Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Dr. Herbert NickelZikaden, Biodiversität, Graslandmanagement
Ehrengard-Schramm-Weg 2D-37085 Göttingen
Evolution im Naturschutz: Von der Weide zur Wiese und zurück?
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Dr. Herbert NickelEhrengard-Schramm-Weg 2
D-37085 Gö[email protected]
Evolution im Naturschutz: Von der Weide zur Wiese und zurück?
Nachträgliche Vorbemerkung zum pdf:
Mit extensiver Beweidung verbinde ich hier fol-
gende Kriterien (nach Bunzel-Drüke et al. 2008,
2015): niedriger Besatz (i.d.R. 0,3 - 0,8 GVE/ha),
möglichst ganzjährig, möglichst Robustrassen von
Rindern und Pferden und/oder anderen Arten, mög-
lichst große Flächen (> 20 ha), KEINE Nachbear-
beitung (Mähen, Schleppen, Walzen u.ä.), KEINE
Rotation, KEINE Zufütterung (außer in Notzeiten).
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Worum geht es?
16.10.2017 3
• Historische Betrachtung der Graslandnutzung• Historische Betrachtung der Landschaftspflege• Argumente aus dem zoologischen Artenschutz• Blick in die heutige landschaftspflegerische Praxis• Letztendlich: ein neues, uraltes Leitbild, nicht für
einen gespaltenen, sondern einen hochintegrativen Naturschutz
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Erste Erinne-rung von Naturschützern.
z.B. Küster (1995), Kapfer (2010), Poschlod (2015)
Historische Uhr der Graslandnutzung in Mitteleuropa
16.10.2017 4
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Geschichte unserer Kulturlandschaft
Kulturlandschaftsgeschichte
Beginn der Jungsteinzeit Beginn der Eisenzeit
Beginn der Römerzeit in ME
Erste Wässerwiesen
Ende der Allmende
Erste Streuwiesen
Nachkriegszeit
Seit etwa 1980
16.10.2017 5
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Geschichte unserer Kulturlandschaft
• unsere Leitbilder in Natur- und Kulturlandschaftsschutz orientieren am engen Zeithorizont der letzten ca. 70 Jahre
• sie ignorieren damit fast 99% der gesamten, weitestgehend von Rinder-, Pferde-, Schaf- und Schweineweide geprägten Kulturgeschichte, dem mitteleuropäische Arkadien …
Beginn der Jungsteinzeit Beginn der Eisenzeit
Beginn der Römerzeit in ME
Erste Wässerwiesen
Ende der Allmende
Erste Streuwiesen
Nachkriegszeit
Seit 1980
16.10.2017 6
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Bunzel-Drüke (1997)
8.000 Jahre Kulturgeschichte
Beweidungals prägender Faktor der Landschaftsgeschichte
• Koexistenz oder gar Koevolution unserer Graslandpflanzen und -tiere mit der Megafauna über Jahrmillionen!
• großflächige Mahd seit 200 Jahren, neuerdings fast 100 % der Grasland-fläche (einschl. Nachmahd, Schleppen, Walzen etc.!)
• 200 vs. 20.000.000+ Jahre, also 100.000 mal so lange Beweidung
Pleistozän (2,6 Mio Jahre)weitere 20 Mio Jahre + X
16.10.2017 7
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Bunzel-Drüke (1997)
8.000 Jahre Kulturgeschichte
Beweidungals prägender Faktor der Landschaftsgeschichte
• Koexistenz oder gar Koevolution unserer Graslandpflanzen und -tiere mit der Megafauna über Jahrmillionen!
• großflächige Mahd seit 200 Jahren, neuerdings fast 100 % der Grasland-fläche (einschl. Nachmahd, Schleppen, Walzen etc.!)
• 200 vs. 20.000.000+ Jahre, also 100.000 mal so lange Beweidung
Pleistozän (2,6 Mio Jahre)weitere 20 Mio Jahre + X
16.10.2017 8
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Bunzel-Drüke (1997)
8.000 Jahre Kulturgeschichte
Beweidungals prägender Faktor der Landschaftsgeschichte
• Koexistenz oder gar Koevolution unserer Graslandpflanzen und -tiere mit der Megafauna über Jahrmillionen!
• großflächige Mahd seit 200 Jahren, neuerdings fast 100 % der Grasland-fläche (einschl. Nachmahd, Schleppen, Walzen etc.!)
• 200 vs. 20.000.000+ Jahre, also 100.000 mal so lange Beweidung
Pleistozän (2,6 Mio Jahre)weitere 20 Mio Jahre + X
16.10.2017 9
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Bunzel-Drüke (1997)
8.000 Jahre Kulturgeschichte
Beweidungals prägender Faktor der Landschaftsgeschichte
• Koexistenz oder gar Koevolution unserer Graslandpflanzen und -tiere mit der Megafauna über Jahrmillionen!
• großflächige Mahd seit 200 Jahren, neuerdings fast 100 % der Grasland-fläche (einschl. Nachmahd, Schleppen, Walzen etc.!)
• 200 vs. 20.000.000+ Jahre, also 100.000 mal so lange Beweidung
Pleistozän (2,6 Mio Jahre)weitere 20 Mio Jahre + X
16.10.2017 10
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Rösener (1985)
Entwicklung unserer Kulturlandschaft
Zeitraum 1800 – 1880• Bevölkerungswachstum
• Einführung des Futterbaues (v.a. Leguminosen)
• Verstärkte Einstallung des Viehs
• Erfindung des Kunstdüngers
• Verkoppelung („Einhegung“) der Allmenden
• Großflächiger Ersatz der Beweidung durch die Mahd
• Ende der Waldweide
• Grünlandumbruch und Entwässerungen
• Flussregulierungen
16.10.2017 11
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Zikaden Mitteleuropas
16.10.2017 12
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Zikaden als zoologische Bioindikatoren
16.10.2017 13
• Allgegenwärtiges Vorkommen: „Zikadosphäre“• Sehr hohe Dichten (bis über 5.000 Tiere/qm)• Hohe Wirtspflanzen- und Standortspezifität• Große, aber noch überschaubare Artenzahl (D: ≈ 650)• Bedeutende funktionelle Rolle im Ökosystem• Standardisierte Erfassung mit dem Motorsauger• Präzise, statistisch absicherbare Vergleiche
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Erfassung der ZikadenMotorsauger erlaubt Ermittlung exakter Abundanzen (Tiere pro qm) und Vergleiche
16.10.2017 14
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Nickel 2016
Mahd Brache Ziegen Rinder
Arten gesamt
Fallbeispiel 1Zikaden im Kaiserstuhl: Pflegemahd, „Brache“, Ziegen, Rinder (18 Transekte)
Keine der Pflegemahdflächen (80-90% der Gesamtfläche) hält auch nur 1 prioritäre Art.Alle 5 Arten mit bundesweiter Bedeutung sind auf die Ziegenweiden und „Brachen“ beschränkt.Für 1 Art ist das Verschwinden auf den Pflegemahdflächen im letzten Jahrzehnt sogar dokumentiert
Rote-Liste-Arten
Mahd Brache Ziegen Rinder
16.10.2017 15
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Nickel 2015
Fallbeispiel 2 Hyperdiversität einer historisch alten Weidelandschaft
Zikaden auf unterschiedlich alten Extensivweiden bei Crawinkel
16.10.2017 16
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Nickel 2015
Fallbeispiel 2 Hyperdiversität einer historisch alten Weidelandschaft
Bisher einmalig: inzwischen 203 Arten auf 6 ha Fläche = 1/3 der gesamtdeutschen Zikadenarten!Europarekord, der sogar mit tropischen Tieflandsregenwäldern auf Augenhöhe steht.
16.10.2017 17
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Fallbeispiel 2 Hyperdiversität einer historisch alten Weidelandschaft
16.10.2017 18
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Normalfall auf einer Vertragsfläche des bayerischen Wiesenbrüterschutzes
10-15 Arten auf > 100 Naturschutz-Mähwiesen in Bayern und Niedersachsen.
16.10.2017 19
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
„Sie mit Ihren Zikaden“ …
… „meine“ Zikaden sind „Ihr“ Vogelfutter und noch vieles mehr
16.10.2017 20
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide? 16.10.2017 21
„Sie mit Ihren Zikaden“ …
… „meine“ Zikaden sind „Ihr“ Vogelfutter und noch vieles mehr
„Liebling, ich habe unser Ökosystem geschrumpft.“
Der Flaschenhalseffekt nach dem Schnitt reicht aus, um alle trophischen Ebenen oberhalb der Pflanzen dramatisch zu reduzieren.
Mahd
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Die Mahd als Katastrophe für die Wiesenfauna
• Egal wann: Der Mahdschnitt verursacht immer hohe Mortalitäten und den totalen Ausschluss ganzer Artengruppen
• Schon 2-Schnittwiesen sind zoologisch extrem verarmt
• Warum merken wir das nicht??? Weil wir nicht mehr sehen, was einmal weg ist.
• Aber fast alles, was noch da ist, nimmt ab, z.B. die Wiesenbrüter
16.10.2017 22
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Frühjahr Sommer Herbst Winter
Die Mahd als Katastrophe für die Wiesenfauna
• Verschiedene Phänologietypen von Wirbellosen(jede Kurve steht für 10 – 50 Arten!)
Frühjahr Sommer Herbst
16.10.2017 23
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Frühjahr Sommer Herbst Winter
MAHD
Die Mahd als Katastrophe für die Wiesenfauna
Frühjahr Sommer Herbst
16.10.2017 24
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Frühjahr Sommer Herbst Winter
MAHD
Die Mahd als Katastrophe für die Wiesenfauna
• Mortalitätsraten von Insekten bei 5-80 % pro Schnitt
Frühjahr Sommer Herbst
16.10.2017 25
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Frühjahr Sommer Herbst Winter
MAHD
Die Mahd als Katastrophe für die Wiesenfauna
• Mortalitätsraten von Insekten bei 5-80 % pro Schnitt
Frühjahr Sommer Herbst
16.10.2017 26
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Die Mahd als Katastrophe für die Wiesenfauna
• Mortalitätsraten von Insekten bei 5-80 % pro Schnitt
Frühjahr Sommer Herbst Winter
MAHD
Frühjahr Sommer Herbst
16.10.2017 27
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Die Mahd als Katastrophe für die Wiesenfauna
• Mortalitätsraten von Insekten bei 5-80 % pro Schnitt
Frühjahr Sommer Herbst Winter
MAHD
Frühjahr Sommer Herbst
16.10.2017 28
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Die Mahd als Katastrophe für die Wiesenfauna
• Mortalitätsraten von Insekten bei 5-80 % pro Schnitt
Frühjahr Sommer Herbst Winter
1 Jahr später …
Frühjahr Sommer Herbst
16.10.2017 29
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Die Mahd als Katastrophe für die Wiesenfauna
• Mortalitätsraten von Insekten bei 5-80 % pro Schnitt
Frühjahr Sommer Herbst Winter
MAHD
usw. …
Frühjahr Sommer Herbst
16.10.2017 30
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Die Mahd als Katastrophe für die Wiesenfauna
• Mortalitätsraten von Insekten bei 5-80 % pro Schnitt
Frühjahr Sommer Herbst Winter
MAHD
Der sich seit 200 Jahren akkumulierende Aderlass unserer Biodiversität durch die Mahd!
Die Wiese wird immer mehr zur Falle und saugt wie ein schwarzes Loch Tiere auf Ausbreitungsflug in sich auf.
Frühjahr Sommer Herbst
16.10.2017 31
16.10.2017Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide? 32
Exkurs: Reptilien und Amphibien
1934
16.10.2017Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide? 33
Exkurs: Reptilien und Amphibien
• Schon die erste Technisierungs-welle der Mahd in den 1920er Jahren hat auf den mitteleuropä-ischen Wiesen flächendeckend Grasfrosch, Erdkröte, Schlangen und vieles mehr ausgerottet!
• Dennoch würden wir heute jedem Landwirt mit einem solchen Gerät die Füße küssen, weil wir es für „traditionell“ hielten.
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Exkurs: Reptilien und Amphibien
• Das gemähte Grasland ist heute zu nahezu 100 % reptilien- und amphibienfrei! Deswegen betreiben wir dort heute keinen Reptilien- und Amphibienschutz mehr.
• Da von außen eindringende Tiere Gefahr laufen, totgemäht zu werden, wirkt es sogar landschaftsweit als Sink bzw. Falle!
• Die Mahd, nicht die Flinte, hat den Schlangenadler bei uns ausgerottet.
16.10.2017 34
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Exkurs: Reptilien und Amphibien
• Das gemähte Grasland ist heute zu nahezu 100 % reptilien- und amphibienfrei!
• Da von außen eindringende Tiere Gefahr laufen, totgemäht zu werden, wirkt es sogar landschaftsweit als Sink bzw. Falle!
• Die Mahd, nicht die Flinte, hat den Schlangenadler bei uns ausgerottet.
16.10.2017 35
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?Schulze-Hagen (2005, 2008)
Exkurs Vögel: Die großen Verlierer der Mahd
Fotos:Fotolia.comWikicommonsG. Kunz
16.10.2017 36
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Wer sind die nächsten? „Wiesenbrüter “!
• Die letzten Mohikaner …. Alle Arten nehmen in ganz stark Mitteleuropa ab.
• Aber warum heißen die denn dann bloß Wiesenbrüter???
16.10.2017 37
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Wer sind die nächsten? „Wiesenbrüter “!
Die „Wiesenbrüter“ brauchen keine (Mäh-) Wiesen, sondern sie brauchen dort nur länger, bis sie von uns Naturschützern ausgerottet sind!
P.S.: Der Begriff „Wiesenbrüter“ wurde erst in den 1980ern kreiert, es gibt ihn nur im Deutschen. Im Spanischen gibt es hingegen die „aves pastiziales“, im Niederländischen die „Weidevogels“.
P.S.P.S.: Die Sprache bestimmt das Denken!
16.10.2017 38
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Und dann?
• Rebhuhn, Stieglitz, Bluthänfling, Girlitz, Haus- und Feldsperling:Wegen der Mahd können die Kräuter nicht mehr fruchten, was zu einem flächendec-kenden Nahrungsmangel für diese Arten führt.
• Mauersegler, Rauch-, Mehl-, Uferschwalbe:Vom gemähten Grasland gehen keine Insekten mehr hoch in die Luft.
• Feldlerche, Goldammer ….… dann ist der stumme Frühling da!
• Falsches Trostpflaster:Wiedehopf und Steinkauz wandern sehr lokal in Obstbauregionen wieder ein
• Wiesenweihe geht jetzt zum Brüten ins Getreide und lässt sich dort quasi für 30 Silberlinge von der Intensivlandwirtschaft freikaufen.
16.10.2017 39
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Verkoppelung der AllmendenGanze Artengilden verschwunden bzw. weggemäht
• „Kleinsystem“ Distel:Schmetterlinge, Käfer, Zikaden, Wanzen, Vögel
• Sonderstrukturen:Suhlen, Sandstellen, Krüppelschlehen, Hutebäume, dauerhaft offene Gewässer u.a.
• Ameisen und „Myrmekophile“:z.B. Ameisenzikaden, Wendehals
• Aasfresser:Käfer, Fliegen, ... Gänsegeier, Wolf, Steinadler
• Koprophage:pro Rind/Tag > 30 kg Dung = 1 Tonne= 100 kg Insekten/Monat = 10 kg Wirbeltiere?
16.10.2017 40
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Alltag auf konventionellen Weiden(auch in Schutzgebieten)
• Die Fladen sind wegen prophylaktischer Gabe von Antiparasitika unverdaulich oder gar giftig und pflastern die Flächen zu, auch die Schutzgebiete.
=> Betonfladen!
16.10.2017 41
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Hutebäume!
• Sterbende Zeugen des einstigen Arkadiens. Es wächst nichts mehr nach …
16.10.2017 42
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Hypothese
Der flächendeckende Verlust der exten-siven Weide vorwiegend mit Rindern, Pferden, Schafen und Schweinen in Mitteleuropa seit dem Ende des 18. Jahrhunderts und ihr Ersatz durch die technisch immer perfektere Mahd ist eine, vielleicht sogar die Hauptursache für den Biodiversitätsverlust im Grasland Mitteleuropas!
16.10.2017 43
Mahd
Wirbeltiere!
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Hypothese
Der flächendeckende Verlust der exten-siven Weide vorwiegend mit Rindern, Pferden, Schafen und Schweinen in Mitteleuropa seit dem Ende des 18. Jahrhunderts und ihr Ersatz durch die technisch immer perfektere Mahd ist eine, vielleicht sogar die Hauptursache für den Biodiversitätsverlust im Grasland Mitteleuropas!
Die heute diskutierten Agrochemikalien spielen sicher eine Rolle auf den Feldern, aber ihre Wirkung über Ferneintrag ins Grasland ist Spekulation.
16.10.2017 44
Mahd
Wirbeltiere!
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
250 m
Alltag in deutschen Schutzgebieten:Ausschnitt aus einem Nationalpark 2009
• Riesige Flächen werden mit großen Maschinen gemäht. In Brandenburg ist so wahrscheinlich eine seltene Zikadenart für ganz Deutschland ausgerottet worden (Nickel et al. 2016).
16.10.2017 45
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
250 m
Alltag in deutschen Schutzgebieten:Ausschnitt aus einem Nationalpark 2009
• Planierung und Homogenisierung riesiger Flächen durch große Maschinen (Traktoro-chorie!). Soll das Biodiversität sein? Noch dazu eine, die wir mit Steuergeldern schaffen wollen?
16.10.2017 46
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Alltag in deutschen Schutzgebieten:Ausschnitt aus dem zentralen Kaiserstuhl im Juli 2015
Selbst Flächen, die in 6 Jahren insgesamt nur 2mal gemäht wurden, wiesen im Hochsommeraspekt z.T. keine einzige Zikade auf, selbst auf den Altgrasstreifen
16.10.2017 47
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Alltag in deutschen Schutzgebieten:Ausschnitt aus dem zentralen Kaiserstuhl im Juni 2015
16.10.2017 48
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Alltag in deutschen Schutzgebieten:Ausschnitt aus dem zentralen Kaiserstuhl im Juni 2015
16.10.2017 49
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Entwicklung unserer Kulturlandschaft
• „Entsaumung der Landschaft“
16.10.2017 50
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Entwicklung unserer Kulturlandschaft
• „Entsaumung der Landschaft“
16.10.2017 51
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Entwicklung unserer Kulturlandschaft
• „Entsaumung der Landschaft“
16.10.2017 52
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Fallbeispiel 2 Hyperdiversität einer historisch alten Weidelandschaft
16.10.2017 53
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Fallbeispiel 2 Hyperdiversität einer historisch alten Weidelandschaft
16.10.2017 54
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Fallbeispiel 2 Hyperdiversität einer historisch alten Weidelandschaft
16.10.2017 55
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Fallbeispiel 2 Hyperdiversität einer historisch alten Weidelandschaft
16.10.2017 56
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Fallbeispiel 2 Hyperdiversität einer historisch alten Weidelandschaft
16.10.2017 57
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Fallbeispiel 2 Hyperdiversität einer historisch alten Weidelandschaft
Grasfrosch
16.10.2017 58
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Fallbeispiel 2 Hyperdiversität einer historisch alten Weidelandschaft
Grasfrosch
16.10.2017 59
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
2. Exkurs: Reptilien und Amphibien
• Das Drama der Laichgewässer: Gehölzaufwuchs, Beschattung, Verlandung
16.10.2017 60
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
2. Exkurs: Reptilien und Amphibien
• Das Drama der Laichgewässer: Gehölzaufwuchs, Beschattung, Verlandung
• Rinder fressen die Ufer-vegetation ab, erreichen aber nicht das Innere
16.10.2017 61
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
2. Exkurs: Reptilien und Amphibien
• Das Drama der Laichgewässer: Gehölzaufwuchs, Beschattung, Verlandung
• Rinder fressen die Ufervegetation ab, erreichen aber nicht das Innere
• Ideales Laichgewässer mit beweideten Ufern
16.10.2017 62
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
2. Exkurs: Reptilien und Amphibien
• Das Drama der Laichgewässer: Gehölzaufwuchs, Beschattung, Verlandung
• Rinder fressen die Ufervegetation ab, erreichen aber nicht das Innere
• Ideales Laichgewässer mit beweideten Ufern
16.10.2017 63
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Cuxhavener Küstenheide Beweidungsbeginn Winter 2006/2007
16.10.2017 64
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Heutige WeidelandschaftenFotos größtenteils aus Bunzel-Drüke et al. (2008, 2015)
16.10.2017 65
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Heutige WeidelandschaftenFotos größtenteils aus Bunzel-Drüke et al. (2008, 2015)
16.10.2017 66
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Heutige WeidelandschaftenFotos größtenteils aus Bunzel-Drüke et al. (2008, 2015)
16.10.2017 67
Evolution im Naturschutz: Wiese oder Weide?
Take-home message
• Um Biodiversitätsschutz auf breiter Linie – auf Art-, Struktur- und Funktionsebene – zu erreichen, ist die extensive, möglichst gemischte, möglichst ganzjährige Weide mit möglichst gemischten Tieren essentiell und hocheffizient.
• Besonders auf ertragsschwachen und hochwassergefährdeten Standorten kann sie sub-stanzielle Beiträge zum Biodiversitäts-, Tier-, Boden-, Grundwasser-, Klima- und Hoch-wasserschutz leisten, hochwertiges Fleisch produzieren und den Tourismus fördern.
• Die Mähwiese, auch die extensive, schließt ganze Tiergruppen und Funktionen aus (Dungkette, Aas, Arten, die ihre Eier in die Vegetation ablegen …) und kann daher nur ein verarmtes Leitbild bedienen.
• Besonders die allein auf botanische Belange fixierte Pflege (Schnitt nach dem Orchideen-Fruchten) ist aus zoologischer Sicht zumeist destruktiv.
• Ein Leitbild im Naturschutz sollte – gerade auch in Bezug auf die Nutzungstradition – die Extensivweide viel stärker berücksichtigen als die Wiese, deren Tradition vergleichsweise kurz ist.
• Der Widerstand aus allen gesellschaftlichen Gruppen und selbst von Naturschützern ist leider selbst dort oft groß, wo eine Umsetzung relativ leicht möglich wäre.
16.10.2017 68
Dr. Herbert NickelZikaden, Biodiversität, Graslandmanagement
Ehrengard-Schramm-Weg 2 D-37085 Göttingen
Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Dank auch an
Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie
Stiftung Naturschutzfonds Baden-Württemberg
Regierungspräsidium Freiburg
Edgar Reisinger (Thüringer Ministerium für Umwelt)