Evaluation als Weg zu gutem Unterricht
Evaluation als Weg zu gutem Unterricht
Thomas Felsenstein, Dr. Markus SteinertPeutinger-Gymnasium Augsburg
Gliederung
• Das Projekt „Evaluation als Weg zu gutem Unterricht“
• Guter Unterricht: Lernpsychologische FundierungFundierung
• Guter Unterricht: Kompetenzorientierung
• Kompetenzorientierung am Beispiel:
– Geschichtsunterricht
– Kompetenzmodelle im Informatikunterricht
Comenius-Regio-Projekt
Schwaben – Galicien
2011/2013
„Evaluation als Weg zu gutem Unterricht“
Evaluation als Weg zu gutem Unterricht
Kognitiv geprägte Unterrichtsstrategie: Ist das guter Unterricht?
• Curriculare Didaktik in den 70er / 80 Jahren
• USA: Instructional Design (Starke Konzentration auf Evaluation)
• Starke Fokussierung auf Lernziele • Starke Fokussierung auf Lernziele
• Frontalunterricht; Fragengespräch steht im Mittelpunkt
• Inputorientierte Lehrpläne
• Nur geringe handlungsorientierte Aspekte enthalten
Konstruktivistische Ansätze
• E. Glasersfeld: „…. dass alles Wissen, wie immer man es auch definieren mag, nur in den Köpfen von Menschen existiert, und dass das denkende Subjekt sein Wissen nur auf der Grundlage seiner Erfahrung konstruieren Grundlage seiner Erfahrung konstruieren kann.“
• Zentrale Aussage: Es gibt keine objektiveWahrheit, Wahrheit ist immer subjektiv und an das einzelne Individuum gebunden
Konstruktivismus: Konsequenzen für den Unterricht
• Eine detaillierte Zerlegung einer Unterrichtseinheit in komplexe Lernzielstrukturen ist sinnlos!
• Jeder Schüler muss seinen individuellen Weg finden: HandlungsorientierungHandlungsorientierung
• Der Lehrer kann den Schüler nur in die Disposition
versetzen, einen bestimmten Inhalt zu erlernen;
• Der Lehrer gibt das „Ziel“ vor, den Weg muss der Schüler selbst finden: � Kompetenzorientierung
Probleme des (radikalen) Konstruktivismus
• Praktisch nur schwer durchführbar: Zeitproblematik
• „Freiarbeitsanarchie“• „Freiarbeitsanarchie“
• Heterogenität der Klassen
• Fazit: (Radikaler) Konstruktivismus führt nicht zu „gutem Unterricht“
Pragmatischer Konstruktivismus
• „Soviel Instruktion wie nötig, soviel Konstruktion
wie möglich“ (Mandl, Rothmeier)
• Im Unterricht treten sowohl Phasen mit Frontalunterricht, als auch handlungsorientierteFrontalunterricht, als auch handlungsorientierte
Phasen auf
• Ein gewisses Maß an extern vermittelten Strukturen
ist im Unterricht notwendig!
• Bei schwächeren Klassen kann der Anteil kognitiv
geprägten Unterrichts größer sein
Situierte Lernumgebungen
• Zentrale Forderung: Kognitive Strukturen nicht abstrakt und isoliert unterrichten, sondern in authentischen Kontexten!
• Situiertes Lernen („Lernen an Situationen“)• Situiertes Lernen („Lernen an Situationen“)
• Die geschieht durch:– Authentizität der Lernumgebung,
– situierte Anwendungskontexte,
– multiple Perspektiven und multiple Kontexte,
– sozialer Kontext.
Pragmatischer Konstruktivismus in der Praxis
• Im Weiteren: Welche Konsequenzen hat der pragmatische Konstruktivismus auf typische Unterrichtsabläufe?Unterrichtsabläufe?
• Beschränkung auf eine bestimmte Situation:
– Lehrprobenartige Einheit (idealerweise 45 Minuten)
Phasen einer typischen (Lehrproben) -Stunde
Vorbereitungsphase
Phase Kennzeichen Lernpsychologischer Hintergrund
Vorbereitung • Besprechung der
Hausaufgabe,
• Wiederholung
Kognitiv geprägte Unterrichtsphase:
• Bereitstellung des Vorwissens für die
Unterrichtseinheit
• Bereitstellung von Kenntnissen und
Fertigkeiten, die für die Unterrichtseinheit
erforderlich sind
Phasen einer typischen (Lehrproben) -Stunde
Vertiefungsphase
Phase Kennzeichen Lernpsychologischer Hintergrund
Vertiefung / Transfer auf ähnliche Konstruktivistisch geprägte Unterrichtsphase:Vertiefung /
Transfer
Transfer auf ähnliche
Probleme
Konstruktivistisch geprägte Unterrichtsphase:
• Betrachtung multipler Kontexte
• Einbettung in multiple Perspektiven
• Vom Spezialwissen zur Kompetenz
Über die Kompetenzorientierung zu gutem Unterricht?
Oder:
Kann man aus der Kompetenzorientierung Kann man aus der Kompetenzorientierung Kriterien für die Beurteilung von Unterricht gewinnen?
Evaluation als Weg zu gutem Unterricht
An deutschen Schulen wird viel gelehrt,
aber nur wenig verstanden:
Evaluation als Weg zu gutem Unterricht
Viel Input, wenig Output
Kompetenzorientierung:
Folgerungen:
Evaluation als Weg zu gutem Unterricht
Beachtung der Ergebnisse der Lernforschung:Wissen sollte vom Schüler weitgehend selbsttätig angeeignet werden
(pragmatischer Konstruktivismus)
Kompetenzorientierung:Wissen muss anwendbar und transferierbar sein
Kompetent ist eine Person,
wenn sie bereit ist,
neue Aufgaben- oder Problemstellungen zu lösen
und dies auch kann.
Hierbei muss sie …
Evaluation als Weg zu gutem Unterricht
Hierbei muss sie …
Wissen bzw. Fertigkeiten erfolgreich abrufen,
vor dem Hintergrund von Werthaltungen reflektieren
sowie verantwortlich einsetzen.
(Quelle: ISB – der dem neuen LehrplanPLUS zugrunde liegende
Kompetenzbegriff)
Was unterscheidet den kompetenzorientierten
vom lernzielorientierten Unterricht?vom lernzielorientierten Unterricht?
Evaluation als Weg zu gutem Unterricht
Was unterscheidet den kompetenzorientierten vom lernzielorientierten Unterricht?
statt bloße Vermittlung von Fachinhalten
fachspezifische Auseinandersetzung mit der Weltfachspezifische Auseinandersetzung mit der Welt
(Den Schülern ermöglichen, die Welt aus der Perspektive des jeweiligen Fachs zu erschließen.)
Evaluation als Weg zu gutem Unterricht
statt vom Stoff und vom Lehrer her zu denken
vom Schüler ausgehen
Was unterscheidet den kompetenzorientierten vom lernzielorientierten Unterricht?
(Den Schülern ermöglichen komplexe und heraus-fordernde Lernsituationen eigenständig zu bewältigen.)
Evaluation als Weg zu gutem Unterricht
statt Inselwissen
kumulatives Lernen
Was unterscheidet den kompetenzorientierten vom lernzielorientierten Unterricht?
kumulatives Lernen
(Systematischer Aufbau von Können, Fertigkeiten und Fähigkeiten über einen längeren Zeitraum.)
Evaluation als Weg zu gutem Unterricht
statt Erfolg an der Erfüllung des Lehrplans zu messen
Output- und Outcome-Orientierung
Was unterscheidet den kompetenzorientierten vom lernzielorientierten Unterricht?
(Konsequente Überprüfung, ob die intendierten Ziele nachhaltig erreicht wurden.)
Evaluation als Weg zu gutem Unterricht
Fazit:
Während die alten Lehrpläne vorgaben, was der Lehrer unterrichten soll, beinhalten die neuen die Kompetenzen und
Was unterscheidet den kompetenzorientierten vom lernzielorientierten Unterricht?
beinhalten die neuen die Kompetenzen und Standards, die vorgeben, was der Schüler am Ende eines Bildungsabschnitts können soll.
Evaluation als Weg zu gutem Unterricht
Welche Kompetenzen sollte z.B.
der Geschichtsunterricht vermitteln?
Evaluation als Weg zu gutem Unterricht
Wenn das Ziel des Lernens ist, die Schüler
• zur Entwicklung ihrer individuellen Persönlichkeit,
• zur Aneignung von kulturellen und wissenschaftlichen Traditionen,
• zur Bewältigung praktischer Lebensanforderungen und
• zur aktiven Teilnahme am gesellschaftlichen Leben
zu befähigen,
dann muss man überlegen, was jedes Fach bzw. jede Fächergruppe
dazu beitragen kann.
Franziska Conrad, GWU 63, 2012
Evaluation als Weg zu gutem Unterricht
Mathematik ?
Englisch ?
Sport ?
GESCHICHTE reflektiertes
Geschichtsbewusstsein
Welche übergeordneten Leitziele haben die einzelnen Fächer?
GESCHICHTE reflektiertes
Geschichtsbewusstsein
Musik ?
Deutsch ?
Biologie ?
…
Evaluation als Weg zu gutem Unterricht
Gibt es Kompetenzen, die zum Aufbau eines
reflektierten Geschichtsbewusstseins reflektierten Geschichtsbewusstseins befähigen?
Evaluation als Weg zu gutem Unterricht
Gibt es Kompetenzen, die zum Aufbau eines reflektierten Geschichtsbewusstseins befähigen?
Narrative Kompetenz
Methodenkompetenz
Fragekompetenz
Geschichtskulturelle Kompetenz
Orientierungskompetenz ?
Evaluation als Weg zu gutem Unterricht
Erschließungskompetenz
MedienkompetenzInterpretationskompetenz
De- und Rekonstruktionskompetenz
Urteilskompet
enz
Orientierungskompetenz ?
Was ist mit dem Sachwissen?
• Wahrnehmungskompetenz• Methodenkompetenz• Urteilskompetenz• Orientierungskompetenz• Narrative Kompetenz
Evaluation als Weg zu gutem Unterricht
• Narrative Kompetenz
Sachkompetenz als Grundlage:
„man sieht nur, was man weiß“
Was ist mit dem Sachwissen?
Aber:
Wissen ist eine notwendige, aber keine hinreichende Voraussetzung für einen
auf historisches Denken und Geschichtsbewusstsein
Evaluation als Weg zu gutem Unterricht
auf historisches Denken und Geschichtsbewusstsein
zielenden Geschichtsunterricht.
Üben, vernetzen, reflektieren des Gelernten sind Wege zum Aufbau von Kompetenzen.
Was sind Bedingungen für
guten Unterricht?
Classroom-Management
Beachtung der Unterrichtsprinzipien
Lehrerpersönlichkeit
Evaluation als Weg zu gutem Unterricht
Kompetenzorientierung
Beachtung der Erkenntnisse der Lernforschung
Aber auch:
Konstruktivismus:Wissen sollte vom Schüler weit-gehend selbsttätig angeeignet werden
Kompetenzorientierung:Wissen muss anwendbar und auf andere Zusammenhänge übertragbar sein
Was sind Bedingungen für guten Unterricht?
Evaluation als Weg zu gutem Unterricht
Akzeptiert man, dass Lernen konstruierend verläuft,
und dass das Ziel die Fähigkeit und Bereitschaft ist,
sich problemlösend mit der Welt auseinanderzusetzen,
dann muss guter Unterricht bestimmte Bedingungen erfüllen:
Was sind Bedingungen für guten Unterricht?
Der Unterricht muss den Lerngegenstand
als Problemstellung formulieren.
Er muss im Schüler die Bereitschaft wecken,
sich mit diesem Problem auseinanderzusetzen und
Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln.
1. Forderung:
Evaluation als Weg zu gutem Unterricht
Unterrichtsphase:
Einführung / Motivationsphase
Geförderte Kompetenzen:
Wahrnehmungskompetenz, Fragekompetenz
Was sind Bedingungen für guten Unterricht?
Der Unterricht muss dem Schüler Gelegenheit geben,
sich wesentliche Informationen zur Lösung des
Problems zu beschaffen und anzueignen.
2. Forderung:
Evaluation als Weg zu gutem Unterricht
Unterrichtsphase:
Erarbeitungsphase
Geförderte Kompetenzen:
Sachkompetenz, Methodenkompetenz
Was sind Bedingungen für guten Unterricht?
Der Unterricht muss dem Schüler die Gelegenheit geben,
die erworbenen Informationen zu Lösungsvorschlägen zu verknüpfen,
diese zu formulieren, zu kommunizieren und zur Diskussion zu stellen.
3. Forderung:
Evaluation als Weg zu gutem Unterricht
Unterrichtsphase:
Auswertung / Präsentation / Sicherung
Geförderte Kompetenzen:
Methodenkompetenz, narrative Kompetenz, Urteilskompetenz
Was sind Bedingungen für guten Unterricht?
Der Unterricht muss dem Schüler die Gelegenheit geben,
das erworbene Wissen auch auf andere Aufgaben- und
Problemstellungen anzuwenden.
4. Forderung:
Evaluation als Weg zu gutem Unterricht
Unterrichtsphase:
Transfer
Geförderte Kompetenzen:
Sachkompetenz, Urteilskompetenz, Orientierungskompetenz
Umsetzung in verschiedenen Fächern Themen:
INFORMATIK MATHEMATIK GESCHICHTE
Beispiele
Klasse 9:
Primärschlüssel in
Datenbanken
Klasse 6:
Brüche auf der
Zahlengeraden
Klasse 9:
Widerstand im National-
sozialismus
1. Eye-Catcher: Ziel ist es, das Interesse der S zu wecken und ihre Aufmerksamkeit
auf einen bestimmten Sachverhalt zu lenken
Umsetzung in verschiedenen Fächern Motivationsphase:
Erlebnis: Bahnfahrkarte
von Augsburg nach
Dillingen wird gebucht
und man landet im
Saarland?
Geschichte: Der Tafeln
Schokolade müssen fünf Tage
reichen.
Witz: „Was gibt es für
einen neuen Witz?
Mindestens ein halbes Jahr
Dachau!“
Umsetzung in verschiedenen Fächern: Motivationsphase2. Problemstellung erarbeiten:
Den Einstieg zur Entwicklung einer Fragestellung nutzen, die das Thema
der Stunde als Problem erkennen lässt, das es (gemeinsam) zu lösen gilt.
S dafür sensibilisieren, eine
Datenbanktabelle stets einen
eindeutigen Schlüssel haben
Schüler sensibilisieren, dass ein
Anteil eine geeignete
Möglichkeit darstellt, die Lösung
S über den Widerspruch
zwischen der Geringfügigkeit
der Tat und der Schwere der eindeutigen Schlüssel haben
muss, mit dem die einzelnen
Datensätze referenziert
werden können.
Zentrale Fragen:
oWas zeichnet einen
Primärschlüssel aus?
oWelche Formen von
Primärschlüsseln gibt es?
Möglichkeit darstellt, die Lösung
von Verteilungsproblemen
anzugeben.
o Wie kann man 3 Tafeln
Schokolade auf 5 Tage
gleichmäßig aufteilen?
oWie kann das obige Problem
möglichst einfach graphisch
dargestellt werden?
der Tat und der Schwere der
Folgen zu einer Fragestellung
hinzuführen, die je nach
Stundenziel z.B. lauten
könnte:
oWas ist eigentlich
Widerstand?
oWer leistete Widerstand?
oAus welchen Gründen
leistete man Widerstand?