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ENTSCHEIDUNG 11/2000

Date post: 29-Jul-2015
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DIE ENTSCHEIDUNG 11/2000 3 2 DIE ENTSCHEIDUNG 11/2000 Der Rückzug von Ruprecht Polenz im Amte des Generalsekretärs war ein mutiger Schritt. Für seine geleistete Arbeit gebührt ihm Dank und Anerken- nung. Polenz versuchte einen neuen Politikstil durchzusetzen, doch er musste erkennen, dass in einer medienbeeinflussten Politikszenerie Nach- denklichkeit und Rücksichtnahme zunehmend weniger Zuspruch finden. Den Zuspruch der Jun- gen Union hatte er, zumal sich aus der gemeinsa- men Arbeit zahlreiche Anknüpfungspunkte finden ließen. Man denke zum Beispiel an die sehr erfolg- reiche (Ö)kosteuerkampagne der CDU. Die Auseinandersetzung in der Berliner Republik ist härter geworden. Dies spürt man bei allen De- batten. Der Vorschlag Angela Merkels, Laurenz Meyer zum Generalsekretär zu machen, ist infolge- dessen eine gute Entscheidung. Ich kenne Meyer aus meinem Landesverband und auch seinen Stil, die SPD frontal zu attackieren. Als Oppositionsfüh- rer in Düsseldorf hat er die Aufgabe des Angreifers hervorragend ausgefüllt. Gerade in der momentanen Situation, in der die SPD versucht, Denkverbote aufzubauen, ist es wichtiger denn je, eine härtere Gangart einzuschla- gen. Die Union lässt sich von SPD und Grünen nicht in eine rechte Ecke drängen, während diese unge- niert mit der PDS zusammenarbeiten. Die JU wird dies nicht hinnehmen und verstärkt die Auseinan- dersetzung suchen! In Koblenz wurde ein neuer Bundesvorstand gewählt. Im Namen aller Gewähl- ten danke ich für das Vertrauen. Ziel von uns allen muss es in den nächsten zwei Jahren sein, zum Wohle unseres Landes, 2002 wieder die Regierung zu stellen. Dafür zu kämpfen, lohnt sich. Wer nicht daran arbeitet, die nächste Wahl zu gewinnen, hat die übernächste schon verloren. Umdenken – jung denken bleibt das richtige Konzept. Hildegard Müller Bundesvorsitzende der Jungen Union Deutschlands Der Deutschlandtag ist alljährlich der Höhe- punkt der JU-Aktivitäten. Die aktuelle Ausgabe der ENTSCHEIDUNG vermittelt Koblenzer Eindrücke in Wort und Bild. Vom Oktober-Heft ist zu berichten, dass die Zu- griffszahlen auf das E-School-Musterprojekt erfreu- lich hoch sind (www.jarzombek.de/entscheidung/) – die Nachahmung ist ausdrücklich erwünscht. Vie- le JUler vom Ortsvorsitzender bis zum Abgeordne- ten haben sich am Deutschlandtags-Gewinnspiel beteiligt, das auf Seite 30 aufgelöst wird. Vor einigen Wochen erklärte Michail Gorbatschow, es gebe weiterhin ein Geheimnis, das die deutsche Einheit betreffe. Beim Interview mit Horst Teltschik fragten wir den langjährigen Kanzlerberater, was der frühere sowjetische Staatschef damit gemeint haben könne. Teltschik vermutet, dass Gorbat- schow dabei an die bis heute unveröffentlichten Entscheidungsprozesse der sowjetischen Führung dachte: Wie kam es im Februar 1990 zur Zustim- mung zur Deutschen Einheit? Schließlich war noch im Monat zuvor über eine militärische Intervention nachgedacht worden, wie Teltschik von Scheward- nadse erfuhr. Wer vertrat welche Positionen und wie verhielt sich die Militärführung? Die Antwor- ten kennen wir auch weiterhin nicht – aber ihre Fol- ge: Der Traum von der Deutschen Einheit konnte Realität werden. Viel Spaß beim Lesen! Euer [email protected] SPD attackieren Hallo! Interview mit Ex-Kanzler- berater für Außenpolitik, Horst Teltschik 4 Neue Serie Wege in die Politik Portrait Peter Rauen MdB 21 Deutschland- tag 2000 in Koblenz 24 Untersuchungs- ausschuss: Kampf um die Geschichte 18-20 Berichtigung zum Webtest III Beim Abdruck des Webtests in der Ausgabe 9/2000 sind uns zwei Fehler unterlaufen für die wir uns entschuldigen und die wir hier- mit berichtigen: 1. Die richtige URL der JU Fürth-Land ist www.ju-fuerth-land.de 2. Die Gesamtbewertung der JU Rhein- Sieg-Kreis sind 3,6 Punkte. Damit landete der Kreisverband auf Platz 42. AUFRUF »Mensch wach auf. Gemeinsam gegen Gewalt« ist die neue Kam- pagne der Jungen Union Deutschlands. Inhaltlich basiert die lang- fristig angelegte Aktion auf dem gleichnamigen Positionspapier des Bundesvorstands (Download: www.junge-union.de/ju/politik/). Mit konkreten Ideen und Forderungen wollen wir jeder Form von Gewalt in Deutschland begegnen. Der nebenstehende Ent- wurf eines Plakats soll mit JUlern gefüllt werden, die Farbe gegen Gewalt bekennen. Wenn Ihr mitmachen wollt, dann sendet ein Foto bis zum 28. November 2000 an die Bundesgeschäftsstelle (Junge Union Deutschlands, »Mensch wach auf«, Inselstraße 1 B, 10179 Berlin). Am besten ein nettes Bild, wo Ihr gut erkennbar seid, aber bitte kein Passfoto! Die ersten 25 bei uns eingegangen Fotos werden in das Plakat und in eine ähnliche Postkarte einge- baut. Bis zum 10. Dezember, dem Tag der Menschenrechte, wird den Kreisverbänden rechtzeitig Material zugehen, damit Ihr Info- stände organisieren könnt. Im nächsten Jahr werden Seminare zu Gewaltbekämpfung angeboten. Diese haben das Ziel, JUler im Thema zu schulen und für Veranstaltungen vor Ort vorzuberei- ten. Unter der Domain www.mensch-wach-auf.de wird bis An- fang Dezember eine Homepage mit weiteren Infos und Beteili- gungsmöglichkeiten fertiggestellt sein, in der alle Fotos aufge- nommen werden, die auf dem Plakat keinen Platz mehr gefunden haben. Diese Kampagne ist mehr als ein Appell. Mit Eurer Unter- stützung setzen wir ein Zeichen gegen Gewalt! Ich rufe alle JUler auf, sich an der Aktion zu beteiligen! HILDEGARD MÜLLER
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Page 1: ENTSCHEIDUNG 11/2000

DIE ENTSCHEIDUNG 11/2000 32 DIE ENTSCHEIDUNG 11/2000

Der Rückzug von Ruprecht Polenz im Amte des

Generalsekretärs war ein mutiger Schritt. Für seine

geleistete Arbeit gebührt ihm Dank und Anerken-

nung. Polenz versuchte einen neuen Politikstil

durchzusetzen, doch er musste erkennen, dass in

einer medienbeeinflussten Politikszenerie Nach-

denklichkeit und Rücksichtnahme zunehmend

weniger Zuspruch finden. Den Zuspruch der Jun-

gen Union hatte er, zumal sich aus der gemeinsa-

men Arbeit zahlreiche Anknüpfungspunkte finden

ließen. Man denke zum Beispiel an die sehr erfolg-

reiche (Ö)kosteuerkampagne der CDU.

Die Auseinandersetzung in der Berliner Republik

ist härter geworden. Dies spürt man bei allen De-

batten. Der Vorschlag Angela Merkels, Laurenz

Meyer zum Generalsekretär zu machen, ist infolge-

dessen eine gute Entscheidung. Ich kenne Meyer

aus meinem Landesverband und auch seinen Stil,

die SPD frontal zu attackieren. Als Oppositionsfüh-

rer in Düsseldorf hat er die Aufgabe des Angreifers

hervorragend ausgefüllt.

Gerade in der momentanen Situation, in der die

SPD versucht, Denkverbote aufzubauen, ist es

wichtiger denn je, eine härtere Gangart einzuschla-

gen. Die Union lässt sich von SPD und Grünen nicht

in eine rechte Ecke drängen, während diese unge-

niert mit der PDS zusammenarbeiten. Die JU wird

dies nicht hinnehmen und verstärkt die Auseinan-

dersetzung suchen! In Koblenz wurde ein neuer

Bundesvorstand gewählt. Im Namen aller Gewähl-

ten danke ich für das Vertrauen. Ziel von uns allen

muss es in den nächsten zwei Jahren sein, zum

Wohle unseres Landes, 2002 wieder die Regierung

zu stellen. Dafür zu kämpfen, lohnt sich. Wer nicht

daran arbeitet, die nächste Wahl zu gewinnen, hat

die übernächste schon verloren. Umdenken – jung

denken bleibt das richtige Konzept.

Hildegard MüllerBundesvorsitzende der Jungen Union Deutschlands

Der Deutschlandtag ist alljährlich der Höhe-

punkt der JU-Aktivitäten. Die aktuelle Ausgabe der

ENTSCHEIDUNG vermittelt Koblenzer Eindrücke

in Wort und Bild.

Vom Oktober-Heft ist zu berichten, dass die Zu-

griffszahlen auf das E-School-Musterprojekt erfreu-

lich hoch sind (www.jarzombek.de/entscheidung/)

– die Nachahmung ist ausdrücklich erwünscht. Vie-

le JUler vom Ortsvorsitzender bis zum Abgeordne-

ten haben sich am Deutschlandtags-Gewinnspiel

beteiligt, das auf Seite 30 aufgelöst wird.

Vor einigen Wochen erklärte Michail Gorbatschow,

es gebe weiterhin ein Geheimnis, das die deutsche

Einheit betreffe. Beim Interview mit Horst Teltschik

fragten wir den langjährigen Kanzlerberater, was

der frühere sowjetische Staatschef damit gemeint

haben könne. Teltschik vermutet, dass Gorbat-

schow dabei an die bis heute unveröffentlichten

Entscheidungsprozesse der sowjetischen Führung

dachte: Wie kam es im Februar 1990 zur Zustim-

mung zur Deutschen Einheit? Schließlich war noch

im Monat zuvor über eine militärische Intervention

nachgedacht worden, wie Teltschik von Scheward-

nadse erfuhr. Wer vertrat welche Positionen und

wie verhielt sich die Militärführung? Die Antwor-

ten kennen wir auch weiterhin nicht – aber ihre Fol-

ge: Der Traum von der Deutschen Einheit konnte

Realität werden. Viel Spaß beim Lesen!

Euer

[email protected]

SPDattackierenHallo!

Interviewmit Ex-Kanzler-berater fürAußenpolitik,Horst Teltschik

4

Neue SerieWege in diePolitikPortrait PeterRauen MdB

21

Deutschland-tag 2000in Koblenz

24

Untersuchungs-ausschuss:Kampf um dieGeschichte

18-20

Berichtigung zum Webtest III

Beim Abdruck des Webtests in der Ausgabe9/2000 sind uns zwei Fehler unterlaufen fürdie wir uns entschuldigen und die wir hier-mit berichtigen:1. Die richtige URL der JU Fürth-Land istwww.ju-fuerth-land.de2. Die Gesamtbewertung der JU Rhein-Sieg-Kreis sind 3,6 Punkte. Damit landeteder Kreisverband auf Platz 42.

AUFRUF»Mensch wach auf. Gemeinsam gegen Gewalt« ist die neue Kam-

pagne der Jungen Union Deutschlands. Inhaltlich basiert die lang-

fristig angelegte Aktion auf dem gleichnamigen Positionspapier des

Bundesvorstands (Download: www.junge-union.de/ju/politik/).

Mit konkreten Ideen und Forderungen wollen wir jeder Form

von Gewalt in Deutschland begegnen. Der nebenstehende Ent-

wurf eines Plakats soll mit JUlern gefüllt werden, die Farbe gegen

Gewalt bekennen. Wenn Ihr mitmachen wollt, dann sendet ein

Foto bis zum 28. November 2000 an die Bundesgeschäftsstelle

(Junge Union Deutschlands, »Mensch wach auf«, Inselstraße 1 B,

10179 Berlin). Am besten ein nettes Bild, wo Ihr gut erkennbar

seid, aber bitte kein Passfoto! Die ersten 25 bei uns eingegangen

Fotos werden in das Plakat und in eine ähnliche Postkarte einge-

baut. Bis zum 10. Dezember, dem Tag der Menschenrechte, wird

den Kreisverbänden rechtzeitig Material zugehen, damit Ihr Info-

stände organisieren könnt. Im nächsten Jahr werden Seminare

zu Gewaltbekämpfung angeboten. Diese haben das Ziel, JUler im

Thema zu schulen und für Veranstaltungen vor Ort vorzuberei-

ten. Unter der Domain www.mensch-wach-auf.de wird bis An-

fang Dezember eine Homepage mit weiteren Infos und Beteili-

gungsmöglichkeiten fertiggestellt sein, in der alle Fotos aufge-

nommen werden, die auf dem Plakat keinen Platz mehr gefunden

haben. Diese Kampagne ist mehr als ein Appell. Mit Eurer Unter-

stützung setzen wir ein Zeichen gegen Gewalt! Ich rufe alle JUler

auf, sich an der Aktion zu beteiligen!

HILDEGARDMÜLLER

Page 2: ENTSCHEIDUNG 11/2000

interview

mand öffentlich darüber redet, ob er selbstbewusst oder we-

niger selbstbewusst auftritt. Fakt ist: Deutschland ist heute

unabhängiger, weil wir dank der Wiedervereinigung die

volle Souveränität erreicht haben. Bis 1990 waren die bilate-

ralen Beziehungen zu den Siegermächten von Abhängigkei-

ten geprägt. Das ist nun anders, wodurch der Handlungs-

spielraum Deutschlands größer geworden ist. Diesen sollte

man nutzen, ohne darüber zu reden.

ENTSCHEIDUNG: Die Darstellung des Selbstbewusstseins ist

auch eine Frage des Stils. Konflikte mit langjährigen Partnern häu-

fen sich. Hat sich der außenpolitische Stil seit 1998 verändert?

Teltschik: Über den Stil einer Politik lässt sich immer disku-

tieren. Am Ende ist entscheidend, ob er erfolgreich oder nicht

erfolgreich ist. Jede Regierung hat ihren eigenen Stil. Viel-

mehr sind jedoch die Inhalte der Politik von Bedeutung.

Blicken wir auf die Beziehungen Deutsch-

lands beziehungsweise Europas zu den Ver-

einigten Staaten: In einer Reihe von zen-

tralen Punkten gibt es immer weniger Ge-

meinsamkeiten, zum Beispiel in der Frage,

wohin sich die NATO weiterentwickeln soll.

Was hält die NATO in Zukunft zusammen?

Die atlantische Allianz hat nur dann eine

Zukunft, wenn gemeinsame Ziele definiert

und verfolgt werden. Neben dem Thema

Sicherheit könnte ein solches Ziel eine

transatlantsiche Wirtschaftsgemeinschaft

TAFTA sein. Die Diskussion darüber begann schon im Rah-

men der letzten Bundesregierung; heute hört und sieht man

jedoch nichts mehr davon. Ein weiterer Aspekt sind die

deutsch-französischen Beziehungen: Der Erfolg der Europäi-

schen Union liegt in der freundschaftlichen Zusammenarbeit

zwischen Deutschland und Frankreich. Beide Länder haben

sich immer als Motor der europäischen Integration verstan-

den. Heute besteht der Eindruck, dass dieser Motor stottert,

wenn er nicht sogar bereits im Leerlauf läuft. Ein Beispiel

dafür ist die Tatsache, dass der Bundesaußenminister eine

wichtige europapolitische Rede nicht in seiner Funktion,

sondern als Privatmann hält. Obwohl ihn der Bundeskanzler

ständig belobigt, hat niemand erklärt, dass Fischers Gedan-

ken Inhalt der Politik der Bundesregierung seien.

ENTSCHEIDUNG: Wo sehen sie weitere Konfliktpunkte und

was sind deren Folgen?

Teltschik: Zwischen den USA und den Europäern gibt es

keinen wirklichen Konsens darüber, wie es mit dem Kosovo

und Bosnien-Herzegowina weitergehen soll. Es gibt keine

Gemeinsamkeit zwischen Deutschland und den USA im

Umgang mit Russland oder der Volksrepublik China. Man

hat den beunruhigenden Eindruck, dass die Gemeinsamkei-

ten weniger werden. Zudem ist das europäische Ziel einer ei-

genen Eingreiftruppe in den Augen der Amerikaner wenig

überzeugend und glaubwürdig. Erstens kann sich Washing-

ton keinen Konflikt in Europa vorstellen, in dem am Ende

nicht auch die USA beteiligt wären. Zweitens: Jeder weiß,

dass ein solches Ziel zusätzliche Kosten erfordert. Gleichzei-

tig kürzen jedoch alle Beteiligten ihre Verteidi-

gungshaushalte – das ist nicht überzeugend. Wenn

wir eine europäische Lösung wollen, bedeutet dies

höhere Kosten, und dazu scheinen die Europäer

nicht bereit zu sein.

ENTSCHEIDUNG: Was bedeutet das für Deutschland?

Teltschik: Die Bundesrepublik befindet sich auf

dem Weg zu einer Berufsarmee. Jeder weiß, dass

eine Berufsarmee viel teurer ist als eine Armee mit

Wehrpflichtigen. Zugleich beteiligen wir uns an ei-

ner Europäischen Verteidigungsinitiative. Beides

kostet mehr Geld – stattdessen wird der Verteidi-

gungshaushalt aber gekürzt. Die Pläne des Vertei-

digungsministers, über Strukturreformen Kosten

einzusparen und damit die Mehrkosten zu finan-

zieren, sind zwar redlich, aber in ihrer Wirk-

samkeit nicht überzeugend.

ENTSCHEIDUNG: Sie sprechen als einer der er-

sten das Wort Berufsarmee aus...

Teltschik: Der Erfolg der Bundeswehr in der

Gesellschaft liegt darin, dass es sich bei ihr um ei-

ne Wehrpflichtarmee handelt. Daher darf man

sich die Entscheidung zur Abkehr von diesem

Prinzip nicht leicht machen. Wenn nun die Bun-

deswehr jedoch drastisch reduziert wird und

sich die Zahl der Wehrpflichtigen auf ein Maß

verringert, bei dem von Wehrgerechtigkeit nicht

mehr die Rede sein kann, dann ist dies eine Vorent-

scheidung in Richtung einer Berufsarmee. Darüber

muss offen diskutiert werden, da zur Zeit ein Spiel

mit gezinkten Karten stattfindet: Jeder weiß, wor-

auf es hinausläuft, aber keiner will es zugeben.

ENTSCHEIDUNG: Trotz der Vorbehalte gegenüber

einer europäischen Eingreiftruppe erwarten die USA

von ihren europäischen Verbündeten ein erhöhtes sicher-

heitspolitisches Engagement – insbesondere, falls sich

die USA in Zukunft anderen Weltregionen stärker zu-

wenden sollten.

Teltschik: Es ist völlig klar, dass die USA ihr Enga-

gement global sehen. Seit Jahrzehnten gibt es die

Forderung Washingtons, dass die wohlhabenden

europäischen Industrienationen einen höheren Ver-

teidigungsbeitrag leisten sollen. Daher ist eine eu-

ropäische Verteidigungsinitiative und die gemein-

same europäische Außen- und Sicherheitspolitik

absolut notwendig. Natürlich rufen solche Maß-

nahmen latentes Misstrauen bei den Amerikanern

hervor: Wollen sich die Europäer stärker von den

USA emanzipieren? Berühren sie dadurch amerika-

nische Interessen oder stellen diese gar in Frage?

Damit werden wir leben müssen, denn es gibt keine

Alternative dazu, dass Europa endlich mehr tut.

Natürlich erwarten die Amerikaner von uns, dass

wir uns nicht nur auf unseren Kontinent konzen-

DIE ENTSCHEIDUNG 11/2000 5

interview

ENTSCHEIDUNG: Zehn Jahre nach der Wiedervereinigung,

zwei Jahre mit rot-grüner Bundesregierung, ein Jahr nach dem Ko-

sovo-Konflikt – wie steht Deutschland außenpolitisch da?

Teltschik: Einerseits lässt sich mit Befriedigung feststellen,

dass es in der deutschen Außenpolitik in vielen Fragen Konti-

nuität zur Außenpolitik von Helmut Kohl gibt. Ich halte es für

ein wichtiges Kapital, dass heute alle Parteien – mit Ausnah-

me der PDS – ohne Einschränkungen zur NATO stehen. Das

gleiche gilt für die europäische Integration. Als Schwäche se-

he ich, dass bei der jetzigen Außenpolitik keine klaren Prio-

ritäten erkennbar sind. Die Aufgaben werden pragmatisch an-

gepackt und geschäftsmäßig betrieben, ohne dass die tatsäch-

lichen Interessen des Bundeskanzlers sichtbar werden. Bei

Helmut Kohl hingegen wusste man genau, wofür er steht.

ENTSCHEIDUNG: Der Pragmatismus der Regierung Schröder

wird von der Maxime eines selbstbewussteren Auftretens auf dem

internationalen Parkett begleitet.

Teltschik: Auch die Vorgängerregierungen sind selbstbe-

wusst aufgetreten; man kann Helmut Kohl wohl kaum ei-

nen diesbezüglichen Mangel vorwerfen. Es geht nicht um

das verbale Verkünden, denn ich halte es für falsch, wenn je-

4 DIE ENTSCHEIDUNG 11/2000

AußenpolitikAußenpolitikStrategienStrategienbraucht

Wie hat sich die deutsche Außen-

politik verändert und welche Heraus-

forderungen sind hinsichtlich der

internationalen Beziehungen für das

21. Jahrhundert zu erwarten? Die

ENTSCHEIDUNG sprach mit dem Poli-

tologen Dr. Horst Teltschik, der von

1982 bis 1990 Leiter der Abteilung

für Auswärtige Politik im Bundes-

kanzleramt war. Nachdem er im Juni

2000 altersgemäß aus dem BMW-

Vorstand ausschied, widmet sich der

60-jährige verstärkt dem Vorsitz

der Herbert-Quandt-Stiftung und

leitet die Münchner »Konferenz für

Sicherheitspolitik«.

»Fakt ist:Deutschland istheute unabhängiger,weil wir dank derWiedervereinigungdie volleSouveränitäterreicht haben.«

GEORG MILDE

Page 3: ENTSCHEIDUNG 11/2000

ENTSCHEIDUNG: Welche Möglichkeiten sehen Sie für die

Lösung der Konflikte in anderern Regionen der Welt?

Teltschik: Außenpolitik muss heute mehrdimensional

betrachtet werden. Neben dem normalen außen- und si-

cherheitspolitischen Instrumentarium gibt es im Rahmen

der wirtschaftlichen Globalisierung neue Handlungsmög-

lichkeiten. Ein Beispiel sind die Wirtschaftsreformen in

der Volksrepublik China, die neben den politischen Pro-

zessen zur Entwicklung und Öffnung des Landes beitra-

gen. Auf diesem Wege kann beispielsweise Konfliktpo-

tential mit Taiwan abgebaut werden. Heute ste-

hen wichtige Instrumente zur Verfügung. Wirt-

schaftspolitisch sind dies die WTO, der IWF und

die Weltbank. Ich verweise auch auf den Kasch-

mir-Konflikt zwischen Indien und Pakistan, für

den eine mehrdimensionale internationale Stra-

tegie entwickelt werden muss, die bilaterale und

multilaterale politische und wirtschaftliche In-

strumente einsetzt. Die Annäherung der beiden

Korea ist ein gutes Beispiel dafür.

ENTSCHEIDUNG: Wie passen die amerikanischen Pläne

zur Raketenabwehr zu ihrer Forderung nach internationalen

Strategien?

Teltschik: Die USA sind als einzige Weltmacht einer uni-

polaren Welt in einer sehr bequemen Lage, die manchem

Amerikaner gefällt. Ein Raketenabwehrsystem würde

eine solche Situation absichern und noch verstärken.

Daraus ergibt sich das Unbehagen in Moskau, Delhi oder

Beijing. Sie werfen Washington vor, alle potentiellen Ge-

genspieler politisch und wirtschaftlich schwächen zu

wollen. Dieses weltweite Misstrauen wächst, und dies

kann uns Europäern nicht Recht sein. Deshalb brauchen

die USA einen konstruktiven Widerpart, der zugleich ein

Freund ist: die europäische Außen- und Sicherheitspoli-

tik im Rahmen eines integrierten Europas. Denn das

Prinzip von ‘cheques and balances’ gilt für mich

auch in der internationalen Politik.

ENTSCHEIDUNG: Konflikte der Zukunft werden

auch auf Ressourcenmangel zurückzuführen sein. Sie

haben vor einiger Zeit ein 'Globales Forum für Um-

welt' vorgeschlagen.

Teltschik: In der deutschen Umweltpolitik werden

jährlich Milliarden dafür aufgewendet, um Emissio-

nen zu reduzieren, die teilweise bereits im Nano-

grammbereich liegen. Ich hal-

te eine solche Politik für volks-

wirtschaftlich falsch und be-

haupte, dass die globale Ver-

wendung eines Teils dieser Gel-

der größere positive Auswir-

kungen auf unsere Umwelt

hätte. Denn viele Themen sind

nur weltweit zu lösen. Ich plä-

diere für ein solches Forum, das

auch die Wirtschaft einbezieht, da sie die Ressourcen

erarbeitet und die Technologien entwickelt. In der

UNO gibt es diesbezüglich erste Bestrebungen. �

interview

trieren, sondern dass wir auch hinsichtlich an-

derer Teile der Welt zumindest in bestimmten

Regionen dazu bereit sind, Leistungen zu er-

bringen. Ich nenne die Golfregion, den Mittel-

meerraum und andere Regionen – auch wenn

die Beteiligung nur im Bereich der Logistik er-

folgen sollte. Die Bundeswehr ist beispielsweise

sehr erfolgreich bei der Räumung von Seemi-

nen und war trotzdem jahrzehntelang nicht in

der Lage, solche Schiffe zur Verfügung zu stel-

len. Infolge einer Europäischen Verteidigungsi-

nitiative werden die USA solche Fähigkeiten

einfordern, und die Europäer werden sich dem

vor allem dann nicht entziehen können, wenn

eigene Interessen auf dem Spiel stehen.

ENTSCHEIDUNG: Mit der amerikanischen Präsi-

dentschaftswahl wurde das Ende der Clinton-Admini-

stration eingeleitet. Welche außenpolitischen Erwartun-

gen haben sie an den zukünftigen US-Präsidenten?

Teltschik: Ich erwarte von der neuen ameri-

kanischen Regierung eine größere Stetigkeit

in ihrer Außen- und Sicherheitspolitik, insbe-

sondere in den Beziehungen zu einzelnen

Ländern. Sie sollte außerdem eine Politik der

Isolation, der Konfrontation und der Sank-

tionen gegenüber den sogenannten Schur-

kenstaaten überdenken. Diese ist nicht erfolg-

reich. Die betroffenen Staaten werden in die

Ecke gedrängt, und das Ergebnis ist eine weite-

re Verhärtung. Hätten die Vereinigten Staaten

zum Beispiel eine offensive Politik des Dia-

logs und der Zusammenarbeit gegenüber Ku-

ba betrieben, wäre Fidel Castro schon längst

verschwunden. Außerdem hoffe ich, dass die

neue amerikanische Regierung keinen Rückzug vom eu-

ropäischen Kontinent plant, sondern neue Impulse setzt –

zum Beispiel bei der Entwicklung einer gesamteuropäi-

schen Sicherheitsordnung.

ENTSCHEIDUNG: Welche Vorstellung haben sie hinsichtlich zu-

künftiger Entwicklungen – auch mit Blick auf potentielle Krisenherde?

Teltschik: Nach den grundlegenden Veränderungen der

letzten zehn Jahre haben sich unglaubliche neue Chancen

ergeben. Die Frage ist, ob wir diese Chancen nutzen. 1990

haben die Staats- und Regierungschefs eine Charta für ein

neues Europa unterzeichnet, deren klares Ziel ein Gesam-

teuropa mit demokratischen und marktwirtschaftlichen

Staaten war. Diese einzigartige Vision kann trotz aller Hin-

dernisse Realität werden: Russland ist auf dem Weg der De-

mokratisierung ein gutes Stück vorangekommen, und wenn

Länder wie die Ukraine, Mitteleuropa und Zentralasien mit

westlicher Unterstützung ähnliche

Fortschritte machen würden, wären

viele potentielle Krisenherde ver-

meidbar. Ein Beispiel ist die Perspekti-

ve für Serbien, Mitglied der Europäi-

schen Union zu werden. Wäre Belgrad

diese Perspektive und der heutige Sta-

bilitätspakt bereits 1991/92 angebo-

ten worden, hätten Konflikte viel-

leicht vermieden werden können. Da-

her plädiere ich für langfristige Strate-

gien. Blicken sie auf den Mittelmeer-

raum. Die EU redet immer über eine

gemeinsame Mittelmeerraum-Politik – aber existiert diese

wirklich? Gibt es gegenüber Algerien, Lybien oder dem Iran

eine gemeinsame Politik? Es gibt keine gemeinsame Strate-

gie, sondern mehr und mehr Konflikte zwischen den eu-

ropäischen und amerikanischen Zielen. Das ist für mich die

eigentliche Schwäche der westlichen Außenpolitik.

6 DIE ENTSCHEIDUNG 11/2000

interview

DIE ENTSCHEIDUNG 11/2000 7

»Ich erwarte von derneuen amerikanischen

Regierung einegrößere Stetigkeit in

ihrer Außen- undSicherheitspolitik,

insbesondere in denBeziehungen zu einzel-

nen Ländern.«

»Nach den grundlegendenVeränderungen der letzten

zehn Jahre haben sichunglaubliche neue Chancen

ergeben. Die Frage ist, ob wirdiese Chancen nutzen.«

Page 4: ENTSCHEIDUNG 11/2000

Dieser Vertrag über Raketenabwehr

war in den vergangenen Jahrzehnten

die Grundlage für Abrüstung und Rü-

stungskontrolle im nuklearen Bereich.

Die Logik der Abschreckung verhinder-

te, dass der Kalte Krieg zu einem Heißen

wurde. Um die Logik der Abschreckung

aufrechtzuerhalten, haben die damali-

gen Supermächte USA und Sowjetuni-

on im ABM-Vertrag festgelegt, dass nur

jeweils zwei lokale Abwehrraketensy-

steme in den USA und der Sowjetunion

eingerichtet werden dürfen, damit auch

nach einem Überraschungsangriff ein

Gegenschlag möglich blieb.

Auch wenn dem ABM-Vertrag auf-

grund der Veränderungen des interna-

tionalen Lage nach 1989/90 nicht mehr

die alles entscheidende

Rolle für die Sicherheits-

politik zugemessen wer-

den kann, bleibt er ein

wesentliches Element der

europäischen Stabilität

und der nuklearen Abrü-

stungspolitik. Eine ein-

seitige Kündigung wür-

de von Moskau als Be-

drohung aufgefasst, die Gefahr eines

neuen Rüstungswettlaufs heraufbe-

schwören und die Beziehungen zwi-

schen dem Westen und Russland ge-

fährlich beeinträchtigen.

Vor diesem Hintergrund ist zu be-

grüßen, dass der amerikanische Prä-

sident Bill Clinton im September 2000

verkündet hat, die Entscheidung über

den Aufbau einer NMD zu verschieben.

Der neue Präsident kann daher – unab-

hängig von wahltaktischen Zwängen –

die Vor- und Nachteile von NMD abwä-

gen. Er sollte sich die Zeit nehmen, um

vor der Entscheidung einen intensiven

Dialog mit den NATO-Verbündeten und

den internationalen Partnern zu führen.

Die Bundesregierung, die auf die ameri-

kanischen Raketenpläne viel zu spät und

dann viel zu undifferenziert reagierte,

muss die Zeit nutzen, um bis zum Ende

des Jahres mit den europäischen Partnern

eine gemeinsame Position zu formulie-

ren, die die amerika-

nische Bedrohungs-

perzeption mit euro-

päischen Stabilitätser-

wägungen und einer

europäischen Sicher-

heitsanalyse in Über-

einstimmung bringt.

Hier ist insbesonde-

re nach den Fehlern

der rot-grünen Außenpolitik gegenüber

den Vereinigten Staaten Fingerspitzen-

gefühl gefragt. Die frühe Forderung Fi-

schers nach einem Verzicht auf den nu-

klearen Ersteinsatz, die unglücklich vor-

bereitete Kandidatur eines deutschen für

den IWF-Chefsessel, zuletzt der Geisel-

handel mit Gaddafi – das alles hat in Was-

hington zu Unstimmigkeiten geführt.

Natürlich muss es erlaubt sein, den Ame-

rikanern in Einzelfragen zu widerspre-

chen. Aber der Ton macht die Musik.

Vor allem aber: es fehlt das Grundver-

trauen der früheren Jahre. Wo ist die ver-

trauliche Einflussnahme hinter den Ku-

lissen in Washington? Kein Berliner Re-

gierungspolitiker hat derzeit Gewicht

auf dem Capitol Hill. Haben wir Konzep-

te für die Raketenabwehrdiskussion, für

eine zweiten Runde der NATO-Erwei-

terung, für langfristige Beziehungen zu

Russland oder China? 1990, nach der eu-

ropäischen Revolution, gab es zwischen

der EU und den USA eine Transatlanti-

sche Erklärung, 1995 nach dem Vertrag

von Maastricht eine »Transatlantische

Agenda«. Es ist an der Zeit, mit den USA

ein umfassendes politisch-strategisches

Konzept, eine neue Transatlantische

Agenda unter Einbeziehung der neue-

ren Entwicklungen bei Währung (Euro!),

Handel (WTO!), Europäischer Verteidi-

gungspolitik, den EU-Reformen und der

EU-Erweiterung zu vereinbaren. �Dr. Friedbert Pflüger MdB ist

Vorsitzender des Europaausschusses des

Deutschen Bundestages.

[email protected]

DIE ENTSCHEIDUNG 11/2000 9

aussenpolitik

von biologischen und chemischen Waffen sowie der Träger-

technologie zu gelangen, die auch Mitgliedstaaten der NATO

bedrohen könnten. Die Atomtests Indiens und Pakistans im

Jahr 1998 sowie Entwicklungen im Nahen Osten haben der

ganzen Welt vor Augen geführt, dass die Proliferation von

Massenvernichtungswaffen schon heute zur realen Bedro-

hung geworden ist.

US-Raketenabwehr verstößt gegen ABM-Vertrag

Fanatische Diktatoren oder Terroristen könnten in den Be-

sitz von Massenvernichtungswaffen gelangen. Daher wurde

in den USA die Forderung formuliert, ein nationales Rake-

tenabwehrsystem (National Missile Defense; kurz: NMD) zu

installieren, das einen Nuklearangriff abwehren, aber auch

zu einem neuen internationalen nuklearen Gleichgewicht

auf niedrigerem Niveau beitragen könnte. Nur durch die Dis-

lozierung einer solchen NMD könne die Gefahr ausgeschlos-

sen werden, dass Amerika von solchen Staaten oder Terro-

risten erpresst werden kann. Dieser Raketenschutzschirm

widerspricht allerdings den Bestimmungen des ABM-Ver-

trags (Anti-Ballistic-Missile) zwischen den USA und der Sow-

jetunion aus dem Jahre 1972.

8 DIE ENTSCHEIDUNG 11/2000

aussenpolitik

Auch nach dem Ende des Kalten Krieges bleiben die USA unser Freund und Part-

ner. Sie sind unabkömmlich für das politische Gleichgewicht in Europa. Wäre

zum Beispiel die so eng gewordene deutsch-polnische Partnerschaft denkbar

ohne die Präsenz von USA und NATO? Zugleich sind die USA ein unersetzlicher

Stabilitätsfaktor im pazifischen Raum, wo sie einen unkontrollierbaren

Rüstungswettlauf zwischen den asiatischen Regionalmächten verhindern.

Auch in Zukunft ist eine aktive und starke

Rolle der USA in Europa und der Welt un-

abdingbar. Die Präsenz von starken amerikani-

schen Truppen in Europa bleibt auch in Zukunft

trotz des Aufbaus einer Europäischen Sicher-

heits- und Verteidigungspolitik (ESVP) für Frie-

den und Freiheit in der »alten Welt« erforderlich.

Deutschland und Europa müssen mit den USA

im Rahmen der NATO über neue Bedrohungs-

szenarien und daraus gegebenenfalls abzuleiten-

de Maßnahmen einen engen und vertrauensvol-

len sicherheitspolitischen Dialog führen.

Durch das Ende des Kalten Krieges hat sich

die Gefahr einer großangelegten militärischen

Konfrontation drastisch verringert. Ein gegen-

seitiger Nuklearangriff der USA und Russlands

ist heute unwahrscheinlich. An Stelle der Kon-

frontation zwischen Ost und West sind neue

Gefahren getreten. Neben den fünf im nu-

klearen Nichtverbreitungsvertrag anerkann-

ten Atommächten streben weitere Staaten da-

nach, in den Besitz von Atomwaffen, aber auch

BEDROHUNGEN ABWEHREN –STABILITÄT ERHALTENBEDROHUNGEN ABWEHREN –STABILITÄT ERHALTEN

DR. FRIEDBERT PFLÜGER

»Durch das Ende desKalten Krieges hat

sich die Gefahr einergroßangelegten

militärischenKonfrontation dra-stisch verringert.«

Erfahrungsaustausch:Außenpolitiker unter sich

Page 5: ENTSCHEIDUNG 11/2000

Seit Ihrem Amtsantritt hat die Bundesregierung den Ent-

wicklungshilfeetat entgegen den Ankündigungen im

Koalitionsvertrag um fast eine Milliarde Mark gekürzt. Von

dem international vereinbarten Ziel, 0,7 Prozent des Brut-

tosozialproduktes für Entwicklungshilfe auszugeben, sind

wir heute weiter entfernt denn je.

Deutschland ist ein schlechtes Vorbild

Damit ist Deutschland auch ein schlechtes Vorbild für die

europäische Entwicklungszusammenarbeit, die ebenfalls auf

vielen Feldern dringend reformiert werden muss. Ein Pro-

blem der europäischen Entwicklungspolitik besteht darin,

dass sie bei der Kommission in Brüssel nach wie vor auf meh-

rere Kommissare und Generaldirektionen aufgeteilt ist, so

dass es schwierig ist, zu einem einheitlichen Politikansatz zu

kommen. In der Praxis stehen einem solchen einheitlichen

Ansatz in Brüssel außerdem viele bürokratische Hemmnisse

im Weg. Kernstück der europäischen Entwicklungszusam-

menarbeit ist der sogenannte Lomé-Vertrag mit den soge-

nannten AKP-Staaten. Dabei handelt es sich um 71 Staaten

des afrikanischen, karibischen und pazifischen Raums, die

großenteils frühere britische und französische Kolonien sind.

Gemeinsame Ziele

Daneben betreibt die EU auf niedrigerem finanziellen Ni-

veau Entwicklungszusammenarbeit mit verschiedenen Län-

dern Asiens und Lateinamerikas sowie mit den Mittelmeer-

Anrainer-Staaten. In der Vergangenheit war es das gemeinsa-

me Ziel aller Fraktionen des Deutschen Bundestages, zu einer

Vereinheitlichung dieser verschiedenen Abkommen zu kom-

men, damit jedes Land unter Berücksichtigung seiner Eigen-

anstrengungen gefördert werden kann und nicht nach seiner

kolonialen Vergangenheit beurteilt wird. Die Umsetzung die-

ser gemeinsamen Forderung ist der rot-

grünen Bundesregierung bisher nicht

einmal in Ansätzen gelungen.

Good Governance

Der in diesem Jahr neu verabschie-

dete Lomé-Vertrag enthält erstmals das

Prinzip der verantwortungsvollen Re-

gierungsführung (Good Governance) als

wesentliche Voraussetzung für die Ge-

währung von Entwicklungshilfe. Leider

sieht der Vertrag nur für den Sonderfall

extremer Korruption Möglichkeiten der

Sanktionsverhängung vor. Nach Auf-

fassung von CDU und CSU müssen aber

auch andere Verstöße gegen das Prinzip

von Good Governance mit Sanktionen be-

legt werden können, z.B. massive Men-

schenrechtsverstöße oder Verstöße ge-

gen das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit. Es

ist verständlich, dass die rot-grüne Regie-

rung eine solche Auffassung nur schwer

glaubwürdig vertreten kann. Schließlich

nimmt sie in ihrer eigenen Entwicklungs-

zusammenarbeit Menschenrechte dann

nicht so ernst, wenn es ihr ideologisch

in den Kram passt. So hat sie die staatli-

che Entwicklungszusammenarbeit mit

Kuba aufgenommen, dort wo nach wie

vor täglich die Menschenrechte mit

Füßen getreten werden. Hier zeigt sich

wieder einmal die Doppelzüngigkeit

rot-grüner Menschenrechtspolitik.

Notwendig: Einheitliche EU-Politik

Leider hat die europäische Entwick-

lungszusammenarbeit schon unter der

CDU-Regierung darunter gelitten, dass

sie mit anderen Politikbereichen nicht

vernünftig abgestimmt wurde. Wir

müssen uns als Europäer vorwerfen

lassen, dass insbesondere die europäi-

sche Agrarpolitik die Entwicklungs-

möglichkeiten der Entwicklungsländer

bisher nicht gefördert, sondern eher be-

hindert hat. Auch hier bedarf es drin-

gend einer Änderung, die allerdings

nur möglich ist, wenn wir gemeinsam

bereit sind, auch in Deutschland alte

Zöpfe abzuschneiden. �

Dr. Ralf Brauksiepe MdB ist Bericht-

erstatter für europäische Entwicklungs-

zusammenarbeit im Ausschuss für

wirtschaftliche Zusammenarbeit und

Entwicklung des Deutschen Bundestages.

[email protected]

DIE ENTSCHEIDUNG 11/2000 11

aussenpolitik

10 DIE ENTSCHEIDUNG 11/2000

aussenpolitik

Nach der Bundestagswahl 1998 haben sich

zahlreiche entwicklungspolitische Organisa-

tionen in Deutschland große Hoffnungen

auf einen Aufschwung in der deutschen Ent-

wicklungspolitik gemacht. Insbesondere die

kirchlichen Organisationen, die die Entwick-

lungspolitik der CDU-geführten Bundesre-

gierung vorher kritisiert hatten, sind heute

maßlos enttäuscht über die unerfüllten Ver-

sprechen der Bundesregierung.DR. RALF BRAUKSIEPE

Rot-GrüneRot-GrüneEntwicklungspolitikEntwicklungspolitik

enttäuschtenttäuscht

Ralf Brauksiepe bei der Debatte zurEntwicklungshilfepolitik im Berliner ReichstagRalf Brauksiepe bei der Debatte zurEntwicklungshilfepolitik im Berliner Reichstag

Page 6: ENTSCHEIDUNG 11/2000

veränderten Rahmenbedingungen sind Ih-

rer Ansicht nach notwendig?

Enders: Ganz oben steht die Frage

nach dem europäischen Verteidigungs-

markt. Denn während wir industriell

unsere Fähigkeiten grenzüberschrei-

tend bündeln, wird Verteidigung auf

der Kundenseite weiter vor allem natio-

nal behandelt. Nationale Beschaffung,

nationale Anforderungen, nationale

Beauftragung. Nur noch auf europäi-

scher Ebene können Systeme entste-

hen, die technologische Spitzenklasse

und bezahlbar sind. Deshalb sind eu-

ropäische Programme wie das militäri-

sche Transportflugzeug A400M der

richtige Weg. Sieben Nationen legen ein

gemeinsames Programm auf. Damit

werden die Anforderungen der Streit-

kräfte optimal erfüllt, ein wirtschaftlich

tragfähiges Programm entsteht, Europa

kann unabhängig von den USA einen

eigenen Beitrag leisten bei Einsätzen

auch außerhalb des Bündnisses – und

industriell entsteht ein Produkt, mit

dem wir Europäer uns auch im Export

sehen lassen können. Dieser Weg der

europäischen Integration muss konse-

quent weiter gegangen werden.

ENTSCHEIDUNG: Und was sind die

weiteren Themen?

Enders: Allgemein ist das die Forde-

rung beispielsweise nach einem eu-

ropäischen Gesellschaftsrecht. Wir sind

eine holländische Gesellschaft. Und da-

neben haben wir in jedem Land noch

eine nationale Gesellschaft. Warum?

Weil es keine Europa AG gibt. Damit ha-

ben wir gesellschaftsrechtlich eine Struk-

tur, die unserer grenzüberschreiten-

den Führungsstruktur widerspricht. Das

zeigt, dass das europäische Recht den

Anforderungen europäischer Unter-

nehmen nicht mehr gerecht wird. Wei-

tere Themen wären das Sozialversiche-

rungsrecht, das Börsenrecht etc.

ENTSCHEIDUNG: Welche Impulse für

die Angleichung der Sicherheits- und Ver-

teidigungspolitik erwarten sie als Folge der

Gründung der EADS?

Enders: Wir überschätzen uns nicht.

Sicherheits- und Verteidigungspolitik

wird von den Regierungen gemacht.

Und sie entscheiden über den Weg und

das Tempo der Angleichung. Aber wir

leisten einen Beitrag. Denn um unsere

und ähnliche Fusionen zu erleichtern,

haben die Verteidigungsminister im

Juli in England ein Rahmenabkommen

über verschiedene Fragen der Beschaf-

fung, des Geheimschutzes und nicht

zuletzt über gemeinsame Regeln für

den Export beschlossen. Solche Initiati-

ven bringen uns nach vorn. Und dabei

entsteht Gemeinsamkeit.

ENTSCHEIDUNG: In der Vergangenheit

hat es bei europäischen Kooperationsprojekten

stets ein starkes Tauziehen – etwa bei Stand-

ortentscheidungen – gegeben. Wie reagiert ihr

Unternehmen auf nationale Interessen?

Enders: Nationale Interessen sind eine

Tatsache, die wir berücksichtigen. Aber

wirtschaftliche Zwänge sind ebenfalls

Tatsachen. In einem europäischen Un-

ternehmen, das privatwirtschaftlich ge-

führt wird, müssen Überlegungen der

Profitabilität ganz oben stehen. Das gilt

auch für Standortfragen. Das bedeutet

aber nicht, dass der nationale Kunde

ohne Einfluss ist. Den meisten Einfluss

hat freilich derjenige Kunde, der attrak-

tive Aufträge zu vergeben hat.

ENTSCHEIDUNG: Ist die EADS der

Anfang vom Ende der nationalen Verteidi-

gungsindustrien?

Enders: Nationale Verteidigungsunter-

nehmen auf der Systemebene machen

wirtschaftlich keinen Sinn. Die nationa-

le Auftragsbasis ist zu klein, die Preise

für nationale Budgets unerschwinglich.

Das wissen auch Politik und Streitkräf-

te. Und deshalb waren der Bundeskanz-

ler, der französische und der

spanische Premierminister die

Taufpaten der EADS. Aber na-

türlich bleibt die EADS auch

ein deutsches Unternehmen,

genauso wie wir auch ein

französisches und ein spani-

sches Unternehmen sind.

ENTSCHEIDUNG: Welche

Bedeutung hat die Gründung

Ihres Unternehmens für die

Bündnisfähigkeit Europas – ins-

besondere Deutschlands – im

Rahmen von NATO-Einsätzen?

Enders: Die Logik ist ganz einfach: Nur

im europäischen Rahmen haben unsere

Kapazitäten und Fähigkeiten wirt-

schaftlich auf Dauer eine Überlebens-

chance. Mit der EADS behält Europa

Zugang zu Technologien und Produk-

tion für Güter, die den Kern der natio-

nalen Souveränität berühren: Lenkflug-

körper, Aufklärungsradare, Kampfflug-

zeuge, Satelliten – das sind unverzicht-

bare Produkte für Europas Bündnis-

fähigkeit. Das hat nicht zuletzt die Weiz-

säcker-Kommission erst kürzlich noch

einmal hervorgehoben.

ENTSCHEIDUNG: Wie wirkt sich die

Gründung der EADS auf das Verhältnis zu

den USA aus?

Enders: Endlich haben wir den Ameri-

kanern etwas zu bieten – nämlich ein

Unternehmen, das im Vergleich zu den

eigenen Giganten Boeing und Lockheed

kein Zwerg mehr ist, wie es die nationa-

len Gesellschaften noch waren. Wir sind

von unserer wirtschaftlichen Kraft, un-

serer technologischen Kompetenz und

Marktfähigkeit jetzt voll vergleichbar.

Und wir bieten interessante Perspekti-

ven für gemeinsame Projekte. Wir wer-

den heute als Kooperationspartner, aber

natürlich auch als Wettbewerber sehr

ernst genommen. Das eröffnet ganz neue

Perspektiven. Mit Northrop Grumman

zum Beispiel haben wir einen vielver-

sprechenden Anfang gemacht. �Florian Becker-Ritterspach (28)

ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der

Humboldt-Universität Berlin.

[email protected]

DIE ENTSCHEIDUNG 11/2000 13

aussenpolitik

ENTSCHEIDUNG: Der europäische Luft-

und Raumfahrtkonzern EADS besteht seit

rund 100 Tagen. Welche Erfahrungen ha-

ben Sie bisher gemacht und wieweit ist die

Integration bislang vorangeschritten?

Enders: Die Integration von Beschäf-

tigten und Unternehmensbereichen

aus drei Ländern ist eine spannende Sa-

che – und wir kommen schneller voran

als viele von uns gedacht haben. Auch

ich bin überrascht, wie relativ reibungs-

los die ersten 100 Tage waren. Wir alle

haben eine große Fusion dieser Art er-

wartet. Wir waren darauf eingestellt –

und deshalb auch gut vorbereitet. Wir

wollen bis Ende nächsten Jahres unser

Unternehmen voll integrieren. Aber wir

wissen auch, dass die Integration der

Firmenkulturen natürlich länger dau-

ern wird. Bei unserer nationalen Kon-

solidierung zur Dasa, die 1989 aus vier

Unternehmen zusammengebaut wur-

de, war das auch nicht anders.

ENTSCHEIDUNG: Was muss man sich

unter Integration vorstellen?

Enders: Wir organisieren uns und un-

ser Geschäft über die Grenzen hinweg

neu. Wir haben jetzt eine Chance, die

sonst nur Unternehmensgründer haben:

wir können (fast) alles neu machen. Da-

zu haben wir in der EADS insgesamt

über 400 Integrationsprojekte aufge-

legt. Die Projekte führen die Verant-

12 DIE ENTSCHEIDUNG 11/2000

aussenpolitik

»DENAMERIKANERN

ETWASBIETEN«Interview mit EADS-Vorstandsmitglied Dr. Thomas Enders

FLORIAN BECKER-RITTERSPACH

Im Rahmen der Außen- und Sicherheitspolitik ist die Entstehung einer gemeinsameneuropäischen Verteidigungsindustrie von wegweisender Bedeutung. Im Juli 2000 nahmdie EADS ihr operatives Geschäft auf. Die European Aeronautic Defense and SpaceCompany ist ein Projekt von deutschen, französischen und spanischen Unternehmenund hat europaweit 87.000 Mitarbeiter. Die ENTSCHEIDUNG sprach mit Dr. ThomasEnders (41), Chef der Division Verteidigung und Zivile Systeme der EADS.

wortlichen vor Ort. Es geht um die Bil-

dung von industriellen Kompetenzzen-

tren, die Neuorganisation von Forschung

und Technologie, um einheitliche IT-

Strukturen, unseren Marketingauftritt,

das Intranet oder auch die Mitarbeiter-

zeitungen. Ich erlebe eine große Auf-

bruchstimmung im ganzen Unterneh-

men, auch wenn es natürlich auch mal

knirscht im Gebälk. Das gehört dazu.

ENTSCHEIDUNG: Kürzlich forderte

EADS-Vorstandschef Rainer Hertrich eine

politische Initiative, die bessere Rahmenbe-

dingungen für Unternehmen wie die EADS

schaffen solle. Mit welchen Hindernissen

hatte EADS bisher zu kämpfen und welche

»NationaleInteressen

sind eineTatsache, die

wir berück-sichtigen.

Aber wirt-schaftliche

Zwänge sindebenfalls

Tatsachen.«

Dr. Thomas Enders

Page 7: ENTSCHEIDUNG 11/2000

THOMAS SILBERHORN

Beim Gipfel von Nizza im Dezember wollen die Staats- und

Regierungschefs wenigstens die »Leftovers« von Amster-

dam regeln: Die Zusammensetzung der Kommission, die

Stimmengewichtung im Rat und die Ausweitung von Mehr-

heitsentscheidungen im Rat blieben beim Gipfel von Amster-

dam unerledigt. Die Osterweiterung in Sichtweite, dürfte

jetzt der politische Leidensdruck groß genug sein, sich wenig-

stens hier zu Kompromissen durchzuringen. Doch der Ansatz

greift zu kurz. Wie die schwindende Akzeptanz der EU bei

den Bürgern zeigt, liegen die Probleme tiefer, als dass kosme-

tische Korrekturen ausreichten. Im Kern stellt sich die Frage,

mit welchem Ziel wir die europäische Integration betreiben

und welche Mittel dazu nötig sind. Abschließende Antwor-

ten darauf werden zwar kaum möglich und jedenfalls nicht

sinnvoll sein, weil der Integrationsprozess dynamisch ver-

läuft. Aber die wabernden Worthülsen der Regierungen kön-

nen die gravierenden Differenzen zwischen den 15 Mitglied-

staaten kaum kaschieren. Und mit der Osterweiterung wird

die Interessenlage noch weitaus vielschichtiger.

Konzentration auf das Wesentliche

Was not tut, ist eine neue Verständigung darüber, was Sa-

che der EU sein soll und was nicht. Eine klare Zuweisung und

Abgrenzung der EU-Kompetenzen und eine Konzentration

auf das Wesentliche müssen dafür sorgen, dass die politische

Verantwortung für das Handeln der EU eindeutig zugeordnet

werden kann. Beim Gipfel von Nizza muss der Einstieg in die-

se Debatte gelingen und ein konkreter Auftrag für die Erarbei-

tung eines Kompetenzkatalogs erteilt werden. Dieser könnte

etwa 2004 – und damit vor der Erweiterung – vertraglich ver-

ankert werden. Daneben muss auch die Ausübung der EU-

Kompetenzen auf eine breitere Legitimationsbasis gestellt

werden. Die Integrationsdichte und die bis zum einzelnen

Bürger durchgreifende Wirkung europäischer Hoheitsgewalt

verlangen danach, das Europäische Parlament mit den vollen

Rechten eines Parlaments auszustatten. Initiativrecht, unum-

schränktes Budgetrecht, Mitentscheidungsbefugnis in allen

Angelegenheiten und mehr Kontrollbefugnisse gegenüber

der Kommission gehören dazu. Voraussetzung dafür ist aller-

dings, dass die Zusammensetzung des Parlaments

an der Bevölkerungszahl der Mitgliedstaaten ausge-

richtet wird. Die fehlende Wahlgleichheit bleibt ein

Webfehler in der demokratischen Basis der EU.

Die Bundesregierung erweckt bislang keinerlei

Anschein, die Forderungen nach Kompetenzabgren-

zung und Parlamentarisierung sowie ihre Bedeu-

tung für die Legitimation der EU ernst zu nehmen.

In Sachen EU-Kompetenzkatalog mussten die Mini-

sterpräsidenten der deutschen Bundesländer schon

selbst nach Brüssel reisen, um ihrem gemeinsamen

Anliegen gegenüber Kommissionspräsident Roma-

no Prodi Nachdruck zu verleihen. Und Joschka Fi-

schers Vorschlag zur Schaffung einer Versammlung

aus Abgeordneten der nationalen Parlamente – in

der ein deutscher Abgeordneter dann rechnerisch

62 Sitzungswochen im Jahr zu bewältigen hätte –

wurde zu Recht als völlig abwegig verworfen.

Auch beim Gipfel von Nizza stehen die entscheiden-

den Fragen nicht auf der Tagesordnung. Im Wissen

um die Gegensätze in den Grundsatzfragen hat man

sich auf die für lösbar erachteten Probleme beschränkt

und nimmt dafür einen Geburtsfehler der institutio-

nellen Reform in Kauf. Mehr Transparenz und Effi-

zienz in der Entscheidungsfindung wären sicherlich

auch ein beachtlicher Fortschritt. Doch in Wirklich-

keit handelt es sich um »peanuts« im Verhältnis zum

schwelenden Konflikt über die künftige Gestalt der EU.

Wer dieser Frage ausweicht, wird die Akzeptanzpro-

bleme der EU nicht überwinden können. �

Thomas Silberhorn ist Mitglied im JU-Bundesvorstand

und Leiter des AK Europapolitik der JU Bayern

[email protected]

DIE ENTSCHEIDUNG 11/2000 15

aussenpolitik

Daraus sind eine Vielzahl an bilatera-

len Beziehungen auf Bundesebene

und Partnerschaften bis hin zu Ortsver-

bänden entstanden. Die persönliche Be-

gegnung, das konkrete Erleben anderer

politischer Kulturen und das Erfahren

von unterschiedlichen Politikansätzen

auch innerhalb der gleichen Parteienfa-

milie sind oft eine wichtige Vorausset-

zung für das Verstehen des anderen und

der erste Schritt zu gemeinsamen Lö-

sungen. Diesen Erfahrungsschatz hat

die Junge Union über bilaterale Kontak-

te hinaus insbesondere in europäische

und internationale Jugendverbands-

strukturen eingebracht.

JU brachte YEPP auf den Weg

Heute ist die Junge Union auf eu-

ropäischer Ebene Mitglied der Jungen

Europäischen Volkspartei (Youth of the

European People’s Party YEPP), der

Jugendorganisation der Europäischen

Volkspartei (EVP) und stellt mit Micha-

el Hahn auch den Präsidenten des Ver-

bandes. Die Gründung von YEPP im Ja-

nuar 1997 ist die Antwort auf den Fall

des Eisernen Vorhangs und das Bestre-

ben, die Jugendverbände aus Mittel-

und Osteuropa in europäische Jugend-

verbandsstrukturen zu integrieren.

Nach mehrjährigen und letztlich ver-

geblichen Anläufen diese Herausforde-

rung in den alten westeuropäischen

Strukturen (den Europäischen Jungen

Christdemokraten EJCD und dem Eu-

ropäischen Demokratischen Jugend-

verband DEMCY) zu bewältigen, war

es die Junge Union, die 1994 die Initia-

tive ergriffen hat, fast vierzig nationale

Jugendverbände aus über dreißig Län-

dern unter dem Dach der EVP neu zu

einen. Damit ist die Junge Union und

ganz besonders die Internationale

Kommission der JU einer der wesentli-

chen Architekten der heutigen christ-

demokratisch-konservativen Dachver-

bandsstruktur in Europa.

Die internationalen Verbandsstruk-

turen hingegen haben im vergange-

nen Jahrzehnt durch die Veränderun-

gen unmittelbar vor unserer Haustür

massiv an praktischer Bedeutung ver-

loren. Die Junge Union ihrerseits hat

ebenfalls bereits vor einigen Jahren

ihre Mitgliedschaften in den inter-

nationalen christdemokratischen und

konservativen Verbänden beendet.

Ausschlaggebend waren neben den

teilweise wenig demokratischen und

verlässlichen Strukturen, die über

die großen Entfernungen extrem be-

schränkten Möglichkeiten konkreter

Verbandsarbeit und insbesondere die

in Europa gebundenen personellen

und finanziellen Ressourcen. Diese

aus den Umständen heraus richtige

Entscheidung darf aber nicht darüber

hinwegtäuschen, dass auch die bila-

teralen Kontakte darunter erheblich

gelitten haben. Es wird eine schwieri-

ge Aufgabe in den kommenden Jah-

ren, neue Wege und Formen zu fin-

den, die alten verbandlichen Bezie-

hungen nach Süd- und Lateiname-

rika und in die USA wiederzubeleben

und auch neue Beziehungen nach

Afrika und Asien zu knüpfen, um den

Dialog über Herausforderungen, die

letztlich nur gemeinsam bewältigt

werden können, zu führen.

Europapolitisches Profil

Die Junge Union ist sicher durch die-

se Schwerpunktverlagerung in den

neunziger Jahren zu einem der An-

treiber in der Europapolitik geworden.

Mit einer Vielzahl von Positionierun-

gen und Beschlüssen, darunter die

Deutschlandtagsbeschlüsse von 1992

und 1998, hat die Junge Union ein

eigenes europapolitisches Profil ent-

wickelt. Dieses Engagement hat sicher

mit dazu beigetragen, dass die Junge

Union unter anderem seit vielen Jah-

ren mit Vertretern aus dem Bundes-

vorstand oder der Internationalen

Kommission über die CDU mit im Vor-

stand der Europäischen Volkspartei

vertreten ist. Auf diese Weise wirkt die

JU an der inhaltlichen Vorbereitung

von vielen Arbeitsgruppen- und Kon-

gressdokumenten mit.

Nach dem Generationenwechsel in

der CDU ist es verständlich, dass dort

eine bislang zu kurz gekommene Dis-

kussion entbrannt ist. Wir, die Junge

Union, sollten dies als Chance begrei-

fen und mit dazu beitragen, die CDU zu

Beginn des 21. Jahrhunderts als die

Europapartei Deutschlands und die

Partei der europäischen Integration

neu zu begründen. �

14 DIE ENTSCHEIDUNG 11/2000

aussenpolitik

Die Junge Union ist nicht nur der größte politische Jugend-

verband in Deutschland, sondern auch in Europa. Das bringt

es mit sich, dass viele Verbände aus dem europäischen und

internationalen Ausland Kontakt zur Jungen Union und

somit zur Jugendorganisation der CDU suchen.

eine feste Größe in Europa★

★★ ★

★★THOMAS SUBELACK

★★

Die Reform der Europäischen Union

Es wird eine schwierige Geburt. Schon lange gehen die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten

mit dem Gedanken einer institutionellen Reform schwanger. Mit den Strukturen einer für

sechs Mitglieder geschaffenen Gemeinschaft leidet die EU bereits heute an undurchsichtigen

und ineffizienten Entscheidungsmechanismen. Mit der bevorstehenden Erweiterung um bis

zu zwölf mittel- und osteuropäische Staaten droht ihr vollends der Kollaps.

Nizza?Wohin führt

ThomasSilberhorn

Page 8: ENTSCHEIDUNG 11/2000

Wie vertusche ich eigenes geschichtliches Versagen? Ei-

ne Lehrstunde dazu veranstaltete das rot-grüne Lager

mit der Debatte im vergangenen Monat, wem denn die Deut-

sche Einheit »gehört«. Schröder & Co. stellten die falsche Fra-

ge, und schon ließen sich Medien und Teile der Union in eine

politische Sackgasse locken.

SPD und Einheit

Die historische Rolle der SPD und der Grünen bis zum 3.

Oktober 1990 war, höflich formuliert, unglücklich. Im Juni

1989 stellte Gerhard Schröder fest: »Man sollte eine neue Ge-

neration nicht über die Chancen der Wiedervereinigung

belügen. Es gibt sie nicht.« Der heutige Außenminister Josch-

ka Fischer forderte Ende Juli 1989, wenige Wochen, bevor

Ungarn die Grenzen öffnete: »Die Forderung nach der Wie-

dervereinigung halte ich für eine gefährliche Illusion. Wir

sollten das Wiedervereinigungsgebot aus der Präambel des

Grundgesetzes streichen.« Später fügte er an: »Vergessen wir

die Wiedervereinigung, halten wir die nächsten 20 Jahre die

Schnauze darüber.« Im August 1989 nannte SPD-Sicher-

heitsexperte Egon Bahr die massenhafte Ausreise von Ost-

deutschen eine »Gefährdung des Entspannungsprozesses«,

im September 1989 sprach Willy Brandt von der Wiederver-

einigung als der »Lebenslüge der zweiten deutschen Repu-

blik«, und SPD-Kanzlerkandidat Oskar Lafontaine setzte sich

für die »weitere Respektierung der DDR-Staatsbürgerschaft«

ein. Im Oktober 1989 plädierte der SPD-Bundesvorsitzende

Hans-Jochen Vogel für ein Ende »des leichtfertigen Wieder-

vereinigungsgeredes«. Hätte diese politische Mannschaft,

wenn die Geschichte nicht Helmut Kohl, sondern sie ins

Kanzleramt gesetzt hätte, die Einheit gemeistert? Die SPD-

Ministerpräsidenten hatten zuvor ihre Zahlungen für die Er-

fassungsstelle von DDR-Unrecht in Salzgitter eingestellt, das

SPD-Präsidium hatte das Regime in Ost-Berlin im gemeinsa-

men Grundsatzpapier mit der SED im August 1987 auf eine

Ebene mit der westdeutschen Demokratie gesetzt.

Als die Mauer am 9. November 1989 fiel, wurde Willy

Brandt (unter dem Einfluss seiner Frau?) zum Patrioten. Die

SPD-Führung wurde es nicht. Ende November nannte Egon

Bahr das Streben nach Wiedervereingung »objektiv und

subjektiv Lüge«, »Heuchelei«, und »politische Umweltver-

schmutzung«, Oskar Lafontaine wollte »allen Bürgern der

DDR den Zugriff auf die sozialen Sicherungssysteme der

Bundesrepublik« verwehren. Angesichts dieses dramati-

schen Versagens erklärte Bundeskanzler Schröder jetzt sei-

nen Verzicht auf einen genauen Rückblick da-

mit, er wolle nicht diskutieren, »wem die deut-

sche Einheit gehört«. Wer sich auf diese Frage

einlässt, kommt natürlich zu der Antwort, dass

sie allen (und nicht etwa der CDU

oder Helmut Kohl) gehört. Genauso

gehört die Westbindung, die Soziale

Marktwirtschaft und die dynami-

sche (an die Löhne gekoppelte) Ren-

te allen – aber alle diese Leistungen

setzte eben die CDU durch.

Genauso darf es Helmut Kohl als

Erfolg verbuchen, dass er, trotz aller

zeitgenössischen Kritik, an der Wie-

dervereinigung festhielt – und dies

selbst Honecker bei dessen Staatsbesuch im Au-

gust 1987 öffentlich ins Gesicht sagte.

Über Tatsachen kann man nicht diskutieren

Die Akten zeigen, dass das Vertrauen, das

Helmut Kohl als Atlantiker, als überzeugter

Europäer und persönlich in Washington, Mo-

skau, Brüssel und Paris genoss, für die Un-

terstützung oder Akzeptanz der Einheit ent-

scheidend war. Selbst einem Bundeskanzler

Helmut Schmidt, »schneidiger Wehrmacht-

Hauptmann«, wie es in einer westeuropäi-

schen Quelle heißt, wurde hypothetisch un-

terstellt, er hätte im Fall der Einheit ein über-

mächtiges Deutschland angestrebt.

Die deutsche Einheit gehört natürlich allen.

Aber dass damals in Bonn die rot-grüne Op-

position völlig schieflag und die Einheit ab-

lehnte, während Bundeskanzler Kohl die sich

unerwartet eröffnende Gelegenheit mit Glück

und Geschick zu einem guten Ende brachte, ist

eine historische Tatsache. Gerhard Schröder

will sie nicht hören – aber die Union hat al-

len Grund, bei Rückblicken auf 1989/90 genau

darauf hinzuweisen. �

Historiker Volker Nies ist Redakteur der Entschei-

dung und hat seine Magisterarbeit über »Die deut-

sche Einheit und die Europäische Gemeinschaft

1989/90« geschrieben.

DIE ENTSCHEIDUNG 11/2000 17

ju-kommentar

Diese Fragen betreffen die Hand-

lungsfähigkeit der Institutionen.

Wir sollten aber den Anspruch haben,

nicht nur die Handlungsfähigkeit auf dem

heutigen Niveau zu sichern. Wir müssen

eine Europäische Union schaffen, die in

der Außen- und Sicherheitspolitik

schnell geschlossen handeln kann. Eine

Union, die in der Welt mit einer Stimme

spricht. Eine Union, deren Entscheidun-

gen deutlicher demokratische legitimiert

und von den Bürgern nachzuvollziehen

sind. Dem Europäischen Parlament wird

dabei in Zukunft eine immer wichtiger

werdende Rolle zukommen. Die Staaten

müssen jedoch entsprechend der Größe

ihrer Bevölkerung vertreten werden

damit die bestehende Verzerrung der

Zusammensetzung beendet wird.

Den europäischen Parteien kommt

dabei eine wachsende Bedeutung zu. Es

ist nicht akzeptabel, dass sich die politi-

schen Willensbildungsprozesse auf eu-

ropäischer Ebene in garvierender Weise

von denen auf nationaler Ebene unter-

scheiden. Nur durch transparente Ent-

scheidungsprozesse und öffentliche po-

litische Debatten werden wir die euro-

päischen Themen stärker in das Bewusst-

sein der Bürger bringen. Die Politik – in

erster Linie das Europäische Parlament

und die europäischen Parteien – muss

hier eine Gegenbewegung zur schlei-

chenden Intergouvernementalisierung

in Europa schaffen. Die Inflation an

»Hohen Beauftragten«, Sekretariaten

und sonstigen Parallelstrukturen ist das

gegenteil dessen was notwendig ist. Kla-

re Aufgabenverteilungen werden nicht

durch die Schaffung neuer Positionen

sondern nur durch ein konsequentes

Festhalten an der Gemeinschaftsmetho-

de erreicht. Das Debakel um die Sanktio-

nen gegen Österreich ist ein eindrucks-

volles Beispiel dafür. Wir wollen Trans-

parenz – keine Verschleierung.

Den europäischen Parteien muss in

diesem Prozess eine neue, wichtige Rol-

le zukommen. Bisher hatten sie in erster

Linie die Funktion, eine Wahlplattform

gleichgesinnter Parteien zu schaffen, die

sich auf der Basis eines gemeinsamen

Programms und gemeinsamer Werte un-

ter einem Dach zusammengefunden ha-

ben. Die eigentliche Funktion politischer

Parteien, am politischen Willensbildungs-

prozess teilzunehmen, haben sie bislang

eher am Rande wahrgenommen.

Wenn wir die Europäische Union de-

mokratischer gestalten wollen, können

wir aber langfristig nicht mehr vermitteln,

warum zentrale politische Diskussionen

außerhalb demokratischer Debatten ge-

führt werden. Eine Partei, die – wenn

auch durch ihre nationalen Mitgliedspar-

teien – Entscheidungen vor den Bürgern

und Wählern vertreten muss, wird im

Zweifel anders entscheiden als Beamte,

gleich ob sie in Brüssel oder Berlin sitzen.

Natürlich besteht kein Zweifel daran,

dass europäische Parteien nicht die glei-

che Funktion haben können wie natio-

nale Parteien, weil sie sich aus Mitglieds-

parteien und nicht aus individuellen

Mitgliedern zusammensetzen. Zudem gibt

es – zumindest bisher – keine europäische

Öffentlichkeit. Genau so wie die Euro-

päische Union kein Staat ist, werden die

europäischen Parteien eine Sonderrollen

einnehmen. Aber sie sind in Zukunft auch

mehr als ein Koordinierungsgremium

von nationalen Mitgliedsparteien und

Regierungschefs bei der Vorbereitung von

Sitzungen des Europäischen Rates. Hier

müssen die Parteien auch definiert und

abgesteckt werden. In Zukunft sollten

die Parteien sich auch auf europäischer

Ebene den zentralen politischen The-

men in der EU annehmen und diese in

ihren Gremien diskutieren. Mit einem

funktionierendem Informationsfluß bis

auf untere Ebene lässt sich damit auch

eine entsprechende Verbreitung der The-

men gewährleisten. Der Vorstand bietet

durch seine Größe (die CDU stellt 15 De-

legierte – auch einige aus den Reihen der

JU) diese Möglichkeit, die in Zukunft kon-

sequenter genutzt werden muss.

Der Europäischen Volkspartei wurden

bereits bei ihrer Gründung Strukturen

mit auf den Weg gegeben, die den Un-

terschied zu einem bloßen Parteienbund

deutlich machen. Einen Vorstand, der

proportional nach der Stärke der natio-

nalen Mitgliedsparteien besetzt ist und

in dem mit Mehrheit abgestimmt wird.

Einen Kongress als öffentlichkeitswirk-

samen Event, der mindestens alle zwei

Jahre stattfindet und der seit einigen Jah-

ren auch das Präsidium wählt. Außerdem

verfügt die EVP über eine Vielzahl von

Vereinigungen welche die Vielfältigkeit

der Gesellschaft in den Parteistrukturen

widerspiegeln (Junge EVP, EVP Frauen,

Seniorenunion, Europäische Wirtschafts-

und Mittelstandsvereinigung, EUCDA

und Europäische Kommunal- und Re-

gionalpolitische Vereinigung).

Die Stärkung der europäischen Par-

teien kann langfristig eine stärkere Posi-

tionierung europäischer Themen sowie,

über die nationalen Mitgliedsparteien,

eine stärkere Einbindung der Bürger

zur Folge haben. Auch mit Hilfe teilwei-

ser europaweiter Listen bei den Europa-

wahlen kann so ein gemeinsames Be-

wusstsein geschaffen werden. Dies ist

im übrigen eine Forderung der Jungen

Union Deutschlands aus ihrem europa-

politischen Beschluss »Europa für eine

neue Generation gestalten« (Deutsch-

landtag 1999 in Weimar). Wir sollten

diese Position aktiv vertreten. �

Christian Kremer ist Mitglied im JU-Bun-

desvorstand und Stellvertretender General-

sekretär der Europäischen Volkspartei

[email protected]

16 DIE ENTSCHEIDUNG 11/2000

Europäische Parteienmüssen gestärkt werden

Die Erweiterung der Europäischen Union nach Osten macht einschneidende Reformennotwendig. Es geht dabei nicht allein um Fragen wie die Ausweitung der Mehrheitsent-scheidung oder die Zahl der Kommissare.

Über die dümmliche Frage»Wem gehört die

deutsche Einheit?«VOLKER NIES

Volker [email protected]

CHRISTIAN KREMER

europa

ChristianKremer

Page 9: ENTSCHEIDUNG 11/2000

mit allen Mitteln, ihre Macht zu erhalten

und die 16 erfolgreichen Jahre der uni-

onsgeführten Bundesregierung im Nach-

hinein zu delegitimieren. Der Untersu-

chungsausschuss wird ausgenutzt, um

zu suggerieren, die Union habe sich die

Macht erkauft – ein grober Unsinn. Es

geht um die Machtfrage in Deutschland,

und dabei ist den Sozialdemokraten of-

fensichtlich jedes Mittel recht.

ENTSCHEIDUNG: Können sie dafür wei-

tere Beispiele nennen?

Schmidt: Da ist etwa die klare partei-

ische Handhabung des Bundestagsprä-

sidentenamtes durch Herrn Thierse, der

nicht einmal den Anschein der Neutra-

lität erwecken will, sondern als SPD-ge-

steuert auftritt. Ein weiterer Punkt ist

der Umgang mit meinem Kollegen Ro-

land Pofalla. Aber auch Alltägliches fällt

auf, zum Beispiel Themenfestsetzun-

gen bei Sitzungen – früher gab es eine

größere Bereitschaft, auch einmal der

Minderheit entgegen zu kommen, wäh-

rend heute Mehrheiten brutal ausge-

nutzt werden. So sollte die Mitglieder-

zahl des Untersuchungsausschusses zu-

ungunsten der Union verkleinert wer-

den – gegen die Geschäftsordnung des

Deutschen Bundestages. Das gleiche gilt

für die Drohung, mich aus dem Aus-

schuss auszuschließen, durch die sich

die Machtarroganz der

Mehrheit gegen die Min-

derheit zeigt.

ENTSCHEIDUNG: Wie

lange wird sich der Schau-

prozess Untersuchungsaus-

schuss fortsetzen?

Schmidt: SPD und Grü-

ne werden so lange an

diesem Thema festhal-

ten, wie sie sich politisch etwas davon

versprechen. Ich bin sicher, dass das In-

teresse etwas nachlassen wird – trotz-

dem wird der Ausschuss seine Arbeit

mit Blick auf die nächste Bundestags-

wahl fortsetzen. Aber auch wir haben

ein Interesse daran, den Ausschuss

nicht zu beerdigen, weil immer offen-

sichtlicher wird, welche Probleme die

SPD mit ihren Parteifinanzen hat. Wir

müssen thematisieren, wenn die So-

zialdemokraten Gelder nicht deklariert

haben. Das gehört auf die Tagesord-

nung des Untersuchungsauschusses –

nicht zuletzt wegen der Chancengleich-

heit der Volksparteien.

ENTSCHEIDUNG: Was werfen sie der

SPD in puncto Finanzen vor?

Schmidt: Die SPD ist nach meiner Ein-

schätzung die reichste Partei Europas.

Die Schätzung des Vermögens liegt bei

mindestens 1 Milliarde Mark. Diese Ver-

mögenshäufung ist im Hinblick auf die

verfassungsrechtliche Funktion einer

Partei und im Hinblick auf das verfas-

sungsrechtliche Gebot der Chancen-

gleichheit sehr bedenklich. Unser Haupt-

vorwurf besteht darin, dass die SPD seit

Jahren ihre wahre Vermögenslage ge-

genüber der Öffentlichkeit bewusst ver-

schleiert. Darüber hinaus ist die SPD an

unzähligen Firmen beteiligt, ohne dass

diese Beteiligungen im Rechenschafts-

bericht aufgeführt sind. Die SPD zeigt

mit dem Finger auf die Union und

täuscht systematisch die Öffentlichkeit

über ihren eigenen Reichtum.

ENTSCHEIDUNG: Wie gehen sie mit

Kritik an ihrer Person hinsichtlich ihrer

Ausschussarbeit um?

Schmidt: Es gab den Versuch, mich an

den Pranger zu stellen. Dem bin ich ent-

gegengetreten und habe gesagt, dass ich

mir von niemandem das Recht nehmen

lasse, mit Fraktionskol-

legen zu reden, wann

immer ich will. Ich habe

immer klar gemacht,

dass ich nie eine Abspra-

che mit Helmut Kohl ge-

troffen habe; dieser Ver-

dacht war völlig absurd.

Ich bin vor allem dage-

gen, dass hier gleiche

Sachverhalte mit unter-

schiedlichen Maßstäben misst: Die SPD

hat ständig mit Zeugen geredet, die

noch im Auschuss auftreten müssen.

Zum Beispiel mit dem Zeugen Struck,

der selbst gesagt hat, dass er ständig mit

der Arbeitsgruppe über strategische

Fragen spricht. Oder der Ausschuss-

vorsitzende Neumann, der mehrfach

länger mit Herrn Schreiber telefoniert

hat. Sozialdemokraten aus dem Unter-

suchungsausschuss sind nach Frank-

reich gefahren, um dort mit Zeugen des

Ausschusses über das Thema Leuna/

Minol zu sprechen. Man kann mich

nicht kritisieren und gleichzeitig das

gleiche tun – das ist eine Doppelmoral,

die wir uns nicht gefallen lassen.

ENTSCHEIDUNG: Zur Zeit wird ein

Untersuchungsausschussgesetz beraten. Wie

verläuft die diesbezügliche Debatte?

Schmidt: Es zeigt sich bei der aktuellen

Diskussion, wie weit ein Herr Ströbele

vom Rechtstaat entfernt ist – denn es gibt

ein Rechtstaatsprinzip, das lautet: Nie-

mand muss sich vor einem Gericht oder

einem Untersuchungsausschuss persön-

lich belasten. Deswegen gibt es in be-

stimmten Fällen ein Aussageverweige-

rungsrecht, das Herr Ströbele aus politi-

schen Gründen außer Kraft setzen will.

ENTSCHEIDUNG: Stichwort Ströbele –

wie beurteilen sie ihre Gegenspieler?

Schmidt: Ströbele ist der Prototyp der

Doppelmoral. Er verlangt Gesetzkonfor-

mität von Politikern, ist aber selber we-

gen Unterstützung einer terroristischen

Vereinigung vorbestraft. Was die ande-

ren Mitglieder im Untersuchungsaus-

schuss betrifft, da habe ich eher Mitleid,

weil sie teilweise so schwach sind und so

unvorbereitet und wenig zielorientiert

fragen. Zum Teil lesen sie Fragen vor,

die andere aufgeschrieben haben.

ENTSCHEIDUNG: Wer schreibt die Fra-

gen auf?

Schmidt: Wir haben deutliche Hinwei-

se, dass ständig Treffen zwischen den Ar-

beitsgruppen von SPD und Grünen mit

Mitarbeitern des Kanzleramtes stattfin-

den. Es besteht für mich kein Zweifel dar-

an, dass das Kanzleramt mittrickst, um

der Union zu schaden. Im Hintergrund

zieht Herr Müntefering die Fäden – und

das zeigt, dass man schon die nächste

Bundestagswahl im Blick hat. �

DIE ENTSCHEIDUNG 11/2000 19

interview

ENTSCHEIDUNG: Wie lautet ihre Zwischenbi-

lanz der Ausschusstätigkeit?

Schmidt: Das Zwischenergebnis lautet: Die Auf-

klärungsbemühungen der Union, die diese selbst

initiiert hat, sind durch den Untersuchungsaus-

schuss bestätigt worden. Darüber hinaus sind kei-

ne neuen Erkenntnisse hinzugekommen. Das ist

ein Kompliment für den Aufklärungswillen der

Union unter Wolfgang Schäuble und Angela Mer-

kel. Zudem bahnt sich das Ergebnis an, dass es bis

heute keinen einzigen Beleg dafür gibt, dass Ent-

scheidungen der letzten unionsgeführten Bun-

desregierung durch Geldzahlungen beeinflusst

wurden. Meine klare These ist: Es hat keine Käuf-

lichkeit der Regierung gegeben.

ENTSCHEIDUNG: Diese Einschätzung klingt positiv;

andere Stimmen sprechen jedoch von einer Hexenjagd der

rot-grünen Ausschussmehrheit.

Schmidt: Aus Unionssicht ist festzustellen, dass es

schwerwiegende Verstöße gegen das Parteiengesetz

gegeben hat, und wir wären schlecht beraten, wenn

wir diese unter Teppich kehren wollten. Daher

müssen wir sagen: Wir wollen alles aufklären, wo

sich dazu Möglichkeiten bieten. Die letzten Monate

der Ausschussarbeit haben jedoch eindeutig ge-

zeigt, dass es der dortigen Mehrheit nicht nur um

die reine Aufklärung geht, sondern um den Ver-

such, der Union Schaden zuzufügen. Es ist das klare

politische Ziel von Herrn Ströbele, die Union so weit

zu schwächen, dass sie sich selbst die Überlebensfra-

ge stellt. Das hat nichts mehr mit dem Untersu-

chungsauftrag im eigentlichen Sinne zu tun. Es

kommt im Ausschuss zu starken Konfrontationen,

weil wir nicht bereit sind, dies zuzulassen. So erklärt

sich die hart geführte Kampfsituation.

ENTSCHEIDUNG: Erkennen sie darin einen neuen

Umgangsstil in der Politik?

Schmidt: Die politische Auseinandersetzung ge-

staltet sich heute härter als zu Bonner Zeiten. Unab-

hängig vom Umzug nach Berlin hat sich die Kolle-

gialität und die fraktionsübergreifende Zusammen-

arbeit vermindert. Die Sozialdemokraten versuchen

18 DIE ENTSCHEIDUNG 11/2000

interview1994 wurde Andreas Schmidt Parlamentarischer Geschäfts-

führer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, seit zwei Jahren

ist er deren Justitiar. In das Blickfeld der Öffentlichkeit rückte

er jedoch als Obmann der Unionsfraktion im Parteispenden-

Untersuchungsausschuss. Spätestens seit seiner Erklärung,

er werde sich auch weiterhin nicht das Recht nehmen lassen,

sich mit dem Zeugen Helmut Kohl zu treffen, ist er eines der

erklärten Hauptziele der Verbalattacken von Ströbele und

Co. Die ENTSCHEIDUNG sprach mit ihm über die Entwicklung

der Arbeit im Untersuchungsausschuss.

DoppelmoralDoppelmoralTransparenzTransparenz

statt

»Die Aufklä-rungsbemühungen

der Union, die dieseselbst initiiert hat,

sind durch denUntersuchungs-

ausschuss bestätigtworden.«

Andreas Schmidtist Obmann im Unter-suchungsausschuss

Page 10: ENTSCHEIDUNG 11/2000

⁄Wenn ein Fußballspieler in einer Saison 62

Tore schießt, so stellt sich bald für ihn die

Frage nach einer einer Profi-Karriere. Der 18-

jährige Torjäger Peter Rauen stand vor dieser

Entscheidung, als die Bundesliga gerade ge-

gründet worden war. »Damals verdiente man

dort aber nur 300 Mark«, sagt Peter Rauen

heute und fügt hinzu: »Hätte ich gewusst, was

die Profis bereits Ende der sechziger Jah-

re verdienen würden...« Doch in den Worten

des Rheinland-Pfälzers klingt keine Spur von

Wehmut, denn schon als Jugendlicher hatte er

sich für die Übernahme des elterlichen Bauun-

ternehmens entschieden: Nach dem Tod seines

Vaters stand für ihn fest, dass er als Ältester

von fünf Geschwistern die Verantwortung

übernehmen würde. So führte er als Schüler

und Student vor dem Unterricht und zwischen

den Vorlesungen den Betrieb, den er im Alter

von 21 Jahren auch offiziell übernahm. Für den jungen Di-

plomingenieur war Fußball zwar weiterhin lieber als alles

andere, »aber richtig gespielt habe ich erst wieder, als der Be-

trieb aus dem gröbsten heraus war.«

Der Spielerpräsident

Der FSV Salmrohr wusste jedoch, was er an seinem Mittel-

stürmer hatte und wählte den 26-jährigen Peter Rauen kurz

nach dessen Familiengründung zum Vereinspräsidenten.

Genauer gesagt: zum Spielerpräsidenten, denn Rauen kickte

den FSV nach oben. So stieg der Verein des 1000-Einwoh-

ner-Nestes Salmrohr von der Kreisklasse bis in die Oberliga

auf. Und es kam noch besser: Für kurze Zeit spielte der FSV

Salmrohr, den Rauen neben seinem Unternehmen 29 Jahre

lang leidenschaftlich führte, in der 2. Fußball-Bundesliga.

Seit Februar 2000 ist der 55-Jährige Präsident beim Regio-

nalligisten Eintracht Trier 05, den er kurz zuvor vor dem

drohenden Konkurs gerettet hatte. Im Prinzip wäre an dieser

Stelle eine runde Geschichte erzählt und manch’ einer an

DIE ENTSCHEIDUNG 11/2000 21

wege in die politik

Angela Merkel brachte es in ihrem »Brief an die Deut-

schen« (DIE WELT, 2. September 2000) auf den Punkt:

»Es gab über Jahrzehnte einen breiten politischen Konsens,

dass die Wiedervereinigung unabdingbares Ziel deutscher

Politik zu sein habe. Dieser Konsens wurde von den Sozialde-

mokraten Mitte der achtziger Jahre end-

gültig aufgekündigt.« Der Kampf gegen

die Zentrale Erfassungsstelle Salzgitter, das

Bestreben, eine eigene DDR-Staatsbürger-

schaft anzuerkennen, und die kriecheri-

sche Hofierung der SED-Machthaber (Ori-

ginalton Schröder: »Honecker – ein zu-

tiefst redlicher Mann«) waren keine pein-

lichen Ausrutscher, sondern der gezielte

und teils erfolgreiche Versuch der 68er-

Generation in der SPD, den »Wandel

durch Annäherung« in einen »Wandel

durch Anbiederung« umzuinterpretieren.

Es soll allerdings nicht verhehlt werden,

dass auch linksorientierte Christdemokra-

ten vor 1989 bemüht waren, auf die sozial-

demokratische »Status quo-Politik« um-

zuschwenken – glücklicherweise ohne Er-

folg. Umgekehrt gab es natürlich prominente Sozialdemokra-

ten, die in den Schicksalsjahren 1989/90 historisches Gespür

bewiesen, wenn auch nicht sehr zahlreich: beispielsweise

Willy Brandt, der dafür von den selbsternannten Enkeln, die

mittlerweile die Regierung stellen, in den Spitzengremien

seiner Partei schmählich kaltgestellt wurde.

So kann es nicht verwundern, dass die Spitzenvertreter der

Regierung Schröder, die 1989/90 noch im Abseits der Ge-

schichte standen, bemüht sind, sich von diesem Makel rein-

zuwaschen. Längst ist der sogenannte Untersuchungsaus-

schuss in Sachen CDU-Spendenaffäre zu einem Kampfinstru-

ment der Geschichtsdeutung umfunktioniert

worden, unablässig bestrebt, der Regierung

Kohl »Bestechlichkeit« anzuhängen – nur

handfeste Beweise ist der Ausschuss bis

jetzt schuldig geblieben. Das Ziel ist klar:

Getreu der »Irgendetwas bleibt schon hän-

gen«-Methode soll die Einheitspolitik von

Union (und F.D.P.) ex post kriminalisiert

werden, um vom eigenen Versagen abzu-

lenken und sich gleichzeitig als »wahrer

Interessenanwalt« der östlichen Bundes-

länder darzustellen. Schröder setzt darauf,

dass die Union ihren früheren Übervater

verstößt und damit ihre eigene Geschichte

und einen wichtigen Teil ihrer Identität

preisgibt. Darüber kann auch nicht hinweg-

täuschen, dass er gelegentlich mit pseudo-

staatsmännischer Geste rührselig auf das

Werk seines Vorgängers eingehen wird. Die Schmutzarbeit

werden seine Wadenbeißer Müntefering, Struck und der so-

genannte Untersuchungsausschuss schon erledigen. Eines

verstehen die saturierten Alt-68er immer noch sehr gut: Nicht

wer die Zukunft bestimmt, hat die größte Macht, sondern der-

jenige, der die Vergangenheit ändern kann. �

20 DIE ENTSCHEIDUNG 11/2000

innenpolitik

Wenn es eine bleibende Achillesferse der jetzigen Regierung gibt, dann die Tatsache,

dass ihre Spitzenrepräsentanten in den achtziger Jahren und selbst noch im Zeichen des

historischen Umbruchs das Wiedervereinigungsgebot des Grundgesetzes verrieten.

»Die Geschichte hat sieüberlistet und –

abgewählt. Auf ge-schichtlichen Wandel

war die Generation der68er nicht vorbereitetund nicht einmal dar-auf, dass das eigene

Weltbild Risse erhielt.So versagten sie in

jenem Augenblick, derzur Epoche wurde.«

(BrigitteSeebacher-Brandt)

Wie verläuft der Weg in politische Spitzenämter? Ähneln sich die jeweiligen

Karrieren und Parteilaufbahnen, oder ist jede »Ochsentour« unterschiedlich? Die

ENTSCHEIDUNG stellt in einer neuen Serie alle zwei Monate Unionspolitiker vor,

deren Werdegang besonders spannend ist. Das erste Porträt gilt Peter Rauen (55),

Bundesvorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung und stell-

vertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Peter Rauen im Porträt

MITTELMITTELsturm

stand

Vom

zumKKaammppff uumm ddiiee

GESCHICHTEGESCHICHTE

ANDREAS SCHWEGEL

Ex-Bundeskanzler Kohl und sein AnwaltDr. Holthoff-Pförtner vor dem BerlinerUntersuchungsauschuss

AndreasSchwegel

[email protected]

Page 11: ENTSCHEIDUNG 11/2000

ternehmer. »In gleicher Weise erfolgt ein

Schlag ins Gesicht jedes Business Angels,

der jungen Firmen sein Geld zur Verfü-

gung stellt.« So hätten die Geldgeber

früher Gewinne

aus der Veräuße-

rung von Antei-

len nach Ablauf

der Spekulations-

frist steuerfrei

realisieren können, wenn ihre Beteili-

gung am Unternehmen nicht über 25 Pro-

zent gelegen habe. Lafontaine habe die

Grenze auf zehn Prozent gesenkt, künftig

liege sie bei nur noch einem Prozent. »Die

Folge ist, dass sich potentielle Geldgeber

lieber an etablierten Firmen beteiligen,

um durch deren Größe die 1-Prozent-

Grenze nicht zu überschreiten.« Mancher

Existenzgründer scheitere hingegen am

Fehlen von einigen tausend Mark; dabei

seien häufig gerade kleine Betriebe am

innovativsten und flexibelsten. »Diese

Steuerreform ist mittelstands- und exi-

stenzgründerfeindlich«, so Rauen. Auch

die vorgelegten Pläne der Regierung zur

Rentenreform würden zu wenig Rück-

sicht auf die jüngere Generation neh-

men. Von einer Generationengerechtig-

keit könne keine Rede sein.

Der Mittelstandspolitiker

Rauens Ziel ist es, nicht nur für die Un-

ternehmen Politik zu machen, die schon

immer die großen Verbände beherrschten.

»Ich habe keine Angst vor der Globalisie-

rung und den großen Fusionen, da sich

auch für den Mittelstand ungeahnte

Möglichkeiten ergeben.« Vielmehr

müsse der sich im Rahmen der Globa-

lisierung verändernden Wirtschaft

mit neuen Konzepten begegnet

werden – dies sei die Chance der

Union, den amtierenden Bun-

deskanzler mit seiner verhäng-

nisvollen Konsensmentalität

zu schlagen. Holzmann-Sa-

nierung, Greencard, Steuer-

reform: Rauen kritisiert

die Bundesregierung in

vielen Themen, die

alle in einem Vor-

wurf münden –

Populismus und

Verschleierung

der wirklichen

Probleme. Erst

vor kurzem habe er Finanzminister Eichel (SPD) im Plenum

aufgefordert, zu widerlegen, was Rauen ihm vorrechnete:

»Durch heimliche Steuererhöhungen und durch das Zusam-

menwirken von Progression und Inflation wird ein Großteil

der Erwerbstätigen 2005 prozentual

nicht weniger sondern mehr Steuern

bezahlen als 2001 – trotz aller vor-

getäuschten Entlastungen.«

Ein Grundproblem bei allen Ver-

handlungen besteht für Rauen darin,

»dass auf beiden Seiten statt Arbeitnehmern und Arbeitge-

bern Funktionäre sitzen, die kaum Ahnung von den tägli-

chen Betriebsabläufen haben.« Vor allem die Gewerk-

schaftsvertreter würden nicht mehr an die Interessen der 25-

oder 30-Jährigen denken, sondern an die der Generation

kurz vor dem Ruhestandsalter. Daher hänge auch in der Po-

litik viel davon ab, ob der CDA-Vorsitzende früher an der

Werkbank gestanden habe und der Mittelstandschef selber

Unternehmer sei. »Nur dann können wir unsere Zielgrup-

pen wirklich ansprechen«, so Rauen. Denn auch beruflich

stark engagierte Menschen seien zu politischem Engagement

bereit, wenn sie in der Politik auf mo-

derne und flexible Strukturen

stoßen würden. Rauen:

»Dazu, dass dieser Ty-

pus in Zukunft stär-

ker in unseren Rei-

hen vertreten ist,

können Junge

Union und Mit-

telstandsvereini-

gung gemeinsam

beitragen.« �

wege in die politik

Rauens Stelle sähe sein Leben schon

ausgefüllt. Das Gegenteil ist der Fall,

denn Peter Rauen war mit Mitte zwan-

zig von einem Freund in die Junge Uni-

on und CDU geholt worden. »Ich stam-

me aus einer tiefschwarzen Gegend,

wo die SPD völlig in der Diaspora war«,

sagt Rauen, »da wurde der halbe Ke-

gelklub in die Partei aufgenommen.«

Schmunzelnd erinnert er sich daran,

wie er in Abwesenheit in den Kreisvor-

stand der JU Bernkastel-Wittlich ge-

wählt wurde und ihm nach einiger Zeit

mitgeteilt wurde, nun müsse er doch

bitte auch an den Vorstandssitzungen

teilnehmen. Dieser Aufforderung kam

er bald nach: »Da saßen über zwanzig

Leute, von denen sich nur drei perma-

nent unterhielten.« Der

junge Peter Rauen är-

gerte sich über deren

fortlaufende Fremd-

worte und Fachbegriffe,

die seiner Ansicht über-

haupt nicht zur Jungen

Union passten. »Könnt

ihr nicht einmal

deutsch miteinander

reden?« Seine Frage

schien den restlichen

Anwesenden aus der Seele zu spre-

chen. Nicht ein Jahr später wurde ein

neuer Kreisvorsitzender gesucht und

Rauen aufgefordert, gegen den Kandi-

daten des bisherigen Amtsinhabers zu

kandidieren. Für den Falle seiner Wahl

versprach er als erste Amtshandlung,

»dem Kreisgeschäftsführer – einem al-

ten Schulfreund – sein freches Maul zu

stopfen.« Vor knapp 200 Mitgliedern

und der örtlichen Parteiprominenz

gelangte Rauen in die Stichwahl –

Stimmengleichheit. Da öffnete sich

die Tür, und ein befreundeter Orts-

verband stieß hinzu.

Leute aus dem Leben

Drei Jahre lang führte der Jungun-

ternehmer den Kreisverband, bevor er

für vier Jahre zum Bezirksvorsitzenden

der JU Trier gewählt wurde. Schnell

stellte er fest: »Es müssen mehr Leute

in die Politik, die mitten im Leben ste-

hen.« Aber bevor jemand den Weg in

die Politik suche, solle er in den vorpo-

litischen Raum eingebunden sein.

Sonst wirke es aufge-

setzt, wenn er später als

Politiker an die Vereine

herantrete. »Außerdem

muss ich als Politiker den

Rückhalt der Basis ha-

ben, um auch einmal ge-

gen den Strom schwim-

men zu können«, legt er

seine Grundeinstellung

dar. »Wer keinen Mut

beweist und nur mau-

schelt, ist in vielen Fällen stark abhän-

gig.« Ein weiteres Prinzip lautet für

ihn: »Man kann nicht mehreren Her-

ren dienen.« So gab er seinen Sitz im

Gemeinderat und Verbandsgemeinde-

rat auf, als er 1979 Mitglied der Kreis-

tagsfraktion wurde, deren Vorsitzen-

der er fünf Jahre lang war. Schon Mitte

der siebziger Jahre war ihm aufgefal-

len, »dass auf den Listen für Landtag

und Bundestag fast nur Lehrer stan-

den.« Einige Jahre später stellte er sich

zur Wahl und wurde 1983 in den

rheinland-pfälzischen Landtag ge-

wählt. Seit 1987 gehört er dem Deut-

schen Bundestag an, wo er ab 1994

Vizechef des Finanzausschusses war.

Seit Februar 2000 ist er als Nachfolger

von Friedrich Merz stellvertretender

Vorsitzender der Unionsfraktion mit

Zuständigkeit für den Bereich Finan-

zen und Wirtschaft. Kurz darauf wähl-

te ihn der CDU-Bundesparteitag zum

zweiten Mal in das Parteipräsidium.

»Wir brauchen junge Leute, die sich

nicht von den Verkrustungen ab-

schrecken lassen und diese von innen

aufbrechen.« Dabei dürfe man nicht

verzagen, sagt Rauen und zitiert Max

Weber: »Politik ist die Kunst des Boh-

rens dicker Bretter.« Das gelte auch für

die freie Wirtschaft. Er selber habe als

junger Unternehmer Kredite aufge-

nommen und sein Unternehmen ge-

gen die Erwartungen von Fachleuten

aufgebaut. »Heute werden die Leute

an der Universität zu wenig auf die

Selbständigkeit vorbereitet. Erst lang-

sam begreift die Öffentlichkeit, dass es

ohne Unternehmer keine Arbeitsplät-

ze gibt.« Daher kritisiert Rauen mit

deutlichen Worten die Steuerreform.

Die rot-grüne Politik gehe in die völ-

lig falsche Richtung, da sie anonyme

Kapitalgesellschaften entlaste, nicht

jedoch den persönlich haftenden Un-

22 DIE ENTSCHEIDUNG 11/2000

wege in die politik

»Es müssen mehrLeute in die Politik,

die mitten im Lebenstehen. Wer keinen

Mut beweist undnur mauschelt, ist

in vielen Fällenstark abhängig.«

»Ich habe keine Angst vor der Globalisierungund den großen Fusionen, da sich

auch für den Mittelstand ungeahnteMöglichkeiten ergeben.«

DIE ENTSCHEIDUNG 11/2000 23

Page 12: ENTSCHEIDUNG 11/2000

deutschlandtag

24 DIE ENTSCHEIDUNG 11/2000 DIE ENTSCHEIDUNG 11/2000 25

Angela Merkel in KoblenzMit deutlichen Worten ging die

CDU-Vorsitzende Dr. Angela Mer-

kel MdB vor den JU-Delegierten mit dem

politischen Gegner ins Gericht: »Politik

besteht nicht nur aus Ideologien!« Hef-

tigster Kritikpunkt war die Ökosteuer,

die laut Merkel keine der umweltpoli-

tischen Anforderungen erfüllt. In den

meisten anderen Politikfeldern gelte

»versprochen – gebrochen«. Die Sozial-

demokraten hätten ein falsches Ver-

ständnis von Gerechtigkeit und Freiheit

– stattdessen werde der wettbewerbs-

feindliche Einheitsstaat forciert. Daher

sei auch die Junge Union aufgefordert,

Rot-Grün entgegenzutreten und wei-

terhin zu einer zukunftsorientierten Po-

litikgestaltung beizutragen. �

Hildegard Müller legt Rechenschaft vor demDeutschlandtag ab

Tanja Gönner applaudiert derRede Angela Merkels

Kämpferisch: Angela Merkel inihrer Rede am Sonntagmorgen

CSU-GeneralsekretärThomas Goppelsprach am Freitagabend

JU-Chefin nach ihrer Wiederwahl neben NeidhardVarnhorn, Landesvorsitzender Oldenburg

Ex-Bayern-LGFGuntram Dopferumarmt G. Fahrenschon

Stellvertreterin Tanja Gönneraus Baden-Württemberg

Georg Fahrenschonwurde mit dem bestenStimmenergebniszum Stellvertretergewählt

Blicken auf die Präsentationdes JU-Onlinespiels»Schwarzwild«

Blicken auf die Präsentationdes JU-Onlinespiels»Schwarzwild«

Achim Petersen wurde alsSchatzmeister wiedergewählt

Page 13: ENTSCHEIDUNG 11/2000

DIE ENTSCHEIDUNG 11/2000 2726 DIE ENTSCHEIDUNG 11/2000

Diskussionen und Foren im WortlautAuf dem Podium des Deutschland-

tages kamen zahlreiche Gäste zu

Wort: Beim ersten Panel »Das digitale

Zeitalter – die Informationsgesellschaft«

warb Dr. Stephan Eisel (KAS) dafür,

das Internet noch stärker als bisher

für politische Inhalte zu nutzen. Dem

pflichtete Prof. Thomas Heilmann (Vor-

sitzender Internet-Kommission der

CDU) bei: Jeder Ortsverband müsse

online erreichbar sein und virtuelle

Abstimmungen ermöglichen. Stefan

Schwarz (EuroAtlantik AG) forderte

die JUler auf: »Werdet Internet-Beauf-

tragte in euren CDU-Verbänden!« Das

zweite Panel fand unter dem Titel

„World Wide Web – Nationale Regulie-

rung?“ statt. Dr. Markus Söder (Vorsit-

zender der CSU-Medienkommission)

forderte mehr Rechtssicherheit für Un-

ternehmen im Internet. Diesbzüglich

sei eine Partnerschaft zwischen Politik

und Wirtschaft notwendig. Thomas

Mickeleit (IBM Deutschland) warnte

vor einer Spaltung der Gesellschaft in

‘User’ und ‘Looser’ – letzteren werde in

Zukunft die Möglichkeit zur beruflichen

Weiterbildung abhanden kommen.

Beim dritten Panel zum Thema »Me-

dienverantwortung – Medienkontrol-

le« prophezeite Jürgen Doetz (Präsident

VPRT), der Wettbewerb zwischen den

privaten Fernsehsendern werde in Zu-

kunft im Informationsbereich ausgetra-

gen, da der Unterhaltungssektor weit-

gehend ausgereizt sei. Dieter Weirich

(Intendant Deutsche Welle) lobte die

Forderungen der Jungen Union: Im

Zeitalter von Deregulierung und Libera-

lisierung sei Mut gefordert – die Frage

sei, wieviel Freiraum es im Medien-

bereich geben dürfe. Zuvor hatte bereits

General Dr. Klaus Reinhardt die Zu-

stimmung der Zuhörer erhalten, als er

sich im Gespräch mit Hildegard Müller

und Johannes Neudeck (Hilfe Konkret

e.V.) für die Beibehaltung der Wehr-

pflicht ausgesprochen hatte. �

JU Rhein-Sieg auf dem Deutschlandtag.Sebastian Wolff (l.) und Marcus Kitz (r.) warenmit ihren Gedanken schon bei der Ausrichtungdes NRW-Tages

Dr. Markus Söder (Landesvorsitzender Bayern) auf dem Internet-Forum mit Harald Schmitt und Christoph Schröder (v.l.)Dr. Markus Söder (Landesvorsitzender Bayern) auf dem Internet-Forum mit Harald Schmitt und Christoph Schröder (v.l.)

Scheuer’s Andi istDeutschlandratder JU Bayern

Niedersachsen:Christian Tangermannund Henrike John

Der »überragende« Bremer Landesvorsitzende Claas Rohmeyermit seinen Delegierten und GästenDer »überragende« Bremer Landesvorsitzende Claas Rohmeyermit seinen Delegierten und Gästen

Der Samstagabend war grandios.Danke JU Rheinland-Pfalz!

Hildegard Müller mit Susanne Verweyen-Emmrich (LGF CDU BaWü)und Dirk Notheis (Ex-JU-Landesvorsitzender BaWü)Hildegard Müller mit Susanne Verweyen-Emmrich (LGF CDU BaWü)und Dirk Notheis (Ex-JU-Landesvorsitzender BaWü)

Hildegard Müller mitdem ehemaligenLandesvorsitzendenRheinland-PfalzRolf Staab

Panel 1: JU-Bundesvor-standsmitglied CatrinHannken diskutiert mitCDU-InternetsprecherThomas Heilmann

Drei ehemalige ENTSCHEIDUNGs-Macher diskutieren über Medienpolitik: Dieter Weirich (Inten-dant Deutsche Welle), Daniel Walther (JU-Bundesvorstand) und Jürgen Doetz (VPRT-Präsidentund Vorstand Pro7Sat1 Media AG)

Page 14: ENTSCHEIDUNG 11/2000

DIE ENTSCHEIDUNG 11/2000 29

news

28 DIE ENTSCHEIDUNG 11/2000

deutschlandtag

JAJANEINNEIN

Rot-Grüne

Export vonPanzern:

Export vonRüstungsfabrik:

... kein Wunder bei den Sprit-Preisen

200 Liter auf 100 km

Rot-GrüneDoppelmoralDoppelmoral

Die Postkarte zurKampagne »Rot-GrüneDoppelmoral« kannbei der JU Bundesge-schäftsstelle bestelltwerden: JU Deutsch-lands, Inselstraße 1 b,10179 Berlin [email protected]!

Die Bundesvorsitzende der Jungen

Union, Hildegard Müller, hat in ei-

nem persönlichen Schreiben an den Ju-

so-Vorsitzenden Benjamin Mikfeld eine

»rückhaltlose Aufklärung« sowie eine

eindeutige Stellungnahme der Jusos im

Zusammenhang mit dem undurchsich-

tigen Finanzsystem des langjährigen SPD-

Schatzmeisters Alfred Nau gefordert.

Berichten zufolge sollen beim Verkauf

einer maroden Druckerei 63 Millionen

Mark geflossen sein, die in keinem der

SPD-Geschäftsberichte auftauchen. Be-

reits in den siebziger und achtziger Jah-

ren soll die SPD über Stiftungen illegal

Millionen einkassiert haben.

»Angesichts eigener leidvoller Erfah-

rungen mit den zutage getretenen Fi-

nanzpraktiken in der CDU sage ich:

Gleichgültig, ob ein System Weyrauch

bei der CDU oder ein System Nau bei

der SPD wir als Vertreter der großen po-

litischen Jugendorganisationen müs-

sen dafür Sorge tragen, dass endlich

Schluss ist mit solchen Praktiken in un-

seren Mutterparteien«, betonte Müller.

Ausflüchte wie der heute amtierenden

SPD Schatzmeisterin Inge Wettig-Dani-

elmeier, es habe sich bei den Transak-

tionen lediglich »um rein unterneh-

mensinterne Vorgänge gehandelt«, dür-

fe man nicht durchgehen lassen. Die JU

habe sich im Zusammenhang mit der

Aufklärung der CDU-Spendenaffäre

»an die Spitze der Bewegung« gestellt.

»Ich kann nur hoffen, dass ihr in der

jetzigen Situation gegenüber der SPD

dies ebenfalls tut«, so Müller. »Ge-

meinsam sollten wir für transparentere

Strukturen sowie effektiver Kontrolle

kämpfen. Damit stehen wir in der

Pflicht gerade gegenüber der jungen

Generation. Deshalb müssen die gegen

die SPD erhobenen Vorwürfe in unser

aller Interesse rückhaltlos aufgeklärt

werden. Dazu ist es notwendig, daß die

Jusos eindeutig Stellung beziehen. Wir

tun das unsrige in der Union.«

B R I E F A N D I E J U S O S

Das Schwarzgeld der SPDHILDEGARD MÜLLER FORDERT VON DEN JUSOS »RÜCKHALTLOSE AUFKLÄRUNG«

Die Antwort der Jusos kam prompt:

Im Prinzip sei das ja ein guter Vorschlag

der JU, aber eigentlich sei bei der SPD

ja alles gar nicht so schlimm und »bis-

lang konnte der SPD nichts unter-

stellt, geschweige denn bewiesen wer-

de«. Das klingt nicht nach großem In-

teresse an Aufklärung. Die JU bleibt

weiterhin am Ball. �

JuSo-Vorsitzender Benjamin Mikfeldauf dem politischen SpielplatzJuSo-Vorsitzender Benjamin Mikfeldauf dem politischen Spielplatz

Das spricht für Widerstandskraft gegen Trends und Stimmungen, Veran-

kerung in politischen Grundüberzeugungen und für Differenzierungs-

vermögen – aber auch für eine umsichtige, glaubwürdige Führung in schwie-

riger Zeit. Glückwunsch, Hildegard!

Am Samstagmorgen berichten General Dr. Klaus Reinhardt, ehemaliger

Kommandeur der Kosovo Force (KFOR) und Johannes Neudeck (Hilfe

Konkret e.V.) über die Lage in der Krisenregion auf dem Balkan. Er-

schreckend, welcher Hass sich dort entwickelt hat, wie dünn sich die Decke

der Zivilisation erwies auf altem europäischen Kulturboden. Die Politik ist

wieder auf ihre Grundfunktion zurückgeführt: ein Monopol physischer Ge-

waltsamkeit – also Staatlichkeit – zu etablieren. Nur zwei Flugstunden ent-

fernt diskutiert die JU über die Digitalisierung der Medienwelt und eine

»Grundversorgung« ganz anderer

Art. So nah beieinander können

sich unterschiedlichste Phasen der

Rechtsgeschichte abspielen.

Der mit Musik und wenigen Un-

tertiteln unterlegte »Stummfilm«

über menschliche Not und huma-

nitäre Hilfe beeindruckt durch un-

aufdringliche Eindringlichkeit. Der

Einsatz für Menschenrechte und

das Nötigste zum Leben steht

jungen Christdemokraten gut an.

Schön, daß die Regie des Parteitags diesen »Tagesordnungspunkt« vorgesehen

hat. Er erinnert daran, worum es im Tiefsten geht. Dies könnte auch der öku-

menische Gottesdienst. Doch der beginnt eher flach mit unliturgischen Regie-

anweisungen und bekannten Spielchen: »Wir knüpfen ein Netz«. Da wenden

die Fürbitten der Teilnehmer das Blatt zugunsten der Spiritualität – und zeigen,

was in der JU steckt. Ideale, Klugheit, Ethos,

Verantwortungsgefühl, Frömmigkeit und

Nächstenliebe sprechen aus den Gebeten.

Am Sonntagmorgen bricht Angela Mer-

kel eine Lanze für die Freiheit: Wir lassen

uns nicht vom Bundeskanzler vorschreiben,

worüber wir diskutieren dürfen! Im stickigen

Klima der political correctness und des kon-

senssüchtigen Gutmenschentums muss das

Recht auf Gedankenfreiheit und Konflikt-

austragung immer neu erstritten werden.

Gerade eine politische Jugendorganisation,

meint auch Dieter Weirich, kann sich frisches,

ordnungspolitisches Denken – »quer« und

voraus – eher leisten als die im Parallelo-

gramm der Kräfte machtvoller Interessen-

gruppen eingezwängten Berufspolitiker.

Vielleicht ist es dieses eher unabhängige

und unkonventionelle, innovative und

grundsatztreue Denken, was den Besuch

des Deutschlandtages immer wieder so er-

mutigend macht – neben Freundschaft

und Fest, versteht sich! �

[email protected]

ANDREAS PÜTTMANN

Was mir amDeutschlandtag

gefallen hatBeim ersten Blick in die Tagungsunterlagen kommt

Erleichterung auf: Die JU-Mitgliederstatistik weist

seit Juli 1999 nur einen leichten Rückgang um 116

auf 139.091 »Jungunionisten« auf. Weder die leidige

CDU-Spendenaffäre noch die Stabilisierung der

rotgrünen Bundesregierung haben zur Abkehr

von Mitgliedern geführt.

Der neueBundesvorstand

BundesvorsitzendeHildegard Müller

stellv. BundesvorsitzendeGeorg FahrenschonAndree GroosTanja GönnerKnut Kirsten

BundesschatzmeisterAchim Petersen

BeisitzerThomas SilberhornThomas FürstChristian KremerSascha DrescherHeiko RottmannNadine PallasAndreas JungCatrin HannkenAstrid Beate JantzDaniel WaltherJohannes PötteringJohannes HegerMarcus Klein

Fotos zum Deutschlandtag

Service der ENTSCHEIDUNG und von Press

Service Int.: Unter www.schwarzwildfotos.de

liegen mehrere Hundert Fotos vom Deutsch-

landtag in verschiedenen Auflösungsstufen

zum Download bereit. Die Fotos dürfen ko-

stenlos in allen JU-Magazinen und JU-Web-

seiten veröffentlicht werden.

Page 15: ENTSCHEIDUNG 11/2000

DIE ENTSCHEIDUNG 11/2000 31

hierzulande

30 DIE ENTSCHEIDUNG 11/2000

news

Viele JUler haben auf dem Deutschlandtag

ihren Fragenbogen abgegeben oder zuvor an

die Bundesgeschäftsstelle geschickt. Unter allen

richtigen Lösungen wurde der Gewinner ausge-

lost: Arne Köhler von der JU Niedersachsen. Die

ENTSCHEIDUNG gratuliert dem stolzen Neube-

sitzer eines CDU-Kickboards.

1. Der Vorsitzende der Jungen Gruppe der CDU/

CSU-Bundestagsfraktion von 1990 bis 1994 hieß

Roland Pofalla.

2. Viele hatten auf Heinrich Windelen getippt, doch

Gerhard Stoltenberg war der Bundesminister, der

den Kabinetten Erhard (1965/66), Kiesinger

(1966/69) und Kohl (1982/92) angehörte.

3. JU-Bundesvorsitzender von 1969 bis 1973:

Jürgen Echternach.

4. Franz Josef Strauß war zwölf Jahre lang Bun-

desminister – von 1953 bis 1962 und von 1966

bis 1969.

5. 1995 fand der Deutschlandtag in Fulda statt.

6. In Koblenz wurden 13 Beisitzer in den JU-Bun-

desvorstand gewählt.

7. Kanzleramtschef Frank-Walter Steinmeier hat

den Rang eines Staatssekretärs.

8. Die ENTSCHEIDUNG erscheint zehn mal pro Jahr.

9. Christine Arlt-Palmer war bis 1996 stellvertre-

tende JU-Bundesvorsitzende.

10. Schwierig, schwierig! Der Bundestag hatte bis

vor kurzem 669 Mitglieder. Aufgrund eines Urteils

des Bundesverfassungsgerichtes blieb ein frei ge-

wordenes SPD-Mandat nun jedoch ohne Nach-

rücker, da es sich um ein Überhangmandat handel-

te – also 668 MdBs. �

R Ä T S E L

Auflösung desDeutschlandtag-Rätsels

Brandenburg. Auf dem diesjährigen JU-Brandenburgtag,

der unter dem Motto »Leistung und Erfolg« stattfand, wur-

de eine positive Bilanz des JU-Jahres gezogen. Über ihre drei

Parlamentarier, die Bundestagsabgeordnete Katherina Rei-

che und die beiden Landtagsabgeordneten Ingo Senftleben

und Sven Petke konnte die JU ihre Beschlüsse optimal in die

Öffentlichkeit transportieren.

Hildegard Müller zu Gast

Mit Zustimmung wurden die Bemühungen von Branden-

burgs JU-Bundesvorstandsmitglied Daniel Walther aufge-

nommen, dass die Landesverbände aus den neuen Ländern

und Berlin künftig intensiver kooperieren. Die Mitglieder-

zahl des Landesverbandes stieg gegenüber dem Vorjahr um

erfreuliche 15 Prozent. Ein Jahr große CDU/SPD-Koalition

im Lande wurde von den Delegierten ebenfalls gut bewertet.

Der JU-Landesvorsitzende Petke sieht die CDU seit der Wahl

von Jörg Schönbohm im Aufwind. Das peinliche Wehklagen

der SPD-Minister, sie würden in der Presse weniger Raum

einnehmen als ihre Kollegen aus der Union, sei ein Beleg

dafür, dass die wichtigen Reformen in Brandenburg erst seit

der CDU-Beteiligung voran kämen.

Als Gastredner begrüßten die JUler Hildegard Müller und

Jörg Schönbohm. Die JU-Vorsitzende machte in ihrer Rede

unter dem Beifall der Zuhörer deutlich, dass sich die Junge

Union unter ihrer Führung mit Nachdruck ge-

gen jede Rentenreform wende, die die jüngere

Generation benachteiligt. Der brandenburgi-

sche Innenminister und stellvertretende Mini-

sterpräsident verwies in seiner einstündigen

Rede auf die sinkenden Zahlen rechtsextremi-

stischer Straftaten in Brandenburg und auf die

enormen Anstrengungen von Polizei und Ju-

stiz, diese Zahlen weiter zu drücken. Die »Re-

pressionsschraube« könne aber nicht noch

weiter angezogen werden.

Leistung und Erfolg

Die Delegierten beschlossen den Leitantrag

»Eine Zukunft für junge Brandenburger«,

welcher der Jugend-, Bildungs- und Hoch-

schulpolitik gewidmet ist. Kernforderungen

sind die Umwandlung der bisherigen ein-

heitlichen Kostenpauschale für Kinderbe-

treuung zu einem Landeserziehungsgeld für

Familien sowie eine Erhöhung der Investi-

tionen in Hochschulen auf 1,3 Prozent des

BIP. Weitere Beschlüsse sowie Fotos liegen

auf der Homepage www.ju.brandenburg.net

zum Download bereit. �

B R A N D E N B U R G

Brandenburgtag

Wittenberg. Mehr als 70 Delegierte

nahmen am 10. Landestag der Jungen

Union Sachsen-Anhalt teil. Neben den

Neuwahlen zum Landesvorstand stan-

den auch die Vorstellung der beiden

Kandidaten um das Amt des CDU-Lan-

desvorsitzenden sowie der Leitantrag

»Neues Leben braucht das Land« auf

der Tagesordnung. Der 29-jährige Mar-

kus Kurze aus Burg wurde in seinem

Amt als Landesvorsitzender bestätigt.

In seiner Rede warnte der Pädagoge vor

einer Annäherung der CDU an die SPD.

Die CDU müsse ihr inhaltliches Pro-

fil schärfen, um deutlicher von der SPD

unterscheidbar zu sein. Jetzt über

Bündnisse mit der SPD nachzudenken,

lege den Verdacht nahe, vor dem Gene-

rationswechsel in der Landtagsfraktion

doch noch die Regierungsbeteiligung

Einzelner zu sichern.

CDU-Kandidaten zu Gast

Grundlage für einen Wahlsieg im Jahr

2002 sei jedoch eine klare politische Al-

ternative zur derzeitigen SPD-Minder-

heitsregierung. Auch auf die erfolgreiche

Aktion »13out« (http://www.13out.de)

wurde hingewiesen. Die Junge Union

fordert mit dieser Kampagne die Ab-

S A C H S E N - A N H A LT

Inhaltliches Profil schärfen10. LANDESTAG DER JU SACHSEN-ANHALT

schaffung des dreizehnten Schuljahres,

das 1997 durch SPD und PDS erst ein-

geführt wurde.

Die beiden Bewerber um das Amt des

CDU-Landesvorsitzenden, der bisherige

Amtsinhaber Prof. Dr. Wolfgang Böh-

mer und sein Herausforderer Goliasch,

stellten den Delegierten ihre Vorstellun-

gen christlich-demokratischer Politik

vor. Als Gastrednerin begrüßten die De-

legierten die brandenburgische Bundes-

tagsabgeordnete Katherina Reiche. Aus

dem Bundesverband der Jungen Union

nahm Bundesvorstandsmitglied Daniel

Walther am Landestag teil. �

Hessen. Im Vordergrund des 75. Landestages der JU Hessen in Rod-

gau standen das rentenpolitische Thesenpapier »Rentenreform für

das 21. Jahrhundert« und Satzungsänderungen. In seiner Rede gab

der Landesvorsitzende Frank Gotthardt MdL für die am 18. März

2001 stattfindenden Kommunalwahlen das Ziel aus, die JU müsse

landesweit vor FDP, Wählergemeinschaften und Grünen zur dritt-

stärksten kommunalpolitischen Kraft werden. Der Landesverband

werde die Kandidaten und Verbände tatkräftig unterstützen.

Auch in diesem Jahr ließ es sich Roland Koch nicht nehmen, am

Landestag teilzunehmen. »Wir müssen den jungen Menschen ei-

nen Korridor schlagen!« so Koch an die Delegierten. Die Unter-

richtsgarantie der CDU für Hessen sei eine mutige und richtige

Entscheidung gewesen: »Wir sind verpflichtet, unser Versprechen

zu halten - zum Vorteil unserer Kinder und Jugendlichen!«. Im

Hinblick auf die anstehende Bundestagswahl im Jahr 2002 rief der

hessische CDU-Vorsitzende dazu auf, den Kampf gegen Rot-Grün

in Berlin zu verstärken. Die Union habe 2002 eine faire Chance,

SPD und Bündnisgrüne abzulösen. Die Sozialdemokraten hätten

weder auf Bundes- noch auf Landesebene ein Interesse an politischer

Sacharbeit und die Bündnisgrünen seien von ihren Grundsätzen

so weit entfernt wie nie zuvor. Es bestehe in Deutschland kein Be-

darf mehr an einer politischen Bewegung wie den Grünen. Koch

dankte außerdem der JU Hessen für die Unterstützung während

der Finanzkrise der hessischen CDU und forderte die JU dazu auf,

sich weiterhin aktiv in die Partei einzubringen: »Die JU muss das

Gesicht der CDU deutlich prägen. Junge Menschen müssen CDU

und JU als Anwälte ihrer Interessen begreifen«. �

H E S S E N

Eigenverantwortunggefordert

Beschlüsse der JU Hessen

� Rente: Einführung eines Kapitaldeckungsverfahren; eineGrundsicherung, die nach dem Haftpflicht-Versicherungsprinzipfunktioniert, soll durch eine in privater Eigenverantwortung lie-gende zusätzlichen Absicherung ergänzt werden.

� Bundeswehr: Bestand der Wehrpflicht, Erhöhung der Wehr-dienstzeit auf zwölf Monate, Beibehaltung der Truppenstärkebei 300.000 Mann und Stärkung der Krisenreaktionskräfte.

� Ladenöffnungszeiten: 24 Stunden außer Sonntags

� Atom: Kein Ausstieg aus der Kernenergie

� Frauenquorum: Abschaffung

� Satzungsänderungen: künftige Zuständigkeit des JU-Landes-tags für die Nominierung der hessischen JU-Bundesvorstandskan-didaten sowie Modalitäten von Ausschlussverfahren, über derenAusgang jetzt das zuständige Schiedsgericht zu entscheiden hat.

Page 16: ENTSCHEIDUNG 11/2000

DIE ENTSCHEIDUNG 11/2000 33

hierzulande

32 DIE ENTSCHEIDUNG 11/2000

hierzulande

Bad Sooden-Allendorf. 10 Jahre Deut-

sche Einheit für die Junge Union (JU)

Hessen und die JU Thüringen ein will-

kommener Anlass, an der ehemaligen

Grenze zur DDR bei Bad Sooden-Allen-

dorf (Werra-Meißner-Kreis) eine gemein-

same Gedenkfeier abzuhalten.

SED-Opfer nicht vergessen

Am Tag der Deutschen Einheit haben

die Landesvorstände der befreundeten

JU-Verbände sowie der JU-Kreisver-

band Werra-Meißner an der Gedenk-

stätte Schifflersgrund den Opfern der

Deutschen Teilung gedacht und die Wie-

dervereinigung vom 03.10.1990 gewür-

digt. Am Mahnmal für den von DDR-

Grenztruppen im Jahr 1982 erschosse-

nen Flüchtling Große fand eine Kranz-

niederlegung statt. Die Landesvorsit-

zenden Frank Gotthardt (Hessen) und

Georg von Witzleben (Thüringen) mahn-

ten während der Kranzniederlegung,

die Deutsche Teilung mit ihren schreck-

lichen Folgen und Erscheinungen nicht

zu vergessen. Gotthardt verwies auf die

historische Bedeutung, die allen Opfern

der Deutschen Teilung zukomme. Ins-

besondere die durch das DDR-Regime

zu Tode gekommenen Menschen hät-

ten ihren besonderen Beitrag dazu ge-

leistet, dass die DDR-Führung von der

ostdeutschen Bevölkerung in die Knie

gezwungen wurde.

Der Kranzniederlegung war eine Be-

sichtung des hessisch-thüringischen

Grenzmuseums Schifflersgrund voran-

gegangen. Auf beeindruckende Wei-

se konnten die Teilnehmer der Veran-

staltung einen realistischen Eindruck

H E S S E N & T H Ü R I N G E N

Gegen das Vergessen – dankbar für dieDeutsche EinheitJUNGE UNION HESSEN UND JU THÜRINGEN GEDENKEN DER WIEDERVEREINIGUNG

von den Sperranlagen der DDR ge-

winnen, die jahrzehntelang auf brutal-

ste Weise die Grenze unüberwindbar

gemacht hatten.

17. Juni

Der Kreisvorsitzende der JU Werra-

Meißner, Oliver André, verwies auf die

seit vielen Jahren regelmäßig am 17.

Juni stattfindenden Gedenkfeiern des

JU-Kreisverbandes zur Erinnerung an

die Opfer des SED-Regimes in der DDR.

Das Mahnmal für den erschossenen

Flüchtling Große werde von der JU seit

Jahren gepflegt. Die JU wolle damit

ihren Beitrag dazu leisten, dass sich die

Erinnerung an das Grenzregime der

SED in den Köpfen der Menschen er-

halte und sich eine solche Entwicklung

nicht mehr wiederhole. �

(RG). Die Junge Union des Kreisverbandes Bernkastel-Wittlich lud

dieses Jahr zum vierten Fußballturnier im Bezirk Trier in das Salmtal-

Stadion des FSV Salmrohr ein. Wegen des anhaltenden Regens konnten

lediglich 8 von 12 gemeldeten Mannschaften nach Salmrohr gekom-

men, um sich im sportlichen Wettstreit zu messen. Ausrichter des lan-

desweiten Turniers war die JU Bernkastel-Wittlich, die auch als Sieger

aus dem letztjährigen Turnier hervor gegangen war. Wie in den ver-

gangen drei Jahren, war auch in diesem Jahr der MIT-Bundesvorsit-

zende und örtliche Bundestagsabgeordnete Peter Rauen wieder anwe-

send, um die Leistungen des Nachwuchses im Fußball und in der Po-

litik zu begutachten. Nach den Spielen der Vorrunde und den beiden

Halbfinalbegegnungen standen sich die Mannschaften der JU Bern-

kastel-Wittlich und der JU Zweibrücken im Finale gegenüber. Hier

konnten sich die Pfälzer behaupten, so dass die JU Zweibrücken verdient

mit 2:0 gewann. Nach dem sportlichen Programm folgte der kulturel-

le Teil – die Teilnehmer waren im Anschluss zum Besuch des großen

Weinfestes der Mittelmosel nach Bernkastel-Kues eingeladen. �

B E Z I R K T R I E R

Viertes JU-Fußball-turnier im Bezirk Trier

Berlin. Die JU Oberfranken richtete in Berlin den

Protest gegen die rot-grüne Blockade von wichtigen

Verkehrsprojekten in ihrer Heimat, katastrophalen

Fehlentscheidungen in der Landwirtschaft, die Un-

sinnigkeit der Ökosteuer und gegen die Steuerreform,

die den Mittelstand nur unzureichend entlastet. Ne-

ben örtlichen CSU-Bundestagsabgeordneten spra-

chen zu den JU-Demonstranten der bayerische JU-

Chef Dr. Markus Söder, der stellvertretende JU-Bun-

desvorsitzende Georg Fahrenschon und der CSU-

Landesgruppenvorsitzende Michael Glos. �

O B E R F R A N K E N

Gegen Rot-Grün

Die JU-Landesverbände in den neuen Ländern

und Berlin koordinieren ihre Arbeit: Auf dem

inzwischen zweiten Treffen kamen Landesvor-

sitzende und weitere Mitglieder aus den Landes-

vorständen auf Initiative verschiedener Bun-

desvorstandsmitglieder zusammen. Verabschie-

det wurde eine gemeinsame Resolution zum

Umgang mit der PDS, die auf dem Deutschland-

tag eingebracht und verabschiedet wurde. Für

Anfang 2001 werden die sechs Landesverbände

eine gemeinsame JU-Werbekampagne vorberei-

ten. Bereits im März des kommenden Jahres wird

zu den Auswirkungen der EU-Osterweiterung

die nächste Konferenz stattfinden. �

N E U E L Ä N D E R

Kooperations-Treffenvoller Erfolg

Wie soll man mit der PDS umgehen? Vertreter aus allen JU-Landesverbänden derneuen Länder und von Berlin verabschiedeten dazu Anfang September eine Resolution,die inzwischen vom Deutschlandtag beschlossen wurde.

Wie soll man mit der PDS umgehen? Vertreter aus allen JU-Landesverbänden derneuen Länder und von Berlin verabschiedeten dazu Anfang September eine Resolution,die inzwischen vom Deutschlandtag beschlossen wurde.

Spieler der JU Zweibrücken und JU Bernkastel-Wittlich nach derSiegerehrung durch Peter Rauen, MdB (2. v. r.)Spieler der JU Zweibrücken und JU Bernkastel-Wittlich nach derSiegerehrung durch Peter Rauen, MdB (2. v. r.)

Die Junge Union Deutschlands sucht zum 1.1.2001 für dieBundesgeschäftsstelle in Berlin eine/n

Referent/in für Internationale Arbeit

Aufgaben:� Erledigung der in diesem Aufgabenbereich anfallenden

Arbeiten in der Bundesgeschäftsstelle� Geschäftsführung der Internationalen Kommission in

Zusammenarbeit mit den ehrenamtlichen Bundesvor-standsmitgliedern im Bereich Internationale Arbeit

� Ausbau der Kontakte zu Internationalen Verbänden,insbesondere auf europäischer Ebene

� Vorbereitung und Durchführung von Seminaren undKonferenzen

� wissenschaftliche Ausarbeitungen und Materialsamm-lungen

Anforderungen� abgeschlossenes Hochschul-/Fachhochschulstudium� Beherrschung von zwei Fremdsprachen in Wort und

Schrift (Englisch obligatorisch)� möglichst Erfahrung in der Verbandsarbeit der

Jungen Union� sicherer Umgang mit PC (Win, Word, Excel, Internet,

E-Mail)� Höchstalter 30 Jahre

Vergütung� In Anlehnung an BAT

Schriftliche Bewerbungen sind einschließlich aller üblichenUnterlagen bis zum 01.12.2000 an die Bundesgeschäftsstelleder Jungen Union Deutschlands, z.Hd. Bundesgeschäfts-führer Michael Hahn, Inselstraße 1b, 10179 Berlin, zu richten.

Vor dem Reichstag demonstrierte die JU Oberfranken gegen die vonRot-Grün betriebene Zerstörung des ländlichen Raums

Page 17: ENTSCHEIDUNG 11/2000

DIE ENTSCHEIDUNG 11/2000 35

hierzulande/aktiv

34 DIE ENTSCHEIDUNG 11/2000

hierzulande

Bayern. Unter dem Motto »Die Do-

nauregion im Aufbruch« stand die Lan-

deskonferenz des AK Außenpolitik der

JU Bayern, bei der zusammen mit den

Partnerorganisationen Junge ÖVP Ober-

österreich und IDF (Junges Demokrati-

sches Forum) Ungarn die internationale

Zusammenarbeit im Donauraum disku-

tiert wurde. Dass die JU Bayern diese

grenzüberschreitende Zusammenarbeit

wörtlich nimmt, bewies der Veranstal-

tungsort an Bord des Donauschiffes

»MS Sissi«, mit dem von Obernzell bei

Passau flussabwärts die Grenze nach

Österreich in Richtung Engelhartszell

überquert wurde.

Mit Christian Schmidt MdB, außen-

politischer Sprecher der CSU-Landes-

gruppe im Bundestag, Alexander Rad-

wan MdEP, wirtschaftspolitischer Spre-

cher der CSU im Europaparlament,

Landesrat Josef Fill, Wirtschaftsmini-

ster der Landesregierung Oberöster-

reich und Konsul Zsolt Bota, General-

konsulat der Republik Ungarn in Mün-

B AY E R N

JU-Landeskonferenzauf DonauschiffJUGEND ERKENNT CHANCEN FÜR DIE DONAUREGION

chen, standen hochkarätige Gesprächs-

partner aus den drei angrenzenden

Donauländern Bayern, Österreich und

Ungarn zur Verfügung.

Die EU-Osterweiterung biete gerade

durch die wirtschaftliche Entwicklung

aufgrund des freien Handels auf beiden

Seiten positive Effekte für alle, so Alex-

ander Radwan und Christian Schmidt

unisono in ihren Plädoyers für die EU-

Osterweiterung.

Der historischen Aufgabe, die Staaten

Mitteleuropas in die EU aufzunehmen,

müsse so nachgekommen werden, dass

auch die Ängste, Anregungen und be-

rechtigten Interessen der Bürger im Do-

nauraum in der zukünftigen Entwick-

lung berücksichtigt werden, waren sich

die Experten einig.

Interessiert diskutiert wurde unter der

Moderation von Dr. Christoph Israng,

Leiter des AK Außenpolitik der JU Bay-

ern und Andreas Scheuer, JU-Kreisvor-

sitzender Passau-Stadt mit den Exper-

ten auf dem Podium aus den Reihen des

Publikums die Themen Wirtschaft mit

den Gemeinsamkeiten der Donaure-

gion im Tourismus und Verkehr, die

gemeinsame Sicherheits-, Innen- und

Umweltpolitik und Fragen der EU-

Kompetenzen. Kritisiert wurde insbe-

sondere die »Abgehobenheit der EU-

Kommission und des Ministerrates, die

nichts mehr mit einer Einflussmöglich-

keit der EU-Bürger zu tun habe«.

Eine Besichtigung der Umweltaus-

stellung im »Haus am Strom« direkt an

der Grenze sowie eine gemeinsame Par-

ty auf Einladung der Jungen ÖVP

Oberösterreich rundeten die gelungene

Landeskonferenz ab. �

Hochkarätige Referenten aus Bayern, Österreichund Ungarn bei der Landeskonferenz der JU Bayernauf dem Donauschiff »MS Sissi« diskutierten überdie Intensivierung der Zusammenarbeit im Donau-raum als Region im Aufbruch.

Unna. Der Kreisverband Unna plant für 2001

einen deutsch-polnischen Jugendaustausch.

»Die Vorbereitungen sind voll im Gange«, so der

Kreisvorsitzende Dirk Sodenkamp, der mit Nils

Leider (JU Fröndenberg) eine Planungstour

durch Schlesien unternahm. Dabei trafen die

beiden mit zahlreichen Schüler und Studenten

zusammen und knüpften Kontakte zur katho-

lischen und evangelischen Kirche. Außerdem

fand ein Treffen mit Mitgliedern des JU-Kreis-

verbandes Mettmann statt, die zur gleichen Zeit

die Stadt Kattowitz besuchten. �

U N N A

JUler inKattowitz

Prebelow (eB). Gemeinsam stark sind die Kreis-

verbände Coesfeld (NRW) und Ostprignitz-Ruppin

(Brandenburg). Seit Jahren stehen beide trotz der

600 Kilometerdistanz in guter Partnerschaft. Kürz-

lich kamen beide Verbände auf einer Klausurta-

gung im brandenburgischen Prebelow zusammen,

an der auch der brandenburgische JU-Landeschef

Sven Petke teilnahm. »Das dieses Mal behandelte

Thema Jugend im ländlichen Raum interessiert

ebenso bei uns im Münsterland«, erklärte Henrik

Bröckelmann, der JU-Kreisvorsitzende Coesfeld.

Diskutiert wurde eine Verbesserung der Presse-

arbeit, wozu der brandenburgische CDU-Presse-

sprecher Stephan Goericke referierte. Dass beide

Verbände von der Zusammenarbeit profitieren,

steht für die Beteiligten fest. Das Thema Nachtbus-

se beispielsweise wird seit Monaten von der JU

Coesfeld erfolgreich bearbeitet.

»Die Erfahrungen des Partnerkreises sind hilf-

reich«, lobt der Kreisvorsitzende der JU Ostprig-

nitz-Ruppin, Jan Redmann. Er will Disko-Nacht-

busse auch im Brandenburgischen einführen. Die

Zusammenkünfte beweisen, dass anders als meist

beschrieben, unter vielen Jugendlichen aus Ost

und West Einheit gelebt werden kann. Das näch-

ste Treffen ist geplant. Weitere Infos www.ju-

coesfeld.de und privat.ostprignitz.de/ju �

C O E S F E L D

Partnerschaft

Neuss (eB). Die JU in Neuss veranstaltete einen »Sponso-

red Walk« zugunsten der Aktion »Luftballon«. Diese unter-

stützt die Kinderklinik im örtlichen Lukaskrankenhaus und

finanziert moderne medizinische Geräte, Spielzimmer für

die kranken Kinder und Aufenthaltsräume für deren Eltern

ein. Sponsoren finanzierten den »Wanderern« einen Geld-

betrag je gelaufenem Kilometer. Insgesamt konnten fast

1.000 Mark gesammelt werden. Das ist zwar ein bescheide-

ner Betrag, wenn man sich die hohen Kosten für moderne

Geräte vor Augen führt. Dennoch war die 16-jährige JU-Or-

ganisatorin Christiane Eberhardt zufrieden: »Auch ein lan-

ger Weg beginnt mit dem ersten Schritt«. �

N E U S S

Sponsored Walk

München. Die JU München startete gemeinsam mit der

CSU eine Unterschriften-Aktion gegen die Ökosteuer. Beim

Start der Kampagne an einer Münchner Tankstelle konnte

sich die Junge Union der Unterstützung aller vorbeikom-

menden Autofahrer sicher sein.

Münchens JU-Chef Joachim Haedke MdL hierzu: »Die

rot-grüne Bundesregierung ist mit ihrer Politik für die Preis-

explosion auf dem Benzinmarkt maßgeblich mitverant-

wortlich. Und zum 1. Januar 2001 soll die Steuer um weite-

re 7 Pfennige steigen. Während andere Regierungen in Eu-

ropa wirksame Maßnahmen gegen die hohen Spritpreise

ergreifen, will die deutsche Bundesregierung das Benzin al-

so sogar weiter verteuern!

Und der Bürger hat nicht einmal eine Chance, den Er-

höhungen auszuweichen, da ihm keine Alternativen angebo-

ten werden. Denn auch der öffentliche Nahverkehr in Mün-

chen wird ja bereits zu Anfang des nächsten Jahres bedingt

durch die Ökosteuer wieder teurer.« �

M Ü N C H E N

Gegen Ökosteuer

v.l.n.r.: stehend: Joachim Haedke MdL, Mauritz von Einem, Münchens JU-VizeRasso Graber. sitzend: CSU-Generalsekretär Dr. Thomas Goppel, JU-Geschäfts-führer Christian Baretti, stellvertretender Landesvorsitzender der JU-BayernGuntram Dopfer

Ost-West-Partnerschaft konkret: die Kreisverbände Coesfeld und Ostprignitz-Ruppin pflegen seit Jahren eine enge Partnerschaft. Kreisvorsitzende OPR JanRedmann (3.v.l.) und Coesfeld Henrik Bröckelmann (6.v.l.).

JU Unna in Polen: Thomas Kobudszinski (Kreisvorsitzen-der JU Essen), Dirk Sodenkamp (KreisvorsitzenderJU Unna), Nils Leider (Vorsitzender Fröndenberg)


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