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Facharbeit: Die Analgosedierung des … · Weiterbildungsstätte für Intensivpflege & Anästhesie...

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Weiterbildungsstätte für Intensivpflege & Anästhesie und Pflege in der Onkologie Facharbeit: Die Analgosedierung des Intensivpatienten- Einsatz von Scoringsystemen Annika Leenen Mai 2008 Olfersstraße 8 48153 Münster
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Weiterbildungsstätte für

Intensivpflege & Anästhesie

und Pflege in der Onkologie

Facharbeit:

Die Analgosedierung des Intensivpatienten-

Einsatz von Scoringsystemen

Annika Leenen

Mai 2008

Olfersstraße 8

48153 Münster

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Inhaltsverzeichnis

Seite

1. Vorwort 4

2. Zusammenfassung 5

3. Einleitung 5

4. Definition 6

5. Indikationen für eine Analgosedierung 6

6. Analgosedierung im Wandel der Zeit 7

7. Ziele der Analgosedierung 8

7.1. Analgesie 8

7.2. Sedierung 8

8. Medikamente zur Analgosedierung 9

8.1. Analgetika 9

8.1.1. Opioid- Analgetika 9

8.1.1.1. Antagonisierung 11

8.1.2. Nicht Opioid- Analgetika 12

8.2. Sedativa 12

8.2.1. Benzodiazepine 12

8.2.1.1. Midazolam 13

8.2.2. Propofol 13

8.2.3. Clonidin 14

8.2.4. Ketamin 15

8.2.5. Barbiturate 16

8.3. Ceiling- Effekt 17

8.4. Kontextsensitive- Halbwertszeit 17

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9. Vor- und Nachteile der Analgosedierung 19

10. Monitoring der Analgosedierung 21

10.1. Das Scoringsystem als Instrument für das Sedierungsmonitoring 23

10.2. Monitoring der Analgesie 27

10.3. Aussagekraft der Scoringsysteme 29

11. Die Rolle der Pflegekräfte bei der Analgosedierung des Intensivpatienten 30

12. Schlusswort 32

13. Literaturverzeichnis 33

14. Abbildungsverzeichnis 35

15. Tabellenverzeichnis 35

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1. Vorwort

Durch meine tägliche Arbeit mit analgosedierten Patienten auf der Intensivstation des

Herz- Jesu- Krankenhauses wurde ich neugierig. Welche Kriterien sind für die Tiefe der

Analgosedierung maßgeblich?

Durch meinen Einsatz im UKM kam ich dann mit dem Scoresystem, als Verfahren des

Monitorings der Tiefe der Analgosedierung, in Kontakt. Dieses Thema möchte ich in

meiner Arbeit als praxisnahes Thema behandeln.

Wenn ich in der letzten Zeit von Kollegen gefragt wurde worüber ich schreibe, kam oft

die Reaktion: „Über Anal?? Sedierung???- worüber?“, „Scoring?????“. Meiner

Meinung nach war daran zu merken, dass im Alltag zwar immer über „sedierte“

Patienten gesprochen wird und wir ständig mit ihnen umgehen, die Analgesie, als

Voraussetzung für eine patientenorientierte Behandlung oft, wenn auch unbewusst,

unbeachtet bleibt.

Da auf unserer Station kein Scoringsystem zum Monitoring der Analgosedierung

verwendet wird, war teilweise auch dies oft unbekannt. Dies spiegelt auch den Stand der

Etablierung von Scoringsystemen in diesem Bereich in den Kliniken in Deutschland

wieder.

„Fachfremden“ Personen die nach meiner Facharbeit fragten, sagte ich irgendwann nur

noch, dass ich über das „Künstliche Koma“ schreibe. Das war dann allen ein

vermeintlich bekannter Begriff.

„Künstliches Koma“ impliziert vor allem auch die Problematik, die bei der

Analgosedierung immer wieder auftritt und zwar als Frage nach der wirklich nötigen

Tiefe der Analgosedierung.

Ich denke, mit meiner Arbeit nicht nur mir etwas mehr Einblick und Verstehen in die

Analgosedierung, „…einer zentralen Therapiesäule der Intensivmedizin…“1 verschafft

zu haben, sondern auch für Kollegen lesbares und hilfreiches Hintergrundwissen

anbieten zu können.

Münster, Mai 2008, Annika Leenen

1 zitiert aus 2, Seite 15

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2. Zusammenfassung

Die Analgosedierung ist ein wesentlicher Bestandteil der Intensivmedizin.

Ziel ist es den Patienten durch kontinuierliche Verabreichung von Medikamenten

Schmerzfreiheit, Schlaf, Amnesie und Anxiolyse während der Intensivtherapie

zukommen zu lassen. Um die Dosierung der Medikamente individuell für jeden

Patienten steuern zu können und somit sein „Outcome“ zu verbessern, muss die

Effektivität der Analgesie und die Tiefe der Sedierung regelmäßig kontrolliert werden.

3. Einleitung

Analgosedierte Patienten gibt es auf jeder Intensivstation. Ohne eine Analgosedierung

wären viele intensivtherapeutische Maßnahmen nicht möglich. Allerdings wird ihre

Anwendung oft noch als „Mittel zum Zweck“ angesehen, so dass ihre Auswirkungen

auf den Patienten und der Umgang mit den dazu verwendeten Medikamenten im

Hintergrund stehen.

Ich möchte in dieser Arbeit einen Überblick über die häufig verwendeten Medikamente

hinsichtlich einer Analgosedierung geben. Dies soll aber nicht als Schwerpunkt anlegt

sein, da dieser Bereich der Anordnung in der Hand der Ärzte liegt. Allerdings sollte

meiner Meinung nach, auch jede Pflegekraft auf der Intensivstation einen Überblick

über Wirkung und Nebenwirkungen der Medikamente haben, da sich oft auch

pflegerische Probleme durch die Medikamente erklären lassen.

Der Bereich des Monitorings der Analgosedierung ist für mich der eigentliche

Schwerpunkt dieser Arbeit. So ist mittlerweile bekannt, wie wichtig dies für das

„Outcome“ des Patienten ist und welche Folgekosten damit eingespart werden können.

Dieser Gesichtspunkt findet in der Praxis deutscher Kliniken noch wenig Beachtung.

Auch auf der Intensivstation auf der ich tätig bin, wird noch kein einheitliches, festes

Verfahren zum Monitoring der Analgosedierung eingesetzt.

Ich hoffe, dass ich mein Wissen, das ich durch diese Arbeit erworben habe, durch die

praktische Arbeit auf der Intensivstation überzeugend anwenden kann.

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4. Definition

Analgosedierung bezeichnet eine überwachte, durch Medikamente (v.a. Sedativa und

Analgetika) hervorgerufene Sedierung und Analgesie. Die genaue Definition setzt sich

aus den Definitionen der Begriffe Sedierung und Analgesie zusammen.

Sedierung

„Der Begriff Sedierung (selten auch Sedation, v. lat. sedare, „beruhigen“ eigentlich

„sinken lassen“) wird vor allem in der Medizin, z.B. in der Anästhesiologie oder bei

Psychopharmaka verwendet. Ein Sedativum ist ein Beruhigungsmittel. Zur selben

Arzneigruppe gehören auch die Tranquilizer.“2

Analgesie

„Unter Analgesie (gr. an- ohne, algos- Schmerz) versteht man in der Medizin das

Ausschalten von Schmerzen.“ 3

„…Aufhebung des Schmerzempfindens inf. Schädigung sensibler Leitungsbahnen des

zentralen oder peripheren Nervenssystems oder durch Medikamente…“ 4

Medikamente die das Schmerzempfinden aufheben sind die Analgetika.

5. Indikationen für eine Analgosedierung

Nicht nur medizinische Gründe sind eine Indikation für eine Analgosedierung, sondern

auch die ethischen Werte sind grundlegend. So ergibt sich laut den Leitlinien der DGAI

(Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin) für das therapeutische

Team die ethische Verpflichtung, den Patienten vor möglichen schmerzhaften

Maßnahmen zu schützen.

Die medizinischen Indikationen für eine Analgosedierung sind vielfältig. So kommt es

darauf an, welche Diagnose der Patient hat und welche Ziele erreicht werden möchten.

Unverzichtbar ist eine adäquate Analgosedierung bei maschineller Beatmung, invasiven

Maßnahmen, so wie schmerzhaften Leiden.

2 zitiert aus 12, Seite 1

3 zitiert aus 13, Seite 1

4 zitiert aus 4, Seite 67

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Laut Soliman HM et al. (2001) erhalten ca. 75% aller kontrolliert oder assistiert

beatmeten Patienten eine sedierende und/oder analgetische Therapie. Die

Notwendigkeit ist auch nach Jacobi J et al (2002) ein unumstrittener Konsens.

Die Zielsetzung der Analgosedierung befindet sich allerdings im Wandel.

6. Analgosedierung im Wandel der Zeit

Die Anfänge der Analgosedierung liegen in den fünfziger Jahren des letzten

Jahrhunderts. So wurden in dieser Zeit so genannte „Beatmungsstationen“ eingerichtet,

als Folge der Polioepedemien nach dem Zweiten Weltkrieg. Zum damaligen Zeitpunkt

steckte die Beatmungstechnologie noch in den Anfängen und an eine Synchronisation

des Beatmungsgerätes mit dem Atemmuster des Patienten war nicht zu denken. So

mussten die Patienten um eine Beatmung zu ermöglichen tief analgosediert werden und

meist erhielten sie als Adjuvanz ein Muskelrelaxans.

In den achtziger Jahren setzte sich die Anästhesie dann vermehrt mit dem Thema

auseinander. Die Technologie der Beatmungsgeräte wurde bereits verbessert, so dass

ein Umdenken stattfand. Die Analgosedierung galt jetzt nicht mehr nur als

Notwendigkeit um eine Behandlung (Beatmung) durchführen zu können, sondern

wurde bis heute „…zu einer zentralen Therapiesäule in der Intensivmedizin.“ 5

Im heutigen Zeitalter von Qualitätsmanagement und Ökonomie wurden 2004 die nun

gültigen S2 Leitlinien, der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und

Intensivmedizin (DGAI), zu „Sedierende und Analgetische Therapie im Rahmen der

Intensivmedizin“ verabschiedet. Dadurch soll ein evidenz basiertes Arbeiten vereinfacht

werden. Die Qualität der Analgosedierung wird in sofern verbessert, dass ein besseres

Outcome des Patienten erzielt werden soll und somit Nebenwirkungen sowie

Folgebehandlungen vorgebeugt bzw. eingeschränkt werden. Um dies zu erzielen ist ein

Management der Sedierung, dass so genannte Sedierungsscoring, unverzichtbar.

Eben auf dieses Sedierungsscoring werde ich noch spezieller eingehen.

5 zitiert aus 2, Seite 15

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7. Ziele der Analgosedierung

Die Ziele der Analgosedierung sind im Wesentlichen folgende:

7.1. Analgesie

Analgesie und Anxiolyse stehen im Vordergrund.

Ist der Patient schmerzfrei und angstfrei bzw. kooperativ, so verringert sich auch seine

vegetative Stressantwort auf Manipulation durch pflegerische oder diagnostische und

therapeutische Maßnahmen. Damit werden kardiale Komplikationen so wie

hämodynamische Instabilität vermieden, der Sauerstoffverbrauch gesenkt und

psychische Belastungen vermieden oder zumindest reduziert.

Erst durch eine Analgosedierung sind manche therapeutischen Maßnahmen

durchzuführen wie z.B. die invasive Beatmung des Patienten, die Kinetische Therapie

oder auch bei Patienten mit Schädelhirntrauma die lebensnotwendige

Hirndrucksenkung.

Auch die Selbstgefährdung des Patienten soll vermieden werden, die dann auftreten

kann wenn der Patient sich Katheter, Sonden oder Tubus selbst entfernt.

7.2. Sedierung

Die Ermöglichung von Schlaf spielt eine wesentliche Rolle. So ist es seit alters her

bekannt, dass man sich „gesundschlafen“ soll. Sicher ist dies nicht wörtlich zu nehmen,

doch ist das Fehlen von Schlaf, bzw. ein gestörter Schlaf- Wachrhythmus für den

Intensivpatienten ein zusätzlicher Stressor und kann mit zu einem posttraumatischem

Stresssyndrom (PTSD) beitragen.

Wichtig hierbei ist auch die hervorgerufene Amnesie. Zum einen ist sie erwünscht, um

den Patienten vor negativen Erfahrungen zu schützen, zum anderen kann eine zu tiefe

Sedierung und somit Ausschaltung des Bewusstseins dazu führen, dass Patienten

negative Erfahrungen im Unterbewusstsein abspeichern. Das Ziel, eine

patientenadaptierte Analgosedierung durchzuführen, stellt heutzutage eine viel größere

Herausforderung dar. So sollen die „Wesentlichen Ziele“ zwar erreicht werden, doch

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soll der Patient optimaler Weise neurologisch beurteilbar, kooperativ und spontan

atmend sein, so dass ein schnelles Weaning und eine rasche Extubation möglich sind.

Lösung und gleichzeitig aber auch Problem der Ziele der Analgosedierung stellen die

Medikamente, d. h. die Analgetika aber vor allem die Sedativa dar, die verwendet

werden, um Analgesie und Sedierung überhaupt erst zu erreichen.

So gibt es heute noch kein optimales Pharmakon, das gleichermaßen allen Ansprüchen

gerecht wird.

7.3. Medikamente zur Analgosedierung

In diesem Teil werde ich auf eine Auswahl von Medikamenten zur Analgosedierung

eingehen. Wie in den vorherigen Teilen erwähnt, besteht die Analgosedierung aus einer

Kombination von Medikamenten. Welche vielen Kombinationen möglich sind, möchte

ich nicht weiter beschreiben, da dies von mehreren Kriterien abhängig ist, z.B.

Sedierungszeitraum, aktuelle Erkrankung des Patienten und Vorerkrankungen und dies

ein eigenes Thema umfassen könnte.

Beachten muss man aber immer, dass bei bestehender Vorerkrankung wie koronaren

Schädigungen, Nieren- und/oder Lebererkrankungen, da dies die „Eliminationswege“

der Medikamente sind.

7.3.1. Analgetika

Analgetika werden nach ihrer Wirkstärke und ihrem Wirkmechanismus in zwei

Gruppen unterteilt:

7.3.1.1. Opioid- Analgetika

(auch Opiate, Opioide, Hypnoanalgetika genannt)

Opioid- Analgetika unterliegen dem Betäubungsmittelgesetz.

Zu dieser Substanzklasse gehört als Prototyp das Morphin, das aus dem Opium (Extrakt

aus der Kapsel des Schlafmons) gewonnen wird.

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Opioide wirken überwiegend zentral aber auch überall dort im Körper wo die

verschiedenen Opioidrezeptoren vorkommen. Im zentralen Nervensystem haben sie

eine starke analgetische Wirkung. Sie wirken sedierend, anxiolytisch, euphorisierend

oder dysphorisierend, atemdepressiv, antitussiv, emetisch oder antiemetisch (in hoher

Dosierung), obstipierend, antidiuretisch (durch Stimulation der ADH- Sekretion). Die

periphere Wirkung ist an den Organen zu erkennen. So kann es zu einer verzögerten

Magenentleerung, Gallenkoliken, Bronchospasmus und Juckreiz der Haut kommen.

Der sedierende Effekt von Opioiden ist nur begrenzt, so dass keine vollständige

Bewusstseinsausschaltung stattfindet. Im Rahmen der Analgosedierung kann dies

ausreichen, jedoch nicht wenn starke Manipulationen am Patienten vorgenommen

werden, der Patient in diesem Zustand Stress bekommt oder ein so genanntes

„Awareness“ unerwünscht ist. In der Regel wird also immer ergänzend ein Sedativum

verabreicht.

Auf Grund der obstipierenden Wirkung der Opioide ist es ratsam, bei

Langzeitverabreichung wie z.B. bei der Analgosedierung, prophylaktisch ein Laxans zu

verabreichen. Es sei denn diese Wirkung ist erwünscht, wie bei einem opioidhaltigem

Antidiarrhoicum.

Die Wirkung auf des Herz- Kreislaufsystem ist in therapeutischen Mengen gering, kann

aber bei höherer Dosierung eine Sympathikolyse verursachen, so dass es zur

Bradykardie, Hypotonie und Abfall des Herzzeitvolumens kommt. Dieser Effekt tritt

allerdings bei eingeschränkter kardialer Funktion oder Hypovolämie auch bei

therapeutischen Dosen schnell ein.

Mittlerweile gibt es verschiedene „Abkömmlinge“ des Morphins, die sich in ihrer

Wirkstärke vom Morphin unterscheiden.

„Die Wirkstärke der einzelnen Substanzen wird als analgetische Potenz bezeichnet, die

relativ zu Morphin angegeben wird, dessen Wert als 1 festgelegt ist. Je höher die

analgetische Potenz ist, desto niedriger ist die benötigte Dosis eines Pharmakons, um

eine vergleichbare Analgesie herzustellen.“6

Opioide werden an sich nochmals in Agonisten (aktivierend) und Antagonisten

(hemmend) so wie Kombinationen davon unterteilt, so dass vier Gruppen entstehen.

Diese Unterteilung leitet sich von der Eigenschaft der verschiedenen Opioide, sich

6 zitiert aus 14, Seite 4

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unterschiedlich an die verschiedenen Rezeptoren zu binden ab. Die meiste Verwendung

finden in der Medizin allerdings die reinen Agonisten (siehe Tab.1).

Vorteil dieser Agonisten ist auch, dass zwar bei Langzeitverabreichung eine

Gewöhnung einsetzt, eine Steigerung der Dosis dann jedoch wieder eine

Wirkungsverstärkung erzielen kann. Bei gemischt agonistischen / antagonistischen

Opioiden ist dies nicht der Fall und der Ceiling- Effekt tritt auf.

Die Metabolisierung der Opioide findet in der Leber statt. Ausgeschieden werden diese

über Niere oder Gallenflüssigkeit. Je nach Pharmakon können die Metabolite

pharmakologisch noch aktiv sein (siehe Tab.1).

Des Weiteren unterscheiden sich die Opioide in ihrer Kontextsensitiven- Halbwertszeit.

Opioide- Pharmakokinetische Eckdaten

Medikament Relative Potenz Aktive

Metabolite

Dosierung in

µg/kg/h

Klassifikation

Morphin 1 ja 100-200 Agonist

Fentanyl ~120 nein 1-5 Agonist

Sufentanyl ~1000 ja 0,2-0,7 Agonist

Remifentanyl ~100- 200 nein 6-30 Agonist

Tabelle: 1

7.3.1.1.1. Antagonisierung

Eine Intoxikation oder ein Überhang von Opioiden lässt sich mit Naloxon (Narcanti ®)

antagonisieren. Zu beachten ist dabei die kurze Halbwertszeit des Naloxon, so dass die

Gefahr des Rebound- Phänomens besteht. Das heißt, dass zunächst die Wirkung des

Opioids aufgehoben wird, dann aber, nach Ablauf der Halbwertszeit des Naloxons, es

erneut zum Wirkeintritt des Opioids kommen kann, da dessen Halbwertszeit noch nicht

abgelaufen ist.

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7.3.1.2. Nicht- opioide Analgetika

Nicht- opioide Analgetika wirken im Vergleich zu Opioiden schwach analgetisch. Sie

wirken überwiegend peripher, wobei sie zusätzlich über antipyretische,

antiphlogistische und antirheumatische Eigenschaften verfügen.

Im Rahmen der Analgosedierung spielen sie nur eine untergeordnete Rolle und werden

wenn dann z. B. wegen der zusätzlichen Eigenschaften ergänzend zum Opioid

verwendet.

7.3.2. Sedativa

Sedativa aber auch Hypnotika werden zur Sedierung verwendet. Sie unterscheiden sich

lediglich in ihrer Wirkstärke, führen aber zum selben Ziel. Niedrig dosiert rufen sie eine

sedierende, hoch dosiert eine hypnotische Wirkung hervor.

Sedativhypnotika lassen sich in mehrere Gruppen unterteilen, von denen ich hier einige

aufführen werde.

7.3.2.1. Benzodiazepine

Zu den Benzodiazepine gehören verschiedene Wirkungstypen: Tranquilizer, Hypnotika,

Sedativa, Anxiolytika, Antikonvulsiva, Myotonolytika. Sie werden häufig in

Kombination mit Opioiden (analgetische Komponente) zur Sedierung verwendet. Sie

wirken sedierend bzw. hypnotisch, anxiolytisch, antikonvulsiv, zentral

muskelrelaxierend und rufen eine anterograde Amnesie hervor.

Nebenwirkungen können folgende sein: Atemdepression, Hypotonie, Entzugssyndrom

nach Langzeitanwendung, paradoxe Reaktionen wie Agitation statt Sedierung.

Bei abruptem Absetzen besteht die Gefahr des Rebound- Effektes.

Auch der Ceiling- Effekt tritt bei ihnen ein. Die Kontextsensitive- Halbwertszeit ist bei

den verschiedenen Benzodiazepinen unterschiedlich. (siehe Abb.2)

Eine Kontraindikation, die im Intensivalltag auch nicht selten auftritt, ist die Myasthenia

Gravis. Außerdem zählen dazu auch noch Alkoholintoxikation (erhebliche Verstärkung

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der Wirkung untereinander), Schwangerschaft (erster Trimenon) und schwere

Leberfunktionsschäden (Akkumulation).

Nach den Umfragen von Martin J et al. (2004) ist Midazolam das am häufigsten

eingesetzte Benzodiazepin zur Langzeitsedierung.

7.3.2.1.1. Midazolam

Wirkung und Nebenwirkungen sind die der Benzodiazepine.

Dosierung: - kontinuierlich: 0,03- 0,2 mg/ kg/ h

- Bolusgabe: 0,1-0,2 mg/kgKG

7.3.2.2. Propofol

Dieses Hypnotikum findet auf Grund seiner guten Steuerbarkeit sehr viel Verwendung

im Rahmen von TIVA`s, Kurznarkosen und Sedierungen unter sieben Tagen.

Propofol wirkt sedierend, hypnotisch, antiemetisch, führt eine Senkung des ICP und des

Sauerstoffverbrauchs hervor und hat bronchodilatative Eigenschaften. Eine analgetische

Komponente hat es aber nicht.

Die kurze Halbwertszeit zeichnet die Beliebtheit von Propofol aus, die sich im

Vergleich mit Midazolam auch bei Langzeitanwendung nicht so gravierend verlängert

(siehe Abb.2). Allerdings ist die Kontextsensitive- Halbwertszeit von Propofol 2%

länger als die von Propofol 1%. Metabolisiert wird Propofol in der Leber.

Propofol besteht aus Sojabohnenöl und wird in einer 10%igen Fettemulsion verabreicht.

Dies birgt bei unsachgemäßer Anwendung die Gefahr von Kontamination und folgender

Sepsis. Außerdem muss auch bei höheren Dosen als Langzeitverabreichung die

Fettzufuhr für den Patienten mitbeachtet werden.

Als wichtigste Nebenwirkung ist das Propofol- Infusionssyndrom anzusehen. Dieses

tritt bei Erwachsenen vor allem bei kontinuierlichen Anwendungen in Dosen

>4 mg/ kg/ h und einem Zeitraum von über einer Woche auf.

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Als klinische Symptome zählen zu diesem Syndrom folgende: Rhabdomyolyse,

metabolische Laktatazidose, akutes Nierenversagen, Herzversagen und

Herzrhythmusstörungen. Aus diesen Gründen ergibt sich die maximale

Anwendungsdauer von 7 Tagen und die Dosierungsangaben.

Zudem gibt es noch weitere Nebenwirkungen, die aber nicht mit einem Syndrom im

Zusammenhang stehen müssen: negativ Ionotrope Wirkung, Blutdruckabfall,

Atemdepression, Hyperlipidämie.

Dosierung: - kontinuierlich: 0,3- 4,0 mg/kg /h

- Bolusgabe: (bei Sedierung) 0,5- 1,0 mg/ kg

7.3.2.3. Clonidin

Clonidin gehört zu den α 2- Adrenozeptoragonisten. Es wirkt an den α 2-

Adrenorezeptoren im peripheren und zentralen Nervensystem des Körpers und ruft eine

Sympathikolyse hervor. Zu den Wirkungen zählen neben der Sympathikolyse die

Anxiolyse, Potenzierung der Analgetikawirkung, Sedierung, keine Atemdepression. Als

Nebenwirkungen können Hypotonie, bradykarde Herzrhythmusstörungen,

anticholinerge Symptome (wie Darmatonie, verminderte Magensaft- und

Speichelproduktion), Müdigkeit und depressive Verstimmungen auftreten.

Auf der Intensivstation wird Clonidin (hier einige Handelsnamen: Catapressan®,

Paracefan®) vor allem als adjuvante Therapie bei der Analgosedierung eingesetzt. Dies

führt zu einer deutlichen Reduktion des Bedarfs an Sedativa und Analgetika und damit

Reduktion derer Nebenwirkungen. Laut J. Scholz, M. Steinfath eignet sich Clonidin

auch gut dazu, eine nach Beendigung einer Langzeitsedierung auftretende

Entzugssymptomatik zu verhindern bzw. abzuschwächen. Dazu kann bei

ausschleichender Analgosedierung Clonidin überlappend mit verabreicht werden und

nach Beendigung der Analgosedierung auch das Clonidin stufenweise wieder reduziert

werden. Vor allem bei bestehendem Alkoholabusus wird Clonidin zur Linderung der

Entzugssymptomatik eingesetzt.

Dosierung: - kontinuierlich: 0,3- 1,3 µg/kg /h

- Bolusgabe: 50- 150 µg

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7.3.2.4. Ketamin

Ketamin ist sowohl ein Analgetikum als auch ein Anästhetikum.

In niedriger Dosierung wirkt es nur analgetisch, in höherer Dosierung führt es zu einer

„dissoziativen Anästhesie“, d.h. Schlaf und Analgesie treten weitestgehend unter

erhaltener Reflextätigkeit ein. Anwendung findet es im Rettungsdienst.

Ketamin wirkt zentral sympathomimetisch, am Myokard allerdings negativ ionotrop.

Auf Grund der Komplexität werde ich auf die genauen Wirkmechanismen nicht weiter

eingehen. Es ist aber wichtig zu erwähnen, dass Ketamin in verschiedenen Formen

vorliegt. Zum einen das „alte“ Ketamin, das Racemat (Handelsnamen: Ketamin-

ratiopharm®, Ketavet®) und zum anderen, das Esketamin, auch S(+)- Ketamin/ S-

Enantiomer benannt, dessen Potenz etwa doppelt so hoch ist (Handelsnamen:

Ketanest® S).

Kontraindikationen sind: erhöhter ICP, Koronare Herzerkrankung, arterielle

Aneurysmen, Herzinsuffizienz, akuter Myokardinfarkt, kardiogener Schock.

Als Nebenwirkungen sind bekannt: Zunahme des ICP, erhöhter Muskeltonus, Übelkeit/

Erbrechen, Hypersalivation, motorische Unruhe, Hypertonie, Tachykardie,

Halluzinationen, Dysphorie, Erregungszustände. Besonders zu beachten ist seine

psychotrope Wirkung. So sollte Ketamin zur Analgosedierung immer mit

Benzodiazepinen kombiniert werden. In der Literatur sind nämlich Hinweise darüber zu

finden, dass Patienten gerade in der Aufwachphase unangenehme Träume und

Halluzinationen erlebt haben.

Indikationen für den Einsatz von Ketamin können zu der gewünschten „dissoziativen

Anästhesie“ vor allem ein Bronchospasmus bzw. Status asthmatikus, die geringe

Beeinträchtigung von Spontanatmung und Darmmotilität sein.

Dosierung: - Ketamin (Racemat)

- kontinuierlich: 0,4- 1 (3,0) mg/ kg/ h

- Bolusgabe: zur Analgesie 0,5 mg/kg

zur Sedierung 1-2 mg/kg

- Esketamin (S- Enantiomer)

-kontinuierlich: 0,25- 1,5 mg/ kg/ h

- Bolusgabe: zur Analgesie 0,125- 0,25 mg/ kg

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7.3.2.5. Barbiturate

Aufgrund ihrer langen Kontextsensitiven- Halbwertszeit werden Barbiturate kaum noch

zu Analgosedierung verwendet. Anwendung finden sie zur Analgosedierung fast nur

noch im Bereich der Neurochirurgie/ Neurotraumatologie, da sie zu einer Senkung des

ICP, sowie des Hirnstoffwechsels führen. Auch zur Durchbrechung eines Status

Epileptikus werden Barbiturate noch angewendet.

Dazu verwendete Barbiturate sind das Thiopental (Handelsname: Trapanal®) und das

Methohexital (Handelsname: Brevimytal®).

Dosierung: -Thiopental

-kontinuierlich: 3-5 mg/kg /h

-Methohexital

-kontinuierlich: 1- 2 mg/ kg/ h

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7.3.3. Ceiling- Effekt

„Der Ceiling- Effekt (Sättigungseffekt) ist ein Begriff aus der Pharmakologie. Er

bezeichnet die Eigenschaften mancher Substanzen, dass es trotz Dosissteigerung zu

keiner Zunahme der Wirkung kommt.“ 7

Dieser Effekt spielt vor allem bei Benzodiazepinen eine Rolle, tritt aber auch bei dem

gemischt agonistischen/ antagonistischem Opioid Buprenorphin auf.

7.3.4. Kontextsensitive- Halbwertszeit

Die Kontextsensitive- Halbwertszeit beschreibt „…die Wirkdauer eines Medikamentes

in Abhängigkeit von der Anwendungsdauer…“8.

Dieser Parameter beschreibt die Zeit, in der die Plasmakonzentration eines

Medikamentes nach Abstellen der kontinuierlichen Infusion um 50% fällt.

Wie in Abb.1 und Abb.2 zu sehen, nimmt diese sowohl bei Sedativa als auch bei

Analgetika in Abhängigkeit der Anwendungsdauer zu. Die Ursache dafür liegt in den

pharmakokinetischen und pharmakodynamischen Eigenschaften der einzelnen

Medikamente. Fentanyl beispielsweise wird während der Infusion zum Teil im

Fettgewebe des Körpers gespeichert (Kumulation). Nach Beendigung der Infusion wird

es vom Fettgewebe wieder freigegeben, so dass die Wirkung noch so lange

aufrechterhalten wird, bis alle entstandenen Depots abgebaut sind. Bei Midazolam

hingegen kommt es nicht zu einer Depotbildung, sondern die Metabolite sind selbst

noch aktiv, so dass auch hier eine Wirkverlängerung nach Abstellen der Infusion

eintritt.

7 zitiert aus 11, Seite 1

8 zitiert aus 10, Seite 1

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Abbildung: 1 Kontextsensitive Halbwertszeit von Opioiden; graphisch dargestellt, dass

Verhältnis von Anwendungszeit und Wirkdauer des Medikamentes

Abbildung: 2 Kontextsensitive Halbwertszeit von Sedativa

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8. Vor- und Nachteile der Analgosedierung

Die Vorteile der Analgosedierung werden schon durch die Ziele erkennbar. So ist es

auch für das Pflegepersonal und die Ärzte einfach und angenehm, wenn der Patient

„schön schläft“ und schmerzfrei in seinem Bett liegt, da dann z. B. jederzeit

Manipulationen und eine einfache Beatmung möglich sind.

Kritisch zu beobachten gilt hierbei allerdings die Sedierungstiefe.

Studien haben gezeigt, dass ein zu tief sedierter Patient Komplikationen anzieht und

Nebenwirkungen von verwendeten Medikamenten vermehrt auftreten können.

Probleme sind z.B. die eingeschränkte neurologische Beurteilbarkeit bei einem, durch

die Analgosedierung erzieltem, komatösen Zustand, Hypotension und Bradycardie, die

dann wiederum den Einsatz von zusätzlichen Medikamenten erfordern.

Atemdepressionen und fehlender Hustenreflex impliziert die Gefahr der nosokomialen

Pneumonie. Paralytischer Ileus, Thrombosen, Sinusitis, Immunsuppression und die

Hepatotoxizität bei der Überdosierung von Analgetika und Sedativa stellen weitere

Komplikationen dar. Auch das vermehrte Auftreten von Entzugssymptomen gilt als

Nebenwirkung einer zu tiefen Analgosedierung.

Zusätzlich stellt die Kontextsensitive Halbwertszeit der meisten Analgetika und

Sedativa eine zusätzliche Problematik dar. Bei den Benzodiazepinen ist der so genannte

Ceiling- Effekt von Nachteil.

Bei einer zu tiefen Sedierung kann es auch passieren, dass Patienten Erlebnisse während

der Zeit der Analgosedierung, wie z.B. Anlage eines zentralen Venenkatheters als

negative Erfahrung im Unterbewusstsein speichern und dann, nach der

Analgosedierung, Ängste entwickeln die sie vor dieser Zeit nicht hatten und von denen

sie nicht wissen woher sie kommen. Diese im Unterbewusstsein gespeicherten

Erfahrungen lassen sich therapeutisch nur schwer oder auch gar nicht therapieren.

Aber auch eine zu flache Sedierung kann ein Problem darstellen.

So hat der Patient mehr Kontakt zur Umwelt, kann sich aber z.B. auf Grund seiner

Intubation nicht äußern und bekommt Stress. Hypertonie, Tachykardie und Ängste

können dann die Folge sein, die dann seinen Zustand wieder negativ beeinflussen.

Therapeutische Maßnahmen wie z.B. der Einsatz von invasiven Beatmungsformen mit

hohen Beatmungsdrücken sind bei einem zu flach sedierten Patienten auch nicht

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möglich. Selbstextubation und Verletzungsgefahr kommen als Komplikationen noch

dazu, so dass man den Patienten durch eine Sedierungsanpassung schützen muss.

Auch eine zu flache Sedierung kann zu psychischen Komplikationen führen. So gibt es

laut A. Brunke Patienten, die von Träumen aus der Zeit der Analgosedierung berichten.

Deutet man diese Träume, so kann man sehen, dass z.B. das Legen eines zentralen

Venenkatheters in den Träumen widergespiegelt wird. Der „Vorteil“ von diesen

Träumen, auch wenn sie als beängstigend und bedrohlich von den Patienten empfunden

werden, ist, dass diese Träume therapeutisch aufgearbeitet werden können.

Auch psychosomatische Komplikationen können die Folge einer Analgosedierung sein.

Dabei spielt nicht nur die tiefe der Sedierung eine Rolle, sondern vor allem die Länge

des Zeitraumes in der der Patient analgosediert war. Zusätzlich wird eine psychische

Störung des Intensivpatienten bei Langzeitbehandlung aber noch von vielen anderen

Faktoren beeinflusst, welche so umfassend sind, dass ich hier nicht weiter darauf

eingehen kann.

Alle Nachteile die eine Sedierung mit sich bringt, führen dazu, dass der Patient länger

therapiert werden muss, Komplikationen eine anschließende bzw. zweite, gleichzeitige

Therapie erfordern, die Liegezeit des Patienten auf der Intensivstation verlängert wird

und somit auch alle Behandlungskosten steigen.

Der optimal analgosedierte Patient müsste also neurologisch beurteilbar sein,

kooperativ, spontanatmend, so dass ein schnelles Weaning und eine rasche Extubation

möglich sind. Er sollte so schnell es geht wieder seine physiologischen, körpereigenen

Funktionen nutzen können.

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9. Monitoring der Analgosedierung

Die zuvor beschriebenen Vor- und Nachteile der Analgosedierung zeigen, wie wichtig

eine sensibel gesteuerte Analgosedierung für das Outcome des Patienten ist.

Den Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Anästhesie und Intensiv (DGAI) ist zu

entnehmen, dass auf ein routinemäßiges Monitoring der Therapie und eine Kontrolle

des Therapieeffektes nicht verzichtet werden kann.

Nun stellt sich die Frage, wie dieses Monitoring der Analgosedierung funktionieren soll.

Ich selbst kenne es so, dass wir Pflegekräfte alle acht Stunden, dass heißt einmal pro

Schicht in unseren Pflegebericht in der Spalte „Bewusstsein“ dokumentieren, wie der

Patient einzustufen ist. Dabei wird nicht standardisiert vorgegangen, sondern es werden

Beobachtungen wie folgt dokumentiert: „Pat. Sediert.“, „Sediert, bei Manipulation

Bewegung der Arme“, oder „Pat wirkt bei pflegerischen Maßnahmen gestresst->

Sedierung vertieft“, „ansediert“. Diese Einschätzungen oder Einstufungen ähneln sich

zwar, doch sind sie alle sehr subjektiv. Natürlich wird auch in den Visiten oder mit den

Stationsärzten abgesprochen ob der Patient gut sediert ist, doch ein einheitliches

„Messverfahren“ gibt es nicht. So besteht auch nach drei/ vier Schichten kaum die

Möglichkeit genau nachzuvollziehen, wie der Patient zuvor bei gleicher Dosierung der

Medikamente analgosediert war.

Ich habe zudem den Eindruck, dass dabei auf den Grad der Analgesie nur zweitrangig

geachtet wird. So erhalten einige Patienten z.B. zur Mundpflege, wenn sie so sehr

zubeißen, dass diese nicht durchzuführen ist, Boli an Propofol. Damit ist dann die

Mundpflege gut durchführbar, doch frage ich mich ob die Patienten nicht eher ein

Analgetikum benötigen, da sie sich aufgrund möglicher Schmerzen bei der Mundpflege

verweigern. Vorstellbar ist dieses wie ich finde sehr wohl, gerade wenn es sich um oral

intubierte Patienten handelt. Dokumentiert wird der Grad der Analgesie recht ungenau.

Im Pflegebericht ist dann zu lesen: „Pat. Scheint schmerzfrei zu sein.“, „Schmerzmimik

bei Manipulation“, „ansediert“. Doch das bewusst beobachtet und dokumentiert wird

wie die Analgesie des Patienten ist, findet kaum statt.

An sich geht doch der Trend dazu, sämtliche Parameter genau zu dokumentieren und

ihre „Trends“ darzustellen. Doch bei der Analgosedierung hat sich dies noch nicht ganz

durchsetzen können obwohl es dabei sehr um das Wohl des Patienten geht.

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Eben diese Problematik wird in den S2- Leitlinien der DGAI durch die Umfrage für

Deutschland von Mertin J et al. (2004) dargestellt. So sagt diese, dass lediglich in 30%

der allgemeinen Krankenhäuser und in 43% der Universitätskliniken Scoringsysteme

eingesetzt werden.

Um die Tiefe der Sedierung einzustufen gibt es so genannte Scoringsysteme, welche ich

des weiteren noch erklären werde. Auch Apparative Messmethoden gibt es bereits, die

sich allerdings bei analgosedierten Intensivpatienten nicht etabliert haben, außer die

kontinuierliche EEG- Ableitung bei neurochirurgischen Patienten bei denen ein Burst-

Suppression erzielt werden soll. Des Weiteren gibt es noch die Möglichkeit des BIS-

Monitorings (Bispektraler Index), AEP- Monitoring (Akustisch Evozierte Potentiale).

Als besonders schwierig gestaltet sich das Monitoring der Analgesie des Patienten, auf

das ich noch eingehen werde.

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9.1. Das Scoringsystem als Instrument für das Sedierungsmonitoring

Um die Analgosedierung nun besser steuern zu können, bzw. um regelmäßig den Grad

der Sedierungstiefe objektiver fest zu legen und nicht nur „subjektive Beobachtungen“

zu dokumentieren, ist das Einschätzen anhand von Scoringsystemen eine Möglichkeit

(score: aus dem Englischen- Punktzahl, (Spiel)stand).

Diese Skalen gibt es in ca. 30 verschiedenen Ausführungen. Grund für diese Vielfalt ist

der, dass es noch keine „ideale“ Sedierungsscore gibt und so viele Abwandlungen

davon auftreten.

Die bekannteste und am häufigsten angewendete ist die

• Ramsay- Sedation- Scale (RSS)

des weiteren gibt es noch modifizierte Versionen, die in den S2- Leitlinien der DGAI

vorgestellt werden, wie:

• Richmond Agitation- Sedation- Score (RASS)

• Motor- Activity Assessment Scale (MAAS)

• Sedation- Agitation- Scale (SAS)

Das Prinzip dieser Sedierungsscores ist bei allen dasselbe.

So wird nach dem Reiz- Reaktionsschema vorgegangen.

Der Patient wird einem bestimmten Reiz ausgesetzt und an Hand seiner Reaktion wird

diese in einer Skala bewertet. Dabei werden Punkte analysiert, die dann die

Sedierungstiefe messbar machen. Der Arzt kann dann festlegen, wie tief der Patient

sediert sein soll, d.h. wie viele Punkte er erreichen soll/ darf.

In der Literatur wird der Zielwert bei Verwendung der RSS bei 2 bis 3 eingestuft.

Demnach kann dann die Sedierung vertieft oder zurückgenommen werden.

Diese Einstufung sollte laut Literatur alle 8 Stunden, bzw. immer nach Veränderungen

der Medikamenteneinstellungen, Beatmungsparameter oder (Lageveränderungen)

evaluiert werden. Dadurch ist erst eine genaue Sedierungssteuerung möglich.

„Brook et al. Konnte zeigen, dass die Verwendung eines Sedierungsscores zu einer

Verkürzung der Sedierung, der Beatmung, der Intensivverweildauer und der Dauer des

Klinikaufenthaltes führt.“ 9

9 zitiert aus 2, Seite 32

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Verschiedene Scoringsysteme zur Einschätzung der Sedierungstiefe:

Ramsay- Sedatin- Scale (RSS)

1. Ängstlich und agitiert oder unruhig oder beides

2. Kooperativ, orientiert und ruhig

3. Reagiert nur auf Kommandos

4. Lebhafte Reaktion auf ein leichtes Klopfen zwischen den Augenbrauen

5. Träge Reaktion auf ein leichtes Klopfen zwischen den Augenbrauen

6. Keine Reaktion auf ein leichte Klopfen zwischen den Augenbrauen

Tabelle : 2

Richmond Agitation- Sedation Scale (RASS)

Ausdruck Beschreibung

+4 Streitlustig Offene Streitlust, gewalttätig, unmittelbare

Gefahr für das Personal

+3 Sehr agitiert Zieht oder entfernt Schläuche oder Katheter;

aggressiv

+2 Agitiert Häufige ungezielte Bewegungen, atmet gegen das

Beatmungsgerät

+1 Unruhig Ängstlich aber Bewegungen nicht aggressiv oder

lebhaft

0 Aufmerksam und ruhig

-1 Schläfrig Nicht ganz aufmerksam, aber erwacht anhaltend

durch Stimme (>10s)

-2 Leichte Sedierung Erwacht kurz mit Augenkontakt durch Stimme

(<10s)

-3 Mäßige Sedierung Bewegung oder Augenöffnung durch Stimme

(aber kein Augenkontakt)

-4 Tiefe Sedierung Keine Reaktion auf Stimme, aber Bewegung oder

Augenöffnung durch körperliche Reize

-5 Nicht erweckbar Keine Reaktion auf Stimme oder körperliche

Reize

Tabelle:3

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Motor Activity Assesment Scale (MAAS)

Punkt- Zahl

Beschreibung Definition

0 Nicht ansprechbar Bewegt sich nur auf schädigende Reize *

1 Reagiert nur auf

schädigende Reize

Öffnet die Augen oder hebt die Augenbrauen oder dreht den Kopf zum Reiz oder bewegt Extremitäten auf schädigenden Reiz

2 Reagiert auf Berührung oder

Namen

Öffnet die Augen oder hebt die Augenbrauen oder dreht den Kopf zum Reiz oder bewegt Extremität auf Berührung oder auf lautes Sprechen des Namens

3 Ruhig und kooperativ

Kein externer Reiz ist notwendig, um Bewegung auszulösen, der Patient rückt gezielt sein Bettzeug oder seine Kleidung zurecht und befolgt Anweisungen

4 Unruhig und kooperativ

Kein externer Reiz ist notwendig um Bewegung auszulösen und der Patient zupft am Bettzeug oder Schläuchen oder deckt sich auf und befolgt Anweisungen

5 Agitiert

Kein externer Reiz ist notwendig um Bewegung auszulösen und versucht aufzusitzen oder bewegt Extremitäten aus dem Bett und befolgt nicht beständig die Anweisungen (z.B. legt sich hin, wenn verlangt, aber kehrt bald zurück zu Bemühungen aufzusitzen oder die Extremitäten aus dem Bett zu bewegen)

6 Gefährlich agitiert,

unkooperativ

Kein externer Reiz ist notwendig um Bewegung auszulösen und der Patient zieht an Schläuchen oder Kathetern oder haut nach beiden Seiten, schlägt nach Personal oder versucht aus dem Bett zu klettern und beruhigt sich nicht, wenn verlangt

* Schädigende Reize: Absaugen oder 5 Sekunden kräftigen Druck auf Augenhöhle,

Brustbein oder Nagelbett

Tabelle: 4

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Sedation- Agitation- Scale (SAS)

7 Gefährliche Unruhe

Ziehen am endotrachealen Tubus, versuchen Katheter

zu entfernen, steigen über das Bettgitter, nach Personal

schlagen, nach beiden Seiten hauen

6 Sehr agitiert

Beruhigt sich nicht, trotz wiederholtem verbalem

Aufzeigen der Grenzen; muss im Bett fixiert werden,

beisst auf endotrachealen Tubus

5 Agitiert Ängstlich oder leicht agitiert, versucht aufzusitzen,

beruhigt sich nach mündlicher Belehrung

4 Ruhig und kooperativ Ruhig, erwacht leicht, befolgt Anweisungen

3 Sediert

Schwierig aufzuwecken, erwacht auf Ansprache oder

sanftes Schütteln aber driftet wieder weg, befolgt

einfache Anweisungen

2 Sehr sediert

Erwacht auf körperlichen Reiz aber kommuniziert

nicht und befolgt keine Anweisungen, kann sich

spontan bewegen

1 Nicht erweckbar Minimale oder keine Antwort auf schädigende Reize,

kommuniziert nicht und befolgt keine Anweisungen

Tabelle: 5

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9.2. Monitoring der Analgesie

Den Grad der Analgesie eines analgosedierten Patienten festzulegen gestaltet sich

schwieriger als den der Sedierung, auch wenn dies die Hauptanforderung an die

Analgosedierung ist.

So konnte, wie auch von Prof. Dr. Kleinschmidt beschrieben, eine Studie nach Whipple

et al. aufweisen, dass 70% der Patienten einer Intensivstation Schmerzen als

unangenehmste Erinnerung angaben. In der selben Studie gaben 80-95% der

behandelnden Ärzte und Pflegekräfte an, dass eben diese Patienten schmerzfrei waren.

Grundsätzlich sollte also vor einer Sedierung eine adäquate Schmerztherapie stattfinden.

Um den Grad der Analgesie zu bestimmen gibt es für wache Patienten verschiedene

Schmerzscalen. Zum einen die „Numerische Rating Scale“ (NRS), auf der das

Schmerzempfinden in Form von Zahlen 0 (kein Schmerz) bis 10 (stärkste vorstellbare

Schmerzen) vom Patienten zugeordnet wird, zum anderen gibt es die „Visuelle

Analogscala“ (VAS), auf der die Schmerzintensität in Form von „lachendem oder

weinendem“ Gesicht dargestellt wird. Am genauesten ist es natürlich, wenn der Patient

seine Schmerzen individuell einschätzen und differenziert schildern kann.

Bei analgosedierten Patienten sind diese Möglichkeiten des Analgesie- Monitorings

allerdings stark eingeschränkt. In Einzelfällen ist sicher der Einsatz einer VAS oder

NRS möglich. Bei den meisten Patienten muss sich das Pflegepersonal oder die Ärzte

an anderen Parametern und deren Veränderung orientieren, z.B. an subjektiven

Kriterien wie Bewegung, Mimik und physiologischen Parametern wie Blutdruck,

Herzfrequenz, Atemfrequenz, Tränenfluss und Schweißsekretion.

Als Unterstützung kann bei dieser Patientengruppe die von Payen JF et al. publizierte

„Behavioral Pain Scale“ (BPS) (siehe Tabelle 6) eingesetzt werden.

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Scoringsystem zum Einschätzen der Analgesie:

Behavioral Pain Scale (BPS)

Beurteilungs-

kriterium

Beschreibung Punkte

Gesichtsausdruck Entspannt

Teilweise angespannt

Stark angespannt

Grimassieren

1

2

3

4

Obere Extremität Keine Bewegung

Teilweise Bewegung

Anziehen mit Bewegung der Finger

Ständiges Anziehen

1

2

3

4

Adaption an das

Beatmungsgerät

Toleranz

Seltenes Husten

Kämpfen mit dem Beatmungsgerät

Kontrollierte Beatmung nicht möglich

1

2

3

4

Tabelle: 6

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9.3. Aussagekraft der Scoringsysteme

Ziel bei der Anwendung der Scoringsysteme ist es, objektive Einstufungen der

Sedierung und Analgesie zu erhalten, die von verschiedenen Personen durchgeführt

wurden.

Nach meinen Erfahrungen ist dies nur begrenzt möglich. Um dieses Ziel zu erreichen,

muss genau festgelegt werden, welche Reize dem Patienten vermittelt werden. Aber

auch wenn dies immer der gleiche Reiz, z.B. Reiben über das Sternum ist, so führt jeder

der Pflegekräfte oder Ärzte diesen Reiz unterschiedlich stark aus und kommt somit auch

zu einer unterschiedlichen Einstufung.

In der Literatur sind keine Empfehlungen über die Art der Reize zu finden und nur die

MAAS (siehe Seite 25) geht auf die Art des Reizes ein.

Wichtig ist außerdem, dass darauf geachtet wird, dass der Patient nicht ständig

Schmerzreize und damit negative Impulse erhält. So reicht es manchmal aus, dass die

Patientenreaktion bei sowieso notwendigen Pflegemaßnahmen wie z.B. dem Absaugen

beobachtet wird und dann zur Einstufung dienen kann.

Ich denke, dass somit auch die Einstufung der Analgosedierung an Hand von

Scoresystemen immer ein wenig subjektiv bleibt, doch dass dies nicht den Vorteil der

Verwendung von Scoresystemen verdrängt.

Als sinnvoll und hilfreich halte ich das zusätzliche, stichwortartige dokumentieren von

der genauen Reaktion des Patienten und des zugefügten Reizes, um so die

verschiedenen Stadien der Analgosedierung besser vergleichen zu können.

Welche Scores angewendet werden liegt in der Hand des Intensivteams bzw. der Ärzte.

In Bezug auf das Sedierungsscoring würde ich persönlich die Motor Activity Assesment

Scale (MAAS) bevorzugen. Ich finde diese Scala beschreibt recht differenziert die

Reaktion des Patienten.

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10. Die Rolle der Pflegekräfte bei der Analgosedierung des Intensivpatienten

Die Pflegekräfte nehmen bei der Analgosedierung des Patienten eine zentrale Rolle ein.

Dies kommt durch den engen Kontakt bei der Pflege des Patienten zustande. Ärzte

verbringen wesentlich weniger Zeit am Patientenbett. Ihr Kontakt zum Patienten

beschränkt sich im Allgemeinen auf die Länge der Visitation des Patienten oder auf die

Zeit der Anlage von Zugängen und diagnostischen Maßnahmen.

Wie effektiv die Analgesie und Sedierung des Patienten jedoch im Verlauf des Tages,

der Nacht und bei den vielen pflegerischen Maßnahmen ist, kann das Pflegepersonal

durch den viel engeren Bezug zum Patienten genauer beobachten.

Somit liegt auch die Dokumentation der Analgosedierung in den Händen der

Pflegenden.

Bei der Anwendung von Scoresystemen wird die Dokumentation der Analgesie und

Sedierung von den Pflegekräften in entsprechenden Tabellen vorgenommen. Die

Anordnung, welchen Grad die Analgosedierung des Patienten erreichen soll und welche

Medikamente dazu verwendet werden, steht in der Verantwortung des Arztes. Die

Steuerung der Medikamente, um den angeordneten Grad der Sedierung zu erreichen,

fällt dann wiederum in das Aufgabengebiet der Pflegenden. Damit übernimmt das

Pflegepersonal eine wichtige und verantwortungsvolle Aufgabe.

In den gemeinsamen Visiten von Ärzten und Pflegepersonal soll dann z.B. besprochen

werden, ob die angeordneten Ziele noch aktuell sind, ob es Probleme bei der

Analgosedierung gibt und welche Alternativen noch angewendet werden könnten um

den Patienten den gesetzten Zielen näher zu bringen.

Durch diese zentrale Rolle der Pflegekräfte ist es offensichtlich, dass von ihrer

Einstufung abhängt wie tief ein Patient sediert wird. Neben der restlichen Subjektivität

einer doch gewollt objektiven Einstufung der Analgosedierung an Hand von Scores,

gibt es meiner Ansicht nach noch weitere Faktoren, die leicht zu einer für den Patienten

eventuell zu tiefen Sedierung beitragen können.

Diese wären zum einen die personelle Besetzung der Intensivstation und das „System“

der Station, d.h. ob es ein offenes System oder Zimmersystem ist, sowie die Kompetenz

des Pflegepersonals.

Ist der Schlüssel Patienten- Pflegepersonal nicht ausgewogen, d.h. muss eine Pflegekraft

zu viele Patienten versorgen, kann ein Patient schnell zu tief sediert werden.

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Hier ein fiktiver Fall, der aber wie ich finde, manchmal in einem offenen Intensivsystem

gar nicht so weit von der Realität abweicht:

Eine Pflegekraft muss vier Patienten in drei Zimmern versorgen. Einer von denen ist

wach und im deliranten Syndrom. Beim nächsten muss sie bei der Anlage einer

Thoraxdrainage assistieren. Der dritte kommt gerade aus dem Operationssaal und der

vierte Patient ist dann analgosediert (Rass -2) und beatmet, zeigt aber die Tendenz

wacher zu werden und neigt zum Ziehen an Kathetern.

Dann liegt es schnell auf der Hand, dass der vierte Patient „einfach“ tiefer sediert wird,

damit er sich nicht selbst gefährdet. Es fehlt einfach die Zeit, um ein wachsames Auge

auf diesen Patienten zu werfen oder beruhigend auf ihn einzugehen.

Dieses Vorgehen kann meiner Ansicht nach keiner Pflegekraft zum Vorwurf gemacht

werden, da sie in dieser Situation völlig überbeansprucht ist und durch die Vertiefung

der Sedierung Zeit für die anderen Patienten gewinnt. Wichtig ist nur, denke ich, dass

das Pflegepersonal sensibel für die Sedierungstiefe ist und in anderen Situationen in

denen sie Zeit haben, anders vorgeht und eventuell alternative Möglichkeiten anwendet

und sei es eine andere Lagerung des Patienten, die ihn vielleicht zur Ruhe kommen

lässt.

Wie ich mich selbst noch erinnern kann, waren die ersten Kontakte mit analgosedierten,

beatmeten Patienten mit viel Unsicherheit behaftet. So weiß ich noch, wie unsicher ich

war, gerade bei der Mundpflege oral intubierter Patienten, wenn diese dabei plötzlich

heftig husteten und zubissen. „Schöner“ war es dann doch, wenn sie so sediert waren,

dass sie keinerlei Reaktionen zeigten. Dann brauchte ich auch keine Angst vor einer

versehentlicher Extubation haben. Mit der Erfahrung und des eingeübten Handlings

schwand dann auch die Unsicherheit. Ich denke, dass es vielen so geht. Doch die

Lösung ist dann nicht das tiefe Sedieren des Patienten sondern die intensive Anleitung

neuer Mitarbeiter.

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12. Schlusswort

Durch diese Arbeit und der damit verbundenen, intensiven Auseinandersetzung mit dem

Thema der Analgosedierung von Intensivpatienten und dem Einsatz von

Scoringsystemen ist mir bewusst geworden, wie wichtig eine angepasste

Analgosedierung für das Outcome des Intensivpatienten ist.

Dem Pflegepersonal kommt die zentrale Aufgebe zu, den Analgesie- und

Sedierungsgrad des Patienten anhand von Symptomen und Reaktionen auf gegebene

Reize zu erkennen. Der Einsatz von Scoringsystemen ist dabei eine Hilfe,

Beobachtungen richtig einzuordnen und sie objektiv darstellen zu können.

So kann, meiner Meinung nach, mit Hilfe dieser Systeme die Zusammenarbeit von

Ärzten und Pflegepersonal durch eine gemeinsame Kommunikationsebene optimiert

werden und zum Wohl des Patienten beitragen.

Um das Scoringsystem als Pflegekraft fachlich kompetent anwenden zu können,

benötigt man notwendiger Weise ein Hintergrundwissen, das ich durch diese Arbeit

dargestellt habe. Ich halte dieses Thema für sehr wichtig und möchte mein Wissen

darüber gerne in der Praxis anwenden und weitergeben.

Da bis jetzt auf der Intensivstation im Herz- Jesu- Krankenhaus noch kein

Scoringsystem angewendet wird um die Analgosedierung objektiv darzustellen, habe

ich die Vorstellung, dies durch meine Arbeit etwas bekannter zu machen und vielleicht

damit die Einführung eines Scoringsystems zu ermöglichen.

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13. Literaturverzeichnis

Bücher

1 Ullrich, Stoleki, Grünwald:

Intensivpflege und Anästhesie

Stuttgart: Thieme, 2005

2 Prof. Dr. Stefan Kleinschmidt und Mitarbeiter:

Analgosedierung in der Intensivmedizin

Bremen: UNI- MED, 2006

3 Prof. Dr. Reinhard Larsen

Anästhesie und Intensivmedizin für die Fachpflege

Berlin, Heidelberg: Springer- Verlag, 6. Auflage, 2004

4 Wörterbuchredaktion des Verlages unter der Leitung von Helmut Hildebrandt

Pschyrembel Klinisches Wörterbuch

Berlin, New York: 258. Auflage, 1998

5 Egid Strehl (Hrsg)

Arzneimittel in der Pflege; Ein Lehrbuch für Krankenpflegekräfte und

medizinische Assistenzberufe

Eschborn: Govi- Verlag, 5. Auflage, 2000

Zeitschriften

6 Hans – Georg Bone

Intensivmedizin up2date

Allgemeine Prinzipien der Intensivmedizin-

„Analgosedierung“ S. 105- 115

Ausgabe 1/2005,

Page 34: Facharbeit: Die Analgosedierung des … · Weiterbildungsstätte für Intensivpflege & Anästhesie und Pflege in der Onkologie Facharbeit: Die Analgosedierung des Intensivpatienten

34

7 Peter Nydahl

PflegenIntensiv (Die Fachbeilage von „Die Schwester Der Pfleger“ ) für

Intensivpflege und Anästhesie-

„Sedierung- Mehr als nur ein tiefer Schlaf“ S. 20- 25

Ausgabe 3/2006

8 Andrea Brunke

Intensiv- Fachzeitschrift für Intensivpflege und Anästhesie

Intensiv- Pflegepreis- „Erfahrungen, Erlebnisse und Erleben des analgosedierten,

beatmeten Patienten“ S. 166- 179

Ausgabe 4/2007

Internet

9 Anästhesiologie& Intensivmedizin, Januar/ Februar 2005, Suppl. Nr.1/2005, S1-20

(S2- Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und

Intensivmedizin (DGAI): „Sedierende und analgetische Therapie im Rahmen der

Intensivmedizin- Langfassung“)

http://www.uni-duesseldorf.de/WWW/AWMF/ll/001-012l.htm

gesichtet am 20.02.2008

10 Kontextsensitive Halbwertszeit aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

http://de.wikipedia.org/wiki/Kontextsensitive_Halbwertszeit

gesichtet am 13.03.2008

11 Ceiling- Effekt aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

http://de.wikipedia.org/wiki/Ceiling-Effekt

gesichtet am 13.03.2008

12 Sedierung aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

http://de.wikipedia.org/wiki//Sedierung

gesichtet am 01.02.2008

Page 35: Facharbeit: Die Analgosedierung des … · Weiterbildungsstätte für Intensivpflege & Anästhesie und Pflege in der Onkologie Facharbeit: Die Analgosedierung des Intensivpatienten

35

13 Analgesie aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

http://de.wikipedia.org/wiki/Analgesie

gesichtet am 01.02.2008

14 Opioid aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

http://de.wikipedia.org/wiki/Opioid

gesichtet am 08.03.2008

14. Abbildungsverzeichnis

1. aus „Analgosedierung in der Intensivmedizin“ siehe 2; Seite 39

2. aus „Analgosedierung in der Intensivmedizin“ siehe 2, Seite 52

15. Tabellenverzeichnis

1. modifiziert nach „Analgosedierung in der Intensivmedizin“ siehe 2, Seite 39, Tab. 4.1. und nach „Opioid“ siehe 14, Seite 7, Übersicht über pharmakologische Eckdaten gebräuchlicher Opioide

2.-5. modifiziert aus 9, Seite 7-9


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