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Examensklausur vom 31.10 - uni-trier.de

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Examensklausur vom 31.10.2018 Examensklausurenkurs WS 18/19 Prof. Dr. Till Zimmermann Prof. Dr. Till Zimmermann
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Examensklausur vom 31.10.2018

Examensklausurenkurs WS 18/19

Prof. Dr. Till Zimmermann

Prof. Dr. Till Zimmermann

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Aufgabe A: Sachverhalt Die spanischen Staatsangehörigen A und B sind bereits seit Kindertagen Fans der sog. „Königlichen“, einem der größten Fußballclubs in Spanien (im Folgendennur noch „Real“ genannt) und verfolgen mit großer Begeisterung die aktuelle Champions League-Saison, in welcher der Verein erstmals zum 3. Mal in Folgeden begehrten Pokal gewinnen könnte. Die Spiele der Champions League finden dabei in ganz Europa statt (Hin- und Rückspiel im jeweiligen Land derbeteiligten Mannschaften; Finale in einer europäischen Großstadt). Nachdem sich Real nach einem grandiosen Halbfinale in München und Madrid durchsetzenkonnte, freuen die beiden sich auf das Finale in Berlin und die Verwirklichung ihres großen Fan-Traums.

Um sich auch zukünftig die teuren Dauertickets, neue Trikots und Reisen zu Auswärtsspielen leisten zu können, schließen A und B Sportwetten ab, bei denensie jedoch eher mäßige Erfolge einfahren. Als die Finalpaarung der Champions League feststeht – Real gegen die „Reds“, einen der größten FußballclubsEnglands –, beschließen die beiden, all ihr Geld in eine Wette auf dieses Spiel zu investieren. Um sich dabei einen „kleinen Vorteil“ zu verschaffen und ihreGewinnchancen zu erhöhen, beschließen sie, sowohl einen beteiligten Spieler als auch den Schiedsrichter des Finalspiels für sich zu gewinnen. A und B wissen,dass die Reds vor allem dank ihres Starspielers S gute Siegeschancen haben – und planen daher, diese Risikoquelle wie folgt auszuschalten: A ist durch seinelange Vereinstreue mit einigen Real-Spielern eng befreundet und kontaktiert in einem Madrider Kaffee R, einen der Stammspieler von Real. A bietet R 10.000 €an, sofern dieser im Finalspiel den S durch ein massiv unsportliches Foul verletzen würde. Um dem eigenen Verein dadurch aber nicht zu schaden, kontaktiertB wenige Tage vor dem Finalspiel den schottischen Final-Schiedsrichter H in Berlin. Dieser soll, als Gegenleistung für eine Summe von 50.000 ₤, den R beiseiner Aktion unterstützen und ihn lediglich mit der gelben Karte bestrafen. Ein Platzverweis („rote Karte“), der in einem solchen Fall nach den Fußballregelnzwingend zu verhängen wäre, soll in keinem Fall erteilt werden.

Sowohl R als auch H willigen ein. B setzt im Nachgang mit seinem Gespräch mit H im Berliner Wettbüro W den Großteil der gemeinsamen Ersparnisse, rund200.000 €, auf den Sieg ihrer Mannschaft.

Am 26. Mai findet das Finale der Champions League wie geplant in Berlin statt. Absprachegemäß verletzt R den S so schwer, dass dieser bereits nach fünfMinuten den Platz verlassen muss, H ahndet das Foul entsprechend der Abmachung nicht mit einem Platzverweis, obwohl dies den Regeln entsprechen würde,und lässt R sogar nur mit einer Verwarnung davonkommen. Am Ende des Abends gewinnt Real zum 3. Mal in Folge die Champions League. A und B freuen sichüber den Sieg ihrer Mannschaft und den beträchtlichen Wettgewinn in Höhe von ca. 1 Mio. Euro.

Aufgabe 1: Wie haben sich A, B und H nach dem StGB strafbar gemacht? §§ 223, 224, 263, 284, 285 und 299 StGB sind nicht zu prüfen. 1 britisches Pfund (₤) entspricht ca. 1,1 €.

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Aufgabe A – Lösung Vorüberlegungen

Welche Delikte kommen in Betracht? Viele Delikte sind ausgeschlossen! Einzig relevant: §§ 265c, 265d, 265e StGB

Welche Handlungen sind relevant? Absprache mit R (Angebot + Annahme) Absprache mit H (Angebot + Annahme)

AT-Probleme? Mittäterschaft Vorsatz bei Regelbeispielen?

Besonderheiten einer SPB-Klausur Anwendbarkeit deutschen Strafrecht §§ 3, 9; § 5 Nr.10a

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Aufgabe A – Lösung § 265c Sportwettbetrug

(1) Wer als Sportler oder Trainer einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er denVerlauf oder das Ergebnis eines Wettbewerbs des organisierten Sports zugunsten des Wettbewerbsgegners beeinflusse und infolgedessen ein rechtswidrigerVermögensvorteil durch eine auf diesen Wettbewerb bezogene öffentliche Sportwette erlangt werde, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mitGeldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer einem Sportler oder Trainer einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht odergewährt, dass er den Verlauf oder das Ergebnis eines Wettbewerbs des organisierten Sports zugunsten des Wettbewerbsgegners beeinflusse und infolgedessenein rechtswidriger Vermögensvorteil durch eine auf diesen Wettbewerb bezogene öffentliche Sportwette erlangt werde.

(3) Wer als Schieds-, Wertungs- oder Kampfrichter einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oderannimmt, dass er den Verlauf oder das Ergebnis eines Wettbewerbs des organisierten Sports in regelwidriger Weise beeinflusse und infolgedessen einrechtswidriger Vermögensvorteil durch eine auf diesen Wettbewerb bezogene öffentliche Sportwette erlangt werde, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahrenoder mit Geldstrafe bestraft.

(4) Ebenso wird bestraft, wer einem Schieds-, Wertungs- oder Kampfrichter einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet,verspricht oder gewährt, dass er den Verlauf oder das Ergebnis eines Wettbewerbs des organisierten Sports in regelwidriger Weise beeinflusse undinfolgedessen ein rechtswidriger Vermögensvorteil durch eine auf diesen Wettbewerb bezogene öffentliche Sportwette erlangt werde.

(5) Ein Wettbewerb des organisierten Sports im Sinne dieser Vorschrift ist jede Sportveranstaltung im Inland oder im Ausland,

1.die von einer nationalen oder internationalen Sportorganisation oder in deren Auftrag oder mit deren Anerkennung organisiert wird und

2.bei der Regeln einzuhalten sind, die von einer nationalen oder internationalen Sportorganisation mit verpflichtender Wirkung für ihreMitgliedsorganisationen verabschiedet wurden.

(6) 1Trainer im Sinne dieser Vorschrift ist, wer bei dem sportlichen Wettbewerb über den Einsatz und die Anleitung von Sportlern entscheidet. 2Einem Trainerstehen Personen gleich, die aufgrund ihrer beruflichen oder wirtschaftlichen Stellung wesentlichen Einfluss auf den Einsatz oder die Anleitung von Sportlernnehmen können.

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Aufgabe A – Lösung A. Strafbarkeit des B und A gem. §§ 265c II, IV, 265e, 25 II StGB

I. Anwendbarkeit deutschen Strafrechts1. § 5 Nr. 10a StGB

Problem: Wettbewerb im Inland?

Pro: Champions League wird europaweit ausgetragen, einige Spiele finden auch im Inland statt (bspw. Ein Halbfinalspiel in München, das wettgegenständliche Finale in Berlin)

Contra: Gesamter Wettbewerb muss im Inland stattfinden, Aufteilung nicht möglich.

Hier: Eher (+)

2. §§ 3, 9 StGB

Handlungsort

Absprache mit H (+)

Absprache mit R (-)

Wetteinsatz irrelevant

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Aufgabe A – Lösung Erfolgsort

Achtung: §§ 265c, 265d = abstrakte Gefährdungsdelikte!

Erfolgsort von Abstrakten Gefährdungsdelikten ist grundsätzlich umstritten!

Hier irrelevant (da mind. § 5 Nr. 10a StGB (+))

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Aufgabe A – Lösung II. Tatbestand

1. Objektiver Tatbestanda. Täter auf Vorteilsgeberseite

b. Täter auf Vorteilsnehmerseite

§ 265c II, R= Sportler

§ 265c IV, H = Schiedsrichter

c. Tathandlung

Anbieten, versprechen, gewähren (+)

SV unklar, anbieten aber mind. (+)

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Aufgabe A – Lösung Problem: A und B kontaktieren jeweils nur einen der Komplizen!

§ 25 II StGB?

Gemeinsamer Tatplan (+)

Gemeinsame Begehungsweise

Strenge Tatherrschaftslehre (-)

Weite Tatherrschaftslehre (+)

Subjektive Kombinationstheorie des BGH (+)

Hier: (+)

d. Tatobjekt

Vorteil

„Vorteil ist jede Leistung (iwS), auf die der Empfänger keinen Rechtsanspruch hat und die seine wirtschaftliche oder auch nur persönliche Lage objektiv verbessert“

Hier: 10.000 € / 50.000 £, (+)

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Aufgabe A – Lösung (Exkurs) Exkurs: Bestimmungseignung des Vorteils?

„Darf man einem Millionär straflos eine Zuwendung anbieten, während dieselbe Offerte einem armen Schlucker gegenüber strafbar wäre?“

Roxin: Vermögen/Einkommen des Vorteilsempfängers ist irrelevant, Differenzierung wäre sozial unvertretbar.

h. M.: Beachtliche Differenzierung, Frage des Einzelfalls.

Zimmermann: H.M. (+), Beurteilung erfolgt jedoch nicht ausschließlich am Einzelfall!

Stufenmodell

§ 40 StGB

Zwischen 5 - 30.000 € als “Einzelfallspielraum“

Einkommenstagessatz

§ 17 I OWiG

1.000 € als Höchstgrenze

Wertung der Norm: Ab 1.000 € liegt in jedem Fall ein motivationsgeeigneter Vermögensnachteil vor!

Lösung: Wertungsspielraum im Einzelfall zwischen 5 – 1.000 €

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§ 40 StGBVerhängung in Tagessätzen

(1) Die Geldstrafe wird in Tagessätzen verhängt. Sie beträgtmindestens fünf und, wenn das Gesetz nichts anderesbestimmt, höchstens dreihundertsechzig volle Tagessätze.

(2) Die Höhe eines Tagessatzes bestimmt das Gericht unterBerücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichenVerhältnisse des Täters. Dabei geht es in der Regel von demNettoeinkommen aus, das der Täter durchschnittlich an einemTag hat oder haben könnte. Ein Tagessatz wird auf mindestenseinen und höchstens dreißigtausend Euro festgesetzt.

(3) Die Einkünfte des Täters, sein Vermögen und andereGrundlagen für die Bemessung eines Tagessatzes könnengeschätzt werden.

(4) In der Entscheidung werden Zahl und Höhe der Tagessätzeangegeben.

Aufgabe A – Lösung (Exkurs)

§ 17 OWiGHöhe der Geldbuße

(1) Die Geldbuße beträgt mindestens fünf Euro und, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt, höchstens eintausend Euro.

(2) Droht das Gesetz für vorsätzliches und fahrlässiges Handeln Geldbuße an, ohne im Höchstmaß zu unterscheiden, so kann fahrlässiges Handeln im Höchstmaß nur mit der Hälfte des angedrohten Höchstbetrages der Geldbuße geahndet werden.

(3) Grundlage für die Zumessung der Geldbuße sind die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und der Vorwurf, der den Täter trifft. Auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters kommen in Betracht; bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten bleiben sie jedoch in der Regel unberücksichtigt.

(4) Die Geldbuße soll den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat, übersteigen. Reicht das gesetzliche Höchstmaß hierzu nicht aus, so kann es überschritten werden.

Prof. Dr. Till Zimmermann

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Aufgabe A – Lösung e. Unrechtsvereinbarung

Äquivalenzverhältnis (+)

Wettbewerb des organisierten Sportes (§ 265c V)

Beeinflussung des Wettbewerbs zugunsten des Gegners (§ 265c II) – Bezüglich R

„Erfasst sind alle Verhaltensweisen vor einem Wettbewerb oder während desselben, die darauf gerichtet sind, dessen Verlauf oder Ergebnis zu manipulieren, indem sie auf die Aufhebung oder Einschränkung der Unvorhersehbarkeit des Wettbewerbsgeschehens zielen“

Foul des R: Bruch sportlicher Regeln nicht notwendig, Beeinflussung wohl (+)

Problem: Zugunsten des Wettbewerbsgegners?

H „fängt“ alle negativen Folgen ab, Wettbewerbsgegner wird ausschließlich geschwächt.

Hier: Zuungunsten des Wettbewerbsgegners!

Umstritten (Integrität des Sports als RG !), jedoch eindeutiger Wortlaut.

§§ 265c II, 265e S. 2 Nr.1, 25 II StGB (-)

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Aufgabe A – Lösung Beeinflussung in regelwidriger Weise (§ 265c IV) – Bezüglich H

„Wettbewerb mit verpflichtenden Regeln einer nationalen oder internationalen Sportorganisation“

„eine Verletzung der von der Sportorganisation aufgestellten Regeln liegt daher schon dann vor, wenn der Vorteilsnehmer als Gegenleistung seine Neutralitätspflicht den Interessen des Vorteilsgebers unterordnen soll“

Hier: SV eindeutig! (+)

Öffentliche Sportwette

„Sportwetten iSd § 265c sind alle Wetten aus Anlass von Sportereignissen, § 17 II RennwLottG“

Hier: (+)

d. Zwischenergebnis

Objektiver Tatbestand des § 265c IV (+)

3. Subjektiver Tatbestand § 15 StGB, Vorsatz (+)

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Aufgabe A – Lösung III. Rechtswidrigkeit

IV. Schuld

V. Strafzumessung § 265e S. 2 Nr. 1 StGB

Maßgeblich ist der gewährte Vorteil, nicht der erstrebte Vermögensvorteil.

Vorteil großen Ausmaßes ist umstritten, mit über 50.000 € [50.000 ₤ > 50.000 €, s. Bearbeitervermerk] wohl aber (+).

VI. Ergebnis §§ 265c II, 25 II StGB (-/+)

§§ 265c IV, 265e S. 2 Nr.1, 25 II StGB (+)

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Aufgabe A – Lösung B. Strafbarkeit des H gem. §§ 265c III, 265e StGB (+)

Hinweis: Klausurtaktik!

Spiegelbildliche Prüfung zur Strafbarkeit von A und B

Prüfung sollte kurz und im Feststellungsstil erfolgen.

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Aufgabe A – Lösung § 265d Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben

(1) Wer als Sportler oder Trainer einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er den Verlaufoder das Ergebnis eines berufssportlichen Wettbewerbs in wettbewerbswidriger Weise zugunsten des Wettbewerbsgegners beeinflusse, wird mit Freiheitsstrafebis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer einem Sportler oder Trainer einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt,dass er den Verlauf oder das Ergebnis eines berufssportlichen Wettbewerbs in wettbewerbswidriger Weise zugunsten des Wettbewerbsgegners beeinflusse.

(3) Wer als Schieds-, Wertungs- oder Kampfrichter einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt,dass er den Verlauf oder das Ergebnis eines berufssportlichen Wettbewerbs in regelwidriger Weise beeinflusse, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mitGeldstrafe bestraft.

(4) Ebenso wird bestraft, wer einem Schieds-, Wertungs- oder Kampfrichter einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet,verspricht oder gewährt, dass er den Verlauf oder das Ergebnis eines berufssportlichen Wettbewerbs in regelwidriger Weise beeinflusse.

(5) Ein berufssportlicher Wettbewerb im Sinne dieser Vorschrift ist jede Sportveranstaltung im Inland oder im Ausland,

1.die von einem Sportbundesverband oder einer internationalen Sportorganisation veranstaltet oder in deren Auftrag oder mit deren Anerkennung organisiertwird,

2.bei der Regeln einzuhalten sind, die von einer nationalen oder internationalen Sportorganisation mit verpflichtender Wirkung für ihre Mitgliedsorganisationenverabschiedet wurden, und

3.an der überwiegend Sportler teilnehmen, die durch ihre sportliche Betätigung unmittelbar oder mittelbar Einnahmen von erheblichem Umfang erzielen.

(6) § 265c Absatz 6 gilt entsprechend.

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Aufgabe A – Lösung C. Strafbarkeit von B und A gem. §§ 265d II, IV, 265e S. 2 Nr. 1, 25 II StGB

I. Anwendbarkeit deutschen Strafrechts1. § 5 Nr. 10a StGB (+)

2. §§ 3, 9 StGB

Handlungsort:

Absprache mit H (+), Absprache mit R (-)

Erfolgsort:

Achtung: §§ 265c, 265d = abstrakte Gefährdungsdelikte!

Erfolgsort von Abstrakten Gefährdungsdelikten ist grundsätzlich umstritten!

Hier irrelevant (da mind. § 5 Nr. 10a StGB (+))

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Page 17: Examensklausur vom 31.10 - uni-trier.de

Aufgabe A – Lösung II. Tatbestand

1. Objektiver Tatbestanda. Täter auf Vorteilsgeberseite

b. Täter auf Vorteilsnehmerseite

c. Tathandlung

d. Tatobjekt

e. Unrechtsvereinbarung

Äquivalenzverhältnis

Berufssportlicher Wettbewerb (§ 265d V)

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Page 18: Examensklausur vom 31.10 - uni-trier.de

Aufgabe A – Lösung § 265d Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben (Auszug)

(5) Ein berufssportlicher Wettbewerb im Sinne dieser Vorschrift ist jede Sportveranstaltung im Inland oder im Ausland,

1. die von einem Sportbundesverband oder einer internationalen Sportorganisation veranstaltet oder in deren Auftrag oder mit deren Anerkennung organisiert wird,

2. bei der Regeln einzuhalten sind, die von einer nationalen oder internationalen Sportorganisation mit verpflichtender Wirkung für ihre Mitgliedsorganisationen verabschiedet wurden, und

3. an der überwiegend Sportler teilnehmen, die durch ihre sportliche Betätigung unmittelbar oder mittelbar Einnahmen von erheblichem Umfang erzielen.

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Aufgabe A – Lösung Zugunsten des Wettbewerbsgegners in wettbewerbswidriger Weise (§ 265d II) – Bezüglich R

Durch R (-),s.o.

Exkurs: Auslegung des Merkmals „in wettbewerbswidriger Weise“ ist umstritten!

Beeinflussung in regelwidriger Weise (§ 265d IV) – Bezüglich H

S.O. (+)

f. Zwischenergebnis Objektiver Tatbestand des § 265d IV (+)

2. Subjektiver Tatbestand (+)

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Aufgabe A – Lösung III. Rechtswidrigkeit

IV. Schuld

V. Strafzumessung § 265e S. 2 Nr. 1 StGB

Maßgeblich ist der gewährte Vorteil, nicht der erstrebte Vermögensvorteil.

Vorteil großen Ausmaßes ist umstritten, mit über 50.000 € [50.000 ₤ > 50.000 €, s. Bearbeitervermerk] wohl aber (+).

VI. Ergebnis §§ 265d II, 25 II StGB (-)

§§ 265d IV, 265e S. 2 Nr.1, 25 II StGB (+)

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Aufgabe A – Lösung D. Strafbarkeit des H gem. §§ 265d III, 265e S. 2 Nr.1 StGB (+)

E. Gesamtergebnis Problem: Verhältnis von § 265c zu § 265d StGB?

E.A.: § 265c verdrängt § 265d StGB (Ansicht des Gesetzgebers)

A.A.: § 265c und § 265d stehen in Tateinheit Unterschiedliche Schutzinteressen

Vermögen der Sportler und Vereine / Vermögen der Wettanbieter

Sofern Integrität des Sports als Leit-RG gilt wohl eher abzulehnen.

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Aufgabe B – Sachverhalt Nach dem Finalspiel prahlt A, der gut Deutsch spricht, in stark alkoholisierten Zustand in einer BerlinerKneipe mit seinem „großen Coup“ und bekräftigt dies durch das Vorzeigen privater Fotos von ihm mit R.Auch der deutsche Staatsanwalt T sitzt zufällig in der Kneipe und hört dies mit an; noch in derselbenNacht leitet er deswegen Ermittlungen gegen A wegen Sportwettbetruges ein. T ordnet zudemumgehend eine Telekommunikationsüberwachung des A an, da er aufgrund der Aussage des A,„Morgen früh ruf ich den alten Assi mal an und frag ihn, ob er bei der Verwarnung nicht selber lachenmusste.“, davon ausgeht, nicht auf die Anordnung durch einen Ermittlungsrichter warten zu können. Umneben der alkoholisierten Aussage des A tragfähige Beweismittel zu erlangen, ggf. auch um weitereBeteiligte zu ermitteln, hält T diese Maßnahme für zwingend notwendig.

Am frühen Morgen findet das abgehörte Gespräch zwischen A und R, in welchem sich die beidenausführlich über das manipulierte Spielgeschehen unterhalten, tatsächlich statt. Dabei berichtet A ineinem Nebensatz auch davon, dass er das Bestechungsgeld bei seiner jüngsten Steuererklärungunrechtmäßig als Betriebsausgabe angegeben habe. Nachdem sämtliche Erkenntnisse ausgewertetwurden, schließt T das Ermittlungsverfahren mit dem Vermerk gem. § 169a StPO ab und erhebt Anklagegegen A wegen der Vorfälle rund um das Champions League-Finale.

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Aufgabe B – LösungAufgabe 2a: TKÜ gem. § 100a StPO rechtmäßig?

I. Formelle Rechtmäßigkeit1. Auf Initiative der Staatsanwaltschaft (+)

2. Anordnung durch das Gericht Grundsätzlich (-)

Aber: § 100e I S.2 StPO?

Problem: Gefahr im Verzug

„Gefahr im Verzug (GiV) liegt vor, wenn die Einholung eines vorherigen richterlichen Beschlusses den Ermittlungserfolg ganz oder teilweise vereiteln oder gefährden würde.“

Wichtig: Enge Auslegung nach der Rechtsprechung des BVerfGs

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Aufgabe B – LösungUrt. des BVerfG vom 20.02.2001 - 2 BvR 1440/00, Rn. 38, 40.

„Die Strafverfolgungsbehörden müssen regelmäßig versuchen, eine Anordnung des instanziell undfunktionell zuständigen Richters zu erlangen, bevor sie eine Durchsuchung beginnen. Nur inAusnahmesituationen, wenn schon die zeitliche Verzögerung wegen eines solchen Versuchs denErfolg der Durchsuchung gefährden würde, dürfen sie selbst die Anordnung wegen Gefahr imVerzug treffen, ohne sich zuvor um eine richterliche Entscheidung bemüht zu haben. ... Demkorrespondiert die verfassungsrechtliche Verpflichtung der Gerichte, die Erreichbarkeit einesErmittlungsrichters, auch durch die Einrichtung eines Eil- oder Notdienstes, zu sichern.“

„Im Konkreten sind reine Spekulationen, hypothetische Erwägungen oder lediglich aufkriminalistische Alltagserfahrung gestützte, fallunabhängige Vermutungen als Grundlage einerAnnahme von Gefahr im Verzug nicht hinreichend. Gefahr im Verzug muss mit Tatsachen begründetwerden, die auf den Einzelfall bezogen sind. Die bloße Möglichkeit eines Beweismittelverlustsgenügt nicht.“

Prof. Dr. Till Zimmermann

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Aufgabe B – Lösung Hier: Kein Versuch der Kontaktaufnahme

Annahme der unaufschiebbaren Situation eher spekulativ.

(-)

3. Zwischenergebnis

Formelle Rechtmäßigkeit (-)

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Aufgabe B – LösungII. Materielle Rechtmäßigkeit

1. Anfangsverdacht

2. Katalogtat § 100a II Nr. 1 p) (+)

3. Tat wiegt im Einzelfall schwer Bedeutung des Finalspiels; hoher Wettgewinn, daher eher (+)

4. Unerlässlichkeit (+/-), wohl (+), da Alternativen nicht erkennbar sind.

5. Gegen den Beschuldigten

6. Keine Ausnahme gem. § 100d

7. Zwischenergebnis (+)

Prof. Dr. Till Zimmermann

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Aufgabe B – LösungAufgabe 2b: Verwertbarkeit der Aussage im Hinblick auf § 370 I AO?

„Hypothetischer Ersatzeingriff“ Wäre der Eingriff bei umfangreicher Kenntnislage zum Zeitpunkt der Anordnung rechtmäßig

gewesen? § 100a ff. StPO, § 477 II S. 2 StPO Falls (-), absolutes Beweisverwertungsverbot gem. § 477 II S.2 StPO! Problem: Taugliche Katalogtat?

Steuerhinterziehung, § 100a II Nr. 2 a) (-)

keine Qualifikation nach § 370 III!

§ 100a ff. StPO, § 477 II S. 2 StPO (-) Beweisverwertungsverbot gem. § 477 II S.2 StPO (+) Exkurs: Ausnahmen des § 477 II S.2 StPO (-)

Die Aussage des A ist im Bezug auf eine Strafbarkeit nach § 370 I AO hin nicht verwertbar.

Prof. Dr. Till Zimmermann

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Aufgabe C – SachverhaltNachdem der Champions League-Skandal medial erhebliche Wellen schlägt und zahlreicheTopclubs ihre weitere Teilnahme an europäischen Wettbewerben ausschließen, wird auch dieEuropäische Union tätig. Um die Integrität des Sports wiederherzustellen, vor allem aber umdie lukrativen Einnahmen der EU-Mitgliedsstaaten durch den Fußball zu sichern, verabschiedetdie EU eine Richtlinie zur „Transparenz und Korruptionsverhütung im Bereich des europäischenSpitzensports“, welche unter anderem schärfere Strafen im Bereich der Sportkorruptionfordert. Der europakritische Rechtspolitiker M ist über das Verhalten der EU erbost undprangert diese „offensichtliche Kompetenzüberschreitung“ in den social-Media Plattformenan; die EU könne nicht einfach deutsches Strafrecht nach eigenem Ermessen bestimmen undändern.

Aufgabe 3: Beurteilen Sie die Auffassung des M. In welchem Umfang besitzt die EU Kompetenzen zur Strafgesetzgebung?

Prof. Dr. Till Zimmermann

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Aufgabe C – Lösung Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung (Art. 5 II EUV)

Grundsatz: Keine supranationale Rechtssetzungskompetenz der EU auf dem Gebiet des Kriminalstrafrechts

Ausnahme: Richtlinienkompetenz gem. Art 83 AEUV ff.

Hier: Art. 83 I AEUV, „Korruption“

Prof. Dr. Till Zimmermann

Page 30: Examensklausur vom 31.10 - uni-trier.de

Aufgabe C – Lösung Weitere Kompetenznorm?

Art. 325 IV AEUV?

Womöglich weitergehend als Art. 83 AEUV für RL und VO?

Umstritten! E.A.: (-), Art. 83 AEUV als abschließende Harmonisierungskompetenz im Bereich des

Strafrechts; Strafrecht als sog. „letzte Domäne der Mitgliedsstaaten“

A.A.: (+), Wegfall der Vorbehaltsklausel fürs Strafrecht in ex-Art. 280 EGV (dort sollte das nationale Strafrecht explizit unberührt bleiben); Maßnahme = weit zu subsumieren (umfasst alle möglichen Maßnahmen der EU aus Art. 288 AEUV); Wortlaut: „Bekämpfung“ nur effektiv durchsetzbar durch Richtlinien und Verordnungen.

Hier: (+/-)

Prof. Dr. Till Zimmermann

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Ende der Besprechung

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!!!

Prof. Dr. Till Zimmermann


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