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Es war einmal

Date post: 11-Nov-2014
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Das Bild auf der Vorderseite zeigt das 1938 vom Kunstmaler Fritz Pümpin aus Gelterkinden ge-malte Wohnhaus mit dem 1935 dahinter erstellten Neubau einer kleinen Fabrik am heutigen Standort.

0.2 / DH / 6.04 / ©JRG Gunzenhauser AG & Max A. Tschudin

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Es war einmal... 1. Start So beginnen viele Märchen. Was ich hier zu Papier bringe, könnte manchmal fast wie ein solches tönen, ist es aber garantiert nicht. Wie komme ich dazu, mit Erzählen zu beginnen? Am JRG Jubilarenabend am 26. Oktober 2001 im Engel in Liestal erwähnte Hansruedi Gunzenhauser bei seiner Begrüssung, dass nebst den in der Einladung abgebildeten neuen Jubilaren noch ein Jubilar hier sei, Max Tschudin, Mister Sanipex und Jrgumat, der vor sechzig Jahren, am 1. Oktober 1941 in die Firma gekommen sei. Alle klatschten im Saal, ich stand auf und winkte, sagte Danke und sass etwas benommen ab. Sechzig Jahre. Eine lange Zeit. Wie kam alles? In den folgenden Tagen gingen mir die sechzig Jahre nicht mehr aus dem Sinn. Sie waren fast greifbar geworden und ich verspürte einen Drang, die Erinnerungen niederzuschreiben. Bilder stiegen auf, von Personen, Geschehen, Reisen, Ideenfindungen und ich beschloss, mit Schreiben anzufangen. Aber wo? Je länger ich den Faden suchte desto mehr wurde mir bewusst, dass die Wurzel manchen Geschehens oder einer Entwicklung weit zurück liegen kann. Obwohl es müssig ist sich zu fragen welchen Weg man gegangen und welche Entwicklung man genommen hätte, wenn man zu einem gewissen Zeitpunkt eine andere Entscheidung getroffen hätte, will ich versuchen, den Anfang des roten Fadens zu definieren. Es ist Herbst 1934. Schulferien. Mit meiner Mutter und einer Bekannten und deren noch jüngerem Sohn als ich es bin, reisen wir für zwei Wochen in den Auerhahn, einen kleinen Gasthof in Schlechtbach im Schwarzwald. Bei einer Wanderung nach Gersbach sehe ich oben auf einem Hügel zum erstenmal zwei Zögling Schulflugzeuge wie ich sie schon in einer Illustrierten Zeitung gesehen hatte. Ein Gitterrumpf, zwei gerade Flügel, hinten Steuerflächen und vorne ein offener Sitz. Ich wartete gespannt darauf wie damit geflogen würde. Endlich setzte sich ein junger Bursche auf den Sitz, schnallte sich fest, hielt mit der rechten Hand den Steuerknüppel und hob die Füsse vorne auf einen waagrechten Steuerbalken. Ich wollte unbedingt sehen was nun weiter geschehen würde und blieb stehen. Vorne am Flugzeug wurde ein Gummiseil eingehängt und dieses wie ein V nach vorne ausgelegt. Hinten wurde das Flugzeug von einigen Leuten an einem Seil gehalten. Je vier Burschen zogen vorne das Gummiseil aus bis sie fast nicht mehr weitergehen konnten. Dann hörte ich jemanden los rufen, hinten wurde das Seil losgelassen und vorne rannten die Burschen hügelab und das Flugzeug schnellte nach vorne und flog über die Köpfe der immer noch Rennenden hinweg von denen einige zu Boden purzelten. Einige hundert Meter weiter unten setzte das Flugzeug auf, rutschte noch eine kurze Strecke weit, ein Flügel legte sich auf die Seite und der Pilot stieg vom Sitz. In den verbleibenden Ferientagen hatte ich noch mehrmals Gelegenheit den Fliegern zuzuschauen. Ende Ferien war ich entschlossen, später auch so fliegen zu lernen. Dieser Entschluss sollte nicht nur mein Leben wesentlich beeinflussen. Doch zuerst musste nun die zweijährige Handelsschule abgeschlossen werden. Der Flugbazillus in mir wuchs und ich erfuhr von einem Flugmodell-Baukurs der im Winter 1935/36 im De Wette Schulhaus stattfand. Begeistert baute ich dort mein erstes Modellflugi und erfuhr von einem älteren Besucher von einer Segelflugzeug Ausstellung in einer Turnhalle Nähe Münsterplatz. Am nächsten freien Nachmittag

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war ich dort und hautnah bei richtigen grossen Segelflugzeugen. Die Ausstellung wurde von einem arbeitslosen jungen Ingenieur betreut den ich mir getraute einiges zu fragen. Von ihm bekam ich ein Anmeldeformular für den Beitritt zur Segelfluggruppe Basel. Das wars! Ich meldete mich an und wurde als Jungmitglied aufgenommen. Jedes Wochenende war ich nun auf dem Flugplatz Sternenfeld und half die Segelflugzeuge aus dem Hangar zu holen und an den Startplatz zu schieben. Es war ein begeisterndes Erlebnis dabei zu sein, zu helfen, dem Start der Flugzeuge im Flugzeugschlepp zuzusehen und den Tag im Kreis Gleichgesinnter zu verbringen. Jeden Dienstag- und Freitagabend von acht bis zehn Uhr war Baubetrieb in einer Baracke am St. Johann Rheinweg wo die Flugzeuge revidiert und oft auch repariert wurden. Am 1. April 1936 hatte ich meine dreijährige kaufmännische Lehre bei der Franz Haniel AG, Kohlenimport und Rheinschiffahrt begonnen. Mit siebzehn Jahren durfte man mit der Segelflug-Schulung beginnen. Am 31. Juli war das für mich so weit. Während den Herbstferien war von der Segelfluggruppe ein Schulungslager in Pleigne ob Soyère im Jura angesagt. Mit Einwilligung der Eltern durfte ich mich zu diesem anmelden. Meine zwei Ferienwochen des ersten Lehrjahres hatte ich dafür reserviert. Am 4. Oktober abends sechs Uhr sass ich zum ersten Mal klopfenden Herzens auf einem Zögling Schulflugzeug am Start, bereit für den ersten Rutscher. Was für ein Gefühl. Bei einem Rutscher wird das Flugzeug vom Seil der Autowinde am anderen Ende des Flugplatzes über das Feld gezogen damit man üben kann mit der Verwindung die Flügel waagrecht zu halten. Nach einigen erfolgreichen Rutschern wird etwas schneller gezogen und man hebt auf etwa einen Meter Höhe ab. Der erste wirkliche Flug. Weil wir noch etwa fünf Anfänger waren gab es für jeden nur etwa 4 bis 5 Starts pro Tag. Gemeinsam musste nach jedem Start das Flugzeug wieder an den Startplatz geschoben und auch das Drahtseil etwa 600 m weit dahin ausgezogen werden. Abends wusste und spürte man was man getan hatte. Nach dem Lager ging die Schulung während des Winters 36/37 am Wochenende auf dem grossen Feld zwischen Rheinfelden und Möhlin, dort wo heute die Autobahn durchgeht, weiter. Am 26. Dezember 1936 erfüllte ich mit einem Flug von 55 Sekunden Dauer aus etwa 80 m Höhe und einer sauberen Landung die Bedingungen zum Brevet A und durfte nun das schöne Abzeichen mit der weissen Möwe tragen. Irgendwann in diesem Winter kamen Mitglieder der Segelfluggruppe Sissach mit Autowinde und Grunau Baby zu uns ins sogenannte Wasserloch. Das war meine erste Tuchfühlung mit Sissach und Rudolf und Ernst Gunzenhauser. Im Rückblick eine schicksalhafte Begegnung. Als im Frühjahr auf dem Basler Flugplatz Sternenfeld wieder Flugzeugschlepps gemacht werden konnten, brachten Rudolf und Ernst Gunzenhauser das für sie von Karl Haberstich gebaute Segelflugzeug S18, eine schöne, elegante Spalinger Konstruktion, auf den Platz. Wegen des gemeinsam betriebenen Schul- und Flugbetriebes der beiden Segelfluggruppen, Basel und Sissach, fusionierte Sissach mit Basel und Rudolf und Ernst amteten als Fluglehrer auf dem Sternenfeld und flogen hier ihr S18. Inzwischen hatte auch ich das Segelflieger-Brevet und den Flugzeugschlepp-Ausweis erworben und so kreiste man manchmal gemeinsam im gleichen Aufwind. Im Februar 1939 rückte ich in die Flieger-Rekrutenschule nach Payerne ein. Ende März ging meine Lehre zu Ende und ab 1. Mai arbeitete ich bei Haniel als kaufmännischer Angestellter weiter. Dann kam die Mobilmachung und am 2. September einrücken in Sursee, Dislokation auf den Feldflugplatz Bleienbach und bald nach Grandcour, wo ich Rudolf als Motorfahrer Gunzenhauser wieder traf. Nach der Unteroffiziersschule vom 13.11. bis 9.12. gings zurück nach Grandcour und dann im März 1940 Dislokation nach Vernier, welcher Ort für Rudolf eine ganz besondere Bedeutung erlangte weil er dort seine zukünftige Frau, Jacqueline Henry,

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kennen lernte. Es folgten gemeinsame Ablösungsdienste in Domdidier, Lerchenfeld bei Thun und Kestenholz. Wann es genau war, weiss ich nicht mehr, aber es muss vermutlich im Frühjahr 1941 gewesen sein als mich Rudolf fragte, ob ich nicht Lust hätte, zu ihm in die Firma zu kommen. Man brauche jetzt einen kaufmännisch ausgebildeten Mann auf dem Büro da der bisher nur stundenweise von einem Treuhandbüro kommende Mann nicht mehr genüge. Es müsse jemand den ganzen Tag anwesend sein der auch die Telefonanrufe beantworten könne. Ich erinnere mich noch gut an den sonnigen, warmen Tag an dem ich mit den Velo nach Sissach fuhr, um mir meinen eventuellen zukünftigen Arbeitsplatz anzusehen. Nach dem Bahnübergang in Lausen setzte ich mich ins Gras um etwas zu verschnau-fen bevor ich mich bei der Firma die ich noch nie gesehen hatte, vorstellen sollte. Bald kam ich zu einem weiteren Bahnübergang und da war ja die Fabrik schon, gleich am Dorfanfang. Rudolf stellte mich seinem Bruder Hans im grauen Arbeitsmantel vor und machte mit mir einen Rundgang durch die mir gänzlich unbe-kannte Arbeitswelt. Die an Transmissionen laufenden Maschinen, die Giesserei, einfach alles beeindruckte mich sehr und da waren ja noch zwei Bekannte aus der Fliegerkompanie. Werner Handschin der auch mit mir in der Rekrutenschule war und Hans Erny, der auch hier das Magazin betreute wie in der Kompanie. Im einzigen, etwa viermal vier Meter grossen Büro standen zwei Pulte, Rücken an Rücken, ein Kassenschrank, ein Bigla Block mit Auszugschubladen, ein Bücherkasten voller Bundesordner und ein Zeichnungsbrett. Durch ein breites Glasfenster konnte man die ganze Dreherei überblicken. Als ich am späteren Nachmittag wieder nach Basel radelte war ich bereits entschlossen, die Stelle anzutreten. Bei Haniel war man nicht erfreut als ich kündigte, doch mich zog es stark aus dem gleichförmigen Handelsbe-trieb und der Buchhaltung weg, hin zum sicher abwechslungsreicheren und interes-santen Fabrikationsbetrieb. Voller Erwartungen und unter dem Arm eine Mappe mit belegten Broten für das Mittagessen stieg ich am 1. Oktober 1941 in den Bummelzug nach Sissach um meine neue Stelle anzutreten. Einen kleinen Katalog der hergestellten Armaturen hatte ich in den letzten Wochen eingehend studiert und mich mit deren Verwendung versucht vertraut zu machen. So viel es mir eigentlich gar nicht schwer bald telefonische Bestellungen abzunehmen. Die auf der Schreibmaschine geführte Buchhaltung gab auch keine Probleme. Bald fühlte ich mich sattelfest in allen anfallenden Arbeiten. Die gute Ausbildung an meiner früheren Lehrstelle war eine gute Grundlage für meine hier verlangte Selbständigkeit. Rudolf war meistens im BMW mit Karbidvergaser unterwegs auf Kundenbesuchen in allen Teilen der Schweiz. Wenn er heimkam gab er die Bestellungen Hans Erny ins Magazin zur Auslieferung der Artikel und schrieb dann selbst die Rechnungen. Während der einstündigen Mittagspause tummelte ich mich überall im Betrieb herum um mich mit allem gründlich vertraut zu machen. Hinter dem grossen Fenster zum Betrieb stand tagelang Vater Gunzenhauser an einer kleinen Fräsmaschine und fräste Vierkante an Ventiloberteilen. Er, der Gründer der Firma war immer noch aktiv und kam hin und wieder zu einem kurzen Schwatz zu mir ins Büro. Bereits damals hatte man einen Vertreter im Tessin der bei seinen gelegentlichen Besuchen in Sissach immer mindestens einen Panetone mitbrachte. Es war ja Kriegszeit und vieles rationiert und hier nicht erhältlich. Von Zeit zu Zeit kamen auch Säcke voll Kupferblech und Altmetall aus dem Tessin an. Ein willkommener, wenn auch kleiner Zustupf zu den Metallvorräten. Die Wochen und Monate vergingen wie im Flug und ich war froh, den Stellenwechsel gemacht zu haben, auch wenn jeden Tag total etwa eineinhalb Stunden zur und von der Arbeit anfielen und ich das Mittagessen nur am Pult einnehmen konnte. Für Essen im Restaurant hätte ich Mahlzeitencoupons benötigt und Geld gekostet hätte es auch noch. Es kam der sechste Juli 1942. Ein heisser

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Sommertag, als mir Vater Gunzenhauser im Laufe des Vormittags einen grossen Teller prächtiger Kirschen brachte. Herrlich knackige. Im Büro konnte es recht heiss werden, auch wenn der grosse Rollstoren gezogen war. Kirschen ass ich als Voressen vor dem mitgebrachten Kartoffelsalat und wieder zum Dessert. Mit einer Flasche Vivicola löschte ich im Verlaufe des Tages den Durst. Das hätte ich schlauerweise besser bleiben lassen. Nach schweren nächtlichen Bauchkrämpfen kam ich am 7. Juli, dem Geburtstag meines Vaters, ins Spital wo man mir am Abend 1,5 Meter des geplatzten Dünndarmes herausoperierte. Nach Bauchfell- und Lungenentzündung und drei Lungenembolien konnte ich Ende August meine Arbeit wieder aufnehmen. Kirschen meide ich bis heute weitgehend, aber es war ja meine Schuld. Jugendliche Unvernunft, auf Steinobst so viel zu trinken, das muss ja zu gären beginnen. Während ich im Spital lag, nahm Ernst Gunzenhauser am Segelfluglager auf Les Pléiades teil. Bei einem Gummiseilstart erlitt er einen schweren Unfall mit dem Segel-flugzeug S18 und lag viele Wochen im Spital. Nach der Genesung kehrte er nicht mehr zur Hispano in Genf zurück sondern kam in die Firma JRG. Er konstruierte für die bisher mit einem Wald von Riemen angetriebenen Maschinen Einzelantriebe, indem jeder Drehbank von einem eigenen Elektromotor auf einer Wippe, separat angetrie-ben wurde. Das bedeutete eine wesentliche Modernisierung der Dreherei. Die ganze Belegschaft, für welche ich vierzehntäglich die Stempelkarten abzuschliessen und den Zahltag auszurechnen hatte, bestand aus ca. 22 Mann, inklusive zwei Stifte. Manchmal kamen Hedi oder Susi Gunzenhauser, die Töchter von Hans zu mir ins Büro um bei mir Hilfe bei Problemen mit den Schulaufgaben zu holen oder um mit ihnen Steno zu üben. Hin und wieder lud mich Frau Gunzenhauser zum Mittagessen am grossen Familentisch ein. Beim verbuchen der Rechnungen fiel mir auf, dass praktisch keine Kunden aus Basel vorhanden waren. Ich fragte Ruedi nach dem Grund und er erklärte mir, weil die Armaturenfabrik Nussbaum in Basel eine Filiale habe bei der die Installateure Reparaturen machen lassen können, kauften sie dort halt auch was sie an Armaturen benötigten. Da ich nun mit den von Gunzenhauser hergestellten Armaturen recht vertraut geworden war, selbst in Basel wohnte, fand ich, hier muss man doch auch Gunzenhauser Armaturen verwenden. Ich schlug deshalb Rudolf vor, anstatt am Samstagvormittag nach Sissach zur Arbeit zu kommen, Samstagsarbeit war zu dieser Zeit noch üblich, in Basel mit dem Velo auf die Reise zu gehen. Ja gut, mach das, war seine Antwort. Der 13. Februar 1943 war mein erster Reisetag wie ich aus meinem noch vorhandenen Rapportheft entnehmen kann. Weil ich auf meinem täglichen Weg von daheim zum Bahnhof stets bei der Firma Gschwindemann und Sohn, sanitäre Anlagen am Spalenring vorbei kam, machte ich auch dort meinen ersten Besuch als Reisender der Armaturenfabrik Gunzenhauser in Sissach. Im Rapportbuch steht: seriöses Geschäft, klagt aber über Auftragsmangel. Zu insgesamt fünfzehn Installateuren radle ich an diesem Samstagvormittag. Es war eine interessante Erfahrung und ich durfte feststellen, dass ich überall freundlich empfangen wurde und man sich wunderte, jemanden von Gunzenhauser zu sehen. An einen Wechsel denke man nicht, denn mit Nussbaum am Ort sei man gut bedient. Allen hatte ich den kleinen Katalog und einige Bestellkarten abgegeben und ihnen meine weiteren Besuche angekündigt. Was Ruedi mir gesagt hatte hörte ich fast von allen. Der Vormittag hatte mir richtig Spass gemacht und ich freute mich schon auf den nächsten Samstag. In meiner Stadt muss man doch auch JRG Armaturen verwenden fand ich. Dazu wollte ich beitragen, auch wenn alle Besuchten über kriegsbedingten Auftragsmangel klagten. Im Laufe der Zeit dehnte

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ich meine Besuche per Velo bis nach Riehen, Pratteln, Aesch etc. aus. Hin und wieder bestellte man mir einige Schrägsitzventile, Schnellschlussventile, Gelenke oder Eck-Sicherheitsventile. Ich lernte viele Leute kennen, hörte viel und lernte auch viel. Aber steter Tropfen höhlt den Stein und ich fühlte, dass ich bei manchen richtig willkommen war. Besonders erfreut war ich, wenn ein Basler nach Sissach telefonierte um etwas Dringendes zu bestellen das ich ihm hin und wieder abends noch mitbrachte wenn es nicht zu schwer war. Nach den drei Jahre lang besuchten Abendkursen am Kaufmännischen Verein in Basel bestand ich im April 1945 die Prüfung zur Erlangung des Fähigkeitsausweises "Eidgenössisch diplomierter Buchhalter". Die schriftliche Diplomarbeit "Statistik einer Metallgiesserei und Armaturenfabrik" war in vielen Teilen Vorbild für den späteren Aufbau des Rechnungswesens und der Betriebsabrechnung bei JRG. Der Krieg ging vorbei und der Wohnungsbau begann zu wachsen. Die Samstagsar-beit war auch abgeschafft und so verlegte ich meine Reisetätigkeit auf jeden ganzen Donnerstag. Nicht mehr mit dem Velo sondern mit einem alten DKW. Ich begann aus dem Kantonsblatt die Baupublikationen auszuschneiden und in einem Ringbuch nach Architekten geordnet einzukleben. Zwischendurch ging ich zu den Architekten um mich zu erkundigen wer die sanitären Arbeiten der publizierten Bauvorhaben erhalten werde. Oft sagte man mir auch wer alles zur Offertstellung eingeladen sei, später dann auch wer den Auftrag erhalten habe. Beim Besuch des Glücklichen konnte ich dann gezielter die JRG Armaturen ins Gespräch bringen. Da zu jener Zeit noch sehr viele Elektroboiler der Firma Sauter in den Wohnungen installiert wurden, lieferte Sauter auch gleich die aus Pressmessing hergestellten COBA Boilergruppen mit. Trotzdem die COBA Ventile sehr preisgünstig waren gelang es mir mit der Zeit Sauter mit den JRG Gruppen auszustechen. Besonders nachdem Ruedi selbst die sehr kompakte JUNIOR Gruppe konstruiert hatte. Ich weiss noch genau wie sie auf der hinter meinem Pult stehenden Zeichenmaschine entstanden ist. Die Konjunktur zog an, Emil Husi wurde als Konstrukteur angestellt und hatte sein Büro auf der Laube des Wohnhauses. Alois Koller in Emmenbrücke wurde Vertreter für die Zentralschweiz während Ruedi noch grosse Teile der Schweiz selbst bereiste. Ein Neubau drängte sich auf. Ein Verwaltungsgebäude und drei Shed Hallen wurden 1946 erstellt um der steigenden Nachfrage und den Anforderungen in allen Teilen entsprechen zu können. Während lange in dem von Otto Hürbin betreuten Detaillager im Keller einfach nachgesehen wurde was fehlte um es rechtzeitig zu beschaffen oder herzustellen wurde es nun Zeit, die Bewirtschaftung zu organisieren. Mit der Firma National in Zürich entwarf ich das Konzept und der Kauf der entsprechenden Buchungsmaschine und der weiteren Hilfsmittel wurde beschlossen. Der Donnerstag blieb weiter mein Basler Reisetag den ich nun auch auf die Industrie ausdehnte. Mein Vater arbeitete noch bei der CIBA und erzählte mir eines Tages er spaziere manchmal nach dem Mittagessen mit Herrn Grütter, dem Einkaufschef und habe ihm erzählt der Sohn Max arbeite bei der Armaturenfabrik Gunzenhauser. Ich solle mich doch einmal bei ihm melden, sie bräuchten auch Armaturen, war seine Antwort. Gesagt getan. Bei meinem Anruf wurde ich gebeten, mich Montag 9 Uhr zu melden. Der Empfang war freundlich und Herr Grütter sagte ich solle mich automatisch jeden Montag um diese Zeit melden, er werde dann sehen was vorliege. Bald zeigte es sich, dass wir nur sehr wenig der benötigten Armaturen herstellten. Es wurde mir dann gestattet, mich in den Konstruktionsbüros selbst umzusehen und in Erfahrung zu bringen, was in den geplanten Anlagen an Armaturen gebraucht und von JRG eingeplant werden könnte. Damit tat sich für mich ein interessantes Gebiet auf und ich ging in der CIBA bald ein und aus. In den Anlagen Konstruktionsbüros, dem Normenbüro bei Herrn

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Devecci, der Armaturen Eingangskontrolle wo ich sogar zwei Kollegen aus der Segel-fluggruppe traf, bei Herrn Wetzel, Werkstattchef Klybeck und Kleinhüningen. Wenn ich mich am Montag um 9 jeweils ordnungsgemäss beim Portier Herrn Girard anmeldete hiess es nach der Begrüssung nur "Sie kennen ja den Weg." Das sind jetzt leider tempi passati. Die gute Alte Zeit! Ein erfolgreicher Artikel entstand aus den ge-schilderten Kontakten. Reiberhahnen mit Aussengewinde und federbelastetem Reiber die wir in den Grössen ½" bis 2" herstellen konnten. Ein ganz besonderer Gross-auftrag kam herein. Filterpresshahnen aus Ebonit. Ein flaches Gebilde, nur etwa 50 mm breit und mit den Flanschen 250 mm hoch. Jeder einzelne Filterpress Rahmen hatte auf der Stirnseite einen solchen Umlenk- und Auslaufhahnen. Dort wo das Hochkamin steht kam auch ein Neubau hin in welchem die Filterpressen auf mehreren Etagen standen. Der Erstauftrag umfasste sicher etwa 2000 Stück. Wenn das Material bearbeitet wurde, roch man es in allen Sheds. Aber nebst CIBA hat es ja auch Sandoz, Geigy und Hoffmann La Roche sagte ich mir. Bald war ich auch bei Herrn Brüderlin dem Einkaufschef bei Geigy willkommen, es folgte Herr Rigendinger bei Sandoz und gelegentlich auch Herr Rupp oder Herr Poupon bei Roche. Bei den Letzteren hatte ich keine so freie Hand wie in der CIBA. Unsere Reiberhahnen mit Aussengewinde und nach Basler Chemienorm fanden aber bei allen Absatz. Fliegen muss auch wieder einmal erwähnt werden. Wenn es möglich war, war ich am Wochenende auf dem Flugplatz, im Segelflugzeug oder als Schlepppilot im Motorflugzeug. 1951 hatte die Segelfluggruppe eine revidierte Tigermoth aus der englischen Airforce als Schleppflugzeug gekauft die ich am 22. August 1950 von Croydon nach Basel überflog. Das gäbe eine Geschichte für sich. Nach dem Krieg wurde im Sinne der Völkerverständigung von Amerika der Civil Air Patrol Exchange ins Leben gerufen. Ein Jungfliegeraustausch zwischen Amerika und vorerst westlichen Nationen. Je sieben Jungpiloten mit Begleiter waren nach USA eingeladen und sieben Amerikaner gingen ins entsprechende Land. 1953 wurde ich als Begleiter von sieben jungen Schweizer Segelfliegern auserkoren die als Gäste der US Air Force reisen konnten. Auch das gäbe einen interessanten Erlebnisbericht der drei Wochen USA. Als Beispiel der erlebten Grosszügigkeit nur folgendes. Zu jener Zeit lebte noch meine Grossmutter mütterlicherseits in Philadelphia mit ihren Familienangehörigen. Diese wollte ich natürlich wenn möglich kennen lernen. Als wir von Urbana Champain im Mittelwesten in einer DC 3 auf die Mitchel Air Force Base bei New York geflogen worden waren, an einem Samstag, erkundigte ich mich beim Kommando ob ich bis Sonntag Urlaub bekäme da ich gerne meine Verwandten in Philadelphia besuchen möchte und wie ich dorthin käme. Ich sei ja das erstemal in Amerika. Ich konnte einen Brief meines Cousins, Major der USAF zeigen der mich bat, wenn immer möglich, doch vorbeizukommen. Man fragte mich wo ich das Gepäck habe. Dort draussen. Go stick to your luggage war die Antwort. Das tat ich und es ging nicht lange, kamen der Pilot und Co-Pilot die uns hierher geflogen hatten und fragten mich are you the guy who wants to go to Philadelphia? Yes that's me antwortete ich. O.K. come along war die Antwort. In einem Sonderflug brachte mich die US Air Force als einzigen Passagier nach Philadelphia damit ich meine Leute sehen und kennen lernen konnte. Sie trugen mir noch den Koffer zur Ankunftshalle, sagten have a nice weekend, salutierten und gingen zur DC 3 zurück. Die nächsten Stunden werden mir unvergesslich bleiben. Am Sonntag gings dann per Bahn zum weiteren offiziellen Teil nach New York zurück. Dieser erste Aufenthalt hatte auch seinen Einfluss auf einiges das noch folgen wird. Der Umsatz bei JRG wuchs und man war erfolgreich auf dem Schweizer Markt. Ich pflegte weiterhin die Chemischen, die Installateure und Architekten in Basel und Umgebung. Von meinem USA Aufenthalt hatte ich unter anderem ein Exemplar "Plumbing and Heating Journal" mitgebracht das ich noch

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abonnierte um mehr über das Plumbing zu erfahren weil ich gesehen hatte, dass vieles anders war als bei uns. Herr Brüderlin von Geigy fragte mich bei einem Besuch ob wir nicht auch Kugelhähne herstellten, denn für diese sei eine grosse Nachfrage im Betrieb. Leider Nein musste ich antworten. Im Plumbing and Heating Journal stiess ich auf solche und machte mir meine Gedanken. Ferien im April 1959 führten mich nach New York wo ich mich bald heimisch fühlte und mir auch aus beruflichem Interesse entstehende Hochhäuser und deren Installationen ansah. An einer Industrie-Ausstellung im Coliseum kam ich mit einem Herrn Jamesbury ins Gespräch. Wir tauschten Visitenkarten und auf seiner stand Jamesbury Valves, Worcester/Mass. Ich hakte nach, auch ich komme aus einer Valves Fabrik. Wir verstanden uns sehr gut und er lud mich zu einer Fabrikbesichtigung ein. Das wars natürlich was mir willkommen war. So flog ich in der nächsten Woche nach Boston und fuhr von dort mit einem Mietwagen nach Worcester. Die Fabrikanlagen waren etwa doppelt so gross wie die von JRG. Das Hauptprodukt das hergestellt wurde waren zu meiner Überraschung Kugelhahnen aller Art und Grösse in Buntmetall und rostfreiem Stahl. Als ich mich erkundigte ob es möglich wäre die Kugeln und Dichtungen zu beziehen um sie in von uns herzustellenden Gehäusen in Schweizer-Baulängen einzubauen, war er interessiert und bat mich, ihm nach meiner Rückkehr in die Schweiz Bedarfszahlen mitzuteilen damit uns eine Offerte gemacht werden könne. Weitere Gespräche wären dann aber noch nötig. An einem Informationsstand im Coliseum hatte ich die neuste Ausgabe des Plumbing and Heating Journals gekauft. Unter den Inserenten war auch Jamesbury Valves und eine Firma Watts Regulator Company in Lawrence/Massachusetts welche Druckre-duzier- und Sicherheitsventile inserierte. Da Lawrence nur etwa 40 Meilen von Worcester entfernt und der Rückflug erst am späten Nachmittag war, entschloss ich mich kurzerhand dorthin zu fahren. Gegen zwei Uhr war ich dort und fand die Firma Watts bald. Sie war in älteren Gebäuden aus dunklen, russigen Backsteinen. Eine Giesserei musste am Rauch und Geruch auch vorhanden sein. Am Empfang meldete ich mich bei einer älteren Dame. Ich sei auf der Durchreise, käme aus der Schweiz und sei auch im Plumbingbusiness beschäftigt und würde sehr gerne sehen was hier hergestellt werde. Sie wolle sehen sagte sie und rief jemanden an. Bald kam ein jüngerer Herr und stellte sich als Marketingleiter vor. Nachdem ich ihm einiges über meine Tätigkeit, die Firma JRG und die Vertriebswege in der Schweiz gesagt hatte, führte er mich in einen nicht besonders eindrucksvollen Ausstellungsraum. An den Wänden und auf Tischen waren Druckreduzier- und Sicherheitsventile verschiedener Grössen und für unterschiedlichen Einsatz ausgestellt und auf Tafeln beschrieben. Optisch in keiner Weise mit JRG Fabrikaten zu vergleichen. Besonders begannen mich sogenannte Tempering Valves zu interessieren und ich bat um eine Dokumentation. Ich sagte meinem Begleiter diese Ventile wären vielleicht etwas das wir in der Schweiz auf den Markt bringen könnten weil es in unser Verkaufsprogramm passe. Ob ich Muster und Unterlagen haben könne? Nach einigem Zögern entfernte er sich und kam bald mit einem ½" Ventil und einem Prospekt zurück. Ich bedankte mich und versprach, mich bald aus der Schweiz wieder zu melden. Durch eine Türe liess er mich einen Blick in die Dreherei werfen. Dann verabschiedete ich mich und suchte den Weg zum Boston Logan Airport wo ich rechtzeitig genug zum Rückflug nach New York ankam. Ich hoffte, im Besitz von vielversprechenden Unterlagen zu sein. An einer Programmsitzung orientierte ich das Gremium über das was ich gesehen und vernommen hatte. Die Kugelhahen standen mir damals eigentlich im Vorder-grund weil in der Chemie ein echter Bedarf vorhanden war und man gerne solche in

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den Baulängen der Basler Chemienorm hätte. Unsere Katalogarmaturen waren aber im Moment Mangelware weil die Fabrikation die grosse Nachfrage nicht befriedigen konnte. Man war mit Bestellungen überschwemmt und war fast froh, wenn es Annul-lationen gab. Wie es sich später zeigte war es eine aufgeblähte Nachfrage denn die Installateure und Eisenhändler gaben ihre Bestellungen bei mehr als einem Lieferan-ten auf. In der Hoffnung, einer würde schon einmal etwas liefern. Weil das Ende der jetzigen Situation nicht abzusehen war beschloss man, sich vorläufig nicht mit Kugelhahnen zu befassen. Da für Tempering Valves die Anwendungsmöglichkeiten erst noch umfassend son-diert werden mussten nahm ich mir vor, mir dies fast zum Hobby zu machen. Die ersten verchromten einstellbaren Mischer wie Kuglostat und Simix waren auf dem Markt, aber so kleine gussrohe Mischer wie ich sie gesehen hatte, gab es noch nicht. Darin könnte doch etwas zukunftsträchtiges liegen dachte ich. Ich wollte deshalb erst einmal sehen, wo was und wie solche neuartigen Ventile verwendet werden könnten. Der Watts Prospekt gab einige Hinweise. Aber wie kämen diese in der Schweiz an? Mit dem einzigen Musterventil, das zudem noch 1/2" Lötmuffen hat, war nicht viel anzufangen. Ich bestellte deshalb bei Watts noch einige Ventile mit 1/2" Gewindemuffen und einem Temperaturbereich von 120 – 160°F (49 – 71°C). Dabei ging es mir hauptsächlich um den in das Gehäuse eingeschraubten Teil mit dem Thermostaten. Wir müssten eigentlich nur ein Gehäuse konstruieren in das der Einsatz passen würde und welches allseits Gewinde- oder Lötverschraubungen hätte. Kleine Rückschlagventile am Kalt- und Warmwassereingang müssten sicher auch vorhanden sein. Sobald die weiteren Ventile angekommen sind, wollte ich an einer Programmsitzung einen entsprechenden Antrag stellen. Ich hatte ja noch eine Menge angestammter Aufgaben und Arbeiten zu erledigen, sodass ich mich erst nach längerer Zeit erkundigte ob die bestellten Ventile eingetrof-fen seien. Leider war die Bestellung noch offen. Nach einer schriftlichen Rückfrage bei Watts trafen die Ventile nach einigen Wochen mit gewöhnlicher Parcel Post ein. Da das technische Büro sicher nicht auf Arbeit gewartet hatte, muss eine längere Zeit vergangen sein bis die Zeichnung eines JRG Gehäuses mit Verschraubungen vorlag. Von der Konstruktion stellte man mir verschiedene Fragen, manche konnte ich anhand der englischen Unterlagen beantworten, manche aber nicht. Es muss dann wieder längere Zeit gegangen sein bis ich einige der neu konstruierten Ventile mit dem eingeschraubten Reguliereinsatz der Originalventile erhalten hatte. Ich erfuhr auch, dass man beabsichtige mit diesen im Prüfraum Funktionsversuche vorzuneh-men. Wenn aus dem Projekt etwas werden sollte, lag der Ball nun hauptsächlich bei mir. Ich musste und wollte herausfinden wo solche Ventile mit einer fest eingestellten Temperatur zu verwenden waren. Schliesslich darf man ja nur etwas herstellen für das ein Bedarf vorhanden ist oder sicher geschaffen werden kann. Es ist Mustermesse und JRG stellt auf einem Stand von etwa 10 x 5 m Grösse aus. Auf weissen Tafeln sind alle wichtigen Armaturen montiert. Die JUNIOR Gruppe, roh, ver-chromt, mit und ohne Unterputzanschlüssen, Sicherheitsventile, Schrägsitzventile, Waschküchenarmaturen, Schnellschlussventile, was damals eben alles hergestellt wurde. Es war meine erste Teilnahme an einer Ausstellung. Mich freute es besonders wenn ich "meine" Kunden und die mir bekannten Planer und Architekten begrüssen konnte. Ich wollte natürlich auch sehen wer von den anderen Armaturenfabriken

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noch was ausgestellt hatte. Auf einem Rundgang in den Shedhallen, die dort standen wo sich heute der Bau mit dem Rundhof befindet, betrat ich den Stand der Firma Schulthess, Waschmaschinenfabrik aus Wolfhausen wo gerade Interessenten eine Geschirrwaschmaschine erklärt wurde. Ich hörte den Erklärungen zu diesem neuen Produkt zu. Es fiel mir auf, dass oberhalb der Maschine ein Kuglostat montiert war, das gleiche Modell wie ich es daheim in der Dusche hatte. Als sich die Leute verzogen hatten erkundigte ich mich nach dem Zweck des Kuglostaten bei der Ma-schine. Es wurde mir dann erklärt, dass das Sprühwasser nicht wärmer als 65°C sein dürfe weil sonst das Eiweiss in den Speiseresten auf dem Geschirr festgebrannt würde. Ich gab mich als Interessent für eine Geschirrwaschmaschine aus und erkun-digte mich nach den Preisen. Der Mischer allein machte fast 15% des Preises der Maschine aus. Im Laufe des Gespräches erfuhr ich, dass man den Mischer hin und wieder auf eine tiefere Temperatur einstellen müsse weil er sonst wegen Verkalkung blockieren könnte wenn er stets auf die gleiche Temperatur eingestellt bleibe. Was ich gehört hatte beschäftigte mich sehr. Und plötzlich hatte es geklickt. Da wäre doch so ein kleines Mischventil wie ich kürzlich einige Muster erhalten hatte eine Lösung. Plötzlich muss mich so etwas wie ein Jagdfieber gepackt haben. Ich nahm mir vor, anhand gezielt gestellter Fragen, Meinungen und Ideen von Installateuren und Planern anlässlich meiner Kundenbesuche in Basel und Umgebung zu sammeln. Nach zahlreichen interessanten Gesprächen fasste ich die Informationen, wie nach-stehend aus dem bei mir immer noch vorhandenen Originalbericht wiederholt, wie folgt zusammen: "Bericht über Marktuntersuchung für neu zu lancierende Armatur" Die Umfrage bei ausgewählten Installateuren und Sanitärplanern hat folgendes ergeben:

1. Es besteht ein lebhaftes Interesse 2. Ab sofort besteht schon ein ansehnlicher Markt für das Ventil beim Einbau von

Geschirrwaschmaschinen. Für diese wird eine konstante Temperatur von 65°C verlangt. Bis jetzt musste für jede Geschirrwaschmaschine ein teurer Kuglostat oder Simix angeschafft werden. Da der Detailverkaufspreis für eines der neuen ½" Ventile etwa Fr. 40.– betragen dürfte, bietet es allein schon von der Preisseite her einen gewaltigen Vorteil.

3. In der normalen Wohnungsinstallation bieten sich ebenfalls verschiedene An-wendungsmöglichkeiten. Anstelle eines regulierbaren Mischventils könnte z.B. in einer Duschenanlage ein auf 40° fest eingestelltes Ventil montiert werden, sodass die Temperatur durch Beimischung geringer Mengen Kaltwasser regu-liert werden kann. Infolge der kleinen Temperaturdifferenz zwischen Mischwas-ser und Kaltwasser sollten sich eventuelle Druckunterschiede kaum mehr be-merkbar machen.

4. Bei Duschenanlagen in der Industrie wären Installateure sogar bereit, zu jeder einzelnen Dusche ein derartiges Ventil zu montieren, da zentrale Kuglostaten oder Leonhardmischer sehr störungsanfällig sind und dann jeweils die ganze Duschenanlage in Mitleidenschaft gezogen wird.

5. Das Ventil sollte mit Aussengewinden und Verschraubungen angeschlossen werden können.

6. Eine Unterputzausführung ist ebenfalls erwünscht. 7. Es ist zu prüfen, ob eventuell auf der Warmwasserseite ein Filter und auf der

Kaltwasserseite ein Rückschlagventil kombiniert werden könnte.

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8. Gemäss einer Herrn Husi seitens Herrn Bader, Präsident der TK des SSIV zuge-gangenen Information dürfte die Entwicklung in der Warmwasser-Versorgung bis in einigen Jahren soweit sein, dass diese aus Wirtschaftlichkeitsgründen durch Mischwasser erfolgt.

9. Das technische Büro wird der Prüfstelle in Zürich je ein amerikanisches ½" und ¾" Ventil zur Prüfung einsenden.

10. Damit wir uns selbst ein Urteil über die Arbeitsweise machen können, wäre em-pfehlenswert, in einer Versuchsanlage bei uns ein Ventil einzubauen.

Die Firma Rosenmund Basel wird dieser Tage bereits ein ½" Originalventil bei einer Geschirrwaschmaschine versuchsweise einbauen. Es scheint mir, dass nach Abklärung aller Fragen mit einem derartigen Ventil bestimmt eine neue, interessante Armatur geschaffen werden könnte. Eine soeben noch mit Herrn Walter Bogenschütz, Sanitärtechnisches Büro, geführte Unterredung hat ergeben, dass er einer solchen Armatur vom installationstechni-schen Standpunkt aus eine sehr grosse Zukunft gibt. Er wäre sofort bereit, in allen seinen Projekten pro Wohnung eine derartige Armatur vorzusehen. Er hat mir vertrau-lich mitgeteilt, dass er nächstens ein Projekt für 600 Wohnungen ausarbeiten werde. Er wünscht baldmöglichst alle technischen Unterlagen und Angabe wann Lieferun-gen erfolgen könnten. Herr Kurt Jost, Chef der Installationskontrolle des Gas- und Wasserwerkes Basel be-trachtet die Armatur als interessante und wichtige Bereicherung zur sich laufend ent-wickelnden Installationstechnik. Auch er ist der Ansicht, dass die Führung von Misch-wasserleitungen in absehbarer Zeit zur Selbstverständlichkeit werde. Er wundert sich, warum eigentlich bis heute noch nie jemand auf die Idee der ihm vorgelegten Armatur gekommen sei. (Datum des Originalberichtes 19.9.1960) Irgendwann hatte ich mich bei der Firma Schulthess Wolfhausen zu einem Besuch angemeldet um ein Muster unseres Mischventiles zu zeigen. Ein langes und ausführli-ches Gespräch mit Herrn Gasser war für uns beide sehr informativ. Auch dieser mir noch vorliegende Original Gesprächsbericht lautete wörtlich wie folgt:

Schulthess Wolfhausen (Herr Gasser)

Für die neue Geschirrwaschmaschine sucht die Firma Schulthess ein einwandfreies Mischventil. Es hat sich bereits gezeigt, dass der Kuglostat, der schon ausprobiert worden ist, ungeeignet ist, da er bei ständig gleichbleibender, fest eingestellter Tem-peratur nach einiger Zeit nicht mehr arbeitet. Die Geschirrwaschmaschine arbeitet mit drei Temperaturen, mit 50°, 60° und 70°. Sie besitzt einen kleinen Durchlaufboiler von einigen Litern Inhalt, der nach Ansteuerung durch die Lochkarte das Wasser auf 50, 60 oder 70° aufheizt. Das Mischventil soll diesem Schnellheizboiler Wasser mit 50° zuführen, das dann entweder direkt in die Geschirrwaschmaschine geht oder noch um 10 respektive 20° aufgeheizt wird. Die Firma ist an unserem Mischer ausserordent-lich interessiert, da er sich auch seiner Kleinheit wegen sehr gut für den Einbau eignet. Die Firma will auf jeden Fall einen Mischer fest in die Maschine einbauen damit sie ein erprobtes Fabrikat liefern kann und sich der Private nicht noch mit der Anschaffung eines Mischventils befassen muss. Für eine spätere Entwicklung habe ich einen 3-Element-Mischer vorgeschlagen. Wenn die Geschirrwaschmaschinen an Orte kommen wo jederzeit reichlich heisses

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Wasser zur Verfügung ist, so kann dann der Schnellheizboiler mit all seinen Zutaten weggelassen werden. Dieser ganz neue Mischer müsste drei Elemente haben, je eines für 50, 60 und 70°. Durch ein von der Lochkarte aus gesteuertes Dreiwegventil würde dann jeweils das Boilerwasser welches aus der Hausleitung kommt, wahlweise einem der drei Elemente zugeleitet werden, welches dann das Wasser auf die nötige Temperatur heruntermischt. Für den Moment ist das aber noch Zukunftsmusik, doch ist die Firma an meinem Vorschlag sehr interessiert, da er für diese Fälle eine wesentli-che Verbilligung der Maschine erbringen könnte. Ich schlage deshalb vor, dass wir uns bereits in nächster Zeit studienhalber mit einer solchen Konstruktion befassen. Möglichst auch mit dem dazugehörenden Dreiwegventil. Schulthess stellt bis in ca. 14 Tagen eine Geschirrwaschmaschine in ihrer Kantine auf und möchte die einfache Ausführung unseres Ventils in der Maschine zu Versuchszwecken montieren. Es ist zu prüfen, ob wir in das Ventil die OCEAN-Einsätze einfügen können, andernfalls müssten wir ein neues Gehäuse anfertigen. Da in nächster Zeit einige weitere Ventile von Watts aus USA kommen, verfügen wir wieder über Einsätze, die in das kleine Mischventil passen. Wir müssen diese Angelegenheit mit Schulthess initiativ behan-deln, da ein sehr interessantes Geschäft daraus entstehen könnte, wenn wir uns rich-tig an den Laden legen. Im Mustermessekatalog hatte ich entdeckt, dass die Verzinkerei Zug auch eine Geschirrwaschmaschine ausstellte. Leider sah ich das erst längere Zeit nach der Messe. Ich meldete deshalb auch Zug meinen Besuch an und gebe hier ebenfalls meinen Original-Gesprächsbericht wieder:

Verzinkerei Zug (Herr Brönnimann) Die Verzinkerei Zug hat eine Geschirrwaschmaschine in Konstruktion, die sie an der Mustermesse erstmals gezeigt hat. Lieferungen können aber erst ab Ende Jahr erfol-gen. Es werden aber heute auf dem Prüfstand die verschiedenen Mischventile wie Kuglostat, Simix, Eurotherm und ein Danfoss-Ventil ausprobiert. Da Zug entweder ein solches Ventil fest einbauen will oder den Installateuren das Fabrikat vorschreiben wird. Herr Brönnimann ist an unserem Ventil sehr interessiert und er möchte baldmög-lichst 1-2 Muster erhalten um das Ventil auf dem Prüfstand einem Dauerversuch zu unterziehen. Sobald die Muster vorhanden sind wird auch geprüft, auf welche Art das Ventil am einfachsten eingebaut werden kann. Eventuell müsste das Gehäuse geändert werden, da aus Platzgründen der Kalt- und Warmwassereingang eventuell von vorne, d.h. rechtwinklig zu den jetzigen Eingängen sein müsste. Da jedoch bedeutende Stückzahlen in Frage kommen werden, spielt das für uns fabrikatorisch keine sehr grosse Rolle. Eventuell könnten auch Lötanschlüsse oder Bördelanschlüsse für Kupferrohre in Frage kommen. In den nächsten zwei Wochen sind deshalb Herrn Brönnimann ein bis zwei Ventile für die Versuche zuzustellen. Die Sendung ist an ihn persönlich zu adressieren. Da Lieferungen von Geschirrwaschmaschinen noch nicht erfolgen, steht uns somit noch genügend Zeit zur Verfügung, um ins Geschäft zu kommen, respektive das Ventil den Wünschen von Zug anzupassen, sobald alle vorgängigen Fragen abgeklärt sind. Dieser Besuch führte später zu einer Kettenreaktion von Geschäftsverbindungen und lukrativen Geschäften von JRG. Weshalb das der Fall war erwähne ich kurz nachste-hend. Im Empfangsraum der Verzinkerei Zug musste ich sehr lange warten bis ich zu Herrn Brönnimann gehen konnte. Auf einem Tisch lag der "Zuger Rötel", die Hauszeitung der Firma. In einem Artikel über ihre Aktivitäten las ich, dass sie ihre Vertretung der

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Ingenieurfirma TA Tour Agenturer AB in Stockholm übertragen habe. Da JRG auch beabsichtigte zu exportieren dachte ich mir, wenn Tour Agenturer für die Verzinkerei gut ist, könnte sie das auch für JRG sein. Also notierte ich mir die Firma um ihr nächstens zu schreiben. Darauf werde ich etwas später zurückkommen. Die Möglichkeiten die sich für das Mischventil bei Schulthess und Zug abzeichneten sahen vielversprechend aus. Da beide Firmen einen sehr grossen Absatz ihrer Maschi-nen planten passte es mir nicht, dass wir die Reguliereinsätze aus den USA importie-ren müssten und deshalb sehr von Watts abhängig wären. Dazu kam die Preisfrage. Bis jetzt hatten wir die kompletten Tempering Valves in kleinen Stückzahlen gekauft, nur um die Reguliereinsätze verwenden zu können. Eine Offerte für diese allein musste umgehend verlangt werden. Als nach einigen Wochen eine solche eintraf, passte mir diese gar nicht. Zum damaligen Dollarkurs kam ein Stück auf rund Fr. 12.–zu stehen. Das Kernstück war der kleine Thermostat und zu ihm kamen lediglich einige Decolletageteile. Den Hersteller des Thermostaten müsste man kennen. Watts war natürlich nicht gewillt, diesen bekannt zu geben. Im Plumbing and Heating Journal waren natürlich viele Hersteller aufgeführt, aber keiner für Thermostaten. Um nicht plötzlich ohne Einsätze zu sein, liess ich 50 solche für "Versuchszwecke" bestellen. Auf der Reise in Basel fragte man mich hin und wieder wann die Kleinmischer erhältlich seien, man habe eine Geschirrwaschmaschine anzuschliessen. Bei einem Besuch bei Herrn Defila in dem mir bekannten Konstruktionsbüro in der Ciba wurde ich gefragt, ob wir Dampf/Wassermischer herstellen würden. Man verwende solche von der Firma Powers Regulator Company in Skokie, Illinois, hätte aber wegen des Service lieber einen näher gelegenen Lieferanten. Ich musste Herrn Defilla einen ab-schlägigen Bescheid geben, notierte mir aber den von ihm genannten Lieferanten. Wegen den sich abzeichnenden Möglichkeiten fühlte ich mich wie unter einem Zug-zwang. Das Kernstück der Mischventile war ja der kleine Thermostat, dessen Herkunft aber noch völlig im Dunkeln lag. Das Plumbing and Heating Journal ging ich immer wieder gründlich durch um eventuell Hinweise zu finden. Einige mögliche Firmen hatte ich mir schon notiert. Dole in Morton Grove, Flexonics in Oak Park, Beardsley and Piper und nun kam noch Powers auf die Liste. Alle diese Firmen lagen in der näheren oder weiteren Umgebung von Chicago. Bisher hatte ich nur mit einigen Sanitärplanern in Basel gesprochen, wollte mich nun aber noch mit einer sehr kompetenten Firma unterhalten. Ich wusste, dass die Firma Herrmann Meier in Zürich eine solche war. Ich rief deshalb einmal an und verlangte kühn den Chef, Herrn Meier, persönlich. Ich orientierte ihn kurz über unser kleines Mischventil und erkundigte mich über seine Ansicht bezüglich Mischwasser in der Hausinstallation. Wenn ihr da etwas Zuverlässiges bringen könnt, gratuliere ich jetzt schon dazu war sein Kommentar. Nach diesem Telefon war mein Entschluss gefasst. An dieser Stelle muss es einmal gesagt sein. Die Berichte über meine Aktivitäten und die bei Kundenbesuchen erhaltenen Informationen und gemachten Erfahrungen und meine Schlussfolgerungen gingen jeweils an alle Mitglieder der Pro-grammkommission. Ich kann mich aber nicht erinnern, dass man sich je über das weitere Geschehen erkundigt hat. Man hat mir nie gesagt, was oder wie ich etwas machen solle. Es war ja schön, dass ich das tun und lassen konnte, was ich für richtig und angemessen hielt und damit auch meine Ideen zu verwirklichen in der Lage war. Nachträglich ein Dankeschön dafür. Am nächsten Tag buchte ich kurzerhand einen Flug via New York nach Chicago. Auf meine privaten Kosten. Ich hatte etwas im Kopf und nicht in den Füssen! Entwe-

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der war ich mit meinem Vorhaben erfolgreich oder nicht. Es war Dezember, also nicht gerade eine schöne Reisezeit aber das störte mich nicht. Das Risiko nahm ich auf mich. Einzig Paul Armbruster sagte ich, dass ich etwas suche und eine Woche auf meine Kosten nach Amerika gehe. Weiter nichts. Chicago empfing mich in tiefstem Winter. Ich hatte mir ein Zimmer im Hotel Conrad Hilton an der Michigan Avenue reservieren lassen und war nun gespannt, was die nächsten Tage bringen würden. Als erstes erstand ich am Kiosk in der Hotel Lobby einen Stadtplan der auch die weitere Umgebung zeigte, denn die Stadt war mir ja fremd. Anhand meiner Unterlagen stellte ich die Reihenfolge der zu besuchenden Firmen zusammen, indem ich deren Standort auf dem Plan suchte und dann über-legte, wie ich dorthin kommen konnte. Es schien, dass ich mit dem Netz der Hoch-bahn, der "Elevated", gut bedient war. Taxis waren ja schliesslich auch noch vorhan-den. Zuoberst auf der Liste stand die Powers Regulator Company in Skokie, wohin auch die Elevated fuhr. Meinen Besuch hatte ich nicht angemeldet denn ich dachte wahrscheinlich, dass man an einem Montag Mitte Dezember einfach im Geschäft sein wird. Die genaue Adresse hatte ich aus dem Telefonbuch im Hotel. Mitte Vormit-tag, Montag den 12. Dezember, meldete ich mich am Empfang von Powers, sagte ich käme aus der Schweiz und möchte mich über die Produkte informieren lassen. Wegen des Gesprächs über Dampf/Wassermischer in der Ciba hatte ich ja einen Gesprächsstoff bereit. Die Dame am Empfang heftete mir einen Besucherausweis an, worauf mich eine weitere Dame bat, ihr zu folgen. Durch einen mit weichem hell-blauem Spannteppich ausgelegten breiten Gang wurde ich in ein geräumiges Büro zu Mrs. Roberts geführt. Sie kam hinter einem grossen Schreibtisch hervor und begrüsste mich freundlich. Sie sagte sie kenne die Schweiz etwas und fragte mich nach meinem Anliegen. Ich orientierte sie über JRG, das Fabrikationsprogramm und die Verbindungen mit der Chemischen Industrie, deren Anfrage nach Dampf/Wasser Mischern und dem Wunsch nach einer näher gelegenen Bezugsquelle und Service-Stelle für diese. Frau Roberts hörte mir aufmerksam zu und führte mich in einen gedie-gen ausgestatteten Ausstellungsraum wo ich die hergestellten Produkte ansehen konnte. Es waren fast ausnahmslos pneumatisch und hydraulisch betätigte Ventile von Grösse ½" bis etwa 3". Alle mit Antrieb über ein Membrangehäuse. Ich fragte nach thermostatisch gesteuerten Ventilen worauf sie mir Ventile mit einer Kupferrohr-spule zeigte. Frau Roberts bat einen Herrn der sich zu uns gesellt hatte, mich kurz durch die Fabrikationsräume zu führen. Nach einem schnellen Rundgang blieben wir vor einer grossen Prüfanlage für die Ventile mit den Kupferrohrspulen stehen. Die Spule sei mit Gas gefüllt das sich je nach Temperatur ausdehne und eine sehr feine Temperaturregulierung erlaube, was ich an Kontrollthermometern verfolgen konnte. Zurück im Büro von Frau Roberts kam ich auf die Dampf/Wasser Mischer zurück und erfuhr, dass diese nur ein begrenztes Einsatzgebiet hätten und ihres Wissens nicht nach Europa exportiert würden. Da in der Ciba sicher auch kein grosser Absatz zu erwarten war, wusste ich bereits, was ich Herrn Defila sagen wollte. Im weiteren Gespräch erkundigte ich mich, ob nicht auch Mischventile mit kleinen Elementen hergestellt würden und zeigte ein solches Element das ich mitgenommen hatte. Nein, solche würden von Powers nicht hergestellt sagte Frau Roberts. Das sei ein sogenanntes Vernatherm Element das in der Automobil Industrie und in kleinen Wasserarmaturen verwendet werde. Ich horchte auf. Ob sie wisse, wo solche Elemente hergestellt würden fragte ich. Das müsste eine Firma der American Standard sein, Detroit Controls oder so ähnlich heisse diese. Ich notierte alles. Toll, dachte ich, das muss es sein. Ich bedankte mich für den freundlichen Empfang und die erhaltenen Informationen, trotz des unangemeldeten Besuches. That's fine, you are welcome, have a successful trip sagte Mrs. Roberts. Das wars. Auf der Rückfahrt

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in der "Elevated" staunte ich darüber, wie eigentlich bisher alles fast wie am Schnürchen gelaufen war. Die Nennung der Firma Powers Regulator in der Ciba war fast wie ein Sesam öffne dich gewesen. Bisher. Ich wusste nun einiges mehr, war aber noch nicht an meinem gesetzten Ziel. Detroit Controls, das muss eine Firma in Detroit sein. Dann also auf nach Detroit. Am Airlineschalter im Hilton buchte ich für Dienstagvormittag einen Flug dorthin und sicherheitshalber für Mittwochnachmittag zurück nach Chicago. Nachdem ich mich bei einem kurzen Lunch aufgewärmt hatte, ging ich trotz der Kälte, es waren sicher minus 12° Celsius, etwas auf Entdeckungsreise in der näheren Umgebung. Der Himmel ist blau, die Sonne scheint, aber ein eiskalter Wind bläst über den eis-bedeckten Lake Michigan sodass ich bald wieder ins warme Hotel zurückkehre. Am Dienstag lande ich am späteren Vormittag auf dem Willow Run Airport in Detroit. Ich fühle heute noch fast hautnah wie ich dort in einer Telefonkabine sitze und im Telefonbuch blättere bis ich Detroit Controls gefunden habe. Genau hiess es Detroit Controls Division, 5900 Trumbull Ave. Detroit 8, Mich. Tel. TR2-0300. Klopfenden Herzens rufe ich an und sage einer sympathischen Stimme wo ich herkomme, und was ich suche. Please hold on höre ich, dann meldet sich ein Mr. Walker. Ich sage nochmals ich käme aus der Schweiz und interessiere mich für Vernatherm elements. Ob ich am Nachmittag vorbeikommen könne fragte er mich, was ich erfreut bejahte. Per Taxi fuhr ich nach downtown zum Hotel Sheraton. Bereits um ein Uhr melde ich mich bei Detroit Controls und werde zum Büro von Harold L. Walker, Manager Industrial Sales geführt. Ich erzähle ihm ausführlich über JRG und die hergestellten Armaturen und für was ich mich sehr interessiere. Ich erfahre, dass Detroit Controls zu American Standard gehöre, hier etwa 800 Leute beschäftigt seien, was hergestellt werde gehe vorwiegend in die Automobilindustrie. Das von mir vorgezeigte Muster gehe in verschiedenen Varianten an Zulieferfirmen und an kleinere Firmen für andere Anwendungen. Auf einem ausgedehnten Rundgang konnte ich in allen Details sehen wie diese Elemente hergestellt wurden, erfuhr, dass das Wichtigste daran die spezielle Kupferpulver/Wachs Mischung sei, die je nach verlangtem Temperaturbereich im Labor durch langwierige Versuche bestimmt und in der Produktion laufend getestet werden müsse. Ich sah noch kleinere, aber auch viel grössere Elemente. Mr. Walker erklärte mir ausführlich den Aufbau und die Arbeitsweise, die Einsatzgrenzen etc. Ich begriff, dass bei JRG ein ganz neues Betätigungsfeld möglich werden könnte. Nach etwa zwei Stunden stellte er mich Jack Gould, Product Manager Vernatherm vor. Jack sei der Mann, der sich in Zukunft meiner Fragen und Anliegen annehmen werde. Ich bedankte mich bei Mr. Walker der an eine Sitzung gehen musste. Jack Gould wiederholte ich in etwa was ich zu Anfang Mr. Walker gesagt hatte. Nach einiger Zeit meinte er, well, just call me Jack, that's much easier. O.K. I'm Max, that's fine Jack. Ich hatte den Eindruck, dass von Anfang an die Chemie zwischen uns beiden stimmte. Dass dies so war zeigte sich später immer wieder wenn er dafür sorgte, dass von mir bei späteren Besuchen vorgebrachte Anliegen umgesetzt wurden. Besonders wenn wir Temperaturbereiche wünschten die es noch nicht gab. Er fragte mich nach meinen weiteren Plänen und schlug vor, dass ich morgen noch-mals zu ihm kommen solle. Als ich bat, mir ein Taxi kommen zu lassen um zum Hotel zu fahren meinte er, I am your driver. Kaum eingestiegen sagte er ich wohne in der Nähe, wir gehen dort vorbei und nehmen einen drink. Gut dachte ich bei mir. Seine Frau Ann begrüsste mich sehr freundlich und bald war ein angeregtes Gespräch im Gange. Weil alles so unkompliziert war sagte ich irgendwann let's have supper together. I would like to invite you. The choice of the place is yours. I'm here the first time. O.K. sagte Jack, wir gehen in das Top of the Flame. Das Restaurant war down-town, in der Nähe des Detroit Rivers, zuoberst im etwa dreissigstöckigen Gebäude

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der Gasindustrie, von wo man einen wunderbaren Rundblick auf die Lichter des nächtlichen Detroit und dessen Umgebung hatte. Nach dem Essen bat mich Jack, am Mittwoch auf 10 Uhr nochmals zu ihm ins Werk zu kommen. Er habe mir noch wei-tere Muster und Unterlagen. Er werde mich dann auch zum Flugplatz Willow Run fahren. Viel war heute geschehen, meine Hoffnungen und Erwartungen waren mehr als er-füllt worden. Alles hätte nicht besser gehen können. Als ich mich am anderen Tag wie vereinbart bei ihm meldete, lagen bereits verschiedene kleine Elemente, Daten-blätter und ein ½" Mischventil für mich bereit. Da noch genügend Zeit war bis zu meinem Abflug um 1 Uhr, machten wir noch einen Rundgang durch Entwicklungs-und Prüfräume wo die Mischungen aus dem speziellen, aus Erdöl gewonnenen Wachs und Kupferpulver bestimmt wurden, um die Anforderungen an die Elemente bezüglich Ansprechtemperatur, Schnelligkeit, Hub, für unterschiedliche Temperatur-bereiche zu erfüllen. Ich war überzeugt, dass sich mit all den sich nun bietenden Möglichkeiten daheim ein weites Entwicklungsfeld auftun werde. Am Flugplatz ver-abschiedeten wir uns wie alte Freunde. Am späten Nachmittag zurück im Zimmer des Hotels, konnte ich endlich meine Notizen ordnen und durch das Gehörte und Gelernte ergänzen. Was würde wohl in Sissach daraus gemacht werden können oder wollen? In der Nacht erwachte ich schweissgebadet und mit starken Kopfschmerzen. Das Zimmer war überhitzt und das Schiebefenster liess sich nicht bewegen, da es festge-froren war. Ich fühlte mich recht lausig. Aspirin oder sonst ein Medikament hatte ich nicht bei mir und um diese nächtliche Zeit war auch im kleinen Drugstore in der Hotelhalle nichts mehr zu kaufen. Im Laufe der Nacht bekam ich noch Schüttelfrost. Auf meiner Besuchsliste hatte ich noch zwei Firmen die ich vorgesehen hatte zu be-suchen. Aber wozu eigentlich, ich hatte ja eigentlich gefunden was ich wollte und mehr könnte man mir sicher auch nicht bieten als es Detroit Controls tun wird. Nach einem Frühstück im Coffee-Shop und den gekauften Aspirin ging ich wieder ins Zimmer. So wie ich mich fühlte, hatte ich sicher etwa 38 bis 39° Fieber. Da ich morgen am Freitag nach New York fliegen, dort umsteigen und gleichentags mit der Swissair weiter nach Zürich zu fliegen gebucht hatte, sollte ich das nun bei den Airlines noch rückbestätigen. Zuerst wollte ich aber noch einem bekannten Paar aus Basel, das zurzeit in Cleveland wohnte, anrufen. Als sie vernahmen wie mein gesundheitlicher Zustand war, rieten sie mir dringend ab den Flug anzutreten, denn ich könnte ja eine Lungenentzündung haben, die nicht vernachlässigt werden dürfe. Ich solle die Heim-reise verschieben und anstatt nach New York zu ihnen nach Cleveland kommen, wo sie sich meinem Zustand mit den richtigen Mitteln annehmen könnten. Das tönte mir nicht schlecht und war sicher vernünftiger als noch die Reisestrapazen in meinem Zustand auf mich zu nehmen. Auf die paar Tage kam es sicher auch nicht mehr an. Ich sagte zu und buchte nach dem Gespräch den Flug am Freitag von Chicago nach New York um auf Chicago nach Cleveland. Den Rest konnte ich noch offen lassen. Irgendwie verging die Zeit und ich erreichte am Freitag Cleveland recht an-geschlagen. Meinen Bekannten hatte ich die Ankunft noch telefoniert, sodass sie mich am Flughafen in Empfang nehmen konnten. Es war ein besseres Gefühl, bei ihnen im Gästezimmer mit 39,6 ° Fieber im Bett zu liegen, als im Flugzeug zu sitzen. Von meinem Bett aus sah ich durch die offene Türe auf einen Fernseher im anderen Zimmer. Irgendwann wurde eine Sondernachricht angezeigt. Über New York waren zwei Passagierflugzeuge zusammengestossen. Eine DC 8 der United Airlines aus Chicago mit einer Super-Constellation der TWA. Die DC 8 stürzte auf Brooklyn, die Constellation auf Staten Island. Es waren schaurige Bilder zu sehen, von Häusertrüm-mern, Rauch, Flugzeugteilen und Leuten die im Chaos beschäftigt waren. Einzig ein

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Knabe habe in der DC 8 schwer verletzt überlebt. Der grosse Schock kam bei mir, als ich die Flugnummer der DC 8 hörte. Das wäre ja mein Flug gewesen, wenn ich nicht umgebucht hätte. Ich wäre darin gesessen, wenn ich nicht krank geworden wäre, wenn man mir nicht geraten hätte nach Cleveland zu kommen, wenn, wenn, wenn.... Man versuche sich vorzustellen was alles anders geworden wäre, was nicht geschehen wäre, welche anderen Wege manche Entwicklung genommen oder gar nie stattgefunden hätte. Wie vieles und wie viele davon betroffen gewesen wären. Schicksal, dem ich heute noch dankbar bin. Es ist aber nach vielen Jahren immer noch ein ganz besonderes Gefühl, sich an diesen 16. Dezember 1960 zu erinnern. Mit Medikamenten, Tee und Bettruhe besserte sich mein Zustand nach einigen Tagen. Ich muss wahrscheinlich knapp an einer Lungenentzündung vorbeigekom-men sein. Nochmals Glück gehabt. Das Schicksal hat es mit mir wirklich gut gemeint. Da es knapp vor Weihnachten war, beschloss ich, über die Festtage noch zu bleiben, um einmal diese Tage hier erleben zu können. Als es mir besser ging rief ich Sissach an um zu melden, dass ich noch am Leben sei und zum Jahresanfang wieder dort sein werde. An einer extra einberufenen Sitzung anfangs Januar 1961 informierte ich über mein so weit erfolgreich beendetes Vorhaben und legte Skizzen, Pläne und alle erhaltenen Muster vor. Ich hatte einen schematischen Leitungsplan eines Mehrfamilienhauses gezeichnet und darin die noch zu entwickelnden Mischventile so eingetragen, wie ich es mir nach den erworbenen Kenntnissen vorstellte. Als Namen für diese wünschte ich die Bezeichnung JRGUMAT. JRGU für J.R. Gunzenhauser und MAT für die Initialen meines Namens Max August Tschudin. Dem wurde zugestimmt. Im Tech-nischen Büro wurde Kurt Marti bestimmt, sich mit der Konstruktion der Mischventile zu befassen. Meine Ideen und Informationen solle ich ihm direkt und persönlich geben wurde vereinbart. Ruedi Gunzenhauser meinte noch, ich hätte doch sagen können, dass ich etwas in Amerika suchen gehen wolle. Ich erwiderte, dass ich von meiner Idee und den sich abzeichnenden Möglichkeiten so erfüllt und getrieben gewesen sei, dass ich auch das finanzielle Risiko eines Misserfolges oder Erfolges einfach selbst habe auf mich nehmen wollen. Ich war nicht so verwegen gewesen, meine Absicht vorzulegen und zu riskieren, dass man mir abgeraten hätte. Im Dezember etwas in Amerika suchen gehen, das ist doch verrückt. Meine Auslagen wurden mir anstands-los vergütet. Jetzt, wo die Quelle der thermostatischen Elemente bekannt war und bereits eine gute persönliche Beziehung dorthin ebenfalls bestand, konnte zielstrebig gehandelt werden. Anstelle der provisorischen Gehäusekonstruktion für die von WATTS fertig ge-kauften Reguliereinsätze, musste eine total neue Konstruktion gemacht werden. Ab-nehmer standen ja schon in der Warteschlange. Vorab Schulthess Wolfhausen. Es gab noch manche Details konstruktiver Art zu klären, doch es ging jetzt vorwärts. Als die ersten JRGUMAT 3/8" für Geschirrspülmaschinen auf dem Tisch lagen, war ich bald zu Schulthess unterwegs, um unser neustes Produkt zu zeigen. Zwei Exemplare überliess ich ihnen damit der Einbau in die Maschinen abgeklärt werden konnte. Einen Wunsch nach einer anderen Gehäuseform oder anderen Anschlüssen gab es nicht. Das war natürlich erfreulich. Schulthess hatte vermutlich wegen des kleinen Ventils das nun direkt eingebaut werden konnte, einiges an den Innereien geändert. Die erste Bestellung war bereits namhaft. Für die von uns benötigten Elemente gab es noch einige Details mit Detroit abzuklären. Den Hub für den verlangten Tempera-turbereich und die Federkraft mussten noch bestimmt werden. Dank Jack kamen diese Angaben in nützlicher Frist und nach zwei Monaten traf auch die erste

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Lieferung der Elemente in Sissach ein. Es konnte nun auch mit der Werbung für die JRGUMAT 1500 begonnen werden. Die Verzinkerei Zug sah davon ab, einen Mischer in die Maschine einzubauen und überliess es den Installateuren, einen solchen zu montieren. Da der Mischer rasch be-kannt wurde, darf ohne Übertreibung behauptet werden, dass wir mit ihm in kurzer Zeit den Markt für Geschirrspülmaschinen kontrollierten. Inzwischen hatte ich die Adresse der vor einiger Zeit bei der Verzinkerei Zug notierten Firma Tour Agenturer in Stockholm ausfindig gemacht. In einem ersten Brief an diese stellte ich die Firma JRG und die hauptsächlichsten Fabrikate vor, inbegriffen den Mischer. Leider kam eine abschlägige Antwort; man sei an diesen Artikeln nicht inte-ressiert. Dafür erhielten wir um diese Zeit von der Firma Emaljeverket in Oslo eine Anfrage für 15'000 Boiler-Sicherheitsgruppen. Das war natürlich Musik. Eine Offerte wurde ausgearbeitet und ich flog mit dieser und einem schweren Koffer voll Mustern im Februar, wieder im tiefen Winter, nach Oslo. Für die Muster musste mit einer Menge Papiere eine Freipassabfertigung beantragt werden. Zur grossen Überra-schung war es in Norwegen frühlingshaft warm. Herrn Lindblom, dem Einkaufschef bei der Firma, führte ich alle mitgebrachten Ventile vor. Im Vergleich mit den mir nun gezeigten kleinen Pressmessing Boilerventilen konnten unsere nicht konkurrieren. Die Offerte konnte deshalb nicht berücksichtigt werden. Dafür konnte ich aber Muster der bisherigen Ventile bekommen, anhand derer wir eine neue Offerte ausarbeiten sollten. Ich hatte noch die Adresse eines sich vor einiger Zeit als Agent gemeldeten Interessenten bei mir, den ich mir nun ansehen wollte. Leider ist mir der Name entfallen, es war aber ein sympathischer jüngerer Herr, der einiges von Armaturen verstand. Etwa zwei oder drei Jahre versuchte er JRG in den Markt zu bringen, jedoch ohne grossen Erfolg. Ich kam dann in Verbindung mit der Agenturfirma Arne Skajehm Eriksen, in der Herr Per Waldo Jensen an einer JRG Vertretung sehr interessiert war. Er war sehr rührig, grosse Geschäfte konnten wir mit ihm aber nicht machen. Dafür konnte dann wieder etwas später mit Herrn Knudsen ein Mann gefunden werden, der für JRG sehr erfolgreich wurde und die Firma in Norwegen bekannt machte. Aus Helsinki hatte sich auch eine interessierte Agentur gemeldet. Lampö Tukku Oy. Wenn ich schon den schweren Musterkoffer bei mit hatte, dann also auf nach Helsinki. Ich hatte natürlich gewisse Vorabklärungen bereits in Sissach gemacht und die Leute avisiert. Ich rief deshalb von Oslo auch die Firma Tour Agenturer in Stockholm an und sagte einem Herrn Garvé, ich werde mich Freitagvormittag bei ihm melden. Das kam bei ihm nicht gut an. Vom Freitagmittag an arbeite man nicht mehr, da gehe man ins Wochenendhaus. Ich solle mich bei nächster Gelegenheit zu einem besseren Zeitpunkt melden. Die Firma in Helsinki wollte versuchen unsere Armaturen auf den Markt zu bringen. Wir hatten ihr für ihre Ausstellung am Firmendomizil später ein Ausstellbrett geschickt. Es tat sich aber nichts. Auf dieser Reise war es sehr mühsam, bei den jeweiligen Zollämtern den Musterkoffer visitieren und die Freipass-Abfertigungspapiere kontrollieren und abstempeln zu lassen. In Sissach ging das Technische Büro daran, eine konkurrenzfähige Konstruktion zu den von den Emaljeverket mitgebrachten HANSA Ventilen zu machen. In Anbetracht der bedeutenden Stückzahlen die in Frage kommen konnten, wurden sogar Muster an-gefertigt. Als diese vorlagen und alles knapp gerechnet war, hiess es für mich wieder, auf nach Oslo. Mit der Tour Agenturer vereinbarte ich einen ihnen besser passenden Besuchstermin. Bei Herrn Lindblom fand unsere Offerte Gnade und in den folgenden Jahren konnten wir ansehnliche Stückzahlen der speziellen Boiler-Sicherheits-

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Gruppen liefern. Jeden Sommer fuhr Herr Lindblom mit seinem Wohnwagen nach Ita-lien in die Ferien und liess es sich nicht nehmen, stets einen kurzen Zwischenhalt bei JRG in Sissach einzuschalten. Ausser dem JRGUMAT 3/8" hatte ich für Stockholm keine Armaturenmuster bei mir. Ich wollte erst einmal sehen, was die TA für eine Firma war. Als ich am vereinbarten Tag mit dem Taxi am Swärdlangsvägen ankam, war ich von dem sich mir zeigenden Domizil sehr beeindruckt. Nachdem ich mich am Empfang gemeldet hatte, holte mich Herr Ragnar Garvé, der Direktor, dort persönlich ab. In seinem Büro brachte die Sekretärin Kaffee, etwas Süssigkeiten und stellte eine kleine Flasche Aquavit und zwei kleine Gläser auf den Tisch. Herr Garvé kam auf meinen seinerzeitigen Besuchsver-such an einem Freitag zurück und erklärte die schwedische Gepflogenheit, sich am Freitagnachmittag bereits in die Schären abzusetzen. Ich erzählte ihm von JRG, dem Fabrikationsprogramm und wie ich auf die Firma TA aufmerksam geworden war. Als er mich in einem Ausstellungsraum über die TA Produkte orientierte, unter anderem über die Heizungssteuerungen mit Aussenfühler, kam mir in den Sinn, dass am Wohn-haus in Basel auch so ein rundes Ding mit den Buchstaben TA darauf, an der nördli-chen Aussenwand des Hauses angebracht war und sich in der Heizung ein Schalt-kasten befand wie ich sie hier sehen konnte. Als wir den JRG Katalog durchgingen, war Herr Garvé zu meiner Enttäuschung an nichts interessiert. Schweden habe eine eigene gute Armaturenindustrie sagte er mir. Den kleinen JRGUMAT betrachtete er aufmerksam und meinte, wenn wir solche Mischer noch in anderen Grössen bis etwa zwei Zoll hätten, dann sähe er für diese Möglichkeiten. In Schweden seien sehr viele Häuser an Fernwärmeleitungen angeschlossen und da könnten diese für Mischwas-serinstallationen interessant werden. Das war natürlich Musik in meinen Ohren. Es war inzwischen Mittag geworden und wir begaben uns in einen Speiseraum, wo für uns bereits ein grösserer Tisch gedeckt war. Zwei weitere Herren gesellten sich zu uns an den Tisch. Herr Garvé machte uns gegenseitig bekannt und fügte bei, dass man hier gewohnt sei, sich mit Vornamen anzureden. Mit einem Gläschen Aquavit prostete man sich zu und es entstand ein angeregtes Gespräch. Mit Ragnar Garvé meinerseits in Deutsch, mit den anderen Herren vorwiegend in einer Mischung von Deutsch und Englisch. Eine reiche Auswahl an Brötchen, Fischhäppchen, Butter und Käse wurden auf den Tisch gestellt, dazu Kaffee und Aquavit. Nach dem Lunch führte mich Ragnar durch das weiträumige Geschäftshaus, beglei-tet von Hans, einem Techniker. Es gab Konstruktionsbüros, Labors mit vielen Messge-räten und Versuchsanordnungen mit Heizungssteuerungen, grosse Lagerräume und natürlich auch einige administrative Büros. Zurück in Ragnars Büro erkundigte ich mich nach den möglichen Stückzahlen der noch zu konstruierenden grossen Misch-ventile. Wenn wir etwas in jeder Hinsicht Gutes anbieten könnten wäre es möglich, mit einer solchen Neuheit, Mischventile mit fest eingestellter Temperatur, bedeuten-de Umsätze zu erzielen, war seine Antwort. Die TA sei eine Ingenieursfirma mit sehr gutem Ruf, vielen Beziehungen und in ganz Schweden bestens bekannt. Ihrerseits seien die Voraussetzungen gut, es liege nun an Gunzenhauser, ein Top Produkt zu schaffen. Er hoffe, bald etwas Konkretes von uns zu vernehmen. Natürlich werde man die Ventile in eigenen Anlagen gründlich testen bevor man bestelle. Damit war der erste Kontakt mit der uns bisher unbekannten Firma geschaffen. Wie mir schien, erfolgreicher und vielversprechender als ich es mir vorgestellt hatte. Einen Taxi zu bestellen lehnte Ragnar ab, er selbst werde mich zum Hotel und anschlies-send zum Flughafen Arlanda fahren. Dort verabschiedeten wir uns erwartungsvoll. Mir

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schien, dass wir zwei uns bereits sehr gut verstanden. Die Situation war ähnlich, wie sie vor längerer Zeit mit Jack in Detroit gewesen war. Zurück in Sissach galt es nun zu überlegen, wie und was abzuklären war für die ganz neu zu konstruierenden JRGUMATEN der Grössen ¾" bis 2". Dass in ihnen nicht die kleinen Elemente wie sie im 3/8" Mischer für Geschirrspülmaschinen verwendet wurden in Frage kamen, war klar. Ich wünschte vom Technischen Büro eine Liste der sich für die Konstruktion stellenden Fragen. Auf einen ersten Brief an Jack Gould kam seinerseits ein Brief mit Fragen. Damit war natürlich nicht speditiv weiter zu kommen. Die Situation war vergleichbar mit der Entstehung des kleinen Mischers. Der Markt in Schweden wartete auf unser Produkt und eine potente Firma für die Markeinführung und den Verkauf war auch vorhanden. Mit einer erweiterten Fragenliste der Konstruktion und meinen eigenen Ideen melde-te ich Jack meinen baldigen Besuch an. In Detroit traf ich ein angenehmeres Wetter als bei meinem ersten Besuch an. Am Empfang bei Detroit Controls Division wurde ich mit einem freundlichen "hi Max from Switzerland" begrüsst. Gutgelaunt empfing mich Jack in seinem Büro und sagte wir müssten dann noch zum Managing Director gehen. Er möchte mich kennen lernen und sei interessiert, auch etwas über den neuen Kunden Gunzenhauser zu erfahren. Der Name des Direktors ist mir entfallen. Ich erzählte ihm dann von JRG, den Fabrikaten, den Vertriebswegen und den Mög-lichkeiten die wir nun in der Anwendung der Thermostaten in neuen Produkten sehen. Er sagte dann dass er hoffe, Detroit Controls könne unseren Wünschen ent-sprechen. Jack sei ja als Product Manager der Vernatherm Elemente der richtige Mann für mich. Das wars. Zurück in Jack's Büro begannen wir die Fragenliste durchzu-gehen. Es zeigte sich bald, dass es verschiedene Element Typen gab die in Frage kommen könnten. Da noch keine Konstruktionszeichnung von uns vorhanden war hatte auch noch kein Hub definiert werden können. Die vorhandenen Elemente gingen ausnahmslos in die Automobilindustrie. Vorwiegend zur Kühlwasser Tempera-turregulierung. Also in hohe Temperaturbereiche. Für Mischwassertemperaturen zwi-schen etwa 35 bis 65°C oder 95 bis 149° F gab es noch keine Wachsmischung für grosse Elemente und keine Daten über Ansprechzeit und Hub. Wir gingen zusammen in ein Labor um dort die Fragen mit einem Spezialisten zu besprechen. Es wäre na-türlich nötig die entsprechenden Mischungen zu bestimmen, was aber einige Zeit dauern werde, war seine Erklärung. Ich wollte dann wissen, wie die Elemente aussehen die für die Kühlwasserregulierung verwendet werden. Grosse Elemente würden vorwiegend in Dieselmotoren für Lastwagen, grossen und grössten Trucks, Bulldozern, stationären Motoren, Notstromanlagen etc. verwendet. Man liefere die Elemente in einer fertig zusammengebauten Reguliereinheit. Diese möchte ich mir aber ansehen sagte ich. Irgendwann hatten wir aus einem Automaten eingepackte Brötchen und Coca Cola Büchsen herausgelassen und an einem Essplatz als Lunch verdrückt. Inzwischen war es später Nachmittag geworden und Jack schlug vor, für heute Schluss zu machen, um mir noch etwas von Detroit zeigen zu können. Auf der Fahrt sah ich die riesigen Gebäude und Hallen der Automobilfabriken aller bekannten Marken. Morgen wollen wir einen Rundgang bei Ford in River Rouge machen, jetzt aber machen wir noch eine Motorbootfahrt auf dem Detroit River sagte Jack. Dort lag sein grosses Kabinen Motorboot mit welchem wir eine ausgedehnte Rundfahrt bis zur und entlang der kanadischen Küste machten. Nachtessen gab es dann bei ihm daheim mit Ann. Nach einem nett verbrachten Abend verabredeten wir uns für den nächsten Tag um uns mit den Reguliereinheiten und weiteren Fragen zu befassen. Anschliessend fuhr er mich zum Hotel zurück.

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Am nächsten Vormittag meldete ich mich bereits um 9 Uhr bei Jack im Büro. Dort standen bereits einige der kompletten Reguliereinheiten auf dem Pult. Bei ihnen war der Thermostat durch einen Steg in der Mitte eines Sitzringes gehalten, auf dem eine zylindrische Hülse sass. Sitz und Hülse waren aus Messing. Das waren also die Regulier-einheiten wie sie in den grossen Dieselmotoren, zum Beispiel in den Cumming Diesel, verwendet wurden. Jede Einheit für eine fixe Temperatur von 185°F oder 85°C. In einem Kontrollraum demonstrierte man mir deren Funktion. In Sissach müsste man also nur noch Gehäuse konstruieren in welche eine Reguliereinheit für die gewünschte Temperatur eingesetzt werden kann dachte ich. Es ging nun darum, dass wir Reguliereinheiten für die benötigten Temperaturen von etwa 40, 55 und 65° Celsius bekommen konnten. Jack versprach mir sich dafür einzusetzen, dass die nötigen Versuche mit entsprechenden Wachsmischungen vorgenommen werden und man uns in einigen Wochen Muster schicken könne. Ich wusste von meinem seinerzeitigen Gespräch mit dem Boss von Detroit Controls schon, dass man nicht be-sonders interessiert sei, neue Arbeits-Temperaturbereiche zu entwickeln, es sei denn, es können dann auch rechte Stückzahlen geliefert werden. Das war verständlich, denn auch bei JRG war es ja ebenso. Die Muster in Jack's Büro durfte ich einpacken. Dabei war auch ein ½" Mischventil aus Rotguss, hergestellt in einer zur American Standard Gruppe gehörenden Armaturenfabrik wie mir Jack sagte. Später diente es als Vorlage für die Konstruktion des Mischventils 1530 ½". Er hatte auch die entsprechenden blueprints, Pläne, alles in Inch Massen, für mich bereit. Nach einem Lunch aus den Automaten fuhren wir zu den Fordwerken hinaus. Wir kamen rechtzeitig am River Rouge Werk an um uns einer Besuchergruppe anzu-schliessen. Das Werk hat ein riesiges Ausmass. Die Führung begann im Walzwerk. Mächtige rotglühende Stahlblöcke wurden zwischen mächtige Walzen geschoben die sie erfassten, nach vorne auf Rollen schoben die kurz darauf die Drehrichtung änderten damit der Block wieder zwischen die Walzen gelangte die den Durchlass rasch verkleinert hatten, sodass der Block hinter ihnen niedriger, dafür länger herauskam. Dieser Vorgang wiederholte sich in rascher Folge. Bald war aus dem Block eine breite dünne Platte und nach einigen weiteren Richtungswechseln ein langes Blechband geworden, das mit Getöse auf den Rollen von und zu den Walzen transportiert wurde. Nach einem letzten Durchgang wurde das sicher etwa sechzig Meter lange Blechband aufgerollt. In der nächsten riesigen Halle standen reihenwei-se mehrere Meter hohe Stanzmaschinen die aus Blechplatten Carrosserieteile für Türen, Dächer, Motorhauben, Kotflügel, Böden etc. herausstanzten oder in Folge-stanz- und Druckvorgängen weiter verformten. Wieder weiter bewegten sich Teile auf Rollschemeln von Schweissautomat zu Schweissautomat wo sie von sich hin und her bewegenden Armen unter Funkenfontänen zusammen geschweisst wurden. Leider musste die Besuchergruppe für meinen Begriff viel zu schnell gehen. In der nächsten Halle war die Motorenmontage. Auch hier wäre ich gerne länger geblieben, denn es gab so viel Interessantes zu sehen. In der folgenden Halle hingen fertige Carrosserien an einer Transportvorrichtung und wurden in Bäder eingetaucht wo sie eine Rostschutzgrundierung erhielten. Nun ging es zur Assemly Line, dem Fliessband in einer unendlich langen Halle. Auf der sich langsam fortbewegenden Transportvorrichtung wurde zuerst ein Chassis gesetzt, dann schwebte von oben eine rote, fertige Carrosserie herunter, etwas weiter kamen die Sitze, das Armaturenbrett mit vielen herunterhängenden elektrischen Anschlüssen und dann kamen die roten Türen und dann schwebte ein Motor herunter und wurde im Motorraum befestigt und an die vorhandenen Leitungen angeschlossen. Beidseits des Montagebandes bewegten sich die Arbeiter langsam mit dem Band vorwärts und machten ihren Montageteil und gingen zurück zum nächsten langsam

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kommenden Auto. Wieder etwas weiter wurden die Räder auf die Naben gesetzt und mit einer elektrisch angetriebenen Vorrichtung gleichzeitig alle Radmuttern zusammen aufgesetzt und angezogen. Am Ende des Bandes kam ein Fahrer, stieg ein, startete den Motor und fuhr weg. Dies alles geschah an drei in grossem Abstand nebeneinander laufenden Bändern. Auch hier wäre es natürlich spannend gewesen, sich länger aufhalten zu können. Die Besichtigung vermittelte aber einen ein-drücklichen Einblick in die Welt des Automobilbaues. Jack nahm mich zu sich heim. Da ich den Rückflug offen gelassen hatte, konnte ich nun für den nächsten Tag noch eine Reservation nach New York und von dort mit der Swissair nach Zürich buchen. Den Abend verbrachte ich mit Jack und Ann, zum Teil mit Tischtennis im Partyraum im Keller. Jack fuhr mich zum Hotel wo ich mich für alles herzlich bedankte und er mir versicherte zu sehen, dass die nötigen Versuche für die neuen Temperaturbereiche bald erfolgen werden. Im Hotelzimmer vervollstän-digte ich meine Notizen um dann in Sissach die Konstruktion umfassend orientieren zu können. Als ich das nach meiner Rückkehr ausführlich getan hatte, musste nun anhand der mitgebrachten zwei Grössen der kompletten Reguliereinheiten die optimale Gehäu-seform in die sie eingesetzt werden mussten, konstruiert werden. Bis die ersten Muster der neuen JRGUMAT der Katalognummer 3350 in den Grössen ¾" bis 2" vorhanden waren, vergingen Monate. Die kleine Reguliereinheit bekam die Katalognummer 1460 und war für die Mischventilgrössen ¾" bis 1¼", die grosse Einheit die Nummer 1470 für 1 ½" und 2". Da man diese neuen Armaturen natürlich auch in der Schweiz verkaufen wollte, waren Gespräche und Abklärungen mit der Prüfstelle des SVGW in Zürich und mit Sanitärfachleuten nötig. Die noch zu erstellenden Prospekte und Katalogunterlagen mussten ja auch gute Informationen und Leitungsschemas enthalten, denn wir wollten für dieses neue Produkt klare und aussagefähige technische Unterlagen schaffen. Anlässlich meiner Besuche bei den Installateuren in Basel brachte ich das Gespräch auch auf die bald lieferbaren grossen Mischventile. Man war sehr interessiert, beson-ders bei den Technikern und den Sanitärplanern. Die Chemiefirmen hingegen sahen keine direkte Verwendungsmöglichkeit im Betrieb, da Dampf als Wärmeträger eine sehr grosse Rolle spiele. Inzwischen waren im betriebseigenen Versuchsraum Vorrichtungen aufgebaut wor-den mit denen Funktionskontrollen möglichst wirklichkeitsgetreu ausgeführt werden konnten. Als diese die erwarteten Ergebnisse erbrachten, gab es grünes Licht für den Verkauf. Damit war es nun Zeit, dem Hauptinteressenten, der TA Stockholm, die Mischventile vorzustellen. Nach einem Telefongespräch mit Ragnar Garvé flog ich mit je einem Ventil der Grössen ¾", 1", 1 ¼" und 1 ½" und den ersten technischen Unterlagen und einer Offerte im Gepäck nach Stockholm. Zur Vorstellung der Ventile und der Unterlagen hatte Ragnar auch zwei Leute aus dem Verkauf und der Technik zugezogen. Alle waren sehr interessiert, nahmen die nur lose verschraubten Ventile auseinander und diskutierten zusammen auf Schwedisch, wovon ich leider nichts verstand. Ragnar informierte mich dann, dass man bisher nicht untätig gewesen sei und man sich mit manchem potenziellen Abnehmer unterhalten habe. Erfreulich sei, dass alle Interesse bekundet hätten. Er werde mit mir am nächsten Vormittag zum Verantwortlichen für die Energieversorgung in einem Spital gehen, wo die Energie-zentrale in nächster Zeit modernisiert werde und die TA das Projekt für die Wasser- und Wärmeversorgung bearbeite.

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Die mitgebrachten Ventile und die technischen Unterlagen überliess ich den beiden Herren von der Technik. Man sicherte mir zu, baldmöglichst Bescheid über die Prüfun-gen zu geben. Der Besuch am nächsten Morgen in der Energiezentrale des Spitals zeigte, dass da einiges zu erneuern war und JRGUMATEN mehrfach in Frage kommen konnten. Bei meiner Abreise stellte Ragnar Garvé eine baldige erste Bestellung in Aussicht. Erfreulicherweise waren die offerierten Preise kein Gesprächsthema. Sie wur-den als angemessen angesehen. Die Aussicht, dass sich in Schweden ein interessanter Markt für die Jrgumaten ent-wickeln könnte, war gut. Im Nachhinein darf ich froh sein, dass ich seinerzeit bei der Verzinkerei Zug lange habe warten müssen und damit Zeit hatte, den Zugerrötel, die Hauszeitung zu lesen. Denn wie wäre ich sonst auf die darin erwähnte Firma Tour Agenturer gestossen? Sicher nie! Es war Glück und Schicksal, gepaart mit Aufmerk-samkeit. Ich kann jetzt schon erwähnen, dass sich der Umsatz mit der TA so erfreulich entwickelte wie ich es mir nie vorgestellt hatte. Doch davon später. Eines Tages rief mich Rudolf Gunzenhauser an und bat mich zu ihm ins Büro zu kom-men, ein Herr Gautschi aus Kapstadt sei da. Ich ging gespannt zu ihm. Herr Gautschi erzählte in ganz gutem Schweizerdeutsch, er habe jetzt auf der Durchreise nur kurz bei JRG vorbeikommen wollen um zu fragen, ob wir Interesse hätten, mit Südafrika ins Geschäft zu kommen. Er hätte vereinzelt Boilergruppen bezogen, sei jetzt auf der Reise nach Brüssel wo er eine Blechfalzmaschine ansehen und eventuell kaufen wolle. Er habe den Auftrag, am im Bau befindlichen neuen grossen Bahnhof in Kapstadt das Kupferdach zu montieren. Dafür brauche er aber eine neue grosse Falzmaschine. Wenn wir interessiert seien, werde er auf dem Rückweg nochmals vor-beikommen. Natürlich waren wir interessiert, denn den Export wollten wir ausbauen. Man vereinbarte deshalb, sich in einer Woche wieder hier zu treffen. Darum gute Reise Herr Gautschi und auf Wiedersehen. Herr Gautschi kam in etwa einer Woche gutgelaunt zurück, sagte er habe die Ma-schine gekauft und könne dann die grosse Arbeit am Bahnhofdach fachgerecht ausführen. Wir erfuhren nun, dass er aus einer kinderreichen Aargauer Familie komme, vor Jahren als Heizungsmonteur bei Rosenmund in Liestal gearbeitet habe, dann die Welt habe sehen wollen und nach Abessinien ausgewandert sei. Zusammen mit einem Deutschen habe er dort im neuen Palast des Negus die Installationen ausgeführt. Zum Dank hätte jeder noch einen Esel als Geschenk bekommen. Ein grosses Geschenk, denn ein Esel sei dort ein wichtiges Transportmittel. Sie hätten sich dann getrennt, der Deutsche wollte wieder heim nach Deutschland. Er sei dann weiter nach Südafrika gezogen. Die Esel hätten sie gut verkauft. Heute besitze er in Kapstadt ein Installationsgeschäft und ein Hotel, seine Söhne führen eine Schlachterei. Wir sollten unbedingt einmal nach Südafrika kommen. Er würde uns in Johannesburg abholen und uns auf dem Weg nach Kapstadt mit verschiedenen Grosshändlern bekannt machen. Es war jetzt Spätherbst 1964 und wir vereinbarten mit Herrn Gauschi, dass Rudolf Gunzenhauser und ich Mitte Februar 1965 nach Johannesburg kommen würden, um von dort mit ihm die Informationsreise anzutreten. Auf dem Weg nach Kapstadt werden wir in Durban, East London und Port Elizabeth Besuche machen. Ab Februar wird dann die grosse Hitze vorbei sein. Es muss so gegen Ende Januar 1965 gewesen sein als mir Rudolf Gunzenhauser sagte er gehe lieber in die Skiferien nach Arosa als nach Südafrika. Ich solle doch alleine zu Herrn Gautschi reisen. Das war mir nun gar nicht willkommen, diese Reise alleine mit Herrn Gautschi zu machen. Ich fragte deshalb Herrn Ernst Gunzenhauser ob er nicht Interesse habe mitzukommen. Zu meiner Erleichterung war er einverstanden als ich

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ihm die ganze Geschichte wie es zu dieser Reise gekommen sei erzählt hatte. Es kam ihm dann noch in den Sinn, dass Hans Buser aus Sissach, ein Bekannter von ihm, in Accra in Ghana lebe, den wir auf der Rückreise noch besuchen sollten. Die Abreise buchten wir auf Sonntag, den 14. Februar, die Rückreise ab Accra auf Samstag, den 27. Februar 1965. Diese Angaben gemäss dem bei mir noch vorhandenen Original Reise-Programm des Reisebüros. Erwartungsvoll traten wir die Reise in den schwarzen Kontinent an. Um neun Uhr abends verliessen wir Kloten mit einer DC 8 der SAS. Nach Zwischenlandungen in Athen, Karthum und Nairobi erreichten wir am Montagmittag Johannesburg. Daheim war es Winter gewesen, hier jetzt warmes Sommerwetter. Herr Gautschi erwartete uns im Ankunftsgebäude des Flughafens und auf der Fahrt zum Hotel erzählte er, was er in den nächsten Tagen für uns vorgesehen habe. Es gehe auch darum uns zu zeigen, was und wie hier gebaut und installiert werde. Wir würden auch zu Grosshändlern gehen von denen er Ware beziehe. Nach dem Zimmerbezug im Hotel im Zentrum der Stadt machte Herr Gautschi eine Besichtigungsfahrt durch Johannesburg. Grosse Geschäftshäuser säumten viele Strassen in denen ein Gemisch von Menschen dunkler und heller Hautfarbe unterwegs war. Wenn auf Plätzen Sitzbänke vorhanden waren, trugen einige manchmal die Anschrift "for whites only". Am Abend gab es früh Lichterlöschen damit wir uns für das morgige Programm ausruhen konnten, denn wir hatten ja einiges hinter uns. An den Temperaturunterschied aus der winterlichen Schweiz zur sommerlichen Wärme musste man sich auch erst noch gewöhnen. Als erstes besuchten wir am Morgen Salvalve Pty, Lieferant für alles was es in der Haustechnik braucht. Das Meiste wird importiert. Aus England, USA und zum Teil Deutschland. Was wir bei Salvalve und den verschiedenen Besichtigungen anderswo an Armaturen gesehen hatten, war eine ganz andere Qualität und Ausführung als bei uns üblich. Anstatt Ventile, viele Schieber britischer oder undefinierbarer Herkunft. Druckreduzier- und Sicherheitsventile könnten eine Verkaufs-Chance haben. Auf der Weiterreise nach Kapstadt sahen wir uns bei Zwischenlandungen noch in Durban und East London bei einem Grosshändler um, doch es war das gleiche Bild wie in Johannesburg. In Kapstadt konnten wir Baustellen von Herrn Gautschi sehen. Es war eine andere Installationsart als in der Schweiz. Alle Leitungen meist in Kupfer und die vorwiegend schwarzen Arbeiter boten auch ein anderes Bild als daheim. Herr Gautschi zeigte uns auch sein ausserhalb Kapstadt gelegenes Hotel und die von seinen Söhnen betriebene grössere Metzgerei mit Schlachthaus. Mit besonderem Stolz zeigte er uns die grosse hölzerne Reithalle die er hatte bauen lassen und die nach der bevorstehenden Einführung des Fernsehens für ihn sicher einen guten Ertrag abwerfen dürfte wie er uns sagte. Da alle Gautschis passionierte Reiter waren, konnten Ernst Gunzenhauser und ich, auf dem Spielfeld des Polo Clubs einem Spiel der reinen Gautschi Mannschaft gegen eine andere Mannschaft zusehen. Ein beson-ders malerisches Bild boten die auf der Terrasse des Clubhauses sitzenden und zuse-henden Ladies in ihren rosafarbigen, gelben und grünen duftigen Röcken und den grossen gleichfarbigen Hüten. Wir waren nun mit der südafrikanischen Bau- und Installationsweise und Lebensart etwas vertraut geworden. Aber um mit JRG Armaturen auf den Markt zu kommen, gab es sicher noch einige Probleme zu lösen. Nachdem wir uns von den Familienan-gehörigen und besonders von Herrn Viktor Gautschi, der uns zu dieser Informations-reise motiviert hatte mit bestem Dank verabschiedet hatten, erreichten wir nach einem längeren Flug via Kimberly und Lagos, Accra in Ghana. Bei der Zollkontrolle erwartete uns Hans Buser aus Sissach und winkte uns zu sich. Den Zöllnern in schwarzen Uniformen mit aus schwarzen Gesichtern blitzenden weissen Zähnen drückte er kurz die Hand, sprach einige Worte und unsere Koffer waren durch.

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Bakschisch öffnet hier vermutlich manche Türe. Hier im Kakaoland war wirklich Schwarzafrika. Trotzdem es bereits Abend war, war es heiss und schwül und der grosse, geräuschvoll an der Decke des Hotelzimmers laufende Ventilator brachte keine Kühle. Am nächsten Tag führte uns Hans Buser in das Warenhaus der UTC, der Union Handelsgesellschaft, die aus der Basler Mission hervorgegangen war und bei der er vor Jahren angefangen hatte. Im Warenhaus dominierten fast leere Gestelle, vor denen junge schwarze Frauen auf Kunden warteten, die aber, wenn sie überhaupt kamen, kaum etwas kaufbares fanden, denn ohne den Segen der Regierung konnte nichts importiert werden. Hans Buser schilderte wie man fast kniefällig bei Nkrumah dem Staats Präsidenten um Importlizenzen betteln musste. Hans Buser vertrat Mercedes hier und erzählte wie er manchmal Einkaufsreisen für Minister nach Stutt-gart zu Mercedes organisierte wo sie Lastwagen für den Transport der Kakaobohnen Ernte einkaufen wollten. Nach Ankunft in Stuttgart überwog das Interesse an deutschen Mädels. Nach einigen Tagen waren die Kaufverträge unterschrieben und die Heimreise konnte angetreten werden und der Saldo eines Nummernkontos in der Schweiz war bald beträchtlich höher geworden. Nachdem uns Hans Buser noch grosse Kakaobohnenfelder in der Umgebung gezeigt hatte, war es nun auch für uns Zeit für die Heimreise geworden. Nach den vielfältigen Eindrücken, besonders von den Lebens- und Arbeitsbedingun-gen die wir angetroffen haben, muss ich zwischenhinein das Thema wechseln und ziemlich weit zurückgehen. Schon bald nach meinem Eintritt in die Firma, als ich die Stunden auf den Stempel-karten der Arbeiter für den Zahltag zusammenzählte und in das Zahltagsjournal ein-trug, war unter den Abzügen auch ein kleiner Betrag für Lebensversicherung. Für einen Grossteil der etwa zweiundzwanzigköpfigen Belegschaft bestanden bei der Rentenanstalt Lebensversicherungs-Policen über Fr. 10'000.--. An die Prämie leistete die Firma einen grösseren Anteil. 1941/42 war das sicher eine noch wenig verbreitete Fürsorge. Schon während des 2. Weltkrieges machten die Boiler-Sicherheitsventile- und Gruppen einen wesentlichen Anteil am Umsatz aus. Als nach Kriegsende die Bautätigkeit rapide zunahm und Elektroboiler Allgemeingut wurden, profitierten die JRG Ventile massgeblich. Sie waren als sicher und zuverlässig anerkannt. In einem vom damals bekannten Zeichner Lindi entworfenen Inserat bekräftigten wir das noch mit dem darin angebrachten Spruch "Sicherheit alle Zeit, drum seit je.... JRG". Weil die Geschäfte gut gingen wurden jährlich einer Fürsorgekasse Zuwendungen gemacht. Einmal plante man am Dorfrand Richtung Zunzgen den Bau einiger Einfamilienhäuser für Betriebsangehörige. Die Baukosten wären auf ca. Fr. 40'000.– gekommen und die erste Hypothek hätte die Fürsorgekasse ein halbes Prozent günstiger als die Kantonal Bank gewährt. Trotzdem gab es keine Interessenten. Als Grund wurde angegeben man wohne immer noch billiger und habe trotz des längeren Arbeitsweges keinen Grund zu wechseln. Auf den Bau der Häuser wurde deshalb verzichtet. Als das Kapital in der Fürsorgekasse weiter angewachsen war regte ich die Gründung einer Pensionskasse an. Der Vorschlag fand Anklang. Ich brachte in Erfahrung dass ein Herr Dr. Schöb, Versicherungsmathematiker, der Berater der Pensionskasse des Kantons Baselland war. Ich nahm mit ihm Kontakt auf, er kam nach Sissach und das war der Anfang der Pensionskasse JRG, die heute von seinem Sohn versicherungstechnisch überwacht wird. Weil bei Lohnerhöhungen Nachzahlungen geleistet werden mussten führten diese zu Missmut bei vielen Arbeitern, weil bis zur Tilgung der Nachzahlung der Lohn kleiner war als vor der Lohnerhöhung. Man hörte Kommentare wie, man wolle das Geld jetzt brauchen, oder, wenn man nicht mehr da sei solle die Frau arbeiten

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gehen. Der geäusserte Missmut hörte jedoch auf, als der erste Todesfall eintrat und die betroffene Familie dank der Witwenrente gesichert dastand. Mir scheint, dass die in diesem Rückblick geschilderten erfreulichen und sozialen, zu-kunftsgerichteten Massnahmen und Beschlüsse nicht unerwähnt bleiben dürfen. Eines Tages meldete sich am Telefon ein Herr Mesmer. Er sei Chief Engineer bei Sandoz Bradford in England und für einige Tage an einer Konferenz in Basel. In einer grösseren neuen Anlage im Werk möchte er Freiflussventile Grösse vier Zoll verwen-den. Solche seien aber in England nicht erhältlich. Herr Rigendinger, der Einkaufschef bei Sandoz habe ihm geraten Herrn Tschudin bei der Armaturenfabrik Gunzenhauser in Sissach wegen solchen Ventilen zu fragen. Er spreche regelmässig bei ihm vor, er habe ihm aber noch selten eine grössere Bestellung machen können. Ja, solche Ventile stellen wir her sagte ich Herrn Mesmer. Also gut meinte er. Morgenvormittag komme ich vorbei um sie anzusehen und um die Baumasse zu bekommen bevor ich nach Bradford abreise. Herr Mesmer war Baselbieter und seit vielen Jahren schon in England. Nach einiger Zeit kam die versprochene Bestellung für eine grössere Anzahl Schrägsitzventile 4". Längere Zeit später erwähnte Rudolf Gunzenhauser an einer Programmsitzung er habe von einer technischen Ausstellung in London vernommen die man sich ansehen sollte. Man beschloss, dass Rudolf Gunzenhauser, Emil Husi und ich dorthin gehen sollen. Da nach den erhaltenen Auskünften die Ausstellung bald zu Ende ging, flog das Trio schon in einigen Tagen nach London und verbrachte einen Tag an der Ausstellung. Die Ausstellung hatte viel Ähnlichkeit mit der Mustermesse, mit Schwergewicht auf Innenausbau und Installationen. Anregungen für neue Kon-struktionen bekamen wir aber keine. Was wir an Sanitär- und übrigen Armaturen vor-fanden, lag nach unserem Geschmack einige Stufen tiefer als das was man in der Schweiz gewöhnt war. Mischbatterien an Lavabos waren unbekannt. Je ein Stand-ventil für Kalt- und eines für Warmwasser war in jeder Ecke des Lavabos oder des Spülbeckens. Das war etwa zur Zeit als wir die formschöne Einlochbatterie für Küchen Kombinationen und die Einloch-Wandbatterie herstellten. Herr Mesmer hatte bei seinem Besuch in Sissach gesagt, wenn wir einmal nach England kämen möchte er uns gerne die neue Anlage zeigen. Vor der Reise zur Ausstellung hatte ich mich bei ihm erkundigt ob die Anlage fertig sei und unseren Besuch angemeldet. Per Bahn reisten wir deshalb nach Bradford in Mittelengland und meldeten uns im Sandoz Werk. Die Wasser-Verteilanlage mit den grossen vierzölligen Schrägsitzventilen mach-te wirklich einen imposanten Eindruck und man sah Herrn Mesmer an, dass ihm die Anlage gefiel. Uns natürlich auch. Er lud uns noch zum Tee zu sich nach Hause ein und fuhr uns anschliessend zum Zug nach London. Die Umsätze mit TA Stockholm begannen erfreulich zu steigen und auch die Aufträge von Emaljeverket in Oslo kamen regelmässig. Da es wichtig war, mit diesen bedeu-tenden Kunden auch persönlich im Kontakt zu bleiben, besuchte ich sie etwa einmal jährlich. In Oslo zugleich auch den damaligen Vertreter und mit ihm jeweils auch Pla-nungsbüros. Auch die Basler Installateure besuchte ich weiterhin und Ciba, Geigy, Sandoz und Hoffmann La Roche wurden nicht vernachlässigt. Diese bauten ihre Anlagen stark aus, was auch deren Wasserbedarf vergrösserte. Weil, wie früher schon erwähnt, Mischventile bei ihnen direkt kein Thema waren, kam das Gespräch einmal auf Ventile, die im Sinne des Wassersparens, die Temperatur des Kühlwassers optimieren könnten. Im Technischen Büro entstanden deshalb die Kühlwasser-Regulierventile Katalog Nr. 1600 für Druckwasseranlagen und 1650 für Drucklose Anlagen. Natürlich mit den Thermostaten wie sie in den Mischventilen verwendet wurden. Von Sandoz

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erfuhr ich, dass man sich auch bei Sandoz Hanover in New Jersey für solche Ventile interessieren könnte. Ein Dr. Albert Businger, Mitglied der Geschäftsleitung von Hoffmann La Roche, war wie ich, Mitglied der Motorfluggruppe Basel. Wenn man zusammen sass, wurde nicht nur über die Fliegerei geredet. So erfuhr ich von ihm zufällig, dass sich Roche in Nutley New Jersey nach einem etwas speziellen Werbegeschenk für Ärzte umsehe. Mir kam dann der kleine Mörser in den Sinn den JRG damals schon herstellte. Was er von einem kleinen metallenen Mörser halte fragte ich Herrn Businger. Ein Mörser sei ja auch ein medizinisches Symbol. Ja warum nicht, war seine Antwort. Als ich ihm bald darauf einen Mörser zeigte, gefiel er ihm sehr gut und er fand ihn ein ansprechendes Werbegeschenk. Zu entscheiden habe aber Nutley. So weit so gut. Eines Tages kam von der TA Stockholm die Mitteilung man habe bei Jrgumaten manchmal Störungen indem das Mischwasser viel kälter oder viel wärmer als die an-gegebene Solltemperatur sei. Zuerst nahm man an, es handle sich um Einzelfälle in einer nicht systemgerechten Installation. Das war aber leider nicht der Fall, denn die Beanstandungen häuften sich. An den uns retournierten Mischern stellten wir starke Korrosionserscheinungen an den Reguliereinheiten aus Messing fest, welche ein-deutig auf das Wasser zurückzuführen waren. Bald sprach man bei JRG vom bösen Schwedenwasser. Ich musste nach Stockholm um die Leute zu beruhigen und ihnen zuzusichern, dass wir uns des Problems dringend annehmen werden. Es war verständ-lich dass TA und auch wir besorgt waren, denn wir hatten sicher schon mehr als 2000 Ventile geliefert. Es war deshalb auch nötig, das Problem mit Detroit Controls zu be-sprechen. Also musste ich mich auch dorthin auf die Reise machen um die Firma zu veranlassen, für die Reguliereinheiten für uns eine korrosionsfestere Legierung zu ver-wenden. Da zu dieser Zeit das Gespräch mit Sandoz Basel wegen der Kühlwasser-Regulierven-tile noch nicht sehr weit zurücklag, fragte ich Herrn Rigendinger nach dem Stand der Abklärungen im Werk Hanover. Ich sei demnächst in New York und könnte im Werk Hanover vorbeigehen. Ich solle ihm sagen wann das der Fall sein werde damit er meinen Besuch anmelden könne. Er werde mir dann auch die zuständige Stelle angeben an die ich mich zu wenden habe antwortete er. Herrn Dr. Businger von Hoffmann La Roche teilte ich auch mit ich sei demnächst in New York und würde gerne bei Roche in Nutley der für die Werbegeschenke mass-gebenden Person den ihm gezeigten Mörser präsentieren. Er versprach mich dort an-melden zu lassen sobald ich ihm das voraussichtliche Datum angegeben habe. Als ich alle Unterlagen und Muster zusammen hatte und die Reise gebucht war, gab ich den beiden Herren das voraussichtliche Besuchsdatum an und erhielt von ihnen wie versprochen die Kontaktstellen und Personen genannt. Am Tag nach meiner An-kunft in New York mietete ich am Vormittag einen AVIS Wagen und fuhr zuerst via den Lincoln Tunnel zum etwa 15 Meilen entfernten Nutley in New Jersey. Hoffmann La Roche war bald gefunden. Die Anmeldung beim zuständigen Herrn hatte geklappt, ich wurde freundlich empfangen und konnte ihm den Mörser übergeben. Er gefiel ihm wie mir schien denn er stellte ihn auf seinem Pult an verschiedene Stellen und nickte beifällig. Auf der Wappenscheibe müsste noch ein Signet sein und wieviel der Preis betrage inklusive einer ansprechenden Verpackung. Der Preis hänge von der eventuell in Frage kommenden Stückzahl ab. Im Moment gehe es darum, ihm und der Firma so einen Mörser als ansprechendes Ärztegeschenk vorzustellen. Man

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werde die Idee eines solchen Geschenkes besprechen und falls man näher darauf eintrete, mich über Stückzahlen und alles Weitere benachrichtigen. Nach etwa drei-viertel Stunden konnten wir das Gespräch beenden und ich verabschiedete mich. Hanover war nur etwa 20 Meilen entfernt. Bald war ich dort und liess mich bei der mir in Basel angegebenen Abteilung anmelden. Der Techniker zu dem ich geführt wurde war vom Werk Basel hierher delegiert worden, da den Anlagen Erweiterungen bevorstanden. Er zeigte mir Pläne und war an den von mir auf den mitgebrachten Massblättern dargestellten und beschriebenen Kühlwassertemperatur-Regulierventilen sehr interessiert. Muster hatte ich keine mitgenommen, denn es ging ja darum, zuerst einmal die Einsatzmöglichkeiten und den daraus eventuell resultierenden Bedarf abzuklären. Da die Beschaffung über Basel laufe würde ich allen weiteren Bescheid von dort erhalten sagte mir der Techniker, als ich mich verabschiedete. Eine erste Bestellung für Ventile 1650 traf nach längerer Zeit ein. Bei meinen späteren gelegentlichen Besuchen beim Einkauf in Basel lagen diesem keine Rückfragen oder irgendwelche Beanstandungen aus Hanover vor. In etwa einer Stunde war ich von Hanover zurück in New York und gab meinen AVIS Mietwagen zurück. Bis zum Abend blieben mir noch einige Stunden, mich in der leb-haften Stadt zu tummeln. Am nächsten Tag wurde ich von Jack Gould in Detroit er-wartet. Flug dorthin, Hotelbezug und bald darauf per Taxi zu Detroit Controls an der Trumbull Avenue 5900 gingen wie am Schnürchen. Jack empfing mich herzlich aber gespannt auf das was ich zu berichten hatte. Er machte ein erstauntes Gesicht als er die angefressenen Thermostateinheiten sah. So etwas sei ihm noch nie begegnet meinte er. Dass in Anbetracht der gelieferten Stückzahlen die Reklamationen aus Schweden unerfreulich seien war ihm klar, auch, dass man bald eine Lösung finden müsse. Aber welche? Um der Ursache auf den Grund zu gehen werde er die mitge-brachten Stücke für eine metallographische Untersuchung ins Labor geben. Bis morgen sollten wir dann mehr wissen. Wir gingen zusammen in das Labor. Jack gab einige Anweisungen worauf wir zu ihm nach Hause fuhren. Dort begrüsste mich auch Ann herzlich. Nach einem gemütlichen Abendessen spielten wir noch etwas Tischten-nis im Partyraum und schon bald war es Zeit zurück ins Hotel zu gehen. Als ich am nächsten Vormittag zu Jack ins Büro kam, lag der Laborbericht bereits auf seinem Pult. Kurz zusammen gefasst meinte er, es handle sich um eine starke Entzin-kung wobei auch ein gewisser elektrischer Einfluss nicht ausgeschlossen werden könnte. Die Schäden rühren aber hauptsächlich von der Wasserqualität her. Das war's. Wie könnte das verhindert werden, war nun die dringendste Frage. Die Ver-wendung einer anderen Legierung für die an uns zu liefernden Reguliereinheiten wollte man nicht zum Vorneherein ausschliessen. Diese Möglichkeit müsste aber von anderer Stelle abgeklärt werden. Sie brauche aber Zeit. Wir sollten aber auch bei uns prüfen, ob nicht eine spezielle galvanische Behandlung in Frage kommen könnte um diesen Korrosionen vorzubeugen. So diskutierte man zu dritt bis der Mitarbeiter aus dem Labor dorthin zurückging. Nachdem wir uns mit Sandwich und Cola aus den Automaten verpflegt hatten fragte mich Jack, ob ich wieder einmal einen Rundgang durch die Fabrikationsanla-gen machen wolle. Um drei Uhr möchte Harold Walker mich noch begrüssen. Wir hätten also noch Zeit. Natürlich wollte ich gerne den Rundgang machen. Gegen drei Uhr führte mich Jack zu Walker's Büro der mich mit hello Max, nice to meet you again begrüsste. Er war ja derjenige, mit dem ich im Dezember 1960 erstmals gesprochen hatte. Im Gespräch stellte ich fest, dass er gut informiert war wie sich das Geschäft mit Gunzenhauser entwickelt hatte und er wollte wissen, ob wir mit Detroit

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Controls zufrieden seien. Ja, das seien wir sagte ich, nun hätten wir aber Probleme wegen Korrosion an Teilen und deswegen sei ich hier. Er hoffe, es könne eine Lösung gefunden werden sagte er. Das hoffe ich auch, denn die Nachfrage für unsere Ventile sei erfreulich. Darauf fragte er, ob ich schon einmal bei American Standard in New York gewesen sei, der Muttergesellschaft von Detroit Controls. Nein, von dieser wisse ich nichts, war meine Antwort. Die Rückreise in die Schweiz würde ich aber von New York aus machen. O.K., dann melde er dort meinen bevorstehenden Besuch an versprach er, und schrieb mir die Adresse und den Namen der Person auf, an die ich mich wenden solle. Als einziger und bedeutender Kunde in der Schweiz wäre es wünschenswert, wenn man dort die Firma und jemanden aus der Firma persönlich kennen würde. Ich bedankte mich und sagte, ich würde mich übermorgen dort melden. Zurück in Jack's Büro musste ich sehen, für den nächsten Tag eine Flugreservation nach New York zu machen und für den übernächsten Tag mit der Swissair zurück in die Schweiz. Dann verbrachten wir wieder einen netten Abend en famille und Jack fuhr mich anderntags zum Willow Run airport. Im Laufe des Nachmittags war ich wieder in New York im Hotel Abbey an der 7th Avenue, Ecke W 50. Strasse. New York ist eine gute Stadt für Fussgänger. Ich wollte für den morgigen Besuch bei American Standard sehen, wie lange ich für die etwa dreiviertel Meilen, also etwa 1,2 Kilometer bis zu deren Adresse an der 40. Strasse, gleich hinter dem Bryant Park, Nähe Public Library, brauche. Weil ich erst um 10 Uhr dort sein musste, war bis dahin die morgend-liche rush hour mit grossem Gedränge sowieso vorbei. Ich marschierte also die 7th Avenue hinunter bis zum Times Square, dann den Broadway entlang zur 40. Strasse, nach links dem Bryant Park entlang und nach zwanzig Minuten stand ich schon vor dem American Standard Building. Also morgen dann um halb zehn Abmarsch, das reicht gut. Den Tag beendete ich mit einem Bummel auf der 5th Avenue zum Rocke-feller Center, dann zur Radio City Music Hall an der Avenue of the Americas, zurück zum Times Square und dort nach Verpflegung in einem Selbstbedienungs-Restaurant, zurück ins Hotel. Als ich mich anderntags um 10 bei American Standard am Empfang meldete, war man über meinen Besuch informiert und auch zu wem ich gehen sollte. Leider ist mir der Name dieses Herrn entfallen und seine Business Card finde ich nicht mehr. Wie seinerzeit in Detroit, erzählte ich ihm von der 1887 gegründeten und family owned Company JRG, den Produkten, deren Herstellung, den Absatzwegen und wie ich auf die American Standard Tochter Detroit Controls gestossen sei. Das Gründungsjahr 1887 muss ihn beeindruckt haben, denn er wollte auch etwas über die Familie Gunzenhauser wissen. Die dritte Generation sei jetzt in Ausbildung und werde sicher die Firma traditionsgemäss weiterführen antwortete ich ihm. Intuitiv fragte ich dann, ob es eventuell möglich sein könnte, dass einer der Jungen einmal für eine gewisse Zeit einen Ausbildungsaufenthalt hier bei American Standard machen könnte. Das sollte ohne weiteres möglich sein hörte ich erfreut. Der Betreffende solle sich zu gegebener Zeit einfach schriftlich melden. Mein Gesprächspartner wollte noch wissen ob wir mit der Geschäftsbeziehung mit Detroit Controls zufrieden seien, was ich dank dem guten Kontakt mit Jack Gould bejahen konnte. Erfreulicherweise konnte Jacques Gunzenhauser später von einem längeren Aufent-halt bei American Standard New York profitieren. Zurück in Sissach orientierte ich die Konstruktion über das Ergebnis der Besprechung in Detroit. Da eine eventuelle Änderung des verwendeten Materials nicht rasch zu

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verwirklichen war, musste eine andere Lösung gefunden werden. Wir hatten natürlich noch viele Thermostaten am Lager, denn die Verkäufe nach Schweden nahmen er-freulich zu. Zu überlegen war deshalb eine galvanische Behandlung der kompletten Thermostaten. Man erfuhr von einem sogenannten Profektus Überzug der bei Arm-banduhrengehäusen angebracht wird. Nach entsprechenden Vorabklärungen wurden die am Lager liegenden Thermostaten an die Firma in Biel geschickt, welche dieses galvanische Verfahren anwendet. Im Verlaufe der Zeit erwies sich diese Lösung als erfolgreich. Korrosionsmeldungen gab es keine mehr an den so behandel-ten Thermostateinsätzen. Das war gut so, denn die Verwendung eines anderen Ma-terials als Messing für die Sitze und Regulierhülsen wäre mit grossen Kosten verbunden gewesen und die Beschaffung langwierig wie Detroit mitteilte. Es ist halt schon so, man hat nie ausgelernt. Jack Gould hatte für den Februar 1969 den Besuch zusammen mit seiner Frau bei uns angemeldet. Die Autobahn über das Tal Richtung Ebenrain war gerade im Bau, als ich mit Jack im Auto zur Betriebsbesichtigung nach Sissach fuhr. Er war erstaunt darüber wie die Autobahnbrücke im Vorschubsystem gebaut wurde. Das habe er in USA noch nie gesehen sagte er. Während meine Frau sich Jack's Frau Ann in Basel annahm, konnte sich Jack auf einer Betriebsbesichtigung mit der ganzen Fabrikation und den Produkten bekannt machen und die massgebenden Leute kennen lernen, soweit dies trotz der Verstän-digungsschwierigkeiten möglich war. Herr Paul Armbruster, Schwiegersohn von Hans Gunzenhauser und kaufmännischer Leiter schlug vor, dass wir mit ihm und seiner Frau Hedi über das bevorstehende Wochenende zusammen in das Châlet von Hans nach Schönried fahren könnten. Das war eine gute Idee. Jack und Ann genossen es sichtlich, dort die schöne Gegend, das berühmte Gstaad und die Fahrt via Château-d'Oex, den Col des Mosses zurück nach Schönried zu erleben. Für meine Frau und mich waren es ebenfalls zwei unterhaltsame Tage, besonders auch wegen unserer Übersetzertätigkeit. Mit einem Souvenirmörser in ihrem Gepäck verabschiedeten wir am Montag zwei liebe Freunde. In den folgenden Jahren pflegten meine Frau und ich einen sporadischen Briefwechsel mit Jack und Ann. Brief oder Karte zu Weihnachten und Neujahr waren selbstverständlich. Längere Zeit nach der Abreise von Jack und Ann bekam ich vom Technischen Büro eine Liste auf der Anträge für Änderungen an den Thermostaten beschrieben waren. Wesentlich war eine Änderung an den Regulierhülsen. Um nicht in Lieferverzug mit den Mischern zu gelangen, sollten diese für die zu erteilende Bestellung geklärt sein und vorgenommen werden können. Brief und Telefone nach Detroit brachten nicht viel. Darum musste ich die Abklärung und die Durchsetzung unserer Wünsche wieder selbst in Detroit vorbringen. Also halt wieder auf nach Detroit. Jack empfing mich wie immer herzlich und unterstützte bei den Besprechungen in der Fabrik unsere Änderungswünsche. Mir schien aber, dass man sie mit einer gewissen Zurückhaltung zur Kenntnis nahm. Nach dem Abendessen bei ihm daheim sagte er etwas bedrückt, er müsse mir eine unangenehme Sache mitteilen. Vor weni-gen Tagen habe man aus der Zeitung erfahren müssen, dass Firma und Fabrikation nach Cincinnati verlegt würden. Beschluss der Muttergesellschaft American Standard. Wer mitkommen wolle sei willkommen, sonst müsse man sich nach einem neuen Job umsehen. Nun wusste ich, warum fast alle die ich heute getroffen hatte bedrückt gewirkt hatten. Unser Gesprächsthema zum Dessert drehte sich natürlich um diese neue Situ-ation und deren Auswirkungen. Jack und Ann wollten unbedingt hier bleiben. Für sie kam eine Umsiedlung nicht in Frage. Ann hatte eine Stelle und Jack beabsichtigte

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sich dem Real Estate Business als Häusermakler zuzuwenden. Anders als in der Schweiz, sind in Amerika Berufs- oder Arbeitswechsel keine Seltenheit. Ich äusserte Jack meine Bedenken wegen der Auslieferung unserer weiteren Bestel-lungen. Dazu meinte er, dass es noch reichlich Zeit brauche bis die Fabrikation in Cincinnati aufgenommen werde. Nun sagte er mir etwas, das ich hier noch von nie-mandem vernommen hatte. Detroit Controls sei nur Lizenznehmer für die Herstellung der Wachsthermostaten. Der Lizenzinhaber sei die Firma Vernet in Ollainville bei Paris. Die Rezepte aller Wachsmischungen für neue Temperaturbereiche habe man immer dem Lizenzinhaber zustellen müssen. Er sei also bestens über die von uns benötigten Temperaturen dokumentiert. Wir sollten uns direkt mit Vernet in Verbindung setzen. In absehbarer Zeit könne er sich hier nicht mehr für uns einsetzen. Anlässlich der Unterredung am nächsten Tag in der Firma erklärte man sich einver-standen, unsere verlangten Änderungen vorzunehmen. Die Heimreise trat ich diesmal auch etwas bedrückt an. Wie wird es mit Vernet zu klappen kommen? Immerhin hängt ein bedeutender Umsatz potenziell für unsere Mischer davon ab. Nötigenfalls müsste sonst vermutlich mit neuen Leuten in Cincinnati gesprochen werden. Es kam aber gut mit Vernet. Übrigens Vernatherm, der amerikanische Name für die Thermostaten, ist sichtbar vom Name Vernet abgeleitet. Nach einem Besuch der Firma in Ollainville, zusammen mit Kurt Bürli, kam der Direktor Monsieur Cook nach Sissach. Bei einem ausführlichen Gespräch an dem auch der Einkauf und die Konstruktion teilnahmen, konnten alle Fragen geklärt werden. Um in Zukunft Korrosion an den Thermostaten noch besser verhindern zu können wurde beschlossen, die ganze Sitzpartie in GBz 10 selbst herzustellen und Vernet anzuliefern damit diese dann darauf den Reguliermechanismus montieren kann. Damit hatte man ab September 1969 eine noch vollkommenere Reguliereinheit. Bei Detroit Controls liefen die Bestellungen aus und es stellte sich heraus, dass man in Zukunft einen zuverlässigen neuen Lieferanten für die Thermostaten hatte. Als damaliger Verkaufsdirektor darf ich heute feststellen, dass die Exportanstrengung-en erfolgreich geworden waren. Rudolf Gunzenhauser hatte selbst begonnen in Österreich Grosshändler zu besuchen, um den Bekanntheitsgrad von JRG Armaturen zu steigern. Gelegentlich wurde diese Aufgabe einem Werksvertreter in Attnang-Puchheim übertragen, bis dann nach Jahren eine eigene Niederlassung in Wien gegründet wurde. Auch der Markt in Norwegen entwickelte sich gut. Im August 1971 schloss ich deshalb mit dem früher schon erwähnten Stefen Knudsen einen Vertretungsvertrag ab. Für seine dreissigjährige erfolgreiche Tätigkeit wurde er auf den 24. August 2001 über das Wochenende, zusammen mit Kunden, in die Schweiz eingeladen. Im Auftrag von und mit dem CEO Johann Rudolf Gunzenhauser durfte ich ihm eine Anerkennungs- und Dankesurkunde überreichen. Nachdem die Korrosionsprobleme an den Thermostaten der Mischventile in Schwe-den hatten gelöst werden können, erreichte deren Umsatz mit der TA Stockholm im 1971 bereits 1,3 Millionen und 1972 sogar 2,1 Millionen Franken. Neunzehnhundertzweiundsiebzig war auch das Jahr in dem ich einen Anruf von Herrn Arno Kloep, Geschäftsführer der TA Thermo Apparatebau in Mülheim/Ruhr bekam. Er sagte, sie seien eine Tochtergesellschaft der TA Stockholm und Herr Garvé habe ihn beauftragt, mich wegen der Mischventile Jrgumat anzurufen. Weil diese in Schweden erfolgreich verkauft würden, solle er diese auch in Deutschland auf den Markt bringen. Das tönte gut. Ich vereinbarte deshalb mit ihm einen Besuchstermin in Sissach, denn hier konnten wir ihm alles zeigen und erklären und ihn auch persönlich

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kennen lernen. Vielleicht konnten wir ihm auch noch andere Armaturen aus unserem Fabrikationsprogramm schmackhaft machen. Anlässlich des Treffens erfuhren wir dann, dass die Thermo Apparatebau vorwiegend auf dem Heizungsgebiet tätig war und einen grösseren Vertreterstab im Einsatz hatte. Nebst den elektronischen Heizungssteuerungen der TA Stockholm wurden Bodenhei-zungssysteme verkauft bei denen Kunststoffrohre der Firma Wirsbo in Schweden ver-wendet wurden. Auf Grund unserer technischen Unterlagen wurden von TA Mülheim eigene Instruktions- und Verkaufsunterlagen geschaffen. Ich nahm selbst an Vertretertagungen in Mülheim teil, um dort Red und Antwort zu stehen. Mit den Jrgumaten konnten bald Geschäfte gemacht werden während es mit Boiler-Sicher-heitgruppen, Druckreduzierventilen und Schrägsitzventilen haperte. Wir hörten wohl, dass die Installateure deren Qualität sahen und anerkannten, den Preis aber zu hoch fanden. Als die Firma Gunzenhauser an einer ISH Messe in Frankfurt einmal selbst einen Stand hatte, mussten wir dieselbe Erfahrung machen. Bei Druckreduzierventi-len und Sicherheitsgruppen war die Firma Braukmann der Hauptkonkurrent. Als ich an der Messe einmal zusammen mit Rudolf Gunzenhauser am Stand war, kam Herr Braukmann persönlich vorbei und stellte sich Rudolf Gunzenhauser vor. Es entwickelte sich zwischen den beiden Patrons ein ganz angeregtes Gespräch und man verab-schiedete sich freundlich. Die während der Ausstellung gemachten Erfahrungen und gehörten Aussagen zeigten aber, dass es andere Massnahmen brauchte, um mit unseren Armaturen in Deutschland selbst auf den Markt zu kommen. Nachdem Jacques Gunzenhauser 1971 als Betriebsökonom in die Firma eingetreten war, kommt jetzt im 1972 Peter Gunzenhauser als Mitarbeiter im Verkauf in die Firma und Johann Rudolf Gunzenhauser als Giesserei-Ingenieur. Die dritte Generation. Alle drei Söhne von Rudolf Gunzenhauser. Jetzt 1973 ist die Firma in einer weiteren Expansionsphase indem neue Hallen für die Fabrikation erstellt werden und eine automatische Formanlage in der Giesserei in Be-trieb genommen wird. Am 12. Oktober verstarb unerwartet Paul Armbruster, der kauf-männische Leiter. Rudolf Gunzenhauser bittet mich, mich nun auch um den verwaisten Kaufmännischen Bereich zu kümmern. Die Thematik war mir ja nicht fremd, es waren gute Mitarbeiter vorhanden, die zusätzliche Belastung sollte deshalb verkraftbar sein. Neu kam die Vorbereitung der Verwaltungsrats-Sitzungen dazu. Aufstellung der Traktanden, Protokoll und Realisation der Beschlüsse. Nachdem nun mit Johann Rudolf, Jacques und Peter Gunzenhauser die dritte Gene-ration in der Firma war, entstanden scheinbar bei gewissen Mitarbeitern Bedenken um ihren Job. An einem Kader-Weihnachtsessen sprach Rudolf Gunzenhauser dieses Thema an und sagte klar, dass die Söhne ihre Fähigkeiten beweisen müssen anson-sten später Fremde die Firma führen würden. Damit war das Thema vom Tisch. Seit einiger Zeit waren vereinzelt kleinere Bestellungen von Salvalve in Johannesburg eingetroffen. Dabei waren vermutlich auch Armaturen für Gautschi in Kapstadt. Schon seit Jahren waren Boilerfabriken wie Accum Gossau, Elcalor Aarau, Ergotherm Biasca, früher Prometheus Liestal und Cipag Vevey gute Kunden für die Boiler-Sicherheitsgruppen. Erstaunt waren wir, als eines Tages eine Bestellung von einer Boilerfabrik in Laurenço Marques aus Moçambique bei uns eintraf. Mit richtiger Bezeichnung und Katalognummer. Man teilte uns mit, dass der Betrieb von einem Schweizer geführt werde, der die Cipag Boiler in Lizenz herstelle. Schön, dass auf diese Weise die Boilergruppen ohne unser Zutun sogar in einem Land installiert werden von dem man das nicht vermutet hätte.

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Um in der Schweiz einem heissen Sommer teilweise auszuweichen, hatte meine Fami-lie schon seit einiger Zeit eine Reise nach Südafrika ins Auge gefasst. Dort ist es ja um diese Zeit einiges kühler als bei uns. Weil man sich von Salvalve nach englischsprachi-gen Unterlagen von uns erkundigt hatte nahm ich mir vor, die Firma anlässlich unserer Reise zu besuchen. Von Johannesburg aus wollten wir dann in den Krüger-Nationalpark, dann via Durban nach Kapstadt und dort Gautschi besuchen und auf der Rückreise nach Laurenço Marques um der Boilerfabrik einen Besuch abzustatten. Für mich war es eine Selbstverständlichkeit bei Bekannten und Kunden vorbeizuge-hen, wenn ich schon in deren Gegend war. Anhand des Reiseprogrammes hatte ich mich bei allen gebührend angemeldet. Am 12. Juli 1974 war mit Frau und Sohn Abflug nach Johannesburg. Am übernächsten Tag meldete ich mich bei Salvalve und lernte Dennis Morcom, mit dem ich schon korrespondiert hatte, nun persönlich kennen. Diesen und den nächsten Tag beschäftigten wir uns mit der Übersetzung verschiedener JRG Katalogseiten ins Englische. Es gab viele Unterbrechungen durch Telefonanrufe, Besucher usw., sodass wir nur langsam vorwärts kamen. Frau und Sohn waren während dieser Zeit auf Erkundung und sightseeing in der Stadt. Am Abend vor unserer Abreise zum Krüger Nationalpark waren wir ins Haus der Morcoms zum Abendessen eingeladen. Während sich die beiden Elternpaare über Land und Leute unterhielten, vergnügte sich unser Sohn Pat mit den beiden Morcom Buben. Anderntags ging es auf die gebuchte Reise zum Krügerpark. Allein für die Hinfahrt etwa 400 km bis zum Camp im Park in welchem wir für einige Tage in einem Bungalow wohnen und auf Besichtigungsfahrten die frei lebenden wilden Tiere kennen lernen werden. Es war dann auch sehr eindrücklich, Löwen, Giraffen, Elefanten, Zebras und viele andere Tiere in freier Wildbahn zu sehen und zu beobachten. Nicht aus einem geschlossenen Bus, sondern von einem Jeep oder Geländewagen aus. Überwältigend war der klare nächtliche Sternenhimmel mit dem Kreuz des Südens. Alle Sterne in der pechschwarzen Nacht wie Silber glänzend. Nach dem sich wirklich lohnenden Aufenthalt wieder zurück in Johannesburg stand die Bahnfahrt nach Durban bevor. Im Bahnhof war ein emsiges und buntes Treiben ankommender und abreisender Menschen verschiedenster Hautfarben, als wir in das Schlafwagenabteil des Bummelzuges nach Durban stiegen. Auf einer kurzweiligen, erlebnisreichen und farbenprächtigen Fahrt mit Halten an unzähligen kleinen und kleinsten Stationen erreichten wir nach sechzehn Stunden Durban. Zwei Tage verbrachten wir in der von vielen Indern bewohnten und geprägten Stadt am Indischen Ocean. Kapstadt war unsere nächste Station. Die Familie Gautschi hiess uns herzlich willkommen und Victor musste ich ausführlich von Sissach, der Schweiz und vom Besuch bei Dennis Morcom berichten. Wie vor Jahren Ernst Gunzenhauser und mich, wollte er nun auch uns auf den Tafelberg begleiten an dessen Südspitze das wellenumbrandete Kap der Guten Hoffnung liegt. Obwohl Winterzeit, waren die Temperaturen sehr angenehm. Einzig nachts wurde es sehr kühl. Mit der Familie Gautschi verbrachten wir einige erlebnisreiche Tage in dieser schönen Gegend, doch bald hiess es Abschied nehmen von guten Freunden, auch wenn wir gerne noch länger hier geblieben wären. Moçambique wartete aber noch auf uns. Flug zurück nach Johannesburg, Übernachtung am Airport und am nächsten Tag, dem 31.Juli, kurzer Flug nach Laurenço Marques, dem späteren Maputo. Monsieur Jeanrenaud, der Inhaber der Boilerfabrik erwartete uns am Flughafen und brachte uns zum noch aus der Kolonialzeit stammenden Hotel Polona. Nach dem gemeinsa-men Mittagessen gehe ich mit Herrn Jeanrenaud zur Fabrik. Frau Jeanrenaud wird meine Frau und den Sohn unterdessen durch die nähere Umgebung fahren. Die Boi-lerfabrik hat etwa die Grösse des ersten JRG Neubaues hinter dem Wohnhaus bei der ehemaligen Barriere am nördlichen Dorfrand von Sissach. Vergleichbar ist aber

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nur die Grösse des Baues. Alles ist sehr einfach gebaut. Die Halle mit den Blechbiege-Maschinen hat nur zur Hälfte ein Dach. Was die Schwarzen herstellen, zusammen-schweissen und montieren, macht einen sehr guten Eindruck. Die Nachfrage sei bis-her gut gewesen sagt Herr Jeanrenaud. Die Zukunft mache ihm aber etwas Sorgen, denn die politische Situation habe sich wegen der demnächst erfolgenden Erklärung der Unabhängigkeit von Portugal verschlechtert, weshalb auch viele Leute das Land verlassen würden. Er war aber sehr zuversichtlich für seinen Betrieb. Nach dem Rund-gang fuhren wir durch die Stadt und sahen uns einige Baustellen an. Einen Vergleich mit daheim macht man aber besser nicht, auch nicht mit der Arbeitsweise und den Installationen. Wir genehmigten uns dann noch ein Bier in einem lärmigen lokalen Restaurant in welchem wir zwei die einzigen Weissen waren. Offen gestanden, so wohl war es mir dort nicht gewesen. Inzwischen war es dunkel geworden bis wir das Hotel erreichten wo uns die Frauen ungeduldig erwarteten. Das Nachtessen wollten wir hier zusammen einnehmen. Die Jeanrenauds wollten aber noch rasch nach Hause und versprachen, in einer Stunde zurück zu sein. Bis dahin schilderte mir meine Frau was man am Nachmittag unternommen habe und weshalb man über unser verspätetes Erscheinen besorgt gewesen sei. Auf der Fahrt durch die Stadt habe Frau Jeanrenaud eine Freundin angetroffen die erzählte ihr Mann habe berichtet, es seien ihm am Auto alle vier Pneus aufgestochen worden. Er könne deshalb nicht mehr fahren. Eine andere Bekannte habe kürzlich einen nachlässigen Hausboy entlassen. Einige Tage später habe man sie mit durchgeschnittener Kehle aufgefunden. Das alles erzählt auf der Fahrt in der Dämmerung durch einsame Vorstadtstrassen kann schon Unsicherheit und Furcht verursachen. Besonders auch, weil noch der elfjährige Sohn Pat dabei war. Es wird dann aber trotzdem noch ein nettes Abendessen mit den Jeanrenauds, die uns am Morgen des 1. August zum Flughafen bringen wollen. Nach der letzten Nacht in Afrika treffen wir auf dem Flughafen eine riesige Menschenmenge an. Einige Boeing 747 stehen bereit, Jumboladungen von flüchtenden Portugiesen aus dem Land zu bringen. In der Abflughalle ist ein grosses Gedränge vor den Abfertigungs-Schaltern. Alle haben jegliche Art von Gepäck bei sich, viele mit Kindern auf den Armen, überall dazwischen schwarz uniformierte Schwarze, die Maschinenpistole unter dem Arm. Ein Tohuwabohu ! Endlich sind auch wir am Schalter dran. Die Pässe werden verlangt. Ich lege meinen vor, während meine Frau nervös in der Handta-sche sucht. Keine Pässe vorhanden. Die sind gestohlen worden. Ohne Pässe kein Check-in. Monsieur Jeanrenaud fährt zum Hotel zurück um zu sehen ob die Pässe eventuell dort liegen geblieben sind. Natürlich nicht. Ich stehe im Gedränge um mich herum und hüte das Gepäck während meine Frau auf das Schweizer Konsulat telefoniert was zu tun sei. Man rät ihr zurück zum Hotel zu gehen und am Abend an das 1. August-Fest des Konsulates zu kommen. Am 2. August könne man dann das Nötige veranlassen. Sie kommt niedergeschlagen zu mir zurück. In ihrem Reisebericht schreibt sie wörtlich: Nun ein letzter Versuch. Ich durchsuche nochmals meinen Koffer und Max hat die Blitzidee mit der kleinen Abendtasche. Was ist wohl noch vom gestrigen Abend drin? Unsere beiden Pässe, meiner und der von Pat. So froh war ich wohl noch nie in meinem Leben ausreisen zu können. Dieser 1. August bleibt wohl in bester Erinnerung. Wie froh sind wir, bald wieder in Johannesburg zu sein. Nach einem guten Nachtessen gehen wir früh schlafen. Solche Aufregungen strengen an ... . Am Morgen treffe ich Dennis Morcom nochmals bei Salvalve. Für die nächste Zeit sieht er gute Verkaufsmöglichkeiten für unsere grossen Druckreduzierventile. Er deutet auch an, gelegentlich in die Schweiz zu kommen. Am Nachmittag geniessen wir bei den Morcoms im Garten die letzte Sonne Südafrikas, bis wir um 16:50 zum Heimflug

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starten. Nebst allen sonstigen Erlebnissen hat uns überall die erlebte Gastfreundschaft besonders beeindruckt. Erfreulicherweise kommen von Salvalve bald Bestellungen für Druckreduzierventile DN 100 mit Flanschen. Jedes einzelne wird in einer massgefertigten Kiste verpackt und per Luftfracht nach Johannesburg spediert. Da die VSM Flanschen in Südafrika nicht der dortigen Norm entsprechen sind wir genötigt, die Druckreduzierventile in einer Sonderausführung mit Flanschen nach British Standard herzustellen. Diese Auf-träge sind aber willkommen, denn wegen Rezession muss 1975 Kurzarbeit angeord-net werden. Von Herrn Arno Kloep, dem Geschäftsführer der TA Deutschland wurde ich an eine Vertretertagung eingeladen um auf Fragen über unsere Armaturen Auskunft geben zu können. Jrgumaten waren im TA Verkaufsprogramm und man wollte sehen, ob auch Schrägsitzventile, Druckreduzierventile und Boiler-Sicherheitsgruppen verkauft werden könnten. Da Bodenheizungen mit Wirsbo-Pex Rohren der Hauptanteil des Verkaufsprogram- mes sind, waren sie auch an der Tagung das wesentlichste Thema. Für mich war es interessant, Neues über ein mir nur am Rande bekanntes Gebiet zu vernehmen. Ich hörte von verschiedenen Systemen und Verlegearten. Auch von während der Bauzeit an den Wirsbo-Pex Rohren verursachten Schäden und deren Folgen. Irgendwann vernahm ich es wäre doch vorteilhaft, wenn man zu den Bodenheizungen mit Kunststoff Rohren auch für die Brauchwasserinstallation Wirsbo Rohre verwenden und anbieten könnte. Von mehreren Vertretern wurde der Vorschlag begrüsst und man begann Vorschläge über diese Möglichkeit zu machen. Wenn man schon die JRG Brauchwasserarmaturen verkaufen wolle sei es doch naheliegend, sich vermehrt mit der Sanitären Installation zu befassen um nicht nur heizungslastig zu sein. Ich hatte mir vom Vernommenen viele Notizen gemacht. Auch davon natürlich, dass man unsere Preise für Schrägsitzventile usw. gegenüber den deutschen Produkten sehr hoch fand. Da man nur eine kurze Mittagspause gemacht hatte an welcher Brötchen serviert worden waren ging man frühzeitig zu einem gemeinsamen Abend-essen. Auf acht Uhr waren für alle etwa zwanzig Leute in einem zur Zeit gastierenden Zirkus Plätze reserviert. Am nächsten Morgen frühstückte ich mit Herrn Kloep zusam-men. Im Gespräch knüpfte ich an das an der Tagung Gehörte an und fragte ihn, ob er daran denke vermehrt in den Sanitärbereich zu gehen, so wie es Vertreter geäus-sert hätten. Er bejahte dies und sagte dass er das mittelfristig tun möchte um von der dominierenden Heizung wegzukommen. Man müsste versuchen neue Systeme zu verkaufen anstatt nur Installations-Zubehör. Er beabsichtige gelegentlich für sich neu zu bauen. Wenn wir uns mit der Frage der Verwendung von Wirsbo-Pex Rohren in der Sanitärinstallation, wie dies von Vertretern angeregt worden sei befassen wollten, könnte man unsere Teile in seinem zukünftigen Haus ausprobieren. Er habe Vertrauen dass von uns etwas Gutes kommen würde. Ich versprach ihm, dass wir uns in Sissach darüber unterhalten werden und ihm dann Bescheid zu geben. Im September 1976 kommt Dennis Morcom mit seiner Frau Enid auf Besuch nach Sissach. Salvalve wolle immer einen guten Kontakt zu wichtigen Lieferanten pflegen weshalb er beauftragt sei, diese zu besuchen erklärt er uns. Nach dem Besuch einer Ausstellung in Amsterdam gehe es nach England und Amerika. Wir machen mit ihm und seiner Frau einen ausführlichen Betriebsrundgang. Von der Sissacherfluh aus schauen wir die Gegend an und werden von Rudolf und Jacqueline Gunzenhauser zu einem Glas Wein zu ihnen ins Haus eingeladen. Anderntags machen meine Frau

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und ich mit Dennis und Enid einen Tagesausflug an den Vierwaldstättersee. Er regt an, ich solle doch mit ihnen an die Wasserausstellung nach Amsterdam kommen. ClaVal, ein amerikanischer Lieferant stelle dort aus und es könnte für Gunzenhauser interessant sein zu sehen was dieser herstelle und ich hätte Gelegenheit Leute der Firma kennen zu lernen. Ich ging dann mit und lernte die von ClaVal hergestellten grossen Reduzierstationen kennen. Das Hauptstück ist ein grosses Druckreduzierventil mit einem angebauten kleineren Steuerventil. Anlagen wie ich sie schon in Amerika vor grossen Gebäude-komplexen im Freien stehend gesehen hatte. Wir gingen noch gemeinsam zum Flughafen. Dennis flog mit der Frau nach London, ich zurück nach Basel. Bei der Verabschiedung sagte er noch, er habe von JRG einen sehr guten Eindruck er-halten. Der Betrieb mache auch einen gepflegten Eindruck. Mit einem sporadischen Briefwechsel blieben meine Frau und ich noch einige Jahre mit Dennis und Enid in Verbindung. Das in Entwicklung befindliche Installationssystem sollte natürlich auch einen Namen haben. Nach einigen Abwägungen fand man, SANIPEX sei eine gute Bezeichnung. Ein Signet sollte das noch bildlich zum Ausdruck bringen. Rudolf Gunzenhauser sagte er kenne Jüsp, den bekannten Karikaturisten und Zeichner persönlich. Der solle doch einen Vorschlag machen. Dessen Vorschlag, das aus einem Schutzrohr geformte grosse S fand Zustimmung und war lange Zeit in der Werbung das Symbol für Sanipex. Zu den Vorbereitungen für die Markteinführung gehörten auch verschiedene Abklä-rungen. Eine betraf die Haftungsfrage. Eine Betriebshaftpflicht Versicherung bestand, aber wir wollten wissen, ob diese auch das zukünftige Sanipex System decken würde, sollten aus einem jetzt nicht ersichtlichen Grund irgendwelche Entschädigungs-An-sprüche gestellt werden. Die Versicherung bestand bei der National Versicherung in Basel. Ich rief deshalb dort an und stellte entsprechende Fragen. Man versprach, einen in Baufragen versierten Spezialisten zu uns zu senden. An dem mir genannten Vormittag sah ich vom Büro aus einen grossen Personenwagen in den Hof fahren. Ein Chauffeur stieg aus, öffnete die Türe hinter ihm und ein gross gewachsener Herr stieg aus und schritt Richtung Telefonzentrale und Empfang im Bürogebäude. Bald läutete das Telefon bei mir und ich hörte, ein Herr Müller von der National-Versicherung frage nach mir. Ich komme sofort hinunter antwortete ich. Als ich den Besucher vor dem Schalter stehen sah schoss mir durch den Kopf, den kenne ich doch! Weshalb das der Fall war erkläre ich gleich jetzt. In einer Buchhandlung war mir vor einiger Zeit ein Buch mit dem Titel "Beduinen und Computer" aufgefallen. Das Bild auf dem Titelblatt zeigte einen orientalischen Raum mit zwei am Boden auf Teppichen sitzenden Männern in der Landestracht, einen Kaffeekocher neben sich. Der mit Bart zweifellos ein Araber, der im Vordergrund sitzende Hellhäutige, ein Weisser. John Henry Mueller der Autor des Buches. Ich begann im Buch zu blättern und fand eindrucksvolle Bilder, las verschiedene kurze Abschnitte und war fasziniert. Dieses Buch musste ich kaufen. Die 253 spannenden Seiten las ich daheim innert zweier Abende bis spät nachts. Dem Autor stand ich nun am JRG Empfang persönlich gegenüber. Zur Begrüssung sagte ich zu ihm, Sie können nur John Henry Mueller sein, ich kenne Sie vom Buch "Beduinen und Computer". Er war überrascht und erfreut. Im Sitzungszimmer des Technischen Büros sassen Ernst Gunzenhauser, Emil Husi und ich mit ihm zusammen, erklärten ihm das neue Installationssystem und die bei uns entstandene Haftungsfra-ge. Vorausgesetzt, ein solches Problem könnte überhaupt einmal entstehen. Nach der ausführlichen Unterredung lud ihn Ernst Gunzenhauser zum Mittagessen auf der Sissacherfluh ein. Dort erzählte er aus seinem abenteuerlichen Leben als Bauingeni-

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eur für Grossprojekte. Hafenbauten in Kuwait, Israel und Südamerika, Staudämme in Saudi-Arabien, Planung und Bau von Palästen und Schlössern für Scheichs. Wir bekamen Einblick in das aussergewöhnliche Leben dieses jetzt in Rheinfelden leben-den Baslers. Seine Schilderungen waren so spannend wie es sein Buch ist. In Deutsch-land sei das Buch zur Pflichtlektüre in Firmen geworden deren Leute an Projekten im Mittleren Osten arbeiten, bemerkte er nebenbei. Bald nach dem Besuch von Herrn Mueller kam von der Versicherung der Bescheid, das neue Installationssystem sei von der Betriebshaftpflicht im Rahmen der Vertrags-bedingungen ohne Einschränkungen gedeckt. Damit war für die Vorstellung des Systems an der nächsten HILSA wieder etwas abgeklärt. An der Messe wollten wir als Attraktion das Auswechseln der Kunststoffrohre vorführen und es auch von den Besu-chern ausprobieren lassen. Für später waren Schulungsveranstaltungen an noch zu bestimmenden Orten in der ganzen Schweiz geplant. Die dazu benötigten mobilen und gut transportierbaren Vorführungs- und Übungswände sollten in der Betriebs-schreinerei angefertigt werden. Sie mussten so beschaffen sein, dass man sie gut in einem Kastenwagen, zusammen mit allem anderen nötigen Material, an die Schu-lungsorte bringen konnte. Die Preisgestaltung war auch noch eine wichtige Aufgabe. Einerseits um Vorteile gegenüber einer konventionellen Installation zu bieten und anderseits wegen einer späteren Aufnahme in den SSIV Tarif. Auch eine Broschüre für alle Systemteile, die technischen Daten und Montagehinweisen war wichtig und musste noch erarbeitet werden. Es taten sich aber noch manch andere Dinge die mich beschäftigten oder beschäf-tigt hatten. Darum zur Abwechslung weg von Sanipex. Es muss auf einem Inlandflug in Amerika gewesen sein, als ich mit dem neben mir sitzenden Herrn ins Gespräch kam. Als er merkte, dass ich kein Eingeborener war, konnte er plötzlich relativ gut Deutsch sprechen. Bald kam seine Frage, what are you doing, was machst du? Die Amerikaner sind bei Fragen viel ungezwungener als wir es sind. Ich erzählte von JRG und den Armaturen. Er zeigte sich sehr interessiert und sagte er komme öfters in die Schweiz. Seine Tochter sei dort zur Ausbildung und er habe auch mit Kodak zu tun. Er stelle Entwicklungsautomaten für Röntgenfilme her. Ich war erstaunt als er beifügte, ein solcher stehe bei einem Zahnarzt in Rheinfelden, das sei ja nicht weit weg von Sissach. Wie klein ist doch die Welt. Wir tauschten Visitenkarten aus und er versprach, bei nächster Gelegenheit nach Sissach zu kommen. Er habe eine Idee und möchte diese mit Armaturenleuten besprechen. Was gibt es doch für Zufälle! Ich hatte die Begegnung eigentlich schon fast vergessen, als mir eines Tages die Zentrale meldete, ein Herr Hope sei hier und möchte mich sprechen. Jetzt kam mir sofort die Flugzeugbekanntschaft in den Sinn. Da es ja eine technische Angelegenheit sein musste wegen der er kam, ging ich mit ihm in das Besprechungszimmer im dritten Stock zu Herrn Husi. Hope sagte er sei heute Morgen von New York angekommen. Er sah auch etwas übernächtigt aus und war unrasiert. Er sei an unseren Mischern inte-ressiert und möchte sehen, ob sich einer für seine Film-Entwicklungsautomaten eigne. Ob wir interessiert seien, für ihn eventuell einen Spezialtyp zu konstruieren? Ein grosser Bedarf wäre vorhanden. Wir einigten uns dahingehend, ihm zuerst einmal einen Mischer 1530 ½" mit Temperaturbereich 20-43°C zu senden. Henry, wie üblich reden wir uns mit Vornamen an, ist in Eile und verspricht, sich bald wieder zu melden. Und schon ist er weg, mit einem Mietwagen auf dem Weg Richtung Lausanne. Am 3. Dezember 1975 ruft Henry Hope an. Ich zitiere aus meinem damaligen Telefon-Rapport:

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- Hope wartet ungeduldig auf Mischer 1530 für 20 – 43°C - Bei 3-4 l/min. sollte Temperatur genau sein - Mischer wird in Wandkasten eingebaut, Distanz zu Maschine ca. 2 m - Er sendet amerikanisches Fabrikat damit wir Einbauart sehen - Er hoffe, die Generalvertretung für USA zu bekommen, dann könnten

wir beide gute Geschäfte machen. Er könnte jetzt schon hunderte verkaufen - Er betont wiederholt, er sei interessiert mit uns zu arbeiten. Wir könnten noch

manche Dinge für ihn anfertigen - Er erwarte mich im ersten Quartal 1976 bei ihm in Willow Grove

Mitte April wird mir vom Technischen Büro eine lange Liste mit die Mischerkonstruktion betreffenden Fragen übergeben. Mit dieser also auf zu Henry nach Willow Grove. Ich fliege nach New York und fahre mit einem Mietwagen über den New Jersey und Pennsylvania Turnpike nach dem nördlich von Philadelphia gelegenen Ort, dem Sitz von Henry Hope's Firma. Gegen Mittag komme ich dort an und werde von ihm an den Familientisch in seinem grossen und schönen Haus mitgenommen. Am Nachmit-tag zeigt er mir die Herstellung seiner verschiedenen Film-Entwicklungsautomaten und Photo Vergrösserungsapparate. Es wird auch ein umfangreiches Sortiment von Zubehör hergestellt. Schätzungsweise arbeiten etwa 150 bis 200 Leute in den weitläu-figen Hallen. Anschliessend machen wir uns hinter den Fragebogen. Das Gespräch dehnt sich aus, da Henry immer wieder auf Erfahrungen aus seinem und der Firma Werdegang zu sprechen kommt. Warum, wann, wo und weshalb diese und jene, die Produkte betreffende Erfahrung gemacht wurde. Da wir mit der Liste nicht fertig wer-den, kann ich bei ihm daheim im Gästezimmer übernachten. Am nächsten Tag gegen Mittag haben wir alles durchgenommen und ich eine Menge Notizen gemacht. Auf dem gleichen Weg zurück sollte ich in längstens drei Stunden wieder in New York sein. Mit etwas Glück noch vor dem abendlichen langen Stau vor den Brücken und Tunnels nach Manhattan hinein. Wie leider immer habe ich wenig zeitli-chen Spielraum eingerechnet. Es reicht aber noch, den gebuchten abendlichen Swissair Flug in die Schweiz zu erreichen. Nachfolgend der konzentrierte Besuchsbe-richt: Hope Industries Willow Grove, PA Technische- und Konstruktionshinweise für Hope Mischer Generelle Richtlinien von Henry Hope: WICHTIG ist, den besten Mischer zu machen, alles Drum und Dran ist unwichtig, ein schönes Auto ohne Motor nützt auch nichts. WICHTIG: Darf nicht störungsanfällig sein, denn Servicearbeiten sind teuer.

1. Muss zusätzlich zu den Absperrorganen am K und W Eingang der Mischer auch über den Reguliergriff abstellbar sein?

Antwort: Nein 2. Falls JA, muss die Temperatur jeweils neu einreguliert werden? Antwort: Eine Abstellung, unabhängig von der Temperatur-Einstellung ist erwünscht, damit die Temperatur nicht immer wieder neu einreguliert werden muss.

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Eine seitliche Betätigung ist nicht erwünscht, da in USA nicht üblich. Man darf deshalb Gewohnheiten nicht ausser Acht lassen. 3. Ist eine Absperrung am Ausgang nötig? Antwort: Nein 4. Muss Mischwasserabgang nach der Absperrung (Ballofix) nach links, rechts

und nach hinten angeordnet werden können? Antwort: Keine Absperrung, Abgang wahlweise nach links oder rechts 5. Wie gross ist die Minimalmenge in l/min? Maximalmenge in l/min? Antwort: minimal 2 l/min, maximal 18 l/min. 6. Soll ein automatischer Mengenbegrenzer mitgeliefert werden? Antwort: legt solche je nach Maschinentyp selbst bei 7. Welche Wassermengen benötigen die verschiedenen Maschinentypen? Antwort: 2 bis 18 l/min. 8. Herrschen in den Zuleitungen Kalt und Warm unterschiedliche Drücke? Antwort: sehr oft infolge Wasserzapfungen an anderen Stellen. 9. Was, wenn Druckunterschiede vorhanden sind? Antwort: ist nicht gut für die exakte Funktion 10. Soll eventuell eine automatische Druckausgleichsarmatur eingebaut werden? Antwort: Wäre ein grosser Vorteil wenn eine solche generell eingebaut wäre. Man hätte dann wirklich etwas das kein anderes Produkt bieten kann. 11. Sind die Eingänge Kalt und Warm seitlich oder nach unten anzuordnen? Antwort: wichtig ist nur, was konstruktiv oder funktionell von Vorteil ist. 12. Sollen Filter mitgeliefert werden und sollen wir solche offerieren? Antwort: Solche sind in USA billig erhältlich, wir können solche jedoch anbieten, wenn wir glauben, etwas Geeignetes zu haben. 13. Wenn ja, welche Feinheit der Maschenweite wird verlangt? Antwort: nicht zu fein, damit sich keine Bakterienherde bilden. 14. Welches sind maximale Einbaumasse? Antwort: möglichst kompakt konstruieren, aber sonst in Gestaltung keine Beschränkung. 15. Was darf der komplette Mischer ca. kosten? Antwort: werden je nach Dummheit des Käufers zu 80 bis 160 $ verkauft. 16. Jahresbedarf? Antwort: Nur schon von einem Typ Film Entwicklungsautomat werden wöchentlich 100 Stück hergestellt.

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Ein Belüftungsventil ist nötig. Hope übergibt mir kleine Rückschlagventile aus Gummi und regt an zu prüfen, ob diese nicht als Belüftungsventil verwendet werden könnten. Er fabriziert die Gummiteile selbst und würde sie uns liefern Der geschickte Mischer 1530 befriedigt nicht!! Hope hat eine Idee für die Gestaltung der Mischkammer da er der Ansicht ist, dass es ein Problem sei, Kalt- und Warmwasser richtig zu mischen bevor es an den Thermostaten kommt. (Dies ist wirklich DAS Problem, wie wir selbst schon festge-stellt haben). Er wird seine Zeichnung erst senden, wenn wir ihm unsere Idee der Gestaltung der Mischkammer geschickt haben. Hope ist mit einer Entwicklungszeit von 6 Monaten bis zur Serienreife einverstanden. Ein Freund von Hope fabriziert die in Flow-Control Valves benötigten speziellen Gummiteile. Er wird uns darüber Unterlagen senden, damit wir diese Teile direkt beziehen und in selbst fabrizierte Gehäuse einbauen können. Der bei einem Zahnarzt in Rheinfelden besichtigte "Siemens" Röntgenfilm- Entwicklungsautomat ist von Hope hergestellt! Sissach, 6.5.76 TS/su Der nachstehende Brief ging nach meinem Besuch an Henry Hope.

HENRY HOPE X-RAY PRODUCTS INC. Wyandotte Road 2421 WILLOW GROVE, Pa 19090 USA

Att. Mr. Henry Hope

TS/su 14. Mai 1976 Dear Henry Ich möchte nicht verfehlen, Dir herzlich für den freundlichen Empfang zu danken. Was Du mir über den grossartigen Werdegang Deines Unternehmens, die heuti-gen Aktivitäten und die Beziehungen erzählt hast, hat mich sehr beeindruckt. Das damit mir und der Firma entgegengebrachte Vertrauen weiss ich zu würdigen und zu wahren. Ich bin froh, dass durch unsere ausführlichen Gespräche viele Fragen soweit klar geworden sind, dass unsere Konstruktionsabteilung einen Mischer mit allen wün-schenswerten Vorteilen konstruieren kann. Ich bestätige hiermit auch, dass wir Deiner Firma den Alleinverkauf für USA überlassen. Für den Mischer soll auch noch ein spezieller Markenname gefunden werden der auf ihm anzubringen ist, so dass er als Spezialität Deiner Firma erkenntlich ist. Irgendein Zeichen unserer Firma wird auf dem Mischer nicht angebracht.

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Wir haben vereinbart, Dir innert sechs Monaten einen serienreifen Mischer vorzule-gen. Ich werde Dich von Zeit zu Zeit über den Stand unserer Entwicklung auf dem Laufenden halten. Deiner Tochter habe ich kurz nach meiner Rückkehr angerufen und ihr Deine Grüsse ausgerichtet. Sie war darüber sehr erfreut. Solltest Du auf einer Deiner Rei-sen in den nächsten Monaten in die Schweiz kommen, so hoffe ich, dass Du Zeit für einen Sprung nach Sissach hast. Die kleinen Rückschlagventile und die Flow-Control-Valves habe ich in unsere technische Abteilung gegeben. Ohne mehr für heute verbleibe ich mit freundlichen Grüssen J. & R. GUNZENHAUSER AG Zwischendurch einen Blick in das Protokoll der Programm-Kommission vom 18. Mai 1976, insbesonders auf die folgenden drei Punkte: 1.3 Neues Installationssystem TAD:

Nachdem per 10.5.76 das Ausscheiden von Herrn Kloep aus der TAD Tatsache geworden ist, sind wir gezwungen, mit Herrn Kloep einerseits und mit TAD (Thermo Apparatebau Deutschland) anderseits die guten Bezie-hungen weiter zu pflegen. Als erstes werden HU und TS eine komplette Offerte für das neue System an TAD richten.

2. Mischer für Hope lndustries USA TS hat versprochen, dass JRG innert 6 Monaten "den besten Mischer" mit Druckausgleich serienreif vorlegen wird. HU setzt als Konstrukteur af ein. HU wird monatlich über den Stand der Entwicklungsarbeiten orientieren.

3.1 Mixfix

TS hat gü zum Mixfix-Projektleiter ernannt. Die Markteinführung wird mit dem modifizierten Werbekonzept von he durchgeführt. Im Vordergrund stehen die Boilerfabrikanten. Eine erste Bestellung ist bereits im Hause. (500 Stück von Stiebel Eltron Deutschland)

Auf den Mixfix werde ich später noch separat eingehen. Nachstehend ein weiterer Brief an Henry Hope: HENRY HOPE X-RAY PRODUCTS INC. Wyandotte Road 2421 Willow Grove, PA 19090 USA Att. Mr. Henry Hope TS/su 12. August 1976 Dear Henry In meinem Brief vom 14. Mai 1976 habe ich versprochen, Dich über den Stand unse-rer Entwicklung des neuen Mischers auf dem Laufenden zu halten. Wir sind soweit, dass wir noch diesen Monat einen Prototypen anfertigen können. Ich beurteile die

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vorliegende Konstruktion als eine sehr interessante und vorzügliche Lösung. Am Mischer angebaut ist eine Automatik zur automatischen Konstanthaltung der Kalt- und Warmwasser-Eingangsdrücke. An einem separaten kleinen Knopf kann die Tem-peratur verändert werden. An einem einzigen Griff können zugleich Kalt- und Warm-wasser geöffnet oder geschlossen werden. Die eingestellte Temperatur verändert sich bei dessen Betätigung nicht. Die mir mitgegebenen kleinen Rückschlagventile haben wir geprüft. Sie eignen sich sehr gut für ganz niedrige Drücke, für die in Wasserinstallation üblichen Drücke sind sie jedoch zu schwach. Darf ich Dich noch darauf aufmerksam machen, dass Du mir von einem Freund Unterlagen über die von ihm fabrizierten Gummiteile zu Flow-Control Valves hast senden lassen wollen. Leider ist bis heute noch nichts eingetrof-fen. Sobald der Prototyp getestet ist, werde ich Dir weiter berichten. Es interessiert mich, ob Du Dir für diesen Mischer bereits einen speziellen Markennamen ausgedacht hast und ich sehe Deiner baldigen Nachricht gerne entgegen. Mit freundlichen Grüssen J. & R. GUNZENHAUSER AG Nachstehend mein Telefonrapport nach einem Anruf von Hope am 20.8.76 Hope hat Freude an unserer Mitteilung vom 12.8. dass Prototyp von Mischer in Fab-rikation sei. Hofft, dass wir dann anfangs 77 liefern können. Kommt im September nach Europa und bei uns vorbei wenn er Zeit hat. Geht auf jeden Fall zu seiner Tochter nach Morges. Wenn er nicht nach Sissach kommt, muss ich ihn dort treffen. Am 18.9.76 ruft er wieder an: Er habe am 17.9. von Kodak erfahren, dass in sechs Wochen neue Filmsorten auf den Markt kommen mit dünneren Gelatine- und Silberschichten welche höhere Tempera-turen benötigen. Er teilt mir dies kurz vor seinem Abflug mit. Der Temperaturbereich des Mischers sollte deshalb 18 bis 46/49°C betragen. Die Konstruktion des Mischers muss sich verzögert haben. Erst aus meinem Rapport über seinen Besuch vom 4. November 1977 kann ich folgendes zitieren:

- Der Name des Mischers soll HOPEMIX sein - Es soll das CH und USA Patent angemeldet werden - Ein Entwurf für eine Betriebs- und Servicevorschrift ist zu erstellen. Hope wird sie

für USA übersetzen. - Als Richtpreis bei 5000 Stück werden Fr. 150.– genannt (ca. 66 $) Bei diesem Preis sind die Fr. 40'000.- für Modell- und Werkzeugkosten gedeckt.

- Er erkundigt sich nach dem Preis bei Amortisation auf 10'000 Stück - Er wünscht den Termin für die ersten 100 Stück um mit diesen auf den Markt

zu gehen und bedeutenden Besitzern seiner Maschinen wie z.B. Boeing etc. Mischer zu geben. Er will wissen, innert welcher Frist jeweils weitere 1000 Stück geliefert werden können, denn wenn das Geschäft laufe, so müssten die Lieferungen sichergestellt sein

- Ich mache ihm klar, dass eine Teillieferung von 100 Stück in Frage kommen kann, wenn eine grosse feste Bestellung erteilt wird, sodass die 100 Stück als

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die Vorauslieferung einer Musterserie anzusehen sind. - Es sind zu offerieren 1000, 2000, 3000, 5000, 10'000 und 15'000 Stück.

Es wird mit ihm eine Vereinbarung über sein weltweites Verkaufsrecht des Präzisions-Mischautomaten für fotographische Zwecke bei gleichzeitigem Alleinverkaufrecht in Kanada, Nord-, Mittel- und Südamerika unterzeichnet. Nun aber wieder zurück zu Sanipex. Da das neue Installations-System auch in Deutschland auf den Markt kommen sollte, liessen wir 1977 von der TAD, Thermo-Apparatebau Deutschland, an der ISH in Frankfurt testeshalber einiges davon ausstellen. Die Hauptpräsentation sollte aber im März 1978 an der HILSA in Zürich sein. Bei mir zeichnete sich in einigen Jahren am fernen Horizont die Pensionierung ab. Jacques Gunzenhauser wurde deshalb zum kaufmännischen Bereichsleiter und Peter Gunzenhauser zum Bereichsleiter für den Verkauf ernannt. Es war mir damit möglich, mich als Product Manager SANIPEX voll mit dessen Markteinführung zu befassen. Die HILSA wurde ein voller Erfolg. Die Vorführungen der Rohrauswechslung zogen viele Leute an. Oft standen die Installateure in mehreren Reihen hintereinander. Es gab natürlich auch einige kritische Stimmen die befürchteten, es könnte "Do it yourself" einreissen. Dem hielten wir entgegen, es würden nur Firmen beliefert, deren Monteure an einem Schulungskurs teilgenommen hätten. Das Erste nach der Messe war nun, solche Kurse zu organisieren. Alle kantonalen SSIV Verbände wurden informiert und eingeladen. Die Reisevertreter orientierten ihre Kunden gezielt über die Schulungsmöglichkeiten. Das Echo war gut und die Anmeldungen kamen zahlreich. Ich war viel unterwegs, um an den für einen Kurs vorgeschlagenen Orten nach geeigneten Lokalitäten für einen solchen zu suchen. Vorzugsweise in einem Restaurant das einen grossen Saal besass in welchem die mobilen Vorführungswände aufgestellt werden konnten. Es musste ja auch eine Essensmöglichkeit vorhanden sein für die Kursteilnehmer. Die Information und die Schulung wurde von Mitarbeitern des Kundendienstes vorgenommen. Oft auch unter Anwesenheit unseres im Gebiet tätigen Reisevertreters. Unser Vorgehen bewährte sich und das Sanipex System JRG begann sich zu etablieren. In einem vorher zitierten Protokollauszug ist der Name Mixfix erwähnt. Laut der Offen-legungsschrift 28 02 142 vom 21.9.78 des Deutschen Patentamtes ist das ein Thermo-mischer zum Anschluss an einen Warmwasserbereiter.

Anmelder: J. & R. Gunzenhauser AG, Sissach (Schweiz) Erfinder: Tschudin, Max, Basel (Schweiz)

Zur näheren Beschreibung des Mixfix steht in der Patentschrift: Die Erfindung betrifft einen Thermomischer mit einem geschlossenen Auslauf, zum Anschluss an den Kaltwasseranschluss und den Warmwasseranschluss eines Warmwasserbereiters und zur Versorgung mindestens einer Mischwasserzapfstelle. Bei Thermomischern mit geschlossenem Auslauf muss heute nach den Vorschriften des Schweiz. Vereins von Gas- und Wasserfachmännern die Kaltwasserleitung zur Mischarmatur zwischen Warmwasserbereiter und dessen Rückflussverhinderer ange-schlossen werden. Zudem müssen in die Kalt- und Warmwasserleitungen vor der Mischarmatur zusätzliche Rückflussverhinderer eingebaut werden, um ein eventuelles Überströmen von Warmwasser in die Kaltwasserleitung, oder von Kaltwasser in die Warmwasserleitung zu verhindern. Alle diese Massnahmen sind teuer und beinhalten zusätzliche Störquellen. Überdies ist eine solche Anordnung unschön. Aufgabe der

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Erfindung ist es, einen Thermomischer mit geschlossenem Auslauf zu schaffen, der ohne zusätzliche Rückflussverhinderer direkt an den Kalt- und Warmwasser-Anschlüs-sen eines Warmwasserbereiters anschliessbar ist und der die genannten Nachteile nicht aufweist. Der eingangs genannte erfindungsgemässe Thermomischer ist dadurch gekenn-zeichnet, dass er ein Gehäuse aufweist, welches einen T-förmigen Gehäuseteil ent-hält, der direkt zwischen einer Kaltwasserleitung und dem Kaltwasseranschluss des Warmwasserbereiters anschliessbar ist und der mittels eines Gehäuserohres direkt mit einem kreuzförmigen, eine Mischvorrichtung enthaltenden Mischergehäuseteil ver-bunden ist, welcher direkt zwischen dem Warmwasseranschluss des Warmwasserbe-reiters und der Mischwasserzapfstelle anschliessbar ist. Durch diese neuartige Ausbildung des Gehäuses des Thermomischers ist es möglich, den Thermomischer direkt zwischen den Anschlüssen des Warmwasserbereiters und der Kaltwasserleitung einerseits und der Mischwasserzapfstelle andererseits anzuord-nen. Dadurch sind die beiden im bekannten Falle zusätzlichen Rückflussverhinderer an den Kalt- und Warmwasseranschlüssen des Thermomischers nicht mehr erforder-lich. Ende Zitat. Bevor die zentrale Warmwasserversorgung in Ein- und Mehrfamilienhäusern All- gemeingut wurde, gehörten zum modernen Komfort Elektroboiler. Die Boiler-Sicherheitsgruppen machten deshalb bei JRG seit je einen wesentlichen Um-satzanteil aus. In Mehrfamilienhäusern waren die 100 oder 150 Liter Boiler meistens im Badezimmer über der Badewanne montiert. Damit genügend heisses Wasser vorhanden war, die Aufheizung erfolgte mit billigerem Nachtstrom, wurde der Thermostat auf 85 oder 90°C eingestellt. Wenn in der Küche oder sonstwo Wasser gezapft wurde, blieb in der Leitung oft mehr Heisswasser stehen und kühlte ab, als an der Mischbatterie gebraucht wurde. Mit dem Mixfix direkt am Boilerausgang, hätte je nach dessen fixer Temperatureinstallung auf 55, 60 oder 65 Grad, bedeutend Energie und Wasser gespart werden können. Aber eben, zur Hochblüte der Einzelboiler gab es den Mixfix noch nicht. Schade, denn zu einem Grossteil der Boiler-Sicherheitsgruppen hätte vermutlich auch einer verkauft werden können. Ich erinnere mich aber noch an einen Auftrag von 500 Stück von Stiebel Eltron Deutschland. Zur Abwechslung wieder einen Schritt zurück. Zum Besuch von Dennis Morcom aus Johannesburg. Nachdem ich mit ihm an der Wasserversorgungs-Ausstellung in Amsterdam gewesen war reiste er auf seiner Besuchstour nach England weiter. Nach einiger Zeit kam von einer Firma Aztec in London ein Brief. Ein Peter Green, Besitzer der Firma schrieb, Dennis Morcom habe ihm vom Besuch bei der Armaturenfabrik Gunzenhauser erzählt und deren Druckreduzierventile gelobt. Er hätte auch Bedarf an solchen und bitte um Unterlagen und Preise. So kamen wir zu einem neuen Kunden, dem wir öfters Druckreduzierventile liefern konnten. Ebenfalls motiviert durch Dennis Morcom anlässlich seiner nach Amerika fortgesetzten Reise, kamen wir mit Bob Harper in Greenwich Connecticut in Verbindung. Er vertrieb die grossen ClaVal Druckreduzierventile und wollte nun auch die ihm empfohlenen JRG Reduzierventile ins Verkaufsprogramm nehmen. Diese Beziehung entwickelte sich erfreulich und be-steht im 2004 immer noch. Heute unter dem Namen Harper International Inc. in Stamford CT 06901. Stamford erreicht man von der Grand Central Station New York in einer Stunde mit der New Haven Railroad. Doch bis 2004 wird noch einiges ge-schehen.

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Ein guter Freund von mir, Dr. med. und Dr. chem., ist 1961 nach New York ausge-wandert, um am Sloan Kettering Institute eine Stelle in der Krebsforschung anzutre-ten. Er heiratete dann eine Amerikanerin und nach Jahren hatten sie drei Töchter und einen Sohn, dessen Pate ich wurde. Sie wohnten in einem schönen Haus, das in 75 Aren lockerem Wald in Stamford gelegen ist. Anlässlich eines Besuches bei ihnen machten wir eine Fahrt durch die Gegend und kamen in die hübsche Kleinstadt Greenwich. Da kommt mir in den Sinn, Greenwich, da wohnt doch Bob Harper, der JRG Vertreter für USA. In einer Telefonkabine suche ich seine Adresse. Es ist Samstag-nachmittag, da könnte er doch zuhause sein. Wir fahren zur gefundenen Adresse, ich läute und wirklich, es kommt jemand zur Türe und öffnet sie. Ein stattlicher Herr steht da. In fragendem Ton sage ich Mister Harper? Auf sein erstauntes yes sage ich, nice to meet you I am Max Tschudin from JRG Sissach. Mit einem fröhlichen hello Max come in begrüsst er mich. Wir vereinbaren dann auf Montag ein Treffen in New York, denn er wollte mir an einem besonderen Ort etwas zeigen. Was es war erfuhr ich dann am Treffpunkt. Ein Besuch beim Chief Engineer im World Trade Center der für dessen technische Installationen zuständig ist. Die Überwachungszentrale für Klima, Wasser, Strom, Feuer etc. und die Administra-tion für alle Anlagen nahm eine ganze Etage ein. OK let's go and have a look where the JRG Pressure Reducing Valves are, sagte der Chef Ingenieur. Zuerst ging es im Lift weit hinunter, dann wieder hinauf auf verschiedene Etagen. Er öffnete an mehreren Orten in Wandpanelen eingelassene Klapptüren und schaute in die Leitungsschäch-te. Keine JRG Ventile zu sehen. Sorry sagte er dann, ich weiss nicht, wo überall diese eingebaut sind, aber das macht nichts, es gab bisher nie Reklamationen, also funk-tionieren alle bestens sonst hätte ich es schon erfahren und wüsste genau wo sie sind. Das war an und für sich ein guter Bescheid, aber ich hätte halt doch gerne die eingebauten Drukreduzierventile gesehen. Damit war nun nichts gewesen und den Photoapparat hatte ich vergebens mitgenommen. Nach dem 11. September 2001 ist jetzt heute auch von den JRGURED in den ehema-ligen beiden stolzen World Trade Center Türmen nichts mehr übrig geblieben. Im September 1977 meldete Mr. Griswold, der Gründer und Besitzer der Cla-Val sei-nen Besuch an. Er logierte im Hotel Hilton in Basel wo ich ihn und seinen Market Manager abholte und mit ihnen zur Kontaktaufnahme und Betriebsbesichtigung nach Sissach mitnahm. Nach den Gesprächen und dem Betriebsrundgang nahm ich die beiden Herren zum Mittagessen auf die Sissacherfluh mit. Sie genossen es sichtlich dort oben und auch den Rundblick vorne von der Fluh. Mit Brief vom 23. September bedankte er sich wie folgt: Mr. Max A. Tschudin J. & R. Gunzenhauser AG CH-4450 Sissach, Switzerland Dear Mr. Tschudin: Thank you for a very nice visit. I am glad that I had the opportunity to meet such warm and friendly people. Thank you again for your courtesies, and I hope you will be able to visit me here in Newport Beach soon. Very truly yours D.G. Griswold

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Ich kann noch anfügen, dass ich anlässlich der Niederschrift dieser Erinnerungen, unter der Internetadresse www.familysearch.org herausgefunden habe, dass Mr. Griswold am 18.12.1993 zweiundneunzigjährig verstorben ist. Nach diesen Ausflügen nun aber wieder zurück zu Sanipex. Die Kurse in der Schweiz waren gefragt und es zeigte sich Bedarf an neuen Systemteilen. Besonders auch an Stützhülsen für die Rohre bei deren Einlegen in Beton und für Montagehilfen für die Anschlussdosen. Am 24. April 1979 schrieb unser Kunde Ernst Tanner aus Herisau wie folgt: Hotelneubau auf der Karibikinsel Antigua 400 Zimmer Sehr geehrte Herren Soeben bin ich von Antigua in der Karibik zurückgekehrt und habe den im Bau be-findlichen Hotelneubau, welcher im Auftrag eines Schweizer Hoteliers gebaut wird besichtigt. Der Besitzer besitzt schon mehrere Hotels und plant noch weitere. Mit Wasserleitungen, welche "nackt" verlegt wurden, hat er schon unliebsame Erfahrun-gen gemacht. Meine Idee wäre nun, von den zugänglichen Ablauf- und Wasser-strängen in den Korridors mit Sanipex auf Dusche, Lavabo und WC zu fahren. Diese Verteilleitungen mit Abstellung würden wir in eigener Regie ausführen, die Zuleitungen von einem Generalunternehmer. Darf ich Sie höflich ersuchen, mir ev. ein Muster-Rohrstück, einen Anschlusswinkel sowie ein Verteilteestück zustellen zu wollen. Ferner frage ich Sie an, ob Sie auch schon im Ausland exportiert haben oder eventuell Niederlassungen beliefern. In Frage kämen 400 Hotelzimmer sowie Küche und Angestelltenwohnungen. Darf ich Ihren geschätzten Bericht mit Preisangaben erwarten? Für Ihre Mühen danke ich Ihnen und grüsse Sie freundlich, E. Tanner Das könnte ein interessanter Auftrag werden dachte ich. Ich rief Herrn Tanner an und erfuhr, dass die Universal Flugreisen das Hotel bauen lassen. Ich wusste, dass die Uni-versal Dr. Erhart in Basel gehören, dem Pionier der nach dem zweiten Weltkrieg mit Charterflügen nach Mallorca begann und dort viele Hotels hatte bauen lassen. Herrn Tanner liess ich umgehend alle verlangten Unterlagen schicken. Dr. Erhart war wie ich Mitglied der Motorfluggruppe Basel und wir kannten uns gut vom ehemaligen Flugplatz Sternenfeld. Ich rief ihn an und nahm Bezug auf den Brief von Herrn Tanner. Er war erfreut und bat mich, ihn selbst über das Installationssystem näher zu orientieren. Mit einer Mappe voll Unterlagen ging ich zu ihm ins Reisebüro. Er erzählte mir dann, dass bei den von ihm nach dem Krieg in Mallorca gebauten Hotels seit einiger Zeit in den Hotelzimmern beginne Rostwasser aus den Decken aus-zutreten. Herr Tanner habe ihm ein Kunststoffrohrsystem empfohlen und er habe ihn mit dessen Installation beauftragt. Aber wie kamen die zwei Männer miteinander in Kontakt? Das habe ich erst erfah-ren, als ich Herrn Tanner anrief während ich diese Erinnerungen zu Papier brachte. Es muss im 1979 gewesen sein, als anlässlich Meisterprüfungen des SSIV Herr Erhart wis-sen wollte, ob und wie Abwasser wieder als Trinkwasser verwendet werden könne in einem Hotelbau von 400 Zimmern. Für ein Einfamilienhaus könnte das eventuell machbar sein, aber nicht für ein grosses Hotel erklärte ihm Herr Tanner. Man kam

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auch auf die Installationen in diesem Neubau zu sprechen. Herr Erhart lud ihn und seine Frau kurzerhand ein, mit nach Antigua zu kommen, um dort selbst einen Augenschein zu nehmen. Als Herr Tanner dort sah wie Leitungen eingelegt werden sollten, riet er ihm dringend von einer solchen Methode ab. Darauf fragte ihn Herr Erhart spontan ob er die Bauleitung hier übernehmen wolle. Einen Tag Bedenkzeit wollte sich Herr Tanner doch noch ausbedingen, um sich mit seiner Frau zu besprechen. Am nächsten Tag sagte er zu. Das war dann der Anlass für den Brief und der Startschuss für die Sanipex Installationen im kommenden Hotel Jolly Beach auf Antigua. Als die erste Spezifikation für die Sanipex Armaturen und Rohre kam, vereinbarte ich mit Dr. Erhart Bezahlung jeweils bei Übergabe der Sendung an den Spediteur. Das Geld könne dann bei ihm daheim abgeholt werden meinte er dazu. Fertig. Mit der Rechnung und der Empfangsbestätigung der Speditionsfirma ging ich jeweils an die Privatadresse, wo ich von Frau Erhart in das Wohnzimmer geführt wurde. Am Buffet zog sie eine Schublade heraus und zählte mir den Rechnungsbetrag, ob er fünfzig- oder achtzigtausend Franken war, bar auf den Tisch. Ich quittierte und brachte das Geld dem JRG Kassier. Damit war ein Geschäft abgeschlossen. Von Herrn Wetzel, dem Geschäftsführer der Universal Reisen, kam eines Tages die Mitteilung es seien beim Installationsmaterial Unklarheiten aufgetreten. Aber welche? Näheres war nicht zu erfahren und Herr Tanner nicht zu erreichen. Ich hatte mit meiner Frau wieder einmal Aktivferien beim Club Med gebucht. Diesmal auf Martini-que in der Karibik. Also in relativer Nähe zu Antigua. Da unsere Reise kurz bevorstand, gab ich die Adresse dem JRG Sekretariat bekannt. Falls nochmals eine Meldung we-gen Antigua käme, solle man mich per Telex orientieren. Ich würde dann sehen, wie ich von Martinique aus nach Antigua käme, fügte ich bei. Und siehe da, einige Tage nach unserer Ankunft rief man mich zum Club Med Büro und drückte mir einen Telex aus Sissach in die Hand. In Antigua ist einiges unklar mit dem Material. Wären froh, wenn jemand vorbeikommen würde, stand darin. Nun lag der Ball bei mir. Andern-tags fuhr ich nach Fort-de-France, der Hauptstadt, um mich nach einem Kursflug zu erkundigen. Einen solchen gab es nicht. Man riet mir, mich auf dem Flugplatz selbst nach einer Verbindung nach Antigua zu erkundigen. Ich fand dann eine Baracke mit der Anschrift Air Charter. Für den Hinflug am nächsten Vormittag und den Rückflug gegen Abend konnte ich zu einem günstigen Preis eine zweimotorige Piper samt Pilot reservieren. Voller Erwartung kletterten meine Frau und ich am nächsten Tag in die Piper und erreichten in etwa eineinviertel Stunden über offenem Meer, manchmal in Sichtweite kleinerer Inseln, Antigua. Ein klappriges Taxi brachte uns zum Altbau des Hotel Jolly Beach das damals von Dr. Erharts Sohn geführt wurde. Er begrüsste uns erfreut, denn er war ja derjenige der den Ruf um Unterstützung abgeschickt hatte. Nach einer Er-frischung machten wir uns auf einen Erkundungsrundgang über die grosse Baustelle. Der sich durch einen Palmenhain hinziehende, meistens zwei- und dreistöckige Bau für vierhundert Hotelzimmer erstreckte sich über eine grosse Fläche. Es war feucht, heiss und auch ohne die zeitweiligen kurzen Regenschauer klebten uns bald die Kleider am Leibe. Als sich meine Frau zum Hotel abgesetzt hatte, suchte ich die Lagerhalle mit dem Bau- und Installationsmaterial auf. Alles war übersichtlich gelagert und Schachteln mit den Wirbo Pex Rohren standen in mehreren hohen Stapeln da. Die Schachteln mit den Armaturen, Dosen, Winkel, Verteilventile mit vier Abgängen etc. lagen auf Regalen. Zwei Mann hüteten alles und schienen bestens im Bilde zu sein wie ich im Gespräch mit ihnen feststellen konnte. Ich besichtigte dann die bereits erstellten Installationen und die unter der Decke der Gänge zu den

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Zimmereingängen montierten Leitungen. Die Dosen und die Verteilventile waren korrekt montiert und Rohr im Schutzrohr in weiten Bögen in Leitungsschächten montiert und befestigt oder in Schlitze gelegt die noch zugeputzt werden mussten. Als ich Arbeitern bei der Arbeit mit dem Anwärmgerät zuschaute, glaubte ich auf ein Problem gestossen zu sein, auch weil man mir entsprechende Fragen stellte. Es kam nämlich vor, dass das Rohr viel zu weich gemacht wurde und es dann mit dem Klemmring fast abgequetscht wurde. Ich sah einige unschöne Rohranschlüsse und verlangte, dass diese wieder gelöst wurden. Da wegen der weiten Bogen genügend Rohr vorhanden war liess ich dieses einige Zentimeter kürzen, vorschriftsgemäss anwärmen und dann sorgfältig befestigen. Man schaute mir aufmerksam zu und nickte zu meinen Erklärungen. Vermutlich der Vorarbeiter zeigte mir dann die im Küchenbau verlegten grösseren Rohrdimensionen. Fixpunkte waren keine vorhanden denn die Rohre lagen so, dass sie sich gut seitlich ausbiegen konnten. Auf gleiche Art inspizierte ich andere Arbeitsgruppen und gab Hinweise. Aber im Allgemeinen wurde gut gearbeitet. Sicher ein Verdienst von Herrn Tanner. Schade, dass er nicht hier war, denn persönlich kannte ich ihn noch nicht. Aber dann hätte ich ja nicht hierher gehen können oder müssen. Nachdem ich schliesslich überall herum- und hereingeschaut hatte und keine Ungereimtheiten hatte feststellen können, ging ich zu Herrn Lukas Erhart um ihm Bericht zu erstatten. Er war zufrieden, bedankte sich und sagte Herr Tanner werde ja vermutlich auch bald wieder hier eintreffen. Meine Frau und ich fuhren zu unserem wartenden Piloten und waren zwei Stunden später wieder wohlbehalten im Club Med. Ein erfrischendes Bad im Meer, ein leckeres Nachtessen vom Buffet und ein unterhaltsamer Abend schlossen diesen ereignisreichen Tag ab. Aber weil Sanipex wirklich etwas Besonderes ist, will ich doch noch etwas anfügen das zur Sanipex-Story Antigua gehört und verdient publik gemacht zu werden. Ich habe schon einmal erwähnt, dass ich während der Niederschrift dieser Erinnerun-gen von Herrn Tanner einiges erfahren habe. Deshalb noch ein Erlebnis das er mir schriftlich wie folgt mitgeteilt hat: Als ich Dr. A. Erhart überzeugen konnte, dass die Sanipexrohre für das Hotel Jolly-Beach mit den Rotguss Verbindungen wirklich eine Investition für die Zukunft seien, begann die praktische Phase. Damals waren die Karibik oder die Westindischen Inseln noch nicht in Direktflügen erreichbar. Sozusagen als "rechte Hand" von Dr. Erhart wollte ich mir keine Blösse ge-ben und packte einen Lederkoffer mit allgemeinem Sanitärwerkzeug ein. Auch ein blauer Koffer mit Sanipex-Werkzeug sowie einem damals üblichen Anwärmwerkzeug durfte nicht fehlen. Von einigen Hotelgästen wusste ich, dass sie ihr Reisegepäck nach Ankunft in Antigua vermissten. Warum? Weil damals die Strichcode-Gepäckbe-zeichnung erst neu eingeführt wurde. Einige Koffer reisten statt in die "West-Indies" nach Bombay oder Delhi in Indien. Das sollte mit dem Werkzeug auf keinen Fall passieren. Also checkte ich die oben ge-nannten Werkzeuge als Handgepäck ein. Zuerst der Tumult am Airport, dann der Flug von Zürich nach Bangor, dann die ganze US Küste hinunter bis nach Miami und da-nach auf die US Insel Puerto-Rico. Da wir aus irgend einem Grund verspätet waren mussten wir uns beeilen, um den LIAT-Flug nach Antigua noch zu erreichen. Man kann sich vorstellen, wie schwer ein voll gepackter Sanitärkoffer ist und wie lange ein "Spurt" in einem tropischen Land dauert. Ich schrie den Antigua Reisenden hinterher: Which direction? und es tönte zurück: turn left, alway left. Also strapazierte ich meine Kondition und bog überall links ein, bis ich auf dem Platz vor dem Airport stand. Meine "Appenzeller Logik" sagte mir sofort, dass das nicht stimmen konnte. Also kehrte ich wieder um ins Gebäude und schon wurde ich gestoppt. "Customs". Aber ich komme ja vom Flugplatz und suche den LIAT-Flug. "Customs", eine hübsche

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Puertoricanerin an einem Tisch welcher auf einem Podest stand. Kein Lächeln auf dem kaffeebraunen Gesicht. "Open your luggage". Koffer auf und all die möglichen und unmöglichen Werkzeuge purzelten heraus. Auch der Sanipex-Koffer wurde durchsucht. Beim Heizgerät für Sanipex-Rohre fragte mich die Zollbeamtin: What's that? Sicher war sie nicht an einem Privatkurs für Sanipex interessiert. "An electric heater for pipes" sagte ich. "No Sir, that's an electric gun". Ein Ausdruck von Unver-ständlichkeit huschte über mein Gesicht. Die Frau bewegte zwei Finger und schon spürte ich einen stechenden Schmerz an meinen Händen. Zwei Beamte rissen mir die Arme auf den Rücken und klickten ein Paar Handschellen zu. Mit einem Polizeiwagen wurde ich zum Hauptzoll in Puerto-Rico gefahren. Der oberste Boss, ein dicker Mann mit Sternen und Streifen auf seiner Uniform nahm mich in Empfang. Als ich ihm meine Story erzählte, fiel er fast vom Stuhl vor lauter lachen. Er bot mir ein Zimmer in seinem netten Privathaus an und am nächsten Morgen brachte er mich zum LIAT-Flug nach Antigua. Ganz von der Hand zu weisen wäre die Reaktion der Frau nicht gewesen, war doch damals die Kuba-Krise mit den USA noch brandaktuell. Damit hat Herr Tanner sicher recht. Ja ja, Sanipex hat es halt an sich. Deshalb hatte es mich auch bald nach den ereignisreichen Ferien wieder voll im Griff. Die Sanipex-Kurse waren gefragt, auch diejenigen bei uns in Sissach, aber auch der Wagen für die von mir vorbereiteten auswärtigen Kurse war viel unterwegs. Am 1. Januar 1982 wurde die unter Leitung von Herrn Heger stehende Niederlassung JRG Dortmund eröffnet. Zu den guten Beziehungen mit den Grosshändlern in Süd-Deutschland entstand ein weiteres Absatzgebiet für Sanipex. Mitglieder Deutscher Sanitärinnungen luden wir öfters mit Mitarbeitern zu einer Busreise an Kurse in Sissach ein und konnten sie so auch mit der Firma JRG persönlich bekannt machen. Nun, da es dem Ende zugeht noch die Frage, wie kommt es dass das Schweizer Fernsehen am 18. April 1983 eine Gratis-Werbesendung für Sanipex ausstrahlt? In der Kassensturzsendung am 21. März 1983 zeigt Herr Hurni, der Präsentator der Sendung, Szenen mit Astronauten und Raketenstarts und will damit darauf hinweisen, in was für einer widersprüchlichen Welt wir leben. Dazu bemerkt er, Spit-zentechnologie hat im 20. Jahrhundert scheinbar alles möglich gemacht. Alles schien erreichbar und machbar, nur so ganz gewöhnliche Wasserröhren konnte man bisher nicht einwandfrei herstellen. Neuste Methoden des Berner Kantons-Chemikers zeigen nämlich, dass wegen der miserablen Qualität solcher Trinkwasserröhren das Wasser ungeniessbar werden kann. Der Kantons-Chemiker Herr Urs Müller erläutert dann weiter, dass wenn in Neubauten das Wasser auch nur einige Stunden in den Röhren stehe, zum Beispiel über Nacht, es so viel Zink und Blei aufnehme, dass sogar Vergiftungen möglich seien. Dieser alarmierende Befund werde durch Lang-zeitversuche in Deutschland bestätigt. Erst nach zwei bis drei, sogar bis fünf Jahren, wenn sich eine schützende Kalkschicht gebildet habe, sei das Trinkwasser nicht mehr gesundheitsschädigend. Weil gründliche Untersuchungen gezeigt haben, dass alle marktgängigen verzinkten Rohre gleich schlecht sind, veröffentlichte die Volkswirt-schafts Direktion des Kantons Bern und der Kantons-Chemiker eine Aufsehen erregende Warnung. In neuen Wohnungen darf gestandenes Wasser nicht mehr für die Lebensmittelzubereitung benutzt werden. Das Wasser muss erst etwa zwei bis drei Minuten abfliessen. Gestandenes Wasser soll vorerst zum Duschen und Waschen gebraucht werden. Der Kantons-Chemiker erklärt weiter, dass der Entscheid für diese Massnahmen nicht leicht gefallen sei, aber bei der massiven Überschreitung der Normen musste man an den Konsumenten gelangen. Da schon verschiedentlich in neuen Bauten Vergiftungserscheinungen aufgetreten sind möchte man erreichen,

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dass man Material für Trinkwasserleitungen verwendet, das weder Zink noch Blei abgibt. Das sollte doch heute möglich sein. Die Installateure und Röhrenhersteller müssten sich dem Problem energisch annehmen. Ich sah und hörte diese Sendung. Am nächsten Morgen rief ich das Fernsehen in Zürich an und verlangte Herrn Hurni vom Kassensturz. Erfreulicherweise meldete er sich gleich. Ich gratulierte ihm zur gestrigen interessanten Sendung und begann, ihn über das auf vernetzten Polyäthylenrohren basierende Trinkwasser Installationssystem Sanipex zu orientieren bei welchem die in der Sendung erwähnten schädigenden Einflüsse nicht auftreten können. Zum Schluss lud ich ihn nach Sissach ein um sich selbst ein Bild von dieser Installationstechnik zu machen. Er bedankte sich für meine Information und versprach, sich wieder zu melden. Und siehe da, nach einigen Tagen erschien er mit einer Aufnahme Mannschaft. Nach einer Betriebsbesichtigung mit Hansruedi Gunzenhauser und einem Lehrgang über Sanipex von Herrn Dätwyler, bei welchen eifrig gefilmt wurde, gingen wir gemeinsam zum Mittagessen. Bei JRG waren wir gespannt was wann gezeigt und gesagt würde. Am 18. April 1983 war es dann so weit. Gespannt darauf was wohl kommen werde, sass ich vor dem Fernseher. Herr Hurni erschien auf dem Bildschirm und erklärte, dass wie in der Kassensturzsendung vom 21. März gezeigt, neuste Messungen des Kantons-Chemikers ergeben hätten, dass zum Beispiel in Leitungen von Neubauten über Nacht gestandenes Wasser so viel Zink und Blei enthalte, dass man es zuerst zwei bis drei Minuten müsse ablaufen lassen bevor man es trinken könne. Es habe ihn natür-lich Wunder genommen, ob es zu diesen schlechten Rohren eine Alternative gebe. Obwohl man bei den Amtsstellen recht zurückhaltend gewesen sei mit Informationen sei es gelungen, einen Filmbericht zusammen zu stellen. Jetzt erscheint das ganze JRG Fabrikareal im Bild und wird von der Übersicht zur Grossaufnahme gezoomt und ein Sprecher sagt, Pionierarbeit leistete dieses mittel-grosse Sissacher Unternehmen. Bereits vor fünf Jahren erhielt die J.R. Gunzenhauser AG die offizielle Zulassung für ihr völlig neues Trinkwasser-Installationssystem. Vom schwedischen Hersteller Wirsbo importierte die Gunzenhauser AG das Herzstück, ein Kunststoff Trinkwasserrohr. Im Bild sieht man, wie mit dem Gabelstapler Palette voller Kartonschachteln mit Wirsbo-Pex Rohren auf die Rampe gestellt werden. Die Skepsis für ein Kunststoffrohr, speziell für Warmwasser, sei gross gewesen fuhr der Sprecher weiter, doch die Schweden hätten damit bereits zehnjährige Erfahrung. Alle Tests, Untersuchungen und Prüfungen hätten gezeigt, dass dieses Kunststoffrohr, ein stabi-lisiertes und vernetztes Polyäthylenrohr sowohl für Kaltwasser- wie auch für Warmwas-sertransport geeignet sei. Dem Wasserdruck bis 10 bar zugelassen, sei für das Rohr auch kein Problem. Jetzt erschienen Bilder aus der Giesserei und der Sprecher fuhr fort, in der eigenen Giesserei hier in Sissach werden die Verbindungsstücke, die soge-nannten Fittings für die Kunststoffrohre, aus Rotguss selber gegossen. Rotguss sei zwar teurer als andere Materialien aber dafür genügt es höheren Qualitätsansprüchen. Während andere Giessereien geschlossen werden oder auf Kurzarbeit gesetzt sind, arbeitet man hier immer noch auf vollen Touren. Die Erklärungen werden von ein-drücklichen Aufnahmen in der Giesserei begleitet. Weiter wird gesagt, die J.R. Gun-zenhauser AG hat sich mit diesem Trinkwasser-Installationssystem die Beschäftigung ihrer Giesserei gesichert. In der eigenen Fabrik werden die so gegossenen Stücke weiter bearbeitet. Im Bild erscheint jetzt eine grosse Auslegeordnung aller System Armaturenteile und der Sprecher erklärt weiter, dass alle diese Rotgussteile aus der eigenen Produktion, zusammen mit dem Kunststoff-Trinkwasserrohr aus Schweden zu einem vollständigen Sanitärsystem entwickelt worden sind, das unter dem Namen SANIPEX vermarktet wird. Während man jetzt auf dem Bildschirm Herrn Dätwyler sieht

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wie er Kursteilnehmern die Montage der Dosenwinkel und das Anwärmen des Rohres mit dem Anwärmgerät erklärt erfährt man, dass in Kursen Installateure aus der ganzen Schweiz mit dem System vertraut gemacht werden. In Grossaufnahme sieht man genau wie angewärmt wird, wie der Klemmring hochgeschoben und die Mutter angezogen wird. Weitere Bilder zeigen Kursteilnehmer im Schulungsraum. Dazu sagt der Sprecher, die Installation des Kunststoffrohres braucht weniger Zeit als die Verlegung verzinkter Rohre, trotzdem komme es etwa gleich teuer da das Material etwas kostspieliger sei. Die Berechnung werde auch an den Kursen ge-macht. In der Schweiz seien bis jetzt etwa 25'000 Wohneinheiten mit dem Sanipex System eingerichtet. Einfamilienhäuser, Spitäler, Altersheime wurden schon ohne Probleme ausgerüstet. Sollte ein Rohr einmal später verletzt werden, zum Beispiel bei einem Umbau, könne das Leitungsrohr ganz einfach aus dem schwarzen Schutzrohr herausgezogen und ersetzt werden. Im Bild sieht man eine Verteilbatterie mit Druck-reduzierventil, Feinfilter und darüber Sanipex Verteilbalken mit etwa achtzehn in die Decke verschwindenden Sanipex Leitungen und hört vom Sprecher, dass die Bran-chenkenner die Zukunft sehr optimistisch beurteilen. In ungefähr zehn Jahren solle das verzinkte Rohr vom Kunststoffrohr vollständig verdrängt sein. Solche Prognosen, fährt er weiter, locken natürlich die Konkurrenz an. Georg Fischer habe mit einem eigenen Kunststoffsystem nachgezogen. Jetzt sieht man eine Schau-wand mit Instaflex und hört, dass das Kunststoffrohr aus Dänemark komme und die Rotgussfittinge aus Deutschland importiert werden obwohl die eigene Giesserei nicht ausgelastet sei. Hier bei GF sei das Instaflexsystem nur entwickelt worden. Das schaffe aber keine Arbeitsplätze. Ein weiterer Konkurrent der auf den Zug aufgesprungen ist, heisst Huber & Co. in Basel. Er vertreibe ein ähnliches System wie Sanipex unter dem Namen Aquapex. Das Rohr komme ebenfalls von Wirsbo, die Fittings werden aber von einem ausländischen Hersteller bezogen. Vescol SA, eine Heizungsbedarfsfirma aus Vevey importiert ein französisches Patent. Das Rohr ist eine Art plastifiziertes Me-tallrohr. Nächsten Monat kommt ein weiterer Konkurrent auf den Markt, die Nussbaum AG in Olten mit dem System Optiflex. Im Moment gibt es aber erst ein Muster im Ausstellungsraum zu sehen. (wortgetreuer Kommentar ab Videoaufzeichnung) Von +GF+, Huber, Vescol und Nussbaum sieht man nur ganz kurze Filmsequenzen. Was vom Besuch bei JRG dagegen gezeigt und gesagt wurde, war natürlich Spitze. Für mich nahte der Pensionierungszeitpunkt. Am 20. Juli 1984 war der letzte Arbeitstag vor den Betriebsferien. Da ich Ende Monat mein 65. Alterjahr erreichte, bedeutete der 20. auch meinen definitiv letzten Arbeitstag. Bei einem kleinen Umtrunk am 18. Juli im Schulungsraum verabschiedete ich mich nach fast 43 Jahren von vielen langjährigen Arbeitskameraden. Es war vornehmlich eine schöne Zeit gewesen, bei der Entwicklung einer Firma vom Kleinbetrieb mit 20 bis 24 Leuten zum national und international anerkannten Unternehmen mit einigen hundert Mitarbeitern dabei gewesen zu sein und selbst einiges bewegt und Neues geschaffen zu haben.

Dazu noch einige Gedanken und Illustrationen auf den folgenden Seiten.

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Post Scriptum

Am Anfang meiner Erinnerungen schrieb ich, es sei müssig sich zu fragen, welchen Weg man gegangen und welche Entwicklung man genommen hätte, wenn man zu einem gewissen Zeitpunkt eine andere Entscheidung getroffen hätte. Für mich bleibt der 16. Dezember 1960 so ein Zeitpunkt. Wäre damals meine Entschei-dung gewesen, den Flug von Chicago nach New York trotz des hohen Fiebers anzu-treten, so hätte ich mein Ende in den Trümmern der DC 8 in Brooklyn gefunden. In mancher heutiger Leute Leben wäre vieles anders abgelaufen oder es hätte es teils gar nicht gegeben. Auch einen Jrgumaten hätte es nicht gegeben und die folgende Kettenreaktion wäre von ihm nicht ausgelöst worden: Schulthess Wolfhausen > Verzinkerei Zug > Lesen deren Hauszeitung "Zuger Rötel" > darin auf Tour Agenturer Stockholm aufmerksam werden > Entscheidung für Kontakt-Aufnahme mit TA > diese gibt Anstoss für Konstruktion grosser Mischer Jrgumat > und wird Grosskunde für solche > Weisung von TA Direktor Ragnar Garvé an Tochterfirma TA Deutschland, ebenfalls Jrgumaten ins Verkaufsprogramm zu nehmen > Verbin-dung mit TAD hat zur Folge, dass wir uns mit der Entwicklung eines Brauchwasser Installations-Systems mit den Kunststoffrohren Wirsbo-Pex befassten. Man darf sich fragen, ob es ohne Abfolge all des geschilderten Geschehens dieses Sanipex-System JRG überhaupt gäbe. Dem geneigten Leser sei es überlassen, seiner Phantasie freien Lauf zu lassen und ver-suchen sich vorzustellen, was heute alles sein könnte oder anders geworden wäre. Basel im Mai 2004 Max A. Tschudin Bis zum heutigen Tag bin ich trotz Pensionierung mit der Firma in persönlichem Kontakt verbunden und am Geschehen und der Entwicklung interessiert geblieben.

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Zur Erinnerung an frühere Zeiten

Durchschnittlich Beschäftigte in den einzelnen Abteilungen

Ausschnitt aus Lohnstatistik

1943

1942

1941

1940

1939

1938

Giesserei Dreherei Montage

Spedition

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Es war einmal …

Einziges Büro in den vierziger Jahren. Zwei Pulte, eines für Rudolf Gunzenhauser, eines für mich.

Montage, Schleif- und Poliererei. An der Werkbank links im Vordergrund, Vater Gunzenhauser, der Gründer der Firma.

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2 Schmelzöfen

Giessvorgang

Antrieb der Drehbänke mit Transmissionen

Dreherei nach Umbau auf Einzelantrieb

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1946 Bau eines Bürogebäudes und Shedhallen für Bearbeitung und Montage. Die bisherigen Gebäude werden als Giesserei benutzt.

Jacqueline Gunzenhauser mit Knaben Jacques und Hansruedi Herr und Frau Grütter mit Töchterchen

Max Tschudin mit Vater Am 6.8.1949 machte ich mit Herrn Grütter und Frau Gunzenhauser

und danach mit Rudolf Gunzenhauser und Frau Grütter je einen ca. halbstündigen Baselbieter Rundflug ab dem

ehemaligen Flugplatz Sternenfeld bei Birsfelden.

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Jack und Ann Gould in ihrem Heim in Detroit

Wiedersehen mit lieben Freunden

1973 Bau neuer Hallen und neue vollautomatische Formanlage in der Giesserei

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1976 Enid und Dennis Morcom, 4. und 5. von links, zu Besuch in Sissach

1977 D.G. Griswold von Cla-Val Long Beach mit Market Manager auf Sissacher Fluh

1978 Vorstellung von Sanipex an der Hilsa

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1983 so wird in der Kassensturzsendung das JRG Fabrikareal gezeigt

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Mein Abschiedstrunk am 18. Juli 1984

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Der von Fritz Bossert geschaffene Sanimax

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Einige Beispiele wie die Konstruktion einer Armatur, bei gleichbleibender Funktion, im Laufe der Jahre verändert und dabei optimiert worden ist.

Sicherheitsgruppe Druckreduzierventil JRGUMAT Thermomischer

für Geschirrspülmaschinen

für Einzelzapfstellen

für zentrale Mischwasser Versorgungs-

anlagen

Verpackung dient auch

zur Wärmedämmung

Anschlussfertige

Kompakt-Mischwasserinstallation

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Ganz zum Schluss noch ein Personen bezogener Rück und Ausblick

J.R. Gunzenhauser-Graf, der Gründer der Firma, an seinem 80. Geburtstag im Juli 1953

1962 wurde im Hotel Engel in Liestal das 75jährige Bestehen der JRG gefeiert. Das damalige Kader auf einen Blick. V.l.n.r. Ernst Gunzenhauser, Paul Armbruster,

Hans Gunzenhauser, Emil Husi, Max Tschudin und Rudolf Gunzenhauser.

Die heutige Führung der JRG

J.R. Gunzenhauser Delegierter des

Verwaltungsrates Vorsitz Geschäftsleitung

Jacques Gunzenhauser Präsident des

Verwaltungsrates

J.E. Gunzenhauser Forschung und

Entwicklung

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Abbildung einer bei einem ehemaligen Kunden erhalten gebliebenen und als historisches Dokument zur Verfügung gestellten Reparaturrechnung.

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JRG Gunzenhauser AG Hauptstrasse 130 CH-4450 Sissach T 061 975 22 22 F 061 975 22 00 E-Mail: [email protected] Internet: www.jrg.ch• • • • • •

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