+ All Categories
Home > Documents > Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk...

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk...

Date post: 31-Aug-2019
Category:
Upload: others
View: 1 times
Download: 0 times
Share this document with a friend
133
Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten - Risikoermittlung und -beherrschung im Kli- mawandel (XtremRisK) Abschlussbericht Hocine Oumeraci, Gabriele Gönnert, Jürgen Jensen, Andreas Korten- haus, Peter Fröhle, Birgit Gerkensmeier, Thomas Wahl, Christoph Mu- dersbach, Marie Naulin, Gehad Ujeyl, Erik Pasche, Dilani R. Dassa- nayake, Andreas Burzel 13. Dezember 2012 Zusammenfassung: In diesem Bericht werden die Ergebnisse des Projekts XtremRisK zusammenfassend darge- stellt. Dabei werden die wichtigsten Ergebnisse der integrierten Risikoanalyse auf Grundlage des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK- Projekts ist die Entwicklung von Methoden zur Durchführung integrierter Risikoanalysen für Ext- remsturmfluten in Küstenräumen, die am Beispiel ausgewählter Untersuchungsgebiete ange- wendet werden. Die integrierte Risikoanalyse wird unter Berücksichtigung tangibler und intan- gibler Schäden durchgeführt. Auf Grundlage der Ergebnisse der Risikoanalyse werden Maß- nahmen zur Reduzierung des Risikos untersucht und deren Wirksamkeit nachgewiesen. Das diesem Bericht zugrunde liegende Vorhaben wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unter den Förderkennzeichen 03F0483A/B/C/D gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt beim Autor.
Transcript
Page 1: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge-

bieten - Risikoermittlung und -beherrschung im Kli-

mawandel (XtremRisK)

Abschlussbericht

Hocine Oumeraci, Gabriele Gönnert, Jürgen Jensen, Andreas Korten-

haus, Peter Fröhle, Birgit Gerkensmeier, Thomas Wahl, Christoph Mu-

dersbach, Marie Naulin, Gehad Ujeyl, Erik Pasche, Dilani R. Dassa-

nayake, Andreas Burzel

13. Dezember 2012

Zusammenfassung:

In diesem Bericht werden die Ergebnisse des Projekts XtremRisK zusammenfassend darge-stellt. Dabei werden die wichtigsten Ergebnisse der integrierten Risikoanalyse auf Grundlage des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung von Methoden zur Durchführung integrierter Risikoanalysen für Ext-remsturmfluten in Küstenräumen, die am Beispiel ausgewählter Untersuchungsgebiete ange-wendet werden. Die integrierte Risikoanalyse wird unter Berücksichtigung tangibler und intan-gibler Schäden durchgeführt. Auf Grundlage der Ergebnisse der Risikoanalyse werden Maß-nahmen zur Reduzierung des Risikos untersucht und deren Wirksamkeit nachgewiesen.

Das diesem Bericht zugrunde liegende Vorhaben wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unter

den Förderkennzeichen 03F0483A/B/C/D gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt beim Autor.

Page 2: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Inhalt

XtremRisK-Abschlussbericht -1- Dezember 2012

Inhalt

Inhalt .......................................................................................................................... 1

Abkürzungsverzeichnis ........................................................................................... 4

Symbolverzeichnis ................................................................................................... 5

Abbildungsverzeichnis ............................................................................................ 6

Tabellenverzeichnis ................................................................................................. 9

1 Einführung Projekt XtremRisK ....................................................................... 11

1.1 Motivation und Zielstellung ............................................................................ 11

1.2 Methodik ........................................................................................................ 12

2 Entwicklung von Sturmflutszenarien (TP1a) ................................................. 16

2.1 Grundlagen zur Entwicklung von Extremsturmflutszenarien .......................... 16

2.1.1 Sturmflutdefinition im Projekt XtremRisK TP1a....................................... 18

2.1.2 Datengrundlage ...................................................................................... 19

2.1.3 Windstauparametrisierung ...................................................................... 20

2.2 Das Verfahren XtremSturmflut ....................................................................... 21

2.3 Sturmfluten am Pegel Cuxhaven und Hamburg ............................................. 23

2.3.1 Sturmflutklima am Pegel Cuxhaven ........................................................ 23

2.3.2 Extremsturmflutszenario nach dem Verfahren XtremSturmflut für

Hamburg ............................................................................................................ 25

2.3.3 Weitere Sturmflutszenarien .................................................................... 30

2.4 Sturmfluten am Pegel Hörnum ....................................................................... 31

2.4.1 Sturmflutklima am Pegel Hörnum ........................................................... 31

2.4.2 Extremsturmflut am Pegel Hörnum: Übertragung der Methode

XtremSturmflut .................................................................................................. 32

2.4.3 Weitere Sturmflutszenarien .................................................................... 36

2.5 Ausblick ......................................................................................................... 38

3 Statistische Analysen von Sturmflutszenarien (TP1b) ................................. 39

3.1 Hintergrund und Zielsetzung .......................................................................... 39

3.2 Datengrundlage ............................................................................................. 40

3.3 Stochastische Sturmflutsimulation ................................................................. 41

Page 3: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Inhalt

XtremRisK-Abschlussbericht -2- Dezember 2012

3.4 Multivariate statistische Sturmflutanalyse ...................................................... 48

3.5 Ermittlung der maßgebenden Seegangsverhältnisse und weitergehende

statistische Analysen für das Untersuchungsgebiet Sylt ....................................... 56

3.6 Unsicherheitsanalyse ..................................................................................... 59

4 Analyse der Risikowege - Belastung, Bruch und Bruchentwicklung von

Hochwasserschutzwerken (TP2) ........................................................................... 62

4.1 Hintergrund und Zielsetzung .......................................................................... 62

4.2 Datengrundlage ............................................................................................. 64

4.3 Abschnittseinteilung der Hochwasser- und Küstenschutzlinie ....................... 64

4.3.1 Methodik ................................................................................................. 64

4.3.2 Ergebnisse und Diskussion .................................................................... 64

4.4 Zuverlässigkeitsanalyse ................................................................................. 67

4.4.1 Methodik ................................................................................................. 67

4.4.2 Ergebnisse und Diskussion .................................................................... 68

4.5 Wellenüberlauf und Überströmen .................................................................. 72

4.5.1 Methodik ................................................................................................. 72

4.5.2 Ergebnisse und Diskussion .................................................................... 72

4.6 Deichbrüche und Dünenerosion .................................................................... 75

4.6.1 Methodik ................................................................................................. 75

4.6.2 Ergebnisse und Diskussion .................................................................... 75

4.7 Zeitabhängige Zuverlässigkeitsanalyse ......................................................... 78

4.8 Zusammenfassung ........................................................................................ 80

5 Schadensermittlung und –bewertung (Risikoempfänger) (TP3) ................. 82

5.1 Hintergrund und Zielsetzung .......................................................................... 82

5.2 Datengrundlage ............................................................................................. 82

5.3 Erweiterung der Modellierungsplattform ........................................................ 83

5.3.1 Methodik ................................................................................................. 83

5.3.2 Ergebnisse und Diskussion .................................................................... 84

5.4 Ermittlung der maßgebenden Wasserstands- und Wellenhöhen ................... 84

5.4.1 Methodik ................................................................................................. 84

5.4.2 Ergebnisse und Diskussion .................................................................... 85

Page 4: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Abkürzungsverzeichnis

XtremRisK-Abschlussbericht -3- Dezember 2012

5.5 Vulnerabilitätsanalyse in den Pilotgebieten .................................................... 85

5.5.1 Methodik ................................................................................................. 86

5.6 Szenarienstudie zur Flutungswahrscheinlichkeit und Schadensanalyse ....... 94

5.6.1 Methodik ................................................................................................. 95

5.6.2 Ergebnisse und Diskussion .................................................................... 96

5.7 Zusammenfassung ........................................................................................ 99

6 Risikoanalyse, Risikobewertung und Empfehlungen zur

Risikobeherrschung (Integration) (TP4) ............................................................. 101

6.1 Hintergrund und Zielsetzung ........................................................................ 101

6.2 Datengrundlage ........................................................................................... 102

6.3 Räumliche Risikomodellierung (CRA-Ansatz) .............................................. 103

6.4 Modellierung sozio-ökonomischer, intangibler Schäden .............................. 104

6.4.1 Methodik ............................................................................................... 104

6.4.2 Ergebnisse und Diskussion .................................................................. 108

6.5 Integration tangibler und intangibler Schäden .............................................. 109

6.5.1 Methodik ............................................................................................... 109

6.5.2 Ergebnisse und Diskussion .................................................................. 110

6.6 Durchführung der Risikoanalyse .................................................................. 111

6.6.1 Methodik ............................................................................................... 111

6.6.2 Ergebnisse und Diskussion .................................................................. 112

6.7 Sensitivitäts- und Unsicherheitsanalyse ....................................................... 114

6.7.1 Methodik ............................................................................................... 114

6.7.2 Ergebnisse und Diskussion .................................................................. 115

6.8 Bestimmung der Akzeptanzgrenzen ............................................................ 116

6.8.1 Methodik ............................................................................................... 117

6.8.2 Ergebnisse und Diskussion .................................................................. 117

6.9 Maßnahmen zur Reduzierung des Risikos .................................................. 118

6.9.1 Methodik ............................................................................................... 118

6.9.2 Ergebnisse und Diskussion .................................................................. 119

6.10 Zusammenfassung ...................................................................................... 121

Literatur ................................................................................................................. 122

Page 5: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Abkürzungsverzeichnis

XtremRisK-Abschlussbericht -4- Dezember 2012

Abkürzungsverzeichnis

ALK Automatisierte Liegenschaftskarte

BAW Bundesanstalt für Wasserbau

BSH Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie

DGM Digitales Geländemodell

DWD Deutscher Wetterdienst

GEV Allgemeine Extremwertverteilung

GIS Geoinformationssystem

GPD Allgemeine Pareto-Verteilung

HPA Hamburg Port Authority

HW Hochwasser

HWSK Hochwasser-Küstenschutz

HWWI Hamburgisches Weltwirtschaftsinstitut

KFKI Kuratorium für Forschung im Küsteningenieurwesen

LKN Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz

Schleswig-Holstein

LSBG Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer Hamburg

MThb Mittlerer Tidenhub

MThw Mittleres Tidehochwasser

MTnw Mittleres Tideniedrigwasser

NCEP National Centers of Environmental Predicition

NN Normalnull

NW Niedrigwasser

PN Pegelnull

SWAN Simulating WAves Nearshore

Thw Tidehochwasser

Tnw Tideniedrigwasser

TP Teilprojekt

VGR Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung

WSA Wasser- und Schifffahrtsamt

WZ Wirtschaftszweig

Page 6: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Symbolverzeichnis

XtremRisK-Abschlussbericht -5- Dezember 2012

Symbolverzeichnis

a Lageparameter/Threshold-Parameter (bei GPD) cm / cmNN

b Streuungsparameter cm

F Sturmflutfülle

Hs Signifikante Wellenhöhe m

GP(x) Allgemeine Extremwertverteilung

LogN(x) LogNormalverteilung

m Rangnummer

N(x) Normalverteilung

N Ereignissmenge

Pe Eintrittswahrscheinlichkeit 1/a

Pf Versagenswahrscheinlichkeit

Pf, cond. Bedingte Versagenswahrscheinlichkeit 1/a

PLP Plottingposition

Q Zufluss m³/s

q Zuflussrate l/s∙m

V Volumen m³

R Widerstand (TP2)

R Risiko (TP4)

S Belastung (TP2)

S Sturmflutscheitel (TP1) cmNN

WBL(x) Weibullverteilung

τ Kendalls tau

φ(t) Copula-Generator

Page 7: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Abbildungsverzeichnis

XtremRisK-Abschlussbericht -6- Dezember 2012

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzept (Oumeraci et al. 2008,

verändert) ................................................................................................. 12

Abbildung 2: Konzept der integrierten Risikoanalyse (nach Oumeraci et al. 2004) ... 13

Abbildung 3: Layer-Konzept und Schadenskategorien (Dassanayake et al. 2012b,

verändert) ................................................................................................. 14

Abbildung 4: Maximale Windstaukurve auf Basis der astronomischen Tidekurve

am Pegel Cuxhaven ................................................................................. 25

Abbildung 5: Extremsturmflut HH_XR2010A an den Pegeln Cuxhaven und

Hamburg St.Pauli ...................................................................................... 29

Abbildung 6: Maximale Windstaukurve am Pegel Hörnum ........................................ 31

Abbildung 7: Fernwellensignal am Pegel Hörnum ..................................................... 34

Abbildung 8: Extremsturmflut SY_XR2010A am Pegel Hörnum ................................ 36

Abbildung 9: Gewählter Ansatz zur Parametrisierung einer Sturmflut (bestehend

aus 3 Tiden) auf der Basis von 19 Wasserstands- und 6 Zeitparametern 42

Abbildung 10: Ergebnis der Anpassung der GPD (inkl. 95%-Konfidenzintervalle)

an die Parameter 10 (bzw. Scheitelwerte) der ausgewählten

Sturmflutereignisse für die Pegel Cuxhaven (links) und Hörnum (rechts) . 43

Abbildung 11: RMSE der Verteilung mit dem kleinsten Fehler für die einzelnen

Parameter der Pegel Cuxhaven (links) und Hörnum (rechts) ................... 44

Abbildung 12: Abhängigkeiten (als Rangkorrelation) zwischen den beobachteten

(jeweils oben links) und simulierten (jeweils unten rechts)

Wasserstandsparametern für die Pegel Cuxhaven (links) und Hörnum

(rechts) ..................................................................................................... 46

Abbildung 13: Vergleich von extremen „Referenzsturmfluten“ und ausgewählten

simulierten Sturmflutverläufen für die Pegel Cuxhaven (links) und

Hörnum (rechts) ........................................................................................ 47

Abbildung 14: Ergebnisse der Simulation von 10 Mio. Sturmflutszenarien für die

Pegel Cuxhaven (links) und Hörnum (rechts) ........................................... 48

Abbildung 15: Eigenschaften der Randwerte und die sich ergebende Konsequenz

auf die zu wählende Methodik für die Bestimmung von kombinierten

Eintrittswahrscheinlichkeiten ..................................................................... 49

Abbildung 16: Sturmflutszenarien für den Standort Cuxhaven, als Grundlage für

die Risikoanalyse für das Untersuchungsgebiet Hamburg ....................... 52

Abbildung 17: Statistische Einordnung der ausgewählten Sturmflutszenarien für

den Pegel Cuxhaven ................................................................................ 52

Abbildung 18: Sturmflutszenarien für den Standort Hörnum, als Grundlage für die

Risikoanalyse für das Untersuchungsgebiet Sylt ...................................... 55

Page 8: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Abbildungsverzeichnis

XtremRisK-Abschlussbericht -7- Dezember 2012

Abbildung 19: Statistische Einordnung der ausgewählten Sturmflutszenarien für

den Pegel Hörnum .................................................................................... 55

Abbildung 20: Statistische Auswertung (mittels GEV) von Hs-Werten, die zeitgleich

mit Wasserständen größer 150 cmNN aufgetreten sind (zeitlicher

Abstand mind. 30h) ................................................................................... 58

Abbildung 21: Übersicht der Arbeitsschritte der Analyse der Risikowege im

Rahmen der Integrierten Risikoanalyse in XtremRisK .............................. 63

Abbildung 22: Abschnittseinteilung der Hochwasserschutzlinie von Wilhelmsburg,

Hamburg ................................................................................................... 66

Abbildung 23: Ergebnisse der Untersuchungsgebiete:

a) Versagenswahrscheinlichkeit für einen Deichbruch initiiert durch

Wellenüberlauf für Deichabschnitte in Wilhelmsburg, Hamburg;

b) Versagenswahrscheinlichkeit für Dünenerosion in Hörnum, Sylt.......... 71

Abbildung 24: Kronenhöhe entlang der Hochwasserschutzlinie Hamburg-

Wilhelmsburgs und zugehörige maximale Scheitelwasserstände

unterschiedlicher Sturmflutszenarien. ....................................................... 73

Abbildung 25: Gesamtzufluss durch Wellenüberlauf/Überströmen entlang der

Hochwasserschutzlinie von Wilhelmsburg und Sturmflutverlauf der

Szenarien am Pegel St. Pauli, Hamburg .................................................. 74

Abbildung 26: Ausgangs- und Erosionsprofil für ein Querprofil einer Düne in

Hörnum, Sylt, für das Sturmflutszenario SY_XR2010C. ........................... 78

Abbildung 27: Zeitabhängige Prozesse von Widerstand und Belastung für

verschiedene Zeitskalen: a) kurzfristig; b) mittelfristig; c) langfristig

(Naulin et al. 2012) ................................................................................... 79

Abbildung 28: Modellgebiet und Berechnungsnetz des 2D HN-Modells der Elbe

zur Berechnung der Wasserstands- und Wellenhöhen ............................. 85

Abbildung 29: Musterhaustypen der Wohnbebauung im Projektgebiet Hamburg-

Wilhelmsburg ............................................................................................ 87

Abbildung 30: Zugewiesene Musterhaustypen der Wohnbebauung im

Projektgebiet Hamburg-Wilhelmsburg ...................................................... 88

Abbildung 31: Räumliche Verteilung der Gewerbebetriebe im Projektgebiet

Hamburg-Wilhelmsburg ............................................................................ 89

Abbildung 32: Kostenpositionen bei der Ermittlung der Schadenspotentiale für

Wohngebäude .......................................................................................... 90

Abbildung 33: Gebäude- und Inventarschadenspotential vom Musterhaustyp 20a ... 92

Abbildung 34: Gebäude- und Inventarschadenspotential für den

Wirtschaftszweig D ................................................................................... 93

Abbildung 35: Abfolge der Arbeiten zur Überflutungsmodellierung mit

anschließender Schadensanalyse ............................................................ 95

Page 9: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Tabellenverzeichnis

XtremRisK-Abschlussbericht -8- Dezember 2012

Abbildung 36: Ergebnisse der Überflutungsausbreitung in Hamburg-Wilhelmsburg

für die Szenarien HH_XR2010A, HH_XR2010B und HH_XR2010C (von

links nach rechts) ...................................................................................... 97

Abbildung 37: Direkte Gesamtschäden im Untersuchungsgebiet Hamburg-

Wilhelmsburg für die Szenarien 2010 A, 2010 B und 2010 C (von links

nach rechts) .............................................................................................. 97

Abbildung 38: Indirekte Schäden im Untersuchungsgebiet Hamburg-Wilhelmsburg

für die Szenarien 2010 A, 2010 B und 2010 C (von links nach rechts) ..... 99

Abbildung 39: Flowchart zur Durchführung der integrierten Risikoanalyse in TP4 .. 102

Abbildung 40: Einteilung des Projektgebiets in Grid-Struktur (links) und

Repräsentation von Überflutungstiefen im Grid (hier 100m-Grid am

Beispiel von Hörnum) ............................................................................. 104

Abbildung 41: Ergebnis der Ermittlung möglicher Todesopfer (2) und Verletzten

(914) auf Grundlage des räumlichen loss-of-life-Modells für das

Szenario HH_XR2010A im Projektgebiet Hamburg-Wilhelmsburg

(verändert nach Burzel et al. 2012a) ....................................................... 105

Abbildung 42: Ergebnis der Analyse kultureller Schäden auf Grundlage des

CLAM-Ansatzes für das Szenario HH_XR2010A (verändert nach

Dassanayake et al. 2012a) ..................................................................... 107

Abbildung 43: Veränderung der Ökosystemdienstleistungen (in %) für das

Szenario HO_XR2010A (Burzel et al. 2012b) ......................................... 108

Abbildung 44: Nutzenfunktionen zur Normierung der Ergebnisse der

Schadensanalyse (verändert nach Dassanayake et al. 2012b) .............. 110

Abbildung 45: Integrationsansatz (MAUT) zur Zusammenführung tangibler und

intangibler Schäden (verändert nach Dassanayaket et al. 2012b).......... 110

Abbildung 46: Darstellung des Integrierten Risikos für das Szenario HH_XR2010A

in Hamburg-Wilhelmsburg (Burzel et al. 2012c) ..................................... 111

Abbildung 47: Räumliche Verteilung des Risikos für tangible Schäden für das

Sturmflutszenario HH_XR2010A in Hamburg-Wilhelmsburg (Burzel et

al. 2012c) ................................................................................................ 113

Abbildung 48: Räumliche Verteilung des Risikos für das Szenario HO_XR2010A in

Hörnum (Sylt) (Burzel et al. 2012d). ....................................................... 114

Abbildung 49: Prinzip des kaskadierenden Flutkammersystems (Ujeyl et al. 2012b)119

Abbildung 50: Vergleich der Überflutungsflächen in Hamburg-Wilhelmsburg für

das Szenarien 2010 A (1) ohne Resilienz und (2) mit

Kompartimentierung (Ujeyl et al. 2012b) ................................................ 120

Page 10: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Tabellenverzeichnis

XtremRisK-Abschlussbericht -9- Dezember 2012

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Verwendete Daten am Pegel Cuxhaven und Hörnum .............................. 19

Tabelle 2: Methodische Analyseschritte des XtremSturmflut-Verfahrens .................. 23

Tabelle 3: Verteilungsfunktionen zur Anpassung an die Zeitreihen der Parameter ... 43

Tabelle 4: Verwendete Filterfunktionen zur Generierung synthetischer

Sturmflutverläufe ....................................................................................... 45

Tabelle 5: Zusammenfassung der hier verwendeten bivariaten Archimedischen

Copulas .................................................................................................... 51

Tabelle 6: Ergebnisse der statistischen Einordnung der gewählten

Sturmflutszenarien für das Untersuchungsgebiet Hamburg ..................... 54

Tabelle 7: Ergebnisse der statistischen Einordnung der gewählten

Sturmflutszenarien für das Untersuchungsgebiet Sylt .............................. 56

Tabelle 8: Ergebnisse der gemeinsamen statistischen Analyse der Parameter S, F

und Hs für die Gebiete Hörnum West und Westerland mithilfe eines

genesteten Copula-Modells ...................................................................... 59

Tabelle 9: Ergebnisse mit Unsicherheiten („worst case“ Betrachtung) der

statistischen Analyse für die Untersuchungsgebiete Hamburg, Sylt

(Ostseite) und Sylt (Westseite) ................................................................. 60

Tabelle 10: Ergebnisse der Abschnittseinteilung der Hochwasser- und

Küstenschutzlinie ...................................................................................... 65

Tabelle 11: Übersicht verwendete Grenzzustandsgleichungen (GZG) für die

Zuverlässigkeitsanalyse ............................................................................ 69

Tabelle 12: Bedingte Versagenswahrscheinlichkeiten für Sturmflutszenarien in

Hamburg ................................................................................................... 70

Tabelle 13: Bedingte Versagenswahrscheinlichkeiten für Sturmflutszenarien auf

Sylt ............................................................................................................ 70

Tabelle 14: Ergebnisse maximale Wellenüberlaufrate qmax [l/(s∙m)] und

Gesamtvolumen Vtotal [m³] für unterschiedliche Sturmflutszenarien in

Wilhelmsburg, Hamburg ........................................................................... 74

Tabelle 15: Ergebnisse maximale Wellenüberlaufrate qmax [l/(s∙m)] und

Gesamtvolumen Vtotal [m³] für unterschiedliche Sturmflutszenarien in

Westerland auf Sylt ................................................................................... 75

Tabelle 16: Ergebnisse der Deichbruchmodellierung Bruchinitiierung/ Vollständiger

Deichbruch ............................................................................................... 77

Tabelle 17: Ergebnisse der Deichbruchszenarien ..................................................... 77

Tabelle 18: Gewerbebetriebe nach WZ-Zugehörigkeit im Projektgebiet Hamburg-

Wilhelmsburg ............................................................................................ 89

Tabelle 19: Betrachtete Kostenpositionen bei der Ermittlung der

Schadenspotentiale für Wohngebäude ..................................................... 91

Page 11: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Tabellenverzeichnis

XtremRisK-Abschlussbericht -10- Dezember 2012

Tabelle 20: Ergebnisse der Überflutungsausbreitung für das Untersuchungsgebiet

Hamburg-Wilhelmsburg ............................................................................ 97

Tabelle 21: Ergebnisse der direkten Schäden für das Untersuchungsgebiet

Hamburg-Wilhelmsburg ............................................................................ 97

Tabelle 22: Ergebnisse der indirekten Schäden für das Untersuchungsgebiet

Hamburg-Wilhelmsburg ............................................................................ 99

Tabelle 23: Ergebnisse der Risikoanalyse für Hamburg-Wilhelmsburg (Burzel et al.

2012d) .................................................................................................... 112

Tabelle 24: Ergebnisse der Risikoanalyse für Hörnum (Sylt) (Burzel et al. 2012d) . 113

Tabelle 25: Eigenschaften des Sturmflutszenarios HO_XR2010A (verändert nach

Gönnert et al. 2012) ................................................................................ 115

Tabelle 26: Statistische Einordnung des Szenarios HO_XR2010A unter Angabe

der Unsicherheiten (verändert nach Wahl et al. 2012b) .......................... 116

Tabelle 27: Ergebnisse der Risikoanalyse unter Berücksichtigung der

Unsicherheiten der statistischen Einordnung sowie der

Schadensermittlung (Burzel et al. 2012d) ............................................... 116

Tabelle 28: Wirksamkeitsnachweis des Flutkammersystems für tangible Schäden

in Hamburg-Wilhelmsburg am Beispiel des Szenarios HH_XR2010A

(Ujeyl et al. 2012b) .................................................................................. 120

Page 12: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Einführung Projekt XtremRisK

XtremRisK-Abschlussbericht -11- Dezember 2012

1 Einführung Projekt XtremRisK

1.1 Motivation und Zielstellung

Neben dem Anstieg des mittleren Meeresspiegels gehören häufigere und verstärkte

Sturmfluten zu den unausweichlichen Folgen des Klimawandels in Küsten- und

Ästuargebieten (IPCC 2007). Angesichts des sehr langsamen Meeresspiegelan-

stiegs und der besseren Möglichkeiten zur Anpassung besteht die dringlichste Auf-

gabe darin, die Folgen der Zunahme extremer Sturmfluten hinsichtlich der Häufigkeit,

Intensität und Verweildauer für den Hochwasser- und Küstenschutz abzuschätzen,

um mögliche Katastrophen abzuwenden. Die Dringlichkeit, den lokalen Folgen des

globalen Klimawandels in Form von veränderten Sturmflutverhältnissen voraus-

schauend und präventiv zu begegnen, ergibt sich unmittelbar daraus, dass Küsten-

und Ästuargebiete weltweit als bevorzugte Siedlungs- und Wirtschaftsräume sowie

als Räume wertvollster Ökosysteme unseres Planeten darstellen und daher als vor-

rangig gefährdet gelten (Oumeraci et al. 2008).

Die Ausarbeitung verlässlicher Handlungsempfehlungen und konkreter Gegenmaß-

nahmen im Sinne einer nachhaltigen Anpassung stößt noch auf zahlreiche Wissens-

lücken und Schwierigkeiten (Oumeraci et al. 2008):

(i) Zu große Unsicherheiten bei den langfristigen Prognosen der lokalen Auswir-

kungen des globalen Klimawandels, insbesondere hinsichtlich der meteorolo-

gisch bedingten Komponenten der „Risikoquelle“ Sturmflut (Windstau und

Seegang).

(ii) Das Fehlen prozessorientierter, wissenschaftlich fundierter Modelle für die

Vorhersage langfristiger und großräumiger morphologischer Veränderungen

im Küstenraum, die nicht nur alle Komponenten der Sturmflut und somit die

Bemessungswasserstände, sondern auch den Bemessungsseegang maßgeb-

lich beeinflussen.

(iii) Das Fehlen grundlegender Kenntnisse darüber, wie die Parameter Sturmflut-

verlauf und Seegang zu Sturmflutszenarien zusammengeführt werden kön-

nen, bei denen es zu inakzeptablen gesamtwirtschaftlichen Schäden kommt.

Derartige Extremsturmfluten, die die größten Herausforderungen für jedes Risikoma-

nagement darstellen, lassen sich aufgrund der Vielfalt der Einflussfaktoren und deren

komplexen Wechselwirkungen, der Zunahme der Instationarität der involvierten Pro-

zesse infolge Klimawandel sowie der o.g. Schwierigkeiten und Wissenslücken nur

mit sehr großen Unsicherheiten abschätzen. Weitere Details und Herausforderungen

hinsichtlich der Grundlagenforschung bezüglich der Vorhersage extremer Sturmflut-

und Seegangsereignisse sind in Oumeraci (2004) zu finden.

Das Schließen der o.g. Wissenslücken und die Schaffung der erforderlichen grundle-

genden Kenntnisse und Methoden, die es ermöglichen, wissenschaftlich fundierte

Page 13: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Einführung Projekt XtremRisK

XtremRisK-Abschlussbericht -12- Dezember 2012

Vorhersagemodelle zu entwickeln und die damit verbundenen Unsicherheiten ver-

lässlich abzuschätzen, werden wahrscheinlich mehr als zehn Jahre in Anspruch

nehmen (Oumeraci, 2004). Vor diesem Hintergrund wird daher im Projekt XtremRisK

ein anderer Weg eingeschlagen, um die Gefährdung durch Extremsturmfluten im

Klimawandel zu bestimmen und daraus Handlungsempfehlungen für die präventive

Begegnung der Gefährdung unter Berücksichtigung aller Unsicherheiten herzuleiten.

1.2 Methodik

Für die Untersuchungen basieren auf dem „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzept

(Abbildung 1) als Grundlage für ein integriertes Vorgehen für die Risikoanalyse und

das Risikomanagement offener Küsten und Ästuargebieten, die durch Extremsturm-

fluten im Klimawandel gefährdet sind.

Abbildung 1: „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzept (Oumeraci et al. 2008, verändert)

Das gesamtheitliche Vorgehen der integrierten Risikoanalyse erfordert vier Teilpro-

jekte (TP), die sich jeweils mit der Risikoquelle, den Risikowegen, den Risikoemp-

fängern sowie deren Integration befassen:

- TP1: Extreme Sturmfluten (Risikoquelle), unterteilt in TP1a (Entwicklung von

Sturmflutszenarien) und TP1b (Statistische Analyse von Sturmflutszenarien)

- TP2: Belastung, Bruch und Bruchentwicklung von Hochwasserschutzwerken

(Risikowege)

- TP3: Schadensermittlung und -bewertung (Risikoempfänger)

- TP4: Risikoanalyse, Risikobewertung und Empfehlungen für Risikobeherr-

schung (Integration).

Page 14: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Einführung Projekt XtremRisK

XtremRisK-Abschlussbericht -13- Dezember 2012

Für die Implementierung der entwickelten Methoden wurden eine offene Küste (am

Beispiel von Sylt) und ein urbaner Siedlungsraum im Ästurargebiet (am Beispiel von

Hamburg) aus folgenden Gründen ausgewählt (Oumeraci et al. 2008):

- Räumlich unterschiedliche Entwicklung der extremen Sturmflutwasserstände

und des Seegangs, einschließlich Reaktion der Morphologie.

- Unterschiedliche sozio-ökonomische Strukturen, die die Vulnerabilität des

sturmflutgefährdeten Gebietes bestimmen.

- Unterschiedliche Möglichkeiten und Optionen, dem veränderten Flutrisiko prä-

ventiv zu begegnen und es auf ein hinnehmbar erträgliches Maß zu reduzie-

ren.

Das Risiko wird in XtremRisK auf Grundlage des Produkts der bedingten Überflu-

tungswahrscheinlichkeit Pf,cond und der daraus resultierenden tangiblen und intangib-

len Schäden D ermittelt (Gl. 1).

DPR condf, (1)

Dabei wird die bedingte Überflutungswahrscheinlichkeit aus der Eintrittswahrschein-

lichkeit für ein Sturmflutszenario Pe und der bedingten Versagenswahrscheinlichkeit

des Hochwasser- und Küstenschutzsystems Pf ermittelt (Gl. 2).

fecondf, PPP (2)

Es werden sowohl tangible als auch intangible Schäden in der Risikoanalyse berück-

sichtigt. Um eine Ermittlung des integrierten Risikos zu ermöglichen, ist ein Ansatz

zur Zusammenführung (Integration) tangibler und intangibler Schäden erforderlich.

(vgl. Kapitel 6.5). Auf Grundlage des integrierten Schadens kann anschließend das

integrierte Risiko ermittelt werden (Abbildung 2).

Abbildung 2: Konzept der integrierten Risikoanalyse (nach Oumeraci et al. 2004)

Page 15: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Einführung Projekt XtremRisK

XtremRisK-Abschlussbericht -14- Dezember 2012

Die Ergebnisse werden abschließend in Risikokarten für alle Schadenskategorien

dargestellt. Dabei ist es auch erforderlich, die unterschiedlichen Aspekte des Risiko,

also die Vulnerabilitäts- und Gefahrenkarten, einzubeziehen (vgl. Kapitel 6.6). Die

unterschiedlichen Layer stellen eine wichtige Grundlage zur Entwicklung von Maß-

nahmen zur Reduzierung des Risikos dar (Abbildung 3)

Abbildung 3: Layer-Konzept und Schadenskategorien (Dassanayake et al. 2012b, verändert)

Im vorliegenden Abschlussbericht werden die Ergebnisse der Teilprojekte zusam-

menfassend dargestellt. Dabei wird entsprechend des „Risk Source-Pathway-

Receptor“-Konzepts auf folgende Schwerpunkte eingegangen:

- Entwicklung von Sturmflutszenarien: Ergebnisse des TP1a (Kapitel 2)

- Statistische Analyse von Sturmflutszenarien: Ergebnisse des TP1b (Kapitel 3)

- Belastung, Bruch und Bruchentwicklung von Hochwasserschutzwerken: Er-

gebnisse des TP2 (Kapitel 4)

- Schadensermittlung und –bewertung: Ergebnisse des TP3 (Kapitel 5)

- Risikoanalyse, Risikobewertung und Empfehlungen für Risikobeherrschung:

Ergebnisse des TP4 (Kapitel 6).

Um Form und Umfang des Abschlussberichtes gerecht zu werden, werden die entwi-

ckelten Methoden und erzielten Ergebnisse nur vergleichsweise kurzer dargestellt.

Für eine umfassendere Dokumentation der durchgeführten Analysen und Darstellung

der Ergebnisse werden in den jeweiligen Kapiteln Literaturhinweise zu den umfang-

reichen Zwischenberichten gegeben. Die Zwischenberichte stehen auf der Projekt-

webseite www.xtremrisk.de zum Download zur Verfügung.

Page 16: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Einführung Projekt XtremRisK

XtremRisK-Abschlussbericht -15- Dezember 2012

Die Ergebnisse aller Teilprojekte des XtremRisK-Projekts wurden auf der „2nd Euro-

pean Conference on FLOODrisk Management“ vom 20.-22. November 2012 in

Rotterdam vorgestellt. Folgende Beiträge sind in den Proceedings veröffentlicht:

- Oumeraci et al. (2012): Integrated Flood Risk Analysis for Extreme Storm Sur-

ges at Open Coasts and in Estuaries: Background, Methodology, Key Results

and Lessons Learned – Results of the XtremRisK Project

- Gönnert & Gerkensmeier (2012): Development of extreme storm surge events

– Results of the XtremRisK Project

- Wahl et al. (2012b): Statistical Assessment of Storm Surge Scenarios within

Integrated Risk Analyses – Results of the XtremRisK Project

- Naulin et al. (2012): Reliability Analysis and Breach Modelling of Flood De-

fences in an Integrated Risk Analysis – Results of the XtremRisK Project

- Ujeyl et al. (2012c): Evaluating direct damages of residential and commercial

assets on a micro scale – Results of the XtremRisK Project

- Burzel et al. (2012e): Spatial Modelling of tangible and intangible Losses in In-

tegrated Risk Analysis – Results of the XtremRisK Project

- Dassanayake et al. (2012c): Intangible Flood Losses: Methodologies for their

Evaluation and Integration in Flood Risk Analysis

Page 17: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Entwicklung von Sturmflutszenarien (TP1a)

XtremRisK-Abschlussbericht -16- Dezember 2012

2 Entwicklung von Sturmflutszenarien (TP1a)

Zielsetzung im TP1 ist es, die Risikoquelle in Form von Sturmfluten im Sinne des an-

gewandten „Source-Pathway-Receptor“-Konzeptes, das als Grundlage für ein inte-

griertes Vorgehen für die Risikoanalyse und das Risikomanagement durch Extrem-

sturmfluten und Klimawandel betroffener offener Küsten und eines Ästuargebietes

dient, zu untersuchen. Bei der im TP1a vorgenommenen Entwicklung der Extrem-

sturmflutszenarien für die jeweiligen Pegelstandorte der beiden Untersuchungsgebie-

te steht die physikalische Plausibilität der Sturmflutszenarien im Vordergrund. Es

wurde ein empirisch-deterministisches Verfahren zur Ermittlung von Extremsturmflu-

ten in der Deutschen Bucht, das Verfahren XtremSturmflut, entwickelt. Mittels dessen

können sowohl das größte beobachtete Ausmaß der Einzelkomponenten einer

Sturmflut (Windstau, Springtide und Fernwelle), als auch das Ausmaß ihres Zusam-

mentreffens in einem Sturmflutereignis in Form der Sturmflutkurve unter Berücksich-

tigung der hydrodynamischen Vorgänge im Wasserkörper berücksichtigt werden.

Der folgende Abschnitt des Abschlussberichtes beschreibt die Ergebnisse des TP1a.

Dabei werden sowohl die Ergebnisse der Analyse des Sturmflutklimas als auch die

Entwicklung des Verfahrens XtremSturmflut am Pegel Cuxhaven, der als Referenz-

pegel für Hamburg verwendet wird, sowie die Übertragung der Methode auf den Un-

tersuchungspegel Hörnum (Insel Sylt) und die daraus resultierenden Extremsturm-

flutszenarien vorgestellt. Zudem wurden weitere Extremflutszenarien unter heutigen

wie auch unter zukünftigen klimatischen Bedingungen ermittelt, wobei der steigende

Meeresspiegel als anteilig größte Komponente berücksichtigt wurde.

2.1 Grundlagen zur Entwicklung von Extremsturmflutszenarien

Voraussetzung für eine Sturmflut ist das Einwirken eines starken Windes aus stau-

wirksamer Richtung. Für die Küstenlinie der Deutschen Bucht sind dies Winde aus

Nord bis Nordwest (Gönnert 2003). Diese Winde wirken an der Grenzfläche zwi-

schen Hydrosphäre und Atmosphäre in Form des Windschubkoeffizienten auf den

Wasserkörper ein. Auf Grund des physikalischen Prinzips des Impulserhalts wird der

eingehende Bewegungsimpuls, zu seinem Hauptanteil in Richtung des einwirkenden

Impulses, innerhalb des Wasserkörpers in Form von Strömungen erhalten und verur-

sacht eine Massenbewegung in hauptsächlich horizontaler Richtung. Die ansteigen-

de Bathymetrie im küstennahen Bereich begünstigt ein Anstauen der an die Küsten-

linie herangetragenen Wassermassen. Diese Wasserstandserhöhung durch den

Wind wird als Windstau bezeichnet. Die ausgelöste Strömungsbewegung unterliegt

dem Massenerhaltungsgesetz (Volumenerhalt) weshalb sich auf Grund des in den

physikalischen Grundgesetzen geforderten Ausgleiches von örtlich verlagertem

Wasservolumens im küstennahen System eine bodennahe Rückströmung ausbildet.

Aus der bodennahen Rückströmung wird eine Sohlschubspannung in das System

induziert. Die zurzeit nur begrenzt vorliegenden Kenntnisse zur Systemgröße der

Page 18: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Entwicklung von Sturmflutszenarien (TP1a)

XtremRisK-Abschlussbericht -17- Dezember 2012

Sohlschubspannung zeigt, dass davon auszugehen ist, dass die entgegengesetzten

Strömungsrichtungen der Sohl- und Windschubspannung ein umgekehrtes Vorzei-

chen besitzen (Malcherek 2010). Eine Zunahme des eingetragenen Windimpulses

resultiert daher in einem ebenfalls erhöhten Sohlschubkoeffizienten. Der verstärkte

Impulseintrag der daraus resultierende Volumentransport in Form einer verstärkten

Strömung in Richtung Küste löst auf Grund der physikalischen Grundgesetzmäßig-

keit des Volumenerhalts eine verstärkte Ausgleichsströmung (in Form des Rückstro-

mes zur offenen Nordsee) aus. Bedingt durch diese auf den physikalischen Grund-

gesetzen basierenden hydrodynamischen Strömungsvorgängen ist zu erwarten,

dass unter der Einwirkung eines definierten Windimpulses nur eine abhängige, spezi-

fische, maximale Wasserstandserhöhung an der Küste erreicht werden kann.

Neben den Wasserstandserhöhungen durch den Windstau sind zudem weitere

Komponenten bekannt, die zu einer Erhöhung des Wasserstandes führen können.

Dabei sind als maßgebliche Komponenten die Springtide, als Produkt der astronomi-

schen Ungleichheiten (spezifisch an jeden Pegel) und die Fernwelle zu nennen.

Fernwellen (external surges) haben ihren Ursprung im Nordatlantik und entstehen

dort durch meteorologische Effekte (Änderung des statischen Luftdruckes an der

Meeresoberfläche und Windschub) als Oberflächenwellen. Sie werden als interne

Welle im Wasserkörper, sogenannte „deep water surges“ (Schmitz 1965) übertragen

und transportiert. Die deep water surges sind instationär und breiten sich in die Ge-

biete der Schelfe und Randmeere aus, wo sie die sogenannten external surges aus-

bilden. Der Transport einer external surge vom Atlantik in die Nordsee erfolgt bevor-

zugt, wenn die Zugbahn einer Zyklone aus dem Seegebiet zwischen Irland und Is-

land nach Mittelnorwegen führt (Schmitz et al. 1988).

Wissenschaftliche Grundlage für die Entwicklung der Methode XtremSturmflut ist die

Betrachtung der einzelnen Komponenten einer Sturmflut sowie Wechselwirkungen

untereinander während eines zeitgleichen Auftretens in einer sehr hohen Sturmflut.

Verschiedenen Untersuchungen zur Hydrodynamik und physikalischen Vorgängen

bei Sturmflutereignissen haben gezeigt, dass sich die Komponenten aufgrund hydro-

dynamischer Vorgänge im Wasserkörper nicht-linear überlagern (vgl. Tang et al.

1996; Horsburgh & Wilson 2007; Jones & Davies 2007). Im Sinne der im Projekt vor-

genommenen Entwicklung extremer Sturmflutszenarien stellen diese nicht-linearen

Interaktionen einen entscheidenden Faktor dar, den es bei der Entwicklung extremer

Sturmflutwasserstände zu berücksichtigen gilt. Diese im XtremSturmflut Verfahren

stattfindende Berücksichtigung, ermöglicht es, physikalisch plausible Extremszenari-

en zu entwickeln. Im Gegensatz dazu würde eine lineare Überlagerung der maximal

beobachteten Komponenten zu einer Überschätzung der Sturmfluthöhe kommen.

Daher stellt die Einbeziehung der nicht-linearen Wechselwirkungen zwischen den

Sturmflutkomponenten eine wichtige Grundlage im Verfahren zur Konstruktion ext-

remer Sturmflutszenarien dar, die in einer solchen Form bisher noch nicht in der

Sturmflutforschung vorgenommen worden ist. Zudem ermöglicht die Berücksichti-

gung des gesamten Verlaufes des Sturmflutwasserstandes, im Gegensatz zu Ein-

Page 19: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Entwicklung von Sturmflutszenarien (TP1a)

XtremRisK-Abschlussbericht -18- Dezember 2012

zelwertbetrachtungen in Form von Scheitelwerten vorzunehmen. Eine Verlaufsbe-

trachtung ist notwendig, um die Dynamik sowohl hydrologisch als auch schlussend-

lich die Belastung am Bauwerk im Küstenschutz zu bestimmen. Vor allem in den

Ästuaren bewirken die Verläufe einen Unterschied in der Höhenentwicklung (Gönnert

2003).

2.1.1 Sturmflutdefinition im Projekt XtremRisK TP1a

Die Definition von Sturmfluten kann über unterschiedliche Ansätze erfolgen (Gönnert

et al. 2010). Im Rahmen der Zielsetzung, die Trennung der Sturmflut in seine was-

serstandserhöhenden Komponenten durchzuführen, werden die vorhandenen Kollek-

tive auf diese Zielsetzung hin geprüft. Die verwendete Sturmflutdefinition ist in An-

lehnung an kombinierte Definitionsverfahren (Kombination aus Definition über Statis-

tik und Windstau) entstanden. Grundlage der verwendeten Definition ist dabei die

Staudefinition zu allen Tidephasen (vgl. Gönnert 2003).

Um eine einfache Erfassung der eingetretenen Ereignisse über regulär erfasste Ti-

dekennwerten zu ermöglichen, wurden die Höhen über MThw und MTnw analysiert.

Für den Pegel Cuxhaven ergeben sich so als Definitionsgrenzen MThw + 150 cm

und MTnw + 190 cm. Am Pegel Hörnum können, unter Berücksichtigung der Wind-

stauverhältnisse in der Deutschen Bucht (Siefert & Lassen 1985, Gönnert 2003) und

statistischen Analysen aus TP1b (Wahl et al. 2011a) Sturmfluten durch die Grenz-

werte MThw + 145 cm und MTnw + 180 cm definiert werden. Über die parallele Defi-

nition über MThw und MTnw wird dem Rechnung getragen, dass hohe Windstauwer-

te auch zu Niedrigwasser auftreten können, die durchaus auch mal keinen hohen

Scheitelwasserstände erzeugen, jedoch aus physikalischer Sicht zweifelsohne

Sturmflutereignisse sind.

Zusätzlich wird im XtremRisK Projekt die meteorologische Situation in die Kollektiv-

bildung einbezogen. In diesem Sinne wird der ursächliche Sturm betrachtet, worüber

die Relation zwischen Wind und Wasserstand als wichtige Information in die Auswer-

tung einbezogen werden kann. Ein Windereignis wird ab einem Beaufortgrad von 8

(entspricht ca. 17 m/s) als stürmisch eingestuft (DWD 2009). Die Integration des Pa-

rameters Wind in die Kollektivbetrachtung ermöglicht es weiterhin, die Ereignisse

hinsichtlich ihrer ausschlaggebenden Initialgrößen zu separieren. Ein Abgleich mit

dem Kollektiv nach Gönnert & Siefert (1998) am Pegel Cuxhaven ergab einen Anteil

von rund 30%, innerhalb dessen die erhöhten Wasserstände nicht durch einen Sturm

sondern durch andere Einflüsse initiiert wurden. Dieser Anteil deckt sich mit den Er-

kenntnissen von Gönnert (2003), das jedes vierte bis fünfte Ereignis von einer Fern-

welle überlagert wird. Dieser Faktor kann bereits bei alleinigem Auftreten einen mar-

kant erhöhten Wasserstand hervorrufen.

Page 20: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Entwicklung von Sturmflutszenarien (TP1a)

XtremRisK-Abschlussbericht -19- Dezember 2012

2.1.2 Datengrundlage

Die drei Sturmflutkomponenten vorausberechnete Tide, Windstau und Fernwelle sind

keine direkt messbaren Größen, sondern müssen aus den Beobachtungsdaten des

Pegels abgeleitet bzw. berechnet werden.

Pegeldaten

Die gemessene Pegelganglinie ist die maßgebliche Grundlage für die angestrebten

Analysen. Dabei sind möglichst lange und ungestörte (z.B. durch anthropogene Ein-

flüsse) Pegelreihen erforderlich. Die Tabelle 1 fasst die verwendeten Pegeldaten an

beiden Untersuchungspegeln zusammen. Zur Berechnung eines Windstaus, der den

stochastischen vom deterministischen Anteil trennt, wird die im LSBG berechnete

astronomische Tidekurve zur Untersuchung herangezogen. Diese wurde über die

Kombination eines harmonischen und eines non-harmonischen Berechnungsverfah-

rens ermittelt (Gönnert et al. 2012).

Tabelle 1: Verwendete Daten am Pegel Cuxhaven und Hörnum

Pegel

Cuxhaven

Daten Zeitraum Quelle

Sturmflutverläufe 1900 - 1995 WSA Cuxhaven, Digitalisierung und Auf-

bereitung im Rahmen des Forschungs-

projektes „Windstauanalysen in Nord-

und Ostsee“

1996 - 2008 BSH

Stundenwerte 1918 - 2008 BSH

Astronomische

HW-/NW- Werte

1900 - 2008 BSH

Pegel

Hörnum

Pegelganglinien

11/1950-12/1951

12/1964-12/1965

12/1975-12/1976

12/1986-12/1987

WSA Tönning, Format: Pegelbögen;

Digitalisierung erfolgte durch TP1a

Sturmflutverläufe 1936-1999

WSA Tönning, Format: Pegelbögen;

Digitalisierung erfolgte durch TP1b

1999-2008 WSA Tönning, Format: digital

Astronomische

HW-/NW-Werte 1936-1998

BSH, Format: Gezeitentafeln; Berech-

nung und Digitalisierung erfolgte durch

TP1a

Winddaten

Die Winddaten werden sowohl für die generelle Einschätzung der Sturmflutereignis-

se, für die Windstauparametrisierung, als auch für weitere spezifische Analyseschrit-

te im Verfahren XtremSturmflut benötigt. Für den Pegel Cuxhaven wird die Windsta-

Page 21: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Entwicklung von Sturmflutszenarien (TP1a)

XtremRisK-Abschlussbericht -20- Dezember 2012

tion Scharhörn (Betreiber HPA) zur Auswertung verwendet. Bei den vom Seewetter-

amt Hamburg zur Verfügung gestellten Daten wurden Druckdaten des geostrophi-

schen Windes von 6 Messstationen zu einem Bodenwind mit Windrichtung und

-geschwindigkeit umgerechnet (in Anlehnung an Schmidt & Storch 1993). Der Ver-

gleich mit dem Wind auf Scharhörn zeigt, dass die umgerechneten Bodenwinddaten

eine relativ hohe Genauigkeit aufweisen.

Für den Pegel Hörnum wurden die verwendeten Winddaten durch den DWD zur Ver-

fügung gestellt. Die Messstation am Standort Hörnum liefert jedoch nur Winddaten

für einen begrenzten Zeitraum (stündlichen Messwerte 1983-1996 mit Datenlücken).

Dieser geringe Bestand von verwendbaren Winddaten bedeutet eine starke Ein-

schränkung des Auswertungszeitraumes besonders in Hinblick auf die Untersuchun-

gen zur Windstau- und Fernwellenentwicklung am Pegel Hörnum. Eine mögliche

Verwendung der Windstation List für die Untersuchung am Pegel Hörnum konnte

nach einem Abgleich der Daten ausgeschlossen werden.

Fernwellendaten

Fernwellen werden aus Beobachtungsdaten am Untersuchungspegel und unter Be-

rücksichtigung schon bekannter Fernwellenanalysen an anderen Pegeln abgeleitet.

Für den Zeitraum 1971 bis 1995 (Datenlücke zwischen 1974 und 1978) liegen Auf-

zeichnungen zu Wasserständen an den Pegeln Aberdeen, Immingham und

Cuxhaven des BSHs vor. Mit diesen Informationen wurden vom BSH Reststaube-

rechnungen in Cuxhaven durchgeführt. In diesem Zeitraum wurden 46 aufgetretene

Fernwellen von Gönnert (2003) identifiziert.

Für den Pegel Hörnum liegen keine Reststauhöhen vor. Aus diesem Grund erfolgt im

Verfahren XtremSturmflut eine Übertragung der Erkenntnisse über Fernwellen am

Pegel Cuxhaven auf den Untersuchungspegel Hörnum (Kapitel 2.4.2 Abschnitt

Fernwellenanalyse). Dieses, für den Pegel Hörnum entwickelte Verfahren, basiert auf

den Erkenntnissen über Fernwellen am Pegel Cuxhaven. Der Umfang der dafür

auswertbaren Fernwellen an einem Pegel hängt maßgeblich von den verfügbaren

Winddaten ab. Von der Messstation Hörnum stehen Daten ab Oktober 1983 zur Ver-

fügung (mit Datenlücken). Neben Pegel- und Winddaten werden für die Berechnung

und Analyse von Fernwellen des Weiteren astronomische Kennwerte und der lokale

Luftdruck benötigt. Die astronomisch vorausberechneten HW und NW wurden an-

hand des Datenbestandes des BSH erfasst und digitalisiert. Der lokale Luftdruck

wurde aus Reanalyse-Karten des amerikanischen Wetterdienstes „National Centers

of Environmental Prediction“ entnommen (NCEP 2009).

2.1.3 Windstauparametrisierung

Die Windstauparametrisierung dient der Untersuchung der Sturmflutcharakteristik

sowie der Erfassung der Entwicklung von sturmfluterzeugenden Windverhältnissen

sowohl während eines Sturmflutereignisses als auch über längere Zeiträume. Hierfür

wird die Windstaukurve durch einen Polygonzug vereinfacht dargestellt (Gönnert

Page 22: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Entwicklung von Sturmflutszenarien (TP1a)

XtremRisK-Abschlussbericht -21- Dezember 2012

2003). Aus diesem werden die Parameter Anstiegskennzahl (in h/m bzw. m/h),

Scheiteldauer (in h) und Abfallkennzahl (in h/m bzw. m/h) sowie die Scheitelhöhe (in

cm) als charakteristischer Wert an Hand von Ausgleichsgeraden, die an den Winds-

tauverlauf angepasst werden, erfasst. Diese, bis dato per Hand durchgeführte Analy-

se wurde im XtremRisK Projekt in Zusammenarbeit mit dem Teilprojekt 1b automati-

siert. Innerhalb dieser Umsetzung wurden unterschiedliche Grenzdefinitionen für die

jeweiligen Ausgleichsgeraden untersucht. Als Ergebnis wird, unter Berücksichtigung

der pegelspezifischen Entwicklung des Windstaus von Tnw zu Thw, ein prozentualer

Anteil des Scheitelwertes als Grenzhöhe angesetzt. Dieser entspricht der Verschie-

bung des Windstaus von Tnw zu Thw bei einer Windgeschwindigkeit von 15-25 m/s.

Somit wird dem Rechnung getragen, dass bei über mehrere Stunden gleich bleiben-

den Windverhältnissen sich der Windstauscheitelbereich von Thw bis Tnw bzw. um-

gekehrt erstrecken kann. Mit dieser Definition werden über 80% der Windstaukurve

zufriedenstellend parametrisiert. Bei den restlichen Ereignissen handelt es sich zu-

meist um solche mit nicht eindeutig abzugrenzendem Scheitelbereich. Zur endgülti-

gen Festlegung sind die Lage zur Tidephase und der Verlauf des Effektivwindes mit

zu betrachten und gegebenenfalls per Hand anzupassen. Bei der Ermittlung von An-

stieg- und Abfallkennzahl wird der Bereich der Windstaukurve mit einer Windstauhö-

he von ≥ 50 cm berücksichtigt.

2.2 Das Verfahren XtremSturmflut

Der grundlegende Gedanke des Verfahrens bezieht sich auf die Vorgänge im Was-

serkörper bei Sturmflut. Dabei wird festgestellt, dass der Wind, der eine Sturmflut

verursacht, Wassermassen in Richtung Küste transportiert und damit den durch ast-

ronomische Einflüsse und ggf. eine Fernwelle erhöhten Wasserstand um den Wind-

stau anhebt. Treten die Komponenten zeitgleich auf, beeinflussen sie sich gegensei-

tig.

Das entwickelte Verfahren XtremSturmflut dient dabei zur Ermittlung sehr schwerer

Sturmfluten unter Berücksichtigung des Einflusses von Springtideerhöhung sowie

Fernwellen. Grundlage des Verfahrens ist ein deterministisches Vorgehen, das die

hydrodynamischen Interaktionen der einzelnen Komponenten und deren meteorolo-

gische Zusammenhänge berücksichtigt. Die Betrachtung des Wasserstandes wird in

Form der ihn verursachenden Komponenten vorgenommen. Es konnte an Hand des

Datenkollektivs festgestellt werden, dass die zufällig stattfindende Kombination der

einzelnen Sturmflutkomponenten bisher in keinem Ereignis resultierte, innerhalb

dessen alle Komponenten gemeinsam in ihrer höchsten beobachteten Ausprägung

auftraten. Diese Kombination der höchsten bisher beobachteten Staukomponenten

Windstau, Springtide und Fernwelle wird im Verfahren XtremSturmflut vorgenom-

men. Das daraus resultierende Ergebnis stellt ein Ereignis mit einem Wasserstand

dar, der die bisher beobachteten höchsten Wasserstände übersteigt. Diese Überla-

gerung erfolgt nach Prüfung der meteorologischen und hydrologischen Bedingungen,

aus der hervorging, dass ein solches Ereignis physikalisch plausibel ist. Zur Gewähr-

Page 23: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Entwicklung von Sturmflutszenarien (TP1a)

XtremRisK-Abschlussbericht -22- Dezember 2012

leitung dieser Plausibilität werden ebenfalls die nicht-linearen Wechselwirkungen

zwischen den einzelnen Sturmflutkomponenten bei einem gemeinsamen Auftreten

berücksichtigt. Diese nicht-linearen Effekte werden im Verfahren XtremSturmflut für

sehr schwere Sturmfluten berücksichtigt und in Form von Reduktionsfaktoren ausge-

drückt.

Die Vorgehensweise des entwickelten Verfahrens beinhaltet sowohl die (i) Analyse

der höchsten beobachteten Ausmaßes einer jeden Sturmflutkomponenten als auch

(ii) die Analyse der nicht-linearen Effekte zwischen Windstau und Springtide sowie

zwischen Windstau und Fernwelle. Basierend auf diesen Analyseschritten wird (iii)

ein extremes Sturmflutszenario am Untersuchungspegel entwickelt. Innerhalb des

Verfahrens wird der Windstau als feste Größe angenommen, welcher den

Springtideanteil und die Fernwellenhöhe reduziert. Diese Reduktionsanteile sind

ortsspezifische Kenngrößen und müssen für jeden Pegel neu bestimmt werden. Zu-

dem sind sie vom Windstau des gewählten Sturmflutereignisses abhängig (Gönnert

& Sossidi 2011a, Bruss et al. 2010).

Die Entwicklung des hier vorgestellten Verfahrens ist am Pegel Cuxhaven vorge-

nommen worden. An Hand der anschließend erfolgreich durchgeführten Übertragung

des Verfahrens auf den Pegel Hörnum konnte das Verfahren verifiziert werden.

Für die Arbeitsabschnitte werden sowohl empirisch-deterministische, empirisch-

statistische als auch numerische Verfahren zur Validierung herangezogen. Aufgrund

der unterschiedlichen Analyseverfahren werden die physikalischen Zusammenhänge

für die jeweiligen Komponenten und deren Interaktionen in bestmöglichem Maße er-

fasst. Zusätzlich werden bereits existierende Untersuchungen anderer Autoren ein-

bezogen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Umfang der anzuwendenden me-

thodischen Ansätze maßgeblich durch die Datenlage am Untersuchungspegel ge-

kennzeichnet ist. Im Fall des Pegels Cuxhaven ist diese deutlich umfangreicher

(Wasserstandszeitreihen seit 1901) als am Pegel Hörnum.

Die Basis der Analysen bildet eine grundlegende Prüfung der Möglichkeit eines ge-

meinsamen Auftretens der Komponenten in ihrem maximal beobachteten Ausmaß.

Sowohl die Untersuchung der meteorologischen als auch hydrodynamischen Bedin-

gungen zeigte, dass ein Auftreten aller drei Komponenten innerhalb eines extremen

Sturmflutereignisse ein physikalisch mögliches Ereignis darstellt.

Die entwickelten empirisch-deterministischen Analyseschritte innerhalb des gesam-

ten Verfahrens werden durch weitere Analyseschritte unterschiedlicher methodischer

Herkunft (statistisch, numerisch) ergänzt. Die Tabelle 2 vermittelt einen theoretischen

Überblick über die im Verfahren enthaltenen Untersuchungsschritte.

Page 24: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Entwicklung von Sturmflutszenarien (TP1a)

XtremRisK-Abschlussbericht -23- Dezember 2012

Tabelle 2: Methodische Analyseschritte des XtremSturmflut-Verfahrens

Windstau

zur

Tidephase

1.1

Berechnung

des Wind-

staus: Tren-

nung der

stochastischen

und determi-

nistischen

Prozesse

1.2

Abhängigkeit des Wind

staus zur Tidephase:

empirische Analyse

(Beobachtungsdaten)

bei Verwendung des

Effektivwindes

1.3

Numerische

Modellierung

von Windstau

zu unterschied-

lichen Tidepha-

sen

Springtide

2.1

Berechnung

des Wind-

staus: Tren-

nung der

stochastischen

und determi-

nistischen

Prozesse

2.2

Anwendung der Ergeb-

nisse aus 1.2 auf die

Springtide-Windstau-

Interaktion unter Ver-

wendung eines Drei-

satzes

2.3

Analyse der

Interaktion

Windstau-

Spring-tide:

Ansatz mittels

Kreuzkorrelati-

on

2.4

Numeri-

sche Mo-

dellierung

der Interak-

tion Winds-

tau -

Springtide

Fernwelle

3.1

Untersuchung

der Zugbah-

nen der fern-

wellenauslö-

senden Zyklo-

nen

3.2

Fernwellenhöhen-

ermittlung durch Tren-

nung in Ereignisse je

nach Auftreten mit oder

ohne Sturmflut. Über-

tragung der Ergebnisse

auf die nicht-linearen

Interaktionsprozesse

3.3

Numerische

Modellierung

von Fernwellen

in der Nordsee

Extremes

Sturmflut-

ereignis

4.1

Zusammenführung der jeweiligen Ergebnisse zur maximalen beobachte-

ten Größe der Komponenten unter Berücksichtigung der herausgearbeite-

ten Reduzierungsfaktoren durch die nicht-linearen Interaktionen. Ergebnis

ist der Verlauf eines sehr schweren Sturmflutereignisses

2.3 Sturmfluten am Pegel Cuxhaven und Hamburg

2.3.1 Sturmflutklima am Pegel Cuxhaven

Am Pegel Cuxhaven werden bis zu sechs Sturmfluten pro Sturmflutjahr registriert,

wobei immer wieder Zeiten mit hoher und geringer Sturmflutaktivität zu erkennen

sind. Es zeigt sich allerdings keine Struktur im Sinne einer Periodizität.

Für eine Beurteilung der zeitlichen Entwicklung der Windstaukurven werden die

Windstauparameter Anstiegskennzahl, Scheiteldauer und Abfallkennzahl und deren

Page 25: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Entwicklung von Sturmflutszenarien (TP1a)

XtremRisK-Abschlussbericht -24- Dezember 2012

Entwicklung über die Zeit herangezogen. Dies ist insbesondere von Bedeutung, da-

für die Ausbildung sehr schwerer Sturmfluten bestimmte Windverläufe und damit

Windstauverläufe von Bedeutung sind (Gönnert 2003). Die Betrachtung der Winds-

tauscheitel weist im linearen Gesamttrend eine positive Steigung auf. Unter Anwen-

dung von 10-Jahresmitteln konnte dieser ansteigende Trend der Windstauscheitel

nach wie vor bestätigt werden; dieser beträgt jedoch lediglich 10 cm/Jahrhundert.

Mögliche Veränderungen des Windstaucharakters über die Zeit lassen sich mittels

mittlerer Windstaukurven betrachten (zur Konstruktion siehe Gönnert 2003 und Gön-

nert et al. 2012). Ein Vergleich der mittleren Windstaukurven von 1950 und heute

zeigt, dass die Sturmfluten heute schneller auflaufen als vor 60 Jahren, sich der Cha-

rakter des Sturmflutabbaus jedoch nicht verändert hat. Die Veränderungen der An-

stiegskennzahl und der Scheitelhöhe bewirken, dass das Windstaumaximum heute

2,5 Stunden früher und 25 cm höher eintritt.

Die Kategorisierung der Windstaukurven ergab, dass die Windstaukurven zu 65%

einen insgesamt langen Charakter aufweisen. Die höchsten Windstauereignisse wei-

chen jedoch von dieser Beschreibung ab; sie sind zu 80% von kurzem Charakter.

Diese müssen daher zwingend zur Ermittlung der Charakteristik extremer Sturmflu-

ten am Pegel Cuxhaven herangezogen werden. Zudem müssen die Ereignisse mit

den höchsten Wasserständen berücksichtigt werden. Die zehn höchsten Sturmfluten

weisen zu 60% einen insgesamt langen Charakter der Windstaukurven auf.

Um an Hand dieser Informationen eine Abschätzung einer physikalisch möglichen,

maximalen Windstaukurve, welche bisher noch nicht am Beobachtungspegel beo-

bachtet wurde, vorzunehmen, wurden zusätzlich die Korrelationen der einzelnen

Windstauparameter sowie der dazugehörigen Windstaumaxima herangezogen. Zur

Ermittlung der maximalen Wertepaare, aus denen abschließend die maximale

Windstaukurve generiert wird, wurden die Einhüllenden der Punktwolken (logarithmi-

schen Trendlinien durch die äußeren Wertepaare) unterstützend hinzugezogen.

Das Ergebnis der konstruierten maximale Windstaukurve (siehe Abbildung 4) ist mit

einer Anstiegskennzahl von 1,5 h/m, einer Scheiteldauer von 5,0 Stunden und einer

Abfallkennzahl von 7,0 h/m zu beschreiben und weist ein Maximum von 450 cm auf.

Sie weist damit einen insgesamt kurzen Charakter auf. Sie fügt sich somit nicht in

den durchschnittlich langen Charakter der Windstaukurven am Pegel Cuxhaven ein,

der allgemein niedrige und schwere, aber keine sehr schweren Sturmfluten kenn-

zeichnet. Bei den sehr schweren Sturmfluten dagegen ist festzuhalten, dass jene die

ausschließlich windinduziert sind, einen ebensolchen Charakter aufweisen. Die ma-

ximale Windstaukurve ist damit für den Pegel Cuxhaven repräsentativ für sehr

schwere Sturmfluten.

Page 26: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Entwicklung von Sturmflutszenarien (TP1a)

XtremRisK-Abschlussbericht -25- Dezember 2012

Abbildung 4: Maximale Windstaukurve auf Basis der astronomischen Tidekurve am Pegel

Cuxhaven

2.3.2 Extremsturmflutszenario nach dem Verfahren XtremSturmflut für Ham-

burg

Auf Grund des stark beeinflussten Ästuarpegels Hamburg St. Pauli, wird die Entwick-

lung einer extremen Sturmflut am Pegel Cuxhaven vorgenommen. Anschließend er-

folgt durch die BAW eine numerische Simulation der ermittelten Sturmflut elbaufwärts

bis Hamburg.

Die Kombination unterschiedlicher methodischer Analyseschritte im XtremSturmflut

Verfahren umfasst auch numerische Untersuchungsschritte bzw. -ergebnisse. Am

Pegel Cuxhaven wurden zwei numerische Simulationsuntersuchungen zur Darstel-

lung großräumiger Bewegungsvorgänge in der Nordsee und der Analyse der verän-

derten Wasserstände am Pegel Cuxhaven herangezogen. Das erste verwendete

Modell wurde von Mayerle et al. (2010) im Rahmen einer Sensitivitätsstudie zur Phy-

sik von Sturmfluten in der Deutschen Bucht angewandt. Die angewandten Simulati-

onsmodelle basieren auf der Delft3D Software von Delft Hydraulics (Lesser et al.

2004) und bestehen aus 3 Downscaling-Sequenzen in zwei verschiedenen Auflö-

sungen (Nordsee 10 km; Deutsche Bucht ca. 1km). Zudem werden numerische Si-

mulationsergebnisse von DICK 2000 in die Untersuchung integriert. Das in dieser Un-

tersuchung verwendete operationelle Modell des BSH ist ein barotropes 2D Model

mit einer Auflösung von 10 km im Bereich der Nordsee. Innerhalb dieses Modells

werden Tide, Wind- und Luftdruckvorhersagen (durch den DWD), Abfluss und Fern-

welleninformationen als Randbedingungen eingegeben (Dick et al. 2001).

Page 27: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Entwicklung von Sturmflutszenarien (TP1a)

XtremRisK-Abschlussbericht -26- Dezember 2012

Windstauanalyse

Der Windstau wird in diesem Verfahren als fixe Größe verwendet und deshalb zu-

nächst unter Ausschluss des Einflusses anderer Faktoren untersucht. Dabei bestätig-

te die durchgeführte Analyse die Lage des Windstaumaximums zu jeder Tidephase

(vgl. Gönnert 2003). Der höchste, nicht von einer Fernwelle beeinflusste Windstau

trat am 03.01.1976 mit einer Höhe von 415 cm zu Tnw und 370 cm zu Thw auf.

Im weiteren Verlauf wurde die Abhängigkeit des Windstaus zur Tidephase analysiert.

Dabei ist der Reduzierungsfaktor, der die Stauhöhe je nach Auftreten zu Tnw oder zu

Thw beeinflusst, von entscheidender Bedeutung. Dazu wurden sowohl bereits beste-

hende Analysen und Ergebnisse, in Form numerischer Untersuchungen von DHI (zi-

tiert nach Siefert & Havnø 1989) und Bruss et al. (2010) und in Form empirischer Un-

tersuchungen (Siefert 1998) herangezogen, als auch ein neuer empirisch-

deterministischer Untersuchungsansatz entwickelt (Gönnert & Sossidi 2011a,

2011b).

Die deutliche erkennbare Gruppierung der Windstraumaxima nach der Tidephase bei

allen Windgeschwindigkeiten stellte dabei die Wirkung der Tide unabhängig von der

Windgeschwindigkeit heraus. Mit ansteigender Windgeschwindigkeit nimmt die Wir-

kung des Windes zu und die Wirkung sowohl der astronomische Ungleichheit als

auch der Tidephase nimmt ab. Bei einer Verschiebung des Windstaus von Niedrig-

wasser zu Hochwasser muss demzufolge davon ausgegangen werden, dass bei

Windgeschwindigkeiten von mehr als 20 m/s etwa 85% des Windstaus bei Niedrig-

wasser auch bei Hochwasser auftreten werden. Im Fall des höchsten verwendeten

Windstaus (03.01.1976: 370 cm zu Thw) für die Extremflut kann eine Reduzierung

des Staus auf 89% beobachtet werden. Diese Ergebnisse decken sich ebenfalls den

weiteren genannten Untersuchungen am Pegel Cuxhaven.

Die Prüfung der beobachteten Sturmflutereignisse mittels dieses Reduzierungsfak-

tors des Windstaus in Abhängigkeit zur Tidephase hat am Pegel Cuxhaven gezeigt,

dass das Ereignis vom 03.01.1976 der höchste unbeeinflusste Windstau zu Thw dar-

stellt, weshalb keine Stauverschiebung vorgenommen werden muss. Der Stau vom

03.01.1976 mit 370 cm zu Thw bildet somit die Grundlage für die Extremflut.

Springtideanalyse

Für die Analyse des Springtideeinflusses wurde zunächst die maximale Ausprägung

der Springtide am Pegel Cuxhaven unter Verwendung der Abweichung zwischen

Thw der mittleren und astronomischen Tidekurve ausgewertet. Diese Vorgehenswei-

se ermöglicht es, die höchsten Springtidewerte am Pegel im Beobachtungszeitraum

zu finden. In Cuxhaven beträgt diese 60 cm über dem mittleren Thw.

Der weiterführenden Analyse zu den nicht-linearen Effekten geht ein empirisch-

statistischer Analyseschritt voraus. Bei Anwendung einer Kreuzkorrelation auf den

Vergleich des Windstaus berechnet über die astronomische Tide und die mittlere Ti-

de mit dem Effektivwind wurde festgestellt, dass die periodische Auslenkung sowohl

Page 28: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Entwicklung von Sturmflutszenarien (TP1a)

XtremRisK-Abschlussbericht -27- Dezember 2012

im Maximum als auch im Verlauf des Windstaus eine Rolle spielt, allerdings keine

sehr große. Diese Ergebnisse werden auch durch andere Untersuchungen, hier der

numerischen Modellierung von Dick (2000), bestätigt. Dieser zeigt auf, dass der Ein-

fluss der periodischen Ungleichheit mit zunehmender Größe des Windstaus abnimmt

und in seiner Summe relativ gering ausfällt.

Die Ergebnisse der Analyse der Wirkzusammenhänge zwischen Windstauhöhe,

Tidephase und Windgeschwindigkeit, auf Grund derer für das Stauereignis vom

03.01.1976 ein Erhalt der Windstauhöhe zu Tnw zum Zeitpunkt des Thw in einer

Größenordnung von 89% festgestellt wurde, wird auf die Analyse der nicht-linearen

Interaktionen der Springtide mit dem Faktor Windstau übertragen. Unter Anwendung

dieser herausgearbeiteten Zusammenhänge wird anhand eines Dreisatzes die Wir-

kung eines maximalen Springtideanteils in Cuxhaven ermittelt. Die dabei zu Grunde

liegende Annahme, dass die Reduzierung des Springtideeinflusses der Reduzierung

des Windstaus entspricht, führt im Fall der Sturmflut vom 03.01.1976 zu einer Redu-

zierung der Wirkung des 60 cm hohen Springtideanteils auf 12,7 cm (bei einer Wind-

stauverschiebung von 89%). Die Anwendung dieses Ansatzes ermöglicht Aussagen

über den Springtideeinfluss bei extremen Ereignissen.

Die Vergleichbarkeit dieser Ergebnisse mit denen der Numerik, die im selben Wer-

tebereich liegen, stützt die Anwendbarkeit des oben geschilderten Ansatzes. Die Er-

gebnisse der numerischen Analyse von Dick (2001) zeigen bei annähernd gleichen

Windstauhöhen (Dick 2001: 375 cm) und einer angeglichenen Höhe der Ausgangs-

springtideerhöhung einen verbleibenden Springtideanteil von 27% (16,2 cm). Bei ei-

ner Erhöhung des Windstaus, im hier dargelegten Fall um den Fernwellenanteil,

müssten nach Dick (2000) 16%, entsprechend einer Springtideerhöhung von 60 cm =

9,5 cm angenommen werden.

Auf Grund der dargelegten Analysen ist bei einer sehr schweren Sturmflut eine Re-

duzierung der Wasserstandserhöhung durch eine Springtide von 60 cm auf 10-13 cm

durch die nicht-linearen Effekte zu erwarten. Es ist davon auszugehen, dass der

Springtideeinfluss bei einer sehr hohen Sturmflut im unteren Bereich der ohnehin

relativ geringen Spanne liegen wird, weshalb für die Extremflut ein Springtide-

Zuschlag in Höhe von 10 cm erhält. Für die Kombination mit niedrigeren Windstauer-

eignissen oder geringerer Springtideauslenkung ist von einer Reduzierung dieses

Faktors auszugehen. Dazu wurden bereits erste Analysen durchgeführt (nachzule-

sen in Gönnert et al. 2012), deren Ergebnisse sowohl die Reduzierung im Fall einer

Extremflut als auch die geschilderte Hypothese im Fall niedrigerer Sturmfluten bestä-

tigt.

Analyse der Fernwelle

Die bisher umfassendste empirische Analyse wurde von Gönnert (2003) auf Basis

von Reststauberechnungen des BSH durchgeführt. Die Modellierungsergebnisse von

Bork & Müller-Navarra (2005) und Mayerle et al. (2010) bestätigen die empirische

Beobachtungen, dass die Fernwelle an der gesamten deutschen Nordseeküste Aus-

Page 29: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Entwicklung von Sturmflutszenarien (TP1a)

XtremRisK-Abschlussbericht -28- Dezember 2012

wirkungen auf den Wasserstand hat. Auf diesen Erkenntnissen basierend wurde im

Rahmen des Projektes XtremRisK im TP1a ein Ansatz entwickelt, um die empiri-

schen Erkenntnisse über Fernwellen am Pegel Cuxhaven auf andere Pegel zu über-

tragen.

Fernwellen können an Hand der empirischen Analysen (Gönnert 2003) sowohl zu-

sammen mit einer Sturmflut, als auch als alleinige Wasserstandserhöhung eintreten.

Es wurden Untersuchungen zur meteorologischen Situation bei Auftreten von Fern-

wellen durchgeführt, die ein gemeinsames Auftreten beider Komponenten unter phy-

sikalischen bzw. hydrodynamischen Gesichtspunkten bestätigten. Die Analyse der

Großwetterlage zeigt, dass Fernwellen meist mit einer überwiegend zyklonalen

Westlage über Mitteleuropa in Verbindung stehen (Gönnert 2009). Die Betrachtung

der Zugbahnen der Fernwellen auslösenden Zyklonen zeigt, dass Fernwellen bevor-

zugt auftreten, wenn ein intensives Tiefdruckgebiet mit einem Luftdruck deutlich un-

ter 1000 hPa aus dem Seegebiet südlich von Grönland und Island schnell nach Os-

ten, nördlich an Schottland vorbei in Richtung Norwegen zieht. Im Fall eines Auftre-

tens der Fernwelle zusammen mit einem Sturmflutereignisses werden Zugbahnen

beobachtet die weiter südlich der oben beschriebenen verlaufen. Dabei konnte fest-

gestellt werden, dass das Zusammentreffen einer Fernwelle mit einer Sturmflut so-

wohl von zwei Tiefdruckgebieten ausgelöst werden kann als auch von einem.

Die Auswertung von nicht-linearen Effekten ist bei dem ausschließlichen Vorhanden-

sein von Beobachtungsdaten relativ komplex. Es wurde deshalb die Höhe und Häu-

figkeit bisher aufgetretener Fernwellen analysiert, um anschließend die Entwicklun-

gen zwischen den Pegeln Aberdeen, Immingham und Cuxhaven zu betrachten. Die

Erkenntnisse wurden in den Zusammenhang mit den Zugbahnen gestellt.

Um bei der Betrachtung der Fernwelle als Einzelfaktor Wechselwirkungen zwischen

den einzelnen Faktoren einer Sturmflut auszuschließen, werden für die Ermittlung

der maßgebenden Fernwelle die Ereignisse betrachtet, die unabhängig von einer

Sturmflut aufgetreten sind. Diese Fernwellen haben im Mittel von Aberdeen nach

Cuxhaven ca. 30% abgenommen. Betrachtet man von diesen Fernwellen diejenigen,

die in Aberdeen eine Höhe ≥ 60 cm aufwiesen (14 Fernwellen), so zeigt sich, dass

diese auf ihrem Weg von Aberdeen nach Cuxhaven zwischen 8% und 43% abnah-

men. Die höchste Fernwelle in Aberdeen erreichte eine Höhe von 1,08 m. Reduziert

man diese um die oben genannten 30%, um die Höhe der Fernwelle in Cuxhaven zu

ermitteln, kommt man auf eine Höhe von rund 80 cm (77 cm). Dies entspricht der

Fernwellenhöhe, wie sie während der Sturmflut 1962 beobachtet wurde (Laucht

1968). Zieht man die Ergebnisse der numerischen Modellierung zu Vergleichszwe-

cken hinzu, so zeigt sich, dass die Reduzierung der Fernwellenhöhe in Cuxhaven

von 109 cm auf 80 cm in etwa der in der Modellierung ermittelten Reduzierung der

Fernwelle in Verbindung mit Windstau und Springtide entspricht.

Die durch die nicht-linearen Effekte reduzierte Fernwelle für die Extremsturmflut hat

in Cuxhaven somit eine Höhe von 77 cm. Die Schwankungsbreite der Sturmflutkom-

Page 30: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Entwicklung von Sturmflutszenarien (TP1a)

XtremRisK-Abschlussbericht -29- Dezember 2012

ponente Fernwelle liegt bei 60 bis 100 cm (Schwankungsbereich von 8% bis 43%

Abnahme zwischen Aberdeen und Cuxhaven).

Das Extremsturmflutszenario HH_XR2010A

Die Basis der Sturmflut HH_XR2010A bildet die Sturmflut vom 03.01.1976, mit einem

Windstau von 370 cm zu Thw. Diese Staukurve wurde unter Berücksichtigung der

auftretenden nicht-linearen Faktoren, mit einer maximalen Fernwellenhöhe im Sturm-

flutfall von 77 cm und einer maximalen Springtideerhöhung von 61 cm, die im Sturm-

flutfall eine wirksame Höhe von 10 cm hat, am Pegel Cuxhaven überlagert. Zugrunde

liegen die mittleren Tideverhältnisse von 2010 (Gönnert et al. 2010).

Die Übertragung der Sturmfluten für den Pegel Hamburg erfolgt im Rahmen des Pro-

jektes durch numerische Simulationen, die bei der BAW beauftragt wurden. Das hyd-

rodynamisch-numerische Modell UnTRIM basiert auf der Elbbathymetrie von 2003

(Rudolph 2011). Für die Extremsturmflut HH_XR2010A wurde der bisher höchste

gemessene Oberwasserzufluss der Elbe von Q = 3600 m³/s angesetzt und die Wind-

entwicklung über der Elbe des Sturmes vom 03.01.1976 berücksichtigt (Abbildung 5).

Abbildung 5: Extremsturmflut HH_XR2010A an den Pegeln Cuxhaven und Hamburg St.Pauli

Diese berechnete Extremsturmflut unterscheidet sich in ihrem Verlaufscharakter

(Einstau des ablaufenden Wassers, Lage der Maxima zur Tidephase) nicht wesent-

lich von der Originalflut. Sie erreicht am Pegel Cuxhaven einen Scheitelwasserstand

von NN + 6,10 m und am Pegel St. Pauli von NN + 8,00 m.

Der Bemessungswasserstand am Pegel St. Pauli von NN + 7,30 m wird für die Dauer

von 2,5 Stunden überschritten. Die Windstaukurve am Pegel Cuxhaven einschließ-

Page 31: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Entwicklung von Sturmflutszenarien (TP1a)

XtremRisK-Abschlussbericht -30- Dezember 2012

lich der reduzierten Fernwelle ist der Kategorie kurzer Anstieg, langer Scheitel und

kurzer Abfall zuzuordnen. Somit entspricht sie zum einen dem generell kurzen Cha-

rakter der höchsten Windstaukurven, ist jedoch aufgrund des kurzen Abfalls ein eher

seltenes Ereignis.

2.3.3 Weitere Sturmflutszenarien

Im Rahmen des Projektes wurden Sturmfluten unter heutigen klimatischen Randbe-

dingungen (Zustand 2010) und unter Berücksichtigung möglicher MSL-Anstiegs-

Szenarien für den Zeithorizont 2100 entwickelt. Zusätzlich zu dem unter heutigen

klimatischen Bedingungen entwickelten Sturmflutszenario HH_XR2010A, werden

zwei weitere Fluten im Projekt ausgewertet. Die Fluten XR2010B und XR2010C stel-

len Ergebnissen aus dem MUSE-Projekt (Jensen et. al 2005) dar.

Die Basis für das Sturmflutszenario HH_XR2010B bzw. das MUSE-Ereignis

1990 EPS20 bildet die Sturmflut vom 27./28.02.1990, die eine Kettentide ist (Gönnert

2003). Dieses modellierte MUSE-Ereignis erreicht am Pegel St. Pauli einen Wasser-

stand unter Berücksichtigung eines Oberwasserzuflusses von Q = 3600 m³/s zwi-

schen NN + 6,50 m und NN + 7,08m.

Für die Berechnung der Extremsturmflut HH_XR2010C wurden das Member 1976

EPS45 aus dem MUSE-Projekt herangezogen, das sich durch veränderte meteoro-

logischen Randbedingungen der Sturmflut vom 03.01.1976 auszeichnet; sie ist eben-

falls eine Kettentide mit drei Sturmflutscheiteln. Die Scheitelwasserstände erreichen

am Pegel Hamburg St.Pauli unter Berücksichtigung eines Oberwasserzuflusses von

Q = 3600 m³/s NN + 5,71 m, NN + 8,64 m und NN + 5,51 m.

Die Analyse der Versagensmechanismen der Hochwasserschutzanlagen in Hamburg

und auf Sylt haben gezeigt, dass es unter Einwirkung der Extremereignisse

XR2010A, XR2010B und XR2010C nur eine Versagensform, die des Überströmens,

gibt (Naulin et al. 2011). Aus diesem Grund wurden weitere, niedrigere Sturmfluten

generiert, die wenn überhaupt zu sehr geringen Überströmraten führen, so dass im

Rahmen des Projektes weitere Versagensformen untersucht werden können. Diese

Sturmfluten basieren jeweils auf den Ursprungsereignissen der Szenarien XR2010A,

wobei in diesem Fall die Fernwellen- und die Springtideanteile unberücksichtigt blie-

ben, um einen niedrigeren Scheitelwert zu erzeugen (Gönnert et al. 2011a).

Für die Untersuchung von Extremsturmfluten unter zukünftigen klimatischen Bedin-

gungen (2100) wird innerhalb der Szenarien die Höhe des Meeresspiegels variiert.

Für diese Änderung kann kein Absolutwert angegeben werden. Vielmehr sind nur

Einschätzungen von Bandbreiten je nach gewähltem Szenario und numerischen Mo-

dell möglich (Gönnert et al. 2009). Für die Vulnerabilitätsanalysen im TP2 werden

einzelne Sturmflutszenarien mit einem MSL-Anstieg von 40 cm bzw. 80 cm betrach-

tet. Hierfür werden die entsprechenden Pegelganglinien pauschal um den gewählten

Wert angehoben. Werden die beobachteten Pegeldaten im Detail betrachtet, zeigt

sich jedoch dass sich die Tidekennwerte MTnw, MThw und MThb nicht im gleichen

Page 32: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Entwicklung von Sturmflutszenarien (TP1a)

XtremRisK-Abschlussbericht -31- Dezember 2012

Maß ändern werden. Dieser vereinfachte Ansatz wurde gewählt, um die Vergleich-

barkeit mit den Ergebnissen anderer Projekte (z.B. KLIMZUG), in denen ebenso ver-

fahren wird, herzustellen.

2.4 Sturmfluten am Pegel Hörnum

2.4.1 Sturmflutklima am Pegel Hörnum

Am Pegel Hörnum werden bis zu acht Sturmfluten pro Sturmflutjahr registriert. Es

kann keine Struktur im Sinne einer Periodizität erkannt werden. Die zeitliche Entwick-

lung der eingetretenen höchsten Windstaumaxima pro Sturmflutjahr weist insgesamt

starke Schwankungen innerhalb der Verteilung der höchsten und niedrigsten Werte

auf. Diese Tatsache zeigt, dass kein signifikanter Trend vorliegt, was sich auch in

dem konstanten zeitlichen Verlauf der 10-Jahresmittel wiederspiegelt.

Die Gesamtheit aller Sturmfluten hat einen langen Charakter. Dieser Wert ist über

die Zeitachse konstant. An Hand der betrachteten 10 Jahresmittel der Windstaupa-

rameter zeigt sich, dass sich von 1950 bis heute die Anstiegskennzahl derart ver-

kürzt hat, dass der Windstauscheitel heute drei Stunden früher eintritt. Bezüglich der

Scheiteldauer und der Abfallkennzahlen sind keine signifikanten Veränderungen zu

verzeichnen.

Abbildung 6: Maximale Windstaukurve am Pegel Hörnum

Die zehn höchsten aufgetretenen Windstaukurven sind jeweils zur Hälfte von kurzen

und von langem Charakter. Sie erreichen Höhen zwischen 286 cm und 350 cm. Die

verschiedenen Windstauparameter zeigen keine trendsetzende Entwicklung über die

Zeit. Die Windstaukurven der zehn höchsten Sturmfluten sind zu 70% von langem

Page 33: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Entwicklung von Sturmflutszenarien (TP1a)

XtremRisK-Abschlussbericht -32- Dezember 2012

Charakter und spiegeln somit die Gesamtheit der Sturmfluten wieder. Auch ihre

Windstauparameter weisen keine eindeutige zeitliche Entwicklung auf. Die anhand

der Korrelationen zwischen den drei Windstauparametern und den Windstaumaxima

ermittelte maximale Windstaukurve erreicht eine Scheitelhöhe von 370 cm

(Abbildung 6). Sie weist mit einer Anstiegskennzahl von 2,0 h/m, einer Scheiteldauer

von 7,0 Stunden und einer Abfallkennzahl von 9,5 h/m einen insgesamt langen Cha-

rakter auf (kurzer Anstieg, langer Scheitel, langer Abfall). Dieser Charakter ist in den

drei untersuchten Gruppen – Gesamtheit aller Windstaukurven, zehn höchsten

Windstaumaxima und zehn höchsten Sturmfluten - vertreten und kann somit als re-

präsentativ für den Pegel Hörnum eingestuft werden.

2.4.2 Extremsturmflut am Pegel Hörnum: Übertragung der Methode Xtrem-

Sturmflut

Das am Pegel Cuxhaven entwickelte Verfahren XtremSturmflut wurde ebenfalls am

Pegel Hörnum angewendet. Diese erfolgreich durchgeführte Anwendung bestätigt

die Übertragbarkeit des Verfahrens auf andere Untersuchungspegel. Es ist dabei zu

beachten, dass die Datenlage sowie die Anzahl verfügbarer anderer wissenschaftli-

cher Untersuchungen, die vergleichend heranzuziehen wären, am Pegel Hörnum

grundsätzlich geringer als am Pegel Cuxhaven sind. Es liegen in Hörnum keine Un-

tersuchungen zu den unterschiedlichen Sturmflutkomponenten vor. Da die Verifikati-

on der entwickelten, empirisch-deterministischen Analyseschritte aber bereits am

Pegel Cuxhaven an Hand von Vergleichen mit anderen Untersuchungen stattgefun-

den hat, kann über die Anwendung der entwickelten empirisch-deterministischen Ar-

beitsschritte ein physikalisch plausibles Sturmflutereignis ermittelt werden.

Windstauanalyse

Der Windstau als fixe Größe im XtremSturmflut Verfahren wird über den Zeitraum der

gesamten zur Verfügung stehenden Pegeldaten (siehe Tabelle 1) analysiert. In An-

lehnung an die Durchführung in Cuxhaven wird die empirische Analyse nach Siefert

1998 zur Ermittlung des Windstauverhältnisses Windstau Tnw zu Windstau Thw an

Hand von Windstauereignissen mit annähernd konstanten Windbedingungen, an den

Pegel Hörnum übertragen. Daraus ergibt sich eine erste Abschätzung der physika-

lisch möglichen Windstauverschiebung von Tnw zu Thw am Pegel Hörnum von 80-

127%. Die Spanne ist bedingt durch die beschriebene geringe Datenlage.

Die methodische Übertragung der im TP1a entwickelten Wind-Windstau-Tidephase-

Analyse wies nach, dass im Vergleich zu Cuxhaven die Tidephase grundsätzlich ei-

nen geringeren Einfluss auf die Reduzierung des Windstaus ausübt. Der Einfluss des

Wasserstandes auf die Windstauentwicklung der zumeist im Fall geringerer Windge-

schwindigkeiten auftritt sowie der dominante Einfluss des Windes auf die Windstau-

bildung bei hohen Windgeschwindigkeiten können am Pegel Hörnum nicht so deut-

lich differenziert beobachtetet werden, wie am Pegel Cuxhaven (vgl. Gönnert et al.

Page 34: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Entwicklung von Sturmflutszenarien (TP1a)

XtremRisK-Abschlussbericht -33- Dezember 2012

2010). Dies ist durch die unterschiedliche Bathymetrie sowie den geringeren Tidehub

am Pegel Hörnum erklärbar.

Ergebnis der Analyse ist eine Größenordnung der Verschiebung des Windstaus von

Tnw zu Thw für den Pegel Hörnum unter der Annahme von Windgeschwindigkeiten

zwischen 15 und 25 m/s von 85-95%. Diese Spanne entspricht den auswertbaren 20

höchsten, beobachteten Windstauereignissen unter Berücksichtigung hoher Windge-

schwindigkeiten, die charakteristisch bei schweren und sehr schweren Sturmfluten

auftreten.

Zur Eingrenzung des Ergebnisses wurden die Windstauverläufe sowie die physikali-

schen, hydrodynamischen Grundlagen des Gebietes mit herangezogen. Es zeigte

sich, dass eine Stauverschiebung um 85% zu erwarten ist. Daher ist das höchste

Stauereignis zu Thw am 24.11.1981 mit einem Windstaumaximum von 319 cm als

Grundlage zu wählen.

Springtideanalyse

Der Analyse des Springtideeinflusses geht zunächst die Analyse der maximalen

Ausprägung der Springtideauslenkung bezogen auf die mittleren Verhältnisse zum

Thw voran. Mittels der berechneten astronomischen Tidekurve (Gönnert et al. 2012),

wird die höchste Springtideauslenkung am Pegel Hörnum im Beobachtungszeitraum

der Sturmflutereignisse mit einer Höhe von 63 cm über mittlerem Thw ermittelt.

Analog zu den empirisch-deterministischen Analyseschritten am Pegel Cuxhaven

werden die Ergebnisse der Verschiebung des Windstaus von Tnw zu Thw auf die

Analyse der nicht-linearen Interaktionen zwischen Springtide und Windstau übertra-

gen. Diese liegt bei schweren und sehr schweren Sturmfluten am Pegel Hörnum zwi-

schen 85 und 95%. Im Falle der Anwendung dieser Reduzierungsspanne auf die

Komponente Springtide ist es notwendig, sich bei der Berechnung des wirksamen

Springtideanteils an der Obergrenze der Spanne (95%) zu orientieren, um eine aus-

reichende Berücksichtigung der Extremsituation einer sehr schweren Sturmflut zu

gewährleisten. Bei Übertragung dieses Ergebnisses mittels eines Dreisatzes zeigt

sich, dass eine Springtideerhöhung von 63 cm sich bei einem Windstau von 319 cm

zu Thw am Pegel Hörnum unter den oben genannten Annahmen mit einer Erhöhung

des Wasserstandes um 44 cm aus wirkt.

Fernwellenanalyse

Für die Erfassung der Fernwellen am Pegel Hörnum wurde eine Korrelationsrech-

nung und Verlaufsvergleiche, die sich auf die Erkenntnisse am Pegel Cuxhaven stüt-

zen, angewendet. Der methodische Ansatz zur Ermittlung von Fernwellen aus Pe-

geldaten beruht auf der Annahme, dass sich Fernwellen gegen den Uhrzeigersinn

durch die Nordsee bewegen und annähernd die gleiche Fortschrittsgeschwindigkeit

haben wie die Tidewelle (Banner et al. 1979, Gönnert 2003, Müller-Navarra et al.

2003, Pugh 2004). Somit lässt sich ausgehend vom Pegel Cuxhaven der Eintritts-

Page 35: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Entwicklung von Sturmflutszenarien (TP1a)

XtremRisK-Abschlussbericht -34- Dezember 2012

zeitpunkt der Fernwellen an anderen Pegeln abschätzen. Hierfür wird die Eintritts-

zeitdifferenz der Thw und Tnw zwischen dem Pegel Hörnum und dem Pegel

Cuxhaven verwendet. Dabei zeigte sich, dass das Fernwellensignal aus Cuxhaven

(Verlauf der Fernwelle in Cuxhaven, zeitlich mit der Tide nach Hörnum verschoben)

in den meisten Fällen deutlich im erhöhtem Wasserstand, bei dem es sich allerdings

nicht um Sturmflutereignisse handelt, am Pegel Hörnum zu erkennen ist

(Abbildung 7).

Abbildung 7: Fernwellensignal am Pegel Hörnum

Davon ausgehend werden, in Anlehnung an das Vorgehen von Annutsch (1995), die

Fernwellen in ihrer Höhe und ihrem Verlauf am Pegel Hörnum aus den Wasser-

standsdaten berechnet. Eine Abschätzung des Fernwelleneintritts am Pegel Hörnum

wird durch eine Verschiebung des Fernwellensignals mit der Tide vom Pegel

Cuxhaven nach Hörnum realisiert. Die Eingrenzung des Eintrittszeitraumes ermög-

Page 36: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Entwicklung von Sturmflutszenarien (TP1a)

XtremRisK-Abschlussbericht -35- Dezember 2012

licht es, im Folgenden den am Pegel Hörnum eintretenden Reststau in Abhängigkeit

des vorliegenden Fernwellensignals am Pegel Cuxhaven zu berechnen, wobei eine

bessere Handhabbarkeit innerhalb der Reststauberechnung durch eine zeitliche Ver-

schiebung der Messzeitpunkte an einen gemeinsamen Pegel vorgenommen wurde.

Dazu wird in Anlehnung an Annutsch (1995) der als Fernwellenhöhe angenommene

Reststau im ermittelten Zeitraum am Pegel Hörnum durch Subtraktion der astrono-

mischen Tide, des Windstaus und der lokalen Wirkung des Luftdrucks von der gelau-

fenen Tide ermittelt (für detaillierte Beschreibung siehe Gönnert et al. 2011b).

Die Betrachtung der Höhenentwicklung der Fernwellen zwischen Cuxhaven und

Hörnum erlaubt die Hypothese, dass eine hohe Fernwelle, wie sie in XtremRisK zur

Berechnung einer Extremflut herangezogen werden soll, von Cuxhaven nach Hör-

num an Höhe verliert. Ein solches Verhalten entspricht der Entwicklung der Tide. Die

Reduzierung der Fernwellenhöhe zwischen Cuxhaven und Hörnum zur Ermittlung

der Fernwellenhöhe für die Extremflut am Pegel Hörnum wird mit einer Korrelations-

rechnung ermittelt, bei der eine Höhenabnahme von durchschnittlich 41,2% errech-

net wird. Sie wird auf 40% gerundet.

Um die Schwankungsbreite der Höhenabnahme der Fernwelle zwischen Cuxhaven

und Hörnum zu analysieren, wird das bereits am Pegel Cuxhaven angewendete Vor-

gehen übertragen. Dort wurden für die Ermittlung der Schwankungsbreite der Hö-

henentwicklung der Fernwellen zwischen Aberdeen und Cuxhaven alle Fernwellen

herangezogen, die in Aberdeen 60 cm oder mehr erreichen. Reduziert man diesen

Wert um 30%, was der durchschnittlichen Höhenabnahme von Aberdeen nach

Cuxhaven entspricht (s. Abschnitt „Analyse der Fernwelle“ in Kap. 3.2.), ergibt sich

für Cuxhaven ein Grenzwert von 42 cm (Gönnert et al. 2010). Unter Verwendung

dieses Grenzwertes von ≥42 cm am Pegel Cuxhaven können zur Betrachtung der

Schwankungsbreite der Fernwellen am Pegel Hörnum 18 Fernwellen, die diese Hö-

her erreicht haben, ermittelt werden. 10 von diesen haben auf dem Weg von

Cuxhaven nach Hörnum an Höhe abgenommen und entsprechen mit diesem Verhal-

ten der Arbeitshypothese. Die Entwicklung dieser Fernwellen bildet die Schwan-

kungsbreite der Abnahme, die zwischen 83,3% und 9,1% liegt.

Die Fernwelle für die Extremsturmflut in Cuxhaven wurde am Pegel Cuxhaven mit 77

cm (Schwankungsbereich 60 bis 100 cm) bestimmt (Gönnert et al. 2010). Bei einer

Reduzierung der 77 cm um 40% ergibt sich für Hörnum eine Peak-Höhe von 46,2 cm

(ca. 46 cm). Durch die Schwankungsbreite der Abnahme in Hörnum von 9% bis 83%

ergibt sich eine Streubreite von ca. 70 bis ca. 13 cm.

Das Extremsturmflutszenario SY_XR2010A

Die Extremsturmflut SY_XR2010A setzt sich zusammen aus dem höchsten Windstau

zu Thw von 319 cm, einer maximalen Springtideauslenkung von 63 cm (24.10.1949)

die auf Grund der nicht-linearen Interaktionsprozesse auf 44 cm reduziert wird und

der Fernwelle vom 20.02.1990 (Gönnert & Sossidi 2011b). Auf Grundlage der Er-

Page 37: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Entwicklung von Sturmflutszenarien (TP1a)

XtremRisK-Abschlussbericht -36- Dezember 2012

kenntnisse zur Fernwellenentwicklung von Cuxhaven nach Hörnum wird diese eben-

falls für die Extremsturmflut in Cuxhaven verwendete Fernwelle um die in der Analy-

se zur Entwicklung von Fernwellen festgestellten 40% verringert. Der im Fall einer

sehr hohen Sturmflut wirksame Anteil ergibt sich nach der nicht-linearer Überlage-

rung zu 46 cm.

Zusammenfassend erreicht diese Extremflut unter Berücksichtigung einer nicht-

linearen Überlagerung der Einzelkomponenten und einem MThw von NN + 1,04 m

einen maximalen Scheitelwasserstand von NN + 5,13 m. Die Form der Ausgangsflut

vom 24.11.1981 als Kettentide bleibt weiter erhalten (Abbildung 8). Die Gesamtstau-

kurve aus ist der Kategorie kurzer Anstieg, langer Scheitel, langer Abfall zuzuordnen.

Mit diesem Charakter entspricht sie der maximalen Windstaukurve Pegel Hörnum.

Abbildung 8: Extremsturmflut SY_XR2010A am Pegel Hörnum

2.4.3 Weitere Sturmflutszenarien

Im Rahmen des Projektes werden ebenfalls weitere extreme Sturmfluten am Pegel

Hörnum für die Vulnerabilitätsanalyse herangezogen. Zum einen wurde die Sturmflut

mit dem höchsten eingetretenen Scheitelwasserstand unter Berücksichtigung des

bisherigen MSL-Anstiegs verwendet. Zum anderen wurden Fluten aus den Ergebnis-

sen des MUSE-Projektes entnommen, die in Anlehnung an den Pegel Cuxhaven

bzw. Hamburg St. Pauli in Rücksprache mit den Projektpartnern ausgewählt wurden.

Die Analyse der Versagensmechanismen der Hochwasserschutzanlagen auf Sylt

haben gezeigt, dass es unter Einwirkung der Extremereignisse SY_XR2010A,

SY_XR2010B und SY_XR2010C nur eine Versagensform, die des Überströmens,

Page 38: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Entwicklung von Sturmflutszenarien (TP1a)

XtremRisK-Abschlussbericht -37- Dezember 2012

gibt (Naulin et al. 2011). Aus diesem Grund wurde eine Sturmflut generiert, die in

Hörnum nur zu geringem Überströmen führen wird, so dass im Rahmen des Projek-

tes weitere Versagensformen untersucht werden können. Die Sturmflut

SY_XR2010A-95 basiert wie die Sturmflut SY_XR2010A auf der Nordfrieslandflut

vom 24.11.1981. Die eingetretene Sturmflut wird unter Berücksichtigung des An-

stiegs des 10-jährig gleitenden Mittels aller Thw von 1981 bis 2010 modifiziert. Die-

ser Wert ergibt sich für den Pegel Hörnum zu 15 cm (Wahl et al. 2011a). Die Schei-

telwerte dieses Sturmflutszenarios erreichen Höhen von NN + 2,50 m, NN + 4,19 m

und NN + 3,07 m am Pegel Hörnum.

Die Extremsturmflut SY_XR2010B ist ebenfalls eine Kettentide. Sie wurde aus den

Realisierungen des Members EPS20 im MUSE-Projekt ausgewählt. Die beiden ers-

ten Scheitel (NN + 4,50 m, NN + 4,47 m) reichen an den Bemessungswasserstand

von NN + 4,50 m heran. Die Überschreitung der Schutzhöhe des Regionaldeiches

von NN + 4,20 m wird jeweils für 2,0 Stunden überschritten. Insgesamt dauert die

Sturmflut drei Tidezyklen und ist der Kategorie kurzer Anstieg, langer Scheitel und

kurzer Abfall zuzuordnen. Somit hat sie einen bisher erst einmal am Pegel Hörnum

registrierten Sturmflutverlauf. Der Windstauverlauf der Originalflut ist mit der Einord-

nung in Kategorie langer Anstieg, kurzer Scheitel, langer Abfall ein sehr typischer

Verlauf für den Pegel Hörnum. Hieraus wird deutlich, dass Veränderungen in den

Startbedingungen des Windes sich auf den Verlauf einer Sturmflut prägnant auswir-

ken können.

Aufgrund der veränderten meteorologischen Randbedingungen des Extremereignis-

ses gegenüber der Originalflut bildet sich das Member 1976 EPS45 aus dem MUSE-

Projekt bzw. die Extremsturmflut SY_XR2010C als Kettentide aus. Sie erreicht

Scheitelwerte in Höhen von NN + 3,39 m, NN + 4,89 m und NN + 2,85 m. Die Winds-

taukurve hat einen für den Pegel Hörnum typischen, insgesamt langen Charakter

(kurzer Anstieg, langer Scheitel. langer Abfall) und zudem den gleichen Charakter

wie die maximale Windstaukurve.

Für die Konstruktion der verwendeten zukünftigen Sturmflutszenarien bis zum Zeit-

horizont 2100 werden die bereits am Ende des Abschnitts 2.3.3 beschriebenen Ab-

schätzungen zum Meeresspiegelanstieg von 40 cm und 80 cm für die Vulnerabili-

tätsanalyse hinzugezogen. Hierfür werden als vereinfachter Ansatz die entsprechen-

den Pegelganglinien pauschal über die gesamte Tidekurve um den gewählten Wert

angehoben. Es wird an dieser Stelle noch einmal darauf hingewiesen, dass die be-

reits heute feststellbaren Veränderungen der Tidekennwerte sicherlich Auswirkungen

auf die Windstauentwicklung haben werden, weshalb die im Rahmen des Projektes

entwickelten Zukunftsszenarien als eine derzeit sinnvolle Vereinfachung anzusehen

ist. Zurzeit finden unterschiedlich, vertiefende Untersuchungen im Zuge genauerer

Prognosen statt. Erste numerische Untersuchungen der BAW im Projekt Klimzug

Nord lassen erkennen, dass ein Meeresspiegelanstieg in der Nordsee zu einem line-

aren Anstieg der höchsten Tidehochwasserstände entlang der Tideelbe führt (Schul-

te-Rentrop & Rudolph 2011).

Page 39: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Entwicklung von Sturmflutszenarien (TP1a)

XtremRisK-Abschlussbericht -38- Dezember 2012

2.5 Ausblick

Innerhalb des Teilprojektes 1a ist ein Verfahren zur Kalkulation sehr schwerer Sturm-

fluten unter Berücksichtigung der meteorologischen und hydrologischen Plausibilität

entwickelt worden. Diese ermöglicht die Betrachtung der einzelnen Sturmflutkompo-

nenten sowie deren gemeinsames Auftreten, welches zu der Ausbildung sehr schwe-

rer Sturmfluten führt. Die dabei auftretenden nicht-linearen Effekte können durch das

entwickelte methodische Verfahren berücksichtigt und in Form von Reduktionsfakto-

ren für den Fernwellen- und Springtideeinfluss angeben werden.

Über diese Projektziele hinaus ist deutlich geworden, dass eine Fortführung der Un-

tersuchung der nicht-linearen Effekte in Bezug auf Sturmflutereignisse unterschiedli-

cher Höhe unter anderem in Hinblick auf deren Anwendung in umfassenden Risiko-

analysen notwendig ist. In diesem Zusammenhang ist die Erweiterung der Daten-

grundlage insbesondere bezüglich der Komponente Fernwelle unabdingbar, die in

weitere Grundlagenforschung fließen sollte.

Page 40: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Statistische Analysen von Sturmflutszenarien (TP1b)

XtremRisK-Abschlussbericht -39- Dezember 2012

3 Statistische Analysen von Sturmflutszenarien (TP1b)

3.1 Hintergrund und Zielsetzung

In diesem Kapitel werden die Ergebnisse des TP1b dargestellt und bewertet. Wie

auch im Falle der anderen Teilprojekte, handelt es sich um eine Zusammenfassung

der angewendeten Methoden und der wichtigsten Ergebnisse. Für detailliertere In-

formationen wird an entsprechenden Stellen auf die umfangreichen Zwischenberich-

te verwiesen (Wahl et al. 2011a und 2011b).

Wie in Kapitel 1 beschrieben, besteht die Zielsetzung des Forschungsvorhabens

XtremRisK in der Durchführung integrierter Risikoanalysen für die Untersuchungsge-

biete Hamburg und Sylt. Zur belastbaren Ermittlung einer Risikokurve, deren Integra-

tion zum Gesamtrisiko führt, müssen verschiedene Sturmflutszenarien mit unter-

schiedlichen „Charakteristika“ (Höhe, Verlauf etc.) in den Analysen berücksichtigt

werden. Im vorangegangenen Kapitel 2 wurden die im TP1a entwickelten Methoden

und die daraus resultierenden Sturmflutszenarien vorgestellt, die zur Berücksichti-

gung in der Risikoanalyse für die beiden Untersuchungsgebiete ausgewählt wurden.

Das Hauptziel der im Folgenden vorgestellten Untersuchungen besteht in der Ermitt-

lung von Eintrittswahrscheinlichkeiten für die betrachteten Sturmflutszenarien. Die

hier berechneten Eintrittswahrscheinlichkeiten Pe werden mit den im TP2 ermittelten

Versagenswahrscheinlichkeiten Pf verknüpft, so dass sich die bedingte Versagens-

wahrscheinlichkeit Pf,cond. für ein Sturmflutszenario wie folgt berechnet (Gl. 3):

fecondf, PPP (3)

Aus der multiplikativen Verknüpfung der bedingten Versagenswahrscheinlichkeit

Pf,cond. und den potentiellen Schäden D ergibt sich schließlich das Risiko R für ein

einzelnes Sturmflutereignis (siehe auch Kapitel 1). Dies verdeutlichen die Wichtigkeit

der Ermittlung möglichst belastbarer Eintrittswahrscheinlichkeiten, da diese das End-

ergebnis - das zu errechnende Risiko - direkt und maßgeblich beeinflussen.

Im Rahmen der Untersuchungen des TP1b wurde zunächst ein Verfahren erarbeitet,

welches es ermöglicht eine sehr große Anzahl an verschiedenen Sturmflutszenarien

stochastisch zu simulieren (siehe Kapitel 3.3). Basierend auf den Simulationsergeb-

nissen werden im Anschluss multivariate statistische Analysen unter der Verwen-

dung von Copula-Modellen durchgeführt. Die Eintrittswahrscheinlichkeiten für die

gewählten Sturmflutszenarien werden als bivariate Wahrscheinlichkeiten ermittelt

(siehe Kapitel 3.4). Diese berücksichtigen die beiden maßgebenden Sturmflutpara-

meter „Sturmflutscheitel“ S (höchster Wasserstand) und „Sturmflutfülle“ F (Fläche

zwischen aufgezeichnetem Sturmflutwasserstand und Normal Null) (siehe auch Wahl

et al. 2011a, 2011c). Hierdurch wird der Tatsache Rechnung getragen, dass eine

vergleichsweise niedrige aber lang andauernde Sturmflut ebenso für hohe Schäden

verantwortlich sein kann, wie ein sehr hohes aber kurzes Ereignis (z.B. Ruocco et al.

Page 41: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Statistische Analysen von Sturmflutszenarien (TP1b)

XtremRisK-Abschlussbericht -40- Dezember 2012

2011; Cai et al. 2008). Dementsprechend sollten beide „Sturmfluttypen“ eine geringe

Eintrittswahrscheinlichkeit besitzen, was bei der alleinigen Betrachtung der Scheitel-

werte, wie es bisher üblich war, nicht der Fall ist. Da für ausgewählte Untersu-

chungsgebiete (z.B. Westseite der Insel Sylt) zusätzlich die Seegangsverhältnisse

eine wichtige Rolle spielen, wird das bivariate statistische Modell auf den trivariaten

Fall erweitert (siehe Kapitel 3.5). Dies ermöglicht die Berechnung gemeinsamer Ein-

trittswahrscheinlichkeiten unter Berücksichtigung aller maßgebenden Belastungspa-

rameter (d.h. der beiden zuvor genannten Sturmflutparameter und der signifikanten

Wellenhöhe, welche hier als repräsentativer Seegangsparameter gewählt wurde).

3.2 Datengrundlage

Wie auch für die in Kapitel 2 beschriebenen Auswertungen im TP1a, stellen Pegel-

beobachtungen die wichtigste Grundlage für die in diesem Kapitel vorgestellten Ana-

lysen dar. Als Hauptuntersuchungspegel wurden aufgrund der guten Datenverfüg-

barkeit die Pegel Cuxhaven (für das Untersuchungsgebiet Hamburg) und Hörnum

(für das Untersuchungsgebiet Sylt) ausgewählt. Für den Pegel Cuxhaven liegen lü-

ckenlose Aufzeichnungen der Tidescheitel seit 1900, für Hörnum seit 1936 vor (Da-

ten nach 2008 wurden nicht berücksichtigt, da diese zum Zeitpunkt der Analysen

nicht verfügbar waren). Eine genaue Übersicht über die zu Projektbeginn verfügba-

ren Datensätze für die einzelnen Pegel ist in Wahl et al. (2011a; Kapitel 3) zu finden.

Nach umfangreichen Untersuchungen zur Auswahl geeigneter Grenzwerte um

Sturmfluten von den mittleren Verhältnissen zu separieren, wurde für Cuxhaven ein

Wert von 1,50 m über mittlerem Tidehochwasser (MThw) und für Hörnum ein Wert

von 1,45 m über MThw gewählt (siehe Kapitel 4 in Wahl et al., 2011a). Gleichzeitig

wird ein Sturmflutereignis nach Auswertung aller verfügbaren Daten für die folgenden

Untersuchungen als aus drei Tiden bestehend definiert (Vortide, Haupttide, Nachti-

de). Unter Berücksichtigung dieser Definitionen wurden auf Basis der Zeitreihen der

Tidehochwasser (Thw) 314 Sturmflutereignisse für Cuxhaven und 180 Ereignisse für

Hörnum für die Untersuchungen ausgewählt. Für die weiteren Schritte der Risikoana-

lyse (z.B. Deichbruchsimulation, Ermittlung von Zulaufganglinien zur Ermittlung von

Schäden im Hinterland) und auch für die Berechnung der Sturmflutfülle werden

hochaufgelöste Daten (mind. stündliche Werte) benötigt. Daten mit einer solchen

zeitlichen Auflösung standen für Cuxhaven ab 1918, für Hörnum erst ab 1999 zur

Verfügung. Aus diesem Grund mussten Sturmfluten für den Pegel Cuxhaven von vor

1918 und für Hörnum von vor 1999 im Zuge Bearbeitung zunächst digitalisiert wer-

den (zur Vorgehensweise bei der Digitalisierung siehe Naulin et al. 2009). Aufgrund

von Fehldaten wurden dabei die Sturmflutkollektive auf 310 Ereignisse für Cuxhaven

und 175 Ereignisse für Hörnum reduziert. Dies bedeutet unter Berücksichtigung der

Länge der verfügbaren Zeitreihen, dass in Cuxhaven im Mittel 2,9 Sturmflutereignis-

se pro Jahr und in Hörnum 2,4 Sturmflutereignisse pro Jahr aufgetreten sind.

Neben den beschriebenen Daten der Hauptuntersuchungspegel Cuxhaven und Hör-

num wurden im TP1b weitere Wasserstandsdaten der Pegel Brunsbüttel, Brokdorf,

Page 42: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Statistische Analysen von Sturmflutszenarien (TP1b)

XtremRisK-Abschlussbericht -41- Dezember 2012

Grauerort, Schulau und St. Pauli für den Bereich der Elbe und Hamburg und der Pe-

gel Rantumdamm und Westerland für das Untersuchungsgebiet Sylt genutzt. Diese

wurden ausschließlich zur Erarbeitung von empirischen Transfermodellen verwendet,

die es ermöglichen ausgewählte Sturmflutszenarien von einem der Hauptuntersu-

chungspegel auf andere Standorte zu übertragen. Eine detaillierte Beschreibung der

entwickelten Transfermodelle ist in Wahl et al. (2011a; Kapitel 4.5) sowie für das Un-

tersuchungsgebiet Hamburg in Gröschel (2009) zu finden.

Wie im vorangegangenen Kapitel 3.1 erläutert, sollen für den Bereich der Westküste

Sylts zusätzlich die Seegangsverhältnisse analysiert werden. Nach durchgeführter

Datenakquise und –aufbereitung (siehe Wahl et al. 2011b; Kapitel 2) konnte für die

statistische Analyse der Seegangsverhältnisse auf Daten einer Seegangsmessboje

vor der Küste Westerlands zurückgegriffen werden. Die verfügbaren Daten für aus-

gewählte Seegangsparameter reichen (lückenlos) bis 1993 zurück (für den Zeitraum

liegen zeitgleich aufgezeichnete und hochaufgelöste Wasserstandsdaten vor).

3.3 Stochastische Sturmflutsimulation

Das im TP1b von XtremRisK entwickelte und genutzte Verfahren zur stochastischen

Simulation von Sturmflutszenarien beinhaltet vier Hauptarbeitsschritte: (1) die Sturm-

flutparametrisierung, (2) die Anpassung von Verteilungsfunktionen an die zuvor er-

mittelten Parameterzeitreihen, (3) die Durchführung von Monte-Carlo Simulationen

unter der Berücksichtigung von empirischen Filterfunktionen und (4) die Rekonstruk-

tion von Sturmflutverläufen. Die einzelnen Schritte werden im Folgenden kurz erläu-

tert und wichtige Zwischen- sowie die Endergebnisse der Simulationen für Cuxhaven

und Hörnum vorgestellt. Für detailliertere Informationen wird wiederum auf Wahl et

al. (2011a; Kapitel 4.3 und 4.4) verwiesen.

Im ersten Schritt werden alle beobachteten Sturmflutverläufe (bestehend aus 3 Ti-

den) für den jeweiligen Untersuchungspegel parametrisiert. Sensitivitätsstudien unter

Verwendung einer variablen Anzahl von Parametern und unterschiedlichen Verfah-

ren zur Rekonstruktion haben gezeigt, dass die Verwendung von insgesamt 25 Pa-

rametern zielführend ist. Bei der Rekonstruktion der beobachteten Verläufe unter

Verwendung der gewählten Parameter konnten die besten Ergebnisse mithilfe der

„kubischen Hermite Interpolation“ erzielt werden. Abbildung 9 zeigt das gewählte Pa-

rametrisierungsschema basierend auf 19 Wasserstandsparametern (Scheitelwerte

und Wasserstände eine Stunde davor und danach) und 6 Zeitparametern (zeitlicher

Abstand zwischen zwei aufeinander folgenden Scheiteln). Die Wasserstands-

parameter der Scheitelwerte (Parameter 1, 4, 7, 13, 16 und 19) werden dabei nicht

als absolute, sondern als relative Wasserstände bezogen auf den Sturmflutscheitel

(Parameter 10) berücksichtigt (der Parameter 4 ergibt sich z.B. aus der Differenz des

absoluten Wasserstandes des Parameters 10 und des absoluten Wasserstandes des

1.Thw). Ähnliches gilt für die Parameter jeweils eine Stunde vor und eine Stunde

nach den Scheiteln (Parameter 2, 3, 5, 6, 8, 9, 11, 12, 14,15, 17 und 18), die jeweils

auf den am nächsten gelegenen Scheitel bezogen werden (der Parameter 5 ergibt

Page 43: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Statistische Analysen von Sturmflutszenarien (TP1b)

XtremRisK-Abschlussbericht -42- Dezember 2012

sich zum Beispiel als Differenz des absoluten Wasserstandes des 1.Thw und dem

Wasserstand eine Stunde danach).

1h 1h 1h 1h 1h 1h 1h 1h 1h 1h 1h 1h

1

2

34

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

1617

18

19

Vortide Haupttide Nachtide

21 22 23 2420 25

Abbildung 9: Gewählter Ansatz zur Parametrisierung einer Sturmflut (bestehend aus 3 Tiden)

auf der Basis von 19 Wasserstands- und 6 Zeitparametern

Aus der Parametrisierung ergeben sich demnach 25 Zeitreihen für den jeweiligen

Pegel. Im Falle der hier gewählten Untersuchungspegel Cuxhaven und Hörnum be-

stehen diese Parameterzeitreihen jeweils aus 310 bzw. 175 Realisationen (Anzahl

der zur Verfügung stehenden beobachteten Sturmflutereignisse).

In einem zweiten Schritt werden verschiedene Verteilungsfunktionen an die Zeitrei-

hen der 25 Parameter angepasst. Ziel ist es für jeden der 25 Parameter eine Vertei-

lungsfunktion zu identifizieren, mit deren Hilfe sich die Daten hinreichend genau be-

schreiben lassen. Hierzu werden alle in Tabelle 3 dargestellten Verteilungen, die im

Bereich der Extremwerthydrologie häufig Anwendung finden, an die zuvor ermittelten

Parameterzeitreihen angepasst. Für jede Verteilung wird der Root Mean Squared

Error (RMSE) zwischen der theoretischen Verteilungsfunktion und den empirischen

Wahrscheinlichkeiten nach Gringorten (1963; siehe Gl. 4) berechnet. Dieser Ansatz

zur Ermittlung von empirischen Wahrscheinlichkeiten wurde bereits in früheren Un-

tersuchungen zu Sturmflutwasserständen in der deutschen Bucht herangezogen

(z.B. Jensen et al. 2006).

0,12N

0,44-mPLPGringorten

(4)

Alternative Ansätze für die Berechnung empirischer Wahrscheinlichkeiten sind in

Stedinger et al. (1993) zusammengefasst. Im Vorliegenden Fall wird diejenige Vertei-

lungsfunktion, welche zum kleinsten RMSE führt, für die weiteren Analysen ausge-

wählt und einer zusätzlichen visuellen Überprüfung der Anpassungsgüte unterzogen.

Page 44: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Statistische Analysen von Sturmflutszenarien (TP1b)

XtremRisK-Abschlussbericht -43- Dezember 2012

Tabelle 3: Verteilungsfunktionen zur Anpassung an die Zeitreihen der Parameter

Verteilung Parameter Gleichung

Allg. Pareto-Verteilung

a (Threshold-Parameter)

b (Streuungsparameter)

k (Krümmungsparameter)

für k ≠ 0

k

1

b

axk11GP(x)

für k = 0

b

ax

e1GP(x)

LogNormalverteilung a (Lageparameter)

b (Streuungsparameter)

dtet

1

2πb

1LogN(x)

x

0

22b

2alnt

Normalverteilung a (Lageparameter)

b (Streuungsparameter) dte

2πb

1N(x)

x22b

2a)(t

Weibullverteilung b (Streuungsparameter)

k (Krümmungsparameter)

k

b

x

e1WBL(x)

Abbildung 10 zeigt beispielhaft die Ergebnisse für die Pegel Cuxhaven (links) und

Hörnum (rechts) für den wichtigen Parameter 10, der wie in Abbildung 10 dargestellt,

den Sturmflutscheitelwasserstand repräsentiert. Die Allgemeine Pareto-Verteilung

(GPD) führt in diesem Fall zur besten Anpassung.

2 5 10 50 100 200 5001.000 10.000200

250

300

350

400

450

500

550

600

650

700

750

Wiederkehrintervall [a]

Wa

sse

rsta

nd

[cm

NN

]

Pegel: HörnumParameter: 10Verteilung: GPD

2 5 10 50 100 200 5001.000 10.000200

250

300

350

400

450

500

550

600

650

700

750

Wiederkehrintervall [a]

Wa

sse

rsta

nd

[cm

NN

]

Pegel: CuxhavenParameter: 10Verteilung: GPD

Abbildung 10: Ergebnis der Anpassung der GPD (inkl. 95%-Konfidenzintervalle) an die Pa-

rameter 10 (bzw. Scheitelwerte) der ausgewählten Sturmflutereignisse für die Pegel

Cuxhaven (links) und Hörnum (rechts)

Wie Abbildung 11 zeigt, stellt der Parameter 10 eine Ausnahme dar. Dies ist darauf

zurückzuführen, dass alle weiteren Wasserstandsparameter als relative Wasserstän-

de berücksichtigt werden und daher bessere Ergebnisse bei der Anpassung der

LogNormal-, Normal- oder Weibullverteilungen erzielt werden. Insgesamt zeigt die

Abbildung 11, dass für jeden der 25 Parameter eine geeignete Verteilungsfunktion

Page 45: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Statistische Analysen von Sturmflutszenarien (TP1b)

XtremRisK-Abschlussbericht -44- Dezember 2012

identifiziert werden kann und keine Ausreißer vorliegen. Dies hat sich bei der visuel-

len Überprüfung der Anpassungsgüte der ausgewählten Verteilungen bestätigt.

Die identifizierten Verteilungsfunktionen werden im nächsten Schritt genutzt, um

Monte-Carlo Simulationen durchzuführen. Um die daraus resultierenden Datenreihen

für die Rekonstruktion von Sturmflutszenarien (mittels kubischer Hermite Interpolati-

on) nutzbar zu machen, werden Abhängigkeitsstrukturen, die in den Beobachtungs-

datensätzen enthalten sind, auf die Simulationsergebnisse übertragen und empiri-

sche Filterfunktionen angewendet. Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Parame-

tern und dem Parameter 10 (auf den alle Wasserstandsdaten direkt oder indirekt be-

zogen sind) werden auf Basis der Beobachtungsdaten mithilfe polynomischer Re-

gressionsfunktionen modelliert und im Anschluss auf die Simulationsergebnisse

übertragen. Empirische Filterfunktionen werden genutzt um physikalisch plausible

Verläufe bei der anschließenden Rekonstruktion von Sturmflutszenarien zu erzielen.

Auffällige Verformungen in den Sturmflutkurven sollen vermieden werden. Die ver-

schiedenen Filter inklusive einer Kurzbeschreibung und der berücksichtigten Grenz-

werte sind in Tabelle 4 zusammengefasst.

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 250.01

0.02

0.03

0.04

0.05

0.06

0.07

0.08

Parameter

RM

SE

[cm

]

GPD

LogNormal

Normal

Weibull

Pegel: Cuxhaven

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 250.01

0.02

0.03

0.04

0.05

0.06

0.07

0.08

Parameter

RM

SE

[cm

]

GPD

LogNormal

Normal

Weibull

Pegel: Hörnum

Abbildung 11: RMSE der Verteilung mit dem kleinsten Fehler für die einzelnen Parameter

der Pegel Cuxhaven (links) und Hörnum (rechts)

Mit einer Ausnahme wurden alle Grenzwerte empirisch auf Basis der verfügbaren

Beobachtungsdaten ermittelt und Sensitivitätsstudien haben gezeigt, dass diese kei-

nen Einfluss auf die Endergebnisse (d.h. die später zu ermittelnden Eintrittswahr-

scheinlichkeiten) haben. Die einzige Ausnahme stellt der Filter „Max. Hauptscheitel“

dar. Hierdurch werden Ereignisse, deren Scheitelwasserstände einen festgelegten

Grenzwert überschreiten aus dem Kollektiv der simulierten Datenreihen entnommen.

Für die Pegel Cuxhaven und Hörnum werden „physikalische Obergrenzen“ von

651 cmNN bzw. 513 cmNN berücksichtigt (zu den Unsicherheiten dieser Werte siehe

Wahl et al. 2011a; Kapitel 7). Der Wert für Cuxhaven wurde von Jensen et al. (2006)

bei der Durchführung einer Vielzahl von numerischen Modellsimulationen ermittelt

und es gibt nach derzeitigem Kenntnisstand keine Hinweise darauf, dass an dem

Standort unter heutigen klimatischen Bedingungen signifikant höhere Wasserstände

aus physikalischen Gesichtspunkten möglich sind. Ähnliches gilt für den am Standort

Page 46: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Statistische Analysen von Sturmflutszenarien (TP1b)

XtremRisK-Abschlussbericht -45- Dezember 2012

Hörnum genutzten Wert von 513 cmNN. Dieser wurde auf Basis der im Kapitel 2 be-

schriebenen empirischen Analysen abgleitet und liegt höher als der mithilfe von Mo-

dellsimulationen ermittelte Wert von Jensen et al. (2006) für denselben Pegelstandort

(wobei der Pegel Hörnum dort nicht explizit als Untersuchungspegel ausgewählt

wurde). Für die nachfolgenden Untersuchungen wurde im Sinne einer konservativen

Abschätzung jeweils der höhere Wert berücksichtigt, welcher mithilfe der beiden ge-

nutzten Ansätze (Modellstudien und empirische Untersuchungen) zur Ableitung ma-

ximal möglicher Wasserstände ermittelt wurde.

Tabelle 4: Verwendete Filterfunktionen zur Generierung synthetischer Sturmflutverläufe

Bezeichnung Filter Gewählter Grenzwert

Max. Hauptscheitel

Wasserstand des Haupt-

scheitels überschreitet einen

festgelegten Grenzwert

Cuxhaven: 651 cmNN

Hörnum: 513 cmNN

Thw-Scheitel Vor- und

Nachtide

Thw-Scheitel der Vor- oder

Nachtide ist bzw. sind höher

als der Thw-Scheitel der

Haupttide

Cuxhaven: 0 cm

Hörnum: 0 cm

Scheitel-Flachheit

Wasserstand 1h vor oder

nach dem Scheitel weist eine

zu geringe Differenz zum

Scheitelwasserstand auf

Cuxhaven: 1 cm

Hörnum: 1 cm

Scheitel-Steilheit

Wasserstand 1h vor oder

nach dem Scheitel weist eine

zu große Differenz zum

Scheitelwasserstand auf

Cuxhaven: 112 cm*

Hörnum: 59 cm*

Scheitel-Schiefe

Wasserstand 1h vor dem

Scheitel weist eine signifi-

kant andere Differenz zum

Scheitel auf, als der Wasser-

stand 1h nach dem Scheitel

(relativer Vergleich)

Cuxhaven: 98 cm*

Hörnum: 44 cm*

Min. Tidehub Tidehub zu gering

Cuxhaven: 8 cm*

Hörnum: 25 cm*

Tnw-Scheitelentwicklung

2. Tnw-Scheitel ist nicht hö-

her als 1. Tnw-Scheitel und

3. Tnw-Scheitel ist nicht hö-

her als 4. Tnw-Scheitel

Cuxhaven: 0 cm

Hörnum: 0 cm

*Grenzwerte wurden empirisch auf Basis der jeweils verfügbaren Beobachtungsdaten ermittelt

Page 47: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Statistische Analysen von Sturmflutszenarien (TP1b)

XtremRisK-Abschlussbericht -46- Dezember 2012

Nachdem Abhängigkeiten in den Sturmflutparametern berücksichtigt und Filterfunkti-

onen auf die simulierten Datenreihen angewendet wurden, können die resultierenden

Zeitreihen für die 25 Parameter zur Rekonstruktion von Sturmflutszenarien genutzt

werden. Bevor die Simulationsergebnisse vorgestellt werden, erfolgt eine 2-stufige

Validierung des stochastischen Sturmflutmodells. Dazu werden auf Basis der Be-

obachtungsdaten zunächst diejenigen Parameterpaare identifiziert, die eine nen-

nenswerte Abhängigkeit bzw. Rangkorrelation aufweisen (Kendall‘s τ > 0,3; siehe

Degen & Lorscheid 2002). Die so berechneten signifikanten Rangkorrelationskoeffi-

zienten sind in den Matrizen in Abbildung 12 für Cuxhaven (links) und Hörnum

(rechts) jeweils im oberen linken Bereich dargestellt. Anschließend werden die ent-

sprechenden Rangkorrelationen auf Basis der Simulationsergebnisse berechnet.

Diese sind in Abbildung 12 jeweils im unteren rechten Bereich dargestellt. Es zeigt

sich, dass nahezu alle relevanten Abhängigkeiten, die in den Beobachtungsdaten

enthalten sind, auch auf Basis der Simulationsergebnisse nachgewiesen werden

können. Da alle Wasserstandsparameter direkt oder indirekt auf den Parameter 10

bezogen sind, sind die ermittelten Rangkorrelationen zwischen den verschiedenen

Parametern und dem Parameter 10 zusätzlich als Zahlenwerte dargestellt. Auch hier

zeigt sich eine gute Übereinstimmung zwischen Beobachtungen und Simulationser-

gebnissen.

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

17

18

19

Tau

0

0.1

0.2

0.3

0.4

0.5

0.6

0.7

0.8

0.9

1

0.36

0.31

-0.05

-0.06

0.02

0.08

0.32

0.31

-0.02

0.00

-0.04

-0.03

0.12

0.18

-0.09

-0.11

0.13

0.17

1 1 0.10

0.08

0.03

0.07

0.19

0.14

-0.09

-0.11

0.13

0.11

0.23

0.25

0.00

0.00

0.02

0.02

0.30

0.30Pegel Cuxhaven

Beobachtungen

Simulationen

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

17

18

19

Tau

0

0.1

0.2

0.3

0.4

0.5

0.6

0.7

0.8

0.9

1

0.37

0.29

-0.04

-0.05

0.06

0.12

0.34

0.27

0.01

0.02

-0.06

-0.06

0.18

0.23

0.09

0.08

0.29

0.20

1 1 0.09

0.15

-0.06

-0.04

0.19

0.16

0.00

-0.03

0.08

0.11

0.19

0.21

0.06

0.12

0.03

0.03

0.31

0.36Pegel Hörnum

Beobachtungen

Simulationen

Abbildung 12: Abhängigkeiten (als Rangkorrelation) zwischen den beobachteten (jeweils

oben links) und simulierten (jeweils unten rechts) Wasserstandsparametern für die

Pegel Cuxhaven (links) und Hörnum (rechts)

In einem zweiten Validierungsschritt werden ausgewählte „Referenzsturmfluten“ her-

angezogen. Es wird geprüft, ob Ereignisse mit ähnlichen Verläufen im Kollektiv der

simulierten Sturmflutszenarien (hier 10 Mio. Ereignisse, siehe unten) enthalten sind.

Für die Untersuchungspegel Cuxhaven und Hörnum wurden die oben bereits be-

schriebenen Sturmflutszenarien als Referenz herangezogen, aus denen jeweils die

„physikalischen Obergrenzen“ abgeleitet wurden. Dabei handelt es sich demnach für

beide Pegel um Sturmflutereignisse mit sehr hohen Wasserständen und es ist zu

erwarten, dass sich entsprechend wenige solcher Ereignisse im Kollektiv simulierter

Page 48: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Statistische Analysen von Sturmflutszenarien (TP1b)

XtremRisK-Abschlussbericht -47- Dezember 2012

Sturmfluten wiederfinden. Abbildung 13 zeigt den Vergleich der „Referenzsturmflu-

ten“ mit zehn ausgewählten simulierten Sturmflutverläufen.

0 500 1000 1500 2000 2500-100

0

100

200

300

400

500

600

Zeit [min.]

Wa

sse

rsta

nd

[cm

NN

]

"Referenzsturmflut"

Simulationsergebnisse

Pegel: Cuxhaven

0 500 1000 1500 2000 2500-100

0

100

200

300

400

500

600

Zeit [min.]W

asse

rsta

nd

[cm

NN

]

"Referenzsturmflut"

Simulationsergebnisse

Pegel: Hörnum

Abbildung 13: Vergleich von extremen „Referenzsturmfluten“ und ausgewählten simulierten

Sturmflutverläufen für die Pegel Cuxhaven (links) und Hörnum (rechts)

Die in der Abbildung dargestellten simulierten Sturmflutverläufe weisen eine ähnliche

Charakteristik (Höhe, Fülle, Verlauf) im Vergleich zu den „Referenzsturmfluten“ auf.

Sowohl für Cuxhaven (Abbildung 13, links), als für Hörnum (Abbildung 13, rechts)

spiegeln die ausgewählten simulierten Sturmflutereignisse die Verläufe der „Refe-

renzsturmfluten“ sehr gut wieder. Beide Validierungsschritte verdeutlichen, dass mit

dem entwickelten stochastischen Sturmflutmodell (oder dem Sturmflutgenerator)

physikalisch plausible Ergebnisse erzielt werden. Die Gesamtergebnisse der Simula-

tion sind für die beiden Untersuchungspegel in Abbildung 14 dargestellt. Sensitivi-

tätsstudien haben gezeigt, dass eine Anzahl von 10 Mio. simulierten Ereignissen

ausreichend ist um stabile Ergebnisse bei der anschließenden statistischen Einord-

nung der in Kapitel 2 beschriebenen Sturmflutszenarien zu erzielen. Aufgrund der

Anwendung der oben beschriebenen Filterfunktionen sind zur Erreichung der Kollek-

tivgröße mehr als 10 Mio. Monte-Carlo Simulationen erforderlich (die benötigte An-

zahl an Simulationen ist pegelspezifisch). In Abbildung 14 werden sowohl die beo-

bachteten (schwarz), als auch die simulierten (grau) Ereignisse durch die in Kapitel

3.1 bereits erwähnten wichtigen Sturmflutparameter „Scheitel“ und „Fülle“ repräsen-

tiert. Auch hier zeigt sich eine ähnliche Abhängigkeitsstruktur in den Simulationser-

gebnissen im Vergleich zu den Beobachtungsdaten. Die Rangkorrelation errechnet

sich auf Basis der Beobachtungsdaten für beide Pegel zu τ = 0,43 [-], auf Basis der

Simulationen ergeben sich für Cuxhaven und Hörnum Korrelationen von τ = 0,44 [-]

bzw. τ = 0,45 [-]. Keines der beobachteten Ereignisse liegt außerhalb des Bereiches,

der durch die Einhüllenden (berechnet aus den Ergebnissen der 10 Mio. Simulatio-

nen) begrenzt ist.

Page 49: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Statistische Analysen von Sturmflutszenarien (TP1b)

XtremRisK-Abschlussbericht -48- Dezember 2012

lle [-]

lle [-]

Abbildung 14: Ergebnisse der Simulation von 10 Mio. Sturmflutszenarien für die Pegel

Cuxhaven (links) und Hörnum (rechts)

Wie in Kapitel 3.1 erwähnt, besteht das Hauptziel der Untersuchungen im TP1b in

der Ermittlung von Eintrittswahrscheinlichkeiten für die in Kapitel 2 beschriebenen

Sturmflutszenarien, welche in den weiteren Teilprojekten von XtremRisK (siehe

nachfolgende Kapitel) für die Risikoanalyse berücksichtigt werden. Die hier vorge-

stellten Ergebnisse zeigen gleichzeitig das Potenzial des entwickelten stochastischen

Sturmflutmodells für zukünftige Risikoanalysen (oder andere Untersuchungen) eine

große Anzahl an physikalisch plausiblen Sturmflutszenarien unterschiedlicher Cha-

rakteristik bereitzustellen. Je größer die Anzahl der in einer Risikoanalyse berück-

sichtigten Ereignisse, desto aussagekräftiger sind die erzielten Ergebnisse.

3.4 Multivariate statistische Sturmflutanalyse

Die Bedeutung der Ermittlung belastbarer Eintrittswahrscheinlichkeiten von Sturm-

flutszenarien, die für Risikoanalysen genutzt werden sollen, wurde bereits in Kapitel

3.1 anhand von Gl. 3 erläutert. Bei bisherigen Studien wurde hierzu in der Regel auf

Zeitreihen der Sturmflutscheitelwasserstände zurückgegriffen. Extremwertstatistische

Analysen, meist unter Verwendung der Allgemeinen Extremwertverteilung (GEV),

haben die entsprechenden Wahrscheinlichkeiten geliefert (z.B. Jensen et al. 2006;

Mudersbach & Jensen 2009). Hier soll ein alternatives Verfahren erarbeitet und ge-

nutzt werden, welches es ermöglicht zusätzlich den Parameter „Fülle“ in die statisti-

schen Auswertungen einzubeziehen. Durch die kombinierte Betrachtung der beiden

Parameter „Scheitel“ und „Fülle“ wird der wichtige Verlauf einer Sturmflut (der auch in

den nachfolgenden Schritten der Risikoanalyse berücksichtigt wird) zumindest impli-

zit erfasst. Die so berechneten kombinierten Eintrittswahrscheinlichkeiten liefern

demnach im Hinblick auf die Zielsetzung der Risikoermittlung deutlich realistischere

Werte, als es bei alleiniger Analyse der Sturmflutscheitel der Fall wäre.

Abbildung 15 zeigt den Einfluss der Randwerte (hier die verfügbaren Datenreihen der

Parameter S und F) auf die Vorgehensweise bei der Ermittlung von kombinierten

Eintrittswahrscheinlichkeiten.

Page 50: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Statistische Analysen von Sturmflutszenarien (TP1b)

XtremRisK-Abschlussbericht -49- Dezember 2012

stochastische Unabhängigkeit

z.B. Х²-Test

stochastische Abhängigkeit

z.B. r ≠ 0

multiplikative Verknüpfung 2-dimensionale Verteilung

gleiche Verteilung der

Randwerte (parametrisch)

unterschiedliche Verteilung der Randwerte

(parametrisch / nicht-parametrisch)

Bivariates Modell

(z.B. Gumbel, Gamma etc.)

Verwendung einer Copula-Funktion

(z.B. Frank, Clayton etc.)

Abhängigkeit

der Randwerte

Verteilung(en) der

Randwerte

Abbildung 15: Eigenschaften der Randwerte und die sich ergebende Konsequenz auf die zu

wählende Methodik für die Bestimmung von kombinierten Eintrittswahrscheinlichkei-

ten

Sind die zu untersuchenden Parameter im statistischen Sinne voneinander unab-

hängig, so führt beispielsweise eine einfache multiplikative Verknüpfung der Einzel-

wahrscheinlichkeiten zur kombinierten Eintrittswahrscheinlichkeit. Im vorliegenden

Fall ist diese Annahme nicht haltbar, da in Abbildung 14 eine deutliche Abhängigkeit

zwischen den zu untersuchenden Parametern zu erkennen ist und die ermittelten

Rangkorrelationen signifikant sind. Nach Abbildung 15 muss eine 2-dimensionale

oder bivariate Verteilungsfunktion genutzt werden. Für die Auswahl eines geeigneten

Modells spielen nun die Randverteilungen (d.h. hier die Verteilungen der Parameter

S und F) eine entscheidende Rolle. Können beide Parameter ein und derselben Ver-

teilungsfamilie zugeordnet werden (z.B. Gumbel-Verteilung), so kann ein entspre-

chendes bivariates Modell (z.B. BiGumbel-Modell) zur Bestimmung kombinierter

Wahrscheinlichkeiten genutzt werden. Bedingt durch die im vorangegangen Kapitel

3.3 beschriebene Vorgehensweise zur Sturmflutsimulation, ist der Parameter S pare-

toverteilt. Für den Parameter F, welcher nicht direkt sondern implizit über die 25

Sturmflutparameter simuliert wird, wurde die LogNormalverteilung als am geeignets-

ten identifiziert um die verfügbaren Daten zu beschreiben. Die zur Analyse vorgese-

henen Parameter S und F sind demnach voneinander abhängig und folgen unter-

schiedlichen Verteilungen. Das Fließdiagramm in Abbildung 15 verdeutlicht, dass

Copula-Funktionen zur Lösung solcher Problemstellungen geeignet sind. Gleichzeitig

erlauben Copulas die Verwendung von nicht-parametrischen Randverteilungen. Mit-

hilfe so genannter Kerndichteschätzer (KDF) wird die Verteilung selbst direkt aus den

vorhandenen Daten als Glättung der empirischen Häufigkeitsverteilung ermittelt, was

eine sehr gute Anpassung an die zu Grunde liegenden Datenkollektive gewährleistet

(z.B. Karmakar & Simonovic 2008). KDFs bieten besonders dann Vorteile, wenn wie

im vorliegenden Fall große Kollektive (hier: 10 Mio. Werte) für die zu untersuchenden

Parameter verfügbar sind und keine weitere Extrapolation erforderlich ist. Die Rand-

verteilungen für die Parameter S und F werden hier mithilfe des Gauß-

Kerndichteschätzers nach Gl. (5) berechnet:

Page 51: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Statistische Analysen von Sturmflutszenarien (TP1b)

XtremRisK-Abschlussbericht -50- Dezember 2012

)/2(x1/2 2

e2πK(x)

, mit

1dxxK (5)

Mit bekannten Randverteilungen können im nächsten Schritt unterschiedliche Copu-

la-Funktionen auf ihre Anwendbarkeit zur Ermittlung von kombinierten Eintrittswahr-

scheinlichkeiten geprüft werden. Die Copula-Theorie geht auf das Theorem von Sklar

(1959) zurück, der den Zusammenhang zwischen einer Copula C und der bivariaten

Verteilungsfunktion FXY(x,y), mit den univariaten Randverteilungen FX(x) und FY(y),

wie folgt beschreibt (Gl. 6):

yF,xFCyx,F YXYX, (6)

In den letzten Jahren wurden Copulas vermehrt im Bereich der Hydrologie eingesetzt

(siehe z.B. http://www.stahy.org/Topics/tabid/58/Default.aspx), wohingegen nur we-

nige Anwendungen mit Bezug zum Küsteningenieurwesen in der Literatur beschrie-

ben sind (siehe Wahl et al. 2011a; Wahl et al. 2012a). Für weitergehende Informatio-

nen zu dem Themenkomplex wird auf Nelsen (1999), Genest & Favre (2007) und

Wahl et al. (2011b und 2012a), sowie die dort zitierten Literaturstellen verwiesen.

Ähnlich wie bei den in den vorangegangenen Abschnitten verwendeten univariaten

parametrischen Verteilungsfunktionen gibt es verschiedene Copula-Familien. In der

Hydrologie (und auch in anderen Forschungsbereichen) werden häufig sogenannte

Archimedische Copulas genutzt, da sie sehr flexibel und vergleichsweise einfach zu

konstruieren sind. Asymmetrien in den Abhängigkeitsstrukturen der betrachteten Va-

riablen können berücksichtigt werden. Sie werden über den Copula-Generator φ(t)

erzeugt, wobei folgender Zusammenhang zwischen dem Generator φ(t) und einer

einparametrischen Archimedischen Copula C(u,v) mit dem Parameter θ besteht

(Gl. 7):

vuvu,C 1

θ (7)

In Tabelle 5 sind die drei am häufigsten genutzten Archimedischen Copulas (Clayton,

Frank und Gumbel) dargestellt. Neben den Copula-Funktionen sind auch die ver-

schiedenen Copula-Generatoren φ(t), die Wertebereiche, sowie die Zusammenhän-

ge zwischen dem Copula-Parameter θ und Kendall’s τ beschrieben. Es zeigt sich,

dass die Copula-Funktionen bei bekannten Randverteilungen (hier KDFs) und be-

kannter Rangkorrelation der zu untersuchenden Parameter (siehe oben) vollständig

zu lösen sind.

Analog zum univariaten Fall, stehen auch im multivariaten Fall verschiedene Tests

zur Bestimmung der Anpassungsgüte (GoF-Tests) der verschiedenen theoretischen

Copula-Funktionen zur Verfügung. Dabei handelt es sich bei der Erarbeitung von

geeigneten GoF-Tests für multivariate Analysen aktuell um ein sehr aktives For-

schungsfeld (z.B. Genest et al. 2009). Für die vorliegenden Analysen wurden zwei

GoF-Tests, ein grafischer und ein rechnerischer Test, ausgewertet. Die Ergebnisse

sind in Wahl et al. (2011a) im Detail beschrieben. Mit beiden Tests ist die Gumbel-

Page 52: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Statistische Analysen von Sturmflutszenarien (TP1b)

XtremRisK-Abschlussbericht -51- Dezember 2012

Copula als diejenige Copula-Funktion identifiziert worden, die für die Ermittlung von

kombinierten Eintrittswahrscheinlichkeiten auf Basis der verfügbaren Datensätze der

Parameter S und F am besten geeignet ist. Daher basieren die im Folgenden vorge-

stellten Ergebnisse der statistischen Einordnung der in Kapitel 2 vorgestellten Sturm-

fluten auf der Gumbel-Copula (mit Gauß-Kerndichteschätzern als Randverteilungen

für S und F).

Tabelle 5: Zusammenfassung der hier verwendeten bivariaten Archimedischen Copulas

Copulafunktion

Generator

φ(t)**

Wertebereich,

θ

Kendall‘s

τ

Clayton (oder Cook-Johnson)

θ1

θθ 1vu

1t θ 0,

θ

Frank

1e

1e1e1ln

θ

θvθu

1e

1eln

θ

θt

, \{0} θD1θ

41 1

*

Gumbel (oder Gumbel-Hougaard)

θ

1θθ lnvlnuexp θlnt 1, 1θ1

* 1. Debye Funktion

θ

0t1 dt

1e

t

θ

1θD

** t = u oder t = v

Wie in Kapitel 2 beschrieben, wurden für das Untersuchungsgebiet Hamburg zu-

nächst vier unterschiedliche Sturmflutszenarien für den Standort Cuxhaven abgelei-

tet. Diese wurden anschließend (in erster Linie mithilfe hydrodynamische Modell-

rechnungen, durchgeführt durch die BAW) die Elbe hinauf nach Hamburg übertra-

gen. Abbildung 16 zeigt die Verläufe der 4 ausgewählten Szenarien für Cuxhaven.

Die Ergebnisse der statistischen Analyse sind Abbildung 17 dargestellt. Hier zeigt

sich, dass Szenarien mit deutlich unterschiedlichen Scheitelhöhen und unterschiedli-

chen Füllen (und somit unterschiedlichen Verläufen) berücksichtigt werden (siehe

Abbildung 16). Entsprechend ergeben sich auch deutlich unterschiedliche Eintritts-

wahrscheinlichkeiten (bzw. Überschreitungswahrscheinlichkeiten).

Page 53: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Statistische Analysen von Sturmflutszenarien (TP1b)

XtremRisK-Abschlussbericht -52- Dezember 2012

0 500 1000 1500 2000-200

0

200

400

600

Wa

ssers

tand [

cm

NN

]

0 500 1000 1500 2000-200

0

200

400

600

0 500 1000 1500 2000-200

0

200

400

600

Zeit [Minuten]

0 500 1000 1500 2000-200

0

200

400

600

Szenario: HH-XR2010AScheitel = 610 cmNNFülle = 537 [-]

Szenario: HH-XR2010BScheitel = 531 cmNNFülle = 770 [-]

Szenario: HH-XR2010CScheitel = 651 cmNNFülle = 767 [-]

Szenario: HH-XR2010A-80Scheitel = 530 cmNNFülle = 449 [-]

Abbildung 16: Sturmflutszenarien für den Standort Cuxhaven, als Grundlage für die Risiko-

analyse für das Untersuchungsgebiet Hamburg

Abbildung 17: Statistische Einordnung der ausgewählten Sturmflutszenarien für den Pegel

Cuxhaven

Page 54: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Statistische Analysen von Sturmflutszenarien (TP1b)

XtremRisK-Abschlussbericht -53- Dezember 2012

Während es sich bei dem Ereignis HH_XR2010A-80 um ein vergleichsweise mode-

rates Szenario handelt, stellt beispielsweise das Ereignis HH_XR2010C ein sehr ext-

remes Szenario dar. Das Ereignis HH_XR2010B zeichnet sich durch einen ver-

gleichsweise niedrigen Scheitelwert bei gleichzeitig sehr großer Fülle aus. Dies ist,

wie in Abbildung 16 gut zu erkennen, darauf zurückzuführen, dass alle drei Tiden

sehr hoch auflaufen, Haupt-, Vor- und Nachtide weisen ähnliche Scheitelhöhen auf.

Im Falle des Untersuchungsgebietes Hamburg muss zusätzlich der Oberwasserzu-

fluss Q aus der Elbe berücksichtigt werden, da hierdurch die Wasserstände im unter-

suchungsrelevanten Bereich beeinflusst werden. Für jedes der oben beschriebenen

Szenarien wurde ein Oberwasserabfluss angenommen, der ebenfalls statistisch ein-

zuordnen und bei der Darstellung der Gesamtergebnisse für das Gebiet Hamburg zu

berücksichtigen ist. In Wahl et al. (2011a; Kapitel 6) sind die Ergebnisse der statisti-

schen Analyse des Oberwasserabflusses dargestellt. Gleichzeitig konnte nachgewie-

sen werden, dass kein signifikanter statistischer Zusammenhang zwischen dem

Oberwasserabfluss Q und den Parametern S und F am Pegel Cuxhaven besteht.

Daher kann eine multiplikative Verknüpfung der Einzelwahrscheinlichkeit für das

Oberwasser mit der bivariaten Wahrscheinlichkeit für die Sturmflutszenarien erfol-

gen.

Alle Ergebnisse der statistischen Analysen für das Untersuchungsgebiet Hamburg

sind zusammengefasst in Tabelle 6 dargestellt. Hier fällt auf, dass neben den vier

oben beschriebenen Szenarien ein zusätzliches Szenario mit der Bezeichnung

HH_XR2010A-90 enthalten ist. Dieses weist am Pegel Cuxhaven denselben Verlauf

wie das Szenario HH_XR2010A-80 auf. Bei der Übertragung nach Hamburg wird

jedoch ein geringerer Oberwasserabfluss von Q = 2200 m³/s berücksichtigt. Die in

der Tabelle 6 dargestellten Werte für Scheitel und Fülle wurden für den Standort

Cuxhaven ermittelt und für die statistischen Analysen berücksichtigt. Die Wasser-

stände bzw. Sturmflutverläufe, die sich letztendlich für den Bereich Hamburg erge-

ben und in den weiteren Teilprojekten für die Risikoanalyse genutzt werden, sind in

Kapitel 5 dargestellt.

In Tabelle 6 sind alle wichtigen Eingangsgrößen bzw. Ergebnisse der statistischen

Analysen zusammengefasst: die jeweiligen Werte für die Parameter Scheitel und

Fülle, die univariaten Eintrittswahrscheinlichkeiten für S und F, die mithilfe des be-

schriebenen Copula-Modells ermittelten bivariaten Eintrittswahrscheinlichkeiten (für

Cuxhaven), die für die jeweiligen Szenarien angenommenen Oberwasserabflüsse,

die univariaten Eintrittswahrscheinlichkeiten für Q und die für die weiteren Analysen

wichtigen Eintrittswahrscheinlichkeiten für das Untersuchungsgebiet Hamburg. Wie

in der Tabelle 6 zu erkennen, ergeben sich teilweise sehr kleine (trivariate) Eintritts-

wahrscheinlichkeiten (Pe,Hamburg < 10-7/a), was auf die multiplikative Verknüpfung der

Einzelwahrscheinlichkeiten für den Sturmflutverlauf in Cuxhaven (kombinierte Wahr-

scheinlichkeit für Scheitel und Fülle) und den Oberwasserabfluss der Elbe zurückzu-

führen ist. Zwar ergeben sich auch für die Sturmflutverläufe in Cuxhaven teilweise

sehr kleine Eintrittswahrscheinlichkeiten (Pe,Cuxhaven < 10-5/a), diese liegen jedoch in

Page 55: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Statistische Analysen von Sturmflutszenarien (TP1b)

XtremRisK-Abschlussbericht -54- Dezember 2012

einem Bereich, für den die Unsicherheiten der angegebenen Werte abgeschätzt

werden können (siehe auch Kapitel 3.6) und sich beispielsweise keine nennenswerte

Beeinflussung durch eine unzureichende Anzahl an durchgeführten Monte-Carlo-

Simulationen ergibt.

Tabelle 6: Ergebnisse der statistischen Einordnung der gewählten Sturmflutszenarien für das

Untersuchungsgebiet Hamburg

Szenario: HH_XR2010A HH_XR2010B HH_XR2010C HH_XR2010A-80 HH_XR2010A-90

Scheitel [cmNN] 610 531 650 530 530

Fülle [-] 537 770 767 449 449

Pe,Scheitel [1/a] (uni-

variat) 3,17·10

-4 7,20·10

-3 4,27·10

-6 7,45·10

-3 7,45·10

-3

Pe,Fülle [1/a] (univari-

at) 1,30·10

-2 3,24·10

-6 3,71·10

-6 1,23·10

-1 1,23·10

-1

Pe,Cuxhaven [1/a] (bi-

variat) 3,09·10

-4 3,24·10

-6 2,12·10

-6 7,10·10

-3 7,10·10

-3

Oberwasser [m³/s] 3600 3600 3600 3600 2200

Pe,Oberwasser [1/a] 2,50·10-2

2,50·10-2

2,50·10-2

2,50·10-2

3,33·10-1

Pe,Hamburg[1/a] (trivar-

iat) 7,72·10

-6 8,09·10

-8 5,30·10

-8 1,78·10

-4 2,36·10

-3

Analog zum Untersuchungsgebiet Hamburg (mit dem Untersuchungspegel

Cuxhaven), zeigt Abbildung 18 die vier ausgewählten Sturmflutszenarien für den

Standort Hörnum, als Basis für die Risikoanalyse für das Untersuchungsgebiet Sylt

(siehe Kapitel 2 für mehr Informationen zu den einzelnen Ereignissen). Die Ergebnis-

se der statistischen Einordnung sind in Abbildung 19 dargestellt. Das extremste Sze-

nario, mit einer entsprechend geringen Eintrittswahrscheinlichkeit, stellt hier das

Szenario SY_XR2010A dar. Beim Szenario SY_XR2010B tritt, ebenso wie in

Cuxhaven, ein vergleichsweise geringer Scheitel bei gleichzeitig sehr großer Fülle

auf. Die Vortide weist eine nahezu identische (in diesem Fall sogar eine etwas grö-

ßere) Höhe wie die Haupttide auf. Hierdurch kann es potenziell zu Vorschädigungen

an den Küstenschutzanlagen kommen, die ein Versagen bzw. die Entstehung von

Schäden im Hinterland begünstigen.

Page 56: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Statistische Analysen von Sturmflutszenarien (TP1b)

XtremRisK-Abschlussbericht -55- Dezember 2012

0 500 1000 1500 2000-100

0

100

200

300

400

500W

asse

rsta

nd [

cm

NN

]

0 500 1000 1500 2000-100

0

100

200

300

400

500

0 500 1000 1500 2000-100

0

100

200

300

400

500

Zeit [Minuten]

0 500 1000 1500 2000-100

0

100

200

300

400

500

Szenario: SY-XR2010AScheitel = 513 cmNNFülle = 574 [-]

Szenario: SY-XR2010BScheitel = 450 cmNNFülle = 608 [-]

Szenario: SY-XR2010CScheitel = 489 cmNNFülle = 559 [-]

Szenario: SY-XR2010A-95Scheitel = 419 cmNNFülle = 477 [-]

Abbildung 18: Sturmflutszenarien für den Standort Hörnum, als Grundlage für die Risikoana-

lyse für das Untersuchungsgebiet Sylt

Abbildung 19: Statistische Einordnung der ausgewählten Sturmflutszenarien für den Pegel

Hörnum

Page 57: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Statistische Analysen von Sturmflutszenarien (TP1b)

XtremRisK-Abschlussbericht -56- Dezember 2012

In Tabelle 7 sind für das Untersuchungsgebiet Sylt alle Ergebnisse der statistischen

Analyse für die ausgewählten Sturmflutszenarien zusammenfassend dargestellt. Im

Falle von Sylt sind dies die Werte für Scheitel und Fülle für die jeweiligen Szenarien,

die univariaten Eintrittswahrscheinlichkeiten für S und F und die mithilfe des Copula-

Modells ermittelten bivariaten Eintrittswahrscheinlichkeiten. Eine zusätzliche Berück-

sichtigung von Oberwassereinfluss, wie es für Hamburg notwendig ist, ist in diesem

Fall nicht erforderlich. D.h. die dargestellten Eintrittswahrscheinlichkeiten Pe für die

Sturmflutszenarien gelten gleichermaßen für alle Untersuchungsgebiete (Hörnum

Ost, Rantumdamm, Hörnum West, Westerland West). Die dargestellten Werte für

Scheitel und Fülle wurden auf Basis der Sturmflutverläufe am Pegel Hörnum ermit-

telt, für den auch die statistischen Analysen erfolgt sind. Die Übertragung der Sturm-

flutverläufe der vier ausgewählten Szenarien auf die anderen Untersuchungsgebiete

erfolgt unter Verwendung der in Wahl et al. (2011a; Kapitel 4.5.1) beschriebenen

Transfermodelle. Ebenso wie für das Untersuchungsgebiet Hamburg ergeben sich

auch für das Untersuchungsgebiet Sylt deutlich unterschiedliche und teilweise sehr

kleine Eintrittswahrscheinlichkeiten für die betrachteten Sturmflutszenarien.

Tabelle 7: Ergebnisse der statistischen Einordnung der gewählten Sturmflutszenarien für das

Untersuchungsgebiet Sylt

Szenario: SY_XR2010A SY_XR2010B SY_XR2010C SY_XR2010A-

95

Scheitel [cmNN] 513 450 489 419

Fülle [-] 574 608 559 477

Pe,Scheitel [1/a] (uni-

variat) 5,47·10-6 3,73·10-3 4,63·10-4 1,37·10-2

Pe,Fülle [1/a] (univari-

at) 3,76·10-4 7,24·10-5 7,43·10-4 1,52·10-2

Pe [1/a] (bivariat) 5,38·10-6 7,09·10-5 3,06·10-4 7,85·10-3

3.5 Ermittlung der maßgebenden Seegangsverhältnisse und wei-

tergehende statistische Analysen für das Untersuchungsgebiet

Sylt

Für viele Küstenabschnitte und die dort vorhandenen Schutzsysteme stellt der Ein-

fluss von Seegang neben den Sturmflutwasserständen eine zusätzliche nicht zu ver-

nachlässigende Belastungsgröße dar (z.B. Pullen et al. 2007). In einem solchen Fall

müssen zum einen maßgebende Seegangsverhältnisse für die gewählten Sturmflut-

szenarien bestimmt und in den nachfolgenden Schritten der Risikoanalyse berück-

sichtigt werden (z.B. bei der Ermittlung von Versagenswahrscheinlichkeiten). Zum

anderen müssen (soweit es die Datenlage zulässt) weitergehende statistische Analy-

sen unter Einbeziehung ausgewählter Seegangsparameter erfolgen. Für die ver-

Page 58: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Statistische Analysen von Sturmflutszenarien (TP1b)

XtremRisK-Abschlussbericht -57- Dezember 2012

schiedenen im XtremRisK-Projekt gewählten Untersuchungsgebiete stellt sich der

Seegangseinfluss stark unterschiedlich dar und wird dementsprechend auf unter-

schiedliche Art und Weise berücksichtigt.

Für das Untersuchungsgebiet Hamburg werden die zu den einzelnen Sturmflutsze-

narien passenden Seegangsverhältnisse im Rahmen der Arbeiten des TP3 (siehe

Kapitel 5) ermittelt. Ein bestehendes hydrodynamisches Modell, welches zur Ermitt-

lung der maßgebenden Sturmflutwasserstände im Stadtgebiet von Hamburg genutzt

wird, wurde hierzu um ein Seegangsmodell erweitert. Eine Berücksichtigung der so

ermittelten maßgebenden Seegangsparameter in der statistischen Analyse erfolgt

nicht. Dies ist zum einen in der Tatsache begründet, dass die vorhandene Datenlage

keine solchen Analysen zulässt (Langzeitbeobachtungen der Seegangs-verhältnisse

liegen nicht vor). Zum anderen sind die zu erwartenden Wellenhöhen und -perioden

(als wichtigste Seegangsparameter) aufgrund der Lage im Ästuar im Vergleich zu

den bereits bekannten Sturmflutwasserständen als gering einzuschätzen und von

deutlich untergeordneter Bedeutung.

Das Untersuchungsgebiet Sylt ist bzgl. der Seegangsverhältnisse differenziert zu

betrachten. Für die Ostseite von Sylt stehen, wie im Falle von Hamburg, nur unzu-

reichende Daten für statistische Analysen zur Verfügung. Zudem liegen keine ausrei-

chenden Bathymetriedaten vor, die die Nutzung eines Seegangsmodells (z.B.

SWAN) zur Ermittlung der wichtigsten Wellenparameter für die einzelnen Sturmflut-

szenarien zulassen würden. Gleichzeitig sind aufgrund der Leelage auch für diesen

Bereich vergleichsweise geringe Wellenhöhen und –perioden zu erwarten. Im

XtremRisK-Projekt werden für die Ostseite von Sylt (Untersuchungsgebiete Hörnum-

Ost und Rantumdamm bzw. Westerland Süd-Ost) daher folgende Seegangsverhält-

nisse pauschal für alle Sturmflutszenarien angenommen: Signifikante Wellenhöhe:

0,8 m; Peakperiode: 4 s (Ulrich Winskowski – LKN Husum, pers. comm.). Im Gegen-

satz zur Ostseite, können auf der Westseite der Insel extreme Seegangsbedingun-

gen (besonders während Sturmfluten) entstehen und zu Schäden entlang der Küs-

tenschutzlinie führen. Gleichzeitig stehen, wie in Kapitel 3.2 beschrieben, Zeitreihen

verschiedener Seegangsparameter (und der zugehörigen Windverhältnisse) aus

Langzeitbeobachtungen zur Verfügung. Zusätzlich sind Bathymetriedaten verfügbar,

so dass mithilfe eines numerischen Seegangsmodells (hier SWAN) die maßgeben-

den Seegangsverhältnisse im Küstennahbereich für jedes der ausgewählten Sturm-

flutszenarien ermittelt werden können. Die in XtremRisK genutzte Vorgehensweise

zur Ermittlung maßgebender Seegangsparameter für die Westseite von Sylt (Unter-

suchungsgebiete Hörnum West und Westerland) und die Ergebnisse zur Berücksich-

tigung in den weiteren Schritten der Risikoanalyse sind in Wahl et al. 2011b (Kapitel

3) im Detail dargestellt.

Um die so ermittelten maßgebenden Seegangsverhältnisse auch in den statistischen

Analysen berücksichtigen zu können, wurde das oben beschriebene bivariate Copu-

la-Modell um eine Dimension auf den trivariaten (bzw. 3-dimensionalen) Fall erwei-

tert. Als wichtigster Seegangsparameter soll neben den beiden Sturmflutparametern

Page 59: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Statistische Analysen von Sturmflutszenarien (TP1b)

XtremRisK-Abschlussbericht -58- Dezember 2012

S und F die signifikante Wellenhöhe Hs bei den Analysen berücksichtigt werden. Im

vorliegenden Fall wird ein genestetes Copula-Modell zur Ermittlung der trivariaten

Eintrittswahrscheinlichkeiten genutzt (Berg & Aas 2007). Dabei werden zunächst die

Parameter S und F mittels einer geeigneten Copula (hier: Gumbel-Copula) verknüpft.

Die daraus resultierende Copula-Funktion wird anschließend selbst als Randvertei-

lung berücksichtigt und über eine zweite geeignete Copula wird der Parameter Hs in

die Analysen einbezogen. Die in Kapitel 3.4 beschriebenen GoF-Tests wurden auch

hier genutzt, um die Frank-Copula (siehe Tabelle 5) als geeignete Copula zur Einbe-

ziehung der signifikanten Wellenhöhen zu identifizieren. Das genestete Modell be-

steht demnach aus einer Gumbel- und einer Frank-Copula. Gleichzeitig konnte

nachgewiesen werden, dass alle Anforderungen, die ein genestetes Copula-Modell

(FNAC) an die zu analysierenden Daten stellt, im vorliegenden Fall erfüllt sind (siehe

Wahl et al. 2011b; Kapitel 4).

Abbildung 20 zeigt zunächst das Ergebnis der univariaten statistischen Auswertung

der zwischen 1993 und 2008 beobachteten signifikanten Wellenhöhen vor Wester-

land. Für die statistischen Analysen sind ausschließlich diejenigen Seegangsereig-

nisse relevant, die bei hohen Wasserständen aufgetreten sind. Für die in

Abbildung 20 dargestellte statistische Auswertung - mittels Allgemeiner Extremwert-

verteilung - sind nur Hs-Werte berücksichtigt worden, die bei Wasserständen größer

150 cmNN aufgetreten sind (der zeitl. Abstand zwischen zwei Ereignissen beträgt

mind. 30h, um die statistische Unabhängigkeit zu gewährleisten).

1 2 5 10 50 100150

200

250

300

350

400

450

500

550

600

Wiederkehrintervall [a]

Sig

nifik

ante

Welle

nhöhe H

s [

cm

]

Pegel: WesterlandParameter: HsVerteilung: GEV

Abbildung 20: Statistische Auswertung (mittels GEV) von Hs-Werten, die zeitgleich mit Was-

serständen größer 150 cmNN aufgetreten sind (zeitlicher Abstand mind. 30h)

Wie auch im vorangegangenen Kapitel 3.4, sind in Tabelle 8 die Ergebnisse der ge-

meinsamen statistischen Analyse der Parameter S, F und Hs dargestellt. Die ersten

drei Zeilen, fassen noch einmal die bereits bekannten univariaten und bivariaten

Wahrscheinlichkeiten für die Sturmflutszenarien zusammen (siehe Tabelle 7). Zu-

Page 60: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Statistische Analysen von Sturmflutszenarien (TP1b)

XtremRisK-Abschlussbericht -59- Dezember 2012

sätzlich sind die für die verschiedenen Szenarien berechneten signifikanten Wellen-

höhen (im Bereich der Messboje, ca. 13 m-Tiefenlinie), deren univariate Eintritts-

wahrscheinlichkeiten und die mithilfe des genesteten Copula-Modells ermittelten tri-

variaten Eintrittswahrscheinlichkeiten dargestellt. Es zeigt sich, dass die ermittelten

Werte für Hs für alle Szenarien in einem „moderaten“ Bereich liegen und aufgrund

der zugrunde liegenden meteorologischen Bedingungen eine geringe Streuung auf-

weisen. Die univariaten Eintrittswahrscheinlichkeiten liegen für alle Szenarien im Be-

reich Pe,Hs > 10-1/a. Dementsprechend ist der Einfluss des Seegangs auf die trivaria-

ten Eintrittswahrscheinlichkeiten je nach Szenario vergleichsweise gering. Die hier

angegebenen Werte Pe,Sturmflut+Seegang berücksichtigen alle wichtigen Belastungspara-

meter für die vorhandenen Küstenschutzbauwerke und stellen daher realistische Ein-

trittswahrscheinlichkeiten zur Verwendung in der Risikoanalyse dar.

Tabelle 8: Ergebnisse der gemeinsamen statistischen Analyse der Parameter S, F und Hs für

die Gebiete Hörnum West und Westerland mithilfe eines genesteten Copula-Modells

Szenario: SY_XR2010A SY_XR2010B SY_XR2010C SY_XR2010A-95

Pe,Scheitel [1/a] (univariat) 5,47·10-6

3,73·10-3

4,63·10-4

1,37·10-2

Pe,Fülle [1/a] (univariat) 3,76·10-4

7,24·10-5

7,43·10-4

1,52·10-2

Pe, Sturmflut [1/a] (bivariat) 5,38·10-6

7,09·10-5

3,06·10-4

7,85·10-3

sign. Wellenhöhe Hs [cm] 373 366 386 355

Pe,Hs [1/a] (univariat) 5,72·10-1

6,24·10-1

4,76·10-1

7,02·10-1

Pe, Sturmflut+Seegang [1/a] (trivariat) 4,82·10-6

6,51·10-5

2,57·10-4

7,42·10-3

3.6 Unsicherheitsanalyse

Unsicherheiten spielen bei Risikoanalysen, besonders wenn wie im vorliegenden Fall

Extremereignisse analysiert werden, eine wichtige Rolle. Im XtremRisK-Projekt wur-

den gängige Verfahren zur Unsicherheits- und Sensitivitätsanalyse recherchiert und

in Dangendorf et al. (2011) zusammengefasst. Dort sind auch die aus Sicht der Auto-

ren maßgebenden Unsicherheiten, die sich bei den verschiedenen Arbeitsschritten

der jeweiligen TPs ergeben, dargestellt. Für die hier vorgestellten Analysen wurden

von Wahl et al. (2011a; Kapitel 7) zwei Kernunsicherheiten identifiziert, die die Er-

gebnisse der statistischen Auswertungen in der Hauptsache beeinflussen. Dabei

handelt es sich um die Kernunsicherheiten „Obergrenze“ und „Abhängigkeitsstruk-

tur“, die beide quantitativ hinsichtlich ihres Einflusses auf die Eintrittswahrscheinlich-

keiten für die einzelnen Sturmflutszenarien erfasst werden können. Das Augenmerk

ist dabei auf die Abschätzung des „worst case“ Falles gerichtet, d.h. es wird abge-

schätzt, wie groß die ermittelten Eintrittswahrscheinlichkeiten unter Berücksichtigung

der genannten Kernunsicherheiten sein können. Weitere Unsicherheiten, die in den

vom TP1b durchgeführten Analysen enthalten sind, sind in Dangendorf et al. (2011)

Page 61: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Statistische Analysen von Sturmflutszenarien (TP1b)

XtremRisK-Abschlussbericht -60- Dezember 2012

zusammengefasst. Diese sind qualitativer Natur, d.h. sie können nicht bzw. nur unzu-

reichend genau quantitativ erfasst werden.

Die Unsicherheiten, die sich aus einer „worst case“ Betrachtung und bei Berücksich-

tigung der Kernunsicherheiten „Obergrenze“ und „Abhängigkeitsstruktur“ (wie in

Wahl et al. 2011a beschrieben) ergeben, sind in Tabelle 9 zusammengefasst. Für

alle Untersuchungsgebiete und Szenarien sind jeweils noch einmal die Ergebnisse

dargestellt (bezeichnet als Pe), die sich nach den Tabellen 6, 7 und 8 (jeweils unters-

te Zeile) als „beste Schätzung“ für die Eintrittswahrscheinlichkeiten ergeben haben.

Zusätzlich sind die Ergebnisse der Unsicherheitsanalyse, jeweils bezeichnet als

Pe,worst case, in Tabelle 9 enthalten.

Tabelle 9: Ergebnisse mit Unsicherheiten („worst case“ Betrachtung) der statistischen Analy-

se für die Untersuchungsgebiete Hamburg, Sylt (Ostseite) und Sylt (Westseite)

Untersuchungsgebiet Hamburg

Szenario: HH_XR2010A HH_XR2010B HH_XR2010C HH_XR2010A-80 HH_XR2010A-90

Pe [1/a] 7,72·10-6

8,09·10-8

5,30·10-8

1,78·10-4

2,36·10-3

Pe, worst case [1/a] 8,89·10-6

1,19·10-7

1,32·10-7

1,83·10-4

2,43·10-3

Untersuchungsgebiet Sylt (Ostseite)

Szenario: SY_XR2010A SY_XR2010B SY_XR2010C SY_XR2010A-95

Pe [1/a] 5,38·10-6

7,09·10-5

3,06·10-4

7,85·10-3

Pe, worst case[1/a] 1,14·10-4

9,64·10-5

4,11·10-4

8,84·10-3

Untersuchungsgebiet Sylt (Westseite)

Szenario: SY_XR2010A SY_XR2010B SY_XR2010C SY_XR2010A-95

Pe [1/a] 4,82·10-6

6,51·10-5

2,57·10-4

7,42·10-3

Pe, worst case [1/a] 1,13·10-4

9,06·10-5

3,63·10-4

8,41·10-3

Abschließend wird noch einmal darauf hingewiesen, dass im Rahmen dieser Bear-

beitung teilweise Sturmflutereignisse mit sehr geringen Eintrittswahrscheinlichkeiten

analysiert wurden. Für die Durchführung einer Risikoanalyse ist es erforderlich das

gesamte Spektrum möglicher Sturmflutszenarien in die Analysen einzubeziehen,

dies beinhaltet sowohl Ereignisse mit sehr geringen, als auch Ereignisse mit ver-

gleichsweise hohen Eintrittswahrscheinlichkeiten. Gleichzeitig nutzt das vorgestellte

Verfahren, basierend auf einem stochastischen Sturmflutmodell, die verfügbaren Da-

ten optimal aus und durch die Verwendung von Copula-Modellen können kombinierte

Wahrscheinlichkeiten mit höherer Genauigkeit ermittelt werden, als es in vorherigen

Studien der Fall war. Dennoch ist die Länge der verfügbaren Beobachtungszeitreihen

Page 62: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Statistische Analysen von Sturmflutszenarien (TP1b)

XtremRisK-Abschlussbericht -61- Dezember 2012

nach wie vor kurz im Vergleich zu den Eintrittswahrscheinlichkeiten bzw. den Wie-

derkehrintervallen, die für die verschiedenen Szenarien ermittelt wurden. Bei der

Analyse von extremen Sturmflutereignissen sind die Ergebnisse mit größeren (oft

nicht quantitativ erfassbaren) Unsicherheiten behaftet. Eintrittswahrscheinlichkeiten

für einzelne Sturmflutparameter mit Werten kleiner 10-4/a besitzen daher einen vor-

rangig theoretischen Charakter und genaue Zahlenwerte werden für die Durchfüh-

rung der weiteren Schritte in der Risikoanalyse angegeben.

Page 63: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Analyse der Risikowege - Belastung, Bruch und Bruchentwicklung von Hochwasserschutzwerken (TP2)

XtremRisK-Abschlussbericht -62- Dezember 2012

4 Analyse der Risikowege - Belastung, Bruch und Bruch-

entwicklung von Hochwasserschutzwerken (TP2)

4.1 Hintergrund und Zielsetzung

In diesem Kapitel werden die Methoden und die Ergebnisse der Analyse der Risi-

kowege im TP2 dargestellt und diskutiert. Das Hauptziel des TP2 ist die Untersu-

chung der Belastung und des Stabilitätsverhaltens des Hochwasser-Küstenschutz-

Systems (HWKS-Systems) bei extremen Sturmfluten bis zum vollständigen Versa-

gen, d.h. bis zur Bruchentwicklung von Deichen und bis zur Erosion oder dem

Durchbruch von Dünen. Als hydrodynamische Randbedingungen werden die im TP1

ermittelten Sturmflutszenarien unter Berücksichtigung ihrer Wasserstandsverläufe

(Kapitel 2), Wellenparameter und Eintrittswahrscheinlichkeiten Pe (Kapitel 3) verwen-

det.

Die Hauptziele von TP2 sind die Ermittlung der bedingten Versagens-

wahrscheinlichkeit der HWKS-Systeme Pf und somit die Überflutungswahrscheinlich-

keit, die die erste Komponente des Überflutungsrisikos R (definiert als Produkt aus

Wahrscheinlichkeit Pf,cond und Schäden D) darstellt und bei der Risikointegration im

TP4 berücksichtigt wird. Zusätzlich werden die Initialbedingungen für die Flutwelle

durch Wellenüberlauf und Überströmen sowie an möglichen Bruchstellen von Dei-

chen, die Bruchdauer und die endgültige Breite und Tiefe der Bruchstellen bestimmt.

Diese Ergebnisse werden in TP3 benötigt, um die Flutwellenausbreitung und die da-

mit verbundenen Schäden im Hinterland zu ermitteln.

Die wesentlichen Arbeiten des TP2 sind in Abbildung 21 dargestellt und werden im

Folgenden kurz zusammengefasst. Hierfür werden zunächst die erforderlichen Da-

tengrundlagen zur Beschreibung der HWKS-Systeme aufgeführt. Basierend auf die-

sen Daten werden das Vorgehen und die Ergebnisse der Abschnittseinteilung der

Hochwasser- und Küstenschutzlinie in Segmente mit ähnlichen Charakteristiken be-

schrieben. Für die identifizierten HWKS-Abschnitte wurden eine Zuverlässigkeitsana-

lyse sowie Modellierung von Wellenüberlauf und Überströmen durchgeführt. Zur

Durchführung der Zuverlässigkeitsanalyse wurden Software-Tools für lineare Bau-

werke, d.h. Deiche, Dünen und Hochwasserschutz-Wände, entwickelt. Die Untersu-

chungen von Wellenüberlauf und Überströmen wurden unter anderem für alle

HWKS-Elemente anhand empirisch-analytischer Gleichungen ermittelt. Potentielle

Schwachstellen, d.h. Abschnitte für die eine hohe Versagenswahrscheinlichkeit er-

mittelt wurde, wurden weiter unter Verwendung von numerischen Modellen für

Deichbrüche und Dünenerosion untersucht. Weiterhin wurden zeitabhängige Aspekte

in der Zuverlässigkeitsanalyse näher untersucht und die Grenzzustandsgleichung für

Wellenüberlauf und Überströmen beispielhaft modifiziert.

Page 64: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Analyse der Risikowege - Belastung, Bruch und Bruchentwicklung von Hochwasserschutzwerken (TP2)

XtremRisK-Abschlussbericht -63- Dezember 2012

Für ausführliche Erläuterungen der einzelnen Arbeitsschritte wird in den entspre-

chenden Abschnitten auf die Zwischenberichte (Naulin et al. (2009), Naulin et al.

(2010b), Naulin et al. (2010a)) verwiesen.

Abbildung 21: Übersicht der Arbeitsschritte der Analyse der Risikowege im Rahmen der In-

tegrierten Risikoanalyse in XtremRisK

Page 65: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Analyse der Risikowege - Belastung, Bruch und Bruchentwicklung von Hochwasserschutzwerken (TP2)

XtremRisK-Abschlussbericht -64- Dezember 2012

4.2 Datengrundlage

Als hydrodynamische Randbedingungen werden die im TP1 ermittelten Sturmflut-

szenarien unter Berücksichtigung ihrer Wasserstandsverläufe (Kapitel 2), Wellenpa-

rameter und Eintrittswahrscheinlichkeiten Pe (Kapitel 3) verwendet. Weiterhin werden

Daten zur Beschreibung der Eigenschaften der Hochwasser- und Küstenschutzele-

mente als Eingangsdaten benötigt. Für die ausgewählten Teilbereiche der Pilotgebie-

te erfolgte eine Beschreibung und detaillierte Parametrisierung der Bauwerke. Als

Grundlage diente hierfür eine intensive Datenanalyse von Bestandsunterlagen wie

Vermessungen der Anlagen, geotechnische Gutachten und digitale Geländemodelle.

Die Datenrecherche erfolgte in Zusammenarbeit mit den lokalen Hochwasser- und

Küstenschutzbehörden der Untersuchungsgebiete, d.h. Landesbetrieb Straßen, Brü-

cken und Gewässer (LSBG) für den öffentlichen und Hamburg Port Authority (HPA)

für den privaten Hochwasserschutz in Hamburg sowie Landesbetrieb für Küsten-

schutz, Nationalpark und Meeresschutz Schleswig-Holstein (LKN) für den Küsten-

schutz auf Sylt.

4.3 Abschnittseinteilung der Hochwasser- und Küstenschutzlinie

4.3.1 Methodik

Unter Anwendung der oben beschriebenen Datengrundlagen, die in einem Geoin-

formationssystem (GIS) aufbereitet und verwaltet wurden, erfolgte eine Segmentie-

rung der Hochwasser- und Küstenschutzlinie in gleichartige Abschnitte mit ähnlichen

Eigenschaften wie Bauwerkstyp, geometrischen und geotechnischen Parametern.

Weiterhin wurden die hydraulischen Randbedingungen wie Wasserstand und Wel-

lenparameter aus TP1 für die Abschnittseinteilung berücksichtigt.

Für die ermittelten Sektionen erfolgten die Annahmen, dass die Abschnitte homogen

und unabhängig voneinander sind. Somit wurde eine Vereinfachung getroffen und

Längeneffekte, d.h. die Zunahme der Versagenswahrscheinlichkeit bei Zunahme der

Abschnittslänge, wurden vernachlässigt.

Auf Grundlage der Ergebnisse der intensiven Datenrecherche und –Analyse wurden

für alle Abschnitte die Eingangsparameter und ihr Unsicherheiten ermittelt. In Ab-

hängigkeit von dem Hochwasser- und Küstenschutzelement, wurden die Abschnitte

der Deiche, Dünen und Hochwasserschutzwerke mit über 80, 40 bzw. 50 Parame-

tern parametrisiert. Im Falle von Datenlücken, insbesondere bei geotechnischen Pa-

rametern, wurden die Angaben und Unsicherheiten durch Referenzen aus dem

Schrifttum, wie z.B. Kortenhaus (2003), abgeschätzt.

4.3.2 Ergebnisse und Diskussion

Eine Übersicht der Ergebnisse der Analyse der Hochwasser- und Küstenschutzlinie

der unterschiedlichen Untersuchungsgebiete von Hamburg und Sylt zeigt Tabelle 10.

Page 66: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Analyse der Risikowege - Belastung, Bruch und Bruchentwicklung von Hochwasserschutzwerken (TP2)

XtremRisK-Abschlussbericht -65- Dezember 2012

Tabelle 10: Ergebnisse der Abschnittseinteilung der Hochwasser- und Küstenschutzlinie

Teilgebiet Bauwerksart Anzahl Länge Kronenhöhe

min max

[-] [m] [m NN] [m NN]

Ham

burg

Wilhelmsburg

Deich 71 19.336 7,70 10,60

HWS-Wand 7 4.141 7,77 10,60

Punktuelle Bauwerke 16 - 7,80 8,22

Gesamt 94 23.477 7,70 10,60

Polder Hamburg

Süd

HWS-Wand 42 2.710 7,50 7,50

Punktuelle Bauwerke 43 - 7,50 7,50

Gesamt 85 2.710 7,50 7,50

Teilbereich

Innenstadt

HWS-Wand 8 1.098 7,60 7,80

Punktuelle Bauwerke 5 - 7,50 7,50

Gesamt 13 1.098 7,50 7,80

Sylt

Hörnum

Deckwerk 4 762 4,10 5,84

Deich/ Spundwand 4 375 4,20 4,98

Düne 19 3.766 6,50 17,70

Düne/ Tetrapode 3 724 7,72 13,96

Strandübergänge 14 412 8,12 16,06

HWS-Wand 4 496 3,90 4,25

Gesamt 48 6.535 3,90 17,70

Westerland

(*Südost)

Düne 17 3.314 13,17 21,47

Düne/ Tetrapoden 9 1.411 12,96 20,97

Strandübergänge 10 193 12,73 19,35

Mauer/ Tetrapoden 10 1.020 10,13 14,94

Strandmauer 7 494 9,78 13,69

Deich* (inkl. 2. Deichlinie) 32 13.808 3,82 7,44

Punktuelle Bauwerke 4 -

Gesamt 89 20.241 3,82 21,47

Für jedes Teilgebiet sind der Bauwerkstyp, die Anzahl und die Länge der identifizier-

ten Abschnitte sowie die Kronenhöhe zusammengefasst. Die Hochwasserschutzli-

nien der Teilgebiete von Hamburg, Wilhelmsburg, Polder Hamburg Süd und ein Teil-

bereich der Innenstadt haben eine Länge von 23,8 km, 2,7 km bzw. 1,1 km und wur-

den entsprechend in 94, 85 und 13 Abschnitte eingeteilt.

Page 67: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Analyse der Risikowege - Belastung, Bruch und Bruchentwicklung von Hochwasserschutzwerken (TP2)

XtremRisK-Abschlussbericht -66- Dezember 2012

Die auf Sylt untersuchten Teilgebiete umfassen 6,5 km Küstenschutzline unterteilt in

48 Abschnitte in Hörnum sowie 20,2 km unterteilt in 89 Abschnitte in Westerland. Als

wesentliches linienförmiges Küstenschutzelement wurden Ästuar/Seedeiche, Dünen

und Hochwasserschutzwände bzw. Strandmauern identifiziert. Weiterhin gibt es eine

Vielzahl von so genannten „Punktuellen Bauwerken“ wie z.B. Siele, Sperrwerke und

Tore. Insbesondere konnte eine große Anzahl von Toren im Polder Hamburg Süd im

Hamburger Hafen festgestellt werden.

Die Ergebnisse der Einteilung der Hochwasserschutzlinie in „homogene Abschnitte“

unter der Berücksichtigung gleicher Eigenschaften wie Bauwerksart, geometrischer

und geotechnischer Parameter sowie hydraulischen Randbedingungen sind beispiel-

haft für Hamburg Wilhelmsburg in Abbildung 22 dargestellt.

Der Hauptanteil der Hochwasserschutzlinie, d.h. 19 km von 24 km, besteht aus Dei-

chen. Die Deiche bestehen aus einem Sandkern, einer Kleischicht mit einer Dicke

von bis zu 2,0 m und einer Grasnarbe. Die Kronenhnöhe der Deiche variieren zwi-

schen 7,80 mNN und 8,35 mNN und die durchschnittliche Neigung der seeseitigen

und landseitigen Böschungen beträgt 1 zu 3. Insgesamt wurde die Hochwasser-

schutzlinie in 94 Abschnitte unterteilt. Dies umfasst 71 Deichabschnitte, 7 Abschnitte

mit Hochwasserschutzwänden und 16 Abschnitte mit „Punktuellen Bauwerken“ wie

z.B. Siele und Sperrwerke.

Abbildung 22: Abschnittseinteilung der Hochwasserschutzlinie von Wilhelmsburg, Hamburg

Page 68: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Analyse der Risikowege - Belastung, Bruch und Bruchentwicklung von Hochwasserschutzwerken (TP2)

XtremRisK-Abschlussbericht -67- Dezember 2012

4.4 Zuverlässigkeitsanalyse

4.4.1 Methodik

Die berechneten Versagenswahrscheinlichkeiten Pf werden mit den im TP1 ermittel-

ten Eintrittswahrscheinlichkeiten Pe verknüpft, so dass sich die bedingte Versagens-

wahrscheinlichkeit Pf,cond. für ein Sturmflutszenario wie folgt berechnet (Gl. 8):

f, cond. e fP P P

(8)

Die Vorgehensweise der Berechnung von bedingten Versagenswahrscheinlichkeiten

für unterschiedliche Sturmflutszenarien wurde gewählt, um eine ereignisbasierte

Überflutungssimulation und Schadensermittlung zu ermöglichen. Aus der multiplikati-

ven Verknüpfung der bedingten Versagenswahrscheinlichkeit Pf,cond. und den potenti-

ellen Schäden D ergibt sich schließlich das Risiko R für ein einzelnes Sturmflutereig-

nis (siehe auch Kapitel 1).

Im Folgenden wird das Vorgehen zur Berechnung der Versagenswahrscheinlich-

keiten Pf beschrieben. Unter Verwendung eines probabilistischen Ansatzes werden

die Unsicherheiten von Eingangs- und Modellparametern bei der Zuverlässigkeits-

analyse von Küstenschutzbauwerken berücksichtigt. Hierfür werden unterschiedliche

Versagensmechanismen analysiert, die durch Grenzzustandsgleichungen beschrie-

ben werden können (Gl. 9).

z R S (9)

Die Hochwasserschutzlinie besteht aus unterschiedlichen Bauwerken. Sowohl in den

betrachteten Untersuchungsgebieten als auch an der gesamten deutschen Nordsee-

küste können als wesentlichen Hochwasserschutzelemente Ästuar-/Seedeiche, Dü-

nen und Hochwasserschutzwände bzw. Strandmauern vorgefunden werden. Aus

diesem Grund wurde der Fokus auf die Untersuchung dieser linienhaften Hochwas-

serschutzelemente festgelegt.

Für diese Schutzelemente wurden alle Versagensmechanismen basierend auf den

Ergebnissen vorangegangener Projekte wie FLOODsite (Allsop et al. 2007) und

ProDeich (Kortenhaus 2003) analysiert. Die bedingte Versagenswahrscheinlichkeit

wurde für alle Versagensmechanismen für die verschiedenen extremen Sturmflut-

szenarien aus TP1 unter Verwendung von Monte-Carlo-Simulationen (vgl. Kapitel 2

& Kapitel 3) berechnet. Für jedes Küstenschutzelement wurden die Versagensme-

chanismen in einem Fehlerbaum zusammengeführt. Der Aufbau des Fehlerbaums

gibt die unterschiedlichen Ketten von Ereignissen wider, die zu einem vollständigen

Versagen des Bauwerks (sogenanntes Top Event) führen würde. Das Top Event

wurde in diesem Fall als „Überflutung des Hinterlands“ definiert, was durch nicht-

strukturelles Versagen wie Wellenüberlauf und Überströmen sowie strukturelles Ver-

sagen wie Bruch initiiert werden kann.

Page 69: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Analyse der Risikowege - Belastung, Bruch und Bruchentwicklung von Hochwasserschutzwerken (TP2)

XtremRisK-Abschlussbericht -68- Dezember 2012

Die Versagenswahrscheinlichkeit des Küstenschutzsystems wurde wiederum über

einen Fehlerbaumansatz bestimmt, der die einzelnen Ergebnisse der Versagens-

wahrscheinlichkeiten der Abschnitte der Küstenschutzlinie zusammenführt. Um die

Berechnungen der Versagenswahrscheinlichkeit durchzuführen wurden Software-

Tools wie ProDeich (Kortenhaus (2003)) analysiert und weiterentwickelt. Alle rele-

vanten Versagensmechanismen und Fehlerbäume wurden in einem Tool implemen-

tiert.

4.4.2 Ergebnisse und Diskussion

Für die Zuverlässigkeitsanalyse der HWKS-Elemente wurden insgesamt

35 Versagensmechanismen berücksichtigt. Dazu zählen 22 Grenzzustandsgleichun-

gen für Deiche, 5 Grenzzustandsgleichungen für Dünen und 8 Grenzzustandsglei-

chungen für Hochwasserschutzwände. Eine Zusammenfassung der verwendeten

Grenzzustandsgleichungen zeigt Tabelle 11. Für weitere Details der Gleichungen

wird auf Kortenhaus (2003), Allsop et al. (2007) und Naulin et al. (2010b) verwiesen.

Die Ergebnisse der Versagenswahrscheinlichkeiten des Top Events, d.h. Überflutung

des Hinterlands, erreichen sehr hohe Werte mit Pf =1,0 für die untersuchten Sturm-

flutszenarien. Als kritische Überlaufrate wurde zunächst die zulässige Überlaufrate

für den öffentlichen Hochwasserschutz in Hamburg von q = 0,5 l/(s m) angesetzt. An

dieser Stelle wird darauf hingewiesen, dass ein Überschreiten dieses Grenzwerts

natürlich noch nicht zwangsläufig zu einem funktionellen Versagen des HWKS-

Systems führen muss. Vielmehr sollte auch der zeitliche Verlauf der Überlauf- und

Überströmraten und das daraus resultierende gesamte Überflutungsvolumen be-

rücksichtigt werden, wie in den Abschnitten 4.5 und 4.7 beschrieben wird. Die Er-

gebnisse der bedingten Versagenswahrscheinlichkeiten für Sturmflutszenarien in

Hamburg und Sylt sind zusammen mit einigen aus TP1 ermittelten Sturmflutparame-

tern in Tabelle 12 und Tabelle 13 dargestellt.

Als dominierende Versagensmechanismen wurden nicht-strukturelle Versagensme-

chanismen wie Wellenüberlauf und Überströmen identifiziert, da die betrachteten

Sturmflutszenarien sehr hohe Wasserstände im Vergleich zu den Kronenhöhen der

Schutzelemente verfügen. Aus diesem Grund hängt die bedingte Versagenswahr-

scheinlichkeit in diesem Fall von der Eintrittswahrscheinlichkeit der Sturmflutszenari-

en Pe ab, z.B. beträgt die bedingte Versagenswahrscheinlichkeit Pf,cond. 7,72∙10-6 pro

Jahr für das Sturmflutszenario HH_XR2010A.

Dennoch ist es von großer Bedeutung, die strukturelle Stabilität der Küstenschutze-

lemente weiter zu untersuchen, da insbesondere vollständige Deichbrüche zu sehr

hohen Durchflüssen an der Bresche und sehr hohen Strömungsgeschwindkeiten der

Flutwellenausbreitung führen und somit schwerwiegende Folgen für das Hinterland

darstellen können.

Page 70: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Analyse der Risikowege - Belastung, Bruch und Bruchentwicklung von Hochwasserschutzwerken (TP2)

XtremRisK-Abschlussbericht -69- Dezember 2012

Tabelle 11: Übersicht verwendete Grenzzustandsgleichungen (GZG) für die Zuverlässig-

keitsanalyse

Nr. GZG Name

Se

ed

eic

h/ Ä

stu

ard

eic

h

Nicht-strukturelles Versagen von Deichen

1 Überströmen (Funktionelles Versagen)

2 Wellenüberlauf (Funktionelles Versagen)

Versagen der seeseitigen Böschung von Deichen

3 Geschwindigkeit Wellenauflauf

4 Wellendedingte Erosion

5 Druckschlag

6 Klifferosion durch Druckschlag

7 Versagen des Deckwerks

8 Auftrieb des Deckwerks

9 Gleiten (Bishop)

Versagen der landseitigen Böschung von Deichen

10 Geschwindigkeit Überströmen

11 Geschwindigkeit Wellenüberlauf

12 Erosion durch Überströmen/ Wellenüberlauf

13 Gleiten der Kleischicht

14 Auftrieb der Kleischicht

15 Gleiten (Bishop)

16 Teilbruch

Gleiten und interne Erosion von Deichen

17 Gleiten von Deichen mit Kleischicht (Funktionelles Versagen)

18 Piping*

19 Matrix Erosion*

Kappensturz

20 Erosion der landseitigen Böschung & Kappensturz

21 Gleiten der landseitigen Böschung & Kappensturz

22 Auftrieb der landseitigen Kleischicht & Kappensturz

ste

nsch

utz

-

Dün

e

Nicht-strukturelles Versagen von Dünen

1 Überströmen (Funktionelles Versagen)* *(GZG für Deiche entwickelt)

2 Wellenüberlauf (Funktionelles Versagen)* *(GZG für Deiche entwickelt)

Versagen Seeseite Dünen

3 Erosion

Versagen Landseite Düne

4 Overwash

5 Bruch

Hoch

wasse

rsch

utz

-

Wa

nd

Nicht-strukturelles Versagen von Wänden

1 Überströmen (Funktionelles Versagen)

2 Wellenüberlauf (Funktionelles Versagen)

Strukturelles Versagen von Deichen

3 Gleiten (Bishop)

4 Kippen

5 Piping

6 „hydraulic heave“

7 Versagen der Drainage

8 Biegen

Page 71: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Analyse der Risikowege - Belastung, Bruch und Bruchentwicklung von Hochwasserschutzwerken (TP2)

XtremRisK-Abschlussbericht -70- Dezember 2012

Tabelle 12: Bedingte Versagenswahrscheinlichkeiten für Sturmflutszenarien in Hamburg

Szenario: HH_XR2010A HH_XR2010B HH_XR2010C HH_XR2010A-90

ScheitelCuxhaven

[cmNN] 610 531 650 530

Fülle [-] 537 770 767 449

Pe,Scheitel

[1/a] (univariat) 3,17·10

-4 7,20·10

-3 4,27·10

-6 7,45·10

-3

Pe,Fülle

[1/a] (univariat) 1,30·10

-2 3,24·10

-6 3,71·10

-6 1,23·10

-1

Pe,Cuxhaven

[1/a] (bivariat) 3,09·10

-4 3,24·10

-6 2,12·10

-6 7,10·10

-3

Oberwasser [m³/s] 3600 3600 3600 2200

Pe,Oberwasser

[1/a] 2,50·10

-2 2,50·10

-2 2,50·10

-2 3,33·10

-1

Pe,Hamburg

[1/a] (trivariat) 7,72·10

-6 8,09·10

-8 5,30·10

-8 2,36·10

-3

Pf

Wilhelmsburg 1,0 1,0 1,0 1,0

Pf,cond

[1/a] 7,72·10

-6 8,09·10

-8 5,30·10

-8 2,36·10

-3

Tabelle 13: Bedingte Versagenswahrscheinlichkeiten für Sturmflutszenarien auf Sylt

Szenario: SY_XR2010A SY_XR2010B SY_XR2010C SY_XR2010A-95

Scheitel Hörnum 513 450 489 419

Fülle [-] 574 608 559 477

Pe,Scheitel

[1/a] (univariat) 5,47·10

-6 3,73·10

-3 4,63·10

-4 1,37·10

-2

Pe,Fülle

[1/a] (univariat) 3,76·10

-4 7,24·10

-5 7,43·10

-4 1,52·10-

2

Pe

[1/a] (bivariat) 5,38·10

-6 7,09·10

-5 3,06·10

-4 7,85·10

-3

Pf

Westerland 1,0 1,0 1,0 3,17·10

-3

Pf

Hörnum (Hafen) 1,0 1,0 1,0 1,0

Pf,cond Westerland

[1/a] (bivariat) 5,38·10

-6 7,09·10

-5 3,06·10

-4 2,49·10

-5

Pf,cond Hörnum

[1/a] (bivariat) 5,38·10

-6 7,09·10

-5 3,06·10

-4 7,85·10

-3

Um die Standsicherheit von Deichen zu untersuchen, wurden die Versagensmecha-

nismen, die zu einem Deichbruch führen, näher betrachtet. Im Folgenden werden die

Ergebnisse beispielhaft für das Sturmflutszenario HH_XR2010A für die Deichab-

schnitte von Hamburg Wilhelmsburg dargestellt. Abbildung 23a zeigt die Wahr-

scheinlichkeiten für ein Versagen der landseitigen Böschung für alle Deichabschnitte.

Für die meisten Deiche ist die Versagenswahrscheinlichkeit Pz der landseitigen

Deichböschung vergleichsweise gering (1,0∙10-4). Nur für einige Abschnitte wurden

höhere Werte (zwischen 1,0∙10-2 und 1,0∙10-3) ermittelt. Diese Deichabschnitte wur-

den als mögliche Schwachstellen identifiziert, da sie entweder weniger widerstands-

fähig waren (niedrigere Deichkrone) oder einer höheren Belastung (durch Wasser-

Page 72: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Analyse der Risikowege - Belastung, Bruch und Bruchentwicklung von Hochwasserschutzwerken (TP2)

XtremRisK-Abschlussbericht -71- Dezember 2012

stand und Wellen) ausgesetzt waren. Eine weitere Untersuchung der Bruchentwick-

lung dieser „Schwachstellen“ wird im Abschnitt 4.6 beschrieben.

Weiterhin wurde die Stabilität der Dünen auf Sylt untersucht. Im Folgenden werden

die Ergebnisse der Versagenswahrscheinlichkeiten der Küstenschutzdünen beispiel-

haft für die Dünen am westlichen Strand von Hörnum für das Sturmflutszenario

SY_XR2010A vorgestellt. Als dominierender Versagensmechanismus wurde „Erosi-

on“ identifiziert. Für die Grenzzustandsgleichung für Erosion wurden Versagensme-

chanismen von bis zu Pf = 4,2∙10-2 berechnet. Die Ergebnisse der 35 Dünenabschnit-

te werden in Abbildung 23b zusammengefasst.

a) Wilhelmsburg

b) Hörnum

Abbildung 23: Ergebnisse der Untersuchungsgebiete: a) Versagenswahrscheinlichkeit für

einen Deichbruch initiiert durch Wellenüberlauf für Deichabschnitte in Wilhelmsburg,

Hamburg; b) Versagenswahrscheinlichkeit für Dünenerosion in Hörnum, Sylt.

Für die Untersuchungen der Hochwasserschutzwände wurden insbesondere auf-

grund der relative niedrigen Kronenhöhe im Vergleich zu den anderen Hochwasser-

schutzelementen (siehe Tabelle 10) als relevante Versagensmechanismen „Wellen-

überlauf“ und „Überströmen“ festgestellt. Für eine Beschreibung und Untersuchung

von weiteren Versagensmechanismen wird auf Niewerth (2011) verwiesen.

Die Ergebnisse der Versagenswahrscheinlichkeiten werden an TP4 zur Risikoin-

tegration übergeben (siehe Kapitel 6). Darüber hinaus erlaubt die Fehlerbaumanaly-

se die Wahrscheinlichkeit und die relevanten Versagensmechanismen für eine mög-

liche Bruchinitiierung zu bestimmen, z.B. Druckschlag an der seeseitigen Böschung

und Wellenüberlauf an der landseitigen Böschung.

Page 73: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Analyse der Risikowege - Belastung, Bruch und Bruchentwicklung von Hochwasserschutzwerken (TP2)

XtremRisK-Abschlussbericht -72- Dezember 2012

4.5 Wellenüberlauf und Überströmen

4.5.1 Methodik

Der Zufluss Q [m³/s] als Randbedingungen für die Überflutungssimulation des Hinter-

lands wurden durch Berechnungen des Wellenüberlaufs und Überströmen sowie

durch Modellierung von Deichbrüchen (Abschnitt 4.6) bestimmt. Hierfür wurden die

instationären Wasserstands- und Wellenparameter am Fuß des Bauwerks als Ein-

gangsdaten mit Zeitreihen über ein Intervall von ca. 28 Stunden mit Zeitschritten von

15 Minuten aus TP1/TP3 verwendet. Im Hamburger Hafen wurde als Vereinfachung

der Einfluss von einigen Polderflächen vernachlässigt. Die Polder verfügen über eine

Speicherkapazität (obwohl sie nicht als Hochwasserschutzbecken ausgelegt sind).

Die kombinierten Überström- und Überlaufraten wurden mit Hilfe von zwei Ansätzen

bestimmt: (i) für ausgewählte Deichabschnitte wurde das numerische Modell von

Tuan & Oumeraci (2010) verwendet; (ii) für alle Abschnitte der Hochwasserschutzli-

nie, d.h. geböschte und vertikale Bauwerke, wurden die Überlaufraten mit Hilfe von

Wehrformeln und Wellenüberlaufformeln nach einem Ansatz von Oumeraci et al.

(1999) und EurOtop (2007) bestimmt.

4.5.2 Ergebnisse und Diskussion

Die Ergebnisse der Berechnungen von Wellenüberlauf und/oder Überströmen wer-

den beispielhaft für Wilhelmsburg, Hamburg dargestellt. Die kombinierten Wellen-

überlauf- und Überströmraten unter Verwendung der Wehr- und Wellenüberlauffor-

meln wurden für alle Abschnitte der Hochwasserschutzlinie (Abbildung 23) ermittelt.

Die Kronenhöhen der Hochwasserschutzelemente im Vergleich zu den maximalen

Wasserständen von unterschiedlichen Sturmflutszenarien zeigt Abbildung 24.

Wie zu erkennen ist, stellt Abschnitt 9, eine Hochwasserschutzwand mit einer Länge

von 2870 m und einer Kronenhöhe von 7,70 m NN eine Schwachstelle dar, z.B. wird

für das Sturmflutszenario HH_XR2010A maximale Raten von bis zu 0,250 m³/s∙m

berechnet. Allerdings stellen diese Werte eine konservative Abschätzung dar, da wie

eingangs erwähnt, hier vernachlässigte Polderflächen eine mögliche Reduzierung

der Belastung ergeben könnte.

Page 74: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Analyse der Risikowege - Belastung, Bruch und Bruchentwicklung von Hochwasserschutzwerken (TP2)

XtremRisK-Abschlussbericht -73- Dezember 2012

0 0.5 1 1.5 2 2.5

x 104

6

6.5

7

7.5

8

8.5

9

9.5

10

10.5

Length [m]

Heig

ht

[m N

N]

0 0.5 1 1.5 2 2.5

x 104

6

6.5

7

7.5

8

8.5

9

9.5

10

10.5

Length [m]

Heig

ht

[m N

N]

0 0.5 1 1.5 2 2.5

x 104

6

6.5

7

7.5

8

8.5

9

9.5

10

10.5

Length [m]

Heig

ht

[m N

N]

0 0.5 1 1.5 2 2.5

x 104

6

6.5

7

7.5

8

8.5

9

9.5

10

10.5

Length [m]

Heig

ht

[m N

N]

Crown Height

Water Level

Crown Height

Water Level

Crown Height

Water Level

Crown Height

Water Level

Transition to Motorway*

*

* *

*

Scenario: HH-XR2010AP

f,cond = 7.72*10-6 [1/a]

Vtotal

~ 7.2 m. [m³]

Scenario:HH-XR2010CP

f,cond = 5.30*10-8 [1/a]

Vtotal

~ 120 m. [m³]

**

* *

Scenario: HH-XR2010A-90P

f,cond = 2.36*10-3 [1/a]

Vtotal

~ 700 [m³]

Scenario: HH-XR2010BP

f,cond = 8.09*10-8 [1/a]

Vtotal

~ 7,300 [m³]

Abbildung 24: Kronenhöhe entlang der Hochwasserschutzlinie Hamburg-Wilhelmsburgs und

zugehörige maximale Scheitelwasserstände unterschiedlicher Sturmflutszenarien.

Abbildung 25 zeigt die gesamte Überlaufmenge aufsummiert über alle Abschnitte der

Hochwasserschutzlinie, die das Hinterland erreicht. Weiterhin, ist die Zeitreihe des

Wasserstands der Sturmflut am Pegel St. Pauli dargestellt, um die Eigenschaften

des Sturmflutszenarios zu beschreiben.

Für die untersuchten Sturmflutszenarien HH_XR2010A und HH_XR2010C wurden

sehr extreme Überlaufraten mit gesamten Volumen von 7,2 Millionen m³ bzw.

120 Millionen m³ (für die gesamte Fläche von Wilhelmsburg) berechnet. Für die

Sturmflutszenarien HH_XR2010A-90 und HH_XR2010B wurden Volumen von

700 m³ bzw. 7.300 m³ ermittelt. Wie sich ebenfalls aus den Diagrammen erkennen

lässt, variiert die Dauer von Wellenüberlauf und Überströmen von 4,25 bis 12,0

Stunden. Aus diesem Grund sollte nicht nur der Scheitelwasserstand des Sturmflut-

verlaufs sondern auch die Dauer oder Fülle der Sturmflutkurve berücksichtigt wer-

den.

Eine Zusammenfassung der Ergebnisse der maximale Überlaufrate qmax [l/(s∙m)] und

des Gesamtvolumens Vtotal [m³] aufgrund von Wellenüberlauf und Überströmen für

unterschiedliche Sturmflutszenarien in Wilhelmsburg, Hamburg, sowie Westerland,

Sylt zeigen Tabelle 14 und Tabelle 15.

Page 75: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Analyse der Risikowege - Belastung, Bruch und Bruchentwicklung von Hochwasserschutzwerken (TP2)

XtremRisK-Abschlussbericht -74- Dezember 2012

Für Hörnum wurden größtenteils direkt die Wasserstandszeitreihen aus TP1 als

Randbedingung für die Überflutungsmodellierung verwendet, da die Topographie im

Hinterland ansteigende Geländehöhen aufweist.

0 500 1000 1500 20000

0.5

1

1.5

2x 10

4

Time [min]D

ischarg

e Q

[m

³/s]

0 500 1000 1500 20000

0.25

0.5

0.75

1

Time [min]

Dis

charg

e Q

[m

³/s]

0 500 1000 1500 20000

0.25

0.5

0.75

1

Dis

charg

e Q

[m

³/s]

Time [min]

0

2.5

5

7.5

10

Wate

r Level [m

NN

]

0 500 1000 1500 20000

0.5

1

1.5

2x 10

4

Time [min]

Dis

charg

e Q

[m

³/s]

0

2.5

5

7.5

10

Wate

r Level [m

NN

]

0

2.5

5

7.5

10

Wate

r Level [m

NN

]

0

2.5

5

7.5

10

Wate

r Level [m

NN

]

Discharge

Water Level

Discharge

Water Level

Discharge

Water Level

Discharge

Water Level

Scenario: HH-XR2010AP

f,cond = 7.7210-6 [1/a]

Vtotal

~ 7.2 m. [m³]

Scenario: HH-XR2010A-90P

f,cond = 2.3610-3 [1/a]

Vtotal

~ 700 [m³]

Scenario:HH-XR2010CP

f,cond = 5.3010-8 [1/a]

Vtotal

~ 120 m. [m³]

Scenario: HH-XR2010BP

f,cond = 8.0910-8 [1/a]

Vtotal

~ 7,300 [m³]

(ii)(i)

(iii) (iv)

Abbildung 25: Gesamtzufluss durch Wellenüberlauf/Überströmen entlang der Hochwasser-

schutzlinie von Wilhelmsburg und Sturmflutverlauf der Szenarien am Pegel

St. Pauli, Hamburg

Tabelle 14: Ergebnisse maximale Wellenüberlaufrate qmax [l/(s∙m)] und Gesamtvolumen Vtotal

[m³] für unterschiedliche Sturmflutszenarien in Wilhelmsburg, Hamburg

Sturmflut

[Szenario] q max [l/(s∙m)] V total [m³]

HH_XR2010A 660 ~ 7,2 Mio.

HH_XR2010B 2 ~ 7.300

HH_XR2010C 2.260 >120 Mio.

HH_XR2010A-90 0,5 ~ 700

Page 76: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Analyse der Risikowege - Belastung, Bruch und Bruchentwicklung von Hochwasserschutzwerken (TP2)

XtremRisK-Abschlussbericht -75- Dezember 2012

Tabelle 15: Ergebnisse maximale Wellenüberlaufrate qmax [l/(s∙m)] und Gesamtvolumen Vtotal

[m³] für unterschiedliche Sturmflutszenarien in Westerland auf Sylt

Sturmflut Westerland West

Rantumdamm

(1. Deichlinie;

2. Deichlinie q =

0)

Nössedeich Gesamt

[Szenario] q max [l/(s∙m)] q max [l/(s∙m)] q max [l/(s∙m)] V total [m³]

SY_XR2010A 1 730 < 0,5 ~ 2.000

SY_XR2010B < 0,5 90 < 0,5 ~ 300

SY_XR2010C < 0,5 600 < 0,5 ~ 800

SY_XR2010A-95 < 0,5 10 < 0,5 ~ 0

SY_XR2100A80 7 2.960 13 ~ 25.000

SY_XR2100C80 3 2.760 8 ~ 14.000

4.6 Deichbrüche und Dünenerosion

4.6.1 Methodik

Die Modellierung von Deichbrüchen erfolgte für ausgewählte Deichabschnitte. Die

Ergebnisse der Zuverlässigkeitsanalyse (Abschnitt 4.4) ermöglichen eine erste Aus-

sage ob, wie und wo ein möglicher Deichbruch entstehen könnte, d.h. Abschnitte mit

hohen Versagenswahrscheinlichkeiten für Deichbruch. In Abhängigkeit der unter-

schiedlichen Ursachen für eine Deichbruchinitiierung sind unterschiedliche Modelle

vorhanden, z.B. Deichbruch initiiert durch Wellenüberlauf und Überströmen auf der

landseitigen Böschung beschrieben durch D'Eliso et al. (2006) und Tuan & Oumeraci

(2010, 2012) Deichbruch initiiert durch Druckschlag an der seeseitigen Böschung

beschrieben durch Stanczak & Oumeraci (2012a, b). In Abhängigkeit der Belastung

(Wellenüberlauf/ Überströmen oder Druckschlag) und somit in Abhängigkeit der Bru-

chinitiierung (landseitig/ seeseitig) wurde ein entsprechendes Modell für ausgewählte

Deichabschnitte der Untersuchungsgebiete angewandt.

Weiterhin wurde die Erosion von Dünen unter der Belastung von Sturmfluten mit dem

Modell Unibest-DE (Steetzel (1993)) simuliert.

4.6.2 Ergebnisse und Diskussion

Wie die Ergebnisse der Zuverlässigkeitsanalyse gezeigt haben, wurden Überströmen

und Wellenüberlauf als Hauptversagensmechanismen der meisten Sturmflutszenari-

en identifiziert. Aus diesem Grund wird die durch Wellenüberlauf induzierte Erosion

der landseitigen Böschung mit Hilfe eines numerischen Modells näher untersucht.

Die Bruchinitiierung wurde mit dem BREID-Model modelliert, was Deichbrüche von

inhomogenen Seedeichen bestehend aus einem Sandkern, Kleischicht und Grasnar-

Page 77: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Analyse der Risikowege - Belastung, Bruch und Bruchentwicklung von Hochwasserschutzwerken (TP2)

XtremRisK-Abschlussbericht -76- Dezember 2012

be (BREaching of Inhomogeneous sea Dikes (BREID)) simuliert und welches von

Tuan & Oumeraci (2012) entwickelt wurde. Hierbei wurde auch die Bedeutung von

unterschiedlichen Qualitätseigenschaften der Grasnarbe (Kaste 2011) untersucht. Zu

diesem Zweck wurden unter anderem Laboruntersuchungen zur Wurzelvolumendich-

te der Grasnarbe von Deichen in Hamburg Wilhelmsburg durchgeführt. Der Zustand

der Grasnarbe wurde als gut identifiziert und die Ergebnisse wurden in dem Modell

implementiert.

Die Modellierung der Graserosion wurde beispielhaft für den Abschnitt 2 in Hamburg

Wilhelmsburg durchgeführt (siehe Abbildung 22). Die Analyse, welche in Naulin et al.

(2010c) ausführlicher beschrieben wird, ergab, dass selbst für mittlere Grasqualitäten

die Erosion der Grasschicht nur in geringe Tiefen bis ca. 7,0 cm erfolgt, jedoch ein

vollständiger Deichbruch sich nicht entwickeln würde.

Eine Übersicht über die Ergebnisse der Deichbruchmodellierung mit den Angaben, ob eine Bruchinitiierung sowie ein vollständiger Deichbruch modelliert werden konnte zeigt Tabelle 16. Die Untersuchungen wurden beispielhaft für den Klütjenfelder Hauptdeich in Wilhelmsburg sowie dem Rantumdamm bzw. Rantumer Binnendeich auf Sylt durchgeführt. Die zugrundliegenden Annahmen, wie z.B. schlechte Grasqua-lität etc., werden ebenfalls in der Tabelle 16 erläutert.

Um auch die Konsequenzen eines Deichbruchs untersuchen zu können, wurden wei-

tere Modellierungen unter der Annahme von schlechten Grasqualitäten und Vor-

schädigungen getroffen. Auf dieser Grundlage wurden mögliche vollständige Deich-

brüche mit dem Modell von D'Eliso et al. (2006) analysiert. Unterschiedliche Deich-

bruchszenarien mit Bruchbreiten von 18 m bis 400 m wurden modelliert. Die Ergeb-

nisse für zwei Deichbruchszenarien für Hamburg und Sylt zeigt Tabelle 17. Der be-

stimmte Durchfluss an der Breschenbreite wurde als Randbedingung für die Simula-

tion der Flutwellenausbreitung im Hinterland verwendet. Die Überflutungssimulation

wurde im TP3 (siehe Kapitel 5) durchgeführt.

Für die Dünen auf Sylt haben die Ergebnisse der Zuverlässigkeitsanalyse ergeben,

dass Erosion der Hauptversagensmechanismus für die analysierten Sturmfluten dar-

stellt. Aufgrund der hohen Kronenhöhe (12.3 mNN bis 21.5 mNN) und großen Brei-

ten (100 m bis 500 m) der Dünen ist die Versagenswahrscheinlichkeit für Overwash

oder einen vollständigen Bruch sehr niedrig (Pf < 1∙10-6). Aus diesem Grund wurde

der Prozess der Erosion mit dem Modell Unibest-DE simuliert. Im Allgemeinen wur-

den für die unterschiedlichen Sturmflutszenarien Erosionsvolumen von 57m³/m über

dem Ruhewasserspiegel und Rückgänge von 25 m auf einer Höhe von 4,5 m model-

liert, z.B. für das Sturmflutszenario SY_XR2010C (Abbildung 26). Jedoch konnte ein

vollständiger Bruch nicht für die analysierten Dünenprofile festgestellt werden.

Page 78: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Analyse der Risikowege - Belastung, Bruch und Bruchentwicklung von Hochwasserschutzwerken (TP2)

XtremRisK-Abschlussbericht -77- Dezember 2012

Tabelle 16: Ergebnisse der Deichbruchmodellierung Bruchinitiierung/ Vollständiger Deich-

bruch

Deichabschnitt Sturmflutszenario

Bruchinitiierung

(Erosionsbeginn

Binnenböschung)

Vollständiger

Deichbruch (Breschen-

entwicklung)

Klütjenfelder

Hauptdeich

(Kronenhöhe

7,80 mNN;

Neigung 1:3)

HH_XR2010A X X*

HH_XR2010B - -

HH_XR2010C X X

HH_XR2010A-90 - -

HH_XR2100A80 X X

HH_XR2100C80 X X

Rantumdamm

(1. Deichlinie,

Kronenhöhe

4,64 mNN;

Neigung 1:4)

SY_XR2010A X -

SY_XR2010B - -

SY_XR2010C X -

SY_XR2010A-95 - -

SY_XR2100A80 X X

SY_XR2100C80 X X

Rantum

Binnendeich

(2. Deichlinie

Kronenhöhe

3,94 mNN;

Neigung 1:2,5)

SY_XR2100A80 X** X**

SY_XR2100C80 X** X**

Annahmen: *schlechte Grasqualität; ** Vollständiger Deichbruch 1. Deichlinie

Tabelle 17: Ergebnisse der Deichbruchszenarien

Sturmflut Deichabschnitt Breschen-

breite Volumen Annahmen

[Szenario] [Name] [m] [m³] [-]

HH_XR2010A

Klütjenfelder

Hauptdeich

(Kronenhöhe

7,80 mNN;

Neigung 1:3)

~ 400 ~ 72 Mio. Schlechte Grasqualität

SY_XR2100A80

Rantum

Binnendeich

(2. Deichlinie

Kronenhöhe

3,94 mNN;

Neigung 1:2,5)

~ 18 ~ 4 Mio.

Deichbruch der 1.

Deichlinie

(Rantumdamm)

Page 79: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Analyse der Risikowege - Belastung, Bruch und Bruchentwicklung von Hochwasserschutzwerken (TP2)

XtremRisK-Abschlussbericht -78- Dezember 2012

Abbildung 26: Ausgangs- und Erosionsprofil für ein Querprofil einer Düne in Hörnum, Sylt, für

das Sturmflutszenario SY_XR2010C.

4.7 Zeitabhängige Zuverlässigkeitsanalyse

Die Thematik der zeitabhängigen Zuverlässigkeitsanalyse für kurzfristige Ereignisse

wie Sturmfluten wurde in Naulin et al. (2011a) diskutiert und wird hier kurz zusam-

mengefasst. Versagensmechanismen von Küstenschutzbauwerken sind zeitabhän-

gige Prozesse. Der Widerstand und die Belastung des Bauwerks variieren über die

Zeit. Hierbei lassen sich grundsätzlich drei Kategorien von unterschiedlichen Zeitska-

len bestimmen (Abbildung 27): (a) kurzfristig, z.B. Belastungen durch Sturmfluten wie

Druckschlag und Wellenüberlauf; (b) mittelfristig: jahreszeitliche Änderungen oder

(c) langfristig: Meeresspiegelanstieg, Alterungsprozesse. Abbildung 27 zeigt die in-

stationären Eigenschaften der Widerstands- und Belastungsparameter der Grenzzu-

standsgleichungen, welche eigentlich eine zeitabhängige Zuverlässigkeitsanalyse

erfordern würde (Buijs 2007). Doch bisher betrachten die meisten Methoden in der

Zuverlässigkeitsanalyse nur zeitunabhängige Werte einschließlich einer Verteilungs-

funktion für die Unsicherheiten der Parameter und Modelle der Grenzzustandsglei-

chungen.

Page 80: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Analyse der Risikowege - Belastung, Bruch und Bruchentwicklung von Hochwasserschutzwerken (TP2)

XtremRisK-Abschlussbericht -79- Dezember 2012

Abbildung 27: Zeitabhängige Prozesse von Widerstand und Belastung für verschiedene Zeit-

skalen: a) kurzfristig; b) mittelfristig; c) langfristig (Naulin et al. 2012)

Verbesserungen hinsichtlich der Berücksichtigung von kurzfristigen zeitabhängigen

Effekten wie der Sturmflutkurve wurden bei der Ermittlung der Eintrittswahrschein-

lichkeit (siehe Kapitel 3) erreicht. Folglich wurde nicht nur der Scheitelwasserstand

sondern auch die „Fülle“, d.h. die Intensität, der Sturmflutkurve berücksichtigt.

In Naulin et al. (2011b) wird ein Ansatz vorgestellt, um die instationären Eigenschaf-

ten von Sturmfluten zu berücksichtigen. Der Ansatz wurde beispielhaft für die Versa-

gensmechanismen „Wellenüberlauf“ und „Überströmen“ implementiert. Die Grenzzu-

standsgleichung wurde angepasste und vom Vergleich zulässiger Überlaufraten q

[m³/s∙m] zu zeitabhängigen Überlaufvolumen V(t) [m³] geändert. Die Volumen wur-

den mit bekannten Wehr- und Überlaufformeln für alle Abschnitte, nach dem Vorge-

hen wie in Abschnitt 4.5 beschrieben, berechnet.

Die Berücksichtigung der zeitabhängigen Volumen anstatt der Wellenüberlaufraten

unter Annahme konstanter Parameter hat entscheidende Vorteile, da dieser Ansatz

eine bessere Wiedergabe des zeitabhängigen Prozesses zur Ermittlung des Überflu-

tungsvolumens darstellt. Weiterhin wird die Speicherkapazität des Hinterlands be-

rücksichtigt. So führt beispielsweise eine Überschreitung der kritischen Überlaufrate

für einen kurzen Zeitpunkt nicht zwangsweise zum Versagen des gesamten Hoch-

wasserschutzsystems, jedoch ist bei der Überschreitung des zulässigen Speichervo-

lumens, mit Konsequenzen der Überflutung zu rechnen.

Page 81: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Analyse der Risikowege - Belastung, Bruch und Bruchentwicklung von Hochwasserschutzwerken (TP2)

XtremRisK-Abschlussbericht -80- Dezember 2012

4.8 Zusammenfassung

Im Rahmen des TP2 wurden die Belastung und das Stabilitätsverhalten des Hoch-

wasser-Küstenschutz-Systems (HWKS-Systems) bei extremen Sturmfluten bis zum

vollständigen Versagen, d.h. bis zur Bruchentwicklung von Deichen und bis zur Ero-

sion von Dünen, untersucht. Als hydrodynamische Randbedingungen werden die im

TP1 ermittelten Sturmflutszenarien unter Berücksichtigung ihrer Wasserstands-

verläufe (Kapitel 2), Wellenparameter und Eintrittswahrscheinlichkeiten Pe (Kapitel 3)

verwendet. Auf diesen Grundlagen wurde die bedingten Versagens-

wahrscheinlichkeit der HWKS-Systeme Pf und somit die Überflutungswahrscheinlich-

keit Pf,cond, die die erste Komponente des Überflutungsrisikos (definiert als Produkt

aus Wahrscheinlichkeit Pf,cond und Schäden D) darstellt und bei der Risikointegration

im TP4 berücksichtigt wird. Zusätzlich werden die Initialbedingungen für die Flutwelle

durch Wellenüberlauf und Überströmen sowie an möglichen Bruchstellen von Dei-

chen, die Bruchdauer und die endgültige Breite und Tiefe der Bruchstellen bestimmt.

Diese Ergebnisse werden in TP3 benötigt, um die Flutwellenausbreitung und die da-

mit verbundenen Schäden im Hinterland zu ermitteln.

Für die Zuverlässigkeitsanalyse wurden Software-Tools für lineare HWKS-Elemente,

d.h. Deiche, Dünen und HWS-Wände, entwickelt. Hierfür wurden insgesamt

35 Grenzzustandsgleichungen mit über 80 Eingangsparametern für unterschiedliche

Versagensmechanismen berücksichtigt. Um die Initialbedingungen der Flutwellen-

ausbreitung zu bestimmen, wurden Wellenüberlauf- und Überströmberechnungen

sowie Modellierungen von Deichbrüchen durchgeführt. Die entwickelten Methoden

wurden auf die Untersuchungsgebiete von Hamburg und Sylt angewandt. Die be-

dingten Versagenswahrscheinlichkeiten wurden ereignisbasierend für unterschiedli-

che Sturmflutszenarien bestimmt. Da überwiegend sehr extreme Sturmflutszenarien

mit hohen Wasserständen und Intensitäten (Kapitel 3) untersucht wurden, wurden

insgesamt sehr hohe Versagenswahrscheinlichkeiten für Wellenüberlauf und Über-

strömen von bis zu Pf = 1,0 (Tabelle 12 und Tabelle 13) bestimmt.

In Hamburg wurden Sturmflutszenarien mit bedingten Versagenswahrschein-

lichkeiten zwischen Pf,cond = 2,36∙10-3 pro Jahr und Pf,cond = 5,30·10-8 pro Jahr unter-

sucht. Die Berechnungen von Wellenüberlauf/ Überströmen haben gezeigt, dass ge-

ringe bis moderate Überlaufraten von 0,5 l/(s∙m) bis 2,0 l/(s∙m) und Volumen von

700 m³ bis 7.300 m³ für die Szenarien HH_XR2010A-90 und HH_XR2010A bestimmt

wurden. Schwere Überflutungen mit Volumen von 7,2 Mio. m³ und 120 Mio. m³ kön-

nen bei den analysierten Szenarien HH_XR2010A und HH_XR2010B auftreten. Die

Untersuchungen der Wahrscheinlichkeiten für einen vollständigen Deichbruch zeig-

ten jedoch, z.B. für das Sturmflutszenario „HH_XR2010A“ in Hamburg Wilhelmsburg,

dass die Versagenswahrscheinlichkeit für einen vollständigen Deichbruch eher nied-

rig (Pf = 1,0∙10-4) ist. Jedoch konnten auch Abschnitte mit höheren Wahrscheinlich-

keiten (Pf = 1,0∙10-2 – 1,0∙10-3) als mögliche Schwachstellen identifiziert werden.

Page 82: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Analyse der Risikowege - Belastung, Bruch und Bruchentwicklung von Hochwasserschutzwerken (TP2)

XtremRisK-Abschlussbericht -81- Dezember 2012

Die Ergebnisse der Bruchmodellierung ergaben, dass keine Initiierung eines Bruches

für die Szenarien HH_XR2010A-90 und HH_XR2010B simuliert werden konnte. Für

das Szenario HH_XR2010A konnte eine Bruchinitiierung mit einem Erosionsbeginn

der Gras und Kleischicht modelliert werden. Jedoch wurde ein vollständiger Deich-

bruch nur unter der Annahme von schlechten Grasqualitäten festgestellt. Unter die-

ser Annahme wurde ein sehr extremes Deichbruchszenario mit einer Breschenbreite

von 400 m und einem Volumen von 72 Mio. m³ modelliert.

Für Sylt wurden Sturmflutszenarien mit bedingten Versagenswahrscheinlichkeiten

zwischen Pf,cond = 3,06∙10-4 pro Jahr und Pf,cond = 5,38·10-6 pro Jahr untersucht. Für

Westerland wurden vergleichsweise geringe Überlaufraten von 0,5 l/(s∙m) bis

2 l/(s∙m) für die Szenarien „2010“ berechnet. Jedoch konnten an der ersten Deichlinie

des Rantumdamms Raten von 10 l/(s∙m) bis 730 l/(s∙m) für die heutigen Szenarien

bestimmt werden. Eine Bruchinitiierung konnte bei den Szenarien SY_XR2010A und

SY_XR2010C simuliert werden. Jedoch verfügt das dahinter liegende Speicherbe-

cken, das Rantumbecken, über eine ausreichende Kapazität, um das Hinterland zu

schützen. Für die Zukunftsszenarien („2100“) unter Berücksichtigung eines Meeres-

spiegelanstiegs von 80 cm wurden Volumen von 14.000 m³ (SY_XR2100A80) bis

25.000 m³ (SY_XR2100C80) bestimmt. Ein vollständiger Deichbruch wurde für den

Rantumdamm modelliert. Weiterhin wurde unter der Annahme des vollständigen

Deichbruchs des Rantumdamms ein Deichbruch für die zweite Deichlinie, den Ran-

tummer Binnendeich, modelliert. Eine Breschenbreite von 18 m und ein Volumen von

4 Mio. m³ wurden beispielhaft bestimmt. Die Ergebnisse der Versagenswahrschein-

lichkeit und der Initialbedingungen für die Flutwellenausbreitung wurden im TP3 für

die Überflutungssimulation und im TP4 zur Risikoanalyse verwendet.

Weiterhin wurden Methoden für zeitabhängige Zuverlässigkeitsanalysen geprüft. Um

den instationären Charakter der Sturmflutparameter zu berücksichtigen, wurde die

Grenzzustandsgleichungen für Wellenüberlauf und Überströmen von maximalen

Überlaufraten zu zeitabhängigen Überlaufvolumen angepasst.

Auch wenn mit der Entwicklung und erfolgreichen Anwendung von Methoden Ver-

besserungen im Bereich der Risikowege erzielt werden konnten, verbleiben jedoch

weitere Vereinfachungen und Wissenslücken, die weiteren Forschungsbedarf aufzei-

gen. Zum Beispiel werden die Längeneffekte vernachlässigt, d.h. eigentlich würde

die Wahrscheinlichkeit mit zunehmender Länge des analysierten Küstenschutzab-

schnitts auch zunehmen. Weiterhin zählt zu den zukünftigen Herausforderungen die

systematische Untersuchung von punktuellen Bauwerken wie Sperrwerke, Tore etc.,

wo auch menschliches Versagen (HOE = human and organisational errors) eine gro-

ße Rolle spielt. Zusätzlich sollten mögliche Schwachstellen wie z.B. Übergänge zwi-

schen unterschiedlichen Bauwerkstypen oder auch die Auswirkungen von Vorschä-

digungen z.B. durch Wühltiere näher untersucht werden.

Page 83: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Schadensermittlung und –bewertung (Risikoempfänger) (TP3)

XtremRisK-Abschlussbericht -82- Dezember 2012

5 Schadensermittlung und –bewertung (Risikoempfänger)

(TP3)

5.1 Hintergrund und Zielsetzung

In diesem Kapitel werden die in Teilprojekt 3 (TP3) des Projekts XtremRisK durchge-

führten Arbeiten dargestellt und bewertet. Auf Grundlage des in Kapitel 1 vorgestell-

ten „Risk Source-Pathway-Receptor-Konzepts“ ist das wesentliche Ziel im TP3, die

tangiblen Schäden Dtangibel in den Projektgebieten zu ermitteln. Hierzu wurde in TP3

in einem ersten Schritt ein tiefengemitteltes, 2-dimensionales Strömungsmodell für

den entsprechenden Abschnitt der Elbe in Hamburg erarbeitet und auf Grundlage

von Erweiterungen der Modellierungsplattform Kalypso die maßgebenden Wasser-

stände und Wellenparameter im Nahbereich der Hochwasserschutzanlagen ermittelt.

Im zweiten Schritt wurden zur Bestimmung der Eingangsparameter der Schadensbe-

rechnung für jedes Untersuchungsgebiet ein 2-dimensionales hydrodynamisches

Modell zur Modellierung der Überflutungsausbreitung erarbeitet und auf Grundlage

der in TP2 ermittelten Initialbedingungen der Flutwellenausbreitung die Wasserstän-

de in den Untersuchungsgebieten bestimmt. Auf Grundlage von Vulnerabilitätserhe-

bungen in den Untersuchungsgebieten wurden darauf aufbauend im dritten Schritt

die Schadenspotentiale der untersuchten Schadenskategorien mit den ermittelten

Wasserständen verschnitten und die tangiblen Schäden Dtangibel ermittelt. Diese wer-

den im TP4 dann zur Ermittlung des Risikos für mehrere Sturmflutszenarien verwen-

det.

Um Form und Umfang des Abschlussberichtes gerecht zu werden, wird nur ver-

gleichsweise kurz auf die Inhalte der Untersuchungen eingegangen. Für eine umfas-

sendere Darstellung und Dokumentation der durchgeführten Analysen wird auf die

umfangreichen Zwischenberichte verwiesen.

5.2 Datengrundlage

Für die im TP1 ermittelten Sturmfluten wurde im TP3 für das Projektgebiet Hamburg

die Simulation der Wasserstands- und Wellenparameter durchgeführt. Grundlage

des Modells war ein digitales Geländemodell (DGM) zur Beschreibung des Gewäs-

serabschnitts. Die notwendigen Daten wurden durch die beratenden Partner zur Ver-

fügung gestellt. Alle notwendigen hydrodynamischen Randbedingungen wurden von

TP1 geliefert. Diese umfassten Wasserstands- sowie Durchflusszeitreihen sowie die

für die Wellenberechnung benötigten Windfelder.

Zum Aufbau der Überflutungsmodelle wurden digitale Geländemodelle von den Un-

tersuchungsgebieten auf Grundlage der zur Verfügung stehenden Geodaten der zu-

ständigen Landesämter erstellt. Zur Beschreibung der Modellrauheiten der Überflu-

tungsmodelle wurden Landnutzungsdaten aus den Flächennutzungsplänen verwen-

Page 84: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Schadensermittlung und –bewertung (Risikoempfänger) (TP3)

XtremRisK-Abschlussbericht -83- Dezember 2012

det. Die Initialbedingungen der Flutwellenausbreitung (Randbedingungen für die

Überflutungsmodellierung) wurden durch TP2 in Form von Durchflusszeitreihen

übermittelt.

Zur Beschreibung der Schadenspotentiale in den Projektgebieten wurden ausführli-

che Vulnerabilitätsanalysen durchgeführt. Hierzu wurden mehrtägige Vor-Ort-

Untersuchungen in den Projektgebieten realisiert und eine Bestandsaufnahme der im

Projektgebiet anfallenden Bauweisen durchgeführt. Zudem wurden Daten der auto-

matisierten Liegenschaftskarten aus dem Geodatenbestand der zuständigen Lan-

desämter eingesetzt. Zusätzlich konnte zur Beschreibung der Gewerbebetriebe auf

Daten der zuständigen Handelskammern sowie frei verfügbare Daten der statisti-

schen Ämter zurückgegriffen werden.

5.3 Erweiterung der Modellierungsplattform

In dieser Aktivität wurde die Modellierungsplattform Kalypso um ein Modul zur Simu-

lation der Seegangsparameter erweitert. Da für das Versagen von Hochwasser-

schutzsystemen die Bedingungen unmittelbar am Bauwerk von besonderer Bedeu-

tung sind und sich diese von den Verhältnissen im küstennahen Bereich oder Fahr-

wasser signifikant unterscheiden können ist hierbei neben dem Wasserstand insbe-

sondere der Seegang von Interesse. Aus diesem Grund wurde das am Institut für

Wasserbau entwickelte 2-dimensionale hydrodynamische Modell Kalypso 1d/2d mit

dem Seegangsmodell SWAN (Simulating WAves Nearshore) gekoppelt, um die Wel-

lenhöhen sowie zusätzliche Seegangsparameter zu gewinnen und in die Ergebnisse

der Kalypso-RMA einbetten zu können. Dafür wurde eine entsprechende Erweite-

rung der Kalypso-Software entwickelt, welche Anpassungen des GUI sowie der in-

ternen Datenverarbeitungen umfassten.

5.3.1 Methodik

Zur erfolgreichen Bearbeitung dieser Aktivität wurden die theoretische Grundlagen

der Software SWAN herausgestellt und zusammengefasst. Es wurde ein Algorithmus

zur Erweiterung von Kalypso ausgearbeitet und die Schnittstellen zum Austausch

zwischen Kalypso-RMA und des SWAN Rechenkerns programmiert. Zum Schluss

wurden die Oberfläche und die interne Datenstruktur des Kalypso-2D-Modells ange-

passt.

Eine weitere wichtige Voraussetzung für die eingebundene Berechnung von SWAN

in Kalypso war die Anpassung des Diskretisierungsnetzes hinsichtlich der Ele-

mentgeometrien. Auf dieser Grundlage konnte ein Abgleich des Kalypso-Outputs als

SWAN-Input (Wasserstände und Strömungsparameter) sichergestellt werden. Zu-

dem wurde eine Routine zum Einlesen von Winddaten generiert, die nun entspre-

chend der Kalypso-internen Formate im Modell gespeichert werden können.

Page 85: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Schadensermittlung und –bewertung (Risikoempfänger) (TP3)

XtremRisK-Abschlussbericht -84- Dezember 2012

5.3.2 Ergebnisse und Diskussion

Nach der Erweiterung der Modellierungsplattform werden nun die Ergebnisse der

Kalypso-RMA-Simulation (Strömungen) eingelesen. Diese werden gezielt auf die Be-

rechnung der Seegangsparameter mit SWAN als Eingangsgrößen zur Berücksichti-

gung der Einflüsse der Strömungen auf den Seegang angewendet. Anschließend

werden diese als Inputdaten entsprechend der Spezifikation von SWAN und den Pro-

jekteinstellungen formatiert ausgegeben. Die Ergebnisse sowie die Zwischenausga-

ben von SWAN werden bei der Berechnung gespeichert. Die Ergebnisse von SWAN

werden mit Hilfe der erweiterten Programmbibliothek eingelesen und in die Ergebnis-

se von Kalypso-RMA eingebettet.

Die folgenden Parameter sind als Mindestausgabe definiert und entsprechen den

Anforderungen von TP2 für die Untersuchung der Versagensmechanismen:

- Signifikante Wellenhöhe (Hm0), wenn nicht explizit eingestellt ohne wave set-up.

- Mittlere Wellenperiode, T02

- Mittlere Wellenrichtung, m - Zeit und Position.

Zusätzlich können die Ergebnisse der Simulation nach Anfrage in anderen Formaten

ausgegeben werden. Die Implementierung im aktuellen Zustand erlaubt es, vollstän-

dige Simulation in der direkten Zusammensetzung von Kalypso-RMA und SWAN auf

der Kalypso-Plattform durchzuführen.

5.4 Ermittlung der maßgebenden Wasserstands- und Wellenhöhen

Ziel der Aktivität war es, die Berechnung der Wasserstands- und Wellenhöhen im

Nahbereich der Hochwasserschutzanlagen in Hamburg durchzuführen. Hierzu kam

die in Abschnitt 5.3 beschriebene Modellerweiterung zum Einsatz. Ein tiefengemittel-

tes, 2-dimensionales Strömungsmodell für den Abschnitt der Elbe in Hamburg bildet

dabei die Grundlage.

5.4.1 Methodik

Zur Aufstellung des Modells wurde ein Berechnungsnetz auf Grundlage eines detail-

lierten Geländemodells erstellt. Hierfür wurden unter anderem Elbe-Daten der HPA

(Soll- bzw. Ausbautiefen) eingearbeitet und durch die landseitige Begrenzung (Aus-

bauhöhen der begrenzenden Hochwasserschutz-Bauwerke) und Fußpunkte der

Kaimauern ergänzt. Zur Abbildung der Kaimauern im Hafenbereich mussten die Da-

ten z.T. aufbereitet und verfeinert werden. Die Abgrenzung des Modellgebiets wurde

auf Grundlage der verfügbaren Randbedingung durchgeführt und geschah in Ab-

stimmung mit den Übergabepunkten der Extremturmfluten aus TP1. Das Modell wur-

de mittels der Modellierungsplattform Kalypso aufgebaut und anhand der charakteris-

tischen Sturmflut vom 9. Nov 2007 kalibriert.

Page 86: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Schadensermittlung und –bewertung (Risikoempfänger) (TP3)

XtremRisK-Abschlussbericht -85- Dezember 2012

Nach Kalibrierung des Modells wurden die Wasserstände und Wellenhöhen für das

städtische Gebiet der Unterelbe im Bereich Hamburg berechnet. Hierzu wurden in

Abstimmung mit TP2 Punkte im Nahbereich der HWKS Systeme definiert, und die

die Wasserstände und Wellenhöhen für den Simulationszeitraum ausgewertet.

Abbildung 28: Modellgebiet und Berechnungsnetz des 2D HN-Modells der Elbe zur Berech-

nung der Wasserstands- und Wellenhöhen

5.4.2 Ergebnisse und Diskussion

Die Berechnungen erfolgten für alle verfügbaren Szenarien (vgl. Kapitel 2) auf Basis

der Ergebnisse aus TP1. Die Simulationen wurden mit Hinblick auf die in TP2 erfor-

derlichen Wasserstands- und Wellenhöhen ausgewertet und die Daten an die Pro-

jektpartner in Form von Zeitreihen übergeben. Auf Grundlage dessen konnten für das

Untersuchungsgebiet Hamburg die Versagensmechanismen identifiziert werden. Ei-

ne ausführliche Darstellung der Ergebnisse ist in (Ujeyl et al. 2012a) enthalten.

5.5 Vulnerabilitätsanalyse in den Pilotgebieten

Ziel der Vulnerabilitätsanalyse war es, für die Pilotgebiete in Hamburg und auf Sylt

die Schadensentwicklung für verschiedene Bau- und Nutzungsformen zu untersu-

chen, um im nächsten Schritt die direkten tangiblen Schäden sowie die indirekten

tangiblen Schäden bestimmen zu können. Hierbei wurden die Schadenspotentiale

soweit möglich auf einer Mikroskala bestimmt, um die Genauigkeit zu erhöhen und

Page 87: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Schadensermittlung und –bewertung (Risikoempfänger) (TP3)

XtremRisK-Abschlussbericht -86- Dezember 2012

die notwendigen Informationen für spätere Anpassungsmaßnahmen zu sammeln. In

diesem Zusammenhang wurde eine Reihe von Schritten durchlaufen, um die Scha-

denspotentiale systematisch zu erfassen. Es wurde (i) das zu untersuchende Gebiet

räumlich abgegrenzt und (ii) die zu untersuchenden Schadenskategorien festgelegt.

Dabei lag der Fokus auf der Erfassung der Wohnbebauung sowie der Industrie und

des Gewerbes, da hier die größten Schadenspotentiale vorliegen. In einem nächsten

Schritt wurde (iii) die Ermittlung der Risikoelemente durchgeführt und eine geeignete

Repräsentation durch Geodaten ermöglicht. Darauf aufbauend wurden (iv) die Ele-

mente der einzelnen Schadenskategorien typisiert und für die repräsentativen Objek-

te die (v) Wertermittlung und die Bildung von Schädigungsfunktionen durchgeführt.

5.5.1 Methodik

Zunächst wurde die Gebietsabgrenzung für die Untersuchungsgebiete Hamburg-

Wilhelmsburg, Sylt Westerland und Sylt Hörnum durchgeführt, um darauf aufbauend

die im Untersuchungsgebiet befindlichen Risikoelemente zu bestimmen. Es wurden

die zu untersuchenden Schadenskategorien festgelegt, wobei die Wohnbebauung

sowie Industrie und Gewerbe objektbasiert und soweit möglich auf einer Mikroskala

erhoben wurde. Die Vulnerabilität der Infrastruktur und Landwirtschaft wurde auf

Grundlage von mesoskaligen Ansätzen erhoben.

Typisierung der Wohnbebauung

Grundlage für die Repräsentation der Wohnbebauung stellen Geodaten, in diesem

Fall Polygone aus dem Datensatz der Automatisierten Liegenschaftskarte ALK dar.

Zur Homogenisierung des Gebäudebestandes wurden Voruntersuchungen des Ge-

bietes durch Begehungen durchgeführt und diese durch Fotos dokumentiert. Auf

Grundlage dieser Voruntersuchungen wurden anhand der Baukonstruktionen Mus-

terhäuser gebildet. Hierbei wurde die Wohnbebauung nach (i) Art der Bebauung, (ii)

Nutzung der Keller, sowie (iii) Lage des Erdgeschosses zur Geländeoberkante

(GOK) sowie (iv) der jeweiligen Baukonstruktion unterschieden. Diese Parameter

bestimmen maßgeblich den Verlauf der anschließend erstellten Schadensfunktionen.

Ergebnis dieser Unterteilung ist ein Musterhauskatalog mit 25 Gebäudetypen

(Abbildung 29).

Nach Erstellung der Musterhaustypen wurden die Datensätze zur Beschreibung der

Wohnbebauung um die Zuweisung dieser ergänzt. Dabei wurde auf Grundlage von

Vor-Ort Erhebungen jedem Polygon aus der automatisierten Liegenschaftskarte ein

Musterhaustyp zugeordnet. Hierbei wurden teilweise web-basierte Kartendienste wie

Google Streetview und Bing Maps verwendet. Das Ergebnis ist die Zuweisung eines

Musterhaustyps zu jedem Wohngebäude im Untersuchungsgebiet (Abbildung 30).

Auf Basis dieser Einteilung werden im Folgenden die Schadensfunktionen für die

gewählten Musterhäuser erstellt.

Page 88: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Schadensermittlung und –bewertung (Risikoempfänger) (TP3)

XtremRisK-Abschlussbericht -87- Dezember 2012

Abbildung 29: Musterhaustypen der Wohnbebauung im Projektgebiet Hamburg-

Wilhelmsburg

Page 89: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Schadensermittlung und –bewertung (Risikoempfänger) (TP3)

XtremRisK-Abschlussbericht -88- Dezember 2012

Abbildung 30: Zugewiesene Musterhaustypen der Wohnbebauung im Projektgebiet Ham-

burg-Wilhelmsburg

Typisierung von Industrie und Gewerbe

Da eine gebäudespezifische Erfassung der Gewerbebetriebe wegen der Vielfalt

möglicher und tatsächlicher Nutzungen nicht umsetzbar war, wurden für die Reprä-

sentation der gewerblichen Objekte verfügbare Datensätze der Handelskammern

verwendet. Diese enthalten neben Adressdaten auch Angaben über die Anzahl der

Beschäftigten sowie die Zugehörigkeit in den jeweiligen Wirtschaftszweig (WZ) nach

NACE-Code. Die Zuweisung des Branchencodes war notwendig für die spätere Be-

rechnung der indirekten Schäden. Mithilfe eines Web-Gazeteer Services konnten die

Adressdaten georeferenziert und auf diese Weise die Daten für die weitere Bearbei-

tung im GIS eingebunden werden. Die Typisierung der Art des Gewerbes erfolgte

dabei über die Klassifikation der Wirtschaftszweige. Für das Untersuchungsgebiet

Wilhelmsburg lagen Daten zu 1449 Gewerbebetrieben vor (Tabelle 18).

Nach der Georeferenzierung der Daten standen diese im GIS zur weiteren Bearbei-

tung bereit. Abbildung 31 zeigt die Verteilung der Gewerbebetriebe im Untersu-

chungsgebiet Wilhelmsburg.

Page 90: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Schadensermittlung und –bewertung (Risikoempfänger) (TP3)

XtremRisK-Abschlussbericht -89- Dezember 2012

Tabelle 18: Gewerbebetriebe nach WZ-Zugehörigkeit im Projektgebiet Hamburg-

Wilhelmsburg

Abschnitt Wirtschaftszweig Beschreibung 2003 Anzahl %

A Land- und Forstwirtschaft, Fischerei, Bergbau 37 2,55%

D Verarbeitendes Gewerbe 72 4,97%

E Energie- und Wasserversorgung 2 0,14%

F Baugewerbe 38 2,62%

G Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kfz und

Gebrauchsgütern 504 34,78%

H Gastgewerbe 99 6,83%

I Verkehr und Nachrichtenübermittlung 237 16,36%

J Kredit- und Versicherungsgewerbe 7 0,48%

K Grundstücks-, Wohnungswesen, Vermietung. be-

weglicher Sachen usw. 297 20,50%

L Öffentliche Verwaltung, Verteidigung, Sozialversi-

cherung 4 0,28%

M Erziehung und Unterricht 11 0,76%

N Gesundheits-, Veterinär- und Sozialwesen 28 1,93%

O Erbringung sonst. öffentlicher und persönlicher

Dienstleistungen 113 7,80%

Summe 1.449

Abbildung 31: Räumliche Verteilung der Gewerbebetriebe im Projektgebiet Hamburg-

Wilhelmsburg

Page 91: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Schadensermittlung und –bewertung (Risikoempfänger) (TP3)

XtremRisK-Abschlussbericht -90- Dezember 2012

Wertermittlung Wohnbebauung

Im Anschluss an die Repräsentation der Wohnbebauung durch Musterhaustypen

wurde die Ermittlung der Schadenspotentiale durchgeführt. Dabei wurden spezifische

Schadensfunktionen für jeden Musterhaustyp gebildet. Mithilfe der Schadensfunktio-

nen wird das Schadenspotential über die Einstauhöhe für jedes Musterhaus getrennt

nach Gebäude und Inventar monetär ermittelt. Hierbei wurde die monetäre Bewer-

tung der Gebäudeschäden auf Grundlage von Wiederherstellungskosten nach dem

Baukostenkatalog 2011 durchgeführt (Schmitz et al. 2010) und die Schäden des In-

ventars zu Wiederbeschaffungspreisen erfasst.

Die Bildung der Schadensfunktionen für die Wohngebäude kann mit einer Baukalku-

lation verglichen werden. Es wurden alle Positionen betrachtet, die durch den Kon-

takt mit dem Wasser in Mitleidenschaft gezogen werden können. Die anfallenden

Gebäudekosten setzen sich aus den Wiederherstellungs- und Trocknungskosten für

die Roh- und Ausbautragwerke zusammen. Für die Inventarkosten wird hingegen

das Hausratsvermögen des Wohngebäudes betrachtet. In der Kalkulation werden die

Schadenspotenziale der einzelnen, vorhandenen Geschosse vom Keller-, über das

Erd- bis hin zu den Obergeschossen in einem Tabellenkalkulationsprogramm aufge-

listet.

Abbildung 32: Kostenpositionen bei der Ermittlung der Schadenspotentiale für Wohngebäude

Page 92: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Schadensermittlung und –bewertung (Risikoempfänger) (TP3)

XtremRisK-Abschlussbericht -91- Dezember 2012

Tabelle 19: Betrachtete Kostenpositionen bei der Ermittlung der Schadenspotentiale für

Wohngebäude

Außenwände (A) Innenwände (I)

Fußböden (B) Decken (D)

Fenster und Türen (D) Einzelne Zimmer (Z)

Reinigungskosten (R)

Bis auf die Gruppe der Zimmerpositionen dienen die übrigen Positionen zur Ermitt-

lung der Wiederherstellungskosten für die Roh- und Ausbautragwerke. Die Reini-

gungskosten beinhalten zudem auch die Kosten für die Gebäudetrocknung. Bei den

Zimmerpositionen werden zum einen die Wiederherstellungskosten für die Wandbe-

kleidung (z.B. Tapeten oder Kacheln) und für die Bodenbelägen betrachtet. Diese

werden zu den Kosten für die Roh- und Ausbautragwerke gezählt. Die übrigen Zim-

merpositionen zählen zu den Inventarkosten.

Für jedes Geschoss erfolgt die Bestimmung des Schadenswertes in 10cm Schritten

Einstauhöhe, bis die maximale Geschosshöhe erreicht ist. Zum einen steigen bei den

Wänden die Instandsetzungskosten kontinuierlich mit der Einstauhöhe, zum anderen

fallen einige Kostenpositionen erst ab einer gewissen Einstauhöhe an. Die Kosten-

ermittlung ist eine Summation der anfallenden Positionen und wird durch Glei-

chung 10 wiedergegeben. Der erste Index beschreibt die Kostenposition (A für Au-

ßenwand etc.) während der zweite Index die Nummerierung der Kostenunterposition

angibt.

(10)

S [€] Schadenspotenzial

K [€/n] Kostenposition

a [n] Stück- oder Geometriewert

Das Inventar der Wohngebäude wird raumweise betrachtet. Dabei wurde für jeden

Raum ein Katalog an potenziell darin befindlichen Gegenständen aufgestellt. Dazu

gehören die jeweiligen Möbel und Haushaltsgeräte der weißen und braunen Waren-

gruppe. Des Weiteren werden noch weitere Einrichtungsgegenstände und die zuge-

hörigen Gegenstände, die sich in Schränken und Regalen befinden können abge-

schätzt.

In Einfamilienhäusern ist häufig eine höhere Ausstattung berücksichtigt worden als in

Wohnungen der Mehrfamilienhäuser. Da eine genaue Inventarisierung nur durch Be-

gehungen von Wohnungen möglich ist, wurden meist entsprechende Annahmen ge-

troffen. Bei diesen Annahmen wurde auch versucht das sozio-demografische Gefüge

der Untersuchungsgebiete zu berücksichtigen. Die jeweilige Preisermittlung erfolgte

anhand des Vergleichs von Preisen von Einrichtungshäusern und Elektrofachmärk-

ten.

Page 93: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Schadensermittlung und –bewertung (Risikoempfänger) (TP3)

XtremRisK-Abschlussbericht -92- Dezember 2012

Nach geschossweiser Kalkulation der Wiederherstellungskosten für jedes Geschoss

werden die Ergebnisse der Schadenspotentiale in einer Tabellenkalkulation zusam-

mengetragen. Die Ermittlung des Inventarschadens erfolgt auf gleiche Weise. Bei

den Inventarschäden wird deutlich, dass das Schadenspotential nahezu konstant ist

und die Wertzuwächse ausschließlich im Bereich der Geschossübergänge zu ver-

zeichnen sind.

.

Abbildung 33: Gebäude- und Inventarschadenspotential vom Musterhaustyp 20a

Wertermittlung Industrie und Gewerbe

Während bei der Wohnbebauung die Erstellung der Schadensfunktionen anhand von

Musterhaustypen vorgenommen wurde, konnte dieser Weg nicht auf die Gewerbebe-

triebe übertragen werden. Das Schadenspotential musste monetär ermittelt und

gleichzeitig zur Verknüpfung relative Schädigungsfunktionen gefunden werden, die

den Grad der Schädigung angeben. Da der Schaden bezüglich Bauten und Inventar

getrennt betrachtet werden sollte, mussten Schädigungsfunktionen für beide Wertka-

tegorien gefunden werden. Zur Ermittlung des Schadenspotentials der Gewerbebe-

triebe wird hierzu auf die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (VGR) des statisti-

schen Bundesamtes zurückgegriffen. Hierdurch kann ein Eindruck vom Vermögen

eines jeden Wirtschaftszweiges gewonnen werden. In der VGR ist das Bruttoanlage-

vermögen zu Wiederbeschaffungspreisen, klassifiziert nach den Wirtschaftszweigen

dargestellt. Die in der VGR aufgestellten Werte sind für ganz Deutschland gültig und

stellen somit Mittelwerte dar.

Das Bruttoanlagevermögen umfasst die Bauten und das Ausrüstungsvermögen, zu-

sammen wird es auch als Kapitalstock bezeichnet (Kutschera 2008). Zu den Ausrüs-

tungen werden sämtliche Güter gezählt die nicht fest mit den Bauwerken verbunden

sind. Im Einzelnen sind dies unter anderem Maschinen, maschinelle Anlagen, Fahr-

zeuge sowie Betriebs- und Geschäftsausstattungen. Um diese Werte mit den Unter-

Gebäude

Inventar

Page 94: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Schadensermittlung und –bewertung (Risikoempfänger) (TP3)

XtremRisK-Abschlussbericht -93- Dezember 2012

nehmen im Untersuchungsgebiet vergleichen zu können, werden die ermittelten Zah-

len anhand der Erwerbstätigen normiert. Die Erwerbstätigen sind in der VGR sortiert

nach den Wirtschaftszweigen enthalten.

Die Schädigungsfunktionen wurden überwiegend auf der Grundlage von Befragun-

gen ermittelt. Die relativen Schädigungsfunktionen stellen den Schädigungsgrad ei-

nes Gewerbebetriebes bei einem eintretenden Wasserstand dar. Die Schäden wer-

den getrennt nach Gebäude und Inventar betrachtet. Zusätzlich wurde ermittelt, ab

welchem Wasserstand von einem Totalschaden auszugehen ist.

Mithilfe der Befragungen wurden relative Schadensfunktionen gebildet, die den Grad

der Schädigung für Gebäude und Inventarwert getrennt nach den betrachteten Wirt-

schaftszweigen beschreiben. Hierbei wurden für einige Wirtschaftszweige, für die

keine ausreichenden Daten erhoben werden konnten die Schadensfunktionen mithil-

fe von Literaturangaben ergänzt. Bei den Literaturangaben wurde überwiegend auf

Daten des Modells FLEMOcs (Kreibich 2010) zurückgegriffen. Ebenfalls sind Litera-

turdaten des Hochwasseraktionsplanes Emscher (Emschergenossenschaft, 2004)

sowie Untersuchungen von (Elsner 2005) berücksichtigt worden.

Abbildung 34: Gebäude- und Inventarschadenspotential für den Wirtschaftszweig D

Stellvertretend für die je 37 ermittelten, relativen Schadenfunktionen für Bauten und

Inventar sind in Abbildung 33 die Schädigungsfunktionen für den Wirtschaftszweig D

gezeigt. Gut zu erkennen sind die unterschiedlichen Verläufe der Schädigungsfunkti-

onen für das Inventar und Gebäude. Bei dem Inventar werden ab einem Meter Eins-

tauhöhe bereits relative Schadenswerte von über 80% erreicht. Bei der relativen

Schadensfunktion für die Gebäude werden bei einer Einstauhöhe von 2 m hingegen

nur Werte von 56% erreicht.

Die erzeugten Schädigungsfunktionen werden im nächsten Schritt mit den Scha-

denspotentialen aus der Wertermittlung verknüpft. Das Anlagevermögen je Beschäf-

tigen wird jedem Betrieb entsprechend zugeordnet. Die Betriebsgröße eines Unter-

nehmens wird durch die entsprechende Beschäftigtenzahl des Unternehmens ge-

Inventar

Gebäude

Page 95: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Schadensermittlung und –bewertung (Risikoempfänger) (TP3)

XtremRisK-Abschlussbericht -94- Dezember 2012

schätzt. Das Schadenpotenzial eines Gewerbebetriebes ist gemäß Gl. 11 und Gl. 12

das Produkt aus der Anzahl der Beschäftigten und Anlagevermögen pro Beschäfti-

gen sowie dem Schadensgrad. Der Schadensgrad beschreibt den relativen Schaden

eines Gebäudes oder des Inventars bezüglich der entsprechenden Einstauhöhe. Die

Schäden werden getrennt für Gebäude und Inventar berechnet.

(11)

(12)

SGewGeb/Inv [€] = Schadenspotenzial für Gebäude oder Inventar

KAV,BesGeb/Inv [€] = Anlagevermögen für Gebäude oder Inventar

n = Mittlere Beschäftigtenzahl

SGrGeb/Inv = Schadensgrad für Gebäude oder Inventar in Abh. der Einstauhöhe

Infrastruktur und Landwirtschaft

Für die Berechnung der Schäden an der Infrastruktur und der Landwirtschaft wurde

auf mesoskalige Ansätze zurückgegriffen. Für die Infrastruktur wurden Kostenkenn-

werte für die Straßen durch die Projektpartner vom LSBG erhoben. Für die Abschät-

zung der Schadenspotentiale an der Schieneninfrastruktur konnte auf einen Kosten-

kennwertekatalog der Deutschen Bahn zurückgegriffen werden. Die Vermögenswer-

te wurden durch die Zusammenstellung der Kosten für Instandsetzungsmaßnahmen

von Straßen, Wegen, Grünflächen und Schienen für die Berechnung aufbereitet. Die

Schädigungsfunktionen wurden in Abhängigkeit des Wasserstandes auf Grundlage

von Literaturangaben gebildet.

Für die Landwirtschaft wurden bestehende Ansätze für eine mesoskalige Scha-

densermittlung verwendet. Hierbei wurden Klassifizierungen auf Grundlage der

Landnutzung gewählt. Auch hier konnte auf verfügbare Werte des spezifischen Anla-

gevermögens sowie auf Schädigungsfunktionen aus gelaufenen Untersuchungen

zurückgegriffen werden.

5.6 Szenarienstudie zur Flutungswahrscheinlichkeit und Scha-

densanalyse

Zur Bestimmung der Eingangsparameter der Schadensberechnung wurde für jedes

Untersuchungsgebiet ein 2d hydrodynamisch numerisches Modell zur Modellierung

der Überflutungsausbreitung aufgebaut. Anhand der Modelle werden auf Grundlage

der durch TP2 ermittelten Initialbedingungen des Wellenüberlaufs bzw. Deichbruchs

die Ausbreitung der Überflutung simuliert und die Überflutungsparameter instationär

ermittelt. Zur Modellerstellung wurden digitale Geländemodelle (DGM) aus der Kom-

bination von Punktdaten, Bruchkanten und Polygonen erstellt. Die Bruchkanten des

DGM dienen im nächsten Schritt als Zwangslinien bei der FE-Diskretisierung. Es

wurden Randabschnitte in Abstimmung mit TP2 definiert, an denen die Zeitreihen

Page 96: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Schadensermittlung und –bewertung (Risikoempfänger) (TP3)

XtremRisK-Abschlussbericht -95- Dezember 2012

des Wellenüberlaufs aus TP2 als Initialbedingung angesetzt wurden und die Szena-

rien berechnet. Als maßgebenden Eingangsparameter für die Schadensberechnung

wurden die maximalen Wasserstände verwendet, die über den gesamten Simulati-

ons- bzw. Ausbreitungszeitraum an einem Ort auftreten können. Die Simulationen

wurden durchgeführt unter der Verwendung des Moduls MIKE 21 von DHI.

Die Ergebnisse aus der hydrodynamischen Überflutungsausbreitung wurden mit den

gesammelten Daten aus der Schadenspotentialanalyse verschnitten. Diese wird auf

räumlicher Basis durch den GIS-gestützten Ansatz aus TP4 durchgeführt. Ziel war es

die direkten und indirekten Schäden zu ermitteln, um die Ergebnisse in TP4 zur Be-

rechnung des Gesamtrisikos zu integrieren.

5.6.1 Methodik

Im Rahmen der Überflutungsmodellierung und der anschließenden Schadensanalyse

wurden entsprechend der dargestellten Methodik in Abbildung 35 eine Reihe von

Schritten durchlaufen um die Schäden in den Untersuchungsgebieten zu ermitteln.

Im Rahmen des Modellaufbaus wurden alle notwendigen Schritte bis zur Modeller-

stellung durchgeführt, dies beinhaltet (i) die räumliche Abgrenzung der Gebiete, (ii)

der Aufbau von Geländemodellen, (iii) die Rauheitszonierungen auf Grundlage der

Landnutzungsdaten und (iv) die Ableitung von Bruchkanten für die (v) FE-

Diskretisierung.

Abbildung 35: Abfolge der Arbeiten zur Überflutungsmodellierung mit anschließender Scha-

densanalyse

Im Rahmen der hydrodynamischen Simulation wurden die Eingangsparameter für die

sich anschließende Schadensberechnung gewonnen. Hierbei wurden die maximalen,

über den gesamten Simulationszeitraum auftretenden Wasserstände aus einer sta-

tistisch Auswertung ermittelt, in ein GIS übertragen und für die Verschneidung mit

den Risikoelementen entsprechend des zellbasierten Modellierungsansatzes in TP4

(siehe Kapitel 6) aufbereitet.

Page 97: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Schadensermittlung und –bewertung (Risikoempfänger) (TP3)

XtremRisK-Abschlussbericht -96- Dezember 2012

Auf Grundlage einer Verschneidung der Risikoelemente mit den Überflutungsflächen

wurden die Schäden für die untersuchten Schadenskategorien ermittelt. Hierbei wur-

den die Schäden für Wohnbebauung sowie Industrie und Gewerbe getrennt nach

Gebäude und Inventarschaden ermittelt. Weiterhin wurden die Schäden an der Infra-

struktur und den landwirtschaftlichen Flächen ermittelt. Die Berechnung der Schäden

wurde für die Untersuchungsgebiete Hamburg-Wilhelmsburg, Sylt /Westerland sowie

Sylt / Hörnum durchgeführt.

5.6.2 Ergebnisse und Diskussion

Für das Untersuchungsgebiet Hamburg-Wilhelmsburg sind die Ergebnisse der Über-

flutungsausbreitung in Tabelle 20 und Abbildung 36 für die Szenarien HH_XR2010A,

HH_XR2010B und HH_XR2010C zusammenfassend dargestellt. Die Szenarien ha-

ben unterschiedlich starke Ausprägungen in Bezug auf die Überschwemmungsflä-

che, entsprechend der Scheitelwasserstände. Das Szenario A hat mit einem Schei-

telwert von 8 mNN bereits eine Überflutungsfläche von 75% des Untersuchungsge-

biets zur Folge, im Fall des Szenario C mit einem um 64 cm höheren Scheitel sind

bereits 98% des Gebiets überflutet. Grundlage sind die maximalen Wasserstände für

die Schadensberechnung die über den gesamten Simulationszeitraum auftreten. Im

Szenario B, bei dem der Wasserstand mit einer Scheitelhöhe von 7,25 mNN auf

Deichkronenhöhe liegt sind lediglich 1% der Fläche betroffen.

Die Schäden fallen entsprechend der Überflutungsflächen aus. Im Szenario

HH_XR2010A dominieren dabei die Schäden der Wohnbebauung und betragen etwa

61% der Gesamtschäden, die gewerblichen Schäden betragen etwa 38% der Ge-

samtschäden und Verkehr und Landwirtschaft liegen unter 1%. Im Szenario

HH_XR2010B sind aufgrund der geringen Überschwemmungen und sehr lokalen

Schäden im Süd-Westen der Insel hauptsächlich Gewerbebetriebe betroffen, diese

machen 90% der Schäden aus. Die Schäden an Wohnbebauung sowie Verkehr und

Landwirtschaft machen hier lediglich 9% bzw. 1% der Gesamtschäden aus. Für das

Szenario HH_XR2010C, bei dem die gesamte Insel betroffen ist, betragen die Schä-

den am Gewerbe 50% des Gesamtschadens, die an der Wohnbebauung 46% und

die aus dem Bereich Verkehr und Landwirtschaft 4%, wobei in dieser Untergruppe

die Schäden im Bereich Verkehr dominieren.

Die Auswertungen bestätigen, dass Wohnbebauung und Gewerbe die größten

Schadenspotentiale haben. Zudem wird im Fall der Wohnbebauung deutlich, dass

der Inventarschaden in den Gebäuden lediglich etwa 10-15% des Gebäudeschadens

an der Wohnbebauung beträgt und damit der Gebäudeschaden deutlich dominiert.

Bei den gewerblichen Objekten dominiert hingegen der Inventarschaden, der Ge-

bäudeschaden liegt zwischen 28 und 47%. Dies ist zurückzuführen auf die relativen

Schadensfunktionen die schon bei geringen Wasserständen hohe Schädigungsgrade

aufweisen sowie das hohe Anlagevermögen des Inventars.

Page 98: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Schadensermittlung und –bewertung (Risikoempfänger) (TP3)

XtremRisK-Abschlussbericht -97- Dezember 2012

Tabelle 20: Ergebnisse der Überflutungsausbreitung für das Untersuchungsgebiet Hamburg-

Wilhelmsburg

Scheitelwasserstand

St. Pauli Überflutungsfläche

Überflutungs-

volumen

Szenario [mNN] km² % vom

Gesamtgebiet [m³]

HH_XR2010A 8,00 16,63 74,7 7.201.840

HH_XR2010B 7,25 0,22 0,98 7.266

HH_XR2010C 8,64 21,80 97,89 126.357.285

Abbildung 36: Ergebnisse der Überflutungsausbreitung in Hamburg-Wilhelmsburg für die

Szenarien HH_XR2010A, HH_XR2010B und HH_XR2010C (von links nach rechts)

Tabelle 21: Ergebnisse der direkten Schäden für das Untersuchungsgebiet Hamburg-

Wilhelmsburg

Direkte Schäden in Mio. €

Wohnbebauung Industrie und Gewerbe

Verkehr

Land-

wirt-

schaft

Gesamt Szenario Inventar Gebäude Inventar Gebäude

HH_XR2010A 67,57 572,48 312,84 87,15 3,71 0,21 1.043,96

HH_XR2010B 0,03 0,26 1,00 2,12 0,01 0,02 3,44

HH_XR2010C 223,47 2.297,04 1.907,47 824,53 242,56 0,25 5.495,32

Abbildung 37: Direkte Gesamtschäden im Untersuchungsgebiet Hamburg-Wilhelmsburg für

die Szenarien 2010 A, 2010 B und 2010 C (von links nach rechts)

Page 99: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Schadensermittlung und –bewertung (Risikoempfänger) (TP3)

XtremRisK-Abschlussbericht -98- Dezember 2012

Die Ergebnisse aus der Berechnung der direkten Schäden an Gebäuden und Anla-

gen bilden die Eingangsparameter zur Berechnung der indirekten Schäden, die im

Folgenden mittels eines Input-Output Modells quantifiziert werden. Hierbei werden

die Wertschöpfungsverluste durch Produktionsausfall in Betrieben den indirekte

Schäden gleichgestellt. So werden die Veränderung der Nachfrage als auch die Ver-

ringerung des Angebots von Vorleistungen und von für den Konsum bestimmten Gü-

tern in dem Modell berücksichtigt.

Indirekte Schäden

Direkte Schäden an Anlagen und Gebäuden lösen indirekte Schäden aus, die inter-

national auch als „higher-order losses“ bezeichnet werden. Teile der indirekten

Schäden entstehen dabei durch Produktionsrückgänge, gemessen als Bruttowert-

schöpfungsverluste. Die Existenz von Zulieferketten führt dazu, dass Produktions-

engpässe in einzelnen Unternehmen weitreichende Effekte haben (ripple-effects). In

diesem Zusammenhang wird unterschieden zwischen forward ripple-effects, (tritt ein

wenn ein Unternehmen nicht genug produzieren kann um dem Kunden das zu liefern

was für seine Produktion benötigt wird) und backward ripple-effects ( tritt ein wenn

ein Unternehmen nicht produzieren kann wodurch seine Nachfrage an seine Zuliefe-

rer reduziert wird). Dies kann selbst dann eintreten wenn das Unternehmen nicht di-

rekt von der Katastrophe betroffen ist.

Zur Berechnung der indirekten Schäden wurde in Kooperation mit dem HWWI das

Adaptive Regional Input-Output (ARIO) Modell (Hallegatte 2008) verwendet. Der Fo-

kus des Modells liegt auf den intersektoralen Lieferbeziehungen und ihrer Bedeutung

in der Folgezeit der Katastrophe. Das Modell wurde von (Hallegatte 2008) entwickelt,

um die Kosten des Hurrikan Katrina aus dem Jahre 2005 in Lousiana und New Or-

leans (USA) zu quantifizieren. Zudem wurde das Modell bereits zur Abschätzung von

Flutrisiken in Kopenhagen und Mumbai eingesetzt. Die Datenbasis bildet eine regio-

nale Input-Output Tabelle, in der die Lieferverflechtungen innerhalb der betrachteten

Region sowie Im- und Exporte, Bruttowertschöpfung und Produktionswert in den ein-

zelnen Sektoren dargestellt sind.

Auf Grundlage der direkten Schäden wurden in einem ersten Schritt für den Groß-

raum Hamburg die indirekten Schäden für jeden Sektor ermittelt. Zur Verortung der

indirekten Schäden im Untersuchungsgebiet wurde der Schädigungsgrad der Betrie-

be sowie die Anzahl der Beschäftigten zugrunde gelegt. Hieraus ergeben sich die in

Tabelle 22 dargestellten indirekten Schäden für das Projektgebiet Wilhelmsburg. Es

besteht dabei ein nichtlinearer Zusammenhang zwischen den Szenarien. Da ein Teil

der indirekten Schäden und Gewinne außerhalb von Wilhelmsburg zu verorten sind

kommt es innerhalb Hamburg-Wilhelmsburg zu positiven Schäden obgleich die Sze-

narien HH_XR2010A und HH_XR2010C für den Großraum Hamburg einen negati-

ven Schaden (also einen positiven Effekt) haben.

Page 100: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Schadensermittlung und –bewertung (Risikoempfänger) (TP3)

XtremRisK-Abschlussbericht -99- Dezember 2012

Tabelle 22: Ergebnisse der indirekten Schäden für das Untersuchungsgebiet Hamburg-

Wilhelmsburg

Schäden in Mio. €

Szenario Direkte Schäden Indirekte

Schäden Gesamt

Anteil indirekter

Schäden

HH_XR2010A 1043,96 25,18 1069,14 2%

HH_XR2010B 3,44 0,22 3,66 6%

HH_XR2010C 5495,32 87,5 6371,20 14%

Abbildung 38: Indirekte Schäden im Untersuchungsgebiet Hamburg-Wilhelmsburg für die

Szenarien 2010 A, 2010 B und 2010 C (von links nach rechts)

5.7 Zusammenfassung

Im vorliegenden Bericht sind die Untersuchungen des Instituts für Wasserbau der

TUHH im Teilprojekt 3 zusammenfassend und überblicksmäßig dargestellt. Detaillier-

tere Informationen zu den Untersuchungen sind den Zwischenberichten zum TP3 zu

entnehmen.

Im TP3 wurde als Grundlage für die folgenden Arbeiten die Erweiterung der Modellie-

rungsplattform Kalypso durch die Kopplung mit dem Seegangsmodell SWAN reali-

siert. Hierfür wurden entsprechende Erweiterungen der Kalypso-Software entwickelt,

die GUI-Anpassungen sowie die internen Datenverarbeitungen umfassten. Auf der

Grundlage der erweiterten Modellplattform konnte in einem nächsten Schritt ein tie-

fengemitteltes, 2-dimensionales Strömungsmodell für den Abschnitt der Elbe in

Hamburg erarbeitet werden und die maßgebenden Wasserstände und Wellenpara-

meter im Nahbereich der Hochwasserschutzanlagen ermittelt.

Im Rahmen des TP3 wurden zudem die tangiblen Schäden in den Untersuchungs-

gebieten auf Grundlage von Vulnerabilitätsanalyse und Überflutungsmodellierungen

ermittelt. Hierbei wurden die Initialbedingungen für die Flutwellen durch Wellenüber-

lauf und Überströmen aus TP2 angesetzt, um die Ausbreitung im Hinterland und die

damit verbundenen Schäden zu bestimmen.

Page 101: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Schadensermittlung und –bewertung (Risikoempfänger) (TP3)

XtremRisK-Abschlussbericht -100- Dezember 2012

Auf dieser Grundlage wurden die tangiblen Schäden Dtangibel ermittelt, die dann in

TP4 als Eingangsgröße zur Ermittlung des Risikos für mehrere Sturmflutszenarien

verwendet werden. Dabei enthalten die tangiblen Schäden sowohl Schäden an

Wohnbebauung sowie an Industrie und Gewerbe als auch Schäden an der Infra-

struktur und der Landwirtschaft. Hierzu wurden in allen Untersuchungsgebieten in

Hamburg und auf Sylt die Auswirkungen der verfügbaren Sturmflutszenarien ermit-

telt. Grundlage waren ausführliche Schadenspotentialanalysen der Wohnbebauung

bei denen Schadensfunktionen für über 20 verschiedene Musterhäuser getrennt

nach Gebäude- und Inventarschaden erstellt wurden. Ebenso wurden für Industrie

und Gewerbe entsprechende Untersuchungen durchgeführt getrennt nach den Wirt-

schaftszweigen. Als Ergebnis liegen über 30 Schädigungsfunktionen für die Werteka-

tegorien getrennt nach Gebäude und Inventar vor. Die Ergebnisse konnten erfolg-

reich auf die Untersuchungsgebiete Hamburg und Sylt angewendet werden.

Die Ergebnisse der direkten Schäden wurden im Folgenden als Eingangsparameter

für die Berechnung der indirekten Schäden verwendet die als Wertschöpfungsverlus-

te in den Betrieben durch Produktionsausfall gemessen wurden.

Abschließend wurden im TP3 szenarienbasierte Schadensanalysen für den Bereich

Hamburg-Wilhelmsburg durchgeführt. Hierbei führte das Szenario HH_XR2010C zu

den höchsten zu erwartenden Schäden.

Page 102: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Risikoanalyse, Risikobewertung und Empfehlungen zur Risikobeherrschung (Integration) (TP4)

XtremRisK-Abschlussbericht -101- Dezember 2012

6 Risikoanalyse, Risikobewertung und Empfehlungen zur

Risikobeherrschung (Integration) (TP4)

6.1 Hintergrund und Zielsetzung

In diesem Kapitel werden die in Teilprojekt 4 (TP4) des XtremRisK-Projekts durchge-

führten Arbeiten dargestellt und bewertet. Entsprechend des in Kapitel 1 vorgestell-

ten „Risk Source-Pathway-Receptor-Konzepts“ besteht das Hauptziel des TP4 in der

Integration der in den Teilprojekten TP1, TP2 und TP3 erzielten Ergebnisse.

Ergänzend zur Schadensanalyse in TP3 wurden in TP4 umfangreiche Untersuchun-

gen zur Modellierung sozio-ökonomischer (intangibler) Schäden (Aktivität 4.1) sowie

zur Integration tangibler und intangibler Schäden (Aktivität 4.2) durchgeführt, um ein

vollständiges Verständnis über das Risiko in den Untersuchungsgebieten zu ermögli-

chen. Auf Grundlage der in TP2 ermittelten bedingten Überflutungswahrscheinlich-

keiten Pf,cond sowie der in TP3 ermittelten tangiblen Schäden Dtangibel und der in TP4

ermittelten intangiblen Schäden Dintangibel wird das Risiko R für mehrere Sturmflutsze-

narien errechnet.

Darüber hinaus wurden Untersuchungen zur Risikoakzeptanz (Aktivität 4.3) sowie

zur Sensitivitäts- und Unsicherheitsanalyse (Aktivität 4.5) in enger Zusammenarbeit

mit allen Projektpartnern durchgeführt. Als Ergebnis des TP4 sollen Vorschlägen zur

Reduzierung des Risikos durch Extremsturmfluten erarbeitet und den beteiligten

Partnern unterbreitet werden (Aktivität 4.6/7).

Für eine umfassendere Darstellung und Dokumentation der durchgeführten Analysen

wird auf die umfangreichen XtremRisK-Zwischenberichte in TP4 verwiesen:

- Dassanayake et al. (2010): Framework and Methods for the Evaluation of In-

tangible Losses and their Integration in Coastal Flood Risk Analysis

- Burzel et al. (2012a): Development of a spatial loss-of-life-model for Hamburg-

Wilhelmsburg

- Dassanayake et al. (2012a): Evaluation of Cultural Losses

- Burzel et al. (2012b): Methodology for an Ecosystem Risk Assessment in Inte-

grated Risk Analysis and the Practical Implementation on Sylt Island

- Dassanayake et al. (2012b): Integration of Tangible and Intangible Losses – A

GIS based Multicriteria (MCA) Approach

- Jacob et al. (2011): Methoden zur Ermittlung der Risikoakzeptanz in überflu-

tungsgefährdeten Gebieten

- Burzel et al. (2012c): Methodology for an Integrated Risk Analysis on Extreme

Storm Surges

Page 103: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Risikoanalyse, Risikobewertung und Empfehlungen zur Risikobeherrschung (Integration) (TP4)

XtremRisK-Abschlussbericht -102- Dezember 2012

- Dangendorf et al. (2012): Unsicherheits- und Sensitivitätsanalyse im Rahmen

einer integrierten Risikoanalyse

- Burzel et al. (2012d): Practical Implementation of the Methodology for an Inte-

grated Risk Analysis in Hamburg and Sylt

- Ujeyl et al. (2012b): Vulnerabilitätsanalyse in den Pilotgebieten, Szenarienstu-

die zur Flutungswahrscheinlichkeit und Schadensanalyse

Die im Teilprojekt 4 durchgeführten Arbeitsschritte sind in Abbildung 39 dargestellt:

Abbildung 39: Flowchart zur Durchführung der integrierten Risikoanalyse in TP4

6.2 Datengrundlage

Als Grundlage für die Durchführung der integrierten Risikoanalyse lagen in TP4 die in

TP2 ermittelten bedingten Überflutungswahrscheinlichkeiten Pf,cond sowie die in TP3

ermittelten Schäden Dtangibel vor. Zur Ermittlung der intangiblen Schäden im Projekt-

gebiet Hamburg-Wilhelmsburg wurden die Ergebnisse der Überflutungsmodellierung

aus TP3 bereitgestellt.

Grundlage der Vulnerabilitäts- und Schadensermittlung in TP4 waren von den Bera-

tenden Partnern und Kooperativen Partnern bereitgestellte GIS-Daten für alle Pro-

Page 104: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Risikoanalyse, Risikobewertung und Empfehlungen zur Risikobeherrschung (Integration) (TP4)

XtremRisK-Abschlussbericht -103- Dezember 2012

jektgebiete. Ergänzend wurden weitere GIS-Daten recherchiert und Feldstudien

durchgeführt, um bei der Ermittlung der Schäden an Ökosystemen, kulturellen Gü-

tern und sozialen Schäden die Datengrundlage zu verbessern. Im Rahmen der Un-

tersuchungen zur Risikoakzeptanz wurde eine Online-Umfrage durchgeführt und an-

schließend statistisch ausgewertet, um Erkenntnisse zur Akzeptanz von Risiken

durch Sturmfluten gewinnen zu können (vgl. Abschnitt 6.8).

Da die Überflutungsmodellierungen im Projektgebiet Hörnum nach Abstimmung mit

TP3 in TP4 verschoben wurden, lagen diese für die Ermittlung der intangiblen Schä-

den bereits vor. Entsprechend wurden die Ergebnisse auch für die Analyse der tan-

giblen Schäden in TP3 bereitgestellt. Darüber hinaus wurde der zur räumlichen

Schadens- und Risikomodellierung entwickelte CRA-Ansatz (vgl. Burzel & Oumeraci

2012) für die Arbeiten in TP3 angepasst und die benötigten GIS-Modelle zur Scha-

densmodellierung gemeinsam entwickelt.

6.3 Räumliche Risikomodellierung (CRA-Ansatz)

Auf Grund der inhomogenen räumlichen Verteilung der Eingangsparameter der

Schadens- und Risikoanalyse innerhalb der Projektgebiete (z.B. Bebauungsdichte,

Einwohnerverteilung, Überflutungstiefen) empfiehlt sich die Nutzung Geographischer

Informationssysteme (GIS) zur Schadens- und Risikoermittlung. Auf Grund der gro-

ßen Anzahl von Schadenskategorien in XtremRisK ist jedoch ein einheitliches Kon-

zept notwendig. Vor diesem Hintergrund wurde ein integrierter Ansatz zur räumlichen

Modellierung (CRA-Ansatz) entwickelt (vgl. Burzel & Oumeraci 2012) und in den

Teilprojekten TP3 und TP4 erfolgreich implementiert.

Grundlage des CRA-Ansatzes ist die Einteilung der Projektgebiete in eine Grid-

Struktur unterschiedlicher Auflösungen, die zu Beginn der Schadens- und Risikoana-

lyse durchgeführt wird (vgl. Abbildung 40). Der verwendete Ansatz hat für die Analy-

sen mehrere Vorteile:

- eine flexible Anpassung der Auflösung der Grid-Struktur ermöglicht unter-

schiedliche Detaillierungsgrade der Untersuchungen,

- die einheitliche Zellenstruktur vermeidet das Zerfallen in kleine Teilpolygone,

wenn unterschiedliche thematische Layer miteinander überlagert (verschnit-

ten) werden

- es können beliebige Modelle in den räumlichen Kontext übertragen werden,

- die Ergebnisse der Modellierung für jede Schadenskategorie können unmittel-

bar für die Integration verwendet werden,

- die Ergebnisse können für die Untersuchungsgebiete räumlich und aussage-

kräftig dargestellt werden.

Page 105: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Risikoanalyse, Risikobewertung und Empfehlungen zur Risikobeherrschung (Integration) (TP4)

XtremRisK-Abschlussbericht -104- Dezember 2012

Abbildung 40: Einteilung des Projektgebiets in Grid-Struktur (links) und Repräsentation von

Überflutungstiefen im Grid (hier 100m-Grid am Beispiel von Hörnum)

Demgegenüber steht ein höherer Aufwand, alle Eingangsdaten in die Grid-Struktur

zu überführen. Darüber hinaus treten Generalisierungsfehler auf, die in Abhängigkeit

der Größe des Grids das Gesamtergebnis beeinflussen können. Es wurden daher

verschiedene Verfahren entwickelt, um diese Fehler zu minimieren. Insgesamt konn-

te gezeigt werden, dass der Ansatz vor allem für die Durchführung integrierter Risi-

koanalysen und die Analyse zahlreicher Sturmflutszenarien auf Grund der Anwend-

barkeit von Geoprocessing-Routinen in GIS besonders geeignet ist.

6.4 Modellierung sozio-ökonomischer, intangibler Schäden

Intangible Schäden sind Schäden, die sich nicht direkt in monetären Einheiten aus-

drücken lassen. Sie unterscheiden sich damit von tangiblen Schäden (vgl. TP3) wie

z.B. Schäden an Gebäuden, Gütern, Vermögensschäden oder Wiederherstellungs-

kosten (Dassanayake et al. 2010). Intangible Schäden werden in Risikoanalysen

häufig vernachlässigt, obwohl sie einen beträchtlichen Anteil am Gesamtrisiko haben

können (Meyer et al. 2008).

6.4.1 Methodik

Im Rahmen der Aktivität 4.1 wurde eine geeignete Methodik zur Ermittlung intangib-

ler Schäden erarbeitet und in Dassanayake et al. (2010) veröffentlicht. In der Risiko-

analyse wurden soziale Schäden (Verlust des Lebens, Verletzungen), kulturelle

Schäden sowie ökologische Schäden näher untersucht.

Verlust des Lebens und Verletzungen

Überschwemmungen können Todesopfer und Verletzte verursachen. Um das Risiko

für Menschen in Küstenräumen zu bestimmen und geeignete Maßnahmen zur Redu-

Page 106: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Risikoanalyse, Risikobewertung und Empfehlungen zur Risikobeherrschung (Integration) (TP4)

XtremRisK-Abschlussbericht -105- Dezember 2012

zierung des Risikos ableiten zu können, wurde in Dassanayake et al. (2010) das in

England entwickelte, empirische Modell von Penning-Rowsell et al. (2005) für die

Untersuchungen vorgeschlagen. Der Ansatz basiert auf einem Vergleich der ein-

wirkenden Faktoren (hazards) und des Schadenspotentials im Untersuchungsgebiet

(area vulnerability), auf dessen Grundlage unter Berücksichtigung der Anzahl der

Einwohner im Untersuchungsgebiet die Anzahl gefährdeter Personen bestimmt wird.

Im zweiten Schritt werden Faktoren, die zu einer Veränderung der Schadensemp-

findlichkeit der Einwohner führen können (people vulnerability) berücksichtigt. Aus

diesen Werten wird die Anzahl möglicher Todesopfer und Verletze abgeschätzt (vgl.

Dassanayake et al. 2010).

Im nächsten Schritt wurde das vorgeschlagene Modell mit Hilfe des CRA-Ansatzes in

ein GIS-basiertes, räumliches Modell überführt, welches zur Auswertung der in TP1

entwickelten Sturmflutszenarien und den daraus resultierenden, in TP3 ermittelten

Überflutungsszenarien verwendet wurde (vgl. Burzel et al. 2012a). Dabei wurden die

spezifischen Eigenschaften der Überflutungsereignisse, einschließlich deren zeitli-

chen Entwicklung, explizit berücksichtigt.

Es konnte gezeigt werden, dass die hohe räumliche Auflösung deutlich realistischere

Ergebnisse liefert, als dies unter Anwendung von Mittelwerten für das gesamte Pro-

jektgebiet zu erreichen ist. Darüber hinaus unterstützt die räumliche Darstellung der

Ergebnisse die Entwicklung von Maßnahmen zur Reduzierung des Risikos

(Abbildung 41).

Abbildung 41: Ergebnis der Ermittlung möglicher Todesopfer (2) und Verletzten (914) auf

Grundlage des räumlichen loss-of-life-Modells für das Szenario HH_XR2010A im

Projektgebiet Hamburg-Wilhelmsburg (verändert nach Burzel et al. 2012a)

Page 107: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Risikoanalyse, Risikobewertung und Empfehlungen zur Risikobeherrschung (Integration) (TP4)

XtremRisK-Abschlussbericht -106- Dezember 2012

Da das Modell von Penning-Rowsell et al. (2005) zur Abschätzung der sozialen Fol-

gen von Flusshochwässern entwickelt wurde, wurde ein Vergleich mit einem weite-

ren Ansatz durchgeführt. Mit Hilfe des Modells von Jonkman (2007), welches in den

Niederlanden auch für Überflutungen im Küstenraum entwickelt wurde, konnten die

Ergebnisse des Szenarios HH_XR2010A bestätigt werden.

Kulturelle Schäden

Kulturelle Schäden fanden bei bisherigen Risikoanalysen oftmals keine Berücksichti-

gung, da keine geeigneten Ansätze zur Abschätzung möglicher Schäden vorhanden

waren. Ziel der in XtremRisK durchgeführten Arbeiten war daher, eine geeignete Me-

thodik zu entwickeln und diese im Projektgebiet Hamburg-Wilhelmsburg zu imple-

mentieren.

Um die unterschiedlichen Eigenschaften kultureller Güter besser abbilden zu können,

wurden bei der Untersuchung zwei Kategorien unterschieden (Dassanayake et al.

2012a):

- Gebäude, Stätten und Güter unter Denkmalschutz, z.B. historische Gebäude,

Museen, archäologische Stätten, Kirchen, etc. (233 Objekte),

- nicht denkmalgeschützte Gebäude mit kultureller Bedeutung, z.B. Kulturzen-

tren, Bibliotheken, Parks, etc. (17 Objekte).

Die Objekte unter Denkmalschutz wurden im offiziellen Denkmalregister der Stadt

Hamburg recherchiert und anschließend in GIS räumlich verortet. Die nicht denkmal-

geschützten Objekte wurden in einer Feldstudie identifiziert, beschrieben und in GIS

verortet.

Zur Ermittlung der Schäden wurde ein kombinierter Ansatz entwickelt, der sowohl

den Grad der physischen Schädigung (als Ergebnis aus Überflutungstiefe und Fließ-

geschwindigkeiten) sowie des kulturellen Wertes des Objektes (ausgedrückt in einer

fünfstufigen Skala) berücksichtigt (Cultural Losses Assessment Matrix, CLAM)

(Dassanayake et al. 2012a). Die Methodik wurde anschließend auf Grundlage des

CRA-Ansatzes in ein GIS-Modell überführt.

Das Ergebnis der Analyse wird in einem fünfstufigen Bewertungssystem als Score

ausgedrückt, wobei die Skale von 0 (keine Schäden) bis 5 (sehr große kulturelle

Schäden) reicht. Die Schäden wurden mit dem GIS-Modell für alle Überflutungssze-

narien abgeschätzt und als räumliche Schadenskarten für die Integration (Aktivität

4.2) aufbereitet (Abbildung 42).

Page 108: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Risikoanalyse, Risikobewertung und Empfehlungen zur Risikobeherrschung (Integration) (TP4)

XtremRisK-Abschlussbericht -107- Dezember 2012

Abbildung 42: Ergebnis der Analyse kultureller Schäden auf Grundlage des CLAM-Ansatzes

für das Szenario HH_XR2010A (verändert nach Dassanayake et al. 2012a)

Ökologische Schäden

Das Fehlen geeigneter Ansätze zur Ermittlung von Schäden an Ökosystemen führte

dazu, dass diese bisher nicht in Risikoanalysen berücksichtigt wurden. Ziel der Un-

tersuchungen war daher, eine geeignete Methodik zu entwickeln und diese im Pro-

jektgebiet Hörnum (Sylt) zu implementieren. Das Gebiet wurde auf Grund der großen

Bedeutung der Ökosysteme für den Küstenschutz ausgewählt.

Um eine belastbare Definition für Schäden an Ökosystemen vornehmen zu können,

wurde auf die Definition von Ökosystemdienstleistungen (Ecosystem Services) zu-

rückgegriffen. Diese sind im Millenium Ecosystem Assessment (MEA 2005) definiert

als „Nutzen, die Menschen von Ökosystemen beziehen.“ Die Definition stellt den

Menschen in den Mittelpunkt der Betrachtungen. Ziel der Untersuchungen in MEA

(2005) ist die Abschätzung des Einflusses von Ökosystemen auf das Wohlergehen

des Menschen. Die Dienstleistungen werden in vier Kategorien unterschieden (vgl.

Dassanayake et al. 2010).

In Dassanayake et al. (2010) wird eine Methodik zur Abschätzung ökologischer

Schäden auf Grundlage der Ökosystemdienstleistungen vorgeschlagen, die den Un-

tersuchungen zu Grunde liegt. Die Definition der Ökosystemdienstleistungen ermög-

licht eine klare Definition von Schäden an Ökosystemen, da sich Veränderungen der

Ökosystemdienstleistungen negativ auf das Wohlergehen des Menschen auswirken

können. Als Beispiel sei der Verlust einer Düne angeführt, durch welchen der Schutz

vor Sturmfluten als Dienstleistung des Ökosystems Düne nicht mehr in vollem Um-

fang bereitgestellt wird.

Page 109: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Risikoanalyse, Risikobewertung und Empfehlungen zur Risikobeherrschung (Integration) (TP4)

XtremRisK-Abschlussbericht -108- Dezember 2012

Um die speziellen Eigenschaften einzelner Ökosysteme besser berücksichtigen zu

können, wurden den Ökosystemen angepasste Einflussfaktoren definiert, auf deren

Grundlage die Veränderungen der Ökosystemdienstleistungen ermittelt wurden. Da

sich die Einflussfaktoren unterschiedlich stark auf die Ökosysteme auswirken kön-

nen, wurden für diese Einflussfaktoren Wichtungsfaktoren eingeführt (vgl. Burzel et

al. 2012b).

Die Methodik wurde in ein GIS basiertes Modell zur Schadensanalyse überführt und

für die Überflutungsszenarien angewendet. Ergebnis der Analysen war die relative

Veränderung der Öksystemdienstleistungen (in %), die als räumliche Schadenskarte

für die Risikoanalyse bereitgestellt wurde (Abbildung 43).

Abbildung 43: Veränderung der Ökosystemdienstleistungen (in %) für das Szenario

HO_XR2010A (Burzel et al. 2012b)

6.4.2 Ergebnisse und Diskussion

Ziel der Aktivität 4.1 „Modellierung sozio-ökonomischer, intangibler Schäden“ war die

Identifizierung, Weiterentwicklung und Implementierung geeigneter Ansätze zur Mo-

dellierung intangibler Schäden im Rahmen der integrierten Risikoanalyse.

Zu diesem Zweck wurden für soziale, kulturelle und ökologische Schäden geeignete

Ansätze entwickelt. Darüber hinaus konnten die Ansätze als räumliche Modelle in

GIS implementiert und für die in TP1 entwickelten Extremsturmflutszenarien in den

Projektgebieten angewendet werden (Burzel et al. 2012b).

Page 110: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Risikoanalyse, Risikobewertung und Empfehlungen zur Risikobeherrschung (Integration) (TP4)

XtremRisK-Abschlussbericht -109- Dezember 2012

6.5 Integration tangibler und intangibler Schäden

Da die Ergebnisse aus der Schadensanalyse tangibler und intangibler Schäden in

unterschiedlichen Einheiten vorliegen, wurde in Aktivität 4.2 ein Ansatz zur Integrati-

on tangibler und intangibler Schäden entwickelt und implementiert. Der Ansatz soll

jedoch nicht nur geeignet sein, alle Schäden in einer gemeinsamen Einheit auszu-

drücken, sondern auch deren unterschiedliche Gewichtung bei der Zusammenfüh-

rung zu berücksichtigen.

6.5.1 Methodik

Die Herausforderung bei der Zusammenführung tangibler und intangibler Schäden

für die Risikoanalyse besteht in den unterschiedlichen Einheiten der Schadenskate-

gorien (Dassanayake et al. 2012b). Während tangible Schäden in der Regel in mone-

tären Einheiten (€, $) ausgedrückt werden, liegen die Ergebnisse für die intangiblen

Schäden in nicht-monetären Einheiten (z.B. Anzahl betroffener Personen, Score für

Schäden an Kulturgütern) vor.

Es besteht unter anderem die Möglichkeit, mit Hilfe geeigneter Monetarisierungsan-

sätze intangiblen Schäden Geldwerte zuzuordnen. Dieses Vorgehen war jedoch in

XtremRisK nicht gewünscht, da dieses Vorgehen vor allem für soziale Schäden als

ethisch bedenklich angesehen wird. Aus diesem Grund wurde eine Methodik entwi-

ckelt, die im Rahmen der Multikriterienanalyse zur Zusammenführung unterschiedli-

cher Aspekte für die Entscheidungsfindung verwendet wird. Ein wesentlicher Vorteil

besteht darin, dass die einzelnen Aspekte hinsichtlich ihrer Bedeutung für das Ge-

samtergebnis mit Wichtungsfaktoren versehen werden können und damit ihre relati-

ve Bedeutung explizit berücksichtigt werden kann.

Die Integrationsmethodik basiert auf dem Verfahren der Multi-Attribute-Utility-Theorie

(MAUT) und gliedert sich in vier Schritte (Dassanayake et al. 2012b):

- Normierung der Ergebnisse für alle Schadenskategorien unter Anwendung

von Nutzenfunktionen, welche die spezifischen Eigenschaften der Schadens-

kategorie explizit abbilden (Abbildung 44).

- Wichtung der Schadenskategorien auf Grundlage der Paarweisen Ver-

gleichsmethode (Pairwise Comparison Method), bei der die Bedeutung jeder

Kategorie im Vergleich zu einer anderen Kategorie in neun Stufen ausgewer-

tet wird (vgl. Dassanayake et al. 2012b).

- Additive Zusammenführung aller Ergebnisse zu einem integrierten dimensi-

onslosen Schadenswert (Abbildung 45).

- Einteilung der Ergebnisse in fünf Klassen, abgestuft von ‚kein Schaden‘ bis

‚sehr hoher Schaden‘.

Das vierstufige Vorgehen wurde auf Grundlage des CRA-Ansatzes (vgl. Abschnitt

6.3) in GIS übertragen. Es ist damit möglich, die räumliche Verteilung der Schäden

Page 111: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Risikoanalyse, Risikobewertung und Empfehlungen zur Risikobeherrschung (Integration) (TP4)

XtremRisK-Abschlussbericht -110- Dezember 2012

zu berücksichtigen und den integrierten Schaden räumlich darzustellen (vgl. Abbil-

dung 46).

Abbildung 44: Nutzenfunktionen zur Normierung der Ergebnisse der Schadensanalyse (ver-

ändert nach Dassanayake et al. 2012b)

Abbildung 45: Integrationsansatz (MAUT) zur Zusammenführung tangibler und intangibler

Schäden (verändert nach Dassanayaket et al. 2012b)

6.5.2 Ergebnisse und Diskussion

Die in Dassanayake et al. (2012b) entwickelte Methodik ist geeignet, die Ergebnisse

der Schadensanalyse für mehrere Schadenskategorien zu einem integrierten Scha-

den zusammenzuführen. Die Methodik kann dabei für andere Untersuchungsgebiete

Page 112: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Risikoanalyse, Risikobewertung und Empfehlungen zur Risikobeherrschung (Integration) (TP4)

XtremRisK-Abschlussbericht -111- Dezember 2012

beliebig angepasst und erweitert werden. Darüber hinaus ist es möglich, betroffene

Gruppen bei der Bestimmung der Wichtungsfaktoren einzubeziehen und damit die

relative Bedeutung der unterschiedlichen Schadenskategorien im Untersuchungsge-

biet explizit zu berücksichtigen.

Da das Ergebnis in einer dimensionslosen Schadenseinheit vorliegt ist es erforder-

lich, eine Klassifizierung nach der Höhe des Schadens für das untersuchte Szenario

vorzunehmen. Darüber hinaus ist ein Vergleich mit anderen Szenarien erforderlich,

um das Ergebnis einordnen zu können. Der integrierte Schaden bildet anschließend

die Grundlage für die integrierte Risikoanalyse.

Abbildung 46: Darstellung des Integrierten Risikos für das Szenario HH_XR2010A in Ham-

burg-Wilhelmsburg (Burzel et al. 2012c)

6.6 Durchführung der Risikoanalyse

Auf Grundlage der Ergebnisse der Analyse tangibler (vgl. Kapitel 5) und intangibler

Schäden (vgl. Abschnitt 6.4) wird unter Berücksichtigung der in TP2 ermittelten be-

dingten Überflutungswahrscheinlichkeiten Pf,cond (vgl. Kapitel 4) das Risiko für alle

Schadenskategorien ermittelt.

6.6.1 Methodik

Zur Ermittlung des Risikos, ausgedrückt als jährlicher Schadenserwartungswert (z.B.

€/Jahr für tangible Schäden), wird der ermittelte Schaden (in €) mit der bedingten

Überflutungswahrscheinlichkeit für ein einzelnes Sturmflutszenario (in 1/Jahr) multi-

pliziert.

Die Analyse kann entweder für das Gesamtergebnis innerhalb des Untersuchungs-

gebiets oder auf Grundlage des CRA-Ansatzes räumlich für jede Zelle im Grid

Page 113: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Risikoanalyse, Risikobewertung und Empfehlungen zur Risikobeherrschung (Integration) (TP4)

XtremRisK-Abschlussbericht -112- Dezember 2012

durchgeführt werden. Neben der tabellarischen Darstellung der Ergebnisse ist damit

auch eine räumliche Darstellung des Risikos für ein Sturmflutszenario möglich (Bur-

zel et al. 2012c). Die Risikokarten sind eine wichtige Grundlage für die Risikokom-

munikation und werden daher in der EU-Hochwasserrisiko-Management-Richtlinie

bis Ende 2013 von allen Mitgliedstaaten für die identifizierten Gebiete mit potentiell

signifikantem Hochwasserrisiko gefordert (vgl. Kapitel 1).

Neben der Berechnung des Risikos für den integrierten Schaden wird auch das Risi-

ko für die einzelnen Schadenskategorien berechnet, da die Ergebnisse als Grundla-

ge für die Entwicklung und Bewertung von Maßnahmen zur Reduzierung des Risikos

dienen (vgl. Abschnitt 6.9).

6.6.2 Ergebnisse und Diskussion

Die Ergebnisse der Berechnung des Risikos für tangible Schäden in Hamburg-

Wilhelmsburg sind in Tabelle 23 dargestellt. Abbildung 47 zeigt die räumliche Vertei-

lung des Risikos.

Tabelle 23: Ergebnisse der Risikoanalyse für Hamburg-Wilhelmsburg (Burzel et al. 2012d)

Szenario tangible Schäden

(in Mio €)

Pf,cond

(1/Jahr)

Risiko

(€/a)

HH_XR2010A 1.043,96 7,72 ∙ 10-6 8.051

HH_XR2010B 3,44 8,09 ∙ 10-8 0,2

HH_XR2010C 5.495,32 5,30 ∙ 10-8 291

In Tabelle 23 ist zu erkennen, dass der jährliche Schadenserwartungswert für das

Szenario HH_XR2010A besonders hoch ist, was auf die verhältnismäßig hohe be-

dingte Überflutungswahrscheinlichkeit Pf,cond zurückzuführen ist. Um das Ergebnis

besser einordnen und bewerten zu können, ist die Analyse weiterer Sturmflutszena-

rien mit ähnlichen Eintrittswahrscheinlichkeiten, jedoch unterschiedlichem Scheitel

und unterschiedlicher Fülle erforderlich.

Aus der räumlichen Darstellung (Abbildung 47) ist zu erkennen, dass für die tangib-

len Schäden der jährliche Schadenserwartungswert in den zentral gelegenen Sied-

lungsräumen sowie in den Gebieten mit einer großen Anzahl von Gewerbebetrieben

höher ist. Die landwirtschaftlich genutzten Flächen im Südosten von Hamburg-

Wilhelmsburg weisen dagegen einen geringeren Schadenserwartungswert auf.

In Tabelle 24 sind die Ergebnisse für das Untersuchungsgebiet Hörnum (Sylt) aufge-

führt. Anders als in Hamburg-Wilhelmsburg führt hier das Szenario HO_XR2010C

zum größten Schadenserwartungswert, da die bedingte Überflutungswahrscheinlich-

keit im Vergleich zu den anderen Sturmflutszenarien relativ hoch ist.

Page 114: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Risikoanalyse, Risikobewertung und Empfehlungen zur Risikobeherrschung (Integration) (TP4)

XtremRisK-Abschlussbericht -113- Dezember 2012

Abbildung 47: Räumliche Verteilung des Risikos für tangible Schäden für das Sturmflutsze-

nario HH_XR2010A in Hamburg-Wilhelmsburg (Burzel et al. 2012c)

Tabelle 24: Ergebnisse der Risikoanalyse für Hörnum (Sylt) (Burzel et al. 2012d)

Szenario tangible Schäden (in

Mio €)

Pf,cond

(1/Jahr)

Risiko

(€/a)

HO_XR2010A 72,99 5,38 ∙ 10-6 392

HO_XR2010B 13,75 7,09 ∙ 10-5 975

HO_XR2010C 57,72 3,06 ∙ 10-4 17.662

In der Risikokarte (Abbildung 48) ist erkennbar, dass der größte Schadenserwar-

tungswert im Siedlungsraum von Hörnum (Sylt) auftritt, während die weiter nördlich

liegende Infrastruktur sehr kleine Schadenserwartungswerte aufweist.

Für die Ergebnisse für die anderen Schadenskategorien wird auf die ausführlichere

Darstellung in Burzel et al. (2012d) verwiesen.

Abschließend ist anzumerken, dass die Betrachtung einzelner Sturmflutszenarien nur

eingeschränkte Aussagen zur tatsächlichen Höhe des Risikos über einen größeren

Bereich von Überflutungswahrscheinlichkeiten zulässt. Darüber hinaus ist es nicht

möglich, eine Risikokurve für alle Ereignisse zu erstellen, da hierfür eine größere An-

zahl von Sturmflutszenarien analysiert werden müssen.

Page 115: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Risikoanalyse, Risikobewertung und Empfehlungen zur Risikobeherrschung (Integration) (TP4)

XtremRisK-Abschlussbericht -114- Dezember 2012

Abbildung 48: Räumliche Verteilung des Risikos für das Szenario HO_XR2010A in Hörnum

(Sylt) (Burzel et al. 2012d).

6.7 Sensitivitäts- und Unsicherheitsanalyse

Risikoanalysen sind grundsätzlich mit zahlreichen Unsicherheiten verbunden, die

sich den verschiedenen Schritten der Analyse (Risikoquelle, Risikowege, Risikoemp-

fänger) zuordnen lassen (Dangendorf et al. 2012). Um die Ergebnisse der Risikoana-

lyse bewerten zu können, wurden in XtremRisK die Teilunsicherheiten analysiert und

die Gesamtunsicherheit abgeschätzt. Ziel ist die Identifikation der größten Unsicher-

heitsquellen, damit in zukünftigen Risikoanalysen die Gesamtunsicherheit signifikant

reduziert werden kann.

6.7.1 Methodik

Im Rahmen der Risikoanalyse in XtremRisK wurden die Quellen der Unsicherheiten

in den einzelnen Teilprojekten analysiert und dokumentiert. Dabei kann auf folgende

Einteilung zurückgegriffen werden (Dangendorf et al. 2012) (vgl. auch Kapitel 3):

- Szenariounsicherheiten: Werden definiert als die Unsicherheiten, die aus der

Nichtberücksichtigung denkbarer Szenarien entstehen.

- Modellunsicherheiten: Resultieren aus falschen Modellannahmen, Modellun-

vollständigkeit und der gewählten Modellauflösung.

- Parameterunsicherheiten: Bezeichnet alle Unsicherheiten, die mit Eingangsva-

riablen oder Parametern verbunden sind und den Zustand eines Systems oder

Prozesses repräsentieren

Page 116: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Risikoanalyse, Risikobewertung und Empfehlungen zur Risikobeherrschung (Integration) (TP4)

XtremRisK-Abschlussbericht -115- Dezember 2012

Eine detailliert Auflistung der Unsicherheiten ist im Zwischenbericht der Aktivität 4.5

(Dangendorf et al. 2012) zu finden.

6.7.2 Ergebnisse und Diskussion

An dieser Stelle werden die in TP1a und TP1b angegebenen Unsicherheiten bei-

spielhaft dargestellt. Für das Szenario HO_XR2010A werden in Gönnert et al. (2012)

die in Tabelle 25 aufgeführten Unsicherheiten angeben.

Tabelle 25: Eigenschaften des Sturmflutszenarios HO_XR2010A (verändert nach Gönnert et

al. 2012)

max. Scheitelwasserstand NN + 5,13 m

Windstauscheitel 319 cm

(einschl. Fernwellenanteil: 365 cm)

Überschreitungsdauer des

Bemessungswasserstands 3 Stunden

Unsicherheit für den Scheitelwert

des Gesamtereignisses -69 cm bis +24 cm

Windstauscheitel unter Berück-

sichtigung der Unsicherheiten

250 cm bis 343 cm

(einschließlich Fernwellenanteil: 296 cm bis 389 cm)

Da die Veränderung der Sturmflutkurve einschließlich des Scheitelwerts Auswirkun-

gen auf das Versagen der Hochwasser- und Küstenschutzwerke hat, resultieren aus

diesen Unsicherheiten auch unterschiedliche Überflutungsmengen im Hinterland.

Diese müssten bei der Analyse der Schäden berücksichtigt werden. Aufgrund der

langen Rechenzeiten der hydrodynamischen Modellierung wurden die Sturmflutkur-

ven unter Berücksichtigung der Unsicherheiten jedoch nicht modelliert.

Bei der statistischen Einordnung der in TP1a entwickelten Sturmflutszenarien wurden

die Unsicherheiten als obere und untere Grenze angegeben, wobei die geringere

Wahrscheinlichkeit als „best case“, die höhere Eintrittswahrscheinlichkeit hingegen

als „worst case“ bezeichnet wurde (Tabelle 26).

Bedingt durch die Unsicherheiten ergibt sich der „best case“ mit einer Wahrschein-

lichkeit von Pe,best case = 0, das heißt, das Ereignis würde nicht mehr eintreten. Da die-

se Annahme jedoch in der Realität nicht zutreffend ist, wurden bei der Berechnung

des Risikos in TP4 nur die unteren Grenzen berücksichtigt.

Unter Annahme einer Unsicherheit von 10% bei der Schadensermittlung sowie unter

Berücksichtigung der in Tabelle 26 angegebenen Unsicherheiten der statistischen

Einordnung (vgl. Abschnitt 3.6) ergeben sich die in Tabelle 27 aufgeführten Band-

breiten des Risikos.

Page 117: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Risikoanalyse, Risikobewertung und Empfehlungen zur Risikobeherrschung (Integration) (TP4)

XtremRisK-Abschlussbericht -116- Dezember 2012

Tabelle 26: Statistische Einordnung des Szenarios HO_XR2010A unter Angabe der Unsi-

cherheiten (verändert nach Wahl et al. 2012b)

Eintrittswahrscheinlichkeit

Pe [1/a] 5,38 ∙ 10-6

Eintrittswahrscheinlichkeit

Pe,worst case [1/a] 1,14 ∙ 10-4

Eintrittswahrscheinlichkeit

Pe,best case [1/a] 0

Tabelle 27: Ergebnisse der Risikoanalyse unter Berücksichtigung der Unsicherheiten der

statistischen Einordnung sowie der Schadensermittlung (Burzel et al. 2012d)

Szenario

Schäden (Mio €)

Wahrscheinlichkeit

(1/a) Risiko (€/a)

D D-10% D+10% Pf,cond Pf,cond

(worst case) R Rmin

1) Rmax2)

HO_XR2010A 72,99 65,69 80,29 5,38 ∙ 10-6 1,14 ∙ 10-4 392 353 9.153

HO_XR2010B 13,75 12,38 15,13 7,09 ∙ 10-5 9,64 ∙ 10-5 975 877 1.458

HO_XR2010C 57,72 51,95 63,49 3,06 ∙ 10-4 4,11 ∙ 10-4 17.662 15.896 26.095

1) unter Annahme von D-10% und Pf,cond

2) unter Annahme von D+10% und Pf,cond (worst case)

Zur Reduzierung der an dieser Stelle beispielhaft aufgeführten Unsicherheiten über

die gesamte Modellkette der integrierten Risikoanalyse sind zunächst die Unsicher-

heiten zu identifizieren, welche den größten Einfluss auf das Gesamtergebnis haben.

Darüber hinaus müssen Ansätze zur Anwendung kommen, die geeignet sind, alle in

der Risikoanalyse quantifizierten Unsicherheiten zu berücksichtigen und die Gesam-

tunsicherheit zu bestimmen. Hierfür eignet sich zum Beispiel das Verfahren des La-

tin-Hypercube-Sampling, welches in Dangendorf et al. (2012) für die Anwendung in

integrierten Risikoanalysen vorgeschlagen wird.

6.8 Bestimmung der Akzeptanzgrenzen

Da auf Grundlage des ermittelten Risikos keine Entscheidungen über mögliche Maß-

nahmen zur Reduzierung des Risikos getroffen werden können, sind weitere Schritte

notwendig (vgl. Abbildung 2). Ziel ist die Bewertung möglicher Maßnahmen hinsicht-

lich ihrer Effizienz (z.B. durch Kosten-Nutzen-Analysen) sowie hinsichtlich möglicher

Risikogrenzen, die von der Gesellschaft oder einzelnen Personen akzeptiert werden.

Vor allem vor dem Hintergrund möglicher Extremereignisse ist es wichtig anzumer-

ken, dass eine vollständige Reduzierung des Risikos (i.A. als Nullrisiko bezeichnet)

nicht möglich ist. Es wird immer wieder Ereignisse geben, welche die bestehenden

Schutzziele überschreiten und daher zu Schäden führen können.

Page 118: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Risikoanalyse, Risikobewertung und Empfehlungen zur Risikobeherrschung (Integration) (TP4)

XtremRisK-Abschlussbericht -117- Dezember 2012

6.8.1 Methodik

Im Rahmen der in XtremRisK durchgeführten Arbeiten wurden zunächst die theoreti-

schen Grundlagen analysiert, bevor verschiedene Methoden auf ihre Nutzbarkeit zu

Ermittlung von Akzeptanzgrenzen untersucht wurden (Jacob et al. 2011). Abschlie-

ßend wurde eine Methodik zur Ermittlung der Risikoakzeptanz erarbeitet. Hierbei

wird jedoch die nicht Akzeptanz von Maßnahmen zur Reduzierung des Risikos, son-

dern die Akzeptanz des aus Überflutungen resultierenden Risikos untersucht.

In diesem Zusammenhang wurden die in der Literatur dokumentierten Konzepte ana-

lysiert und auf ihre Anwendbarkeit für Risiken durch Überflutungen im Küstenraum

bewertet. Es wurden unter anderem folgende Konzepte in die Analyse einbezogen

(Jacob et al. 2011):

- Risikoakzeptanzmodell aus PLANAT (Heinimann 2005): In der im Auftrag der

Nationalen Plattform Naturgefahren (PLANAT) der Schweiz durchgeführten

Studie an der ETH Zürich wurde ein Modell zu entwickelt, das „die analytisch-

rationale Risiko-Einschätzung und das Phänomen der ‚Risikowahrnehmung’

quantitativ verknüpft“ (Heinimann et al. 2005). Dabei wurde auch der „Aversi-

onsfaktor“ berücksichtigt, der dazu geeignet sein soll, die formal-normative Ri-

sikobeurteilung mittels eines Faktors zu korrigieren, so dass sie der Risikobe-

wertung der Bürger entspricht (Heinimann et al. 2005).

- Risikoakzeptanz in Oumeraci & Kortenhaus (2002): Das akzeptable Überflu-

tungsrisiko Rft wird definiert durch das Produkt aus der akzeptierten Überflu-

tungswahrscheinlichkeit Pft und den akzeptierten Schäden und Verlusten D.

Anschließend lässt sich das zu reduzierende Risiko als Differenz aus dem er-

mittelten Risiko R und dem akzeptablen Überflutungsrisiko Rft ermitteln, um

das verbleibende, akzeptierte Restrisiko zu erreichen.

- Risikoakzeptanz in Slaby & Urban (2002): In der Studie werden die Auswir-

kungen der Wahl zwischen verschiedenen Handlungsoptionen auf die Risiko-

akzeptanz untersucht. Dabei werden sowohl Kosten-Nutzen-Betrachtungen

sowie entscheidungstheoretische Betrachtungen angestellt. Das akzeptable

Risikoniveau ist das Risiko, welches mit der gewählten Handlungsoption ein-

hergeht. Dabei ist die Anzahl der Handlungsoptionen (Alternativen) begrenzt,

ob es noch bessere Alternativen gegeben hätte und alle gewünschten Sicher-

heitsbedürfnisse mit dieser Option befriedigt sind, ist daher irrelevant.

6.8.2 Ergebnisse und Diskussion

Im Rahmen der Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass es kein direkt an-

wendbares Modell zur Ermittlung der Risikoakzeptanz gibt. Vielmehr ist ein auf die

für das Projektgebiet zugeschnittenes Konzept aus unterschiedlichen Elementen zu

entwickeln, mit dem die in der Risikoanalyse gewonnenen Ergebnisse in Zusam-

menarbeit mit betroffenen Gruppen bewertet werden können. Dazu eignen sich fol-

gende Methoden:

Page 119: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Risikoanalyse, Risikobewertung und Empfehlungen zur Risikobeherrschung (Integration) (TP4)

XtremRisK-Abschlussbericht -118- Dezember 2012

- Methoden der Risikokommunikation: Vorstellung und Diskussion der Ergeb-

nisse der Risikoanalyse und Ableitung von Vorschlägen zur Reduzierung des

Risikos auf Grundlage der Rückmeldung betroffener Gruppen.

- Befragungen und Interviews: Gezielte und strukturierte Meinungserhebung auf

Grundlage verschiedener Szenarien und Ableitung von Erkenntnissen für die

vorliegende Risikosituation.

- ALARP-Ansatz (As Low As Reasonable Practicable, dt.: So niedrig wie ver-

nünftigerweise praktikabel): Konzept zur Einordnung der Ergebnisse der Risi-

koanalyse in drei Bereiche (1) effizienter Bereich, d.h. Maßnahmen die durch-

zuführen sind, (2) ALARP-Bereich, d.h. Maßnahmen, die individuell bewertet

werden müssen, (3) ineffizienter Bereich, d.h. Maßnahmen die nicht umsetz-

bar sind.

Die Untersuchung der Risikoakzeptanz und Festlegung von Akzeptanzgrenzen sollte

fester Bestandteil der Risikoanalyse werden. Hierzu sind jedoch weitere Untersu-

chungen und die Entwicklung eines einheitlichen Vorgehens, welches auf andere

Untersuchungsgebiete übertragbar ist, notwendig.

6.9 Maßnahmen zur Reduzierung des Risikos

Im Rahmen des TP4 wurden Maßnahmen zur Reduzierung des Flutrisikos für die

Projektgebiete Hamburg-Wilhelmsburg und Hörnum (Sylt) beispielhaft aufgezeigt und

die Wirksamkeit der Maßnahmen untersucht. Hierbei wurde der Ansatz zur Ausbil-

dung eines Systems aus kaskadierenden Flutkammern weiterentwickelt und die Re-

duktion der Schäden anhand ausgewählter Szenarien quantifiziert (Ujeyl et al

2012b).

6.9.1 Methodik

Kernelement der Schutzstrategie ist der Aufbau eines Flutkammersystems, das

durch innere Deiche gebildet wird, die lagenweise hinter der ersten Deichlinie ange-

ordnet werden, so dass im Versagensfall der ersten Deichlinie ein Ausbreiten der

Flutwelle ins Hinterland durch ein redundantes System an kaskadierenden Deich-

kammern verhindert wird (Abbildung 49).

Die Wirksamkeit der Flutkammern ist vor allem von der Standsicherheit der Deiche

abhängig. Nach dem Prinzip „Deichverstärkung statt Deicherhöhung“ wird die erste

Deichlinie erosionssicher bei Überströmen ausgelegt. Die bisher überwiegend mit

einer Grasnarbe auf der Binnenseite abgedeckten Deiche entsprechen dieser Anfor-

derung nicht. Die inneren Deiche lassen sich bei Höhen von unter 2,0 m gut in die

Landschaft integrieren. Häufig existieren noch Reste sogenannter „Schlafender Dei-

che“. Aber auch Wälle und Mauern entlang von Straßen und Wegen können für die

Kammerbildung genutzt werden. An Kreuzungspunkten mit Straßen und Plätzen

müssen hingegen temporäre Schutzanlagen verwendet werden.

Page 120: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Risikoanalyse, Risikobewertung und Empfehlungen zur Risikobeherrschung (Integration) (TP4)

XtremRisK-Abschlussbericht -119- Dezember 2012

Abbildung 49: Prinzip des kaskadierenden Flutkammersystems (Ujeyl et al. 2012b)

Das Flutkammersystem greift mit den baulichen Anpassungsmaßnahmen stark in die

Stadtstruktur ein und bedarf daher einer bauleitplanerischen Regelung. Ziel muss der

Ausgleich der unterschiedlichen Überflutungsgefahren in den Flutkammern durch

Verringerung der Vulnerabilität sein, so dass am Ende das Risiko, welches das Pro-

dukt aus Überflutungswahrscheinlichkeit und Vulnerabilität darstellt, innerhalb des

gesamten Deichhinterlandes gleich groß ausfällt (vgl. Abbildung 49).

6.9.2 Ergebnisse und Diskussion

Das Flutkammersystem wurde für die Untersuchungsgebiete Hamburg-Wilhelmsburg

und Hörnum (Sylt) angewendet und die Wirksamkeit nachgewiesen.

Für das Untersuchungsgebiet Hamburg-Wilhelmsburg ist im Folgenden die Wirk-

samkeit beispielhaft am Szenarios HH_XR2010A dargestellt. Die Deiche werden

hierbei an fast allen Abschnitten überströmt, weshalb sich das Kammersystem ring-

förmig um die gesamte Insel ziehen oder hinter den Deichen einen Retentionsraum

schaffen werden muss. Das Kaskadensystem wurde unter der Berücksichtigung der

örtlichen Höhen- und Nutzungsverhältnisse entwickelt. Die einzelnen Kammern sind

durch einfache Erddeiche, Mauern und ortsabhängige Notfallsysteme herstellbar. Die

Bauwerkshöhen betragen maximal 2,0 m. Auf diese Weise kann ein Stauraum für

das Überlaufvolumen in Höhe von 7,2 Mio. m³ im Fall des Szenarios HH_XR2010A

geschaffen werden. Im Gegensatz zur Situation ohne Flutkammern können hierdurch

die besonders schadensintensiven, inneren Stadtgebiete hochwasserfrei gehalten

werden (Abbildung 50), sodass das Risiko für tangible Werte auf fast ein Drittel redu-

ziert wird (Tabelle 28).

Page 121: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Risikoanalyse, Risikobewertung und Empfehlungen zur Risikobeherrschung (Integration) (TP4)

XtremRisK-Abschlussbericht -120- Dezember 2012

Tabelle 28: Wirksamkeitsnachweis des Flutkammersystems für tangible Schäden in Ham-

burg-Wilhelmsburg am Beispiel des Szenarios HH_XR2010A (Ujeyl et al. 2012b)

Schäden in Mio. €

Wohnbebauung Industrie / Gewerbe Verkehr

Landwirt-

schaft Gesamt

Inventar Gebäude Inventar Gebäude

Ohne Resilienz 67,57 572,47 312,84 87,15 3,71 0,21 1.043,95

Flutkammersystem 10,13 87,20 278,33 52,24 1,03 0,16 429,09

Schadensreduktion 57,44 485,27 34,51 34,91 2,68 0,05 614,86

Reduzierung des

Risikos (in %) 85% 85% 11% 40% 72% 23% 59%

Weitere Schadensminderungen lassen sich durch Anpassung der Bebauung in den

Flutkammern erreichen. Bei Einstauhöhen unter einem Meter kann die vorhandene

Bebauung mit mobilen Wänden, durch temporäres Schließen von Maueröffnungen

und Entsorgungsleitungen mit beweglichen Verschlüssen sowie durch Abdichtung

des Mauerwerks und Leitungsdurchführungen gegen drückendes Wasser abge-

schirmt werden. Bei größeren Einstauhöhen wird hingegen der Einstau hingenom-

men. Schadensminderung wird hierbei durch Verwendung wasserresistenter Bau-

stoffe, Verlegung der technischen Anlagen in höhere Bereiche und Räumbarkeit des

Inventars erreicht.

Abbildung 50: Vergleich der Überflutungsflächen in Hamburg-Wilhelmsburg für das Szenari-

en 2010 A (1) ohne Resilienz und (2) mit Kompartimentierung (Ujeyl et al. 2012b)

Page 122: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Risikoanalyse, Risikobewertung und Empfehlungen zur Risikobeherrschung (Integration) (TP4)

XtremRisK-Abschlussbericht -121- Dezember 2012

6.10 Zusammenfassung

Im Teilprojekt TP4 „Risikoanalyse, Risikobewertung und Empfehlungen zur Risiko-

beherrschung (Integration)“ wurden die in den Teilprojekten TP1a, TP1b, TP2 und

TP3 durchgeführten Analysen in einer Risikoanalyse zusammengeführt.

Darüber hinaus wurden umfangreiche Untersuchungen zur Modellierung sozio-

ökonomischer, intangibler Schäden sowie zu deren Integration mit tangiblen Schä-

den in der Risikoanalyse durchgeführt. Es konnte gezeigt werden, dass die intangib-

len Schäden einen wesentlichen Anteil am Risiko im Projektgebiet haben und daher

zukünftig in Risikoanalysen berücksichtigt werden sollten. Darüber hinaus wurde

dargestellt, wie sich tangible und intangible Schäden zu einem integrierten Schaden

zusammenführen lassen.

Die Ergebnisse der Risikoanalyse unter Berücksichtigung der Unsicherheiten zeigen,

dass ein signifikantes Risiko durch Extremsturmfluten in den Untersuchungsgebieten

vorliegt. Es ist daher notwendig, Maßnahmen zur Reduzierung des Risikos zu entwi-

ckeln und umzusetzen. Hierfür wurden verschiedene Möglichkeiten untersucht, wo-

bei die Wirksamkeit des „Kaskadierenden Flutkammersystems“ in Hamburg-

Wilhelmsburg und Hörnum (Sylt) exemplarisch nachgewiesen werden konnte.

Grundlage der Entwicklung von Maßnahmen sollten die zuvor erhobenen Risikoak-

zeptanzgrenzen darstellen, für die ein Methodenvorschlag unterbreitet wurde.

Insgesamt konnte gezeigt werden, dass mit Hilfe integrierter Risikoanalysen umfas-

sende Erkenntnisse über die Höhe des Risikos durch Überflutungen im Küstenraum

gewonnen werden können. Die entwickelten Methoden können im nächsten Schritt

auf weitere Untersuchungsgebiete übertragen werden.

Page 123: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Literatur

XtremRisK-Abschlussbericht -122- Dezember 2012

Literatur

Allsop, W., Kortenhaus, A., Morris, M., Buijs, F., Hassan, R., Young, M., Doorn, N.,

van der Meer, J., Van Gelder, P., Dyer, M., Redaelli, M., Utily, S., Visser, P.,

Bettess, R., Lesniewska, D., ter Horst, W. (2007): Failure Mechanisms for

Flood Defence Structures. FLOODsite - Integrated Flood Risk Analysis and

Management Methodologies, Report no.: T04-06-01, 211 p.

Annutsch, R. (1995): Zur Ermittlung des Reststaus bei Cuxhaven (mündliche

Auskunft).

Banner, F.T., Collins, M.B., Massie, K.S. (1979): The North-West European shelf

seas: the sea bed and the sea in motion V. 2, Elsevier, Amsterdam.

Berg, D. and Aas, K. (2007): Models for construction of multivariate dependence: A

comparison study. The European Journal of Finance, Volume 15, Issue 7 & 8,

pp. 639 – 659.

Bork, I. & S. Müller-Navarra (2005): Abschlussbericht MUSE – Modellgestützte Un-

tersuchungen zu Sturmfluten mit sehr geringen Eintrittswahrscheinlichkeiten.

Teilprojekt Sturmflutsimulationen. Hamburg.

Bruss, G., Gönnert, G., Mayerle, R. (2010): Extreme Scenarios for flood protection at

the North Sea – A numerical model study. In: Proceedings of the 32nd Inter-

national Conference on Coastal Engineering (ICCE) 2010, Shanghai, 9 S.

Buijs, F. (2007): Time-Dependent Reliability Analysis of Flood Defences. Ph.D. the-

sis, 344 p.

Burzel, A., Dassanayake, D. R., Oumeraci, H. (2012a): Development of a spatial

loss-of-life-model for Hamburg-Wilhelmsburg, Zwischenbericht zu Aktivität 4.1

im Forschungsverbundprojekt XtremRisK, 1. Entwurf, Braunschweig, 68S.

Burzel, A., Preiß, J., Gönnert, G., Dassanayake, D. R., Oumeraci, H. (2012b): Meth-

odology for an Ecosystem Risk Assessment in Integrated Risk Analysis and

the Practical Implementation on Sylt Island, Zwischenbericht zu Aktivität 4.1

im Forschungsverbundprojekt XtremRisK (in Bearbeitung)

Burzel, A., Dassanayake, D. R., Oumeraci, H. (2012c): Methodology for an Integrat-

ed Risk Analysis on Extreme Storm Surges, Zwischenbericht zur Aktivität 4.4

im Forschungsverbundprojekt XtremRisK (in Bearbeitung)

Page 124: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Literatur

XtremRisK-Abschlussbericht -123- Dezember 2012

Burzel, A., Dassanayake, D. R., Oumeraci, H. (2012d): Practical Implementation of

the Methodology for an Integrated Risk Analysis in Hamburg and Sylt,

Zwischenbericht zur Aktivität 4.8 im Forschungsverbundprojekt XtremRisK (in

Bearbeitung)

Burzel, A., Dassanayake D.R., Oumeraci, H. (2012e): Spatial Modelling of tangible

and intangible Losses in Integrated Risk Analysis – Results of the XtremRisK

Project. Proceedings 2nd European Conference on FLOODrisk Management,

Rotterdam, The Netherlands.

Burzel, A., Oumeraci, H. (2012). Development of a Framework for the Spatial Model-

ling of Extreme Risks and the Consideration of Risk Acceptance: Progress

Report 1: Cellbased Risk Assessment (CRA) Approach. Braunschweig.

Cai, Y., Gouldby, B.P., Hawkes, P.J. and Dunning, P.: Statistical simulation of flood

variables: incorporating short-term sequencing. J. Flood Risk Management, 1

(1), 3–12, 2008.

Dangendorf, S., Burzel, A., Wahl, T., Mudersbach, C., Jensen, J. und Oumeraci, H.

(2012): Unsicherheits- und Sensitivitätsanalyse im Rahmen einer integrierten

Risikoanalyse, Zwischenbericht zur Aktion 4.5 des XtremRisK-Projektes.

Dassanayake, D. R., Burzel, A., Oumeraci, H. (2010): Framework and Methods for

the Evaluation of Intangible Losses and their Integration in Coastal Flood Risk

Analysis, Zwischenbericht zur Aktivität 4.1 im Forschungsverbundprojekt

XtremRisK

Dassanayake, D. R., Burzel, A., Oumeraci, H. (2012a): Evaluation of Cultural Loss-

es, Zwischenbericht zur Aktivität 4.1 im Forschungsverbundprojekt XtremRisK

Dassanayake, D. R., Burzel, A., Oumeraci, H. (2012b): Integration of Tangible and

Intangible Losses – A GIS based Multicriteria (MCA) Approach, Zwischenber-

icht Aktivität 4.2 im Forschungsverbundprojekt XtremRisK

Dassanayake, D.R., Burzel, A., Oumeraci, H. (2012c). Intangible Flood Losses:

Methodologies for their Evaluation and Integration in Flood Risk Analysis.

Proceedings 2nd European Conference on FLOODrisk Management, Rotter-

dam, The Netherlands.

Degen H. und Lorscheid P. (2002): Statistik-Lehrbuch, Oldenbourg Wissen-

schaftsverlag , 2. bearbeitete Auflage, ISBN: 9783486272406.

Page 125: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Literatur

XtremRisK-Abschlussbericht -124- Dezember 2012

D'Eliso, C., Oumeraci, H., Kortenhaus, A. (2006): Breaching of coastal dikes induced

by wave overtopping. Proceedings 30th International Conference Coastal En-

gineering (ICCE), ASCE, Volume 3, San Diego, USA, pp. 2844-2856.

Dick, S. (2000): Die Sturmflut am 3. Dezember 1999 – Fallstudien mit dem Wind-

staumodell des BSH. Vortrag auf dem Workshop zu Sturmfluten, organisiert

durch die Bundesanstalt für Wasserbau Hamburg, Deutschland.

Dick, S., Kleine, E., Müller-Navarra, S.H., Klein, H., Komo, H. (2001): The Opera-

tional Model of BSH (BSHcmod) – Model description and validation. Berichte

des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie: 29.

DWD, Deutscher Wetterdienst (2009) http://www.deutscher-wetterdienst.de/lexikon/

index.htm?ID=B&DAT=Beaufort-Skala.

Elsner, W., Otte, C., Yu, I. (2005): Klimawandel und regionale Wirtschaft, Ver-

mögensschäden und Einkommensverluste durch extreme Klimaereignisse

sowie Kosten-Nutzen-Analyse von Schutzmaßnahmen am Beispiel der nord-

westdeutschen Küstenregion; Bremen

Emschergenossenschaft, Hydrotec (2004): Hochwasser-Aktionsplan Emscher, Es-

sen

EurOtop (2007): European Overtopping Manual. Pullen, T., Allsop, N.W.H., Bruce,

T., Kortenhaus, A., Schüttrumpf, H., Van der Meer, J.W., Kuratorium für For-

schung im Küsteningenieurwesen: Die Küste, Heft 73, www.overtopping-

manual.com.

Genest, C. and Favre, A-C.: Everything you always wanted to know about copula

modeling but were afraid to ask, J. Hydrol. Eng., 12(4), 347–368, 2007.

Genest, C., Rémillard, B., and Beaudoin, D. (2009): Goodness-of-fit tests for copu-

las: A review and a power study, Insurance Math. Econom, 44, 199–213.

Gönnert, G. (2009): Zugbahnen der Tiefdruckgebiete, die Fernwellen in der Nordsee

verursacht haben. Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer der Freien

und Hansestadt Hamburg, Hamburg (unveröffentlicht).

Gönnert, G. & K. Sossidi (2011a): A new approach to calculate extreme storm surg-

es: Analysing the interaction of storm surge components. In: Benassai, G.,

C.A. Brebbia & G.R. Rodriguez (Hrsg.) (2011): Coastal Processes II.

Southhampton, S. 139-151.

Page 126: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Literatur

XtremRisK-Abschlussbericht -125- Dezember 2012

Gönnert, G. & K. Sossidi (2011b): A new approach to calculate extreme storm surg-

es, 25th ICID European Regional Conference, Deltas in Europe 2011,

www.icid2011.nl/node/38.

Gönnert, G. & W. Siefert (1998): Sturmflutatlas Cuxhaven. Strom- und Hafenbau,

Studie Nr. 91. Hamburg.

Gönnert, G. (2003): Sturmfluten und Windstau in der Deutschen Bucht. In: Die

Küste, H. 67, S. 185-365.

Gönnert, G., Gerkensmeier, B., Sossidi, K., Thumm, S. (2011b): Extremsturmfluten

am Pegel Hörnum auf Sylt. Zwischenbericht Teilprojekt 1a, Hamburg.

Gönnert, G., Gerkensmeier, B., Sossidi, K., Thumm, S. (2012) Extremsturmfluten an

offenen Küsten und Ästuargebieten. Endbericht Teilprojekt 1a zum bmbf-

Forschungsverbundvorhaben XtremRisK, Hamburg.

Gönnert, G., Gerkensmeier, B., Sossidi, K., Thumm, S., Jensen, J., Wahl, T.

(2011a): Katalog der Extremsturmfluten. Zwischenbericht des Teilprojekt 1.

Gönnert, G., Gerkensmeier, B., Müller, J.-M., Sossidi, K., Thumm, S. (2010): Zur

hydrodynamischen Interaktion zwischen den Sturmflutkomponenten Wind-

stau, Tide und Fernwelle, Zwischenbericht Teilprojekt 1a, Projekt XtremRisK.

Gönnert, G., Gerkensmeier, B. (2012): Empirical analyses of extreme storm surges

– Results of the XtremRisK project. Proceedings 2nd European Conference

on FLOODrisk Management, Rotterdam, The Netherlands

Gönnert, G., Jensen, J., von Storch, H., Thumm, S., Wahl, Th., Weisse, R. (2009):

Der Meeresspiegelanstieg - Ursachen, Tendenzen und Risikobewertung. In:

Die Küste, Heft 76.

Gringorten, I. I. (1963): A plotting rule for extreme probability paper. J. Geophys.

Res., 68, No. 3, 813–814.

Gröschel (2009): Untersuchungen zur Verformung einer extremen Tidekurve entlang

der Elbe auf Basis von Pegelbeobachtungen. Diplomarbeit, Forschungsinsti-

tut Wasser und Umwelt, Universität Siegen.

Hallegatte, S. (2008): An adaptive regional input-output model and its application to

the assessment of the economic costs of Katrina. Risk Analysis 25 (3): 779-

799

Page 127: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Literatur

XtremRisK-Abschlussbericht -126- Dezember 2012

Heinimann, H. R., Hollenstein, K., Plattner, T. (2005): Risikobewertung von

Naturgefahren. Schlussbericht. Nationale Plattform Naturgefahren PLANAT.

Eidgenössische Technische Hochschule Zürich ETHZ, Zürich.

Horsburgh, K.J. & C. Wilson (2007): Tide-surge interaction and its role in the distri-

bution of surge residuals in the North Sea. Journal of Geophysical Research

112 (C8): Art. No. C08003. 10.1029/2006JC004033.

Jacob, K., Gönnert, G., Burzel, A., Oumeraci, H. (2011): Methoden zur Ermittlung

der Risikoakzeptanz in überflutungsgefährdeten Gebieten. Zwischenbericht

im Verbundprojekt XtremRisK, Braunschweig und Hamburg, 161 S.

Jensen, J., Mudersbach, C., Bork, I., Müller-Navarra, S., Koziar, C., Renner, V.

(2005): Modellgestützte Untersuchungen zu Sturmfluten mit sehr geringen

Eintrittswahrscheinlichkeiten (MUSE) – Abschlussbericht zum BMBF For-

schungsvorhaben 03KISO039 (KFKI Fördernummer 78). Siegen.

Jensen, J., Mudersbach, C., Müller-Navarra, S., Bork, I., Koziar, C., Renner, V.

(2006): Modellgestützte Untersuchungen zu Sturmfluten mit sehr geringen

Eintrittswahrscheinlichkeiten an der Deutschen Nordseeküste. Die Küste, 71.

Jones, J.E., & A.M. Davies (2007): Influence of non-linear effects upon surge eleva-

tions along the west coast of Britain. Ocean Dynamics 57: 401-416.

Jonkman, S. (2007). Loss of life estimation in flood risk assessment - Theory and

applications (Ph.D.-Thesis). Delft University of Technology, Delft, The Nether-

lands.

Karmakar, S.; Simonovic, S. P. (2008): Bivariate flood frequency analysis: Part 1 -

Determination of marginals by parametric and nonparametric techniques.

Journal of Flood Risk Management, 1, 190–200.

Kaste, D. (2011): Untersuchung der Grasqualität und Modellierung der Graserosion

von Deichen bei Wellenüberlauf am Beispiel von Hamburg Wilhelmsburg. TU

Braunschweig, Studienarbeit, Leichtweiß-Institut für Wasserbau, 50 S. (nicht

veröffentlicht).

Kortenhaus, A. (2003): Probabilistische Methoden für Nordseedeiche. Ph.D. thesis,

Dissertation, Fachbereich Bauingenieurwesen, Leichtweiß-Institut für Was-

serbau, Technische Universität Braunschweig (22.01.2003), Braunschweig,

Germany, 154 S.

Page 128: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Literatur

XtremRisK-Abschlussbericht -127- Dezember 2012

Kreibich, H., Seifert, I., Thieken, A. (2010): Hochwasserschäden – Erfassung, Ab-

schätzung und Vermeidung, oekom, München

Kutschera, G. (2008) Analyse der Unsicherheiten bei der Ermittlung der Schaden-

spotentiale infolge Überschwemmung (Fakultät für Bauingenieurwesen der

Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen); Krefeld 2008

Laucht, H. (1968): Über hohe Sturmfluten und ihre Häufigkeit in Hamburg. In:

Schriftenreihe der Behörde für Wirtschaft und Verkehr der Freien und Hans-

estadt Hamburg, 4.

Lesser, G., Roelvink, J., van Kester, J., Stelling, G. (2004): De-velopment and vali-

dation of a three-dimensional morpho-logical model. Coastal Engineering

51(8-9): 883–915.

Malcherek, A. (2010): Gezeiten und Wellen: Die Hydromechanik der Küsten-

gewässer. Vieweg und Teubner, Wiesbaden, 1. Auflage.

Mayerle, R., Bruss, G., Osinski, R. (2010): Sensitivitätsstudie zur Physik von Sturm-

fluten in der Deutschen Bucht. Forschungs- und Technologiezentrum

Westküste, Christian-Albrecht-Universität zu Kiel (unveröffentlicht).

MEA 2005: Millennium Ecosystem Assessment: Ecosystems and human well-being.

Synthesis. Washington, DC.

Meyer, V. (2007): GIS-based Multicriteria Analysis as Decision Support in Flood Risk

Management. FLOODsite project report, HR Wallingford, UK.

Mudersbach, C. und Jensen, J. (2009): Extremwertstatistische Analyse von histor-

ischen, beobachteten und modellierten Wasserständen an der Deutschen

Ostseeküste, Die Küste, 75.

Müller-Navarra, S., W. Lange, S. Dick, Soetje, K:C. (2003): Über die Verfahren der

Wasserstands- und Sturmflutvorhersage. Hydrodynamisch-numerische Mod-

elle der Nord- und Ostsee und ein empirisch-statistisches Verfahren für die

Deutsche Bucht. In: Promet, Jg. 29, Nr. 1-4, S. 117-124.

Naulin, M., Kortenhaus, A., Oumeraci, H. (2011): Extremsturmfluten an offenen

Küsten und Ästuargebieten; Teilprojekt 2: Belastung, Bruch und

Bruchentwicklung von Hochwasserschutzwerken (Risikowege), Vortrag beim

Workshop vom 28.03.2011 in Hamburg.

Page 129: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Literatur

XtremRisK-Abschlussbericht -128- Dezember 2012

Naulin, M., Wahl, T., Kaste, D., Dangendorf, S. (2009): Zur Digitalisierung von Tie-

fenplänen und Pegelbögen – Methodik und Ergebnisse der Digitalisierung mit

Hilfe der Software Didger, Bericht zum Forschungsverbundvorhaben Xtrem-

RisK.

Naulin, M., Hinze, K., Kortenhaus, A., Oumeraci, H. (2012): Reliability analysis of

grass-covered sea and estuary dikes focusing on time-dependent failure

mechanisms - State of the art Report; Leichtweiß-Institute (in preparation).

Naulin, M., Kortenhaus, A., Oumeraci, H. (2010a): Breaching of coastal dikes.

XtremRisK, Teilprojekt 2: Zwischenbericht, Entwurf, 2010.

Naulin, M., Kortenhaus, A., Oumeraci, H. (2010b): Failure mechanisms of flood de-

fences XtremRisK, Teilprojekt 2: Zwischenbericht, Entwurf, 2010.

Naulin, M., Kortenhaus, A., Oumeraci, H. (2010c): Failure probability of flood de-

fence structures/systems in risk analysis for extreme storm surges. Proceed-

ings 32nd International Conference Coastal Engineering (ICCE), ASCE,

Shanghai, China, 15 p.

Naulin, M., Kortenhaus, A., Oumeraci, H. (2011a): Reliability Analysis and Breach

Modelling of Coastal and Estuarine Flood Defences. 3rd International Sympo-

sium on Geotechnical Safety and Risk (ISGSR), Munich, Germany, 577-585.

Naulin, M., Kortenhaus, A., Oumeraci, H. (2011b): Reliability Analysis and Breach

Modelling of Coastal and Estuarine Flood Defences. 3rd International Sympo-

sium on Geotechnical Safety and Risk (ISGSR), Munich, Germany, 1 p. (ac-

cepted).

Naulin M., Kortenhaus A., Oumeraci H. (2012): Reliability Analysis and Breach Mod-

elling of Flood Defences in an Integrated Risk Analysis – Results of the

XtremRisK Project. Proceedings 2nd European Conference on FLOODrisk

Management, Rotterdam, The Netherlands.

Naulin, M., Pförtner, S., Geisenhainer, P., Kortenhaus, A., Oumeraci, H. (2009):

Beschreibung der Hochwasser- und Küstenschutz-Systeme und Komponen-

ten. XtremRisK, Teilprojekt 2: Zwischenbericht, 2. Entwurf, August 2009.

NCEP (National Centers of Environmental Prediciton) (2009): Archiv der NCEP Re-

analysis (http://www.wetterzentrale.de/topkarten/fsreaeur.html, Zugriff:

11.12.2009).

Page 130: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Literatur

XtremRisK-Abschlussbericht -129- Dezember 2012

Nelsen, R.B. (1999): An introduction to copulas. Lecture Notes in Statistics, 139,

Springer, New York.

Niewerth, S. (2011): Analyse der Versagenswahrscheinlichkeit von Hochwasser-

schutzwänden bei Extremsturmfluten, Studienarbeit. Leichtweiß-Institut für

Wasserbau, Technische Universität Braunschweig.

Oumeraci, H., Kortenhaus, A. (2002): Risk Based Design of Coastal Flood Defenc-

es: A Suggestion for a Conceptual Framework. In: Proceedings 28th Interna-

tional Conference on Coastal Engineering (ICCE), ASCE, Cardiff, 1-13

(2399–2411).

Oumeraci, H., Schüttrumpf, H., Bleck, M. (1999): Wave overtopping at seadikes.

Berichte Leichtweiß-Institut für Wasserbau, Technische Universität Braun-

schweig, Nr. 846, Braunschweig, Germany.

Oumeraci, H. (2004). Sustainable Coastal Flood Defences: Scientific and Modelling

Challenges Towards an Integrated Risk-Based Design Concept. Keynote Lec-

ture. International Conference on Flood Risk Assessment, Bath.

Oumeraci, H., Gönnert, G., Jensen, J., Kortenhaus, A., Pasche, E. (2008): An-

tragsskizze für das Verbundprojekt „”Extremsturmfluten an offenen Küsten

und Ästuargebieten: Risikoermittlung und -beherrschung im Klimawandel”,

Braunschweig (u.a.), 71 S.

Oumeraci, H., Kortenhaus, A., Burzel, A., Naulin, M., Dassanayake, D.R., Jensen,

J., Wahl, T., Mudersbach, C., Gönnert, G., Thumm, S., Gerkensmeier, B.,

Fröhle, P., Daemrich, K.-F., Pasche, E., Ujeyl, G. (2012): Integrated Flood

Risk Analysis for Extreme Storm Surges at Open Coasts and in Estuaries:

Background, Methodology, Key Results and Lessons Learned - Results of the

XtremRisK Project. Proceedings 2nd European Conference on FLOODrisk

Management, Rotterdam, The Netherlands.

Penning-Rowsell, E., Floyd, P., Ramsbottom, D., & Surendran, S. (2005). Estimating

Injury and Loss of Life in Floods: A Deterministic Framework. Natural Haz-

ards, 36 (1-2), 43-64. doi:10.1007/s11069-004-4538-7

Pugh, D.T. (2004): Changing Sea Levels: Effects of Tides, Weather and Climate.

Cambridge Univ. Press, Cambridge.

Page 131: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Literatur

XtremRisK-Abschlussbericht -130- Dezember 2012

Pullen, T., Allsop, N.W.H., Bruce, T., Kortenhaus, K., Schüttrumpf, H. and van der

Meer, J.W.: EurOtop – Wave Overtopping of Sea Defences and Related

Structures: Assessment Manual, Die Küste, 73, 193 pp., 2007.

Rudolph, E. (2011): Modellierung von Extremsturmfluten im Elbästuar am Beispiel

des Sturmflutszenarios HH_XR2010C, Vortrag beim XtremRisK-Arbeitstreffen

vom 30.05.2011.

Ruocco, A.C., Nicholls, R.J., Haigh, I.D. and Wadey, M.: Reconstructing coastal

flood occurrence combining sea level and media sources: a case study of the

Solent, UK since 1935, Natural Hazards, doi: 10.1007/s11069-011-9868-7,

online first, 2011.

Schmidt, H. & H. von Storch (1993): German Bight Storms Analysed. In: Nature

(365) 28.10.: 791.

Schmitz et al. (2010): Baukosten 2010/2011. Instandsetzung, Umnutzung, Modern-

isierung, Sanierung, Verlag für Wirtschaft und Verwaltung, Hubert Wingen,

Essen

Schmitz, H.P. (1965): Modellrechnungen zur Deep-Water-Surge-Entwicklung – Das

External Surge Problem. In: Deutsche Hydrographische Zeitschrift, Nr. 1 (18)

2, S. 49-70.

Schmitz, H. P., D. Habicht, Volkert, H. (1988): Barotropic Numerical Experiments on

External Surge Generation at the Edge of the North Western European Shelf.

In: Gerlands Beiträge zur Geophysik 97/5, S. 422-437.

Schulte-Rentrop, A. & E. Rudolph (2011): Effects of climate change on storm surges

in th Elbe estuary – a sensitivity study. BAW – Klimzug Nord. http://klimzug-

nord.de/file.php/2011-04-06-BAW_Elbe_storm_surges_250311.pdf

Siefert, W. & H. Lassen (1985): Gesamtdarstellung der Wasserstandsverhältnisse

im Küstenfeld der Deutschen Bucht nach neuen Pegelauswertungen. In. Die

Küste, H. 42, S. 2-76.

Siefert, W. & K. Havnø (1989): Sturmflutuntersuchungen für die Elbe mit den math-

ematisch-hydraulischen Modellen des Dänischen Hydraulischen Institutes. In:

Hamburger Küstenforschung, Heft 46, Hamburg.

Siefert, W. (1998): Bemessungswasserstände 2085 A entlang der Elbe. Ergebnisse

einer Überprüfung durch die Länderarbeitsgruppe nach 10 Jahren (1995/96).

In: Die Küste, H. 60, S. 227-255.

Page 132: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Literatur

XtremRisK-Abschlussbericht -131- Dezember 2012

Slaby, M., Urban, D. (2002): Risikoakzeptanz als individuelle Entscheidung – Zur

Integration der Risikoanalyse in die nutzentheoretische Entscheidungs- und

Ein-stellungsforschung. In: Schriftenreihe des Instituts für Sozialwissenschaf-

ten der Universität Stuttgart.

Stanczak, G., Oumeraci, H. (2012a): Model for prediction of sea dike breaching initi-

ated by breaking wave impact. Natural Hazards, Vol. 61, No. 2, pp. 673-687.

Stanczak, G., Oumeraci, H. (2012b): Modeling sea dike breaching induced by break-

ing wave impact-laboratory experiments and computational model. Amster-

dam, The Netherlands: Elsevier, Coastal Engineering, vol. 59, no. 1, pp. 28-

37.

Stedinger, J. R., Vogel, R. M. and Foufoula-Georgiou, E.: Frequency Analysis of Ex-

treme Events, Chapter 18, Handbook of Hydrology, D. Maidment (ed.),

McGraw-Hill, Inc., New York, 1993.

Steetzel, H. J. (1993): Cross-shore transport during storm surges. Ph.D. thesis, Den

Haag, The Netherlands, 242 p., 1 Appendix.

Tang, Y. M., R. Grimshaw, B. Sanderson, Holland, G. (1996): A numerical study of

storm surges and tides, with application to the North Queensland Coast. In:

Journal of Physical Oceanography, 26, S. 2700-2711.

Tuan, T. Q., Oumeraci, H. (2010): A numerical model of wave overtopping on

seadikes. Coastal Engineering, 57, 757-772.

Tuan, T. Q., Oumeraci, H. (2012): Modelling of wave overtopping-induced erosion of

grassed inner sea-dike slopes. Springer: Natural Hazards, Vol. 61 (published

30 March 2012 online first).

Ujeyl et al. (2012a): Erweiterung der Modellierungsplattform und Ermittlung der

maßgeben den Wasserstands- und Wellenhöhen im städtischen Gebiet der

Unterelbe, Zwischenbericht TP3 zum Forschungsverbundvorhaben

XtremRisK, (in Bearbeitung)

Ujeyl et al. (2012b): Vulnerabilitätsanalyse in den Pilotgebieten, Szenarienstudie zur

Flutungswahrscheinlichkeit und Schadensanalyse, Zwischenbericht TP3 zum

Forschungsverbundvorhaben XtremRisK, (in Bearbeitung)

Page 133: Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuarge- bieten ... · des „Risk Source-Pathway-Receptor“-Konzepts vorgestellt und diskutiert. Ziel des XtremRisK-Projekts ist die Entwicklung

Extremsturmfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten

Literatur

XtremRisK-Abschlussbericht -132- Dezember 2012

Ujeyl. G., Fröhle, P., Pasche, E. (2012c): Evaluating direct damages of residential

and commercial assets on a micro scale – Results of the XtremRisK Project.

Proceedings 2nd European Conference on FLOODrisk Management, Rotter-

dam, The Netherlands.

Wahl, T., Mudersbach, C., and Jensen J. (2012a): Assessing the hydrodynamic

boundary conditions for risk analyses in coastal areas: A multivariate statisti-

cal approach based on Copula functions, Nat. Hazards Earth Syst. Sci., ac-

cepted, DOI 10.5194/nhess-11-2925-2011.

Wahl, T., Mudersbach, C., Jensen, J. (2012b): Statistical assessment of storm surge

scenarios within integrated risk analyses – Results of the XtremRisK Project.

Proceedings 2nd European Conference on FLOODrisk Management, Rotter-

dam, The Netherlands.

Wahl, T., Mudersbach, C., Gröschel, M., Jensen, J. (2011a): Entwicklung eines sto-

chastischen Sturmflutgenerators und die multivariate statistische Einordnung

der Simulationsergebnisse, Zwischenbericht des TP1b zum Forschungsver-

bundvorhaben XtremRisK.

Wahl, T., Mudersbach, C., Gröschel, M., Jensen, J. (2011b): Ermittlung

maßgebender Seegangsverhältnisse für das Untersuchungsgebiet Sylt und

deren Berücksichtigung in der statistischen Analyse, Zwischenbericht des

TP1b zum Forschungsverbundvorhaben XtremRisK.

Wahl, T., Mudersbach, C., and Jensen, J. (2011c): Assessing the hydrodynamic

boundary conditions for risk analyses in coastal areas: a stochastic storm

surge model, Nat. Hazards Earth Syst. Sci., 11, 2925-2939,

doi:10.5194/nhess-11-2925-2011.


Recommended