerls“ ersetzt?Sie hat sich eher verschlechtert, weil durch die Medienmenge die Wiederholungsrate gestiegen ist. Heribert Faßbender und Karl-Heinz Rummenigge fand ich als Fußball-Kommentatoren früher ganz schlimm, aber die hat man selten gehört. Jetzt muss so viel gesagt, so viel gesendet werden. Ein einziges Geschwafel. Früher war zwar nicht alles besser , aber es gab von allem ein bisschen weniger.

Welche Rolle spielt der Dialekt für Ihre Arbeit?Er hat eine wichtige Funktion. Die Ruhrgebietssprache, die man-che für einen Dialekt halten, kommt schnell zum Punkt, was für den Sport nicht schlecht is t. Wenn ich Fußball gucke, wird ein-fach geredet, nicht mehr nachgedacht, dann schweigt der Ver-stand. Dafür eignet sich der Dialekt gut. Heute würde man sagen: Emotion pur. Das kann ich übrigens nicht mehr hören. Es heißt nicht mehr Gefühl, sonder n Emotion. Und die bekommt man nicht einzeln, sondern nur mit dem Zusatz: pur.

Haben Sie einen Index der verbotenen Wörter?Aufgeschrieben nicht, aber ich hof fe, dass ich viele Beg riffe nicht verwende. Dazu gehört auch das Vokabular des fachfremden Perso-nals: Rautenbildung, ballorientiertes Pressing, der falsche Neuner.

Braucht es für Ihre Arbeit eine emotionale Bindung?Ich denke schon. Ich bin generell am Sport interessiert, das gilt für die abwegigsten Themen. Ich schaue auch sehr gern Olympi-sche Spiele, war sogar in London. Ich fand die Londoner toll, man konnte in jede Kneipe gehen und hatte sofort ein Gespräch über Sport an der Back e, über Sportförderung und so, das g eht mit den Engländern wirklich gut.

Lesen Sie noch den Sportteil in den Zeitungen? Ja, den der Regionalzeitungen, das ist ja eigentlich nur noch die „WAZ“, auch wenn die Blätter zum Teil noch anders heißen. Und die „Süddeutsche Zeitung“, manchmal die „taz“ oder die „Frank-furter Rundschau“. Was man dazu mal sagen sollte: Gerade was politische Themen anbelangt, da werde ich im Sportteil der „SZ“ oftmals schneller und besser bedient als in den P olitikteilen. Zum Beispiel durch Birgit Schönau, w enn sie über Milan oder Juventus schreibt, oder durch Thomas Kistner, wenn er über den Confed Cup in Brasilien berichtet.

Ist Jürgen Klopp sprachlich stilbildend für die Branche?Das wäre zu hoffen, aber ...

Er ist ein Unikum, klar. Aber könnte er zum Prototyp werden?Prototyp heißt ja, dass er irgendwann in Serie gehen könnte. Das glaube ich nicht. Er ist schon ein ziemlich einsames T alent. Ein brillanter Kommunikator, so sagt man das doch, oder? Das hat er aber nicht gelernt, das kann er so.

Für die wieder erstarkte Marke BVB ist er also maßgeblich?Ja, absolut. Aber eben auch, weil er ein guter Trainer ist und viel vom Fußball versteht. Und er trif ft auf eine solide Gr undlage, Fußball ist Lebensmittel in dieser Stadt. Oder andersrum: Klopp in Hoffenheim, das hätte kaum so einen Boom ausgelöst. ] Cr

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/Birgit Schönau braucht kein Aufwärmen. In medias res, sofort, Rückfragen aus vollem

Lauf: „Nehmen Sie auf?“ Sie hat Sorge, ihr Vortrieb könnte überfordern. Dies ist ihr

Metier. „Ich erzähle Italien“, sagt sie.

Die Publizistin versteht sich bitte nicht als Aufklärerin: „Das wäre wichtigtuerisch.“

Aber manche Stereotype gehen ihr auf den Keks, das liest man dann. Deutsche Kollegen,

die mal wieder den „Catenaccio“ ausgraben: Oh Gott, hat sich jemand nicht die Mühe

gemacht, hinzuschauen. Das ist ihr, der Seiteneinsteigerin in den Fußball, denkbar

fremd: Sie schaut hin, genau. Und ordnet ein, kraftvoll.

Interview: Nicolas Richter

„In Italien ist Fußball Theater“

Sie leben seit 1990 in Italien. Würden Sie sagen, Sie schreiben ir-gendwie „italienisch“?Ja, vielleicht kann man das nach all den Jahren sag en: Ich bin eine italienische Journalistin, die auf Deutsch schreibt. P olitik und Sport so ironisch-distanziert zu betrachten, ist in Deutsch-land ja eher unüblich. Und als ich 1998 bei der „Süddeutschen“ mit Fußball-Berichterstattung anfing, kannte ich viele F achbe-griffe nur auf Italienisch.

Ihre Texte haben etwas Ausladendes, Bühnenhaftes. Ist auch das italienisch?Schon, obwohl ich nicht be wusst so schreibe. Aber es gibt da eine uralte Tradition in Italien. Den Sport selbst haben die Grie-chen erfunden, aber das öffentliche Spektakel die Römer – und den begleitenden Kommentar auch. Über die Wagenrennen im Circus Maximus wurde g eschrieben wie über Theat erstücke. Man zeichnete nicht nur auf, was man sah, sonder n überhöh-te es, ordnete es in größere Zusammenhänge ein. Die Autoren waren Rezensenten.

Die deutsche Tradition ist eine andere?Ja, protestantischer. Das Inszenierte wird abgelehnt. In Italien ist der Fußball Unterhaltung – ohne dass damit gleich Unterhal-tungsindustrie gemeint wäre wie in Deutschland. Es ist Theater.

Dann würde es ja doch stimmen: Italienische Fußballer sind „Schauspieler“.Das ist die deutsche Sicht: Die Italiener sind Schwalbenkönige, die den Fußball zum Schmierentheater machen. Aber in Italien gibt es eine andere Doppelbödigkeit des Spiels: Wer ins Stadion geht, erwartet eine Aufführung, keine Offenbarung – ein Satz wie „Die Wahrheit liegt auf dem Platz“ würde hier nie zitiert. In Deutschland geht es um Moral: Man will gewinnen, aber auch besser und sauberer spielen als die anderen. W enn man danngegen Italien verliert, wie 2006 und 2012, ist es doppelt schlimm.

Wie genau schreiben italienische Sportjournalisten?Leichter und kreativer als deutsche – Sie müssen ja originell sein, um 30 Seiten am Tag unterhaltsam zu füllen wie die „Gazze t-ta dello Sport“. Und Kritik hat viel Raum: Die „Gazzetta“ macht

eine ganze Meinungsseite mit Spielrezensionen, die of t eine ge-sellschaftspolitische Komponente enthalten – Sport wird hier ja nicht erst seit Berlusconi mit Politik verknüpft. Wobei das weni-ger staatstragend abläuft als in Deutschland, wo die Bundeskanz-lerin in die Kabine geht.

Fließt Sportsprache auch in den Alltag ein? (laut) Nein, umgekehrt! Hier fließen eher Elemente aus Theater- oder Literatursprache in Fußball-Analysen ein. Jeder italienische Abiturient hat Dante und Manzoni drauf – oft nicht mehr, aber die zwei kennen alle rauf und runter. Dadurch bekommen man-che Texte etwas Antiquiertes. Das hat sicher auch mit der A us-bildung zu tun: Ein Studium wie „Sport und Medien“ gibt es in Italien nicht.

Deutsche Fußball-Berichterstattung ist moderner geworden, tak-tischer. War Italien da voraus, analog zum Spiel selbst?Ganz bestimmt. In Deutschland gibt es jetzt richtige Taktikspezi-alisten, aber sofern ich das beurteilen kann, hat das noch nicht das akademische Niveau wie in Spanien oder Italien. Da wird auf Pressekonferenzen eigentlich nur über Strategie gesprochen, das kann sehr weit führen.

Sie verteidigen Italiens Fußball oft gegen Kollegen – das „Catenaccio“-Klischee. Hilft Identifikation, wenn man über Sport schreibt?Ich glaube nicht, dass ich mich mit italienischem Fußball identi-fiziere. Ich habe spät mit dem Thema angefangen und selbst nie gespielt, deshalb sind mir bes timmte Dogmen fremd. Ich habe einfach nie verstanden, warum offensiver Fußball moralisch bes-ser sein soll als defensiver.

Sie haben mal gesagt, „Legionär“ stehe auf Ihrem Index. Was steht noch drauf?Das ist ein Missverständnis, ich habe keinen Index. Nur: Einen Spieler „Legionär“ zu nennen, der nach Italien g eht, ist falsch. Die römischen Legionäre waren keine Ausländer, sondern Ein-heimische. Da ist wohl Fremdenlegionär gemeint, und weil man bei „Legion“ an Rom denkt, wendet man es in dem Kontext an – bizarr, aber so geht Sprache. ]

Faktor Sport [ Zeitgeist ] 45

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iskriminierung von Schwulen und Lesben in Russland: Der DOSB hat auf die Diskussio-nen rund um die Leichtath-letik-WM in Moskau reagiert

und auf seiner Website Fragen und Antworten zum Thema veröffent-licht. Hintergrund sind die Olym-pischen Winterspiele 2014 in Sot-schi und nach der WM geäußerte Bedenken, das Weltfest des Sports in einem Land auszutragen, das die Freiheitsrechte Homosexueller ein-schränkt; einige Medien debattier-ten gar einen Olympia-Boykott.

Der DOSB hält in dem Zusam-menhang fest, dass das IOC die Spiele schon 2007 nach Sotschi ver-geben hat – damals galten in Russ-land andere Gesetze, von einem Informationsverbot über Homose-xualität war keine Rede. Zugleich betont der Dachverband, dass er sich für den Schutz der Menschen-rechte einsetze. Man habe das The-ma bereits im Juni mit Human Rights Watch besprochen. „Im Er-gebnis hat der DOSB das IOC ge-

beten, in dessen laufenden Ge-sprächen mit den Ausrichtern der Olympischen Spiele das Thema Diskriminierung aufgrund sexuel-ler Orientierung erneut anzuspre-chen.“ Das sei mehrfach geschehen, die russische Seite habe dem IOC zugesichert, dass es während der Spiele „keinerlei Diskriminierung“ geben werde.

Zwei weitere Hinweise schei-nen zentral: Erstens wird ein Boy-kott unter anderem von der rus-sischen LGBT-Bewegung (LGBT: englische Abkürzung für „lesbisch, schwul, bisexell, transsexuell“) ab-gelehnt. Zweitens hat gerade die Leichtathletik-WM gezeigt, dass durch große Sportereignisse „Dis-kussionen angestoßen und öffent-lich geführt werden“, wie es in ei-ner der DOSB-Antworten heißt. Der Sport sei „politisch neutral, aber eben nicht apolitisch“.

Der DOSB hat die Autoren der vieldiskutier-ten Studie über Doping in Westdeutschland ab 1950 zur Veröffentlichung des komplet-ten, einigen Medien offenbar vorliegenden Berichts aufgerufen. Der Verband ist Initi-ator der Studie, die das Bundesinstitut für Sportwissenschaft in Auftrag gegeben hat und von Forschergruppen der Universität Münster und der Humboldt-Universität zu Berlin ins Feld geführt wurde. Obwohl etwa der „Süddeutschen Zeitung“ der 804 Seiten starke Bericht vorzuliegen scheint, war bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe erst der offizielle Abschlussbericht, eine wesentlich kürzere Version, publiziert.

Die Studie trägt den vollen Titel: „Do-ping in Deutschland von 1950 bis heute aus historisch-soziologischer Sicht im Kontext ethischer Legitimation“. Der DOSB hat eine unabhängige Kommission eingerichtet, die der ehemalige Bundesverfassungsrichter Udo Steiner leitet und die dem DOSB auf Ba-sis der Studie Lehren für den Umgang mit der Vergangenheit und den Anti-Doping-Kampf empfehlen soll.

Weitere Informationen und ein Interview mit DOSB-Präsident Thomas Bach zu dem Thema auf:

www.dosb.de/de/leistungssport/anti-doping/news

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Sotschi: Debatte statt Boykott

DOSB: Studie publik machen

Politik und Sport Schulter an Schulter gegen Homophobie: Im Juli präsentieren (v. l.) Thorsten Manske (Vizepräsident Hertha BSC), Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (Bundesjustizministerin), Ilse Ridder-Melchers (DOSB-Vizepräsidentin), Christine Lueders (Leiterin Antidiskriminierungsstelle des Bundes) und Tjark Woydt (Vizepräsident FC St. Pauli) die „Berliner Erklärung“

Erfreuliche Entwicklung: mehr Menschen am Berg, aber weniger tödliche Unfälle

Es ist ein Symbol der positiven Entwicklung: Offiziell seit Juli hat der Deutsche Alpenverein (DAV) eine Million Mit-glieder. Und der weltgrößte Bergsportverband, außerdem die mitgliederstärkste Naturschutzorganisation Deutsch-lands, weist darauf hin, nicht nur seit Jahren zu wachsen, sondern immer schneller und speziell in jungen Zielgrup-pen. So stieg die Mitgliederzahl im Jahr 2012 um 49.188, stärker denn je, das relative Plus lag bei 5,25 Prozent. Ein historisches Tief meldete der DAV auch, aber das ist gut: Seine seit 1952 geführte Bergunfallstatistik registrierte im letzten Jahr 28 tödlich verunglückte Mitglieder: weni-ger denn je. Die Statistik zählt Not- und Unfälle, die der DAV-Versicherung gemeldet werden.

DAV erreicht die Million

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46 [ Bewegungsmelder ] Faktor Sport

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Auf dieses Teamkönnen Sie sich verlassen.

Sport und Bewegung sind wichtige Faktoren zur Gesunderhaltung und Verbesserung des Gesundheits-zustandes. Als Heilberufler sehen die Apotheker es als Teil ihrer gesellschaftlichen Verantwortung, sich im

Handlungsfeld Sport und Gesundheit zu engagieren. Daher unterstützt die ABDA als Spitzenorganisation der 21.000 Apotheken mit ihren rund 150.000 Mitarbeitern seit 2008 die Paralympische Bewegung.

Als Partner des DBS fördern wir nachhaltig den Behindertensport in Deutschland und setzen uns für Werte wie Leistung, Toleranz und Inklusion ein. www.abda.de

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Einzige deutsche Olympia-Sportart ohne Medaille: Diesen

Status möchte Badminton bald los sein. Seit 1999 hat sich

die nationale der internationalen Spitze angenähert, eine

zentralistische Förderstruktur und der kluge Einsatz be-

scheidener Mittel machten es möglich. Aber der nächste

Schritt scheint der schwerste zu sein. Text: Frank Heike

Auf dem kur

Die Umsetzung Zum Mittagessen Pizza? Dirk Nötzel hat in seiner „T alentgruppe U11“ acht Jungen und Mädchen um sich geschart. Nötzel nennt sich „Bundestr ainer Talentent-wicklung“. Das klingt hochtrabender, als es die-ser gering bezahlte Honorarjob ist. Ein junger blonder Kerl, zu dem die Kinder aufschauen. Er beobachtet sie, hört zu, korrigiert sanft – und streut aktive Pausen ein, in denen sie sich mit Schwimmnudeln dehnen, laufen, Ball spielen. Und Nötzel? Ist dann mal weg, ganz kurz.

Badminton-Training ist stumpfsinnig: Es geht um möglichst viele Wiederholungen mit der richtigen Hand-, Arm- und Fußhaltung . Deutsche Talente haben einen Nachteil gegen-über chinesischen. Wenn die zehn Jahre alt sind, haben sie Tausende Stunden Badminton-Drill im Bewegungsgedächtnis, Fünfjährige trainie-ren dort neun- bis zehnmal pro Woche. Nötzels Schüler bringen es auf fünf bis sechs Einheiten. Er kommt mit einem Berg Pizzakartons zurück. Alle laufen zu ihm: der Tageshöhepunkt! Zufrie-denes Kauen.

„Wenn wir in einem Jahr hier zwei oder drei Talente haben, denen wir zutrauen, sich im Seniorenbereich durchzusetzen, ist das ein Erfolg“, sagt Chefbundestrainer Holger Hasse, Jahrgang 1971. Er war von 2005 bis Ende 2012

für den deutschen Nachwuchs verantwortlich und ist nun in einer ungleich k omfortableren Position als seine Vorgänger. Er hat größere Auswahl, er hat Vorbilder, Stars fast. Glaubte man den Trikots, lie-fen an diesem Vormittag lauter kleine „Zwieblers“ und „Michels“ durch die Mülheimer Halle, fünf der acht lokalen Talente trainieren unter einem dieser Namen..

Vielleicht, das ist die Hoffnung, gehen einige irgendwann aufs Internat hier. Das wäre die Vorstu-fe, von der aus sie nach dem Abi, mit 18, 19 Jahren also, einen der zwei nationalen Stützpunkte beträ-ten: Saarbrücken für die Männer, Mülheim a. d. Ruhrfür die Frauen. „Früher gab es Insellösungen, die die Idee des Stützpunkts letztlich geschwächt ha-ben“, sagt Mülheims Internatsleiter Marcus Busch. Heute gibt es zweimal Festland, sonst nichts.

Mülheim ist nationales Badminton-Zentrum: Internat plus Stützpunkt, die Mädels müssen nach der Schule also nic ht wechseln. Für die Doppel-Spitzenspielerin Birgit Michels, die auf den Trikots, ist das ein Meilenstein: „Solche Zentren sind längst internationaler Standard. Wichtig sind kurze Wege: Trainingsplatz, Kraftraum, Reha und Essbereich, al-les am Fleck.“ Die Sportsoldatin, in Köln lebend, trainiert seit fünf Jahren in Mülheim, zwei Einhei-ten am Tag, dazwischen bleibt sie auf der Anlage. „Hier ist inzwischen alles so eingespielt, dass ich kaum noch Reibungsverluste ausmache“, sagt die zweifache Olympia-Teilnehmerin.

Reibungsverluste kann sich Deutschland nicht leisten, wenn es Eur opas beste Badminton-Nation sein will.

„GANS“ KOMPLIZIERT Dass die Federn eines Federballs erster Güte aus der rechten Mittelschwinge der Graugans kommen müssen, mag mal so gewesen sein. Heute überschwemmt re-cycelter Müll aus Asien den Markt, die Vielfalt verwirrt. Gans oder Ente, Natur- oder Presskork, von Hand oder maschinell geschnittene Federn, langlebige Kleber oder kurzatmige – ein Federball kann ein Kunstwerk sein. Oder Ramsch. Manchmal zum gleichen Preis. 20.000 Euro im Jahr gibt der DBV für die guten Stücke aus, eine Trainingsstunde verbraucht etwa drei bis vier Dutzend Bälle à drei Euro. Sie werden aber nicht weggeschmissen, sondern sor-tiert und wiederverwertet. Was gar nicht geht: Plastik. „Das ist ein anderer Sport“, sagt Bundestrainer Holger Hasse.

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zen Weg Die Erfolge Bei der Team-WM im Mai hat Deutschland im Viertelfinale Malaysia geschlagen. In Malaysia. Das hat leider keiner bemerkt, die großen Zei-tungen ignorierten es. Auf Bildern sieht man die deutsche Mannschaft wie verrückt jubeln. Ein nächster Meilenstein. Siege bei asiatischen Spitzenteams galten noch vor fünf J ahren als ausgeschlossen.

Heute gelingen den Deutschen immer wieder überraschende Erfolge. Die EM 2012 ließ die kontinental dominierenden Dänen stau-nend zurück. In Karlskrona wurde Marc Zwieb-ler Europameister, Juliane Schenk Zweite, das Männerdoppel Michael Fuchs/Oliver Roth eben-

Der Nachwuchs schaut auf sie: Birgit Michels mit Mixed-Partner Michael Fuchs bei den YONEX German Open in Mülheim

falls Zweiter, und das Damendoppel Bir git Mi-chels/Sandra Marinello Dritter. „Bei WM und EM haben wir alle Visionen von vor 15 Jahren verwirklicht“, sagt Hasse. Allerdings gab es bei der WM im August in China einen Rückschlag: Nur Zwiebler erreichte das Achtelfinale und schied dann aus. Bei Olympischen Spielen ist so was die Regel. Da läuft es immer wie ver -hext, sodass sich der Chef weiterhin mit dem Titel „Einzige deutsche Sportart ohne olympi-sche Medaille“ triezen lassen muss. Kein Makel laut Hasse, „aber es wurmt schon“.

Verglichen mit 1999 klagt er auf hohem Niveau.

Die Idee Dass sein Arbeitszimmer früher eine Umkleide-kabine war, sieht und riecht man. Holger Has-se reicht das fensterlose Kabuff im Mülheimer Komplex. An das Jahr 1999 als „Stunde null“ des deutschen Badmintons erinnert er sich gut. „Wir hatten damals gar nichts“, sagt er, „kei-ne Erfolge, keine Stars, keine Konzepte, keinen Nachwuchs, keine Internate.“

Es musste sich etwas ändern, damit der Sport, der ohnehin am Rande der öffentlichen Aufmerksamkeit stattfindet, nicht ganz von der Bildfläche verschwand.

In diese Zeit fiel die Gründung einer Ar-beitsgruppe mit dem ehemaligen Chefbun-destrainer Detlef Poste, Holger Hasse, Postes Vorgänger Flemming Viberg und dem Sportpsy-chologen Wolfgang Klöckner. Es sollte ein Weg aus der Misere gefunden werden, der am bes-ten alles berücksichtigte: Wie findet man Talen-te? Wie bildet man sie aus? Wie hält man sie im Sport? Wie gestaltet man den Über gang vom Jugend- zum Erwachsenenalter? Wie ermöglicht man den deutschen Top-Spielern ein Leben als Profi? Organigramme wurden gezeichnet, Zu-ständigkeiten geklärt. Ziel war ein gläserner Verband ohne Geheimniskrämerei.

Poste hatte damals bei jedem Sponso-ren- und Journalistentermin einen dicken Ak-tenordner dabei. Bis zum Inhalt einzelner Trainingsstunden erläuterte der ehemalige Spitzenspieler, wie dem DBV der Anschluss an die Weltspitze gelingen sollte. Einig waren sich die Gründerväter des modernen Badmintons in der Basis-Idee des Projekts, in der zentralen Struktur,: Wer künftig den Bundesadler auf dem Trikot trägt, wer optimale Förderung will, der oder die muss aus einem der beiden Bundes-stützpunkte kommen. 2004 einsetzende Erfol-ge machten Mut. Ab 2006 gewann man er ste Medaillen bei EM und WM.

Die Erneuerer wollten ver ständliche Handlungsanleitungen für Aktive, Trainer, Aus-bilder. Und keine Sonderwege. Also schrieben Hasse und Poste 2002 ein Lehrbuch, („Badmin-ton Schlagtechnik“, leider vergriffen). Videos und DVDs kamen hinzu, um ver einheitlichte Lehrinhalte und Trainerausbildungen zu ver -wirklichen. Heute gibt es monatlich neue Trai-ningsclips des DBV auf YouTube.

Es ist vieles besser gewor den – aber na-türlich nicht alles gut.

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Die SorgenStephan Kuhl würde gern Trainer der deut-schen Damen bleiben. Wenn man zuschaut, wie er eine halbe Stunde lang mit der 19 Jahre alten Anika Dürr übt, ihre Fingerhal-tung am Griff bei Rückhandschlägen zu ver -bessern, spürt man Besessenheit. Noch ein Schlag. Und noch ein Schlag. Am Ende liegt ein Haufen Federbälle auf dem Boden. Kuhl genießt die Anerkennung der Athleten, aber finanzielle wäre auch nicht schlecht: „Ich ver-diene mit meinem Vollzeitjob hier weniger als meine Frau in 16 Stunden als Lehrerin“, sagt er – 29.000 Euro im Jahr. Zu wenig, der Ver-trag läuft aus.

Für mehr reichen die Bundesmittel des DBV nicht; Hasse, der Kuhls Arbeit schätzt, hat Summen hin- und her geschoben. Im 1,3-Mil-lionen-Euro-Etat des Verbandes ist kein biss-chen Luft. Also geht ihm bald ein Top-Trainer verloren. Hasse bedauert das, aber er ist im-mer auf der Suche nach Lösungen. Zu viel me-ckern und murren kann blockieren. „Uns geht es nicht so schlecht“, sagt er, „die Dänen ha-ben im Verband weniger Trainer als wir, die Briten doppelt so viele . Aber besser sind sie nicht.“

Eine WM oder ein Großturnier der Super-Series austragen – das ist nicht zu stemmen für

den DBV. Die German Open in Mülheim sind das Aushängeschild, attraktive deutsche Städte mit Sportaffinität sind auserkoren, bald Austra-gungsort von Länderspielen zu werden – Ham-burg etwa. Schade, dass ARD und ZDF wieder tausendundeine Ausrede haben, nicht über Bad-minton zu berichten.

Hasse hält nichts von einem Großsponsor, der möglicherweise Knall auf F all abdankt – wie jüngst Hyundai im Hockey. Der Coach liegt auf der Linie von Verbandspräsident Karl-Heinz Kerst, wenn er sagt: „Mir sind 100 kleine Geld-geber lieber.“ Allerdings gibt es die auch nicht. So geht Fortschritt zurzeit mit Frust einher. Auf die Frage nach dem deutschen Erfolgsrezept schaut sich Kuhl um und überlegt wohl, ob er das so sagen kann. Dann sagt er es so: „Wir ma-chen aus Scheiße Gold.“

Immerhin wohnt der beste eur opäische Nachwuchsspieler hier.

GANZ VERWICKELT Über das Thema spricht keiner gern: Juliane Schenk. Unangefochten beste deutscheBadminton-Spielerin, Vize-Europameis-terin 2012 im Einzel, einzige Deutsche, die je ein Turnier der Super Series gewann. Die 29-Jährige spielt nicht mehr für Deutschland. Rücktritt. Der lang schwe-lende Streit mit dem Verband war nach ihrem Achtelfinal-Aus bei Olympia 2012 übergekocht. Schenk vermisste Unterstüt-zung, es ging um ihre Mentaltrainerin und Lebensgefährtin Gaby Frey, die vom DBV keine Akkreditierung bekam. „Man wollte nicht, dass ich gewinne“, sagte die Berlinerin. Der Verband bemühte sich um sie, es sah nach Annäherung aus, im März half Schenk dem Team, in Ramenskoje (Russland) Europameister zu werden. Im Mai aber zerbrach die Beziehung.

In Europa schon Meister: Marc Zwiebler

HOLGER HASSE,

BUNDESTRAINER:

AUF DER SUCHE

NACH DEN ZWEI,

DREI TALENTEN

PRO JAHR

50 [ Meter x Sekunde ] Faktor Sport

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AM BEISPIEL BERCHTESGADEN: DAS KONZEPT DER ELITESCHULEN DES SPORTS

SCHULBESUCH

MANN VON WELTEN [ Adnan Maral mittelt zwanglos zwischen den Kulturen ]GELD IST NICHT ALLES [ Mäzene erweitern ihr Selbstverständnis ]NUMMER 5 KÄMPFT [ Wie Angelique Kerber die Tennisspitze erreichte ]

Die AussichtenOben, im Internat, findet Marcus Busch einen einsamen Sechserträger Bier-Limo-Gemisch im Kühlschrank. Witzig findet der Internatsleit er das nicht, denn Alkohol darf nur getrunken wer-den, wenn er vorher gefragt wurde – wurde er nicht. Den Rundgang setzt er trotzdem mit Er-finderstolz fort.

Es war ein dickes Ding, als sich der DBV 2004 entschied, im Gebäude des Hauses des Sports zunächst fünf Zimmer für besonder s ta-lentierte Athleten zwischen 14 und 18 J ahren anzumieten. Damals wie heute hilft die Sport-stiftung NRW mit erheblichen Mitteln. Am An-fang war es ein Jugendlicher im Internat, dann waren es drei. Inzwischen gibt es immer mehr Anträge als Aufnahmen; alle 15 Zimmer sind be-legt.

Werbung in eigener Sache macht Mülheim durch große Siege seiner Athleten. Wie den von Fabian Roth im März des J ahres. Der ger ade 18-Jährige wurde überraschend Jugend-Europa-meister in Ankara. Sein Poster thront im Auf-enthaltsraum des Internats. Für den Athleten an der Schwelle zum Pr ofisport steht der Umzug

nach Saarbrücken an; Roth hat sich längst da-für entschieden. Wie er sich als 13-Jähriger ent-schloss, gegen elterliche Vorbehalte aus Baden-Württemberg nach NRW zu gehen. Die Schule hat nicht gelitten.

Roth wird athletischer wer den müssen. Badminton hat ei nen Tigersprung hin zu m Hochgeschwindigkeitssport gemacht. „Die Spiele der Weltspitze dauern inzwischen 70 Mi-nuten“, sagt Hasse. „Für uns ist wichtig , auf dem Laufenden zu bleiben. Ohne Krafttraining geht nichts mehr.“

Athletik und Technik, Kopf und Körper im Zusammenspiel: Der Sportpsychologe Ul-rich Kuhl gehört zum Betreuerstab, die Zusam-menarbeit mit dem Institut für Angewandte Trainingswissenschaft in Leipzig wur de ver-längert. Alle trainingsphysiologischen Daten deutscher Top-Athleten sind auf Knopfdruck verfügbar. Gerade war die DBV-Trainerspitze in Brøndby und hat sich am Kopenhagener Stütz-punkt mit den Dänen ausgetauscht. In Europa schärfste Konkurrenz, aber gemeinsam stark gegen die Asiaten.

Nicht zum ersten Mal hat sich der DBV entschlos-sen, mit Jacob Øhlenschlæger einen Dänen als Männer-Cheftrainer einzustellen. Øhlenschlæger ist kein großer Name in der Szene, aber er passt. „Wir sehen uns wie Mainz oder Fr eiburg“, sagt Hasse, „bei uns kann man zum Top-Trainer rei-fen.“ Und dabei hoffentlich die Juwelen schleifen: Es wäre schön, wenn einer wie Fabian Roth 2016 oder 2020 den Olympia-Fluch brechen könnte.

Wer kein Geld hat, braucht umso mehr Vo-raussicht. Hasse und Co . würden gern mit einer Mülheimer Kita zusammenarbeiten. Frühe Talent-suche, sicher. Aber darin käme auch zum Tragen, was Hasse über den Kampf um Titel und Trium-phe wichtig ist: „Wir haben eine Verantwortung für die Kinder hier. Wir wollen sie zum lebenslan-gen Sport bringen. Unsere Existenz hängt nicht von Medaillen ab. Nicht jeder kann zu Olympia.“

So ist das eben in Deutschland. Sieht man auch hier und heute: Nach der Pizza kann jeder machen, was er möchte . Zwei Jungen spielen in der verdunkelten Halle Hockey. Ein Mädchen hat sich auf eine Matte gelegt. Und schläft. Das gäbe es in China wohl kaum. ]

Faktor Sport [ Meter x Sekunde ] 51

Page 52: Faktor Sport - Ausgabe 3/2013

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Aus Zeit

Angekommen Text: Nicolas Richter

ES IST ZEIT Vertreter von Makkabi Deutschland und der European Maccabi Conf ederation verkündeten das Vergabe-Votum im Juli, am Rande der Makkabia-de (Weltspiele des jüdischen Sports) in Isr ael. In bei-den Verbänden habe es Gegenstimmen gegeben, sagt Peter Guttmann, Präsident v on Makkabi Deutsch-land, im Interview für www.integration-durch-sport.de/. Manche lehnten so ein Ev ent in Deutschland ab, solang e es Überlebende des Holocaust gibt. Er sieht den Moment reif. Natürlich wiesen U mfragen und Alltagserfahrungen der Vereine auf antisemitische Res-sentiments bei einigen Deut-schen hin. „Aber dies is t eine neue Generation, die Mehrheit ist offen und tolerant.“

DAS GROSSE PLUS Makkabi Deutschland ist jünger geworden. Und stärker. Vor dem Krieg zählte der 1903 formierte Verband 18.000 Vereine, bis 1935 saß gar die World Mac-cabi Union in Deutschland. Dann kamen die Nazis. Auf den bescheidenen Neustart folg-ten bange Jahre, die jüdische Gemeinde schr umpfte – bis Mitte der 90er die Zuwande-rung aus der früheren Sowjetunion einsetzte. Diese Migranten und ihre Nachkommen stellen über 90 Prozent der heute knapp 120.000 offiziell registrierten Juden hierzulan-de. Und sie stellen die meisten der 4000 Mitglieder v on wieder 37 Makkabi-Vereinen. Noch 2001 gab es 16.

Blau-Weiß und Schwarz-Rot-Gold: Bei der 19. Makkabiade im Julidieses Jahres liefen 202 jüdische Athleten für Deutschland ein – undein „Makkabär“, ihr Maskottchen

WENN DIES DAS ENDE DES ZWEITEN ANFANGS IST, dann hat der zweite Anfang 50 Jahre g edauert. Mak-kabi Deutschland, nationaler Verband der jüdischen Sportvereine, hat eine g roße Vor- und eine kleinere, aber stolze Nachkriegsgeschichte. Letztere begann 1965 mit der Neugründung durch sieben Vereine und wird 2015 ihren vorläufigen Höhepunkt errei-chen. Dann erlebt Berlin die 14. Europäischen Mak-kabi-Spiele, das erste jüdische Sportgroßevent in der Geschichte der Bundesrepublik. Etwa 2000 A thleten aus allen Ländern des Kontinents nehmen teil.

WILLKOMMENSKULTUR Starke Integrationsleistung, so kann man’s auch sehen. Frü-her seien Zuwanderer in den V ereinen unter sich geblieben und hätten Russisch ge-sprochen, sagt Guttmann. „Heute spielt Herkunft keine Rolle mehr und alle sprechen Deutsch.“ Im Übrigen wollen Makkabi-Vereine Juden zwar eine Heimat bieten (am Sab-bat etwa spielen die Teams nicht), aber allen anderen auch. Christen, Muslime und Athe-isten sollen sich gleichermaßen angesprochen fühlen. ]

52 [ Auszeit ] Faktor Sport

Page 53: Faktor Sport - Ausgabe 3/2013

DOSB l Spor t bewegt!

Begleite die Deutsche Olympiamannschaft zu den nächsten Spielen und fi ebere mit, wenn es in

Sotschi und Rio um Medaillen geht!

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Page 54: Faktor Sport - Ausgabe 3/2013

An Ihrer Studie „Sport-PR als Beruf“ ha-ben sich 221 Personen beteiligt. Welche Sportarten, welche Organisationstypen umfasst dieses Berufsfeld?Im Vorhinein konnten wir das nur v er-muten. Ich habe insgesamt 320 Organi-sationen angeschrieben, von denen an-zunehmen war, dass dort prof essionell, also hauptberuflich PR betrieben wird. Deshalb haben wir den DOSB und alle seine Fachverbände sowie sämtliche Lan-dessportbünde und Olympiastützpunkte adressiert. Bei den Vereinen habe ich das gleiche Kriterium angelegt und mich g e-fragt, welche Erst- und Zw eitligisten in welchen Sportarten es erfüllen. A ußer auf Fußball kamen wir auf sieben weitere Spielsportarten.

Hat sich Ihre Auswahl bestätigt?Nein, sie wurde über raschend häufig wi-derlegt. Es hat sich gezeigt, dass jeder drit-

te Studienteilnehmer frei arbeitet und je-der siebte sogar ehrenamtlich. Bei einigen Zweitligisten im Handball, Basketball oder Volleyball hatten wir schon in der Adressre-cherche Probleme, einen PR-Ansprechpart-ner zu f inden. Auch einige Spitzensport-verbände können sich of fenbar keinen hauptamtlichen Pressesprecher leisten.

Können oder wollen? In Ihrem Fazit spre-chen Sie von fehlender Einsicht. Welches Motiv schwerer wiegt, wurde in der Studie nicht abgefragt. Einigen soge-nannten kleinen Verbänden fehlen ver-mutlich objektiv die Mitt el. Andere Ver-bands- und Clubführungen scheinen aber nicht wirklich verstanden zu haben, was der mediale Wandel für die PR -Arbeit be-deutet. Da wäre vielleicht Geld da, aber es fließt in andere K anäle, zum Beispiel in neue Spieler. Ich kann so eine Finanzpla-nung sogar ein Stück weit verstehen.

Mit der Studie „Sport-PR als Beruf“ hat der Münchner Professor Michael Schaffrath

schwach erforschtes Gebiet betreten. Ein Gespräch über Mangel an Einsicht oder Geld

und Kommunikation in Zeiten der unverhältnismäßigen „Fußballisierung“. Text: Nicolas Richter

Alles für den Imitations-Effekt

Aber nur ein Stück weit.In der Tat ist das kurzfristig gedacht. An-gesichts der unverhältnismäßigen „Fuß-ballisierung“ unserer Gesellschaft haben viele Organisationen ja schon jetzt Prob-leme, ein Mindestmaß an Öffentlichkeit herzustellen – man kann in Deutschland 240 Sport- und Bewegungsarten betreiben, aber nicht mal zehn Prozent davon finden nennenswerte mediale R esonanz. Wenn ich also nicht jeden Tag Schlagzeilen pro-duziere wie der Fußball, brauche ich eine professionelle PR-Struktur, um die Chan-cen zu nutzen, die mir bleiben.

Dass ein Proficlub professionell kommu-nizieren muss, leuchtet ein. Aber warum soll ein nichtolympischer Verband in ein Social-Media-Konzept investieren statt in Trainer oder die Nachwuchsarbeit?Weil er Social Media br aucht, um diese Nachwuchsarbeit zielführend zu betrei-

Der Star an seiner Seite: DSV-Medienmann Stefan Schwarzbach begleitet (Ex-)Biathletin Magdalena Neuner bei der WM in Ruhpolding im vergangenen Jahr zu den Journalisten, schreibt aber auch hin und wieder – Texten ist das PR-Handwerk

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54 [ Vermittlungskunst ] Faktor Sport

Page 55: Faktor Sport - Ausgabe 3/2013

ben. Das Kommunikationsverhalten jun-ger Menschen konzentriert sich nun mal auf soziale Netzwerke, vor allem auf Face-book, ein bisschen auf T witter. Wenn er kein vernünftiges Konzept hat, um die für den Verband oder Verein wichtigsten Al-tersgruppen anzusprechen – wie will er langfristig Nachwuchs gewinnen respek-tive an sich binden? Natürlich braucht es für so ein Konzept nicht nur Geld, son-dern auch Kreativität und Fantasie.

Apropos kreativ: In der PR wird gern das Lancieren von „Geschichten“ empfohlen, am besten menschelnder. Was für eine Wirkung hat das noch, wenn ich nicht zu den Schlagzeilenproduzenten gehöre? Die Antwort ist kurz: keine.

Ist es dann nicht folgerichtig, dass die meisten PR-Abteilungen personell und fi-nanziell eher mau ausgestattet sind, wie Ihre Studie offenbart?Fest steht: Die Chancen, als nicht masse n-affine Sportart klassische Publizität zu er-fahren, sind selbst für eine gut aufgestell-te Kommunikationsabteilung und trotz der geschätzten 4150 Medienanbieter in Deutschland, die über Sport bericht en, deutlich schlechter als vor zehn, 20 Jahren. Die Frage ist, welche Alternativen ich habe, um Imitations-Effekte zu schaffen und den Nachwuchs zu erreichen. Sie werden sehen: Der Deutsche Tennis Bund gewinnt durch Sabine Lisickis Wimbledon-Finaleinzug neue Mitglieder. Und das, obwohl das Spiel nur im Pay-TV lief.

Tennis kann halt noch auf einen PR-unab-hängigen Hype hoffen. Was bleibt den an-deren angesichts des Desinteresses klas-sischer Medien? Nur der direkte Dialog über Facebook und eigene Plattformen?Das kann eine Strategie sein, muss es aber nicht. Zu einem Trendsportverband passt so ein Social-Media-basiertes Konzept, aber wenn ein Verein X erst mal seine Halle voll-kriegen muss, wird das nicht reichen. Es kommt auf die Sportart, die Zielgruppe, den Zuschnitt der Organisation an. Des-halb brauche ich ein Ko mmunikations-

DER PROFESSOR UND SEINE STUDIE Professor Michael Schaffrath, Jahrgang 1966, lehrt und forscht an der TU München, wo er den Arbeitsbereich für Medien und Kommunikation an der Fakultät für Sport- und Gesundheitswis-senschaft leitet. Zuvor war der einstige Sportjournalist (WDR, RTL, SID) an der Deutschen Sport-hochschule Köln und vier weite-ren Hochschulen tätig. Schaffrath hat zehn Monografien und Antho-logien verfasst und gibt die Schrif-tenreihe „Sportpublizistik“ imLIT Verlag heraus.

Die Ende 2012 veröffentlichte Studie „Sport-PR als Beruf“ basiert auf der Onlinebefragung von 320 Presseverantwortlichen aus acht Sportarten: Fußball, Handball, Basketball, Eishockey, Hockey, Volleyball, Tennis und Tischtennis. 178 von ihnen beantworteten alle Fragen.

management: Wo stehen wir, was wollen wir, wie kommen wir dahin? Es muss ja nicht jeder in den nationalen TV-Sendern und Tageszeitungen auftauchen. Für be-stimmte Ziele können regionale Kommu-nikationskonzepte viel wirksamer und wirtschaftlicher sein.

Die meisten Befragten halten journalisti-sche Erfahrung für die wichtigste Jobvor-aussetzung. Wäre strategische Kompetenz wichtiger? So weit würde ich nicht g ehen. Die Studie hat gezeigt, dass die meisten Teilnehmer in erster Linie journalistische Tätigkeiten aus-üben. Wenn das so ist, brauchen sie entspre-chende Kompetenzen. Ein großes Problem besteht aber darin, dass es bei manchen PR-Verantwortlichen genau daran scheitert – weniger bei den hauptber uflichen, denn die können f lüssig, zielgruppengerecht und medienadäquat schreiben. Aber wenn wir über zweite, dritte sowie „unterklassige“ Ligen reden oder über manche nicht-ol ym-pische Verbände, muss vielleicht ein Eh-renamtlicher die PR v erantworten. Solche Personen sind bei allem lobenswerten Enga-gement nicht selten überfordert, wobei man sich die Basics über entsprechende W eiter-bildungen aneignen kann. Die Entwicklung seriöser PR-Strategien verlangt aber zweifel-los hauptamtliche Strukturen.

Der mediale Wandel mache Kommuni-kation anonymer, sprunghafter, schwer durchschaubar, betonen Sie, etwa durch Blogger und twitternde Sportler. Wie kön-nen Organisationen darauf reagieren?Das ist ein kompliziertes Feld. Einige reagie-ren, indem sie mit den A thleten Vereinba-rungen treffen, wer was wann sag en darf, etwa bei bestimmten Events. Damit betritt man zwar rechtlich schwierig es Terrain, aber es kann einem V erein nicht gefallen, wenn ein Fußballer auf der Fahrt ins Stadi-on twittert, dass er heute nicht spielt. Nur: Junge Sportler wachsen inzwischen mit so-zialen Medien auf, sie lassen sich da ungern einschränken – nicht zu vergessen, dass sich ein Facebook-Account auch als persönliche Werbeplattform eignet. ]

Faktor Sport [ Vermittlungskunst ] 55

Page 56: Faktor Sport - Ausgabe 3/2013

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56 [ Tribüne ] Faktor Sport

Niederlagen schmerzen, knappe allemal. Manchmal aber haben sie hei-lende Wirkung. Man kennt es. Nach sechs EM-Siegen in F olge und Para-lympics-Gold im vergangenen Jahr in London war der Eindruck entstan-den, die Titelverteidigung der deutschen Rollstuhlbasketballerinnen bei der Europameisterschaft in Frankfurt Anfang Juli sei ein Spaziergang. „Je-der hat von uns die Goldmedaille erwartet“, fasst Gesche Schünemann, eine der besten Korblegerinnen des Teams, die öffentliche Erwartungs-haltung zusammen.

Am Ende gab’s im Finale in der Eissporthalle ein äußerst knap-pes 56:57 gegen die Dauerrivalinnen aus den Niederlanden. Das sei zwar ein „wenig enttäuschend“, sagt Schünemann, „aber kein Bein-bruch“. Die Qualifikation für die Weltmeisterschaft kommendes Jahr in Toronto geriet dadurch nicht in Gefahr. Genauso wenig wie bei den Männern, die mit einem sechsten Platz das WM-Ticket für Süd-korea erspielten.

Und die heilende Wirkung? Das Finale verdeutlichte, dass Siege im Rollstuhlbasketball nicht verschenkt werden, dass es harte Konkurren-ten gibt, wenn auch in Europa mit England und den Niederlanden weni-ger als etwa bei Paralympischen Spielen, wo sich Australien, China, USA und Kanada auf dem gleichen Leistungslevel bewegen. „In London war jedes Match schwierig“, sagt Gesche Schünemann.

Glaubhafter Wettbewerb ist wichtig für die fortgesetzte Werbung, und die EM in Frankfurt bot die Bühne, um an den Erfolg der Paralympischen Spiele anzuknüpfen – was medial sehr gut klappte: „Mit 160 akkreditier-ten Journalisten war die Resonanz für ein paralympisches Einzelevent enorm hoch“, sagt Andreas Joneck, EM-Pressechef und Geschäftsführer des Bundesligaclubs RSV Lahn-Dill. Bekannte Zeitungen und TV-Sender, wie die „FAZ“, die „Süddeutsche Zeitung“, ARD, ZDF und RTL, berichteten breitspurig von der Meisterschaft. Und, das hat Gesche Schünemann auch beobachtet, der Fokus der Berichterstattung hat sich verändert: „Die Me-dien haben mittlerweile verstanden, dass es hier um Sport geht, nicht um unterschiedliche Schicksale.“

Auf der Tribüne haperte es allerdings mit der Aufmerksamkeit. Oft-mals blieben die Teams unter sich, selbst bei den deutschen Partien füll-ten sich die Ränge selten mehr als zur Hälfte. Schünemann: „Es ist enttäu-schend, dass so wenige Zuschauer den Weg in die Halle gefunden haben. London war da eine ganz andere Hausnummer.“ Das Frankfurter Turnier zählte am Ende der zehn Tage und 70 (bisweilen gleichzeitig ausgetrage-nen) Partien rund 20.000 Besucher. „Nicht wenig, aber auf die Spiele ver-teilt sicher nicht ganz die Zahl, die wir uns erträumt hatten“, sagt Joneck. Trotz intensiver Medienansprache und hoher werblicher Präsenz sei es nur zum Teil gelungen, die Stadtgesellschaft in Frankfurt zu mobilisieren.

Ein Lichtblick: Das Endspiel sahen 600.000 Zuschauer, es wurde live in der ARD übertragen. Damit war man Tennis, dem einstigen Publikums-renner, weit voraus. Das Wimbledon-Finale mit Sabine Lisicki, am gleichen Tag ausgetragen, blieb im Pay-TV verborgen. mm

Die Medienstandards verändern sich: Trainer Holger Glinicki bei einer kurzen Spielbesprechung mit seiner Mannschaft. Viertel- und Halbfinale sowie das Endspiel der Damen wurden von ARD und ZDF live übertragen

Page 57: Faktor Sport - Ausgabe 3/2013

Mit dem Wettbewerb „Das Grüne Band für vorbildliche Talent förderung im Verein“ unterstützt die

Commerzbank junge Athleten seit 27 Jahren auf ihrem Weg in den Spitzensport. In Zusammen arbeit

mit dem Deutschen Olympischen Sportbund fördern wir die Begeisterung für den Sport, setzen ein

Zeichen dafür, dass Erfolge mit fairen Mitteln möglich sind und belohnen engagierte Nachwuchsarbeit.

Mehr Informationen unter www.dasgrueneband.com

Wir fördern junge Talente.Das „Grüne Band“ prämiert Sportvereine für vorbildliche Talentförderung.

Eine gemeinsame Initiative von

Ab Januar 2014

wieder bewerben!

Page 58: Faktor Sport - Ausgabe 3/2013

Die Maxime des TV Jahn-Rheine lautet: „Sport für alle“. Ortstermin bei einem

Verein, der sich selbstbewusst den gesellschaftlichen Veränderungen stellt und

sein Angebot konsequent nach den Wünschen seiner Mitglieder ausrichtet. Text: Marcus Meyer

Wir investieren gern

STIPPVISITEN Rund 91.000 Vereine gibt es in Deutsch-land, und keiner von ihnen bleibt un-berührt von den drängenden Themen dieser Zeit: demografischer Wandel, Ganztagsschule, geballte Freizeitkonkur-renz, einiges mehr. Wie begegnen diese Keimzellen des organisierten Sports der gesellschaftlichen Entwicklung?

In loser Folge wird „Faktor Sport“ Beispiele präsentieren; von Vereinen, die zielstrebig und Erfolg versprechend am Übergang in die Zukunft arbeiten. Den Anfang macht der TV Jahn-Rheine aus dem Münsterland, ein Mitglied im Freiburger Kreis, der Arbeitsgemeinschaft der größten deut-schen Vereine. Der Präsident und sein Steuermann: Klaus-Dieter Remberg (r.) und Ralf Kamp Cr

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58 [ Spiegelbild ] Faktor Sport

Page 59: Faktor Sport - Ausgabe 3/2013

Was nicht zum Angebot gehört: Fußball. Warum?, fragt man sich.

Ralf Kamp: „Wir könnt en zwar schnell 500 Mitglieder mehr haben, w enn wir eine Abteilung aufziehen würden, aber es gibt in Rheine schon mehr als genug Fußballvereine. Wir müsst en also einen anderen verdrängen, und das entspräc he nicht unserem Ansatz. Ein weiterer Aspekt ist: Überlegen Sie mal, wie oft Kinder beim Fußball nicht integrativ behandelt werden, wenn sie nicht so gut sind. Die sitzen dann so lange auf der Bank, bis sie sic h abmel-den. Und das in der sozialen Einric htung Verein. Ich glaube, andere Sportarten sind in diesem Aussieben nicht so krass.“

Wir schreiten durch ein Lab yrinth von Gängen, Treppen, hoch und runter, öffnen und schließen Türen, jedes Mal ein neuer Gestaltungsstil. Aus einem Guss sieht an-ders aus. Dem Gebäude-Ensemble is t das „Basteln“ an der Zukunft (Vereinssaussa-ge) anzumerken. Es wirkt wie der S tamm eines Baumes, an dessen Jahresringen das Alter abzulesen ist.

Mit 30 hauptamtlichen Mitarbeitern, 40 geringfügig Beschäftigten und über 300 Ehrenamtlichen bewegt der Verein rund zweiMillionen Euro Umsatz pro Jahr. Das erfor-dert viel Umsicht beim Wirtschaften, vor allem wegen des besagten Bastelns. „Wir sind sehr investitionsfreudig“, sagt Ralf Kamp. Nächstes Projekt: ein neues Sport-zentrum, das in P artnerschaft mit zwei Berufsschulen des Kreises gebaut wird.

Die Unternehmung berührt eines der zentralen Zukunftsthemen von Ver-einen: die Zusammenarbeit mit Bildungs-einrichtungen. Schon länger unterstützen Trainer des TV Jahn-Rheine Lehranstalten im Ganztag und beim Unterricht, aktuell etwa 60 S tunden pro Woche; jetzt wird auch gemeinsam geplant – und finanziert.

Kamp sagt: „Das Sportzentrum würde von den Schulen wie vom Verein gleicherma-ßen genutzt. Allerdings konzentriert sich der Schulsport auf die Zeiten von 7 bis 9 Uhr und von 11 bis 15 Uhr. Also eher auf Schwachlastzeiten, die wir nicht so gut nut-zen können. Bei uns liegt der Schwerpunkt auf den übrigen Zeiten; betriebswirtschaft-lich also eine sehr attr aktive Situation. Und auch für die Schulen ist es ein großer finanzieller Gewinn, denn die Nutzung des von uns gebauten Sportzentrums ist we-sentlich günstiger, als wenn der Kreis eine eigene Halle bauen und unterhalten müss-te. Es ist am Schluss nicht wichtig, dass es eine 100-Prozent-Auslastung gibt, sondern dass Schule und Verein zusammen 80 Pro-zent nutzen. Da muss jeder Abstriche ma-

chen. Für uns ist das ein ric htiges Innova-tionsprojekt.“

Die Kosten sind auf vier Millionen Euro veranschlagt. Geplant ist, dass der TV Jahn-Rheine Investor und Bauherr wird und der Landkreis Eigentümer des Gr undstücks, der mit dem V erein einen langjährig en Mietvertrag vereinbart. Ein hoher Kredit ist vonnöten. „Natürlich beginnen wir zu kalkulieren, dass wir 800 bis 1000 zusätzli-che Mitglieder brauchen, um das zu finan-zieren“, sagt K amp. Bange scheint dem Vereinsboss aber nicht zu sein: „Es wäre schon sehr seltsam, w enn uns das nicht gelingen sollte. Das Sportzentr um liegt auf der anderen Seite der Stadt, so können wir Menschen aus der Peripherie und den Nachbarorten ansprechen, das ginge sonst nicht. Zudem liegen die Schwerpunkte auf Fitness, Gesundheit und Sport mit Musik. Alles Zukunftsthemen.“

Es tritt Klaus-Diet er Remberg zum Gespräch hinzu, V ereinspräsident und jene Person, die die Philosophie „Sport für alle“ in den TV Jahn-Rheine getragen und umgesetzt hat. Remberg, im Auftreten völ-lig undogmatisch, ist diesbezüglich auch Ziehvater von Ralf Kamp. „Mir war Anfang der 80er-Jahre beim Aufbau des jetzigen Sportparks klar, dass wir nicht einfach noch eine Sporthalle brauchen, von denen es ja genug von der Stadt gab, sondern et-was ganz Neues“, sagt der 71-Jährige über seine Anfangszeit. Soll heißen: Fitness-, Gesundheits- und Seniorenangebote.

Dann folgt eine grundsätzliche Schel-te von Remberg:

„Das Problem bei den Verbänden ist, dass sie denken, wenn ich meine Spor tart ver-einfache, dann können es alle machen. Das ist falsch. Wir haben gelernt, dass starre Angebote, Menschen, die erst mit 40, 50 oder 60 Jahren beginnen Sport zu treiben, keinen Zugang bieten.“

Remberg und Kamp nehmen den Menschen mit seinen Bedürfnissen als Ausgangspunkt für ihre Überlegungen, nicht das Angebot, in das sie sich fügen müssen. Dadurch fand sogar eine Gruppe von Tischfußballern eine Heimat beim TV Jahn-Rheine. Irgendwo gab es einen kleinen, freien Raum, das Sportge-rät hat der V erein vorfinanziert, über die Mitgliedsbeiträge wird die Investition nach und nach abbezahlt. U nd als letztens ein paar Senioren v orbeikamen und sagt en, wir würden gern Boule spielen, wurde kur-zerhand ein Tennisplatz umgebaut. Nun sieht man im Sportpark mehrmals die Wo-che ein paar ältere Sportler die Kugeln im vereinseigenen „Boulodrome“ werfen. ]

Dass sämtliche Sporträume die N a-men olympischer Ausrichterstäd-te tragen, führt gleich mal auf die falsche Spur. Eine Orientierung am Spitzensport kann man dem Tur n-

verein Jahn-Rheine 1 885 e.V. aus Nord-rhein-Westfalen nämlich nicht nachsagen. Nein, das Grundmotiv, und das macht Ralf Kamp an diesem sonnigen Tag beim Rund-gang übers Vereinsgelände und anschlie-ßendem Gespräch mehr mals deutlich, sei: „Sport für alle. Und damit meinen wir auch alle.“ Aber dazu später mehr.

Ralf Kamp, Anfang 40, groß gewach-sen, redegewandt und mit allen Begriffen beschlagen, die die Wirtschaftssprache so bereithält, ist seit drei Jahren V orstand des mit 5700 Mitgliedern größten Sport-vereins im Müns terland. Kamp bedient sich gern klarer Worte und hat eine ge-naue Vorstellung von der w eiteren Ent-wicklung des T V Jahn-Rheine: „Natürlich möchten wir wachsen, weil wir Menschen für Bewegung begeistern wollen. Aber Mit-gliederzuwachs ist nicht unsere Maxime.“ Die lautet eher: „Für alles, was wir bauen, müssen wir eine Auslastung finden, die sich betriebswirtschaftlich rechnet.“

Bloß nicht jammernDas klingt kühl, is t es auch. Aber eher er-frischend als unangenehm. Kamp spricht zwar von Finanzierungsanträgen und Zu-schüssen für Vereinsprojekte, etwa aus dem DOSB-Programm „Integration durch Sport“; aber sich hilfsbedürftig darzustellen, gar zu jammern wie andere, käme ihm nicht in den Sinn. Seine Maxime: selber gestalten und gesellschaftliche Entwicklungen nicht reflexhaft als Gefahr begreifen. Eher als Chance. „Haben Sie schon mal jemanden aus der Verbandswelt erlebt, der sagt: ,Men-schen werden immer älter, wie geil ist das denn?‘ Es ist zwar nicht toll, dass die Gesell-schaft überaltert, aber deshalb kann trotz-dem Sport getrieben werden. Und das – bei passenden Angeboten – viel länger und von viel mehr Menschen als früher.“

Rund 60.000 Quadratmeter umfasst der Sportpark des Vereins, Raum für viele Angebote und Bedürfni sse: Tennisplätze, Sportfelder für Beachvolleyball und Bogen-schießen, ein Fitnessstudio, diverse Hallen und Räume für Judo, Skaten, Tanzen oder Fitness- und Gesundheitsang ebote von Zumba (Kamp: „Hat uns 200 neue Mitglie-der beschert.“) über Hot Iron bis zu Yoga. Ein Bewegungskindergarten gehört dazu, auch eine Kindersportschule für den Nach-wuchs bis zehn Jahre. Der Verein erhielt in NRW dreimal nacheinander das Prädikat „Kinderfreundlicher Verein“.

Faktor Sport [ Spiegelbild ] 59

Page 60: Faktor Sport - Ausgabe 3/2013

Sportentwicklungsbericht: stabile Mitgliederzahlen

Fluthilfe für den SportDer Bundesrat hat im Juli das Nachtragshaus-haltsgesetz 2013 gebilligt und dem Aufbauhil-fegesetz zugestimmt. Damit ist der Weg frei für die finanzielle Unterstützung der Hochwasserge-schädigten vom Frühsommer dieses Jahres. Auch vereinseigene Sportstätten sind in das Gesetz aufgenommen worden. Dafür hatte sich der or-ganisierte Sport starkgemacht. Der Aufbauhilfe-fonds wird durch den Bund mit acht Milliarden Euro ausgestattet. Die Länder beteiligen sich an der Finanzierung durch Übernahme von Zinsen und Tilgung. Der Nachtragshaushalt sieht eine Erhöhung der Kreditaufnahme durch den Bund in entsprechender Höhe vor. Durch einen vom DOSB eingerichteten und über die Stiftung Deutscher Sport mitfinanzierten (100.000 Euro) Hilfsfond, werden zusätzlich knapp 230.000 Euro für die durch das Hochwasser in ihrer Existenz bedroh-ten Vereine zur Verfügung gestellt. Weitere Hilfe ist gern gesehen, Spenden können auf folgendes Konto eingezahlt werden:

Stiftung Deutscher SportKontonummer: 00 9618 2600Bankleitzahl: 500 800 00Iban: DE 17 500 800 0000 961 826 00

Alles hat zwei Seiten, auch die Stimmung in Deutschlands Sportvereinen: In der Gesamtbi-lanz hat der kürzlich veröffentlichte Sportentwick-lungsbericht 2011/2012 den allgemeinen Eindruck bestätigt. Denn seit Jahren sieht der organisier-te Sport die Folgen des demografischen Wandels wachsen, der unter anderem die Zahl junger Men-schen stark verringert hat und noch stärker ver-ringern wird. Er sieht aber auch, dass seine Basis im Großen und Ganzen nicht geschrumpft ist: Die Mitgliederzahlen des DOSB sind vorläufig stabil, auch bei Kindern und Jugendlichen.

Woran das unter anderem liegen könn-te, zeigt der Sportentwicklungsbericht. Es ist der vierte seiner Art, wie seine Vorgänger wurde er im Auftrag von DOSB, vom Bundesinstitut für Sport-wissenschaft und den Landessportbünden von Christoph Breuer an der Deutschen Sporthoch-schule Köln erarbeitet: mittels Online-Befragung, an der 22.000 Vereine teilnahmen, mehr denn je. Die Daten zeigen unter anderem einen Trend zur Kooperation mit Ganztagsschulen. 17,8 Prozent der Vereine haben diese Maßnahme zur Sicherung von Nachwuchs (und Sportstättenzugang) ergrif-fen, deutlich mehr als laut Sportentwicklungsbe-richt 2009/2010 (12,4 Prozent).

Auch das Selbstverständnis der Studienteilnehmer erscheint zukunftsgerecht. Soziale Offenheit kann Vereine gegenüber privater Konkurrenz profilieren, und tatsächlich stufen die Verantwortlichen solche Ziele am höchsten ein: „Fair Play und Toleranz ver-mitteln“, „preiswertes Sporttreiben ermöglichen“, „Menschen mit Migrationshintergrund erreichen“ sind ihre wichtigsten. Aspekte wie Leistungs-sport und Talentförderung sind im Vergleich zu 2009/2010 etwas weniger bedeutend.

Viel stärker hat sich die Einschätzung der Probleme verändert. Zumal die der personellen. Vor allem die Suche nach und Bindung von Ehren-amtlichen – in erster Linie von Funktionsträgern, in zweiter von Übungsleitern – sehen die Vereine erschwert. Die Akquise von Mitgliedern inklusive leistungssportlichen Nachwuchses und von Schieds- und Kampfrichtern ergänzen die Liste ihrer größ-ten, zudem wachsenden Sorgen. Insgesamt sehen sich 35,5 Prozent der Vereine mit mindestens einem „existenziellen“ Problem konfrontiert.

www.dosb.de/index.php?id=7840

Top in Sotschi, aufwärts in RioOben bleiben, darum geht es: Der DOSB hat die mit den Fachverbänden getrof-fenen Zielvereinbarungen vorgestellt und seine Hoffnungen für Olympia 2014 und 2016 verdeutlicht. Christa Thiel, die für Leistungssport zuständige DOSB-Vi-zepräsidentin, sagt, es gehe in Sotschi und Rio darum, die Ergebnisse von Van-couver und London „mindestens zu halten, möglichst zu verbessern“.

Generaldirektor Michael Vesper gab für die Winterspiele in Russland Kon-kretes vor: ein Platz unter den Top Drei im sogenannten Medaillenspiegel – in Vancouver war die Deutsche Olympiamannschaft zweite (hinter Kanada) ge-worden. Für die Sommersportler geht es zwei Jahre später vor allem darum, eine Tendenz fortzusetzen: In London 2012 hatten sie mit 44 Medaillen und 81 Finalplätzen mehr erreicht als in Peking 2008 (41/69).

Die Zielvereinbarungen und das Fördersystem als solches: Nach London wurde viel darüber diskutiert, nicht immer auf fester Basis. Leistungssportdirek-tor Bernhard Schwank erläuterte noch einmal die Zusammenhänge. In Kurz-form: Die vom Bundesministerium des Innern bereitgestellten Mittel werden nach dem „Steuerungsmodell Leistungssport“ verteilt. Im Jahr 2006 von der DOSB-Mitgliederversammlung beschlossen, trennt es zwischen Grund- und Projektförderung und dort jeweils zwischen Jahresplanung und Leistungssport-personal. Im Jahr 2013 zum Beispiel summiert sich die Grundförderung auf gut 33,4 Millionen Euro (20,2 Jahresplanung, 13,2 für Personal), die Projektförde-rung auf 10,8 Millionen (8,0 plus 2,8), siehe Grafik.

Und nun? Nach welchen Schlüsseln wird das Geld auf die Verbände verteilt, welcher Verband bekommt wie viel und welche Ziele verfolgt er da-mit jeweils?

Jahresplanung

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Leistungssportkonzept, Strukturplan,Leistungssportpersonal-Konzept

Grundförderung Leistungssportpersonal

20.200.000 EUR

Grundförderung Jahresplanung

13.200.000 EUR

Leistungssport-Personal inkl. AuF u. VKP

2.800.000 EUR

Projektförderung

Klare Zielvorgaben, klare Struktur: das Fördersystem bis 2016

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Das und mehr lässt sich im Internet nachlesen:

www.dosb.de/zielvereinbarungen

60 [ Bewegungsmelder ] Faktor Sport

Page 61: Faktor Sport - Ausgabe 3/2013

IMPRESSUM

Herausgeber

Deutscher Olympischer SportbundOtto-Fleck-Schneise 12 | D-60528 Frankfurt am MainAG Frankfurt | VR 13581GeneraldirektorDr. Michael Vesper

Deutsche Sport-Marketing GmbHSchaumainkai 91 | D-60596 Frankfurt am MainAG Frankfurt | HRB 26615 | USt-IdNr. DE114139775 GeschäftsführerAxel Achten

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Mit freundlicher Unterstützung der Fotoagentur dpa Picture-Alliance GmbH

DOSB setzt ZUG in GangDer Gesamttitel ist etwas unhandlich, aber aussa-gekräftig: „Zugewandert und geblieben – Zielgrup-penspezifische Gesundheitsförderung mit dem be-sonderen Fokus auf ältere Frauen und Männer mit Migrationshintergrund“ heißt ein Projekt, das der DOSB mit Fördermitteln des Bundesgesundheits-ministeriums in Gang gesetzt hat. Das Ministerium hat 655.000 Euro bewilligt, um ältere Migrantinnen und Migranten jenseits der 60 körperlich zu aktivie-ren. Mitglieder dieser Bevölkerungsgruppe bewe-gen sich im Allgemeinen wenig und sind für Sport-vereine schwer erreichbar. Es gilt also insbesondere, gezielte Angebote und Maßnahmen zu entwickeln und umzusetzen. Dafür sucht der DOSB nun Part-ner unter seinen 98 Mitgliedsorganisationen – die Ausschreibung läuft. Aus den Bewerbungen sucht eine Jury sechs Verbände aus, die mit jeweils drei Vereinen Modellprojekte ausführen sollen. „Zuge-wandert und geblieben“ – noch kürzer: ZUG läuft über drei Jahre.

Youth Olympic Festival:sportlich top „Absolut zufrieden“ mit dem eigenen Team, ex-trem zufrieden mit der sportlichen Organisation, nicht zufrieden mit Transport, Verpflegung, Unter-bringung: Sabine Krapf, Chef de Mission des DOSB beim European Youth Olympic Festival (EYOF) 2013 zog nach den Tagen von Utrecht (14. bis 19. Juli) ge-spalten Bilanz. Mit fünf Gold-, acht Silber- und drei Bronzemedaillen landete der deutsche Nachwuchs auf Platz sechs im Nationenranking. Obwohl die Leichtathleten wegen gesenkter Altersgrenzen auf Starts verzichtet hatten, war das ein Rang besser als 2011 im türkischen Trabzon. „Wir geben ja kei-ne Medaillenziele aus, aber super ist natürlich, dass alle Einzelsportarten Medaillen geholt haben. Bei den Teams war sicherlich mehr drin, aber alle ha-ben oben mitgespielt“, so Krapf mit Blick auf Judo, Schwimmen, Turnen, Tennis, Radsport respektive Handball, Volleyball und Basketball. Beim 12. EYOF machten 98 Deutsche und weitere 2200 Jugendli-che aus 48 Ländern erste Olympia-Erfahrungen.

Erfolgreicher deutscher Nachwuchs: Platz sechs im Nationenranking

Mächtig Zug vorm Truck: 25 Rollstuhlsportler des DRS-Vereins Hannover United ziehen einen 50-Ton-nen-LKW über 100 Meter. Der Lohn: ein Eintrag ins Guinessbuch der Rekorde

TERMINE

Entscheidung 2022Ja oder nein, das wird hier die Frage sein: Für den Nachmittag des 30. September, 15 Uhr, hat der DOSB seine Mitgliedsorganisationen zu ei-ner informellen Sitzung ins Haus des Bayerischen Landes-Sportverbandes eingeladen. Es gilt eine Richtungsentscheidung zu treffen für oder gegen eine Bewerbung für die Olympischen Winterspie-le und Paralympics 2022 in München. Bis zum 14. November müsste dem IOC eine entspre-chende Interessenbekundung zugeleitet werden. Davor stehen unter anderem noch die Volksent-scheide in München und den anderen Austra-gungsorten.

6. – 14. SEPTEMBERDeutschland und SchweizVolleyball-EM / FrauenBundestrainer Giovanni Guidetti sagt: „Wir können alle schlagen.“ Vielleicht reicht es ja fürs Finale in Berlin am 14. September

14. SEPTEMBERBerlinSportabzeichen-TourDas große Finale zum Jubiläum: Im Schloss Bellevue feiern geladene Gäste auch 100 Jahre Fitnessorden

20. – 29. SEPTEMBERDänemark und PolenVolleyball-EM / MännerDeutschland spielt in der Vorrunde in Gdynia gegen Bulgarien, Russland und Tschechien

30. SEPTEMBER – 6. OKTOBERAntwerpenKunstturn-WMSechs deutsche Männer und vier Frauen sind dabei, Marcel Nguyen verzichtet

1. OKTOBERDüsseldorfEinkleidung OlympiamannschaftAdidas, Bogner und Sioux stellen in der Messe die Garderobe der deutschen Delegation für Sotschi vor

11./12. OKTOBERBerlinBundeskonferenz SportentwicklungDer DOSB setzt ein zeitloses, aber brennendes Thema: „Mitgliederentwicklung im Sportverein“

7. DEZEMBERWiesbadenDOSB-MitgliederversammlungBei der 9. Veranstaltung ihrer Art geht es nicht nur um Haushaltsfragen

Faktor Sport [ Impressum ] 61

Page 62: Faktor Sport - Ausgabe 3/2013

Der ArbeitgeberSeit über 50 Jahren kooperiert Dertour mit dem deutschen olympischen Sport, früher über das NOK, seit 2006 als Co Partner des DOSB. Das Touristikunterneh-men verantwortet national und exklusiv den Verkauf der Eintrittskarten für die Olympischen Spiele sowie die Reiseorga-nisation der Deutschen Olympiamann-schaft. Anfang des vergangenen Jahres erweiterte das Unternehmen sein Sport-Engagement durch eine Lizenzpartner-schaft mit dem Deutschen Behinderten-Sportverband (DBS).

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AnrufbeiCarsten

Hüfner

Man darf sich das ruhig wie ein Lagezentrum vorstellen, eins des Sports: diesen Raum von 60 Qua-dratmetern, den Carsten Hüfner beschreibt, in dem 80.000 Tickets lagerten und acht Personen ar-beiteten, zwar nicht Tag und Nacht, das nicht ganz, aber doch so viele Stunden täglich und am Wo-chenende, dass eine Sonderregelung mit dem Betriebsrat hermusste. „Das war nicht ganz einfach“, sagt Hüfner – und lacht.

Der 37-Jährige ist Teamleiter beim Sportreiseveranstalter Live von Dertour, dem offizi-ellen Reisepartner der Deutschen Olympiamannschaft. Er spricht von London, seinen zweiten Olympischen Spielen, genauer: von den letzten Wochen vor der Eröffnung, als die Tickets manu-ell nach Tagen und Wettkämpfen sortiert werden mussten, ehe sie an die Sportfans verschickt werden konnten. Was in der Bestellung überwiegend digital abgelaufen war, stellte sich nun als 10.000-fache analoge Herausforderung dar. Nie zuvor war der Run auf Olympia so stark wie 2012.

So eine wertvolle Bestellung, da wird nichts, aber auch gar nichts dem Zufall überlassen. Hüfner und seine Kollegen waren nach London gereist, um die Tickets beim Organisationskomitee persönlich entgegenzunehmen. Jede Eintrittskarte hielten sie einzeln in der Hand und zeichneten sie ab, ehe sie wieder heimfuhren. Die Fracht selbst kam drei Tage später zur Dertour-Zentrale ins Frankfurter Mertonviertel. Als Werttransport.

„Wir hatten insgesamt 20.000 Versandvorgänge“, sagt Hüfner. Auch ein Jahr später ist seiner Erzählung noch der zeitliche Druck anzumerken, unter dem die Aktion ablief, und die Erleichte-rung, dass es „letztlich prima funktioniert hat. Auch wenn einzelne Fehler natürlich nie auszu-schließen sind.“

Olympia, mag man denken, ist das eine, der Alltag etwas anderes. Stimmt. Und doch: Extre-me Erfahrungen, leider auch negative, gehören zum Job von Carsten Hüfner. In diesem Frühjahr etwa, als beim Boston-Marathon durch einen Anschlag drei Menschen starben. „Die Bomben ex-plodierten, als Läufer mit einer Zeit um die vier Stunden ins Ziel kamen. Viele unserer Gäste hat-ten diese Leistung angepeilt, das wussten wir aus den Anmeldungen“, sagt er. Die Sorge in Frank-furt war also groß. Erst als die Mail des US-Krisenmanagements eintraf und sich der Reiseleiter, der kurz vor der Explosion den Zielbereich verlassen hatte, meldete, löste sich die Anspannung. Hüfner: „Wir haben alle zusammenbekommen, keinem der Gäste war etwas passiert.“ Ob er sich den Job so herausfordernd vorgestellt habe? „Ja“, sagt er, „ich wusste, was auf mich zukommt.“

Text: Marcus Meyer

1 Dertour ist in Deutschland offizieller Reiseveranstalter für die Olympischen Spiele. Nach welchen Kriterien teilt das jeweilige Organisationskomitee die Tickets zu? Die Vergabe richtet sich vor allem nach drei Kriterien: Erstens nach der sportlichen Wertigkeit der Sportart in dem jeweiligen Land, deshalb erhalten wir zum Beispiel viele Tickets für die Biathlon-Wettbewerbe. Einfluss hat zweitens die Menge der national bei den letzten Spielen verkauften Eintrittskarten und drittens, ob es generell eine hohe Nachfrage gibt. In London war das der Fall, in Sotschi wird es eher nicht so sein.

2 Wie unterscheiden sich die OKs in der Zusammenarbeit?Das ist sicher auch eine Mentalitätsfrage. Vancouver war klasse, London noch besser, eine Bilderbuchzusam-menarbeit. Da haben wir gemeinsam bis 2 Uhr nachts im Büro gestanden, um Tickets nachzudrucken, die beim Versand abhandengekommen waren. Mit Sotschi ist die Zusammenarbeit eher sachlich und konstruktiv.

3 Sport ist nicht allein ein großer Publikumsmagnet, sondern ein Freizeitfaktor geworden. Wie haben sich die Reisebuchungen verändert? Eigentlich nicht sehr. Für die, die zum Marathon nach New York fliegen, steht die Stadt bei der Reiseplanung weiterhin im Vordergrund. Es ist eher die Anzahl der Reisen, die stark gestiegen ist. Wir müssen mehr kämpfen als früher, um zum Beispiel Startplätze bei den Marathons zu bekommen.

3 Fragen …

62 [ Wechselspiel ] Faktor Sport

Page 63: Faktor Sport - Ausgabe 3/2013

Kraftstoff verbrauch, kombiniert: 9,5–4,4 l/100 km; CO2-Emissionen, kombiniert: 197–116 g/km.

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Sportlich inallen Facetten.

Page 64: Faktor Sport - Ausgabe 3/2013

Messe Düsseldorf GmbH

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Rio de Janeiro

Weltklasse erreicht die Messe Düsseldorf mit der Organisation von mehrals 40 Messen in Düsseldorf, davon über 20 die Nr. 1 in ihrer Branche,sowie mehr als 100 Veranstaltungen im Ausland. Und noch ein Forum für weltumspannende Kommunikation findet unter unserer Regie statt: das Deutsche Haus. Als Co Partner der deutschen Olympiamannschaft organisieren wir seit 2000 bei allen Olympischen Spielen diesen interna-tionalen Treffpunkt für die deutsche Olympiamannschaft und ihre Partner. 2010 haben wir das erstmals ausgerichtete Deutsche Haus Paralympics für die deutsche Paralympische Mannschaft und deren Partner und Förderer realisiert. Kontakte, Freunde, Partner – gewinnen Sie mit uns.


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