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Erfolgreiche Mutterschaft trotz Uterus myomatosus - kup.at · burtshilflichen (Abortus imminens,...

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Geburtshilfe ∕ Frauen-Heilkunde ∕ Strahlen-Heilkunde ∕ Forschung ∕ Konsequenzen Homepage: www.kup.at/speculum Online-Datenbank mit Autoren- und Stichwortsuche P.b.b. 02Z031112 M, Verlagsort: 3003 Gablitz, Linzerstraße 177A/21 Krause & Pachernegg GmbH • Verlag für Medizin und Wirtschaft • A-3003 Gablitz Strauss A Erfolgreiche Mutterschaft trotz Uterus myomatosus Speculum - Zeitschrift für Gynäkologie und Geburtshilfe 2009; 27 (4) (Ausgabe für Österreich), 7-17 Speculum - Zeitschrift für Gynäkologie und Geburtshilfe 2009; 27 (4) (Ausgabe für Schweiz), 7-7
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Geburtshilfe ∕ Frauen-Heilkunde ∕ Strahlen-Heilkunde ∕ Forschung ∕ Konsequenzen

Homepage:

www.kup.at/speculum

Online-Datenbank mit Autoren-

und Stichwortsuche

P.b.b. 02Z031112 M, Verlagsort: 3003 Gablitz, Linzerstraße 177A/21

Krause & Pachernegg GmbH • Verlag für Medizin und Wirtschaft • A-3003 Gablitz

Strauss A

Erfolgreiche Mutterschaft trotz Uterus myomatosus

Speculum - Zeitschrift für Gynäkologie und Geburtshilfe 2009; 27 (4)(Ausgabe für Österreich), 7-17

Speculum - Zeitschrift für Gynäkologie und Geburtshilfe 2009; 27 (4)(Ausgabe für Schweiz), 7-7

T h o m a s S t a u d i n g e r

M a u r i c e K i e n e l

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2. Auflage Jänner 2019ISBN 978-3-901299-65-078 Seiten, div. Abbildungen19.80 EUR

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27. Jahrgang, 4/2009

Erfolgreiche Mutterschaft trotzUterus myomatosus

A. Strauss

Zusammenfassung

Bei 20 % aller Frauen im reproduktionsfähi-gen Alter lassen sich Myomknoten in der Ge-bärmutter finden. 4 % aller Schwangerschaf-ten sind durch die Koinzidenz von Myomenkompliziert. Da diese mit dem Eintritt, demVerlauf und dem Ende einer Schwangerschaftin Konflikt geraten können, werden in Ab-hängigkeit des Zeitpunkts ihrer Diagnose bzw.des Auftretens einer myomspezifischen Sym-ptomatik unterschiedliche Therapiekonzepte(konservative Betreuung vs. operative Myo-menukleation) verfolgt.

■ Vor einer Schwangerschaft

– Myome können in Abhängigkeit ihrer Lo-kalisation, Größe und Anzahl sowohl denEintritt einer Schwangerschaft erschwe-ren als auch das Frühabortrisiko steigern.

– Von einer präkonzeptionellen Myomenu-kleation kann eine Erhöhung der Schwan-gerschaftsrate bei einer gleichzeitigen Ver-minderung des Frühabortrisikos erwartetwerden.

– Das Austragen einer Schwangerschaft inder voroperierten Gebärmutter ist aller-dings mit den Risiken einer Plazenta-tionsstörung und/oder Uterusruptur ver-bunden.

■ Während einer Schwangerschaft

– Die Mehrzahl der Myome in graviditate (60 %)bleibt klinisch stumm und erfordert keinemedizinische Intervention.

– Direkte mechanische Effekte eines Uterusmyomatosus auf den Fetus (Kompression)bzw. die Plazentafunktion (Architekturstö-rung der Vaskularisation) haben potenziellnegativen Einfluss auf die Entwicklung desKindes und auf den Verlauf der Schwanger-schaft.

– Eine Myomenukleation während derSchwangerschaft ist nur selten bei akuten,

konservativ nicht beherrschbaren Beschwer-den bzw. myombedingten Schwanger-schaftskomplikationen zu erwägen und istdabei meist mit erheblichen Operations-risiken für Mutter und Kind verbunden.

■ Während einer vaginalen Geburt/Sectio caesarea

– Einer vaginalen Geburt steht bei Uterusmyomatosus häufig nichts im Wege.

– In Abhängigkeit ihrer Lage können Myomedurch Formveränderung des Uterus denGeburtskanal verlegen (Geburtshindernis)bzw. durch sekundäre funktionelle Auswir-kungen auf die Kontraktilität des Myome-triums (Wehenschwäche, Atonie, Subinvo-lutio uteri) Einfluss auf Geburt und Wo-chenbett nehmen.

– Die simultane Myomenukleation im Rahmeneiner Sectio caesarea bedarf der Risikoabwä-gung verglichen mit einer Operation im In-tervall. Dem Nachteil der ungünstigerenoperativen Ausgangssituation (Blutungs-risiko, Veränderung der Anatomie) im Rah-men des Kaiserschnitts steht der Vorteil deseinzeitigen Vorgehens gegenüber.

■ Schwangerschaft nach einerMyomenukleation

– Schwangerschaften nach Myomenuklea-tion sind vom Risiko der Narbenruptur (beiintramuralem Myomeingriff: 0,002–0,5 %)bedroht.

– Die Gefährdung durch Eröffnung des Ca-vum uteri wird uneinheitlich bewertet.Dabei gewinnt nicht der chirurgische Zu-gang (endoskopisch oder laparotomisch), son-dern sekundäre Parameter wie Nahttech-nik, Hämatom, Nekrosezone maßgeblichenEinfluss auf das Risiko.

– Die Narbe der Myomenukleationsstelle(Störung der Wandarchitektur) kann zumPrädilektionsort einer Plazentationsstörung(Plazenta accreta, increta, percreta) werden.

For personal use only. Not to be reproduced without permission of Krause & Pachernegg GmbH.

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Gutartige Muskelknoten stellen diehäufigste Veränderung der Gebär-mutter im reproduktionsfähigenAlterdar. Hinsichtlich der Entste-hung von Myomen besteht ein Zu-

sammenhang mit dem Lebensalter, der Dauerdes Östrogeneinflusses und der ethnischenHerkunft (höhere Prävalenz bei schwarzafri-kanischer afroamerikanischer Bevölkerung)der Patientin. Myome bestehen aus Muskel-zellen des Uterus, die sich durch eine ver-mehrte Östrogenrezeptorexpression vom um-gebenden Myometrium unterscheiden. DerÖstrogeneffekt auf die Myomentstehung und-größe wird durch weitere Wachstumsfak-toren („epidermal growth factor“, „plateletderived growth factor“, „insulin-like growthfactor“) unterstützt. Ihre Symptomatik be-ziehen Myome aus ihrer lokalen expansivenWachstumstendenz. Die Entstehung einesUterusmalignoms in oder ausgehend voneinem Myom ist nur sehr selten (0,1 %) zubefürchten. Differenzialdiagnostisch ist be-sonders bei rascher Größenzunahme und/oder weicher Konsistenz ein Uterussarkom(histopathologisches Kriterium: Mitosereich-tum) abzugrenzen [1, 2].

Bei etwa 20 % aller Frauen ist ab demdritten Lebensjahrzehnt mit der Entste-hung eines Myoms zu rechnen. Daher istdie Koinzidenz dieser gutartigen Muskel-geschwülste mit einer Schwangerschaftnicht selten (2–4 %). In 77 % sind Myomedabei singuläre Befunde. Nur in knapp ei-nem Viertel der Fälle liegt eine Form des

Uterus myomatosus mit mehreren Knotenvor. Das Vorhandensein von Myomen kanndabei mit dem Eintritt, dem Verlauf unddem Ende einer Schwangerschaft in Kon-flikt geraten. Überwiegend verlaufen dieseSchwangerschaften (60 %) allerdings asymp-tomatisch [3].

Bei Patientinnen mit Kinderwunsch stelltsich die Frage nach dem Einfluss von Myo-men auf die Schwierigkeit des Eintritts ei-ner Schwangerschaft. Dabei weisen die zurVerfügung stehenden Daten auf inverseKorrelationen des Schwangerschaftsein-tritts mit der Lagebeziehung, der Größeund der Anzahl von Myomen in absteigen-der Bedeutung hin. Submuköse bzw. intra-murale Myome mit Cavumkompression bzw.> 40 mm Durchmesser interferieren nega-tiv mit der regelhaften Uteruskontraktilitätund wirken sich dadurch ungünstig aufSpermienaszension und Eizelltransport aus.Zudem bedingen diese Muskelknoten überfokale Anomalien der endomyometranenVaskularisation und lokale Entzündungs-prozesse vermittelt durch die Sekretion vaso-aktiver Substanzen eine Häufung von Im-plantationsversagen und gesteigertenFrühabortraten (Abb. 1a–c) [4].

Typische Komplikationen, welche gutar-tige Gebärmuttergeschwülste während derSchwangerschaft verursachen können,sind:– Schmerzen (13–15 %)– Fehlgeburtsneigung– Vorzeitige Wehentätigkeit– Vorzeitiger Blasensprung– Vorzeitige Plazentalösung– Blutung– Kindliche Einstellungsanomalie– Plazentainsuffizienz (intrauterine fetale

Wachstumsrestriktion – IUGR)

Das Missverhältnis zwischen Größenzunah-me und vaskulärer Versorgung kann in 8–10 % der Fälle eine Myomdegeneration (zen-trale Zerfallserscheinungen, Kolliquation)auslösen, welche bei einem Teil der Patien-

1a:Submuköses Myom:

Transvaginal-sonographische

Darstellung einesintrakavitären

Myomknotens mittelsHydrosonographie.

1b:Intramurales Myom:

TransabdominelleSonographie eines

intramural gelegenengroßen Myoms am

Fundus uteri.

1c:Subserös gestieltesMyom: Transvaginal-sonographischeDarstellung einesMyomknotens mitwabig inhomogenersonographischerBinnenstruktur.

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tinnen in ausgeprägtem akutem Schmerz,Übelkeit und Erbrechen, Fieber oder Fehl-/Frühgeburtsbestrebungen ihre klinische Ent-sprechung findet (Abb. 2a–b). Verursachtder Myomdruck eine Endometriuminflam-mation, kann diese zur vorzeitigen Wehen-tätigkeit und zusammen mit der veränder-ten Uterusanatomie zu Frühgeburtsbestre-bungen, einer eingeschränkten kindlichenNährstoffversorgung und/oder der Induktioneines Abortes (häufiger bei multiplen Myo-men) führen. Ist ein Myom stark durchblu-tet, beeinflusst es in Abhängigkeit seinerrelativen Lage zur Plazenta nicht nur derenPerfusion, sondern bei einem Plazentasitzdirekt unterhalb eines großen Myoms auchdie Implantation des Mutterkuchens. Plazen-tainsuffizienz und konsekutive Wachstums-restriktion können dann die Folge für dasKind sein [5].

Direkte Auswirkungen auch großer Myo-me auf den Embryo/Fetus sind dagegensehr selten. Vereinzelt wird über kompres-sionsbedingte Deformationen, bevorzugt derkindlichen Extremitäten (z. B. Amelie), be-richtet (Abb. 3) [6].

Ein geburtsmechanisches Hindernis stelltdie zervikale Lokalisation von Myomen dar(Abb. 4). Durch Ureterkompression können(sehr) große Myome zusätzlich zur schwan-gerschaftstypischen, progesteronbedingtenUreterdilatation eine mütterliche Hydrone-phrose begünstigen.

Nach der Geburt stellt ein Myom ein po-tenzielles Hindernis für die Involution des

Uterus dar und leistet so unter Umständeneiner entsprechend verstärkten postparta-len Blutung Vorschub (Tab. 1).

Bei der Einschätzung und Bewertung derKomplikationsmöglichkeiten von Myomen imZusammenhang mit Konzeption, Schwan-gerschaftsverlauf und -betreuung wie auchder Indikation zum operativen Eingriff vor,während oder nach der Schwangerschaftspielt ihre Lokalisation im Verhältnis zurGebärmutterwand eine entscheidende Rol-le. Ihre Lage und Beziehung zur Uterus-wand sonographisch exakt festzulegen, ge-winnt daher entscheidende diagnostische/prognostische Bedeutung (Abb. 5) [7].

In der Schwangerschaft wird eine Grö-ßenzunahme der Myome bei 15–30 % derbetroffenen Frauen beobachtet. Diese beruhtdabei vorwiegend auf einer Ödembildungund Schwellung der Zellen infolge von vas-kulären Zirkulationsstörungen und weni-ger auf tatsächlichem Wachstum (Hyper-plasie). Des Weiteren werden für dieses Myom-wachstum in graviditate physiologischer-weise erhöhte Steroidhormonspiegel ver-antwortlich gemacht. Hinsichtlich der exak-ten pathophysiologischen Mechanismenbesteht allerdings noch wissenschaftlicherKlärungsbedarf. Daneben lässt sich ein Zu-sammenhang bezüglich der Wahrschein-

2a:Kolliquationsnekrose:

Transvagnial-sonographischeDarstellung des

zentralen Zerfallseines großen

Fundusmyoms.

2b:Zentral zerfallendesMyom: Magnetreso-

nanztomographischeDarstellung eines

großen ernährungs-gestörten Myoms mit

ausgedehnterzentraler Erweichungim Transversalschnitt.

3:Extremitätendefektbeim Fetus:Bei großem Uterusmyomatosus ingraviditate sonogra-phische Darstellung(22. SSW) des rechtenkindlichen Armes.Distal der Handwurzelvollständiges Fehlender rechten Hand.

4:Magnetresonanz-tomographie in der18. SSW: GroßesMyom am isthmo-zervikalen Übergangmit Kranialverdrän-gung des Feten in denFundus uteri (absolu-tes Geburtshindernis).

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lichkeit des größten Wachstums und demjeweiligen Durchmesser des Myoms in Ab-hängigkeit des Gestationsalters herstellen.Bei Myomen > 60 mm besteht die Neigung

zur Größenzunahme bevorzugt im 1. Trime-non, gefolgt von einem Wachstumsstill-stand bzw. einer Reduktion des Volumensin höherem Gestationsalter. Für kleinereMyome (< 60 mm) darf man indessen einWachstum vorwiegend bis zum Ende des2. Trimenons erwarten, um erst danach eben-falls die Größenveränderung festzustellen.Unabhängig der Größe und des bisherigenWachstumverlaufs verändert sich das Volu-men von Myomen im 3. Trimenon in derRegel nicht mehr. Ein Drittel aller Myomeändert die Größe während der Schwanger-schaft kaum bzw. nicht [8].

Anamnese, klinische Symptomatik und Pal-pation sind bei Uterus myomatosus in derSchwangerschaft wie außerhalb derselbendiagnostisch wegweisend. Bei Blutung oderabdominellen Schmerzen müssen neben ge-burtshilflichen (Abortus imminens, vorzei-tige Plazentalösung, Placenta praevia) undgynäkologischen Differenzialdiagnosen (Ad-nexzyste, Zystenruptur oder -einblutung,Ovarialtorsion, Sarkom) auch chirurgische(Appendizitis, Divertikulitis) oder urologi-sche Krankheitsbilder (Zystitis, Pyelonephri-tis, Urolithiasis) abgegrenzt werden. Einetransvaginale oder transabdominelle Sono-graphie ist das bildgebende Verfahren derWahl. Damit ist Aufschluss über die Lage, dieGröße und die Form der Myome auch inRelation zum Feten zu gewinnen. Beson-ders zu beachten sind dabei Größenver-änderungen und/oder Myomkomplikationen(Ernährungsstörung, zentrale Erweichung,Kolliquationsnekrose, Torsion).

In fortgeschrittenem Schwangerschafts-alter sind Muskelknoten, vor allem an der Ge-bärmutterhinterwand, bisweilen nur schwerzu identifizieren bzw. im Verlauf sonogra-phisch nicht mehr suffizient zu verfolgen.Ergänzend kann bei komplexen Befundendaher die Magnetresonanztomographie wei-tere Informationen liefern (Abb. 4). Solan-ge auf eine Kontrastmittelgabe verzichtetwerden kann, ist eine Beeinträchtigung derSchwangerschaft durch die Kernspintomo-graphie dabei nicht zu befürchten [9]. Ne-ben der direkten Visualisierung des Gebär-muttertumors ergänzen regelmäßige Bio-metriekontrollen des kindlichen Wachstums,gegebenenfalls kombiniert mit der doppler-sonographischen Untersuchung des feto-ma-ternalen Blutflusses, das engmaschige Über-wachungsregime dieser Risikoschwanger-schaften. So kann einer drohenden Placen-tainsuffizienz in der Schwangerschaftsbe-treuung frühzeitig Rechnung getragen wer-

5: Topographische Bezeichnung von Myomen gemäß ihrer Lokalisationzur Gebärmutter: Myome des Corpus uteri mit subseröser (1), submuköser(2), intramuraler (3) und intraligamentärer (4) Lokalisation. Davon abzu-grenzen: Zervixmyom (5).

Tabelle 1: Symptomatik eines Uterus myo-matosus in der Schwangerschaft und zur Ge-burt.

Maternal■ Abort■ Blutung■ Schmerzen■ Fieber■ Vorzeitige Wehentätigkeit mit Frühgeburts-

bestrebungen■ Vorzeitige Plazentalösung■ Ureterkompression (Hydronephrose, Pyelone-

phritis)■ Geburtsmechanisches Hindernis■ Postpartal: Involutionsstörung, atonische

Nachblutung, Endomyometritis

Fetal■ Plazentainsuffizienz, intrauterine Wachstums-

restriktion■ Fetale Fehlbildungen (Extremitätendefekte)

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den (Abb. 6). Laborchemisch kann der An-stieg diverser Entzündungsparameter (Leu-kozyten, C-reaktives Protein) eine begin-nende oder manifeste Myomdegenerationerkennen lassen.

Behandlung des Uterusmyomatosus

Myome verursachen bei Weitem nicht beiallen Frauen Symptome und bleiben dahergar nicht selten über längere Zeit unbe-merkt. Nachdem es sich bei diesen Muskel-geschwülsten um gutartige Knoten der Ge-bärmutter handelt, ist die Behandlung asymp-tomatischer Myome häufig nicht erforder-lich. Ein längerfristig abwartendes Verhal-ten unter klinischer wie sonographischerKontrolle kann sich für viele Patientinnenals erfolgreiche Strategie erweisen. NebenSchmerzen (Drucksymptomatik) und Blu-tungsstörungen, die zur Behandlung einesMyoms Anlass geben, kommt bei der jun-gen Frau allerdings auch die mögliche ne-gative Beeinflussung einer geplanten oderbereits eingetretenen Schwangerschaft alsEingriffsindikation hinzu (Tab. 2) [10].

Prinzipiell steht zur Myombehandlung einemedikamentöse, interventionell radiologi-sche und operative Therapievariante zur Ver-fügung. Am wenigsten eingreifend könnenzeitlich unabhängig zu einer Schwanger-schaft zur hormonal bedingten Größenre-duktion von Myomen orale Kontrazeptiva,GnRH-Analoga, -Antagonisten oder SERMszum Einsatz kommen. Das Behandlungs-ziel ist dabei vorwiegend symptomatischoder präoperativ-adjuvant determiniert. EineMyomembolisation als radiologisch geführ-te Kathetertechnik ermöglicht durch Dros-selung des Blutzuflusses zum Myomknoteneine minimal-invasive Behandlungsalter-native zur operativen Entfernung des Kno-tens (Abb. 7). Die chirurgischen Behand-lungsansätze unterscheiden sich vorwie-

gend nach dem Grad ihrer Invasivität undin ihrem Zugang zum Myom. Die hystero-skopische, laparoskopische oder offen chir-urgische organerhaltende Myomenuklea-tion ist dabei von das Organ bzw. Organteileentfernenden Eingriffen (totale Hysterekto-mie, suprazervikale Hysterektomie) zu un-terscheiden (Abb. 8–10). Alternativ kanndie operative Unterbindung der zuführen-den Arterien (Aa. uterinae) erfolgen. Durchdiese Maßnahme kann eine relative Größen-reduktion der Myome um bis zu 45 % er-reicht werden [11].

■ Vor einer geplanten Schwangerschaft

Vor einer geplanten Schwangerschaft er-weitert sich das Indikationsspektrum zurMyombehandlung über den symptombezo-genen Ansatz hinaus um jene Eingriffe,welche auf eine Erhöhung der Fertilitäts-chancen (Kinderwunschpatientin) und eineVerminderung von Komplikationen durcheinen Uterus myomatosus in graviditateabzielen. Von den generell zur Verfügungstehenden operativen Methoden kommt indieser Situation nur der organerhaltendenChirurgie (Hysteroskopie, Laparoskopie, La-parotomie) Bedeutung zu. Eine medika-mentöse Größenreduktion wirkt sich auf-grund ihres temporären Charakters undder Interferenz der verwendeten Wirkstoffemit dem Eintritt einer Schwangerschaftunter dem Gesichtspunkt der Verbesserung

6:Sonographie im

2. Schwanger-schaftstrimenon:

50 mm durchmessen-des Vorderwandmyom

(A und B). In derFruchthöhle

Transversalschnitt desfetalen Abdomens (C).

7:Myomembolisation:AngiographischeDarstellung desGefäßbaums desMyoms mit einge-führtem Katheter.Die Blutversorgungwird durch die Injek-tion von Mikrosphärenin die versorgendenGefäße unterbrochen.

Tabelle 2: Behandlungsindikationen von Myo-men im Zusammenhang mit Schwangerschaftund Geburt.

(Unerfüllter) KinderwunschFehl-/FrühgeburtsneigungDruckgefühl/SchmerzSymptomatischer HarnstauBlutung(Rasche) Größenzunahme/Geburtshindernis

Erweichung/Kolliquationsnekrose, Infektion,Stieldrehung („kompliziertes Myom“)

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der Aussichten auf ein Kind als nicht ziel-führend aus. Obwohl vorwiegend akziden-telle Schwangerschaften mit günstigem Aus-gang auch nach Myomembolisation be-schrieben sind und eine Studie zur Myom-embolisation bei Kinderwunschpatientin-nen eine Rate von 31 % erfolgreicher Schwan-gerschaften berichtet, stellt ein bestehen-der Kinderwunsch aufgrund des Risikos post-interventioneller Komplikationen derzeit eineKontraindikation zur Anwendung dieserradiologisch-interventionellen Kathetertech-nik dar.

Metaanalytische Daten zum Nutzen derpräkonzeptionellen Myomenukleation wei-

sen eine Steigerung der Schwangerschafts-raten (33 % → 40–50 %) nach, welche sichim IVF-Kollektiv auch in einer Steigerungder Geburtenraten (12 % → 25 %) nieder-schlägt. Dieser Effekt lässt sich allerdingsbei Betrachtung aller Patientinnen (+ Spon-tankonzeption) nicht mehr nachweisen. BeiSubgruppenbetrachtungen ist für die hystero-skopische Abtragung submuköser Myomeder größte Effekt (RR 1,72; 95%-CI 1,13–2,58) zu erwarten. Ein ebenfalls signifikan-ter Vorteil ist für die Gruppe intramuralerMyome mit einem Durchmesser > 40 mm(in anderen Studien > 50 mm), besondersbei Kompression des Cavum uteri, im Sin-ne einer Erhöhung der Implantationsraten,nachweisbar (Tab. 3). Gleichzeitig kann da-mit in dieser Gruppe auch die Abortwahr-scheinlichkeit von 60 % auf 24 % reduziertwerden (Tab. 4, 5) [12, 13]. Problematischwirken sich in diesem Zusammenhang aberdie unmittelbar postoperativen Komplikati-onen wie auch die potenziell schädlichen Fol-gen für den Eintritt (Adhäsiones, Synechi-en) und den Verlauf einer zukünftigenSchwangerschaft/Geburt (Plazentations-störung, IUGR, Uterusruptur, peripartaleKontraktionsstörungen) aus [14]. Danebenbeeinflusst eine Myom-Rezidivrate von mehrals 25 % den dauerhaften Operationserfolg.Zusammenfassend scheint es für subseröseund kleine intramurale Myome (< 40 mm)keine Operationsindikation vor einer ge-

Tabelle 3: Lokalisation von Myomen und Er-folgswahrscheinlichkeit einer IVF-Behandlung(OR, 95%-CI): Eine Reduktion der Schwan-gerschafts- und Geburtenraten ist am deut-lichsten für submuköse (um 70 %) und intra-murale Myome (um 20 % bzw. 30 %) nach-weisbar. Bezogen auf alle Myome findet sichnur eine im Trend verminderte Schwanger-schaftsrate, wogegen die Geburtenrate (um20 %) signifikant vermindert ist.

Schwanger- Geburten-schaftsrate rate

Submuköse Myome 0,3 (0,1–0,7) 0,3 (0,1–0,8)Intramurale Myome 0,8 (0,6–0,9) 0,7 (0,5–0,8)Subseröse Myome 1,2 (0,8–1,7) 1,0 (0,7–1,5)

Alle Myome 0,8 (0,7–1,0) 0,8 (0,6–0,9)

Tabelle 4: Einfluss von Myomen auf eine geplante/eingetretene Schwangerschaft.

„Schwangerschaftshindernis“ „Schwangerschaftskomplikation“ „Geburts-/(Keine Schwangerschaft (Schwangerschaft trotz Myom) Nachgeburtskomplikation“aufgrund eines Myoms) (Schwangerschaft trotz Myom

bzw. nach Myomoperation)

FolgeImplantationsbehinderung Fehlbildung (fetale Extremitäten) GeburtshindernisOvulationshemmung Vorzeitige Wehen/Frühgeburt Einstellungsanomalien (BEL, QL)Befruchtungsstörung Ernährungsstörung (Schmerzen) Vorzeitige Plazentalösung

Plazentainsuffizienz Wehenkoordination (Wehen-schwäche)

Plazentationsstörung UterusrupturMangelnde Kontraktilität postpartum (Plazentalösungsstörung,Blutung, Atonie, Rückbildung)

Ergebnis

Kein Kind Zu frühes/beeinträchtigtes Kind Peripartales Risiko für Kind/Mutter

Submukös Intramural Subserös

Abort Abort SchmerzenVorzeitige Vorzeitige Komplikationen (Ernährungs-Plazentalösung Plazentalösung störung, Torsion) SSW 20–22

Schwangerschafts- Schwangerschafts- Schwangerschaftsrate 33,5 %rate 9 % rate 33,5 %

Tabelle 5: Lagebeziehungvon Myomen zur Uterus-wand und ihre häufigstenAuswirkungen auf dieSchwangerschaft.

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planten Schwangerschaft zu geben. Dage-gen profitieren Patientinnen mit submukö-sen und großen intramuralen Muskel-knoten (> 40 bzw. 70 mm) besonders, wenngleichzeitig eine Cavumbeteiligung vorliegt,von einer prophylaktischen Myomenuklea-tion. Hinsichtlich des Vorgehens bei allenübrigen Myomen wie auch ihrem multip-len Vorkommen bleiben die Einschätzun-gen uneinheitlich. Dabei stehen diese Emp-fehlungen auf dem Boden aussagekräftigerretrospektiver Daten, da prospektiv rando-misierte Studien zum Einfluss der offenenwie auch laparoskopischen Myomenuklea-tion auf eine bestehende Sterilität bzw.Schwangerschaft und Geburt derzeit nochfehlen [15].

■ Laparoskopie versus Laparotomie

Die Wahl des operativen Zugangs wird vonder anamnestischen Ausgangssituation (u. a.Kinderwunsch/Alter der Patientin), der An-zahl, der Größe und der Lokalisation derMyome, den speziellen operativen Erforder-nissen (OP-Zeit, Lagerung, CO2-Belastung,intraabdominelles Morcellement, Kosten),den Kontraindikationen der jeweiligen Opera-tionsmethode, wie auch der Erfahrung desOperateurs bestimmt. Eine primäre Lapa-rotomie liegt somit bei zahlreichen (3–5),großen, intramuralen Myomen (> 100–150 mm) bzw. einer diffusen Myomatose

nahe (Abb. 8). Bei der Bewertung des Vor-teils eines minimal-invasiven Zugangs beider Laparoskopie/Hysteroskopie ist, vergli-chen mit einer Myomenukleation per lapa-rotomiam, eine geringfügig gesteigerteRezidivrate (33 vs. 25 %) zu beachten (Abb. 9,10). Betrachtet man die Rate an Folge-operationen durch diese Myomrezidive, solässt sich dieser Vorteil für die Laparotomienicht mehr nachweisen (Endoskopie –12 %gegenüber Laparotomie –10 %). Verwach-sungen sind dagegen nach laparoskopi-scher Myomenukleation deutlich seltenerbzw. geringer ausgeprägt als nach offenerChirurgie [16].

Kernaussage:Myome wirken sich in Abhängigkeit ihrerGröße, Lokalisation und Anzahl negativauf den Eintritt einer Schwangerschaftaus. Daneben erhöhen sie in graviditatedas Frühabort- und Frühgeburtsrisiko.Eine präkonzeptionelle Myomenuklea-tion führt zur Erhöhung der Schwan-gerschaftsrate bei gleichzeitiger Vermin-derung der Fehl- und Frühgeburtsge-fahr. Die Operation kann bei vergleichba-ren Erfolgs- und Komplikationsraten so-wohl endoskopisch als auch laparoto-misch erfolgen.

■ Während einer Schwangerschaft

Wird ein Myom während der Schwanger-schaft diagnostiziert, sind primär konser-vative Behandlungen die am häufigsten ge-nutzten Therapieoptionen (97 %). Wird dasMyom in der (koinzident) oder durch die(kausal) Schwangerschaft symptomatisch,reicht allerdings Observanz alleine, nichtzuletzt aufgrund des schmerzbedingtenFrühgeburtsrisikos, häufig nicht mehr aus.Physikalische Maßnahmen wie topischeKälte- oder Wärmeapplikation, Akupunktur,Entspannungstechniken und gegebenenfalls

8:Transabdominelle

Myomenukleation:Offen chirurgischeAusschälung eines

großen transmuralenFundusmyoms

(Durchmesser 90 mm).

9:Laparoskopische

Myomenukleation:Minimal-invasiver

Zugang zurEnukleation eines

intramuralen Myom-knotens.

10:HysteroskopischeMyomenukleation:Abtragung einessubmukösen, sich indas Cavum uterivorwölbenden Myomsmit der Diathermie-schlinge.

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eine Analgetika-/Antiphlogistikagabe wer-den eingesetzt. Gelegentlich können in Ab-hängigkeit des Ausprägungsgrades der Symp-tome/Komplikationen des Myoms zusätz-lich wehenhemmende Substanzen und/odereine antibiotische Therapie indiziert sein.Nur sehr selten ist eine operative Myomenu-kleation während der Schwangerschaft er-forderlich (2 %). Dieser Sonderfall kann beigroßen (multiplen) oder isthmisch lokali-sierten Myomen (Geburtshindernis) vorlie-gen (Abb. 4). Die konkreten klinischen Be-weggründe zur Myomenukleation in gravi-ditate sind dabei rasches, symptomatischesWachstum, starke konservativ therapiere-fraktäre Schmerzen und eine nach Enuklea-tion des Knotens verbleibende Myometri-umdicke > 5 mm. Am häufigsten wird einderartiger Eingriff im frühen 2. Trimenon(15.–19. SSW) erforderlich. Neben demmütterlichen Eingriffsrisiko in graviditate(veränderte Anatomie, Blutungsrisiko, Nar-koserisiko) ist die Gefährdung des Fetus(postoperativer Abort bzw. intrauterinerFruchttod) im Rahmen der Operation zubeachten. Die Erfolgsaussichten derartigerInterventionen werden in Kohortenstudienaber mit 92 % komplikationslos fortgesetz-ter Schwangerschaften beziffert (Abb. 11,12) [17].

Neben den Behandlungsmöglichkeiten bzw.deren Indikationen eines Uterus myomato-

sus in graviditate stellt sich bei Vorliegendieser Muskelknoten zum Ende der Schwan-gerschaft auch die Frage nach dem optima-len Entbindungsmodus. Die Präsenz einesMyoms in graviditate stellt bei ansonstenunauffällig entwickelter Schwangerschaftper se keine Indikation zur primären Sectiocaesarea dar. Große, multiple oder isthmischlokalisierte Myome können dagegen alsGeburtshemmnis (mechanisches Hindernis,Einstellungsanomalie, Kontraktilitätsstörungder Uteruswand – Wehenschwäche) oder alsUrsache einer Plazentainsuffizienz zur Indi-kationsstellung einer abdominellen Schnitt-entbindung maßgeblich beitragen. Obwohldiese Konstellationen nur für einen kleinenTeil der Myome in der Schwangerschaft zu-treffen, liegt die Sectiorate in retrospekti-ven Studien zum Umgang mit einem Ute-rus myomatosus unter der Geburt bei biszu 73 %. Zu dieser hohen Zahl tragen ne-ben den oben genannten medizinischen In-dikationen allerdings auch Faktoren wieein höheres mütterliches Alter, das Vorhan-densein mütterlicher Symptome (Schmer-zen), die Beunruhigung von Patientin, He-bamme und Arzt durch die „Schwanger-schaftskomplikation“ und nicht zuletzt derWunsch nach einem primären Kaiserschnittder Mutter/Eltern bei.

Inwiefern die simultane Myomenuklea-tion im Rahmen einer Schnittentbindungaus unter Umständen Myom-unabhängigerIndikation die Risiken der Eingriffserwei-terung rechtfertigt, ist aus der vorliegendenDatenlage nicht eindeutig zu beantworten(Abb. 13) [18]. Die zur Verfügung stehendeInformation weist auf eine im Mittel 11 Mi-nuten längere Operationszeit, eine Verlän-gerung des Krankenhausaufenthaltes um

11:Myomenukleation in

graviditate (19. SSW):Intraoperativer Situsbei symptomatischenmultiplen Myomen inder Schwangerschaft.

TherapierefraktärerZerfallsschmerzbedingt die Aus-

nahmeindikation zurMyomenukleation

während der Schwan-gerschaft.

12:Myomenukleation in

graviditate (19. SSW):Situs nach Resektion

des größten(Durchmesser190 mm) von

5 Myomen.

13:IntraabdominellerBefund bei Sectiocaesarea: Kindskopf-großes Fundusmyom.

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einen halben Tag und eine Steigerung desBlutverlustes um im Mittel 126 ml ohneSteigerung der Rate an Bluttransfusionenoder an febriler Morbidität hin. Eine Myom-entfernung im Rahmen einer Kaiserschnitt-geburt, mit der Notwendigkeit der zusätz-lichen uterinen Wanddissektion (Risiko fürBlutung, Hysterektomie) sollte – so die gän-gige (Lehrbuch-) Meinung – daher nur inausgewählten Fällen (Risiken einer Myom-komplikation: Torsionsgefahr gestielter sub-seröser Myome, lagebedingte Erfordernisdurch Myome im avisierten Uterotomie-bereich – Zugang zum Kind, ausgeprägteKolliquationsnekrose, sekundäre Infektion/Sepsis) erwogen werden. Darüber hinausschrumpfen Myome durch die postpar-talen uterinen Involutionsvorgänge deut-lich, verlieren dadurch häufig ihre Symp-tomatik bzw. werden einer operativenTherapie leichter zugänglich (wiederher-gestellte Anatomie, geringeres Blutungs-risiko) [19].

Kernaussage:Da die Mehrzahl der Myome während derSchwangerschaft asymptomatisch bleibt,sind Myomenukleationen in graviditatenur selten erforderlich.

Schwangerschaft und Geburt imZustand nach Myomenukleation

Schwangerschaften bei Frauen mit einerMyomenukleation in der Vorgeschichte sindvom Risiko der Narbenruptur bedroht. Obdies besonders für jene Fälle zutrifft, beidenen es im Zuge der Myomoperation zueiner Eröffnung des Cavum uteri gekom-men ist, wird in der zur Verfügung stehen-den Literatur uneinheitlich bewertet. Diemeisten Autoren beziffern die Ruptur-gefahr für alle vorangegangenen Myomein-griffe (intramuraler Sitz) analog dem Risi-ko im Z. n. Sectio caesarea (0,002–0,5 %).Als Ursache einer postoperativen Steige-rung der Gefahr einer schwangerschafts-bedingten Uterusruptur kommen die Naht-technik, die postoperative Entstehung vonHämatomen oder Toträumen im Gewebebzw. die Entwicklung von Nekrosezonen(z. B. monopolare Diathermie) in Frage.Der chirurgische Zugang – Hysteroskopie,Laparoskopie oder Laparotomie – hat indesper se keinen Einfluss auf das primäre wiesekundäre Therapieergebnis (Rupturgefahr).Voraussetzung zur Vermeidung eines ge-steigerten Uterusrupturrisikos nach laparo-

skopischer Myomenukleation ist dabei dieEinhaltung der Standards der offenen Chir-urgie (u. a. Nahttechnik), die Verwendungvon bipolarer anstelle von monopolarerElektrokoagulation oder von Ultraschall-energie zur Präparation und/oder Blutstil-lung, das Beachten der Grenzen der Opera-tionstechnik (z. B. Versorgung tiefsitzen-der Hinterwanddefekte) und damit die Be-reitschaft, situationsgebunden auf eine La-parotomie umzustellen, sowie ausreichendeÜbung mit der Operationsmethode (Tab. 6)[14]. Neben der fehlenden Stabilität derUteruswand im Bereich der Narbe kanndiese zum Prädilektionsort einer sich dortbevorzugt implantierenden Gravidität wer-den. Dabei kommt der topografisch un-günstigen Plazentalokalisation (Placentapraevia), aber auch der mangelnden Be-grenzung ihrer myometranen Invasion imNarbenbereich (Placenta accreta, increta,percreta) relevante pathologische Bedeu-tung zu. Beides leistet, ggf. additiv, derUterusrupturgefahr weiteren Vorschub [20].Die Störung der endomyometranen Wand-architektur durch die Muskelgeschwülsteselbst, aber auch ihre postoperativen Resi-duen (Myomenukleationsnarben), kann da-neben durch die Beeinflussung der uterinenVaskularisation zur Plazentainsuffizienz füh-ren.

Kernaussage:Eine Schwangerschaft nach Myomenu-kleation ist mit diversen fetalen wieauch mütterlichen Risiken verbunden:Uterusruptur, Plazentationsstörung, Pla-zentainsuffizienz. Dabei spielen der chir-urgische Zugang und das Faktum einerEröffnung des Cavum uteri eine – ver-glichen mit den Auswirkungen einersubtilen Operationstechnik – unterge-ordnete Rolle.

Tabelle 6: Risiko der Uterusruptur in derSchwangerschaft nach vorangehender Ope-ration.

Eingriff Uterus-rupturrisiko

Sectio caesarea(isthmokorporaler Längsschnitt) 3–4 %

Sectio caesarea(isthmischer Querschnitt) 0,25 %

Laparoskopische Myomenukleation 1 %Laparotomische Myomenukleation 0,24 (–5,3) %

Hysteroskopische Septumresektion < 1 %

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Relevanz für die PraxisObwohl klare epidemiologische Unter-suchungen zur Beziehung von Uterus-myomen zum Eintritt und zum Verlaufvon Schwangerschaften aufgrund limi-tierter Evidenz bisher nicht konkludentsind, weisen klinische Studiendateneindeutig auf eine schädliche Beeinflus-sung hin. Betroffen sind dabei sowohldie Fertilität, der Schwangerschaftsbe-stand und -verlauf, die Geburt als auchdie Nachgeburtsperiode. Ähnliches giltfür die Wertigkeit der chirurgischen Be-handlung von Myomen im Zusammen-hang mit Kinderwunsch, Schwangerschaftund Geburt. Die Bedeutung der chirur-gischen Intervention vor oder seltenerwährend der Schwangerschaft wird dabeiin absteigender Priorität von der Wand-beziehung, der Größe und der Anzahlder Myome determiniert. Kaiserschnittewerden bei Schwangeren mit Uterusmyomatosus aus diversen Gründen ge-häuft vorgenommen, ohne dass sich ent-sprechend der zur Verfügung stehendenEvidenz daraus die Indikation zur simul-tanen Myomenukleation ergibt. Schwan-gerschaften im Zustand nach Myomenu-kleation sind durch die Operation in un-terschiedlichem Maße durch die Risikeneiner postoperativen Wandschwäche, Pla-zentationsstörung wie auch einer Pla-zentainsuffizienz belastet. Diese Lang-zeitfolgen der Myomoperation wirken da-mit unmittelbar auf die prospektive Ab-wägungsentscheidung von Nutzen undRisiko vor dem Eingriff zurück.

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Univ.-Prof. Dr. med. Alexander StraussStudium der Humanmedizin an den medizinischen Fakultäten der Universitäten Innsbruck und Wien. 1993 Promo-tion an der Rudolfs-Universität Wien. 1993 Klinik für Urologie am Klinikum Traunstein. 1993–2006 Klinik undPoliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Großhadern, Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität Mün-chen. 1995 Approbation als Arzt. 1999 Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe. 2001 Schwerpunkt: SpezielleGeburtshilfe und Perinatalmedizin. 2002 Habilitation für das Fach Gynäkologie und Geburtshilfe an der Ludwig-Maximilians-Universität München. 2003 Fakultative Weiterbildung: Spezielle operative Gynäkologie. 2004 Schwer-punkt: Spezielle gynäkologische Onkologie. 2005 leitender Oberarzt der Klinik und Poliklinik für Frauenheilkundeund Geburtshilfe, Großhadern, Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München. 2006 Berufung zum Univ.-Professor für Gynäkologie und Geburtshilfe an die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, verbunden mit der Be-stellung zum stellvertretenden Klinikdirektor der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe des Universitäts-klinikums Schleswig-Holstein, Campus Kiel.

Korrespondenzadresse:

Univ.-Prof. Dr. med. Alexander StraussKlinik für Gynäkologie und Geburtshilfe und Michaelis Hebammenschule,Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, Christian-Albrechts-Universität,D-24105 Kiel, Arnold-Heller-Straße 3, Gebäude 24, E-Mail: [email protected]

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