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EUHA Förderpreis 2011...EUHA Förderpreis 2012 - Simon Christoph Becker Zusammenfassung/Abstract...

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Sprachaudiometrische Hörgeräte- anpassung auf Grundlage des Modells der effektiven Hörbarkeit Bachelorarbeit Verfasser: Simon Christoph Becker Betreuerin: Dr. Heike Heuermann Erstgutachterin: Prof. Dr. Inga Holube Datum der Abgabe: 30.01.2012 Förderpreis 2012
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Sprachaudiometrische Hörgeräte - an passung auf Grundlage des Modells der effektiven HörbarkeitBachelorarbeit

Verfasser: Simon Christoph BeckerBetreuerin: Dr. Heike HeuermannErstgutachterin: Prof. Dr. Inga HolubeDatum der Abgabe: 30.01.2012

Förderpreis 2012

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Förderpreis 2012 - Simon Christoph BeckerE UHA

Herausgeber: Europäische Union der Hörgeräteakustiker e.V. Neubrunnenstraße 3, 55116 Mainz, DeutschlandTel. +49 (0)6131 28 30-0 Fax +49 (0)6131 28 30-30 E-Mail: [email protected] Internet: www.euha.org

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Impressum i

Impressum

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Förderpreis 2012 - Simon Christoph BeckerE UHA

Zusammenfassung/Abstract ii

ZusammenfassungStandard in der Hörgeräteversorgung ist die Berechnung der Verstärkung anhand des Tonaudiogramms und die Verifikation durch einen Sprachtest. Häufig zeigt sich aber, dass selbst bei gleichem Tonaudiogramm und gleicher Verstärkung unterschiedliches versorg-tes Sprachverstehen erzielt wird. Ein möglicher Grund hierfür ist, dass abhängig von ver-schiedenen Faktoren, wie beispielsweise toten Regionen der Cochlea, die reine Hörbarkeit von Signalen nur bedingt in Sprachverstehen umgesetzt werden kann. Die vorliegende Arbeit untersucht die Möglichkeit einer Optimierung von Hörgeräteeinstellungen unter Einbeziehung des individuellen Sprachaudiogramms. Als Grundlage wurden das Modell der effektiven Hörbarkeit von Ching et al. (1998) sowie die Weiterentwicklung von Halpin (2011) verwendet und im Weiteren miteinander verknüpft. Das Funktionsprinzip beruht auf dem Verhältnis zwischen Sprachaudiogramm und Vorhersage des Sprachverstehens durch den SII. Hieraus wurden zwei Alternativ-Einstellungen entwickelt und gegen die Re-ferenzeinstellung mit NAL-NL2 getestet. An dem Test nahmen zwölf Probanden mit mittel- bis hochgradigen Hörverlusten teil. Zum Einsatz kamen der Freiburger Einsilbertest, der Oldenburger Satztest und ein Fragebogen zur spontanen Akzeptanz. Durch Einbeziehen des individuellen Sprachaudiogramms in die Anpassung wurde zum Teil deutlich weniger Verstärkung benötigt, um gleiches Sprachverstehen zu erzielen wie mit einer konventio-nellen Anpassung. Des Weiteren deutet sich an, dass die Alternativ-Einstellungen besser akzeptiert werden. Die Ergebnisse bestärken grundsätzlich die Annahme einer individuel-len effektiven Hörbarkeit im Sprachverstehen. Weitere Untersuchungen auf diesem Gebiet scheinen daher ratsam.

AbstractStandard in the supply of hearing aids is the calculation for the gain on the basis of the pure-tone audiogram and the verification by a speech test. It often turns out that even with the same pure-tone audiogram and equal gain differently supplied speech intelligi-bility is achieved. A possible reason for this is that, depending on various factors such as dead regions (of the cochlea), pure audibility of signals can only be implemented partially in speech intelligibility. The present work investigates the possibility of an optimization of hearing aid settings, taking the individual speech audiogram into account. The model of effective audibility by Ching et al. (1998) and its advancement by Halpin (2011) provided the basis and were linked afterwards. The principle is based on the relationship between speech audiogram and the prediction of speech understanding by the SII. From this, two alternative settings were developed and compared to the reference setting NAL-NL2. Twelve subjects with moderate to severe hearing losses took part in the test. For the study, the Freiburg speech test, the Oldenburg sentence test, and a questionnaire for sponta-neous acceptance were used. By including the individual speech audiogram in the fitting

Zusammenfassung/Abstract

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Zusammenfassung/Abstract iii

less gain was required to achieve the same speech intelligibility as with a conventional fitting. Furthermore, it is indicated that the alternative settings are better accepted. The results generally confirm the assumption of an individual effective audibility in speech intelligibility. Further investigations into this area seem advisable.

Keywords: effektive Hörbarkeit, SII, Sprachaudiogramm

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Inhaltsverzeichnis iv

InhaltsverzeichnisImpressum iZusammenfassung/Abstract iiInhaltsverzeichnis iv

1. Einleitung und Übersicht 1

2. Theoretische Grundlagen 32.1 Cochleäre Hörschäden 3

2.1.1 Tote Regionen der Cochlea 42.1.2 Tonaudiogramm und Sprachverarbeitung 5

2.2 Speech Intelligibility Index 62.2.1 Berechnung nach Standard ANSI S3.5-1997 62.2.2 Erweiterung mit Aufteilung des cochleären Hörverlustes 82.2.3 Grenzen der Vorhersage des Sprachverstehens 82.2.4 Desensitization und effektive Hörbarkeit 92.2.5 Modell des effektiven Hörverlustes 11

2.3 Hörgeräteanpassung 122.3.1 NAL-NL2 12

3. Erweiterung und Umsetzung der theoretischen Modelle 143.1 Individuelle effektive Hörbarkeit 14

3.1.1 Berechnung der individuellen Effektivität 163.1.2 Konfigurationsdetails 17

3.2 Effektiver Hörverlust 183.2.1 Berechnung des effektiven Hörverlustes 193.2.2 Konfigurationsdetails 19

3.3 Beurteilung der Modelle 193.3.1 Individuelle Effektivität 193.3.2 Effektiver Hörverlust 213.3.3 Abschließende Beurteilung 22

4. Methodik 234.1 Hypothesenentwicklung 23

4.1.1 Ziele für die Hörgeräteeinstellung 244.1.2 Entwicklung der Testeinstellungen 24

4.2 Testdesign 264.2.1 Probanden 274.2.2 Hörgeräteeinstellung 274.2.3 Auswahl des Testmaterials 294.2.4 Testablauf 304.2.5 Laborsituation 31

Inhaltsverzeichnis

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Seite v

Förderpreis 2012 - Simon Christoph BeckerE UHA

5. Ergebnisse 325.1 Applizierte Verstärkung 325.2 Sprachverstehen 33

5.2.1 Verstärkungsabhängigkeit 355.2.2 Einzelbeispiele 38

5.3 Akzeptanz 39

6. Diskussion 446.1 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse 446.2 Diskussion der Ergebnisse 446.3 Kritische Methodenreflexion 46

6.3.1 Probanden 466.3.2 Testmaterial 466.3.3 Umsetzung der Testeinstellungen 476.3.4 Berechnungen der individuellen effektiven Größe 496.3.5 Normalverteilung der Daten 49

6.4 Ausblick 49

7. Verzeichnisse 517.1 Literaturverzeichnis 517.2 Abbildungsverzeichnis 527.3 Tabellenverzeichnis 55

8. Anhang 568.1 Geräteliste 568.2 Tabellen und Abbildungen 578.3 Abkürzungen 62

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Einleitung und Übersicht Seite 1

1. Einleitung und Übersicht„Britta kauft sieben nasse Bilder“ oder „Hier liegt ein Opossum“? Schwerhörige mit coch-leärem Hörverlust haben oft Probleme, in Störgeräuschen Sprache zu verstehen. Aus der Praxis der Hörgeräteakustik ist bekannt, dass bei Menschen mit gleichem Hörverlust stark unterschiedliches Sprachverstehen vorhanden sein kann. Dennoch wird für der Berech-nung der Verstärkung eines Hörgerätes meist nur das Tonaudiogramm verwendet. Dies führt zu gleicher Verstärkung bei gleichen Hörverlusten. Für eine/n Hörgeräteträger/in kann diese Einstellung genau richtig sein, für eine/n andere/n führt diese Einstellung eher zu einem unangenehmen Klang- und Lautstärkeempfinden, ohne dabei das Sprachver-stehen optimal zu verbessern. Erst nach der Hörgeräteversorgung wird in Deutschland zur Überprüfung des Erfolges standardgemäß der Freiburger Sprachtest genutzt. Diese Messung hat aber keinen direkten Einfluss auf die Einstellung des Hörgerätes. Mögliche Gründe für die individuellen Unterschiede im Sprachverstehen sind unter anderem tote Regionen der Cochlea und kognitive Fähigkeiten. Diese Merkmale können jedoch mit der Messung des Tonaudiogramms nicht ermittelt werden.

In der vorliegenden Arbeit wird die Möglichkeit einer Optimierung von Hörgeräteeinstel-lungen unter Einbeziehung des individuellen Sprachaudiogramms untersucht. Dies kann deutliche Vorteile bringen. So könnte voraussichtlich gegenüber einer konventionellen Anpassung weniger Verstärkung benötigt werden, um gleiches versorgtes Sprachverste-hen zu bewirken. Weniger Verstärkung führt zu positiven Effekten, wie zum Beispiel ge-ringere Probleme mit Rückkopplungen, weniger Verzerrung und natürlicherer Klang. Des Weiteren kann die spontane Akzeptanz erhöht werden. Es ist sogar denkbar, dass durch eine gezielte individuelle Verstärkung das versorgte Sprachverstehen verbessert wird.

Um dies zu überprüfen, muss ein Weg gefunden werden, die Messpunkte des Freiburger Sprachtests in die Anpassung zu integrieren. Die dazu benötigten theoretischen Grundla-gen werden in Kapitel beschrieben. Darin enthalten sind thematisch wichtige Merkmale von cochleären Hörverlusten und ihre Auswirkungen auf das Sprachverstehen, die Be-rechnung des „Speech Intelligibility Index“ (SII) und das Problem der Überschätzung bei hochgradigen Höverlusten sowie das Modell der effektiven Hörbarkeit und das Modell des effektiven Hörverlustes. Zum Abschluss der Grundlagen wird kurz die aktuelle Anpassfor-mel der „National Acoustic Laboratories“ (NAL) vorgestellt, welche bereits das Modell der effektiven Hörbarkeit enthält.

In Kapitel 3 liegt das Kernstück dieser Arbeit. Zunächst wird ein Weg beschrieben, eine in-dividuelle effektive Hörbarkeit direkt zu berechnen. Um diese Berechnung zu entwickeln, wurden 40 Ton- und Sprachaudiogramme aus einer Siemens-internen Datenbank verwen-det. Die Berechnung beruht auf dem Verhältnis zwischen dem SII und den Messpunkten des Freiburger Sprachtests. Da dieser Ansatz allerdings keine robusten Ergebnisse lieferte,

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Einleitung und Übersicht Seite 2

wurde das Modell des effektiven Hörverlustes umgesetzt, welches auf vergleichbaren Berechnungen basiert wie die individuelle effektive Hörbarkeit.

Anschließend werden in Kapitel 4 die gewonnenen Erkenntnisse genutzt, um zwei Hör-geräteeinstellungen zu generieren, welche an Probanden mit mittel- bis hochgradigen Hörverlusten getestet werden. Im Fokus stehen das versorgte Sprachverstehen und die spontane Akzeptanz, welche mittels Freiburger Sprachtest, Oldenburger Satztest und Ak-zeptanzfragebogen ermittelt werden. Des Weiteren wird die Präferenz der Einstellungen abgefragt. Die Ergebnisse aus dem Probandentest werden in Kapitel 5 dargestellt und in Kapitel 6 diskutiert. Insgesamt lässt sich sagen, dass durch Einbeziehen des individuellen Sprachaudiogramms in die Anpassung zum Teil deutlich weniger Verstärkung benötigt wird, um gleiches Sprachverstehen zu erzielen wie mit einer konventionellen Anpassung. Des Weiteren deutet sich an, dass diese Einstellungen besser akzeptiert werden. Die Er-gebnisse bestärken grundsätzlich die Annahme einer individuellen effektiven Hörbarkeit im Sprachverstehen. Weitere Untersuchungen auf diesem Gebiet scheinen daher ratsam.

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Theoretische Grundlagen Seite 3

2. Theoretische GrundlagenIm folgenden Kapitel sollen die theoretischen Grundlagen dieser Arbeit erläutert werden. Zunächst werden kurz die wesentlichen Merkmale von cochleären Hörverlusten beschrie-ben und das Problem der toten Regionen der Cochlea behandelt. Anschließend werden der Speech Intelligibility Index, Abweichungen von der Vorhersage des Sprachverstehens und zwei aktuelle Modelle dazu vorgestellt. Zum Schluss wird ein kurzer Überblick über Anpassverfahren von Hörgeräten geschaffen. Speziell wird es hier um die aktuelle Anpass-formel der „National Acoustic Laboratories“ (NAL) gehen.

2.1 Cochleäre Hörschäden

Grundsätzlich wird bei Hörschäden zwischen Schallleitungs- und Schallempfindungs-schwerhörigkeiten unterschieden. Die Schallempfindungsschäden werden zudem in en-docochleär und retrocochleär eingeteilt. Zu den endocochleären Hörverlusten zählen alle Schäden innerhalb der Cochlea, während retrocochleäre Hörverluste mit Defekten in dahinter liegenden Bereichen beschrieben werden. Dazu gehören unter anderem der Hörnerv, der Hirnstamm und das auditorische System. In dieser Arbeit wird es ausschließ-lich um zwei spezielle Formen der endocochleären Hörschäden gehen. Diese zwei Formen sind Schäden an den inneren Haarsinneszellen (IHC) und/oder den äußeren Haarsinnes-zellen (OHC).

Im Gegensatz zu einem Schallleitungsschaden zieht ein Schallempfindungschaden viele Effekte nach sich, welche eine Kompensation mit Hilfe einfacher und linearer Verstärkung nicht ermöglichen. Dazu gehören eine veränderte Lautheitswahrnehmung, geringere Frequenz- und Zeitselektivität, vergrößerte Probleme beim Sprachverstehen, besonders im Störgeräusch, und weitere. Viele dieser Effekte sind zumindest zum Teil mit defekten OHC zu erklären. Fällt der aktive Mechanismus der Cochlea weg, verschlechtert sich nicht nur die messbare Hörschwelle. Die Hördynamik wird eingeschränkt und die Fähigkeit, Frequenzen genau voneinander zu trennen, entfällt. Letztes lässt sich anhand einer Dar-stellung der Tuning-Kurven intakter und geschädigter Zellen veranschaulichen.

In Abbildung 2.1 ist der Verlauf der Tuning-Kurve dargestellt, die entsteht, wenn die OHC komplett ausfallen (gestrichelte Linie), während die IHC noch komplett intakt sind. In durchgezogener Linie ist zum Vergleich der Verlauf bei vollständiger Funktionalität des Innenohres dargestellt. Sind die OHC beschädigt, zeichnet sich keine deutliche Bestfre-quenz ab. Ein Wahrnehmungsmaximum ist zu niedrigen Frequenzen verschoben. Die weiterverarbeitenden Prozesse sind nicht in der Lage, zwischen den angekommenen Signalen zu differenzieren. In dem gesunden Fall zeichnet sich hingegen eine deutliche Verstärkung der Bestfrequenz ab, welches auch eine genaue Diffenrenzierung der Fre-quenz möglich macht.

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Theoretische Grundlagen Seite 4

In Abbildung 2.2 ist der Verlauf der Tuning-Kurve dargestellt, die entsteht, wenn die IHC mittelgradig beschädigt sind (gestrichelte Linie), während die OHC komplett intakt sind. Zu sehen ist, dass der Verlauf der Tuning-Kurve dem gesunden Verlauf sehr ähnlich ist, mit dem Unterschied, dass dieser um einige dB linear gedämpft ist. Dies schlägt sich in direkter Folge auf den messbaren Hörverlust nieder. Eine Frequenzselektion ist hier noch recht gut vorhanden.

2.1.1 Tote Regionen der Cochlea

Laut Moore (1998) sind tote Regionen der Cochlea Bereiche, auf denen sich keine funk-tionierenden IHC befinden. Dies führt zu dem Defizit, einen präsentierten Ton in diesem Bereich nicht wahrnehmen zu können. Ein gemessenes Tonaudiogramm zeigt entspre-chend nicht die Wahrnehmungsfähigkeit des dargebotenen Sinustons. In dem Bereich der toten Region wird der Pegel in der Tonaudiometrie soweit erhöht, bis die niederfre-quenten Nachbarzellen auf den Stimulus reagieren. Dies wird anschließend fälschlich als Hörschwelle interpretiert. Das „wahre“ Audiogramm ist folglich wesentlich zu höheren Pe-geln verschoben. Eine Möglichkeit, aus dem Audiogramm eine tote Region zu detektieren, gibt es nicht. Eine von Moore (2004) vorgestellte Methode ist der TEN-Test, bei welchem mit einem speziellen Maskierungsrauschen verhindert wird, dass Nachbarbereiche der Dead Region auf den dargebotenen Ton reagieren. Da der TEN-Test in dieser Arbeit keine Anwendung findet, wird er nicht näher beschrieben. Moore (1998) rät dazu, Bereiche, die

Abb. 2.1: Linker Teil zeigt eine schematische Skizze des cortischen Organs mit komplett beschädigten OHC und intakten IHC. Rech-ter Teil zeigt den Verlauf der zugehörigen Tuning-Kurve in gestrichelter Linie und den gesunden Verlauf in durchgezogener Linie, aus Moore (1998).

Abb 2.2: Linker Teil zeigt eine schematische Skizze des cortischen Organs mit moderat beschädigten IHC und intakten OHC. Rech-ter Teil zeigt den Verlauf der zugehörigen Tuning-Kurve in gestrichelter Linie und den gesunden Verlauf in durchgezogener Linie, aus Moore (1998).

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Theoretische Grundlagen Seite 5

eine tote Region aufweisen, mit einem Hörgerät nur wenig zu verstärken, da kein oder wenig Nutzen zu erwarten ist.

Wie Thai-Van et al. (2003) und Moore und Vinay (2009) beschrieben haben, weisen Nach-barregionen von toten Regionen der Cochlea zum Teil verbesserte Eigenschaften auf. So konnte zunächst gezeigt werden, dass eine verbesserte Schwelle für die Wahrnehmung von Frequenzunterschieden nahe der toten Region existieren kann. Später wurde ent-deckt, dass auch geringere Amplitudenmodulationen nahe der toten Region wahrgenom-men werden können. Dazu gehören ebenfalls Frequenzbereiche, welche zum Teil eine Oktave oberhalb oder unterhalb der toten Region liegen. Diese Ergebnisse gelten nicht für alle Probanden/innen der Experimente von Thai-Van et al. (2003) und Moore und Vinay (2009). Als Erklärung wird eine Reorganisation im auditorischen System vermutet, die nach einem Totalausfall einer Region entsteht. Dieses Phänomen ist schon aus anderen Bereichen des menschlichen Körpers bekannt.

2.1.2 Tonaudiogramm und Sprachverarbeitung

Halpin und Rauch (2009a) haben in ihrer Untersuchung beobachtet, dass bei etwa glei-chen Hörverlusten unterschiedliches Sprachverstehen auftreten kann. Wie in Abbildung 2.3 dargestellt ist, wird ein direkter Zusammenhang zwischen einer Verschlechterung im Sprachverstehen und toten Regionen der Cochlea gesehen. Halpin und Rauch war es möglich, von Patienten, bei denen sie Ton- und Sprachaudiogramme gemessen haben, post mortem das Innenohr auf tote Regionen zu untersuchen. Beide Tonaudiogramme sind ähnlich. Der linke Fall weist im Cytochochleogramm keine toten Regionen auf und erreicht im Sprachtest das vorhergesagte Sprachverstehen. Der rechte Fall hat eine tote Region ab ca. 2 kHz und erreicht bei höheren Pegeln nicht das vorhergesagte Sprachver-stehen.

Wenn also tote Regionen der Cochlea vorhanden sind, ist Verstärkung in entsprechenden Bereichen nicht empfehlenswert, da kein Nutzen für das Sprachverstehen zu erwarten ist. Nur das Tonaudiogramm zu messen, ist demnach nicht ausreichend, da dieses Au-diogramm keine weiteren Hinweise auf den vorliegenden Schaden liefert. Laut Vickers et al. (2001) ist es sogar möglich, dass sich durch Verstärkung in diesen Bereichen weitere Verschlechterungen des Sprachverstehens aufgrund anderer Effekte einstellen. Die Art des cochleären Schadens spielt also eine maßgebliche Rolle für das Sprachverstehen und für den zu erwartenden Nutzen eines Hörgerätes. Daher sollte eine Sprachmessung in den Anpassprozess integriert sein. Wird wie in Abbildung 2.3 festgestellt, dass weitere Lautstärkeerhöhung und damit theoretische Hörbarkeit für hohe Frequenzen keinen Nut-zen für das Sprachverstehen bringt, sollte keine deutliche Hochtonverstärkung gegeben werden. In diesen Fällen empfehlen Halpin und Rauch (2009b) eine frequenzunabhängige Verstärkung für den gesamten Frequenzgang des Hörgerätes.

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Theoretische Grundlagen Seite 6

2.2 Speech Intelligibility Index

Der Speech Intelligibility Index (SII) ist ein Wert zwischen null und eins, welcher für de-finierte Situationen die Sprachverständlichkeit einer Person vorhersagt. Berücksichtigt werden Pegel und Spektrum von Sprache und Störgeräusch sowie Stärke und Art eines vorhandenen Hörverlustes. Im Folgenden werden der Standard zur Berechnung des SII vorgestellt sowie eine Erweiterung, Probleme bei der Vorhersage des Sprachverstehens und mögliche Veränderungen dieser zu verbessern.

2.2.1 Berechnung nach Standard ANSI S3.5-1997

Zur Berechnung des SII gibt es einen definierten Standard des „American National Stan-dard Institute“. Im Folgenden wird der aktuelle Standard von 1997 vorgestellt, welcher weiter als ANSI-S3.5 (1997) bezeichnet wird. Der SII ist eine Summe aus den Faktoren der sogenannten „band importance function“ Ii (Bandgewichtungsfaktoren) und der „audibi-lity function“ Ai (Bandverständlichkeitsfaktoren).

Abb. 2.3: Zusammenhang zwischen toten Regionen und Defiziten im Sprachaudiogramm; zwei Fälle mit Ton- und Sprachaudiogramm inkl. Cytocochleogramm, darunter jeweils ein Sprachaudiogramm mit zugehörigem SII, schwarze durchgezogene Linie entspricht dem berechneten SII; linker Fall ohne tote Regionen und ohne Unterscheid zwischen SII und Sprachaudiogramm, rechter Fall bei ähnlichem Hörverlust mit toten Regionen und Defiziten im Sprachaudiogramm gegenüber dem SII; aus Halpin und Rauch (2009a)

Word recognition Word recognition

Increasing test level or high fq. gain

engages more cochlear regions, which can contribute in this case

so the score can improve significantly

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Theoretische Grundlagen Seite 7

(2.1)

Je nach Berechnungsmethode werden hier zwischen 6 und 21 Bänder benutzt. Ii ist ein Faktor zwischen null und eins, welcher tabelliert existiert und nicht berechnet werden muss. Er gewichtet die Frequenzbänder nach Relevanz für das Sprachverstehen. Wie in Abbildung 8.1 (siehe Anhang) zu sehen ist, werden hier z. B. 150 Hz mit einer nur sehr ge-ringen Relevanz versehen, während der sprachrelevante Frequenzbereich von 450 Hz bis 4 kHz mit der höchsten Relevanz berücksichtigt wird. Ai ist ebenfalls ein Faktor zwischen null und eins, welcher sich aus der Hilfskomponente Ki und dem „level distortion factor“ Li (Verzerrungsfaktor) zusammensetzt.

(2.2)

(2.3)

Der Verzerrungsfaktor Li beinhaltet zum einen den Pegel des äquivalenten Sprachspekt-rums E’i und den Standardpegel des Sprachspektrums bei normaler Sprachlautstärke Ui (siehe Tabelle 3 aus ANSI-S3.5). Des Weiteren wird die Option eines eventuell vorhande-nen Schallleitungsanteils mit dem Faktor Ji berücksichtigt. Die Hauptaufgabe des Verzer-rungsfaktors ist es, dem Phänomen Sorge zu tragen, dass bei zu lauter Sprachlautstärke die Sprachverständlichkeit schlechter wird. Li wird nach der Berechnung noch auf einen Wertebereich zwischen null und eins begrenzt. Der Hilfsfaktor Ki beinhaltet ebenfalls E’i und den Pegel des Störspektrums Di.

(2.4)

(2.5)

X’i ist der „equivalent internal noise spectrum level“ (Pegel des äquivalenten internen Geräuschspektrums), welcher für eine untere Grenze der Hörbarkeit sorgt und bereits tabelliert vorliegt (siehe Tabelle 8.1). Gäbe es dieses interne Rauschen nicht, würde jeder dargebotene Pegel von Sprache ohne ein zugefügtes Störgeräusch zu perfektem Sprach-verstehen führen. Ti entspricht der gemessenen Hörschwelle. Z’i ist der Pegel des äquiva-lenten Maskierungsspektrums. Er berücksichtigt Bandmaskierung, Aufwärtsverdeckung und die Selbstmaskierung der Sprache und wird wie folgt berechnet:

(2.6)

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Theoretische Grundlagen Seite 8

Fi steht für die jeweilige Mittenfrequenz, hi ist das jeweilige obere Frequenzende des Ban-des. Weiter enthalten ist ein Faktor Bi, der sich wie folgt zusammen setzt:

(2.7)

(2.8)

N’i ist der äquivalente Pegel des Störschallspektrums, der in dieser Arbeit keine Verwen-dung findet. Des Weiteren enthalten ist der Faktor für die Aufwärtsmaskierung Ci, welcher sich wie folgt berechnet:

(2.9)

li ist der Gegenpart zu hi und das jeweilige untere Frequenzende des Bandes.

2.2.2 Erweiterung mit Aufteilung des cochleären Hörverlustes

Wie in Kapitel 2.1 bereits erwähnt, führt ein moderater Schaden der IHC zu einer linearen Dämpfung. Laut Moore (1998) sind für Frequenzen bis 2 kHz Hörverluste ab 55 dB HL Schäden an IHC, für Frequenzen ab 2 kHz Hörverluste ab 65 dB HL. Bei Hörverlusten ab diesen Grenzen gilt ein lineares Verhalten der Übertragung. Für Hörverluste unter diesen Grenzen wird von einem reinen Schaden der OHC ausgegangen.

2.2.3 Grenzen der Vorhersage des Sprachverstehens

Ching et al. (1998) untersuchten in ihrer Studie die Richtigkeit der Vorhersage des SII. Dabei wurde unter anderem bestätigt, dass sich das Sprachverstehen von Schwerhöri-gen mit leichten und mittelgradigen Hörverlusten mit dem SII gut vorhersagen lässt. Das Sprachverstehen von Personen mit hochgradigen Hörverlusten kann hingegen deutlich überschätzt werden. Dies ist in Abbildung 2.4 von Ching et al. (1998) dargestellt.

Abb. 2.4: Gemitteltes Sprachverstehen für Konsonanten bei tiefpassgefilter-ter Wiedergabe (Grenzfrequenz: 5,6 kHz) für mittelgradige flache (MF), mittelgradige schräg abfallende (MS), hochgradige flache (SF) und hochgra-dige schräg abfallende (SS) Hörverluste. Gemessene Werte sind Punkte, Vorher-sage nach Eq.(1) sind durchgezogene Linien, Vorhersage nach Eq.(6) sind gestrichelte Linien und Diamanten, Vor-hersage nach Eq.(9) sind unterbrochene Linien und Dreiecke. Je schwerwiegen-der der Hörverlust, desto ungenauer die Vorhersage des Sprachverstehens, aus Ching et al. (1998).

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Theoretische Grundlagen Seite 9

Zu sehen sind drei gemittelte Berechnungen des SII gegenüber dem gemittelten gemes-senen Sprachverstehen der Probanden bei tiefpassgefilterten Konsonanten. Die Grenz-frequenz des Tiefpassfilters ist in diesem Fall 5,6 kHz. Getestet wurde mit mittelgradigen flachen (MF), mittelgradigen schräg abfallenden (MS), hochgradigen flachen (SF) und hochgradigen schräg abfallenden (SS) Hörverlusten. Zu sehen ist, dass bei steigendem Grad des Hörverlustes die Vorhersage des Sprachverstehens im Durchschnitt überschätzt wird. Alle drei dargestellten Berechnungen („Eq.(1)“, „Eq.(6)“ und „Eq.(9)“ aus Ching et al. (1998)) des SII basieren auf der Grundformel 2.1. In „Eq.(1)“ wird die Berechnung ohne den Verzerrungsfaktor Li durchgeführt. „Eq.(6)“ entspricht der Berechnung des Standards nach ANSI-S3.5 (1997) . Für „Eq.(9)“ wurde an den Verzerrungsfaktor ein Korrekturfaktor Pn, s angefügt, welcher bei starken Hörverlusten zu einer Absenkung der Hörbarkeit führt. Der Index n steht für die Einteilung zwischen vier Frequenzbereichen, und der Index s be-schreibt einen Wert, der für jeden Probanden individuell festgelegt wurde. Dabei spielte die Stärke des Hörverlustes die größte Rolle. Die Ermittlung des Wertes für s wird nicht näher beschrieben. Insgesamt kann der Korrekturfaktor Pn, s als Wert einer Effektivität für Sprachverstehen interpretiert werden.

(2.10)

Ching et al. (1998) zeigen auf, dass theoretische Hörbarkeit von Sprache nicht zwingend für Sprachverstehen genutzt werden kann. Besonders bei starken Hörverlusten in hohen Frequenzen kann der Nutzen aus dieser Hörbarkeit sehr gering sein. Weitere Erhöhung der theoretischen Hörbarkeit kann sogar zu weniger Sprachverstehen führen. Dies bedeu-tet, dass die Vorhersage des Sprachverstehens durch den SII nicht korrekt sein muss und folglich Modelle, welche ausschließlich auf den SII aufbauen, überdacht werden sollten.

2.2.4 Desensitization und effektive Hörbarkeit

Wie zuvor in Kapitel 2.2.3 erwähnt, wird bereits von Ching et al. (1998) von einer Effek-tivität für Sprachverstehen gesprochen. Diese ist definiert als theoretische Hörbarkeit, welche mit den Effekten der Pegelverzerrung und Hörverlust-Desensibilisierung („Desen-sitization“) korrigiert ist (Ching et al. (2001)). Die Pegelverzerrung ist mit dem Verzerrungs-faktor in ANSI-S3.5 (1997) bereits integriert. Die Desensitization drückt eine verringerte Effektivität im Sprachverstehen aus. Das heißt, Bereiche der Cochlea, welche eine geringe Effektivität haben, können aus der präsentierten Sprache wenig oder keinen Nutzen für das Verstehen von Sprache ziehen. Je stärker der Hörverlust ist, desto geringer ist der Wert dieser Effektivität bzw. sinkt der Wert des Desensitization Faktors. In Ching et al. (2001) nimmt die Desensitization mit steigender Frequenz zu. In der aktuellen Berechnung der effektiven Hörbarkeit aus Dillon (2011) ist die Desensitization frequenzunabhängig und berechnet sich wie folgt:

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Theoretische Grundlagen Seite 10

(2.11)

M ist der sogenannte Desensitization-Faktor beziehungsweise die Effektivität eines Ban-des. Der Verlauf dieser Funktion ist in Abbildung 2.5 dargestellt. Tmeasured ist die gemessene Hörschwelle. Wird nun M in die Berechnung der theoretischen Hörbarkeit integriert, so ergibt die effektive Hörbarkeit nach:

(2.12)

(2.13)

In Abbildung 2.6 ist die effektive Hörbarkeit in Abhängigkeit des „Sensation Level“ (SL) in dB SPL für verschiedene Hörverluste aufgetragen (K). Laut diesem Modell gilt für ei-nen Hörverlust von 0 dB HL voller Nutzen aus dem Sprachsignal ab einem SL von 30 dB SPL. Für beispielsweise einen Hörverlust von 60 dB HL ist der höchstmögliche Nutzen aus einem Sprachsignal schon ab einem SL von etwa 20 dB SPL erreicht. Weitere Erhöhung des Darbietungspegels bringt keinen weiteren Nutzen für das Sprachverstehen. Eher das Gegenteil würde eintreten, da ab einem bestimmten Pegel das Sprachverstehen durch zu hohe Lautstärke schlechter wird. Dieses Phänomen wird mit Hilfe des Verzerrungsfaktors abgedeckt, welcher in die Berechnung der theoretischen Hörbarkeit Ai einfließt (siehe Formel 2.2).

Die Theorie der effektiven Hörbarkeit ist, dass je nach Hörverlust ab einem bestimmten Darbietungspegel kein weiterer Nutzen für Sprachverstehen erreicht werden kann. Die Konsequenz dieser Aussage ist, dass in Frequenzbereichen, in denen eine geringe Effek-tivität vorhanden ist, Verstärkung durch ein Hörgerät nur wenig sinnvoll wäre.

Abb. 2.5: Desensitization-Faktor in Abhängigkeit des Hörverlustes in dB HL nach Dillon (2011)

Hearing loss / dB HL

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2.2.5 Modell des effektiven Hörverlustes

Halpin (2011) hat aufgrund seiner Untersuchungen, welche bereits in Kapitel 2.1.2 be-schrieben wurden, das Modell des effektiven Hörverlustes vorgestellt. Wenn auf der Basi-larmembran einer Person tote Regionen sind, lassen sich diese mit einer Tonaudiometrie nicht erfassen. Ab einem gewissen Darbietungspegel reagieren die Nachbarzellen der dargebotenen Frequenz. Der gemessene Hörverlust erscheint folglich geringer als der „wahre“ Hörverlust. Der resultierende SII würde gegenüber den gemessenen Sprachtest-ergebnissen stark überschätzt werden.

Die Idee des Modells besteht darin, die gemessenen Sprachtestergebnisse als „wahre“ Werte anzuerkennen und den gemessenen Hörverlust so zu verändern, bis der resultie-rende SII zu dem Sprachaudiogramm passt. Diesen veränderten Hörverlust nennt man effektiven Hörverlust. Halpin (2011) kann zeigen, dass Hörschwellen, bei denen er post mortem eine tote Region nachweisen konnte, im effektiven Hörverlust abgewertet wer-den. Halpins Konsequenz ist, Frequenzbereiche, welche durch den effektiven Hörverlust gegenüber dem gemessenen Hörverlust abgewertet werden, nicht zu verstärken. Sehr wahrscheinlich liegt in diesem Frequenzbereich eine tote Region der Cochlea vor. Aus

Abb. 2.6: Effektive Hörbarkeit in Abhängigkeit des SL in dB SPL für Hörverluste von 0 dB HL bis 120 dB HL, nach Dillon (2011)

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Sensation level / dB SPL

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Theoretische Grundlagen Seite 12

dargebotener Sprache könnte folglich kein Nutzen gezogen werden. Die konkrete Um-setzung dieses Modells wird in Kapitel 3.2 beschrieben.

2.3 Hörgeräteanpassung

Um ein Hörgerät für eine schwerhörige Person anzupassen, wird nach aktuellem Stand unter anderem die Verstärkung in Abhängigkeit der Frequenz berechnet. Die wichtigste Grundlage hierfür ist laut Dillon (2001) die gemessene Hörschwelle der Person. Mit ihr kann ein präskriptives Anpassverfahren benutzt werden, um Zielverstärkungen für das anzupassende Hörgerät zu berechnen. Generell wird hier zwischen linearen und nichtli-nearen Anpassverfahren unterschieden.

Wie in Siemens (2010) beschrieben wird, kann beobachtet werden, dass Probanden ohne längere Trageerfahrung mit Hörgeräten weniger Verstärkung in den hohen Frequenzen bevorzugen. In dem beschriebenen Experiment wurde die Verstärkung von den Proban-den/innen im Durchschnitt um 4 dB verringert. Bisher wurde diese Beobachtung mit der Entwöhnung von Lautstärke begründet. Mit Hilfe von Akklimatisierungsstufen wurde dafür Sorge getragen, dass der/die Hörgeräteträger/in schrittweise an die Verstärkung ge-wöhnt werden kann. Erstaunlicherweise kann aber auch beobachtet werden, dass selbst bei geringer Akklimatisierungsstufe optimales Sprachverstehen erreicht werden kann. Dies lässt die Schlussfolgerung zu, dass hier nach dem Modell der effektiven Hörbarkeit die optimale Verstärkung individuell bereits erreicht ist. Ein Modell der individuellen ef-fektiven Hörbarkeit ist allerdings zur Zeit nicht realisiert. Im Folgenden wird eine aktuelle nichtlineare Anpassformel des NAL vorgestellt. In ihr sind bereits Teile der effektiven Hör-barkeit verarbeitet, weshalb sie als Referenzeinstellung für eine experimentelle Überprü-fung neuer Anpassverfahren geeignet ist.

2.3.1 NAL-NL2

Die aktuelle nichtlineare Anpassformel von NAL heißt NL2. Das Ziel dieser Anpassformel ist die Maximierung der Sprachverständlichkeit bei möglichst normaler Lautheit. Als Ein-gabeparameter gilt hier nicht nur die Hörschwelle, sondern auch die Unbehaglichkeits-schwelle, das Alter, Geschlecht und eventuelle Hörgeräteerfahrung der Person sowie die Sprache (tonal oder nicht tonal), die Art der Versorgung (monaural, bilateral) und die Ein-stufung des Hörverlustes (z. B. hochgradig).

In Abbildung 2.7 ist das theoretische Konzept zur Berechnung der Zielverstärkungen von NL2 dargestellt. Im Wesentlichen findet hier ein Kompromiss zwischen Wiederherstellung normaler Lautheit und Erreichen bester Sprachverständlichkeit statt. Die Berechnung der Verstärkung wird mit Hilfe des modifizierten SII-Modells realisiert. Dieses SII-Modell entspricht dem Modell aus ANSI-S3.5 (1997) inklusive Berücksichtigung der Effekte der Desensitization, welche in Kapitel 2.2.4 bereits beschrieben wurden. Auf diese Weise soll eine zu hohe Verstärkung in Folge einer überschätzten Sprachverständlichkeit vermieden

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werden. Anschließend wird mit Hilfe des Lautheitsmodells von Moore und Glasberg (in Moore (1998) beschrieben) die Verstärkung auf die voraussichtliche versorgte Lautheit überprüft und gegebenenfalls korrigiert.

Abb 2.7: Theoretisches Konzept zur Berechnung der Zielverstärkungen mit NL2, aus Chalupper (2011)

Unversorgtes Sprachspektrum

NAL-NL2: Berechnung der Zielverstärkung - Theorie

Lautheits­modell

Normale Lautheit

Verstärkungs­frequenzgang

Vergleich

Lautheit (schwerhörig)

Lautheits­modell

Versorgtes Sprachspektrum

Sprachverst.­modell

Sprachver­ständlichkeit

Audiogramm

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Erweiterung und Umsetzung der theoretischen Modelle Seite 14

3. Erweiterung und Umsetzung der theoretischen ModelleIn diesem Kapitel wird detailliert auf die Weiterentwicklung zur individuellen effektiven Hörbarkeit und deren Umsetzung sowie die Umsetzung des effektiven Hörverlustes ein-gegangen. In beiden Modellen dient das Verhältnis zwischen gemessenen Sprachtestwer-ten und dem SII zur Informationsgewinnung für eine mögliche Hörgeräteeinstellung. Es standen aus der Datenbank von Siemens 40 Ton- und Sprachaudiogramme unterschied-licher Grade zur Verfügung. Mit Hilfe dieser Daten werden beide Modelle optimiert. Die Ergebnisse aus dieser Optimierung werden abschließend jeweils bewertet.

3.1 Individuelle effektive Hörbarkeit

Wie in Kapitel 2.2.4 dargestellt, gibt es eine effektive Hörbarkeit. Laut Dillon (2011) ist diese jedoch nur von der Stärke des Hörverlustes abhängig. Da laut Halpin und Rauch (2009b) die gemessene Hörschwelle nicht ausreichend Information über den genauen Schaden im Ohr gibt und die Funktion der Desensitization nach Ching et al. (2001) nur im Mittel richtig ist, soll die effektive Hörbarkeit nun individuell bestimmt werden. Das Prinzip dieser Individualisierung wird im Folgenden erklärt.

Die Grundidee ist, pro errechenbarem Band im SII nach Formel 2.12 eine individuelle ef-fektive Hörbarkeit zu bestimmen (Kind). Konkret wird also der Desensitization-Faktor M pro Band nicht mehr nach Formel 2.11 berechnet, sondern individuell bestimmt. Dieser wird im Folgenden als Mind bezeichnet und beschreibt eine individuelle Effektivität pro Band. Wird dieser neue Desensitization-Faktor für die Berechnung von K, also der theoretischen Hörbarkeit, verwendet, wird daraus die individuelle effektive Hörbarkeit Kind.

Um Mind zu bestimmen, wird das Verhältnis zwischen SII nach ANSI-S3.5 (1997) und den Messpunkten des Sprachtests verwendet. Die Frequenzinformation wird aus der Steigung des Hörverlustes gewonnen. Daher ist die Berechnung prinzipiell nur mit schräg abfallen-den Hörverlusten sinnvoll. Niedrige Darbietungspegel des Sprachmaterials verursachen so nur einen SL in den tieffrequenten Bereichen der Cochlea. Auf diese Weise lässt sich die Effektivität der tieffrequenten Bänder mit Hilfe des Verhältnisses zwischen den Mess-punkten des Sprachtests und dem SII bestimmen. Durch Pegelerhöhung wird dann für eine theoretische Hörbarkeit in den höheren Frequenzen gesorgt. Steigt nun auch das gemessene Sprachverstehen mit der gleichen Steigung wie der SII an, wird der entspre-chende Frequenzbereich als effizient gewertet. Mind erhält dann für die entsprechenden Bänder den Wert eins. Steigt das Sprachverstehen jedoch mit geringerer Steigung als der SII, wird dieser Frequenzbereich als weniger effektiv bewertet. Mind erhält nun einen Wert unter eins. Schrittweise werden so alle Frequenzbereiche der Gehörs nach ihrem Nutzen für das Sprachverstehen bewertet. Für jedes Band existiert dann die individuelle Effektivität. Um hier eine möglichst feine Frequenzauflösung zu erhalten, werden Wer-te zwischen den gemessenen Sprachtestwerten interpoliert und der SII mit der „critical

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Erweiterung und Umsetzung der theoretischen Modelle Seite 15

frequency band“-Methode berechnet. Optimal für die Berechnung sind Messpunkte des Sprachtests, welche die gesamte Hördynamik widerspiegeln.

Um diesem Zusammenhang näher zu kommen, sind in Abbildung 3.1 auf der linken Sei-te ein Hörverlust und auf der rechten Seite der zugehörige SII nach ANSI-S3.5 (1997) mit gemessenem Sprachverstehen dargestellt. Der Unterschied zwischen dem SII und dem gemessenen Sprachverstehen in den höheren Darbietungspegeln ist mit Pfeilen darge-stellt. Da hier der gemessene Wert schlechter ist, wird der zugehörige Frequenzbereich im Tonaudiogramm (rot markiert) als ineffizient betrachtet. Konkret wird der Wert von Mind reduziert, bis der SII nach Formel 2.12 den Messpunkten des Sprachtests entspricht. Der SII nach ANSI-S3.5 (1997) wird hier als das optimal erreichbare Sprachverstehen an-gesehen. Für dieses Beispiel gilt also für niedrige Pegel volles Erreichen der Vorhersage und somit optimale Effektivität in dem zugehörigen Bereich im Tonaudiogramm. In dem Modell der individuellen effektiven Hörbarkeit ist es im Gegensatz zu dem Modell der ef-fektiven Hörbarkeit möglich, dass Frequenzbereiche effizienter sein können als bei einer normalhörenden Person. Dies ist der Fall, wenn Messpunkte des Sprachtests oberhalb der Vorhersage liegen. Mind erhält für diesen Fall Werte größer eins.

Abb. 3.1: Zusammenhang zwischen dem Unterschied des SII zu den Messpunkten des Freiburger Einsil-bertests (rechts) und Bewertung der Effektivität im Tonaudiogramm (links: Hörverlust in dB HL mit rot markierten ineffektiven Bereichen)

Um derartige Berechnungen zukünftig für die Hörgeräteakustik nutzbar zu machen, wird versucht, diese individuelle effektive Hörbarkeit aus gemessenen Werten des Freiburger Sprachtests zu berechnen. Im Folgenden werden die Umsetzung in MatLab näher be-schrieben und erste Ergebnisse sowie die Grenzen der Berechnung aufgezeigt.

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3.1.1 Berechnung der individuellen Effektivität

Für die Berechnung der individuellen effektiven Hörbarkeit Mind wurde die Software MatLab verwendet. Dazu gehören auch einige MatLab-interne Funktionen, welche in dieser Arbeit nur bedingt beschrieben werden. Die Berechnung setzt sich aus zwei Kern-elementen zusammen. Das erste Element ist die Berechnung des SII nach ANSI-S3.5 (1997) mit der „critical frequency band“-Methode und verschiedenen Einstellungsmöglichkeiten. So wurde ein Skript für die Berechnung des SII geschrieben. Die genaue Konfiguration wird in Kapitel 3.1.2 beschrieben.

Das zweite Kernelement stützt sich auf die MatLab-Funktion „lsqcurvefit“. Diese Funktion löst mehrdimensionale, nichtlineare Optimierungsprobleme nach wählbaren Optionen. Benutzt wird dabei die Methode der kleinsten Quadrate. Das zu lösende Problem ist die Suche nach Mind für jedes Band, welches dann, in der Berechung des SII integriert, dem gemessenen Sprachverstehen entspricht.

Als erster Eingabewert wird die Funktion „myfun4“ gegeben, welche mit einem gegebe-nen Hörverlust den SII berechnet und in erwartetes Sprachverstehen in Prozent umwan-delt. Weitere Eingabewerte sind die veränderbare Variable und die Werte des gemessenen Sprachverstehens. Die hier verwendete Variable ist Mind, welche als Startwert nach 2.11 berechnet wird. Nun wird das jeweilige Ergebnis der Funktion „myfun4“ mit dem gemes-senen Sprachverstehen verglichen. Stimmen beide noch ungenügend genau überein, wird Mind verändert. Infolge dessen nimmt Mind pro Band individuelle Werte an. Hieraus wird nun Kind berechnet. Auf diese Weise wird ein Verlauf des SII bestimmt, welcher dem gemessenen Sprachverstehen entspricht und für jedes Band einen Wert für Mind besitzt.

Abb. 3.2: Darstellung eines optima-len Beispiels des Verlaufs von Mind („effectiveness“) mal 100 in % (rot), inverser Hörverlust (blau gepunktet) in dB und „Range“ (blaue Balken) in dB eines Datensatzes mit Ton- und Sprachaudiogramm

In Abbildung 3.2 ist ein Beispiel für ein optimales Ergebnis der Bestimmung von Mind dargestellt. Des Weiteren sind der zugehörige Hörverlust und der Verlauf der „Range“ in

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dB abgebildet. Die „Range“ beschreibt eine Pegelspannbreite, in der theoretische Hörbar-keit in Sprachverstehen umgesetzt werden kann. In Abbildung 2.5 beträgt diese Spann-breite für einen Hörverlust von 60 dB beispielsweise etwa 20 dB. Da die „Range“ bei der individuellen Bestimmung von M aufgrund des Aufbaus der Berechnung direkt mit dem Hörverlust redundant ist, wird im Folgenden auf die weitere Verwendung verzichtet. In Abbildung 3.2 wird Mind mit 100 multipliziert. Dies erleichtert die visuelle Beurteilung des Ergebnisses. Zu sehen ist, dass der Frequenzbereich von 125 Hz bis 3, 5 kHz hier mit etwas über 100 dargestellt ist. Dies bedeutet, dass dieser Bereich besonders effektiv für Sprachverstehen ist und dass es Frequenzbereiche geben kann, welche effizienter sind als der SII vorsieht. Ab 3, 5 kHz bricht Mind stark ein. Die Konsequenz daraus ist, dass ab dieser Frequenz nur noch sehr wenig Effektivität vorhanden ist und folglich Verstärkung mit einem Hörgerät wenig sinnvoll wäre.

3.1.2 Konfigurationsdetails

Im Folgenden werden einige Konfigurationsdetails beschrieben, welche für die Berech-nung der individuellen effektiven Hörbarkeit Kind nötig sind.

1. Berücksichtigung eines vorhandenen Schallleitungsanteils laut Formel 2.3. Da die Kno-chenleitung eines/er Probanden/in nicht immer vollständig gemessen wird, kommt hier ein Siemens-internes Skript zum Einsatz, welches fehlende Knochenleitungs-schwellen berechnet.

2. Berücksichtigung eines Schadens der IHC. Entsprechend den Aussagen in Kapitel 2.2.2 kann die Aufteilung zwischen Schaden der IHC und OHC in den Verzerrungsfaktor Li

eingerechnet werden.

(3.1)

(3.2)

3. Startwerte für Mind werden nach Formel 2.11 berechnet. Dies sind die besten Werte, da M laut Ching et al. (2001) im Mittel richtig ist. Weiter werden die Faktoren p und K wie folgt bestimmt:

(3.3)

(3.4)

Diese Zusammensetzung der Formeln beruht auf Siemens-internen Untersuchungen und macht es erst möglich, Mind über die Funktion „lsqcurvefit“ setzen zu lassen. Die Formel 3.4 wurde in den Untersuchungen von Ching et al. (2001) vorgestellt.

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4. Funktion „lsqcurvefit“ wird mit dem Levenberg-Marquardt-Algorithmus ohne gesetzte Grenzen für Mind verwendet. Vorteil dieses Algorithmus ist, dass er bei geringer Daten-menge relativ robuste Ergebnisse liefert. Erst nach der Optimierung wird Mind auf Werte zwischen null und zwei begrenzt.

3.2 Effektiver Hörverlust

Nach dem Modell des effektiven Hörverlustes (Kapitel 2.2.5) wird nun eine Alternative zur Berechnung einer individuellen Größe für Sprachverstehen vorgestellt. Das Prinzip ist hier das gleiche wie in Kapitel 3.1. Nun ist die veränderbare Variable jedoch der gemessene Hörverlust. Die Grundidee ist, den gemessenen Hörverlust so lange zu verändern, bis der resultierende SII nach ANSI-S3.5 (1997) den Messpunkten des Freiburger Sprachtests ent-spricht. Hier wird der „Umweg“ über einen zusätzlichen Faktor vermieden. Schaut man auf den neu erstellten Hörverlust (THalpin), kann eine gewisse Effektivität für Sprachverstehen aus dem Unterschied zu dem gemessenen Hörverlust interpretiert werden.

Um sich auch diesem Zusammenhang besser anzunähern, ist in Abbildung 3.3 das Bei-spiel aus Kapitel 3.1 für den effektiven Hörverlust dargestellt. Auf der linken Seite sind der gemessene Hörverlust sowie der berechnete THalpin und auf rechten Seite der SII nach ANSI-S3.5 (1997) und das gemessene Sprachverstehen abgebildet. Der Unterschied zwi-schen dem SII und dem gemessenen Sprachverstehen in den höheren Darbietungspegeln ist mit Pfeilen dargestellt. Da der gemessene Wert niedriger ist, wird der zugehörige Fre-quenzbereich im Tonaudiogramm negativ bewertet, also zu höheren Pegeln verschoben. Der durch den neu entstandenen Hörverlust berechnete SII nach ANSI-S3.5 (1997) erreicht im Idealfall genau das gemessene Sprachverstehen. Der SII nach ANSI-S3.5 (1997) mit gemessener Hörschwelle wird hier nicht als das optimal erreichbare Sprachverstehen ver-standen. Falls das gemessene Sprachverstehen besser wäre als die Vorhersage, würde der Hörverlust in dem entsprechenden Frequenzbereich zu niedrigeren Pegeln verschoben.

Abb. 3.3: Zusammenhang zwischen dem Unterschied des SII zu den Messpunkten des Freiburger Einsil-berstests (rechts) und dem Unterschied zwischen gemessener Hörschwelle in dB HL und THalpin (links)

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3.2.1 Berechnung des effektiven Hörverlustes

Die Berechnung des effektiven Hörverlustes (THalpin) basiert auf vergleichbaren Skrip-ten für die Software MatLab wie die Berechnung der individuellen effektiven Hörbarkeit, welche in Kapitel 3.1.1 beschrieben wird. Daher wird in diesem Abschnitt nur auf die Un-terschiede zu dieser Berechnung eingegangen. Der erste Unterschied zeigt sich in der Berechnung des SII. Hier wird der Desensitization-Faktor M nicht verwendet. Es bleibt nur die Berechnung nach ANSI-S3.5 (1997). Die genaue Konfiguration wird in Kapitel 3.3.2 genannt. Der zweite Unterschied ist die Veränderung der Variable in der Benutzung von „lsqcurvefit“. Statt dem vorherig eingesetzten M wird nun Tmeasured als Variable verwendet. Dadurch ist der sinnvollste Startwert direkt definiert. Hierdurch ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die später gefundene Lösung realistisch ist. Nun wird für jede gemessene Fre-quenz die Effektivität bewertet. Ein mögliches Resultat für THalpin ist bereits in Abbildung 3.3 (links) dargestellt.

3.2.2 Konfigurationsdetails

Im Folgenden werden einige Konfigurationsdetails beschrieben, welche für die Berech-nung des effektiven Hörverlustes THalpin nötig sind.

1. Berücksichtigung eines vorhandenen Schallleitungsanteils laut Formel 2.3 (siehe Ka-pitel 3.1.2).

2. Berücksichtigung eines Schadens der IHC (siehe Kapitel 3.1.2).

3. Der gemessene Hörverlust wird als Startwert für THalpin verwendet (siehe Kapitel 3.2.1).

4. Funktion „lsqcurvefit“ wird mit dem Levenberg-Marquardt-Algorithmus ohne gesetzte Grenzen für THalpin verwendet. Vorteil dieses Algorithmus ist, dass er bei geringer Da-tenmenge relativ robuste Ergebnisse liefert.

3.3 Beurteilung der Modelle

In den folgenden Kapiteln 3.3.1 und 3.3.2 wird die jeweilige Umsetzung der Modelle über-prüft. Dies wird in Kapitel 3.3.3 abschließend beurteilt.

3.3.1 Individuelle Effektivität

Um die Umsetzung der Berechnung der individuellen Effektivität beurteilen zu können, werden zwei Merkmale betrachtet. So wird zunächst die Anpassleistung des resultieren-den SII an die Messpunkte des Freiburger Sprachtests betrachtet und anschließend die Interpretierbarkeit von Mind überprüft. Zur Beurteilung der Leistung der Optimierung an die Ergebnisse des Sprachtests wird pro Proband/in die Abweichung zwischen Sprach-verstehen und individualisiertem SII (SII mit berechnetem Mind) aufaddiert und dann in Abhängigkeit zur Steigung des Hörverlustes dargestellt. Die Steigung (Slope) ist in dieser Arbeit wie folgt definiert:

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(3.5)

HL steht für Hörverlust in dB HL. Das Ergebnis ist in Abbildung 3.4 dargestellt. Der mittlere Fehler für diese Berechnung beträgt 9, 23 %. Aus dieser Sicht ist die Berechnung zunächst gut geeignet, um eine individuelle Funktion für das Sprachverstehen eines/er Probanden/in zu berechnen. Eine weitere Information aus dieser Abbildung ist, dass kein Zusammen-hang zwischen der Steigung des Hörverlustes und dem Fehler bei der Berechnung zu erkennen ist. Diese Erkenntnis gilt allerdings nur, solange nur schräg abfallende Hochton-hörverluste betrachtet werden. Bis auf wenige Ausnahmen erfüllen dies die verwendeten Audiogramme.

Abb. 3.4: Fehler der Optimierung pro Proband in Abhängigkeit der Stei-gung des Hörverlustes in %. Der mittlere Fehler beträgt 9,23 %. Eine Abhängigkeit des Fehlers von der Steigung des Hörverlustes ist nicht zu erkennen.

Der zweite wesentliche Punkt in der Beurteilung der Optimierung sind die Werte von Mind. In Abbildung 3.2 ist bereits ein Verlauf dargestellt, welcher optimal interpretierbar ist und damit ein robustes Ergebnis darstellt. Typischerweise ist der Verlauf von Mind jedoch nicht nachvollziehbar und weist viele Richtungsänderungen auf. Auch ist es möglich, dass durch die Optimierung viel zu hohe Werte resultieren können. Ein typisches Beispiel ist in Abbildung 3.5 dargestellt. Besonders auffällig sind hier zwei Bereiche. Im Frequenzbe-reich zwischen 700 Hz und 2 kHz ist ein sehr starker Einbruch der Effektivität zu ermitteln, obwohl kein nennenswerter Hörverlust bei diesen Frequenzen vorliegt. Des Weiteren wei-sen die Frequenzen 2, 5 kHz und 4 kHz starke Effektivitätsspitzen auf. Beide besonderen Auffälligkeiten sowie der häufige Richtungswechsel der Steigung von Mind machen dieses Ergebnis nicht interpretierbar.

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3.3.2 Effektiver Hörverlust

Um die Resultate der Berechnung beurteilen zu können, werden wie in Kapitel 3.3.1 zwei Merkmale betrachtet. So wird zunächst die Anpassung des aus THalpin resultierenden SII an das gemessene Sprachverstehen beurteilt. In Abbildung 3.6 ist der Fehler der Optimie-rung pro Proband/in in Abhänigkeit der Steigung des Hörverlustes in % für die Berech-nung von Mind und THalpin gegeneinander aufgetragen. Die Steigung wird hier ebenfalls nach Formel 3.5 berechnet. Durch die Berechnung von THalpin verringert sich der durch-schnittliche Fehler auf 5, 82 %. Ein optimal interpretierbares Beispiel für einen resultieren effektiven Hörverlust ist bereits in Abbildung 3.3 (links) dargestellt. Hier wird aufgrund des verminderten Sprachverstehens bei höheren Darbietungspegeln der Hörverlust in den Höhen abgewertet.

Abb. 3.5: Darstellung eines typischen Beispiels des Verlaufs von Mind („effec-tiveness“) mal 100 in % (rot), inverser Hörverlust (blau gepunktet) in dB und „Range“ in dB (blaue Balken) eines Datensatzes mit Ton und Sprachau-diogramm

Abb. 3.6: Fehler der Optimierung pro Proband in Abhängigkeit der Stei-gung des Hörverlustes in % für die Be-rechnung von Mind (blau) und THalpin (rot). Eine Abhängigkeit des Fehlers von der Steigung des Hörverlustes ist nicht zu erkennen.

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3.3.3 Abschließende Beurteilung

Anhand der beiden vorgestellten Beurteilungskriterien werden die Umsetzungen der individuellen Effektivität und des effektiven Hörverlustes verglichen. Bei dem Kriterium der Anpassleistung liegt die Umsetzung des effektiven Hörverlustes mit nur 5, 82 % durch-schnittlicher Abweichung gegenüber 9, 23 % der individuellen Effektivität leicht vorn. Beide durchschnittlichen Abweichungen liegen aber in einem geringen Bereich. Daher kann durch dieses Kriterium keine Bevorzugung ausgehen.

Das Kriterium der Interpretierbarkeit der Resultate zeigt größere Unterschiede. So sind bei einem Großteil des Datensatzes die berechneten Verläufe von Mind nicht interpretierbar. Der typische Verlauf eines nicht interpretierbaren Verlaufs ist in Abbildung 3.5 bereits dargestellt. Es ist denkbar, dass sich mit einer verbesserten Methode der Anteil interpre-tierbarer Ergebnisse erheblich erhöhen ließe. Dem wird im Rahmen dieser Bachelorarbeit aber nicht nachgegangen. Im Gegensatz dazu wird bei einem Großteil des Datensatzes ein interpretierbares Resultat des effektiven Hörverlustes berechnet. Daher werden im Folgenden für die Entwicklung von Testeinstellungen für einen Probandentest die vorge-stellte Umsetzung des effektiven Hörverlustes und nur Teile der individuellen Effektivität verwendet.

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Methodik Seite 23

4. Methodik

4.1 Hypothesenentwicklung

Wie in Kapitel 2.2.4 ausgesagt wird, ist volle Verstärkung ineffizienter Frequenzbereiche wenig sinnvoll, weil hierdurch kein Nutzen für das Sprachverstehen erzielt werden kann. Im Umkehrschluss kann dies bedeuten, dass bei weniger Verstärkung der individuell be-stimmten ineffizienten Frequenzbereiche keine Verschlechterung des versorgten Sprach-verstehens resultiert. Wie in Kapitel 2.1.1 beschrieben wird, besteht bei Vorhandensein toter Regionen der Cochlea die Möglichkeit, dass entsprechende Nachbarregionen eine verbesserte Frequenzauflösung und eine niedrigere Amplitudenmodulationsschwelle aufweisen. Diese Regionen würden in der individuellen Bestimmung der Effektivität wahr-scheinlich als besonders effizient angesehen werden. Verstärkung erscheint hier entspre-chend sinnvoll. Zum anderen gibt es Hinweise darauf, dass durch zu hohe Pegel bei toten Regionen die Nachbarzellen den Reiz fälschlich weiterleiten und dies zu Irritationen füh-ren kann, welche das Sprachverstehen negativ beeinflussen können (siehe Kapitel 2.1.2). Dies führt zu der Annahme, dass durch Verstärkung besonders effizienter Regionen und weniger Verstärkung ineffizienter Regionen das versorgte Sprachverstehen gegenüber der Referenz verbessert wird.

Basierend auf diesen Annahmen sollen im Weiteren Testeinstellungen generiert werden, welche anschließend in einem Probandentest überprüft werden. Als Referenz wird eine Einstellung mit NAL-NL2 verwendet. Der Weg von der Berechnung der individuellen Grö-ße zu Testeinstellungen wird in Kapitel 4.1.2 beschrieben. Details zu dem Probandentest werden in Kapitel 4.2 vorgestellt. Für die statistische Auswertung werden die Ergebnisse aus den verwendeten Tests mit Hilfe einer ANOVA auf Unterschiedlichkeit geprüft. Das Testmaterial und der Ablauf der Untersuchung werden in Kapitel 4.2 beschrieben. Die Hypothese H0 besagt, dass zwischen der Referenzeinstellung mit NL2 und einer oder mehreren Testeinstellungen kein Unterschied des versorgten Sprachverstehens festzustel-len ist. Die Hypothese H1 besagt, dass ein Unterschied vorhanden ist. Sollte H0 verworfen werden, muss getestet werden, ob eine Verbesserung oder Verschlechterung gegenüber NL2 vorliegt.

Wie in Kapitel 2.3 beschrieben wird, bevorzugen Hörgeräteträger/innen mit wenig Tra-geerfahrung häufig weniger Verstärkung in den Höhen. Dies führt zu der zusätzlichen Annahme, dass die spontane Akzeptanz durch weniger Verstärkung der individuell be-stimmten ineffizienten Frequenzbereiche erhöht werden kann. Auch hier wird zur statis-tischen Auswertung der Messergebnisse eine ANOVA durchgeführt. Die oben genannten Hypothesen bleiben auch für diese Überprüfung bestehen.

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Methodik Seite 24

4.1.1 Ziele für die Hörgeräteeinstellung

Für die zu testende Hörgeräteeinstellung werden folgende Ziele definiert:

1. Für Frequenzbereiche mit wenig individueller Effektivität soll wenig Verstärkung ap-pliziert werden. Dies bezieht sich sowohl auf einen theoretisch berechenbaren Faktor Mind als auch auf Bereiche im effektiven Hörverlust.

2. Für Frequenzbereiche mit hoher individueller Effektivität soll mindestens die Verstär-kung appliziert werden, welche auch durch NAL-NL2 gegeben würde. Dabei soll es möglich sein, dass Bereiche mit besonders hoher Effektivität (Mind größer eins oder THalpin geringer) etwas mehr Verstärkung erhalten. Somit könnten die Bereiche schon bei geringen Eingangspegeln eine erhöhte theoretische Hörbarkeit erreichen und das Sprachverstehen verbessern. Es sei angemerkt, dass eingangspegelabhängige Verstärkung hier nicht gemeint ist.

3. Die individuelle Effektivität soll vom Sprachaudiogramm abhängig sein. Dies kann mit der Umsetzung der individuellen effektiven Hörbarkeit oder des effektiven Hörverlus-tes geschehen.

4.1.2 Entwicklung der Testeinstellungen

Wie dem Kapitel 3.3.1 zu entnehmen ist, kann derzeit die individuelle Effektivität pro Band nicht direkt berechnet werden. In Kombination mit dem effektiven Hörverlust lässt sie sich jedoch indirekt bestimmen. Dazu kann der berechnete effektive Hörverlust in Formel 2.11 eingesetzt werden. Da der Verlauf von M für gemessene Hörverluste im Mittel richtig ist, können durch den bereits effizienzbewerteten THalpin die individuellen Informationen einfließen. Es ergibt sich eine indirekt berechnete individuelle Effektivität.

Mind = 1/(1 + exp0.75∙(Thalp – 66)) (4.1)

Die sinnvollste Verwendung des Faktors Mind wäre nun, ihn anstelle des Faktors M in die Berechnung der Verstärkung mit NAL-NL2 zu integrieren. Da kein Zugriff auf die Berech-nungen in NAL-NL2 besteht, muss eine Alternative genutzt werden. Diese kann darin bestehen, das Mind aus Formel 4.1 mit dem M aus Formel 2.11 ins Verhältnis zu bringen. Von diesem Verhältnis wird die Verstärkung nach NAL-NL2 abhängig gemacht.

MFaktor = Mind/M (4.2)

Verstaerkung(Testeinstellung) = MFaktor * Verstärkung(NAL – NL2) (4.3)

Dies ist möglich, da M bereits in NAL-NL2 integriert ist. Wird beispielsweise Mind kleiner als das im Mittel richtige M, so wird die resultierende Verstärkung geringer. Diese Testeinstel-lung wird im Folgenden als MFaktor bezeichnet. In Abbildung 4.1 ist anhand eines Beispiels dargestellt, wie sich die Veränderung durch MFaktor auswirkt. Für die Darstellung wird hier

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der Vergleich zu der Anpassformel HV/2 verwendet. Zu erkennen ist die deutlich geringere Verstärkung zwischen 1 und 4 kHz. Fragwürdig ist der steile Anstieg der Verstärkung ab 4 kHz. Für die Praxis scheint eine Erhöhung der Verstärkung ab 4 kHz nicht tauglich. Der Umgang mit dieser Frage wird in Kapitel 4.2.2 beschrieben.

Abb. 4.1: Vergleich zwischen Verstär-kungen mit HV/2 (blau) und MFaktor (rot) in dB SPL. Zu sehen ist eine deut-lich geringere Verstärkung zwischen 1 kHz und 4 kHz mit MFaktor .

Eine Alternative zu der Einstellung mit MFaktor stellt die direkte Verwendung des effekti-ven Hörverlustes dar. Vorstellbar wäre, zunächst die Verstärkung mit NAL-NL2 und THalpin zu berechnen. Dies würde jedoch das Gegenteil der ersten beiden definierten Ziele aus Kapitel 4.1.1 bedeuten. So würde ein abgewerteter Bereich im Tonaudiogramm zu einer höheren Schwelle in THalpin und in Verwendung mit NAL-NL2 mehr Verstärkung verursa-chen. Daher wird zunächst eine Differenz zwischen gemessener Hörschwelle Tmeasured und THalpin gebildet und diese dann auf die Tmeasured addiert.

(4.4)

(4.5)

Das Resultat wird als Tinvers bezeichnet und erfüllt die gewünschten Kriterien. In Abbil-dung 4.2 ist anhand des gleichen Beispiels die Auswirkung der Verwendung von Tinvers dargestellt. Auch hier wird für dieses Beispiel HV/2 verwendet. Im Vergleich zu MFaktor ist die Verstärkungsreduktion zwischen 2 und 4 kHz weniger stark ausgeprägt. Besonderheit dieser Methode ist allerdings die gesteigerte Möglichkeit, besonders effiziente Bereiche mit leicht erhöhter Verstärkung zu versorgen. In diesem Beispiel wird mit Tinvers zwischen 250 Hz und 1 kHz etwas mehr Verstärkung erzeugt. Diese Anhebung ist in der Berech-nung mit MFaktor deutlich eingeschränkt, da sich im Verhältnis zwischen Mind und M nur selten ein Wert über eins ergibt. Insgesamt kann dieses Beispiel als charakteristisch für die Auswirkung der Berechnungen der Verstärkungen mit MFaktor und Tinvers angesehen wer-

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den. Beide Verstärkungsmethoden werden in der experimentellen Überprüfung gegen NAL − NL2 getestet.

Des Weiteren ist es denkbar, nicht nur die Einstellung der Verstärkung, sondern auch des Kompressionsverhaltens von Mind oder der Informationen aus dem Verhältnis zwischen Tmeasured und Tinvers abhängig zu machen. Diese Möglichkeit wird zwar bedacht, aber nicht praktisch umgesetzt, da die voraussichtlichen Auswirkungen nur mit einer sehr großen Anzahl von Probanden/innen beobachtbar wären und somit den Zeitrahmen dieser Ar-beit überschreiten würden.

Abb. 4.2: Vergleich zwischen Verstär-kungen mit HV/2 (blau), MFaktor (rot) und Tinvers in dB SPL; Tinvers erzeugt ge-genüber MFaktor zwischen 2 und 4 kHz etwas weniger Verstärkungsredukti-on und im Bereich zwischen 250 Hz und 1 kHz etwas mehr Verstärkung.

4.2 Testdesign

In diesem Kapitel wird die Vorgehensweise der experimentellen Überprüfung der Hypo-thesen beschrieben. Dazu gehören die Auswahl der Probanden/innen, die Einstellung der Testgeräte, die Auswahl des Testmaterials, der Testablauf und die Laborbedingungen. Die-ser Test gilt als Vorstudie, um erste Erfahrungen in diesem Themengebiet zu sammeln. Da die Hypothesen Veränderungen im Frequenzgang von mehreren dB ausmachen können, reicht hier erfahrungsgemäß eine Zahl von Probanden/innen zwischen 10 und 20 aus. Sollte sich herausstellen, dass es möglich ist, aus dem Verhältnis zwischen gemessenen Freiburger Einsilberwerten und dem SII Informationen zu gewinnen, welche die Hörge-räteeinstellung verbessern, wird empfohlen, eine Studie auf diesem Weg durchzuführen.

Um unerwünschte Effekte in der Messung zu vermeiden, wird monaural und mit geschlos-senem Ohrpassstück getestet. Dies macht es nötig, ein Ohr auszuwählen und das Gegen-ohr zu verstopfen. Belüftungs- und/oder Frequenzausgleichsbohrungen werden über die Messdauer verschlossen. Es wird immer das Ohr ausgewählt, bei dem der größere Effekt, also die größte Veränderung gegenüber NL2 im Frequenzgang, zu erwarten ist.

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4.2.1 Probanden

Aus der Siemens-internen Datenbank werden zunächst 16 Probanden ausgewählt. Krite-rien sind:

n mittel bis hochgradiger Hörverlust, davon hauptsächlich sensorineural; versorgbar mit dem Testgerät (Motion 700 M)

n konventionelles Ohrpassstück

n unauffälliger Gehörgang und Trommelfell

n Beurteilungs- und Konzentrationsfähigkeit über ca. 90 Minuten

Vier Probanden/innen scheiden aus. Der Ausschluss dieser Probanden/innen wird in Ka-pitel 6 diskutiert. Entsprechend werden zwölf Probanden/innen in die Auswertung auf-genommen. Das Durchschnittsalter der Probanden/innen liegt bei 68 Jahren, wobei der jüngste 32 Jahre und der älteste Teilnehmer 82 Jahre alt ist. Es nehmen fünf weibliche und sieben männliche Probanden/innen teil. Alle Probanden/innen haben jahrelange Erfahrung mit ihren Hörgeräten und sind gut an ihre jeweilige Einstellung gewöhnt. Es wird acht mal links und vier mal rechts getestet. Der Durchschnittliche Hörverlust der Probanden/innen ist in Abbildung 4.3 dargestellt.

Abb. 4.3: Gemessene Hör-schwellen der 12 Proban-den/innen

4.2.2 Hörgeräteeinstellung

Testgeräte sind vier Exemplare des Siemens Motion 700 M. Dieser Typ bietet ausreichend Dynamik, um für alle ausgewählten Probanden/innen genügend Verstärkung zu gene-rieren. Zum Einstellen der Geräte kommen die Software Connexx, eine Unity-Messbox

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und ein Programmiergerät Hi-Pro zum Einsatz. Diese sind in Kapitel 8.1 aufgelistet. Da es aus technischen Gründen nicht möglich ist, in der Software Connexx berechnete Verstär-kungskurven zu integrieren und diese in verschiedene Programme abzulegen, müssen mindestens drei Geräte verwendet werden. Das vierte Gerät dient als Ersatzgerät und kommt zum Einsatz, wenn Probandentermine direkt aufeinander folgen. Bei allen drei Einstellungen werden in Connexx unter „Hörsystem voreinstellen“ folgende Optionen gesetzt:

Anpassformel: NAL-NL2

Altersstufe: Erwachsener

Erfahrung: routiniert

Sprache: nicht tonal

Bohrung: geschlossen

Um die Einstellung NL2 zu erhalten, werden in Connexx die oben genannten Optionen und das gemessene Tonaudiogramm verwendet. Für die Einstellungen Tinvers gelten eben-falls die oben genannten Optionen und der veränderte Hörverlust Tinvers. Um die Einstel-lung für MFaktor zu erhalten, muss der Umweg über die Messbox gegangen werden. Hier werden zunächst die Zielverstärkungskurven von NL2 gemessenen und mit den jeweils errechneten Faktoren in MatLab multipliziert. In Abbildung 4.4 sind die gemessene Ziel-verstärkung für NL2 und die berechnete Zielverstärkung für MFaktor bei 65 dB Eingang eines Probanden/in dargestellt. Diese Kurven werden bestmöglich in der Messbox per Feineinstellung angepasst.

Abb. 4.4: Darstellung der gemessenen Zielverstärkung für NL2 (blau), ge-messenen mit 2cc-Kuppler und einer Unity-Messbox, und der berechneten Zielverstärkung für MFaktor für 65 dB Eingang für eine/n Probanden/in

Vers

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Frequenz / Hz

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Wie bereits in Kapitel 4.1.2 dargestellt, kommt es vor, dass durch die Berechnungen von MFaktor und Tinvers ein steiler Anstieg der Höhenverstärkung ab 4 kHz auftritt. Da bei der Verwendung von Tinvers die Verstärkung mit NAL-NL2 in Connexx berechnet wird, kommt es hier zu einer starken Glättung des Frequenzgangs und somit zu keiner kritischen Er-höhung der Verstärkung ab 4 kHz. Für die Einstellung mit MFaktor wird der Frequenzgang per Hand entsprechend geglättet, sodass bei sehr steilen Anstiegen der theoretischen Verstärkung keine entsprechend hohe Verstärkung appliziert wird.

4.2.3 Auswahl des Testmaterials

Der Anspruch an das Testmaterial setzt sich aus verschiedenen Zielen zusammen. So ist ein Ziel, Unterschiede zwischen den Testeinstellungen objektiv zu detektieren. Weitere Ziele sind, subjektive Beurteilungen der Probanden/innen zu erfahren, die Feststellbar-keit für die Hörgeräteakustik zu gewährleisten, eine realistische Laborsituation zu testen und zudem die Konzentrationsfähigkeit der/des Probanden/in nicht zu überreizen. Dies machte es nötig, unterschiedliche Testmaterialien zu verwenden. Im Folgenden werden die verwendeten Testmaterialien benannt und kurz ihre Anwendung begründet.

Die gültigen Testlisten des Freiburger Einsilbertests kommen zum Einsatz, um zunächst ein unversorgtes Sprachaudiogramm zu erstellen, wie es auch in einem Hörgeräteakus-tikbetrieb praktiziert wird. Dies dient als Grundlage für die Berechnungen des effektiven Hörverlustes. Um für die Testeinstellungen einen schnellen Überblick zu schaffen, wird dieser Einsilbertest für das jeweils versorgte Ohr per Lautsprecher verwendet. Für je einen Durchlauf mit Störgeräusch wird das IFnoise benutzt, das aus einer Überlagerung des IFFM-Rauschens besteht und dessen Langzeitspektrum besitzt. Das IFFM-Rauschen wird im Folgenden beschrieben.

Der Oldenburger Satztest (OLSA) nach Wagener et al. (1999) wird für die Überprüfung des versorgten Sprachverstehens in zwei Varianten genutzt. Verstandene Worte werden dem Testleiter genannt, welcher die richtigen Worte am PC markiert. Die Sätze haben stets den Aufbau „Name Verb Zahl Adjektiv Objekt“. Für jedes Wort sind zehn Möglichkeiten vorhanden. Die Sätze ergeben nicht immer einen Sinn und werden von einem männlichen Sprecher aufgesagt. Dieser Test bietet die Eigenschaft, eine hohe Trennschärfe zu besitzen und somit auch geringe Unterschiede in der Sprachverständlichkeit zu ermitteln. Es wer-den die 50%-Schwelle in dB SPL in Ruhe und der SNR in dB SPL im Störgeräusch gemes-sen. Als Störgeräusch wird das IFFM-Rauschen (International Female Fluctuating Masker) verwendet, das aus dem Sprachmaterial des ISTS-Rauschens (International Speech Test Signal) zusammengesetzt ist. Laut Holube et al. (2010) besteht das ISTS-Rauschen aus Sprachen unterschiedlicher Länder, die von weiblichen Sprecherinnen mit zugehörigem Dialekt aufgenommen wurden. Wie in Quelle Holube (2011) beschrieben wird, sind die Sprachpausen im IFFM-Rauschen auf 250 ms limitiert, um Abweichungen im gemessenen Sprachverstehen zu reduzieren. Zusätzlich ist die Reihenfolge der Wörter verändert. Da

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Methodik Seite 30

das Signal fluktuierend ist und aus Sprache besteht, wird es von gängigen Störgeräusch-algorithmen nicht erkannt. Dies macht es möglich, den Nutzen des Richtmikrofons für die Probanden/innen zu erfassen, was den Mehrwert bringt, in der Untersuchung den eventuellen Nutzen der Testeinstellung, auch unter möglichst realen Bedingungen, mit dem aktuellen Stand der Technik zu untermauern.

Der Siemens-interne Akzeptanzfragebogen wird für die subjektive Beurteilung der Testeinstellung herangezogen. Der Fragebogen besteht aus verschiedenen Bestandteilen, die für eine/n durchschnittliche/n Hörgeräteträger/in wichtig sind. So werden das Emp-finden der Stimme des Gegenübers, der eigenen Stimme, Klang und Dynamik von Musik und Störgeräuschen sowie einer Gesprächssituation beurteilt. Hierfür stehen festgelegte Klangbeispiele zur Verfügung. Der verwendete Fragebogen ist im Anhang unter 8.2 zu finden.

4.2.4 Testablauf

Der gesamte Test teilt sich in zwei Termine auf. Der erste Termin dient ausschließlich der Erhebung der Basisinformationen. Gemessen werden beidseitig die Hörschwelle der Luft- und Knochenleitung und die Unbehaglichkeitsschwelle. Des Weiteren wird beidseitig je ein Sprachaudiogramm mit dem Freiburger Einsilbertest per Kopfhörer für verschiedene Pegel durchgeführt. Hier sollen mindestens vier Messungen gemacht werden, welche den gesamten Dynamikbereich des/der Probanden/in abdecken.

Im zweiten Termin werden einseitig alle drei Testeinstellungen gemessen. Die Einwei-sung erfolgt mündlich. Die Reihenfolge der Testgeräte wird vorab pseudorandomisiert festgelegt. Ein Testdurchlauf pro Einstellung beinhaltet folgende Punkte und dauert ca. 30 Minuten:

n Messung des Sprachverstehens der Freiburger Einsilber von vorne mit 65 dB

n Messung des Sprachverstehens der Freiburger Einsilber von vorne mit 65 dB und IFnoise mit 60 dB von hinten

n Messung der 50%-Schwelle mit dem OLSA von vorne

n Messung des SNR bei 50 % Sprachverstehen mit dem OLSA von vorne und IFFM-Rauschen mit 60 dB von hinten

n Durchführung des Siemens-Akzeptanzfragebogens mit Klangbeispielen von vorne

Der jeweils erste Testdurchlauf beinhaltet zusätzlich mindestens einen Übungsdurchlauf des OLSA. Da alle Probanden/innen erprobt sind im Ungang mit dem OLSA, ist dies aus-reichend. Abschließend wird die favorisierte Einstellung erfragt.

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4.2.5 Laborsituation

Getestet wird in einem Messraum der Siemens Audiologischen Technik GmbH in der Gebbertstraße in Erlangen. Dabei handelt es sich nicht um eine speziell akustisch opti-mierte Messkabine, sondern um einen einfachen Raum mit Stoff an den Wänden. Dies soll für eine möglichst natürliche Hörsituation sorgen. Die Nutzsignale, also Freiburger Einsilber, OLSA-Sätze und Klangbeispiele des Akzeptanzfragebogens, werden mit einem Lautsprecher von vorne abgespielt. Die Signale werden in etwa einem Meter Abstand auf Sitzhöhe des/der Probanden/in (etwa 1, 20 m) auf 65 dB kalibriert. Die Störsignale, also das IFnoise und das IFFM-Rauschen, werden in ca. einem Meter Entfernung von hinten abgespielt. Kalibriert sind diese Störgeräusche auf 60 dB SPL. Die verwendeten Geräte sind in Kapitel 8.1 aufgelistet.

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Ergebnisse Seite 32

5. ErgebnisseIn diesem Kapitel werden die Annahmen aus Kapitel 4.1 überprüft. Dazu werden die be-nötigten Ergebnisse aus dem OLSA, Freiburger Einsilbertest, dem Akzeptanzfragebogen und der Präferenzabfrage für die Hörgeräteeinstellungen NL2, MFaktor und Tinvers dargestellt und ausgewertet. Eine Auflistung der Einzelwerte der Sprachtests und der Mittelwerte der Akzeptanzergebnisse ist im Anhang den Tabellen 8.1, 8.2 und der Abbildung 8.2 zu entnehmen. Des Weiteren wird die Verstärkung der Geräte mit den Einzelergebnissen verglichen und Einzelbeispiele gezeigt. Um die Ergebnisse auf signifikante Unterschiede zu prüfen, wird je eine ANOVA durchgeführt. Die dafür notwendige Normalverteilung der Daten wurde überprüft und ist größtenteils gewährleistet. Die wenigen Ausnahmen werden in Kapitel 6 diskutiert.

5.1 Applizierte Verstärkung

In Abbildung 5.1 sind die Mediane der Verstärkungswerte für die Testeinstellungen NL2, MFaktor und Tinvers in dB für die Testpersonen dargestellt. Gemessen wurde die Verstärkung in der Messbox an einem 2cc-Kuppler. Diese Darstellung dient der Veranschaulichung der typischen Veränderungen durch MFaktor und Tinvers. Zu sehen ist, dass durch MFaktor erst ab etwa 1 kHz eine Reduktion der Verstärkung verursacht wird. Bei etwa 3 kHz weichen die Mediane von NL2 und MFaktor mit etwa 15 dB maximal voneinander ab. Im Gegensatz dazu zeigen die Mediane von Tinvers eine Verringerung der Verstärkung über den gesam-ten Frequenzbereich. Diese sind mit etwa 3 bis 7 dB in den Höhen und etwa 5 dB in den Tiefen weniger stark ausgeprägt. Unerwartet ist jedoch, dass durch Tinvers eine deutliche Verringerung der Verstärkung in den Tiefen stattfindet. Dieses Thema wird in Kapitel 6 behandelt.

Abb. 5.1: Mediane der Verstärkungs-werte für NL2 (blau), MFaktor (rot) und Tinvers (grün) in Abhängigkeit der Frequenz in dB am 2cc-Kuppler

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Ergebnisse Seite 33

5.2 Sprachverstehen

In den Abbildungen 5.2, 5.3, 5.4 und 5.5 sind die Ergebnisse der Sprachtests (Freiburger Einsilbertest in Ruhe und im Störgeräusch, OLSA mit 50%-Schwelle in Ruhe und SNR bei 50%-Schwelle) aus dem Experiment für die Einstellungen mit NL2, MFaktor und Tinvers dar-gestellt. Zur besseren Veranschaulichung wird trotz berechneter Normalverteilung der Ergebnisse die Darstellung der Boxplots gewählt. Alle vier Tests zeigen unterschiedliche Tendenzen, mit sehr geringen Abweichungen der Mediane untereinander. So ist für den Freiburger Einsilbertest in Ruhe in Abbildung 5.2 eine Tendenz zugunsten von NL2 zu erkennen. Hier liegt der Median bei 60 % gegenüber 52, 5 % und 50 % der Einstellungen MFaktor und Tinvers. Die Interquartilsabstände sowie die Lage der Whisker aller Einstellun-gen weisen keine nennenswerten Unterschiede auf. Eine mittels der Software SPSS be-rechnete zweiseitige ANOVA ergab keine signifikanten Unterschiede zwischen den drei Einstellungen.

Für den Freiburger Einsilbertest im Störgeräusch ist in Abbildung 5.3 hingegen eine Tendenz zu MFaktor mit einem Median bei 47, 5 % zu erkennen. Folgend liegen Tinvers mit 42, 5 % und NL2 mit 40 % dahinter. Betrachtet man die Gesamtergebnisse des Freiburger Sprachtests, lässt sich keine Tendenz erkennen. Auch eine Berechnung einer zweiseitigen ANOVA ergab keine signifikanten Unterschiede zwischen den drei Einstellungen.

Die Ergebnisse des OLSA in Ruhe und im Störgeräusch sind in den Abbildungen 5.4 und 5.5 dargestellt und zeigen insgesamt die Tendenz, dass Tinvers zu schlechterem Sprach-verstehen führt als NL2 und MFaktor. Eine Tendenz zu NL2 oder für MFaktor lässt sich nicht erkennen. So liegen die Mediane für die 50%-Schwelle in Ruhe bei 43, 65 dB mit NL2 , 44, 65 dB mit MFaktor und 45, 4 dB mit Tinvers. Eine Besonderheit ist in Abbildung 5.4 der untere Whisker der Verteilung von Tinvers, welcher im Gegensatz zu NL2 und MFaktor den

Abb. 5.2: Sprachverstehen der Pro-banden/innen mit Freiburger Einsil-bern in Ruhe bei 65 dB im Freifeld für die Testeinstellungen NL2 (Median = 60 %), MFaktor (Median = 52,5 %) und Tinvers (Median = 50 %)

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unteren Ausreißer beinhaltet. Laut der mittels SPSS berechneten ANOVA liegt für den OLSA in Ruhe ein signifikanter Unterschied zwischen den drei Einstellungen vor. Mit Hilfe von Paarvergleichen konnte festgestellt werden, dass dieser Unterschied zwischen NL2 und Tinvers hierfür verantwortlich ist (p = 0, 02). Ein signifikanter Unterschied zwischen NL2 und MFaktor liegt nicht vor.

Die Mediane der Ergebnisse des OLSA im Störgeräusch (Abbildung 5.5) liegen bei –6,45 dB mit NL2 , –6,95 dB mit MFaktor und –4,5 dB mit Tinvers. Der Unterschied von Tinvers und NL2 ist hier mit ca. 2 dB genauso deutlich wie in der vorherigen Situation in Ruhe, ein signi-fikanter Unterschied zu NL2 oder MFaktor konnte hier jedoch nicht gezeigt werden. Zwi-schen NL2 und MFaktor ist ebenfalls kein signifikanter Unterschied zu ermitteln.

Abb. 5.3: Sprachverstehen der Pro-banden/innen mit Freiburger Einsil-bern bei 65 dB mit Störgeräusch bei 60 dB von hinten im Freifeld für die Testeinstellungen NL2 (Median = 40 %), MFaktor (Median = 47,5 %) und Tinvers (Median = 42,5 %)

Abb. 5.4: Pegel bei 50%-Schwelle des OLSA in Ruhe im Freifeld für die Testeinstellungen NL2 (Median = 43,65 %), MFaktor (Median = 44,65 %) und Tinvers (Median = 45,4 %)

Freiburger Einsilber im Störgeräusch (Freifeld)

50%­Schwelle in Ruhe (OLSA)

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5.2.1 Verstärkungsabhängigkeit

Des Weiteren ist in den Abbildungen 5.6, 5.7, 5.8 und 5.9 der Unterschied von jeweils MFaktor und Tinvers gegenüber NL2 aus den vier Sprachtests in Abhängigkeit zu der Verstär-kungsänderung (RMS) dargestellt. Jeder Wert stellt den Unterschied im Sprachverstehen zwischen der jeweiligen Testeinstellung und NL2 eines/er Probanden/in dar. Jeweils ein-getragen sind eine Grenzlinie bei null, der Median der Unterschiede und eine konventi-onell erwartete Abhängigkeit von der Verstärkung. Diese Erwartung richtet sich für die Darstellungen mit dem Freiburger Sprachtest nach der Steigung des SII des gemittelten Hörverlustes. Diese beträgt fünf Prozent pro erhöhtem dB. Für die Darstellungen mit dem OLSA erhält die Erwartung die Steigung eins. Diese Erwartungen haben keinen Richtig-keitsanspruch. Sie dienen lediglich der prinzipiellen Veranschaulichung einer Erwartung, welche davon ausgeht, dass es keine individuelle Effektivität gibt. Mit Hilfe der Darstel-lungen soll überprüft werden, ob eine direkte Abhängigkeit zwischen dem Unterschied des erzielten Sprachverstehens und der Verstärkungsänderung vorliegt. Auf Regressions-berechnungen wird aufgrund der geringen Datenmenge verzichtet.

Über alle Abbildungen hinweg ist eine Tendenz zu erkennen. So scheint Tinvers im Gegen-satz zu MFaktor eine leichte Abhängigkeit von der Verstärkung (RMS) zu besitzen. In den Ab-bildungen 5.6 und 5.7 ist ein Vorteil vorhanden, wenn die Werte positiv sind, sich also über der Grenzlinie befinden. In den Abbildungen 5.8 und 5.9 bedeuten Werte im negativen Bereich einen Vorteil. In den vier Abbildungen ist zu sehen, dass es sowohl Probanden/innen gibt, bei denen die Testeinstellungen zu schlechterem Sprachverstehen führen, als auch Probanden/innen, welche bessere Ergebnisse erzielen als mit NL2.

Abb. 5.5: Signal-Rausch-Abstand bei 50%-Schwelle des OLSA im Störge-räusch für die Testeinstellungen NL2 (Median = −6,45), MFaktor (Median = −6,95) und Tinvers (Median = −4,5)

50%­Schwelle im Störgeräusch (OLSA)

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Abb. 5.6: Benefit zwischen MFaktor (links) und Tinvers (rechts) gegen NL2 für den Freiburger Sprachtest in Ruhe in Abhängigkeit zu der Verstärkungsänderung (RMS) in %; Median des Benefits (gepunktete Linie); erwarteter Verlauf (gestrichelte Linie); bei MFaktor keine direkte Abhängigkeit erkennbar, bei Tinvers leichte Abhängigkeit erkennbar

Abb. 5.7: Unterschied zwischen MFaktor (links) und Tinvers (rechts) gegen NL2 für den Freiburger Sprach-test im Störgeräusch in Abhängigkeit zu der Verstärkungsänderung (RMS) in %; Median des Benefits (gepunktete Linie); erwarteter Verlauf (gestrichelte Linie); bei MFaktor keine direkte Abhängigkeit erkenn-bar, bei Tinvers leichte Abhängigkeit erkennbar

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Abb. 5.8: Unterschied zwischen MFaktor (links) und Tinvers (rechts) gegen NL2 für die 50%-Schwelle des OLSA in Ruhe in Abhängigkeit zu der Verstärkungsänderung (RMS) in dB SPL; Median des Benefits (ge-punktete Linie); erwarteter Verlauf (gestrichelte Linie); bei MFaktor keine direkte Abhängigkeit erkennbar, bei Tinvers Abhängigkeit erkennbar mit Ausnahme der Werte zwischen -10 bis -12 dB

Abb. 5.9: Unterschied zwischen MFaktor (links) und Tinvers (rechts) gegen NL2 für den SNR bei 50%-Schwel-le des OLSA im Störgeräusch in Abhängigkeit zu der Verstärkungsänderung (RMS) in dB SPL; Median des Benefits (gepunktete Linie); erwarteter Verlauf (gestrichelte Linie); bei MFaktor keine direkte Abhängigkeit erkennbar, bei Tinvers Abhängigkeit erkennbar mit Ausnahme der Werte zwischen -10 bis -12 dB

Differenz zwischen MFaktor und NL2 mit 50%­Schwelle des OLSA in Ruhe

Differenz zwischen TInvers und NL2 mit 50%­Schwelle des OLSA in Ruhe

Differenz zwischen MFaktor und NL2 für SNR bei 50%­Schwelle des OLSA im Störgeräusch

Differenz zwischen TInvers und NL2 für SNR bei 50%­Schwelle des OLSA im Störgeräusch

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5.2.2 Einzelbeispiele

In den Abbildungen 5.10, 5.11 und 5.12 sind als Einzelbeispiele die Verstärkungsverläufe von drei Probanden/innen dargestellt. Hier soll veranschaulicht werden, welche konkreten Änderungen pro Frequenz mit MFaktor und Tinvers appliziert werden und welche Folgen dies für das Sprachverstehen des/der jeweiligen Probanden/in hat. Die Einzelwerte der Unter-schiede im Sprachverstehen gegenüber NL2 der drei Probanden sind in den folgenden Tabellen eingetragen:

JoF SpC ZeEFreiburger in Ruhe 15 % − 10 % − 30 %Freiburger im Störg. 5 % 10 % − 25 %OLSA in Ruhe − 1 dB 1, 3 dB 3, 3 dBOLSA SNR 1, 2 dB − 4, 2 dB 1, 9 dB

Tab. 5.1: Unterschiede zwischen NL2 und MFaktor für die Probanden/in JoF, SpC und ZeE

JoF SpC ZeEFreiburger in Ruhe − 5 % 0 % − 5 %Freiburger im Störg. 0 % 5 % − 10 %OLSA in Ruhe 4, 8 dB 2, 8 dB 1, 5 dBOLSA SNR 2, 2 dB − 2, 0 dB − 0, 6 dB

Tab. 5.2: Unterschiede zwischen NL2 und Tinvers für die Probanden/in JoF, SpC und ZeE

Abb. 5.10: Verstärkungsverlauf gemessen am 2cc-Kuppler in dB SPL für den Probanden JoF; NL2 (blau), MFaktor (rot) und Tinvers (grün)

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5.3 Akzeptanz

Für die Überprüfung der Akzeptanz der Testeinstellungen werden die Ergebnisse aus dem Akzeptanzfragebogen und der Präferenzabfrage genutzt. Um die Einzelantworten des Ak-zeptanzfragebogens auswerten zu können, wird eine Siemens-interne Tabellenkalkulation verwendet, welche die Antworten verschiedenen Unterkategorien zuordnet, gewichtet und einen Gesamtwert bildet. Des Weiteren werden die Verteilungen der Unterkatego-rien mit Hilfe einer ANOVA auf Unterschiedlichkeit überprüft. Die Ergebnisse lassen sich in vier Kategorien einteilen und darstellen. In den Abbildungen 5.13, 5.14, 5.15 und 5.16 sind jeweils die gemittelten Werte der Kategorien Lautheit, Klang, Sprachverstehen und

Abb. 5.11: Verstärkungsverlauf gemessen am 2cc-Kuppler in dB SPL für die Probandin SpC; NL2 (blau), MFaktor (rot) und Tinvers (grün)

Abb. 5.12: Verstärkungsverlauf gemessen am 2cc-Kuppler in dB SPL für den Probanden ZeE; NL2 (blau), MFaktor (rot) und Tinvers (grün)

Vers

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Dynamik inklusive ihrer Konfidenzintervalle der Probanden/innen für NL2, MFaktor und Tinvers dargestellt. Insgesamt sind die Ergebnisse aus dem Akzeptanzfragebogen nicht einheitlich.

In der Kategorie Lautheit ist, gewichtet über die Unterkategorien subjektives Sprachver-stehen in Ruhe, eigene Stimme, Musik und subjektives Sprachverstehen im Störgeräusch, ein leichter Vorteil für NL2 auszumachen. Dies ist in Abbildung 5.13 dargestellt. Dabei scheint die Unterkategorie eigene Stimme das Gesamtergebnis zu dominieren. Hier ist ein Vorteil für NL2 deutlich zu sehen. In den Unterkategorien Musik und subjektives Sprach-verstehen im Störgeräusch sind kaum Unterschiede vorhanden. Die Unterkategorie sub-jektives Sprachverstehen wird mit NL2 sogar eher als zu laut empfunden. Die Unterschie-de in dieser Kategorie sind laut der berechneten ANOVA nicht signifikant.

In Abbildung 5.14 sind die Ergebnisse der Kategorie Klang mit den Unterkategorien sub-jektives Sprachverstehen in Ruhe, eigene Stimme und Musik dargestellt. In dieser Ka-tegorie ist über alle Unterkategorien ein leichter Vorteil für MFaktor zu erkennen, wobei die Unterschiede bei subjektivem Sprachverstehen in Ruhe zu vernachlässigen sind. Die Unterkategorie Musik weist als einzige Unterkategorie einen signifikanten Unterschied zwischen MFaktor und NL2 auf (p = 0, 043). In dieser Kategorie liegen die Werte für die eigene Stimme von NL2 und Tinvers etwa gleich auf, während für MFaktor ein leichter Vorteil zu erkennen ist.

Abb. 5.13: Mittelwerte und Konfidenzintervalle der Probanden/innen für die Einstellungen mit NL2, MFaktor und Tinvers in der Kategorie Lautheit; links über alle Unterkategorien gemittelt, dann von links nach rechts subjektives Sprachverstehen in Ruhe, eigene Stimme, Musik und subjektives Sprachverste-hen im Störgeräusch; keine signifikanten Unterschiede vorhanden

Comparison of subj. perception of loudness

Overall Speech in Own voice Music Speech in quiet noise

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Die Ergebnisse der Kategorie subjektives Sprachverstehen mit der Aufteilung in Ruhe und im Störgeräusch zeigen keine nennenswerten Unterschiede zwischen NL2 und MFaktor (Abbildung 5.15). Für das subjektive Sprachverstehen im Störgeräusch liegt Tinvers hin-gegen leicht hinter NL2 und MFaktor, was den Gesamtwert dieser Kategorie dominiert. Signifikant ist dieser Unterschied jedoch nicht.

In der Kategorie Dynamik liegt MFaktor insgesamt leicht vor Tinvers und NL2. Die Unterkate-gorien Musik und Umgebungsgeräusche zeigen dabei keine gleiche Tendenz. So liegt bei Musik MFaktor leicht vor NL2 und etwas deutlicher vor Tinvers. In Umgebungsgeräuschen liegt NL2 etwas deutlicher hinter MFaktor und Tinvers, welche hier etwa gleich gut bewertet werden.

Abb. 5.14: Mittelwerte und Konfidenzintervalle der Probanden/innen für die Einstellungen mit NL2, MFaktor und Tinvers in der Kategorie Klang; links über alle Unterkategorien gemittelt, dann von links nach rechts subjektives Sprachverstehen in Ruhe, eigene Stimme und Musik; signifikanter Unterschied in der Unterkategorie Musik zwischen NL2 und MFaktor

Comparison of subj. sound quality

Overall Speech in quiet Own voice Music

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Ergebnisse Seite 42

Abb. 5.15: Mittelwerte und Konfidenzintervalle der Probanden/innen für die Einstellungen mit NL2, MFaktor und Tinvers in der Kategorie subjektives Sprachverstehen; links über beide Unterkategorien gemit-telt, mittig subjektives Sprachverstehen in Ruhe und rechts subjektives Sprachverstehen im Störgeräusch; keine signifikanten Unterschiede vorhanden

Abb. 5.16: Mittelwerte und Konfidenzintervalle der Probanden/innen für die Einstellungen mit NL2, MFaktor und Tinvers in der Kategorie Dynamik; links über beide Unterkategorien gemittelt, mittig Musik und rechts Umgebungsgeräusche; keine signifikanten Unterschiede vorhanden

Comparison of subj. speech perception

Overall Speech in quiet Speech in noise

Comparison of subj. perception of dynamics

Overall Music Environmental noise

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Ergebnisse Seite 43

In der folgenden Tabelle sind die Einstellungen NL2, MFaktor und Tinvers mit der Anzahl ihrer Platzierungen in der Frage nach der spontanen Präferenz dargestellt. Gefragt wird, in wel-cher Reihenfolge die Einstellungen gesehen wurden (von gut nach schlecht). Demnach wird MFaktor am häufigsten auf Platz eins (5 Stimmen), NL2 auf Platz zwei (6 Stimmen) und Tinvers auf Platz drei (6 Stimmen) gesetzt. Die Durchschnittswerte der Platzierungen sind für NL2 1, 83, für MFaktor 1, 91 und für Tinvers 2, 25. Folglich ist nur für Tinvers die Tendenz sichtbar, dass diese Einstellung weniger bevorzugt wird.

Platzierung 1 2 3Anzahl NL2 4 6 2Anzahl MFaktor 5 3 4Anzahl Tinvers 3 3 6

Tab. 5.3: Häufigkeit der Platzierungen nach Präferenzabfrage von NL2, MFaktor und Tinvers

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Diskussion Seite 44

6. Diskussion

6.1 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse

In dieser Arbeit wird eine Möglichkeit der Optimierung der Hörgeräteeinstellung unter Einbeziehung des individuellen Sprachaudiogramms mittels zweier individueller Testein-stellungen überprüft. Die Ergebnisse stellen erste Erfahrungen im Umgang mit diesem Themengebiet dar. Ein wesentliches Resultat ist, dass eine individuelle Effektivität für Sprachverstehen aus den Messpunkten des Freiburger Sprachtests und dem Tonaudio-gramm berechnet werden kann. Die aus den Berechnungen resultierenden Einstellungen weisen zum Teil deutlich weniger Verstärkung im Hochtonbereich auf, erzielen aber den-noch weitestgehend das gleiche Sprachverstehen wie die Referenzeinstellung mit NL2. Entgegen der Erwartung einer deutlichen Verbesserung konnte lediglich eine Tendenz zur Erhöhung der spontanen Akzeptanz erzielt werden. Die Ergebnisse lassen die Schluss-folgerung zu, dass verschiedene Merkmale eines Hörverlustes, welche die Sprachwahr-nehmung eines Menschen beeinflussen können, in einer individuellen Effektivität bzw. in einem effektiven Hörverlust zum Ausdruck gebracht werden können und dass diese mit Hilfe des Sprachaudiogramms berechnet werden kann. Weitere Untersuchungen zu diesem Thema sind empfehlenswert.

6.2 Diskussion der Ergebnisse

Die Annahme, dass durch gezielte Verringerung der Verstärkung ineffizienter Bereiche das Sprachverstehen nicht beeinträchtigt wird, kann mit den Ergebnissen der zwölf Pro-banden unterstrichen werden. Dies gilt allerdings nur für die Testeinstellungen mit MFaktor. Tinvers führte tendenziell eher zu schlechterem Sprachverstehen. So ist zwar im OLSA in Ruhe ein klinisch relevanter Vorteil von 1 dB für NL2 gegenüber MFaktor vorhanden, in Verbindung mit der Verbesserung von MFaktor um 0, 5 dB im Störgeräusch kann insgesamt aber nicht die Schlussfolgerung zugelassen werden, dass NL2 zu bestem Sprachverstehen führt. Die weitergehende Annahme, dass das Sprachverstehen sogar verbessert werden kann, konnte hier nicht gezeigt werden. Dennoch gibt es Einzelbeispiele, die eine Verbes-serung aufweisen. So wurde das Sprachverstehen des Probanden JoF trotz sehr deutlicher Verstärkungsverringerung im Freiburger Einsilbertest in Ruhe und im Störgeräusch sowie im OLSA in Ruhe leicht besser. Ähnliche Ergebnisse zeigen sich auch bei der Probandin SpC. Hier ist trotz erheblich verringerter Hochtonverstärkung eine deutliche Verbesserung im OLSA im Störgeräusch zu sehen. Auf der anderen Seite gibt es Probanden, wie zum Beispiel ZeE, bei denen durch die Testeinstellungen mit MFaktor schlechtere und mit Tinvers etwa gleiche Ergebnisse erzielt wurden. Die Tatsache, dass nicht alle Probanden/innen durch die Testeinstellungen etwa gleiches Sprachverstehen hatten, sondern zum Teil bes-ser oder schlechter wurden, lässt den Schluss zu, dass die Berechnung der individuellen Effektivität von weiteren Faktoren abhängig ist. Es ist denkbar, dass bei Testpersonen, die

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trotz Verstärkungsverringerung gleiches oder besseres Sprachverstehen aufweisen, eine andere Ursache für den Hörschaden vorliegt als bei Testpersonen, die durch die neuen Einstellungen schlechtere Ergebnisse erzielten.

Nicht erwartet wurde eine tendenzielle Verbesserung von MFaktor gegenüber NL2 im Stör-geräusch. So liegen die Mediane des Freiburger Einsilbertests im Störgeräusch für MFaktor um 7, 54 % und im OLSA im Störgeräusch um 0, 5 dB verbessert gegenüber NL2. Diese Werte sind weder signifikant noch klinisch relevant. Erstaunlich ist jedoch, dass sich im Störgeräusch keine deutliche Verschlechterung eingestellt hat. So steigert sich typischer-weise der Nutzen eines Richtmikrofons mit dem Anteil der Höhen im Nutzsignal, weil die-ses mit steigender Frequenz die Richtungen der Signale prinzipiell besser trennen kann. Wenn durch eine Testeinstellung die Hochtonverstärkung deutlich reduziert wird, ist ein geringerer Nutzen im Störgeräusch die Konsequenz. Dies scheint bei den vorliegenden Ergebnissen allerdings nicht der Fall zu sein, was die These der individuellen effektiven Hörbarkeit zusätzlich unterstützt.

Sowohl die Ergebnisse aus dem Akzeptanzfragebogen als auch die Ergebnisse der spon-tanen Präferenz können die Annahme der deutlichen Verbesserung der Akzeptanz nicht bestätigen. Tendenziell kann aber eine leichte Bevorzugung von MFaktor der Probanden/innen interpretiert werden. Tinvers wird hingegen weniger bevorzugt als NL2. So kann über die Kategorien Lautheit und Klang hinweg geschlussfolgert werden, dass MFaktor etwas zu leise empfunden wird, aber besseren Klang bietet. Tinvers hingegen wird bei gleich gutem Klang gegenüber NL2 als etwas zu leise empfunden.

Gemessen an den stark unterschiedlichen Einstellungen der Testgeräte pro Testperson sind die Unterschiede in der spontanen Akzeptanz insgesamt unerwartet gering. Der ein-zige signifikante Vorteil von MFaktor kann in der Unterkategorie Musik der Kategorie Klang festgestellt werden. Dies hängt sehr wahrscheinlich mit der reduzierten Hochtonverstär-kung und dem damit verbundenen flacheren Frequenzgang mit MFaktor zusammen. Zu sehen ist dies in Abbildung 5.1. Musik ist im Gegensatz zu Geräuschen oder Sprache ein breitbandiges Signal, was im Allgemeinen bei breitbandiger Verstärkung als angenehm empfunden wird. Für die anderen Kategorien zeigt sich ein wechselhaftes Bild. Tinvers wird laut des Akzeptanzfragebogens gleich mit NL2 bewertet, lag jedoch in der Präferenzab-frage auf dem letzten Platz. Die Annahme, dass sich die Akzeptanz einer neuen Einstellung gegenüber NL2 deutlich verbessert, kann dementsprechend nicht bestätigt werden. Das Zustandekommen der Ergebnisse des Akzeptanzfragebogens wird in Kapitel 6.3 disku-tiert.

Testübergreifend kann festgestellt werden, dass die Art der Berechnung der individuellen Effektivität und die anschließende Methode zur Entwicklung einer Testeinstellung ent-scheidend für den Erfolg sind. In dieser Arbeit erscheint der Weg mit MFaktor vielverspre-chender als Tinvers. Zu bedenken ist, dass dies erste Berechnungen und erste Versuche zu diesem Thema sind.

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Diskussion Seite 46

6.3 Kritische Methodenreflexion

6.3.1 Probanden

Wie bereits in Kapitel 4.2.1 erwähnt, werden die Ergebnisse von vier Probanden/innen nicht ausgewertet. Davon konnte eine Probandin den Gerätetest wegen Termindrucks nicht durchführen. Aufgrund sehr eingeschränkt versorgten Sprachverstehens mussten die Gerätetests der Testpersonen FeF und KaH abgebrochen werden. Der Proband HuE war nicht in der Lage, die Aufgaben des Akzeptanzfragebogens zu verstehen. Daher gab es drei Testpersonen mit unvollständigen Datensätzen. Um Vergleichbarkeit unter den einzelnen Tests zu gewährleisten, wurden diese nicht ausgewertet und ausschließlich vollständige Datensätze verwendet. Die Einzelergebnisse der unvollständigen Daten-sätze weisen allerdings keine ungewöhnlichen Werte auf und würden die wesentlichen Ergebnisse dieser Arbeit nicht verändern. Auf eine Darstellung wird daher verzichtet. Mit zunächst 16 ausgewählten und anschließend 12 ausgewerteten Probanden/innen ist die Anzahl und die damit verbundene Aussagekraft der Ergebnisse gering. Für eine aussage-kräftige Studie sollten entsprechend wesentlich mehr Probanden/innen herangezogen werden.

Des Weiteren stellte sich heraus, dass alle Probanden/innen, die teilnahmen, erfahrene und bilateral versorgte Hörgeräteträger sind, welche sich gut an Lautstärke und Frequenz-gang ihrer Hörgeräte gewöhnt haben. Das Idealdesign sieht jedoch vor, dass eine ge-mischte Auswahl an erfahrenen und unerfahrenen Testpersonen teilnimmt. So äußerte sich keine Testperson über zu hohe Lautstärke der Testeinstellungen, was aus persönlicher Erfahrung im Umgang mit Hörgeräteträgern/innen ungewöhnlich ist. Dabei hätte die Art der Versorgung im Gerätetest durchaus zu erhöhtem Lautstärkeempfinden führen kön-nen. So wurde die Einstellung mit NL2 ohne Akklimatisierung und mit verschlossenem Gehörgang durchgeführt. Selbst unter Berücksichtigung der monauralen Darbietung hätte dies auch bei erfahrenen Hörgeräteträgern/innen zu einer ungewöhnlich hohen Lautstärkewahrnehmung führen können.

6.3.2 Testmaterial

Der Freiburger Einsilbertest wird in dieser Arbeit für die Berechnung der individuellen Effektivität und neben anderen für die Überprüfung der Testeinstellungen verwendet. Begründet wird dies mit dem Anspruch, Sprachmaterial zu verwenden, welches in ei-ner typischen Hörgeräteversorgung erhoben wird und somit keinen Mehraufwand für Hörgeräteakustiker/innen bedeutet. Ein grundsätzliches Problem besteht in der gerin-gen Genauigkeit des Ergebnisses pro Darbietungspegel. Erst durch Messungen mehrerer Testlisten lässt sich die Genauigkeit erhöhen. Für den Versuch, eine individuelle Effektivi-tät aus Daten zu berechnen, die genauso in einem Hörgeräteakustik-Geschäft erhoben werden, wird in dieser Arbeit für jeden Darbietungspegel jedoch nur eine gültige Testliste verwendet. Daher weist die berechnete individuelle Effektivität wahrscheinlich ebenso

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große Ungenauigkeiten auf. Für die Überprüfung der Testeinstellungen wird der Frei-burger Einsilbertest nur für einen kurzen Überblick verwendet. Die Aussagekraft dieser Ergebnisse ist entsprechend gering und kann nur leichte Tendenzen angeben. Um diese Ungenauigkeiten zu vermeiden, müsste anderes Sprachmaterial verwendet werden. Dies würde allerdings zu Mehraufwand für Hörgeräteakustiker/innen führen.

Zur Überprüfung von Unterschieden in der spontanen Akzeptanz von NL2 und den Testeinstellungen wurden definierte Klangbeispiele vorgespielt und mit Hilfe eines Fra-gebogens bewertet. Neben der Auswahl der Testpersonen spielten somit auch die Klang-beispiele eine entscheidende Rolle. Ein Kritikpunkt in dieser Untersuchung sind die Dar-bietungspegel, mit denen die Klangbeispiele präsentiert werden sollten. Diese waren trotz korrekter Kalibrierung subjektiv recht leise. So wurden Anteile der Klangbeispiele, welche hohe Lautheit bewirken sollten, im Durchschnitt als normal laut empfunden. In Kombination mit der monauralen Versorgung wurde folglich keine hohe Lautheit erreicht. Der gewünschte Effekt, dass NL2 teilweise als zu laut empfunden wird, konnte nicht ge-zeigt werden.

Zusätzlich ist das verwendete Sprachmaterial nicht geeignet, um Unterschiede im Sprach-verstehen zwischen sensorischen und kognitiven Fähigkeiten zu ermitteln. Entsprechend wird durch das hier vorgestellte Modell nur eine übergreifende Größe bestimmt, welche nicht die Ursachen für das verminderte Sprachverstehen beinhaltet. Die Konsequenz aus diesem Modell ist die Verringerung der Verstärkung ineffizienter Bereiche. Dabei werden in diesem Verfahren das Konzept der Eingewöhnung und die Technik der Akklimatisie-rung ignoriert. Es ist aber denkbar, dass ein Defizit im Sprachaudiogramm gegenüber dem zugehörigen SII durch Entwöhnung entstanden ist. Diese eventuell nur temporär verlorene Effektivität ließe sich möglicherweise wiederherstellen. Daher scheint es nötig zu sein, dass in der Bestimmung der individuellen Effektivität zwischen sensorischen und kognitiven Fähigkeiten unterschieden wird. Zum Beispiel könnten durch die Verwendung eines Logatomtests die sensorischen Fähigkeiten überprüft und in die Berechnung auf-genommen werden. Ein Logatomtest beinhaltet keine sinnvollen Wörter und überprüft folglich keine kognitiven Fähigkeiten. Für die resultierende Hörgeräteeinstellung könnte anschließend zwischen dauerhaft geringerer Verstärkung und Akklimatisierung unter-schieden werden.

6.3.3 Umsetzung der Testeinstellungen

Die Umsetzung von MFaktor weicht in der Praxis vom Idealdesign ab. So war zunächst geplant, die individuell bestimmte Effektivität Mind direkt in der Berechnung von NL2 in Connexx zu verwenden. Da kein Zugriff auf diese Berechnungen möglich war, wurde versucht, die Zielverstärkungen der regulären Berechnung von NL2 mit Mind ins Verhält-nis zu bringen. Ein direkter Weg war jedoch auch hier nicht möglich. Dieser hätte darin bestanden, die Zielverstärkungen von NL2 auszulesen, diese mit MFaktor zu verrechnen

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und anschließend direkt in Connexx zu platzieren. Die neuen Zielverstärkungen wurden jedoch von Connexx nicht direkt verwendet. Es kam zu nicht nachvollziehbaren Verände-rungen der resultierenden Zielverstärkungen. Um die Zeitplanung dieser Arbeit einhalten zu können, wurde die in Kapitel 4.1.2 vorgestellte Methode verwendet. In Zusammenar-beit mit „NAL“ könnte es aber in Zukunft möglich sein, Mind in der Berechnung von NL2 direkt zu verwenden.

In Abbildung 5.1 ist zu erkennen, dass durch Tinvers die Verstärkung über den gesamten Frequenzgang verringert wurde. Auf diese Art wurde das mögliche Potenzial dieser Ein-stellung nicht genutzt. Dieses besteht darin, im Gegensatz zu MFaktor Frequenzbereiche mit besonders hoher Effektivität mit mehr Verstärkung zu versorgen als mit NL2. Um fest-zustellen, warum dies nicht vorkam, sind in Abbildung 6.1 der gemittelte gemessene Hör-verlust und der gemittelte Tinvers nach Formel 4.4 und 4.5 dargestellt. Hier ist zu erkennen, dass schon Tinvers im Durchschnitt über den gesamten Frequenzgang niedriger liegt als der gemessene Hörverlust. Demnach entstanden durch Connexx keine unerwünschten Veränderungen. Dies bedeutet, dass für Frequenzen unter 1 kHz keine besonders hohe Effektivität berechnet wurde. Dies steht im Gegensatz zu den Berechnungen aus dem Datensatz, welcher für die Entwicklung der Testeinstellungen verwendet wurde. Es liegt nahe, dass sich die Sprachaudiogramme aus dem Datensatz entsprechend von denen der Testpersonen unterscheiden. So wurden möglicherweise nicht nur gültige Testlis-ten des Freiburger Einsilbertests verwendet. Auch ist es denkbar, dass die Audiometer unterschiedlich kalibriert waren. Es stellt sich jedoch generell die Frage, ob es bei Ver-wendung gültiger Testlisten und mehrfacher Durchführung bei einem Darbietungspegel überhaupt möglich ist, dass das Sprachverstehen einer Testperson über den Wert des SII steigen kann. Laut Halpin und Rauch (2009a) ist dies nicht möglich. Das in dieser Arbeit verwendete Modell ließe dies aber zu.

Abb. 6.1: Gemittelte Hörver-luste vs gemittelte Tinvs

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6.3.4 Berechnungen der individuellen effektiven Größe

Zur Berechnung der individuellen effektiven Größe werden möglicherweise noch nicht die optimalen Einstellungen und Algorithmen gewählt. So ist es denkbar, dass die Wahl einer anderen Methode zur Berechnung des SII besser geeignet wäre. So könnte zum Beispiel die Methode der Oktavbänder verwendet werden, welche den SII über lediglich sechs Frequenzbänder berechnet. Dadurch wäre ein näherer Bezug zu den Messpunkten des Sprachtests gegeben. Eine gröbere Frequenzauflösung würde folgen. Ob dies einen Nachteil darstellt, kann hier nicht beantwortet werden. Des Weiteren könnten andere Al-gorithmen zur Optimierung des SII an die Messpunkte des Sprachtests Ergebnisse liefern, welche bei jedem Hörverlust einwandfrei interpretierbar sind. Gegebenenfalls eignet sich ein eigens auf diese Berechnung abgestimmter generischer Algorithmus.

Die in dieser Arbeit vorgestellten Testeinstellungen weisen in ihrer Umsetzung gravieren-de Veränderungen des Frequenzganges auf. In der Entwicklung dieser Testeinstellungen ist genau dies auch gewollt, um möglichst deutliche Effekte zu erzielen. Möglicherweise wird aber durch diese starke Veränderung auch eine Verbesserung des Sprachverstehens gegenüber NL2 verhindert. Es scheint daher sinnvoll, in weiteren Untersuchungen eine Verbesserung im Sprachverstehen mit moderat verringerter Verstärkung zu überprüfen.

6.3.5 Normalverteilung der Daten

Im Allgemeinen wiesen die einzelnen Verteilungen der Ergebnisse des Akzeptanzfrage-bogens eine Normalverteilung auf. Für insgesamt drei von diesen trifft dies jedoch nicht zu. Für zwei Verteilungen der Unterkategorie „Speech in noise“ sind Deckeneffekte zu sehen. Ein Großteil der Ergebnisse liegt in der oberen Skala. Die Vermutung ist, dass bei Vergrößerung der Skala oder Veränderung des Schwierigkeitsgrades des Tests eine Nor-malverteilung vorliegen sollte. In einer Verteilung der Unterkategorie „Speech in quiet“ liegt aufgrund von Ausreißern keine Normalverteilung vor. Da die Ergebnisse aus diesen Verteilungen durch die Berechnung einer ANOVA keine signifikanten Unterschiede auf-weisen, ist jedoch die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass tatsächlich eben diese nicht vorhanden sind.

6.4 Ausblick

Ausgehend von den wesentlichen Ergebnissen dieser Arbeit sind weitere Untersuchun-gen denkbar. Einige Beispiele werden im Folgenden vorgeschlagen.

n Neben Untersuchungen, welche die Auswirkungen der Veränderungen im Frequenz-gang überprüfen, könnte auch ein möglicher Zusammenhang zwischen der indivi-duellen Effektivität und dem Kompressionsverhalten eines Hörgerätes untersucht werden. Eine Reihe offener Fragen müsste hierfür beantwortet werden. So stellt sich die Frage, ob bei niedriger individueller Effektivität ein möglichst großes oder klei-nes Kompressionsverhältnis sinnvoll ist. Was geschieht bei sehr kleine Dynamiken?

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n Es könnte die Möglichkeit untersucht werden, das hier verwendete Verfahren uni-versell für verschiedene Sprachtests anzuwenden. Dies würde prinzipiell auch die Übertragung in andere Sprachen ermöglichen. Mit entsprechenden Umrechnungen zwischen dem SII und dem verwendeten Sprachtest sollte dies realisierbar sein.

n Die Gerätetests könnten auch für bilaterale Versorgungen durchgeführt werden. Auch hier entstehen offene Fragen, welche zunächst mit weiteren Annahmen be-antwortet werden müssten. So ist denkbar, dass bei gleichen Hörverlusten beider Ohren einer Testperson stark unterschiedliche, individuelle Effektivität besteht. Soll-ten nun beide Ohren die gleiche Einstellung erhalten?

n Um dieses Verfahren in der Zukunft auch in Hörgeräten unterbringen zu können, sollten zusätzlich die Auswirkungen einer offenen Versorgung untersucht werden.

Mögliches Potenzial dieses Verfahrens soll zum Abschluss des Ausblicks kurz angedacht werden. So ist es zukünftig denkbar, aus dem Verhältnis zwischen dem SII und den Mess-punkten eines Sprachtests tote Regionen der Cochlea zu detektieren. Laut Baer et al. (2002) besteht zumindest ein Zusammenhang zwischen einer Verschlechterung des Sprachtests gegenüber dem AI und vorhandenen toten Regionen. Diese Information könnte anschließend vielseitig für die Hörgeräteanpassung genutzt werden. Entweder mit gezielter Verstärkung effizienter Bereiche oder durch gezielte Frequenzkompression. Dies hätte den Vorteil, dass nur die Hörgeräteträger/innen Frequenzkompression erhalten, welche auch tatsächlich tote Regionen haben.

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7. Verzeichnisse

7.1 Literaturverzeichnis

ANSI-S3.5 (1997). Methods for calculation of the Speech Intelligibility Index. American Na-tional Standard Institute, Inc., New York.

Baer, T., Moore, B. C., und Kluk, K. (2002). Effects of low pass filtering on the intelligibility of speech in noise for people with and without dead regions at high frequencies. J Acoust Soc Am, 112(2):1133 – 1144.

Chalupper, J. (2011). Was ist neu an NAL-NL2? SAT.

Ching, T. Y., Dillon, H., und Byrne, D. (1998). Speech recognition of hearing-impaired listen ers: Predictions from audibility and the limited role of high-frequency amplification. J Acoust Soc Am, 103(2):1128 – 1140.

Ching, T. Y., Dillon, H., Katsch, R., und Byrne, D. (2001). Maximizing effective audibility in hearing aid fitting. Ear & Hearing, 22(3):212 – 224.

Dillon, H. (2001). Hearing aids. Boomerang Press, Sydney.

Dillon, H. (2011). Persönlicher Kontakt zu Dr. Josef Chalupper. SAT.

Halpin, C. (2011). Persönlicher Kontakt zu Dr. Josef Chalupper. SAT.

Halpin, C., und Rauch, S. (2009a). Clinical implications of a damaged cochlea: Pure tone thresholds vs information-carrying capacity. Otolaryngology - Head and Neck Surgery, 140(4):473 – 476.

Halpin, C., und Rauch, S. (2009b). Hearing aids and cochlear damage: The case against fitting the pure tone audiogram. Otolaryngology - Head and Neck Surgery, 140(5):629 – 632.

Holube, I. (2011). Speech intelligibility in fluctuating maskers. ISAAR, S. 1 – 9.

Holube, I., Fredelake, S., Vlaming, M., und Kollmeier, B. (2010). Development and analysis of an International Speech Test Signal (ISTS). International Journal of Audiology, 49:891 – 903.

Moore, B. C. (1998). Cochlear hearing loss. Whurr Publishers Ltd., London.

Moore, B. C. (2004). Dead regions in the cochlea: Conceptual foundations, diagnosis, and clinical applications. Ear & Hearing, 25(2):98 – 116.

Moore, B. C., und Vinay, S. N. (2009). Enhanced discrimination of low-frequency sounds for subjects with high-frequency dead regions. Brain, 132:524 – 536.

Siemens (2010). Internal white paper. SAT.

Thai-Van, H., Micheyl, C., Moore, B. C., und Lionel, C. (2003). Enhanced frequency discrim-ination near the hearing loss cut-off: A consequence of central auditory plasticity induced by cochlear damage? Brain, 126:2235 – 2245.

Vickers, D. A., Moore, B. C., und Baer, T. (2001). Effects of low-pass filtering on the intelligibility of speech in quiet for people with and without dead regions at high frequencies. J Acoust Soc Am, 110(2):1164 – 1175.

Wagener, K., Brand, T., und Kollmeier, B. (1999). Entwicklung und Evaluation eines Satztests für die deutsche Sprache. Z Audiol.

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7.2 Abbildungsverzeichnis

Abb. 2.1: Linker Teil zeigt eine schematische Skizze des cortischen Organs mit komplett beschädigten OHC und intakten IHC. Rechter Teil zeigt den Verlauf der zugehörigen Tuning-Kurve in gestrichelter Linie und den gesunden Verlauf in durchgezogener Linie, aus Moore (1998). 4

Abb 2.2: Linker Teil zeigt eine schematische Skizze des cortischen Organs mit moderat beschädigten IHC und intakten OHC. Rechter Teil zeigt den Verlauf der zugehörigen Tuning-Kurve in gestrichelter Linie und den gesunden Verlauf in durchgezogener Linie, aus Moore (1998). 4

Abb. 2.3: Zusammenhang zwischen toten Regionen und Defiziten im Sprachaudiogramm; zwei Fälle mit Ton- und Sprachaudiogramm inkl. Cytocochleogramm, darunter jeweils ein Sprachaudiogramm mit zugehörigem SII, schwarze durchgezogene Linie entspricht dem berechneten SII; linker Fall ohne tote Regionen und ohne Unterscheid zwischen SII und Sprachaudiogramm, rechter Fall bei ähnlichem Hörverlust mit toten Regionen und Defiziten im Sprachaudiogramm gegenüber dem SII; aus Halpin und Rauch (2009a) 6

Abb. 2.4: Gemitteltes Sprachverstehen für Konsonanten bei tiefpassgefilterter Wiedergabe (Grenzfrequenz: 5,6 kHz) für mittelgradige flache (MF), mittelgradige schräg abfallende (MS), hochgradige flache (SF) und hochgradige schräg abfallende (SS) Hörverluste. Ge-messene Werte sind Punkte, Vorhersage nach Eq.(1) sind durchgezogene Linien, Vorher-sage nach Eq.(6) sind gestrichelte Linien und Diamanten, Vorhersage nach Eq.(9) sind unterbrochene Linien und Dreiecke. Je schwerwiegender der Hörverlust, desto ungenauer die Vorhersage des Sprachverstehens, aus Ching et al. (1998). 8

Abb. 2.5: Desensitization-Faktor in Abhängigkeit des Hörverlustes in dB HL nach Dillon (2011) 10

Abb. 2.6: Effektive Hörbarkeit in Abhängigkeit des SL in dB SPL für Hörverluste von 0 dB HL bis 120 dB HL, nach Dillon (2011) 11

Abb 2.7: Theoretisches Konzept zur Berechnung der Zielverstärkungen mit NL2, aus Chalupper (2011) 13

Abb. 3.1: Zusammenhang zwischen dem Unterschied des SII zu den Messpunkten des Freiburger Einsilbertests (rechts) und Bewertung der Effektivität im Tonaudiogramm (links: Hörverlust in dB HL mit rot markierten ineffektiven Bereichen) 15

Abb. 3.2: Darstellung eines optimalen Beispiels des Verlaufs von Mind („effectiveness“) mal 100 in % (rot), inverser Hörverlust (blau gepunktet) in dB und „Range“ (blaue Balken) in dB eines Datensatzes mit Ton- und Sprachaudiogramm 16

Abb. 3.3: Zusammenhang zwischen dem Unterschied des SII zu den Messpunkten des Freiburger Einsilberstests (rechts) und dem Unterschied zwischen gemessener Hörschwelle in dB HL und THalpin (links) 18

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Abb. 3.4: Fehler der Optimierung pro Proband in Abhängigkeit der Steigung des Hörverlustes in %. Der mittlere Fehler beträgt 9,23 %. Eine Abhängigkeit des Fehlers von der Steigung des Hörverlustes ist nicht zu erkennen. 20

Abb. 3.5: Darstellung eines typischen Beispiels des Verlaufs von Mind („effectiveness“) mal 100 in % (rot), inverser Hörverlust (blau gepunktet) in dB und „Range“ in dB (blaue Balken) eines Datensatzes mit Ton und Sprachaudiogramm 21

Abb. 3.6: Fehler der Optimierung pro Proband in Abhängigkeit der Steigung des Hörverlustes in % für die Berechnung von Mind (blau) und THalpin (rot). Eine Abhängigkeit des Fehlers von der Steigung des Hörverlustes ist nicht zu erkennen. 21

Abb. 4.1: Vergleich zwischen Verstärkungen mit HV/2 (blau) und MFaktor (rot) in dB SPL. Zu sehen ist eine deutlich geringere Verstärkung zwischen 1 kHz und 4 kHz mit MFaktor. 25

Abb. 4.2: Vergleich zwischen Verstärkungen mit HV/2 (blau), MFaktor (rot) und Tinvers in dB SPL; Tinvers erzeugt gegenüber MFaktor zwischen 2 und 4 kHz etwas weniger Verstär-kungsreduktion und im Bereich zwischen 250 Hz und 1 kHz etwas mehr Verstärkung. 26

Abb. 4.3: Gemessene Hörschwellen der 12 Probanden/innen 27

Abb. 4.4: Darstellung der gemessenen Zielverstärkung für NL2 (blau), gemessenen mit 2cc-Kuppler und einer Unity-Messbox, und der berechneten Zielverstärkung für MFaktor für 65 dB Eingang für eine/n Probanden/in 28

Abb. 5.1: Mediane der Verstärkungswerte für NL2 (blau), MFaktor (rot) und Tinvers (grün) in Abhängigkeit der Frequenz in dB am 2cc-Kuppler 32

Abb. 5.2: Sprachverstehen der Probanden/innen mit Freiburger Einsilbern in Ruhe bei 65 dB im Freifeld für die Testeinstellungen NL2 (Median = 60 %), MFaktor (Median = 52,5 %) und Tinvers (Median = 50 %) 33

Abb. 5.3: Sprachverstehen der Probanden/innen mit Freiburger Einsilbern bei 65 dB mit Störgeräusch bei 60 dB von hinten im Freifeld für die Testeinstellungen NL2 (Median = 40 %), MFaktor (Median = 47,5 %) und Tinvers (Median = 42,5 %) 34

Abb. 5.4: Pegel bei 50%-Schwelle des OLSA in Ruhe im Freifeld für die Testeinstellungen NL2 (Median = 43,65 %), MFaktor (Median = 44,65 %) und Tinvers (Median = 45,4 %) 34

Abb. 5.5: Signal-Rausch-Abstand bei 50%-Schwelle des OLSA im Störgeräusch für die Testeinstellungen NL2 (Median = −6,45), MFaktor (Median = −6,95) und Tinvers (Median = −4,5) 35

Abb. 5.6: Benefit zwischen MFaktor (links) und Tinvers (rechts) gegen NL2 für den Freiburger Sprachtest in Ruhe in Abhängigkeit zu der Verstärkungsänderung (RMS) in %; Median des Benefits (gepunktete Linie); erwarteter Verlauf (gestrichelte Linie); bei MFaktor keine direkte Abhängigkeit erkennbar, bei Tinvers leichte Abhängigkeit erkennbar 36

Abb. 5.7: Unterschied zwischen MFaktor (links) und Tinvers (rechts) gegen NL2 für den Freiburger Sprachtest im Störgeräusch in Abhängigkeit zu der Verstärkungsänderung (RMS) in %; Median des Benefits (gepunktete Linie); erwarteter Verlauf (gestrichelte Linie); bei MFaktor keine direkte Abhängigkeit erkennbar, bei Tinvers leichte Abhängigkeit erkennbar 36

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Abb. 5.8: Unterschied zwischen MFaktor (links) und Tinvers (rechts) gegen NL2 für die 50%-Schwelle des OLSA in Ruhe in Abhängigkeit zu der Verstärkungsänderung (RMS) in dB SPL; Median des Benefits (gepunktete Linie); erwarteter Verlauf (gestrichelte Linie); bei MFaktor keine direkte Abhängigkeit erkennbar, bei Tinvers Abhängigkeit erkennbar mit Ausnahme der Werte zwischen -10 bis -12 dB 37

Abb. 5.9: Unterschied zwischen MFaktor (links) und Tinvers (rechts) gegen NL2 für den SNR bei 50%-Schwelle des OLSA im Störgeräusch in Abhängigkeit zu der Verstärkungsände-rung (RMS) in dB SPL; Median des Benefits (gepunktete Linie); erwarteter Verlauf (gestri-chelte Linie); bei MFaktor keine direkte Abhängigkeit erkennbar, bei Tinvers Abhängigkeit erkennbar mit Ausnahme der Werte zwischen -10 bis -12 dB 37

Abb. 5.10: Verstärkungsverlauf gemessen am 2cc-Kuppler in dB SPL für den Probanden JoF; NL2 (blau), MFaktor (rot) und Tinvers (grün) 38

Abb. 5.11: Verstärkungsverlauf gemessen am 2cc-Kuppler in dB SPL für die Probandin SpC; NL2 (blau), MFaktor (rot) und Tinvers (grün) 39

Abb. 5.12: Verstärkungsverlauf gemessen am 2cc-Kuppler in dB SPL für den Probanden ZeE; NL2 (blau), MFaktor (rot) und Tinvers (grün) 39

Abb. 5.13: Mittelwerte und Konfidenzintervalle der Probanden/innen für die Einstellungen mit NL2, MFaktor und Tinvers in der Kategorie Lautheit; links über alle Unterkategorien gemittelt, dann von links nach rechts subjektives Sprachverstehen in Ruhe, eigene Stimme, Musik und subjektives Sprachverstehen im Störgeräusch; keine signifikanten Unterschiede vorhanden 40

Abb. 5.14: Mittelwerte und Konfidenzintervalle der Probanden/innen für die Einstellungen mit NL2, MFaktor und Tinvers in der Kategorie Klang; links über alle Unterkategorien ge-mittelt, dann von links nach rechts subjektives Sprachverstehen in Ruhe, eigene Stimme und Musik; signifikanter Unterschied in der Unterkategorie Musik zwischen NL2 und MFaktor 41

Abb. 5.15: Mittelwerte und Konfidenzintervalle der Probanden/innen für die Einstellun-gen mit NL2, MFaktor und Tinvers in der Kategorie subjektives Sprachverstehen; links über beide Unterkategorien gemittelt, mittig subjektives Sprachverstehen in Ruhe und rechts subjektives Sprachverstehen im Störgeräusch; keine signifikanten Unterschiede vorhanden 42

Abb. 5.16: Mittelwerte und Konfidenzintervalle der Probanden/innen für die Einstellungen mit NL2, MFaktor und Tinvers in der Kategorie Dynamik; links über beide Unterkategorien gemittelt, mittig Musik und rechts Umgebungsgeräusche; keine signifikanten Unter-schiede vorhanden 42

Abb. 6.1: Gemittelte Hörverluste vs gemittelte Tinvs 48

Abb. 8.1: Angaben und Kenngrößen der „Critical band SII procedure“ aus ANSI-S3.5 (1997) 58

Abb. 8.2: Mittelwerte der 12 Probanden/innen aus dem Akzeptanzfragebogen 58

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7.3 Tabellenverzeichnis

5.1 Unterschiede zwischen NL2 und MFaktor für die Probanden/in JoF, SpC und ZeE 38

5.2 Unterschiede zwischen NL2 und Tinvers für die Probanden/in JoF, SpC und ZeE 38

5.3 Häufigkeit der Platzierungen nach Präferenzabfrage von NL2, MFaktor und Tinvers 43

8.1 Einzelwerte der Probanden/innen des Freiburger Sprachtests mit Einsilbern in Ruhe (FE+Q) und im Störgeräusch (FE+N) in % 57

8.2 Einzelwerte der Probanden/innen der 50%-Schwelle des OLSA in Ruhe (OLSA 50 %) und im Störgeräusch (OLSA SNR) in dB 57

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Anhang Seite 56

8. Anhang

8.1 Gerätelisten Unity 2 mit der Seriennummer SN153627

n Docking Station für Unity mit der Seriennummer SN639207

n Software Connexx mit Version V6.4 - 6.4.6.3183

n Software Unity mit Version V4.8 - 4.8.5.3226

n Software SPSS mit Version 18.0.0

n Hi-Pro (Model: 802440) mit der Seriennummer 123534

n RME Hammerfall DSP Multiface mit der Seriennummer 22407018

n Genelec Active Monitor (Model: 1029A) mit den Seriennummern PM6091039 und PM115668

n Siemens Motion 700 Hörgeräte mit den Seriennummern FU15546, FU15547, FU15548 und SS83819

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Anhang Seite 57

8.2 Tabellen und Abbildungen

Verfahren NL2 MFaktor Tinvers

Sprachtest FE+Q FE+N FE+Q FE+N FE+Q FE+NHöB 70 45 40 50 40 35Jof 35 40 50 45 30 40KrG 60 30 60 45 50 25

MeW 60 40 55 40 30 30ScB 50 30 25 20 35 30ScW 45 55 75 60 70 50SoR 45 30 45 20 30 10ScH 90 70 80 65 85 70SpC 60 40 50 50 60 45StH 75 55 65 55 60 55TiM 65 40 85 50 80 45ZeE 55 60 25 35 50 50HuE 80 50 45 50 80 55

Tab. 8.1: Einzelwerte der Probanden/innen des Freiburger Sprachtests mit Einsilbern in Ruhe (FE+Q) und im Störgeräusch (FE+N) in %

Verfahren NL2 MFaktor Tinvers

Sprachtest OLSA 50 % OLSA SNR OLSA 50 % OLSA SNR OLSA 50 % OLSA SNRHöB 52,5 -1,0 55,8 0,4 54,0 0,3Jof 45,9 -4,2 44,9 -3,0 50,7 -2,0KrG 32,4 -8,6 33,5 -7,1 36,0 -3,1

MeW 44,4 -7,6 45,1 -7,5 48,5 -6,3ScB 46,0 4,0 46,4 4,0 50,6 2,4ScW 45,2 -4,0 44,9 -3,7 45,6 -3,7SoR 40,3 -7,9 39,9 -8,6 39,7 -3,1ScH 40,5 -8,5 41,7 -6,8 43,4 -6,7SpC 37,5 -5,3 38,8 -9,5 40,3 -7,3StH 42,9 -7,8 44,4 -7,5 45,2 -6,0TiM 26,6 -10,2 27,5 -10,4 27,3 -10,9ZeE 45,9 -4,7 49,2 -2,8 47,4 -5,3HuE 47,7 -1,0 49,3 -0,2 50,9 0,2FeF 61,2 8,5 70,4 10,4 66,1 9,4

Tab. 8.2: Einzelwerte der Probanden/innen der 50%-Schwelle des OLSA in Ruhe (OLSA 50 %) und im Störgeräusch (OLSA SNR) in dB

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Anhang Seite 58

Abb. 8.1: Angaben und Kenngrößen der „Critical band SII procedure“ aus ANSI-S3.5 (1997)

Abb. 8.2: Mittelwerte der 12 Probanden/in-nen aus dem Akzeptanzfragebogen

Overall NAL-NL2 M_factor T_invLoudness 3,31 3,38 3,34Sound 2,91 3,24 3,06Speech understanding 3,52 3,48 3,19Dynamic 2,86 3,06 2,96Disturbing noises 4,00 4,00 4,00Satisfaction 4,00 4,00 4,00

Spontaneous acceptance 3,49 3,54 3,48

Number of Subjects 12 12 12

LoudnessSpeech in quiet 3,39 3,56 3,44Plot Lautstärke Sprache 5,46 4,92 4,92Own voice 3,00 3,06 3,53Plot Lautstärke own voice 8,00 6,92 6,63Music 3,22 3,25 3,00Plot Lautstärke Musik 6,17 4,38 3,96Speech in noise 3,65 3,67 3,38Plot Lautstärke SIN 6,49 6,28 5,65Plot Lautstärke overall 6,53 5,62 5,29

SoundSpeech in quiet 3,31 3,42 3,38Own voice 2,54 2,80 2,61Music 2,89 3,51 3,19

Speech understandingSpeech in quiet 3,25 3,15 3,10Speech in noise 3,79 3,81 3,27

DynamicMusic 3,11 3,25 3,00Noise 2,61 2,86 2,92

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Anhang Seite 59

Fragebogen Akzeptanz

ID: Datum:

Hörgerät:

Bitte beurteilen Sie die Hörgeräte in folgender Situation: Sprache des Gesprächspartners

nein eher nein

eher ja ja

Lautstärke

Die Lautstärke finde ich genau richtig.

Ich finde die Lautstärke zu laut.

Die Lautstärke des Hörsystems ist für mich zu leise.

Klang

Ich finde den Klang angenehm.

Ich finde den Klang zu unnatürlich.

Mit dem Klang bin ich unzufrieden.

Mit dem Klang bin ich sehr zufrieden.

Ich empfinde den Klang als …

zu scharf

zu dumpf

zu hallig

Sprachverständnis

Ich finde es extrem anstrengend, Sprache zu verstehen.

Ich verstehe Sprache schlecht.

Ich kann mühelos verstehen.

Mit dem Hörgerät verstehe ich Sprache sehr gut.

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Anhang Seite 60

Bitte beurteilen Sie Ihre eigene Stimme

nein eher nein

eher ja ja

Lautstärke

Die Lautstärke finde ich genau richtig.

Ich finde die Lautstärke zu laut.

Die Lautstärke des Hörsystems ist für mich zu leise.

Klang

Ich finde den Klang angenehm.

Ich finde den Klang zu unnatürlich.

Mit dem Klang bin ich unzufrieden.

Mit dem Klang bin ich sehr zufrieden.

Ich empfinde den Klang als …

zu scharf

zu dumpf

zu hallig

Bitte beurteilen Sie die Hörgeräte in folgender Situation: Klangbeispiel Musik

nein eher nein

eher ja ja

Lautstärke

Die Lautstärke finde ich genau richtig.

Ich finde die Lautstärke zu laut.

Die Lautstärke des Hörsystems ist für mich zu leise.

Klang

Ich finde den Klang angenehm.

Ich finde den Klang zu unnatürlich.

Mit dem Klang bin ich unzufrieden.

Mit dem Klang bin ich sehr zufrieden.

Ich empfinde den Klang als …

zu scharf

zu dumpf

zu hallig

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Anhang Seite 61

Dynamik

Ziel ist eine Einstellung, bei welcher leise Geräusche gut hörbar sind und laute Geräusche in einer noch annehmbaren Lautstärke sind.

Bitte beurteilen Sie die Hörgeräte in folgender Situation: Klangbeispiel Musik (dynamisch)

nein eher nein

eher ja ja

Dynamik der Musik

Leise Musik ist mir zu leise.

Laute Musik ist mir zu laut.

Die Einstellung der Lautstärke ist für laute und leise Musik insgesamt in Ordnung.

Bitte beurteilen Sie die Hörgeräte in folgender Situation: Klangbeispiel Umgebungsgeräusche

nein eher nein

eher ja ja

Dynamik der Umgebungsgeräusche

Leise Geräusche sind mir zu leise.

Laute Geräusche sind mir zu laut.

Die Einstellung der Lautstärke ist für laute und leise Geräu-sche insgesamt in Ordnung.

Bitte beurteilen Sie die Hörgeräte in folgender Situation: Klangbeispiel Sprache im Störgeräusch

nein eher nein

eher ja ja

Lautstärke der Sprache

Die Lautstärke finde ich genau richtig.

Ich finde die Lautstärke zu laut.

Die Lautstärke des Hörsystems ist für mich zu leise.

Lautstärke der Sprache

Die Lautstärke ist akzeptabel.

Sprachverständnis

Ich finde es extrem anstrengend, Sprache zu verstehen.

Ich verstehe Sprache schlecht.

Ich kann mühelos verstehen.

Mit dem Hörgerät verstehe ich Sprache sehr gut.

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Anhang Seite 62

8.3 Abkürzungen

NAL National Acoustic Laboratories

IHC innere Haarsinneszellen

OHC äußere Haarsinneszellen

AI Artikulationsindex

SII Speech Intelligibility Index

SNR Signal-Rausch-Abstand

OLSA Oldenburger Satztest

IFFM International Female Fluctuating Masker

ISTS International Speech Test Signal

M Desensitization-Faktor bzw. Effektivität eines Bandes

Mind individuelle Effektivität eines Bandes

K Faktor für die theoretische Hörbarkeit ohne Verzerrungsfaktor

Kind individuelle effektive Hörbarkeit


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