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Erworbene Tiefendyslexie: Simulation des Concreteness-Effekts · KW²B² – 30. Juni 2001 Angela...

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Erworbene Tiefendyslexie: Simulation des Concreteness-Effekts Angela Heine & Rainer Bösel AG Kognitive Neuropsychologie, Institut für Allgemeine Psychologie, Biopsychologie und Kognitionspsychologie der Freien Universität Berlin KW²B² – 1. Kognitionswissenschaftliches Symposium Berlin-Brandenburg 30. Juni 2001
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KW²B² – 30. Juni 2001 Angela Heine & Rainer Bösel, FUB

Erworbene Tiefendyslexie: Simulation des Concreteness-Effekts

Erworbene Tiefendyslexie: Simulation des Concreteness-Effekts

Angela Heine & Rainer Bösel

AG Kognitive Neuropsychologie,Institut für Allgemeine Psychologie,

Biopsychologie und Kognitionspsychologie der Freien Universität Berlin

KW²B² – 1. Kognitionswissenschaftliches Symposium Berlin-Brandenburg

30. Juni 2001

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Erworbene Tiefendyslexie: Simulation des Concreteness-Effekts

Ausgewählte Symptome der erworbenen Tiefendyslexie

• Koinzidenz folgender Lesefehler:– Semantische: night ⇒ “sleep” + ocean ⇒ “sea”– Visuelle: scandal ⇒ “sandals” + while ⇒ “white”– Visuell-und-Semantische: shirt ⇒ “skirt ”– Visuell-dann-Semantische: sympathy ⇒ “orchestra”

• Leseperformanz ist abhängig von Eigenschaften der Wörter:– Concreteness-Effekt: Konkrete Wörter werden besser verarbeitet als

abstrakte, auftretende Lesefehler sind deutlich konkreter als die Stimulus-Wörter

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Erworbene Tiefendyslexie: Simulation des Concreteness-Effekts

Klassische Ansätze im Vergleich zum Modell von Hinton & Shallice

• Annahme gleichzeitiger Schädigung mindestens zweier Strukturen, die an der Verarbeitung geschriebenen Worts beteiligt sind:– Ausfall der phonologischen sowie– Störung der semantischen Verarbeitung

• Hinton & Shallice (1991): Erste konnektionistische Studieder Tiefendyslexie zeigt gemeinsames Auftreten semantischer und visueller Lesefehler nachLäsion in nur einer Ebene eines rekurrenten künstlichen neuronalen Netzes, das zuvor gelernt hatte, ein Korpus von 40 Wörtern zu lesen.

28 orthographic units

40 hidden units

68 semantic units60 cleanup units

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Erworbene Tiefendyslexie: Simulation des Concreteness-Effekts

Erweiterung der Studie durch Plaut & Shallice

Plaut & Shallice (1993): Der Concreteness-Effekt

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• Zweites Korpus aus 20 abstrakt-konkret Wortpaaren: z.B. “TACT-TART”und “HINT-HIND”, die sich jeweils in nur einem Buchstaben unterscheiden

• 32 Units der Input-Schicht kodieren die 40 Wörter orthographisch, 98 Units der Output-Schicht kodieren alle semantischen Eigenschaften.

• Gemäß Jones’ Ease-of-Predication Modell werden abstrakte Wörter mit ∅ 5, konkrete Wörter mit ∅ 15 semantischen Eigenschaften umschrieben.

• Semantische Eigenschaften sind z.B. “indoors”, “relates-money”; die Eigenschaften abstrakter und konkreter Wörter überschneiden sich nicht.

• Nach Läsion der Verbindungen zwischen Input- und Zwischenschicht zeigt das Netz die bekannte Kombination von semantischen und visuellen Fehlern.

• Die Fehlerquote ist nach abstrakt-Wort Input signifikant höher, als bei konkreten Wörtern. Paralexien sind überzufällig häufig konkrete Wörter.

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Erworbene Tiefendyslexie: Simulation des Concreteness-EffektsDas Plaut & Shallice Korpus – Kodierung semantischer Eigenschaften:

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Erworbene Tiefendyslexie: Simulation des Concreteness-Effekts

Modell der Symptomentstehung von Hinton, Shallice & Plaut, Teil I

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Erworbene Tiefendyslexie: Simulation des Concreteness-Effekts

Modell der Symptomentstehung von Hinton, Shallice & Plaut, Teil II

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Erworbene Tiefendyslexie: Simulation des Concreteness-Effekts

Unsere Kritik am Vorgehen von Plaut & Shallice

Kann der Concreteness-Effekt als Eigenschaft des künstlichen Attraktornetzwerkes bezeichnet werden, oder beeinflußt das Design des Korpus den Output der Netzes unzulässig?

⇒ Spiegelte der Concreteness-Effekt, wie ihn Plaut & Shallicebeobachten, lediglich eine Eigenschaft der Wortliste wider, so würde bei einer Untersuchungsanordnung, die die Probleme des Plaut & Shallice-Korpus umgeht, der Anteil der “other-word-type”-Fehler (d.h., ein abstraktes Input-Wort verursacht als Fehler-Output ein konkretes Wort) deutlich sinken.

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Erworbene Tiefendyslexie: Simulation des Concreteness-Effekts

• Schritt 1: Replikation der Ergebnisse von Plaut & Shallice.

• Schritt 2: Revision des Ansatzes– Revidiertes Korpus aus 20 abstrakt-konkret Wort-Quadrupeln:

z.B. und

– 42 Units der Input-Schicht kodieren die 80 Wörter orthographisch, 160 Units der Output-Schicht erfassen alle semantischen Eigenschaften.

– In Teil 1 der Korpus überschneiden sich semantische Eigenschaften abstrakter und konkreter Wörter nicht, in Teil 2 gibt es Überschneidungen.

– Ein dreischichtiges rekurrentes Netzwerk wird mittels eines recurrent-backpropagation Algorithmus’ trainiert die 80 Wörter zu lesen.

– Anschließend werden 30% aller Verbindungen zwischen Input- und Zwischenschicht entfernt.

Revision der Studie von Plaut & Shallice

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BEAM SEAMBEAT SEAT

ROLE MOLERULE MULE

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Erworbene Tiefendyslexie: Simulation des Concreteness-EffektsDas alternative Korpus – Kodierung semantischer Eigenschaften:

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Erworbene Tiefendyslexie: Simulation des Concreteness-EffektsUnser Netz:

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Erworbene Tiefendyslexie: Simulation des Concreteness-Effekts

Ergebnisse: Anteile “same-word-type” und “other-word-type” Fehler

Corpus

RevisionPlaut&Shallice

Pro

porti

ons

of E

rror

s

100%

50%

0%

Input->err. w type

Conc.->other w. type

Conc.->same w. type

Abst.->other w. type

Abst.->same w. type

Unter Bedingung 2 (Revision) ist der Anteil der beim Lesen abstrakter Wörter auftreten-den Paralexien, die konkreter sind als die jeweiligen Input-Wörter, höher als unter Bedingung 1 (Plaut&Shallice)!

45,9

55,2

17,3

25,0

FAZIT: Der Concreteness-Effekt erweist sich als vom Korpusunabhängig. Er kann somit als eine Eigenschaft des künstlichen neuronalen Netzwerks angenommen werden.

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Erworbene Tiefendyslexie: Simulation des Concreteness-Effekts

Ergebnisse: “same-w.-t.”- und “other-w.-t.”-Anteile der visuellen Fehler

Corpus

RevisionPlaut&Shallice

Pro

porti

ons

of E

rror

s

100%

50%

0%

Input->err. type

Conc->vis. err.

Conc->vis/oth. wtype

Conc->vis/same wtype

Abst->vis. err.

Abst->vis/oth. wtype

Abst->vis/same wtype

Die Anteile der beim Lesen abstrakter Wörter auftretenden visuellen Paralexien, die konkrete Wörter sind, sind unter beiden Untersuchungs-bedingungen gleich!

Bei Korpus 1 (Plaut & Shallice) sind 89,3% aller visuellen Fehler auf abstrakten Input konkrete Wörter, bei Korpus 2 (Revision) sind es 89,4%.

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Erworbene Tiefendyslexie: Simulation des Concreteness-Effekts

Ergebnisse: Verteilung der Fehlerarten

Corpus

RevisionPlaut&Shallice

Pro

porti

ons

of E

rror

s

100%

50%

0%

Input->err. type

Conc.->vis. err.

Conc.->sem. err.

Conc.->unrl. err.

Abst.->vis. err.

Abst.->sem. err.

Abst.->unrl. err.

Die Anteile der Fehler-arten unterscheiden sich insgesamt nicht signifikant zwischen den beiden Bedingungen!

Lediglich bei abstrakten Inputwörtern steigt der Anteil derjenigen Fehler, die weder visuell noch semantisch mit dem Input verwandt sind (“unrelated”) von 16,7% auf 31,5%.

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Erworbene Tiefendyslexie: Simulation des Concreteness-Effekts

Literatur

Coltheart, M. (1980). Deep dyslexia: a review of the syndrome.In M. Coltheart, K. Patterson & J. C. Marshall (Eds.),Deep Dyslexia. London: Routledge & Kegan Paul.

Hinton, G. E. & Shallice, T. (1991). Lesioning an Attractor Network: Investigations of Acquired Dyslexia. Psychological Review, 98, 74-95.

Jones, G. (1985). Deep Dyslexia, Imageability, and Ease of Predication. Brain and Language, 24, 1-19.

Plaut, D. C. & Shallice, T. (1993). Deep Dyslexia: A Case Study of Connectionist Neuropsychology. Cognitive Neuropsychology, 10, 377-500.

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Erworbene Tiefendyslexie: Simulation des Concreteness-Effekts

Läsionen 2: Anteile “same-word-type” und “other-word-type” Fehler

Corpus

RevisionPlaut&Shallice

Pro

porti

ons

of E

rror

s

100%

50%

0%

Input->err. w. type

Conc.->other w. type

Conc.->same w. type

Abst.->other w. type

Abst.->same w. type

Appendix 1

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Erworbene Tiefendyslexie: Simulation des Concreteness-Effekts

Läsionen 2: “same-w.-t.”- und “other-w.-t.”-Anteile der visuellen Fehler

Corpus

RevisionPlaut&Shallice

Pro

porti

ons

of E

rror

s

100%

50%

0%

Input->err. type

Conc->vis. err.

Conc->vis/oth. wtype

Conc->vis/same wtype

Abst->vis. err.

Abst->vis/oth. wtype

Abst->vis/same wtype

Appendix 2

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Erworbene Tiefendyslexie: Simulation des Concreteness-Effekts

Läsionen 2: Verteilung der Fehlerarten

Corpus

RevisionPlaut&Shallice

Pro

porti

ons

of E

rror

s100%

50%

0%

Input->err. type

Conc.->vis. err.

Conc.->sem. err.

Conc.->unrl. err.

Abst.->vis. err.

Abst.->sem. err.

Abst.->unrl. err.

Appendix 3


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