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Empfehlungen der Deutschen Atemwegsliga Deutschen ... Empfehlungen der Deutschen Atemwegsliga und...

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Empfehlungen der Deutschen Atemwegsligaund der

Deutschen Gesellschaft fürPneumologie und Beatmungsmedizin

Empfehlungen zur Ganzkörperplethysmographie

(Bodyplethysmographie)

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C.-P. Criée (federführend)D. BerdelD. HeiseR.A. JörresP. KardosD. KöhlerW. LeupoldH. MagnussenW. MarekR. MergetH. MitfesselK. RascheM. RolkeH.-J. SmithSt. SorichterH. Worth

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Empfehlungen derDeutschen Atemwegsligaund derDeutschen Gesellschaft fürPneumologie undBeatmungsmedizin

Empfehlungen zurGanzkörper-plethysmographie(Bodyplethysmo-graphie)Prof. Dr. C.-P. Criéeund Mitautoren

Dustri-VerlagDr. Karl Feistle

Page 5: Empfehlungen der Deutschen Atemwegsliga Deutschen ... Empfehlungen der Deutschen Atemwegsliga und der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin Empfehlungen zur

Prof. Dr. C.-P. CriéeAbteilungen für Pneumologie,Beatmungsmedizin und SchlaflaborMedizinische KlinikEvangelisches Krankenhaus Göttingen – WeendePappelweg 537120 Bovenden/Lenglern

Soweit in diesem Taschenbuch eine Applikation angegeben wird, haben Autoren,Herausgeber und Verlag größtmögliche Sorgfalt beachtet. Jeder Leser ist aufgefor-dert, die Bedienungsanleitung der verwendeten Geräte zu prüfen.

In diesem Buch sind Stichwörter, die zugleich eingetragene Warenzeichen sind, alssolche nicht immer besonders kenntlich gemacht. Es kann aus der Bezeichnung derWare mit dem dafür eingetragenen Warenzeichen nicht geschlossen werden, dassdie Bezeichnung ein freier Warenname ist.

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowieder Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten.

© 2009 by Deutsche Atemwegsliga, Bad Lippspringe, und Dustri-Verlag Dr. KarlFeistle, München – OrlandoDeutsche Atemwegsliga e.V., Im Prinzenpalais: Burgstraße, 33175 Bad Lippsprin-ge, Tel. 05252/933615, Fax 05252/933616, Email [email protected], Homepage www.atemwegsliga.deDustri-Verlag Dr. Karl Feistle GmbH & Co. KG, Bajuwarenring 4, 82041 Ober-haching, Tel. 089/613861-0, Fax 089/613861-38, Email [email protected], Home-page www.dustri.deSatz: Dustri-Verlag Dr. Karl FeistleDruck: Mediengruppe Universal MünchenPrinted in GermanyISBN 3-87185-394-1ISBN13 978-3-87185-394-4

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Inhalt

1. Kurzfassung des

Funktionsprinzips . . . . . . . . . 1

1.1 Warum und wozu Ganz-körperplethysmographie? . . . . . . 1

1.2 Was ist ein Atemwegs-widerstand? . . . . . . . . . . . . . 2

1.3 Was geschieht währendder Atmung in der Lunge? . . . . . 2

1.4 Spezifischer Atemwegs-widerstand und Atemschleifen –die Kabine macht’s . . . . . . . . . 4

1.5 Von der Atemschleife überdie Verschlussdruckmessung zumAtemwegswiderstand . . . . . . . . 5

1.6 Funktionelle Residualkapazität– wie man ein Atemmanöverdoppelt verwendet . . . . . . . . . . 5

1.7 Lungenvolumen und Atemwegs-widerstand hängen zusammen. . . . 6

1.8 Wann Atemwegswiderstand,wann spezifischerAtemwegwiderstand? . . . . . . . . 6

2. Prinzip der Ganzkörper-

plethysmographie . . . . . . . . . 9

2.1 Technischer Aufbau . . . . . . . 9

2.2 Möglichkeiten derGanzkörperplethysmographie . . . . 9

2.3 Konzept der Darstellung . . . . 10

3. Das intrathorakale

Gasvolumen . . . . . . . . . . . . 11

3.1 Messung mittelsVerschlussdruckmanöver. . . . . . 11

3.1.1 Munddruckschwankungbeim Verschlussdruckmanöver . 113.1.2 Allgemeine Beziehungzwischen Druck und Volumen . . 113.1.3 Schluss von der Druckände-rung auf das Lungenvolumen . . 123.1.4 Beziehung zwischenMund- und Kabinendruck . . . . 123.1.5 Kombination der Messdaten:Ermittlung des Lungenvolumens 13

3.2 Interpretation derVerschlussdruckmessung . . . . . 17

3.2.1 Definition von ITGVund FRC . . . . . . . . . . . . . 173.2.2 Besonderheiten derVerschlussdruckmessung undVergleich mit anderen Verfahren 173.2.3 PathophysiologischeBeziehungen . . . . . . . . . . . 18

3.3 Bestimmung von TLCund RV anhand der FRC . . . . . . 19

3.3.1 Durchgängig verbundene(linked) Manöver . . . . . . . . 203.3.2 Unverbundene bzw. teilver-bundene Manöver . . . . . . . . 213.3.3 WiederholteFRC-Bestimmung . . . . . . . . 213.3.4 Verbundene Bestimmungder Atemschleife und derLungenvolumina . . . . . . . . . 22

3.4 Praktische Durchführung derFRC-Bestimmung . . . . . . . . . 22

3.4.1 Technische Voraussetzungenund Anleitung zur Messung . . . 223.4.2 Qualitätskontrolle derFRC-Bestimmung . . . . . . . . 25

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3.4.3 Klinische Interpretation derFRC und abgeleiteter Werte – Soll-werte . . . . . . . . . . . . . . . 25

4. Spezifischer Atemwegswiderstand

und Atemwegswiderstand . . . . 29

4.1 Prinzip der Messung . . . . . . 294.1.1 Zustandekommen derAtemschleifen . . . . . . . . . . 294.1.2 Definition und Bedeutungdes spezifischenAtemwegwiderstands . . . . . . 304.1.3 Einflussfaktoren aufdie Atemschleife . . . . . . . . . 314.1.4 Definition desAtemwegswiderstandes . . . . . 32

4.2 Interpretation derAtemwegswiderstände . . . . . . . 35

4.2.1 Vergleichende Interpretationvon sRaw und Raw . . . . . . . 354.2.2 Beziehungen zwischensRaw und Raw und Stabilitätder Messwerte . . . . . . . . . . 364.2.3 PathophysiologischeBeziehungen . . . . . . . . . . . 37

4.3 Auswertung der Atemschleifen 384.3.1 Totaler Widerstand. . . . . 384.3.2 Effektiver Widerstand . . . 38

4.3.3 Vergleich der totalen undeffektiven Widerstände . . . . . 39

4.4 Praktische Durchführungder Bestimmung des spezifischenWiderstandes . . . . . . . . . . . . 41

4.4.1 Technische Voraussetzungenund Anleitung zur Messung . . . 414.4.2 Qualitätskontrolle derWiderstandsmessung . . . . . . 424.4.3 Klinische Interpretationder Atemwegswiderstände –Sollwerte. . . . . . . . . . . . . 43

5. Gesamtbewertung der

Bodyplethysmographie . . . . . . 47

Danksagung . . . . . . . . . . . . 48

Anhang . . . . . . . . . . . . . . 49

Anhang 1: Hygieneempfehlungen . 49

Abkürzungen . . . . . . . . . . . 50

Beispiele . . . . . . . . . . . . . . 51

VI Empfehlungen zur Ganzkörperplethysmographie (Bodyplethysmographie)

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Autoren

Berdel, Prof. Dr. D.MarienhospitalPastor-Jansen-Str. 8-38, 46483 Wesel

Criée, Prof. Dr. C.-P.Abteilungen für Pneumologie,Beatmungsmedizin und SchlaflaborMedizinische KlinikEvangelisches KrankenhausGöttingen – WeendePappelweg 537120 Bovenden/Lenglern

Heise, Prof. Dr. D.Fachhochschule UlmAlbert-Einstein-Allee 55, 89081 Ulm

Jörres, PD. Dr. R.A.Institut für Arbeits-, Sozial-und Umweltmedizin,Klinikum Innenstadt, LMU MünchenZiemssenstr. 1, 80336 München

Kardos, Dr. P.Gemeinschaftspraxis &.Zentrum für Allergologie,Pneumologie, SchlafmedizinKlinik Maingau vom Roten KreuzScheffelstr. 33, 60318 Frankfurt

Köhler, Prof. Dr. D.Abteilung für PneumologieKrankenhaus Kloster Grafschaft57392 Schmallenberg

Leupold, Prof. Dr. W.Braunsdorfer Str. 25, 01159 Dresden

Magnussen, Prof. Dr. H.Ärztlicher DirektorKrankenhaus GroßhansdorfZentrum für Pneumologie undThoraxchirurgieLehrstuhl für Innere Medizin -Pneumolgie, Sitz GroßhansdorfUniversität LübeckWöhrendamm 8022927 Großhansdorf

Marek, PD Dr. W.Institut für ArbeitsphysiologieAugusta-Kranken-AnstaltBergstraße 26, 44791 Bochum

Merget, Prof. Dr. R.BGFA – Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin der DeutschenGesetzlichen UnfallversicherungInstitut der Ruhr-Universität BochumBürkle-de-la-Camp-Platz 144789 Bochum

Mitfessel, Dr. H.Elberfelder Str. 10, 42853 Remscheid

Rasche, Prof. Dr. K.Kliniken St. AntoniusLungenzentrumCarnaper Str. 48, 42283 Wuppertal

Rolke, Dr. M.Elisenstrasse 2863739 Aschaffenburg

Smith, H.-J.Leibnizstr. 7, 97204 Hoechberg

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Sorichter, Prof. Dr. St.Abteilung für PneumologieUniversitätsklinik FreiburgKilianstr. 5, 79106 Freiburg

Worth, Prof. Dr. H.Medizinische Klinik IKlinikum FürthJakob-Henle-Str. 1, 90766 Fürth

VIII Empfehlungen zur Ganzkörperplethysmographie (Bodyplethysmographie)

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1. Kurzfassung desFunktionsprinzips

1.1 Warum und wozu Ganz-körperplethysmographie?

In der klinischen Praxis wird häufigdie Spirometrie eingesetzt, um die Lun-genfunktion eines Patienten zu messen.Allerdings besteht eine wesentlicheEinschränkung dieses Verfahrens darin,dass die Güte der Messwerte stärker alsoftmals angenommen von der Mitarbeitdes Patienten und der Qualität der In-struktion durch den Untersucher ab-hängt. Ferner können Volumina derLunge, die nicht der Ein- und Ausat-mung zugänglich sind, grundsätzlichnicht bestimmt werden.

Das am weitesten verbreitete undpraktikabelste Verfahren, um zum einendie mit der Spirometrie nicht unmittel-bar messbaren statischen Lungenvolu-mina zu erfassen sowie zum anderen dieAnforderungen an die Mitarbeit abzu-schwächen, ist die Ganzkörperplethys-mographie. Sie erlaubt auch, komplexeoder kombinierte Ventilationsstörun-gen im größeren Detail als mittels Spi-rometrie aufzuschlüsseln.

Bei der Ganzkörperplethysmogra-phie wird der Grad der Atemwegsob-struktion nicht wie bei der Spirometrieindirekt anhand der Einschränkung desAtemstroms bei forcierter Ausatmung,sondern direkt in Form des Atemwegs-widerstandes während Ruheatmung be-stimmt. Es handelt sich um den Wider-stand, den die Atemwege bei normaler

Ein- und Ausatmung dem Luftstromentgegensetzen. Daraus geht hervor,dass Spirometrie und Ganzkörperple-thysmographie unterschiedliche As-pekte der Atemmechanik erfassen, auchwenn insgesamt die Parameter mitein-ander korrelieren.

Diagnostisch wertvoll ist vor allemdas Volumen der Lunge am Ende einernormalen Ausatmung, d.h. die Atemru-helage. Dieses Volumen, das beispiels-weise eine Überblähung der Lunge an-zeigen kann, kann mit Hilfe der Ganz-körperplethysmographie verlässlichbestimmt werden. Aus ihm lassen sichin Verbindung mit einer Spirometrie an-dere wichtige Volumina berechnen, vorallem das Restvolumen nach maximalerAusatmung (Residualvolumen, RV) so-wie das Gesamtvolumen nach maxima-ler Einatmung (Totale Lungenkapazi-tät, TLC).

Diese Aspekte unterstreichen bereitsden hohen Stellenwert der Ganzkörper-plethysmographie in der differenziertenBeurteilung von Funktionsstörungender Lunge. Um die Messungen ange-messen zu interpretieren, ist es hilf-reich, die Funktionsweise des Ganzkör-perplethysmographen im Grundsatzverstanden zu haben. Dieses Verständ-nis kann helfen, mögliche Messfehlerzu erkennen und zu korrigieren oder zu-mindest in die Interpretation einzube-ziehen.

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1.2 Was ist einAtemwegswiderstand?

Der Atemwegswiderstand stellt inerster Linie den Strömungswiderstandder zentralen Atemwege dar. Zu seinerBestimmung benötigt man Angabenerstens über die Stärke des Atemstromsund zweitens den Alveolardruck, deraufzubringen ist, um diesen Atemstromzu erzeugen. Der Widerstand ist danndas Verhältnis (der Quotient) von Al-veolardruck und Strömung. Je mehrDruck, d.h. Kraft, man für einen be-stimmten Atemstrom benötigt, destogrößer ist der Widerstand. Natürlichkann – vor allem bei obstruktiven Er-krankungen – der Widerstand währendder Atmung variieren, doch beziehtman sich in der Regel auf einen überden Atemzyklus gemittelten Wert.

Angetrieben wird der Atemstromvom Druck in den Alveolen bzw. derLunge, genauer der Druckdifferenzzwischen Alveolen und Mund. Wäh-rend der Atemstrom am Mund leicht zumessen ist, gilt dies nicht für den Alveo-lardruck, denn hierzu bräuchte man in-vasive Verfahren. Die Ganzkörperplet-hysmographie erlaubt es, den Alveolar-druck und somit den Atemwegswider-stand nichtinvasiv anhand eines leichtmessbaren Kabinendrucksignals zu er-mitteln.

1.3 Was geschieht währendder Atmung in der Lunge?

Wenn der Patient atmet, erzeugt er inseinen Alveolen während der Ausat-mung einen Überdruck und währendder Einatmung einen Unterdruck. DieseDrücke sind erforderlich, um den Strö-

mungswiderstand der Atemwege zuüberwinden; ohne sie würde keinAtemstrom fließen. Erzeugt werden diealveolären Druckschwankungen durchÄnderungen des Lungenvolumens. Soerfordert ein alveolärer Überdruck eineVerkleinerung, ein Unterdruck eine Er-weiterung von Lunge und Thorax.

Die druckerzeugende Änderung desLungenvolumens muss größer sein,wenn der Atemwegswiderstand größerist, um den gleichen Atemstrom hervor-zubringen. Ferner muss die Volumen-bewegung größer sein, wenn das Lun-genvolumen größer ist, in dem ein vor-gegebener Druck aufgebaut werdensoll. Man muss ja beispielsweise einenlängeren Kolben – d.h. ein größeres Vo-lumen – um einen größeren Betrag ver-schieben als einen kürzeren, kleinerenKolben, um den gleichen Druck zu er-zeugen. Die in Alveolardruck umge-setzte und dadurch den Atemstrom an-treibende Volumenbewegung nenntman “Verschiebevolumen”. Zum Ver-ständnis soll ein vollständiger Atem-zyklus in der genauen Abfolge von Ur-sache und Wirkung dargestellt werden.Angetrieben wird die Atmung durch dieAtemmuskulatur (Zwerchfell und In-terkostalmuskeln). Durch die Kontrak-tion dieser Muskeln wird das Thorax-volumen vergrößert. Da die darin ent-haltenen Organe als inkompressibelgelten können, wirkt die Änderung desThoraxvolumens sich unmittelbar aufdas Lungenvolumen aus: Es nimmt ex-akt genauso zu wie das Thoraxvolu-men. Im allerersten Augenblick ist nochkeine Luft eingeströmt, weil die Strö-mung erst einsetzt, wenn eine Druckdif-ferenz besteht. Wir haben zwar ein ver-größertes Luftvolumen, aber noch die-selbe Luftmenge wie zuvor. Nach demallgemeinen Gasgesetz folgt aus einer

2 Empfehlungen zur Ganzkörperplethysmographie (Bodyplethysmographie)

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Volumenzunahme bei konstanter Gas-menge eine Abnahme des Drucks: DerAlveolardruck ist nun negativ (d.h.niedriger als der Umgebungsdruck),diese Druckdifferenz treibt den inspira-torischen Atemstrom. Der Atemstromseinerseits vergrößert die Luftmenge,wodurch der Alveolardruck wieder aufden Umgebungsdruck ansteigen würde,wenn das Thoraxvolumen seinerseitsnicht weiterhin zunähme. Der “An-trieb” des Atemstroms ist also der klei-ne Unterschied zwischen der Luftmen-ge, die bei Umgebungsdruck in derLunge enthalten wäre und der Luftmen-ge, die beim aktuellen Alveolardrucktatsächlich dort vorhanden ist. Da dieAlveolardruckschwankungen mit ma-ximal ± 1 kPa viel kleiner sind als derUmgebungsdruck (100 kPa), hinkt dietatsächliche Luftmenge in der Lungenur um maximal 1% hinter der auf Um-gebungsdruck bezogenen hypotheti-schen Luftmenge her: Die Differenzzwischen diesen beiden Luftmengen istselbst bei schwerer Obstruktion kleinerals 50 ml. Am Ende der Inspiration hältdie Atemmuskulatur ihre Spannungkurzzeitig konstant, das Thoraxvolu-men hat dann um ein bestimmtesAtem(zug)volumen zugenommen. So-bald dann das Verschiebevolumen unddamit der Alveolardruck wieder aufNull zurückgegangen sind, hat das Lun-genvolumen aufgeholt und sich um das-selbe Atem(zug)volumen vergrößert.Sobald die Thoraxmuskulatur er-schlafft, gewinnt die Compliance derLunge die Oberhand und das Spiel wie-derholt sich mit umgekehrten Vorzei-chen: Das Thoraxvolumen beginnt zusinken, folglich auch das Lungenvolu-men. Die Luftmenge in der Lungebleibt zuerst konstant, d.h. sie wird jetztkomprimiert, weil die Menge für das

vorhandene Volumen zu groß ist: Ver-schiebevolumen und damit Alveolar-druck sind nun positiv. Ein positiver Al-veolardruck bewirkt einen negativenAtemstrom: Die Luftmenge in der Lun-ge nimmt (mit einer geringen zeitlichenVerzögerung) wieder ab. Der exspirato-rische Atemstrom wird aufrecht erhal-ten, bis die Atemruhelage erreicht ist,weil dann die Compliance das Thorax-volumen nicht weiter verkleinern kannund somit auch das Verschiebevolumenund der Alveolardruck auf Null zurück-gehen.

Das Verschiebevolumen repräsen-tiert also die Differenz zwischen der ak-tuell vorhandenen Luftmenge (“Zahlvon Gasmolekülen”) und der Luftmen-ge, die beim jeweiligen Lungenvolu-men (“Volumen eines Behälters”) undbei Umgebungsdruck in die Lunge pas-sen würde. Ein Überschuss in dieser Bi-lanz bedeutet Überdruck (zu viele Gas-moleküle), ein Mangel Unterdruck (zuwenige Gasmoleküle). Damit sollte klarsein, dass das Verschiebevolumennichts mit dem Atemzugvolumen zutun hat – es beschreibt lediglich, um wieviel die Änderung der Molekülzahl(Luftmenge) hinter der Änderung desBehältervolumens (Lungenvolumen)hinterherhinkt. Anders ausgedrückt, istdas Verschiebevolumen die in Kom-pression und Dekompression umge-setzte Thoraxbewegung.

1. Kurzfassung des Funktionsprinzips 3

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1.4 Spezifischer Atemwegs-widerstand und Atem-schleifen – die Kabinemacht’s

Die Ganzkörperplethysmographieberuht darauf, dass man das Verschie-bevolumen in der Lunge außerhalb desThorax messen kann, sofern der Pro-band in einer annähernd luftdicht abge-schlossenen Kammer atmet. Wenn beider Inspiration die Luftmenge in derLunge der Volumenzunahme hinterher-hinkt, muss gleichzeitig die Luftmengein der Kammer zu groß sein, denn dieZunahme des Thoraxvolumens verklei-nert das Kammervolumen. In der Kam-mer gibt es also ebenfalls ein Verschie-bevolumen – es ist genauso groß wiedas Verschiebevolumen in der Lunge,aber es hat das umgekehrte Vorzeichen:Es verhält sich spiegelbildlich zumVerschiebevolumen in der Lunge. DasVerschiebevolumen wird über denDruckverlauf in der Kammer und ausdem bekannten Kammervolumen be-stimmt.*

Wenn wir auch das Lungenvolumenkennen würden, könnten wir sogar denVerlauf des Alveolardrucks berechnen.

Nimmt man nun ersatzweise statt desunbekannten Alveolardrucks das Ver-schiebevolumen (welches als Kabinen-druck gemessen wird), so lässt sich eineArt von Widerstand angeben, der nachdem Gesagten sowohl den Atemwegs-widerstand als auch das Lungenvolu-men enthält. Diesen Widerstand nenntman den “spezifische Atemwegswider-stand” (sRaw). Er lässt sich an derAtemschleife ablesen, die sich ergibt,wenn man für einen Atemzyklus denAtemstrom gegen den Kammerdruck(= Verschiebevolumen) aufzeichnet. Jeflacher die Atemschleife verläuft, destogrößer ist das Verschiebevolumen rela-tiv zum Atemstrom und desto größer istder sich daraus ergebende spezifischeAtemwegswiderstand. Der Wert vonsRaw ist also reziprok zur Steilheit derAtemschleifen. Es ist falsch, die Atem-schleife als “Resistanceschleife” zu be-zeichnen. Zwar ist die Form der Schlei-fe der Resistanceschleife sehr ähnlich;nicht jedoch ihr absoluter Wert, derauch vom korrespondierenden Lungen-volumen abhängt. Die Größe diesesLungenvolumens ist zum Zeitpunkt derBestimmung der spezifischen Resis-tance allerdings nicht bekannt. Entspre-chend ist sRaw kein Strömungswider-stand im engeren Sinne, sondern eineArt Atemarbeit (s.u.).

Dennoch könnte man der Meinungsein, dass der spezifische Atemwegswi-derstand bereits zur vollständigen Be-schreibung der Widerstände des Atem-traktes ausreicht; zumindest steht er jain spiegelbildlicher Beziehung zum Al-veolardruck. Warum er nicht ausreicht,lässt sich an einem Beispiel aufzeigen:Zwei Patienten A und B mit gleichemLungenvolumen und gleichem Atem-wegswiderstand müssen den gleichenAlveolardruck erzeugen, wenn sie den

4 Empfehlungen zur Ganzkörperplethysmographie (Bodyplethysmographie)

*Anmerkung: Das durch die Änderung desBrustkorbvolumens erzeugte Verschiebe-volumen wird im volumenkonstanten Ganz-körperplethymographen zwar als Änderungdes Kammerdrucks gemessen, es wird aberdas Volumen bestimmt. Dies ist vergleichbarmit der Bestimmung der Atemstrom-geschwindigkeit mit dem Pneumotacho-graphen: Gemessen wird ein Differenzdrucküber dem Sieb, aber dieser Differenzdruckwird entsprechend seiner Eichung inStrömung angegeben.

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gleichen Atemstrom hervorbringenwollen. Ist allerdings die Lunge von Pa-tient A doppelt so groß wie diejenigevon Patient B, so muss Patient A seinenThorax um das doppelte Volumen be-wegen, um den gleichen Alveolardruckzu erzeugen. Somit ist auch das in derKabine gemessene Verschiebevolumendoppelt so groß, und entsprechend auchdas Verhältnis von Verschiebevolumenzu Atemstrom. Der spezifische Atem-wegswiderstand ist also doppelt so großobwohl der Atemwegswiderstand bei-der Patienten identisch ist.

1.5 Von der Atemschleife überdie Verschlussdruckmessungzum Atemwegswiderstand

Daher ist zur Ermittlung des Atem-wegswiderstandes zusätzlich dieKenntnis des Lungenvolumens erfor-derlich. Die Bestimmung dieses Volu-mens erfolgt in einem speziellen Manö-ver, der Verschlussdruckmessung.Hierbei wird in der Regel am Ende einernormalen Ausatmung der Atemstromdurch ein Ventil (Shutter) blockiert. DerPatient wird aufgefordert, weiter gegenden Verschluss zu atmen und zwar mitder gleichen Kraftanstrengung wie beider Normalatmung. Dabei erzeugt er –ganz wie bei unbehinderter Atmung –Schwankungen des Alveolardrucks mitentsprechenden Verschiebevoluminaund Druckschwankungen in derKabine.

Im Gegensatz zur freien Atmung sinddie Alveolardruckschwankungen aller-dings jetzt messbar, denn sie sind gleichden Druckschwankungen am Mund.Der Grund liegt darin, dass kein Atem-strom fließt und daher keine Druckdif-

ferenz zwischen Alveolen und Mundauftritt. Die Kurve, die die Änderungendes Munddrucks gegenüber denen desKabinendrucks bzw. den entsprechen-den Verschiebevolumina angibt, nenntman Verschlussdruck- oder Shutterkur-ve. Diese Kurve gibt an, welche Alveo-lardruckänderung welcher Kabinen-druckänderung bzw. welchem Ver-schiebevolumen entspricht und damitwie groß das Lungenvolumen ist.

Kombiniert man Verschlussdruck-kurve und Atemschleife des spezifi-schen Atemwegswiderstandes und eli-miniert dadurch das Verschiebevolu-men (bzw. den Kammerdruck), so er-gibt der Quotient von Alveolardruck-schwankung zu Atemstrom den Atem-wegswiderstand Raw.

1.6 Funktionelle Residual-kapazität – wie man einAtemmanöver doppeltverwendet

Man könnte es nun dabei belassen,mittels der Atemschleifen und dem Ver-schlussdruckmanöver den Atemwegs-widerstand zu bestimmen. Das Ver-schlussdruckmanöver kann jedoch ei-nem weiteren Zweck dienen, nämlichder Bestimmung klinisch wertvollerstatischer Lungenvolumina. Ausgangs-punkt ist das intrathorakale Gasvolu-men, ITGV bzw. FRC, d.h. das Volu-men, das die Lunge am Ende einer nor-malen Ausatmung einnimmt.

Die Bestimmung beruht auf der Tat-sache, dass eine Druckänderung einenSchluss auf die Größe des Volumens zu-lässt, dessen Druck sich ändert. Erneutam Beispiel des Kolbens: Bewegt manden Stempel in einem langen, großen

1. Kurzfassung des Funktionsprinzips 5

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und einem kurzen, kleinen Kolbenum die gleiche Strecke, dann fällt dieDruckänderung im kleinen Kolben grö-ßer aus als im großen Kolben.

Für die Lunge bedeutet dies, dass einbestimmtes Verschiebevolumen in ei-ner großen Lunge (Patient A) eine klei-nere Alveolardruckänderung bewirktals in einer kleinen Lunge (Patient B).Da beim Verschluss Alveolardruck undMunddruck gleichzusetzen sind, ändertsich daher bei Patient A der Munddruckweniger als bei Patient B, d.h. die Ver-schlussdruckkurve (Munddruck gegenVerschiebevolumen bzw. Kabinen-druck) läuft flacher. Je flacher die Ver-schlussdruckkurve, desto größer dieLunge. Dies ist nichts weiter als einAusdruck des so genannten Boyle-Ma-riotte-Gesetzes, nach dem sich Druckund Volumen reziprok zueinander ver-halten. Das Lungenvolumen zum Zeit-punkt des Verschlusses ist das thorakaleGasvolumen (TGV). Dieses Volumenliegt grundsätzlich oberhalb der FRC,da bodyplethysmographische Systemedas Ende der normalen Ausatmung erstdann sicher erkennen können, wennsich der Patient schon wieder in dernachfolgenden Einatmung befindet. Dadas vom Ende der normalen Ausatmungbis zum Verschluss geatmete Volumenbekannt ist, kann problemlos auf die tat-sächliche FRC zurückgeschlossen wer-den, die auch synonym als IGTV (in-trathorakales Gasvolumen) bezeichnetwird. Da die FRC hier bodyplethysmo-graphisch bestimmt wird (sie kann auchmittels Gasverdünnung gemessen wer-den), wird sie international als FRCplethbezeichnet.

1.7 Lungenvolumen undAtemwegswiderstand hängenzusammen

Raw und sRaw sind proportional zu-einander. Ein Beispiel: Nehmen wir an,Patient C und D hätten gleiches Lun-genvolumen, doch Patient C einen dop-pelt so großen Atemwegswiderstandwie Patient D. In diesem Falle benötigtPatient C doppelt so große Alveolar-druckänderungen und somit doppelt sogroße Verschiebevolumina, um dengleichen Atemstrom hervorzubringen.Mit den Verschiebevolumina verdop-pelt sich auch der spezifische Atem-wegswiderstand.

Da sRaw sowohl zu Raw als auch zuITGV proportional ist, wird verständ-lich, dass sich die Beziehung zwischendiesen Größen in konventioneller Wei-se schreiben lässt als: sRaw = Raw ×ITGV. Allerdings sollte diese Glei-chung nicht missverstanden werden.Man berechnet nicht sRaw aus Raw undITGV, sondern man misst in den Atem-schleifen sRaw und im Verschluss-druckmanöver ITGV, um daraus Rawabzuleiten. Es ist also angemessener, zuschreiben: Raw = sRaw / ITGV.

1.8 Wann Atemwegs-widerstand,wann spezifischerAtemwegwiderstand?

Es hilft bei der Interpretation der Da-ten, sich die Bedeutung von Atemwegs-widerstand und spezifischem Atem-wegswiderstand anschaulich vor Au-gen zu führen. Der Raw ist ein Maß fürdie Kraft, die der Patient bei der Ein-und Ausatmung aufbringen muss, und

6 Empfehlungen zur Ganzkörperplethysmographie (Bodyplethysmographie)

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somit für die Obstruktion der Atemwe-ge. Der sRaw hingegen ist ein Maß fürdie Arbeit, die der Patient leisten muss.Bei doppelt so großem Raw ist dersRaw doppelt so groß, denn es ist derdoppelte Druck aufzubringen. Bei dop-pelt so großer Lunge ist der sRaw eben-falls doppelt so groß, denn es ist diedoppelte Volumenbewegung notwenig,um den Druck zu erzeugen.

Ein praktisch wichtiger Aspekt ist,dass der sRaw von der Verschluss-druckmessung unabhängig ist. Die An-forderungen hinsichtlich der Patienten-mitarbeit sind demzufolge minimal. ImGegensatz dazu hängt der Wert von

Raw zusätzlich vom Ergebnis der Ver-schlussdruckmessung ab. Da letzterehöhere Anforderungen an die Mitarbeitdes Patienten als die Bestimmung derAtemschleifen stellt und hierbei amehesten Fehler auftreten, ist der sRawein verlässlicherer Messwert als derRaw. Wenn die Verschlussdruckmes-sung falsch niedrig ausfällt, ist der er-rechnete Wert von Raw zu hoch undumgekehrt. Es empfiehlt sich, immersowohl sRaw als auch Raw zu betrach-ten. Zusammenfassend: sRaw = robustmessbare Strömungsarbeit und Ob-struktionsgrad, Raw = weniger robustmessbarer Obstruktionsgrad.

1. Kurzfassung des Funktionsprinzips 7

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2. Prinzip derGanzkörperplethysmographie

2.1 Technischer Aufbau

Die Ganzkörperplethysmographie(Synonym: Bodyplethysmographie)geht auf Arbeiten von Du Bois aus demJahre 1956 zurück. Ein Ganzkörper-plethysmograph besteht aus einer 700bis 1000 Liter fassenden Kabine, dievon der Form und Größe her einer Tele-fonzelle ähnelt. Bis auf eine kleine, de-finierte, der Stabilisierung des Kabi-nendrucks dienende Leckage, wird dieKabine während der Untersuchungdicht verschlossen. Innerhalb der Kabi-ne sind ein Sensor für den Kabinen-druck sowie ein Messkopf mit Atem-rohr und Mundstück angebracht. Letz-terer umfasst einen Strömungssensor,eine Verschlussklappe (Shutter) zurBlockierung des Atemstroms und einenMunddrucksensor.

Ganzkörperplethysmographen unter-scheiden sich nach ihrem Messprinzip.Wird das Kabinenvolumen durch einestarre und dichte Konstruktion konstantgehalten und die bei der Atmung entste-henden Kabinendruckschwankungenregistriert, spricht man von einem volu-menkonstanten Messprinzip. Bleibt da-gegen der Druck in der Kabine kon-stant, indem atemabhängige Volumen-verschiebungen mittels Strömungssen-sor in der Kabinenwand registriert wer-den, handelt es sich um das druckkon-stante Messprinzip. Auch eine Kombi-

nation aus beiden Techniken ist mög-lich.

Heute wird fast ausschließlich derTyp des volumenkonstanten Ganzkör-perplethysmographen verwendet, dadie Messung des Kabinendrucks imVergleich zu derjenigen der Kabinen-strömung (bzw. des durch die Kabinen-wand verschobenen Volumens) ausphysikalischen und technischen Grün-den überlegen ist und präzisere Auf-zeichnungen ermöglicht. Die nachfol-genden Erläuterungen beziehen sichdeshalb auf das volumenkonstanteMessprinzip.

2.2 Möglichkeiten derGanzkörperplethysmographie

Die Ganzkörperplethysmographie istvom methodologischen Ansatz her einleistungsfähiges Verfahren, das eineumfassende Analyse der pulmonalenAtemmechanik und Volumina ermög-licht. Primär werden folgende Kenn-größen der Lunge ermittelt:– das intrathorakale Gasvolumen bei

FRC,– der spezifische Atemwegswider-

stand.

Über die Bestimmung des intrathora-kalen Gasvolumens (ITGV) bzw.der funktionellen Residualkapazität(FRCpleth) können in Verbindung mit

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einer Spirometrie die statischen Lun-genvolumina wie Residualvolumen(RV) und Totale Lungenkapazität(TLC) ermittelt werden. Ferner lässtsich über den spezifischen Atemwegs-widerstand (sRaw) und das ITGV derAtemwegswiderstand (Raw) ermitteln.

Der Flusssensor erlaubt immer diezusätzliche Messung der normalen Spi-rometrie mit Fluss-Volumenkurve. Au-ßerdem können die Messungen derAtemmuskelkraft und der CO-Diffu-sionskapazität mit relativ wenig Auf-wand integriert werden.

2.3 Konzept der Darstellung

Zur Erklärung der Funktionsweisedes Ganzkörperplethysmographenwerden in diesem Text zwei Wegebeschritten. Zum einen sollen ausführli-che, anschauliche Darstellungen einqualitatives Verständnis ermöglichen,das die korrekte Bedienung, Messung

und Interpretation fördert. Zum ande-ren ist die Funktionsweise mit Hilfephysikalisch-mathematischer Bezie-hungen formuliert, um interessiertenLesern auch ein tiefergehendes, quanti-tatives Verständnis zu ermöglichen.Dies dient vor allem dem Zweck, Bezie-hungen zwischen den Messwerten, diefür die Interpretation sowie die Erken-nung möglicher Fehler wichtig sind, ge-nauer zu verstehen. Die formalen Ana-lysen sind in Kästen besonders hervor-gehoben.

Aufgrund der mehrgleisigen Darstel-lung ist eine gewisse Redundanz unver-meidlich. Diese wird jedoch als akzep-tabel erachtet, da erfahrungsgemäß De-fizite im Verständnis der Ganzkörper-plethysmographie nicht selten sind.Hinweise zur Interpretation der Mess-daten sind in separaten Kapiteln gege-ben, und die wesentlichen bei der prak-tischen Durchführung zu beachtendenRegeln sind in detaillierten Anleitun-gen dargestellt.

10 Empfehlungen zur Ganzkörperplethysmographie (Bodyplethysmographie)

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3. Das intrathorakale Gasvolumen

3.1 Messung mittelsVerschlussdruckmanöver

Der Ausdruck TGV (synonym VTG)bezeichnet allgemein das plethysmo-graphisch ermittelte thorakale Gasvolu-men, d.h. die komprimierbaren luftge-füllten Kompartimente innerhalb desThorax zum Zeitpunkt des Verschlus-ses. Der Ausdruck FRC bzw. FRCpleth(Synonym ITGV) bezeichnet spezielldas Volumen an intrathorakalem Gasam Ende einer normalen Ausatmung.Mit Hilfe des von den bodyplethysmo-graphischen Messplätzen registriertenDifferenzvolumens kann vom dem me-thodisch notwendigen TGV auf das kli-nisch interessante FRCpleth geschlossenwerden (s. Kap. 1.6).

3.1.1 Munddruckschwankung beimVerschlussdruckmanöver

Wenn in einer definierten Atemlage,mittels einer Verschlussklappe (Shut-ter) der Atemstrom vorübergehend blo-ckiert wird, fließt keine Luft mehr in dieLunge oder aus ihr heraus. Durch einenInspirationsversuch gegen die ge-schlossene Verschlussklappe wird derAlveolardruck unter den Umgebungs-druck fallen, also relativ zum Umge-bungsdruck negativ: Der Proband spürtden Sog an seinen Wangen.

Ferner tritt, da kein Atemstrom fließt,(im Idealfall) auch kein Druckverlustzwischen Alveolen und Mund auf. Da-

her übertragen sich die Alveolardruck-schwankungen sowohl bei der In- alsauch bei der Exspiration bis zur Ver-schlussklappe und können dort alsMunddruckschwankungen registriertwerden. Die Annahme, dass währenddes Verschlusses am Mundstück derdort gemessene Druck – offene Atem-wege, Nasenklemme und ein dichtesMundstück vorausgesetzt – dem Al-veolardruck entspricht, ist die zentraleVoraussetzung, um den Alveolardrucküberhaupt der Messung zugänglich zumachen.

3.1.2 Allgemeine Beziehungzwischen Druck und Volumen

Um von den gemessenen Druckände-rungen auf das unbekannte Lungenvo-lumen zu schließen, benötigt man dasBoyle-Mariotte-Gesetz: Das Produktvon Druck und Volumen eines Gases istkonstant (ideales Gas, konstante Tem-peratur). Da das Produkt konstantbleibt, müssen sich relative Änderun-gen von Druck und Volumen gegenläu-fig zueinander verhalten: Wenn derDruck um 1% abnimmt, muss das Volu-men um 1% zunehmen, und umgekehrt.

Dies kann man sich leicht veran-schaulichen, indem man sich vorstellt,was geschieht, wenn man einen – mitmehreren Handgriffen versehenen –elastischen Ballon zusammendrücktoder auseinander zieht. Komprimiertman den Ballon auf die Hälfte des Volu-

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mens, wird der Druck doppelt so hochwie vorher sein. Umgekehrt fällt beimDehnen auf das zweifache Volumen derDruck auf die Hälfte.

Angewandt auf die Lunge bedeutetdies, dass bei einer Inspirationsbewe-gung gegen den Verschluss das Lun-genvolumen durch Dekompression umden gleichen Prozentsatz zunimmt, umden der Alveolardruck abnimmt.

3.1.3 Schluss von derDruckänderung auf dasLungenvolumen

Die nächste Aufgabe besteht darin,von den gemessenen Druckschwan-kungen auf das Lungenvolumen zuschließen.

Da entsprechend dem Boyle-Ma-riotte-Gesetz die relative Druckände-rung bis auf das Vorzeichen gleich derrelativen Volumenänderung ist, mussbeim doppelten Ausgangsvolumen dieabsolute Volumenänderung auch dop-pelt so groß sein, um dieselbe relativeVolumenänderung bzw. die komple-mentäre relative Druckänderung zu be-wirken. Ein Volumen von 3 Liter mussman um 0,03 Liter auf 2,97 l kompri-mieren, um den Druck um 1% zu stei-gern; beim Volumen von 6 Litern benö-tigt man entsprechend 0,06 Liter.

Angewandt auf die Lunge bedeutetdies: Hält man den Thoraxhub konstant,so wird bei größerem Lungenvolumendie Schwankung des Alveolardruckskleiner sein. Und umgekehrt: um einevorgegebene Schwankung des Alveo-lardrucks zu erreichen, muss den Tho-raxhub bei größerer Lunge größer aus-fallen. Dieselben Überlegungen geltenauch für die Kabine: Hier ist das Volu-men bekannt, stattdessen ist der Tho-

raxhub die gesuchte Größe. Die Kombi-nation dieser Beziehungen stellt denSchlüssel dafür dar, das Lungenvolu-men aus Druckänderungen abzuleiten.

3.1.4 Beziehung zwischen Mund-und Kabinendruck

Die relative Alveolardruckänderungäußert sich beim Verschlussdruckma-növer als relative Munddruckänderung(s. Kap. 3.1.1). Diese ergibt sich ausdem gemessenen Munddruck. Der alsBezugswert fungierende Umgebungs-druck wird für die Dauer der Untersu-chung als konstant angesehen. Zwar istdie Änderung des Munddrucks mess-bar, doch ist die korrespondierende Vo-lumenverschiebung des Thorax nichtbekannt – und genau diese Informationwird zur Berechnung des Lungenvolu-mens benötigt (s. Kap. 3.1.3). DieErfassung der Volumenverschiebungwird von der Kabine geleistet.

Sitzt eine Person in der geschlosse-nen, starren Kabine, so ist das Gesamt-volumen an Luft in der Lunge und in derKabine außerhalb des Körpers immergleich. Wenn sich das thorakale Volu-men durch Kompression/Dekompressi-on ändert, ergeben sich folglich gleichgroße, aber gegenläufige Volumenver-schiebungen (Druckänderungen) inner-halb der Kabine. Blockiert man durchVerschluss am Mund einen möglichenAtemstrom, so treten mit den Volumen-änderungen notwendigerweise in Lun-ge und Kabine Druckänderungen auf,die einander entgegengesetzt sind.

Im Detail heißt dies beim Mundver-schluss Folgendes: Eine Einatembewe-gung, also ein Anstieg des Alveolar-und Thoraxvolumens führt dazu, dassdie außerhalb des Körpers befindliche

12 Empfehlungen zur Ganzkörperplethysmographie (Bodyplethysmographie)

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Luft der Kabine um den gleichen Betragweniger Volumen zur Verfügung hat,also komprimiert wird. Dies führt zu ei-nem Anstieg des Kabinendrucks, wel-cher der Abnahme des Alveolardrucksentgegengesetzt ist. Der Anstieg fälltumso größer aus, je größer die Volu-menverschiebung ist (Abb. 1). Umge-kehrt zieht eine Ausatembewegung,d.h. Kompression des Alveolarvolu-mens, eine Abnahme des Kabinen-drucks nach sich.

Die den Alveolardruck erzeugendeVolumenbewegung nennt man “Ver-schiebevolumen”. Das Verschiebevolu-men stellt allein diejenigen Volumenbe-wegungen der Lunge dar, die durchKompressions- und Dekompressionef-fekte erzeugt werden (s. Kap. 1.3). Dasgesamte Kabinenvolumen bleibt natür-lich gleich. Die so erzeugten absolutenVolumenschwankungen in der Kabineentsprechen relativen Volumenschwan-kungen, die gemäß dem Boyle-Ma-riotte-Gesetz (s. Kap. 3.1.2) als relative

Druckschwankungen in der Kabinemittels Kabinendrucksensor messbarsind. Da das verfügbare Kabinenvolu-men bekannt ist (Kammervolumen mi-nus näherungsweisem Körpervolu-men), sind auch die absoluten Volu-menschwankungen der Kabinenluft zuberechnen.

3.1.5 Kombination der Messdaten:Ermittlung des Lungenvolumens

Da die Thoraxbewegungen währenddes Verschlussmanövers direkt demVerschiebevolumen entsprechen, kön-nen sie mit Hilfe der Kabinensensorikproblemlos erfasst werden und zwar si-multan zu den am Munde resultieren-den Drücken.

Die Verrechnung der Messgrößen er-laubt es, auf das zugrundeliegende ab-solute Lungenvolumen zurückschlie-ßen. Das vermittelnde Glied zwischenKabinendruck- und Munddruckmes-

3. Das intrathorakale Gasvolumen 13

Abb. 1. Prinzip der Verschlussdruckmessung: Das Verschiebevolumen (Vpleth) wird über denKammerdruck gemessen. Durch die Beziehung zwischen Munddruck und Verschiebevolumenwird die FRCpleth (ITGV) bestimmt, siehe Schema 1.

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sung ist die Volumenänderung (Ver-schiebevolumen) des Thorax zumZeitpunkt des Klappenschlusses.

Die Schlusskette lässt sich wie folgtzusammenfassen (Schema 1):

1. Aus der (relativen) Kabinendruck-schwankung ergibt sich die ent-sprechende relative Volumen-schwankung der Kabine (Boy-le-Mariotte).

2. Da das Kabinenvolumen bekanntist, erhält man aus 1. die absoluteVolumenschwankung der Kabinein mL.

3. Die absolute Schwankung desLungenvolumens in mL ist gleichgroß wie die Volumenschwankungder Kabine, nur ihr entgegenge-

setzt (Inkompressibilität des Ge-webes, Starrheit der Kabine).

4. Die relative Alveolardruck-schwankung wird mittels desMunddrucks gemessen (Annahmedes Druckausgleichs).

5. Die relative Lungenvolumen-schwankung muss entgegenge-setzt, aber vom Betrag her gleichder relativen Alveolardruck-schwankung aus 4. sein (Boyle-Mariotte).

6. Somit ist aus 5. die relativeSchwankung des Lungenvolu-mens bekannt.

7. Da die absolute Schwankung desLungenvolumens (in mL) aus 3.bekannt ist, lässt sich aus der rela-

14 Empfehlungen zur Ganzkörperplethysmographie (Bodyplethysmographie)

Schema 1. Bestim-mung des absolutenLungenvolumens. DasVolumen bei Ver-schluss nach einernormalen Ausatmungist FRCpleth (SynonymITGV). Das Verschiebe-volumen wird über dieÄnderung des Kabinen-drucks bestimmt(s. Text).

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tiven Schwankung (6.) ableiten,wie groß die Bezugsgröße des Vo-lumens sein muss, und das ist gera-de das Lungenvolumen zum Zeit-punkt des Verschlusses.

Eine quantitative Beschreibung fin-det sich unter Erklärung 1. Im Zeitalterder automatisch auswertenden Softwa-re dienen die dort abgeleiteten Bezie-hungen primär dem vertieften Ver-ständnis der qualitativen und quantitati-ven Funktionsweise des Ganzkörper-plethysmographen.

Erklärung 1. Verschlussdruckmanöverzur Ermittlung des ITGV:

Volumina seien mit “V” und Drücke mit “P” be-zeichnet. In den folgenden Ableitungen sindeventuelle Korrekturen des Drucks, etwa umden Wasserdampfdruck, vernachlässigt, dasie rein technischer Natur sind.Zum Zeitpunkt einer relaxierten Ausatmung(end-exspiratorisch) bzw. einer willkürlichenAusatmung mit Atemanhalten auf bestimm-tem Niveau ist der Druck sowohl am Mund alsauch in der Lunge und Kabine atmosphä-risch (Barometerdruck, PB). Der entspre-chende Luftraum der Lunge umfasst das Vo-lumen VL. Es erfolgt der Verschluss am Mund(Abb. 1).Nach einer Inspirationsbewegung gegen dieVerschlussklappe vermindert sich der Druckin der Lunge (Änderung �P), während sichdas Lungenvolumen erhöht (Änderung �V).�V wird Verschiebevolumen genannt(Abb. 1). Wendet man das bekannte Boyle-Marriotte-Gesetz (P × V = konstant) auf denAusgangszustand (linke Seite in unten ste-hender Formel) und den Zustand nach Inspi-rationsbewegung (rechte Seite) an, so ergibtsich folgende Beziehung:

(1) P V (P P) (V V)B L B L� � � � �� �

Hierbei sind die Vorzeichen der Änderungen�P und �V so gewählt, dass bei einer Ände-rung immer entweder beide positiv oder bei-de negativ sind. Durch Ausmultiplizieren derrechten Seite erhält man

P V P V P V

P V P VB L B L B

L

� � � � � �

� � �

� � �

Da �P und �V im Verhältnis zur PB bzw. VL

sehr klein sind, kann das Produkt �P × �V alsQuadrat sehr kleiner Größen ohne wesentli-chen Fehler vernachlässigt werden. Daherfolgt nach Eliminieren von PB × VL auf beidenSeiten der Gleichung

� �P V P VL B� � �

und nach Umordnung der Faktoren

V PV

PL B� ��

Somit liegt ein Ausdruck für das Lungenvolu-men VL vor, bei dem der Verschluss erfolgt.Hierbei ist �P gleich der Schwankung des Al-

3. Das intrathorakale Gasvolumen 15

Merke: Je “steiler” die Ver-schlussdruckkurve ist, destogeringer ist das Lungenvolu-men, bei dem der Verschlusserfolgte. Und umgekehrt:je “flacher” die Kurve, destogrößer das Lungenvolumen.M

ER

KE

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veolardrucks (�Palv) während der Atembewe-gungen gegen den Verschluss. Da keinAtemstrom fließt, der zu einer Druckdifferenzführen könnte, wird diese Schwankung alsidentisch mit der Schwankung des Mund-drucks (�Pmouth) angenommen. Folglich setztman �P = �Palv = �Pmouth. �V stellt die Ände-rung des Lungenvolumens (�VL) durch dieThoraxbewegung dar (�V = �VL). DurchEinsetzen wird die obige Formel zu

(2) V PV

PL BL

mouth

� ��

Der nächste Schritt besteht darin, das nochunbekannte Verschiebevolumen �VL zu er-mitteln. Hier kommt das Funktionsprinzip derKabine zum Tragen. Wendet man nämlichdas Boyle-Mariotte-Gesetz (1) statt auf dieLunge auf die Kabine mit Volumen Vbox an, soentspricht der relativen Änderung des verfüg-baren, außerhalb des Körpers befindlichenKabinenvolumens (�Vbox) eine relative Ände-rung des Kabinendrucks (�Pbox). Somit giltvöllig analog zu Formel (2) für die Kabine

(3) V PV

Pbox Bbox

box

� ��

Da das Gewebe nicht komprimierbar ist,übersetzt sich die Änderung des Lungen-bzw. Thoraxvolumens in eine entsprechendegegenläufige Änderung des außerhalb desKörpers befindlichen Kabinenvolumens.Folglich gilt �Vbox = – �VL. Durch Einsetzenund Umordnen erhält man somit aus (3)

(3a) � �V PV

PL boxbox

B

� � �

Folglich wird das Verschiebevolumen derLunge, �VL, anhand von �Pbox messbar.Setzt man die Beziehung (3a) in (2) ein, sofolgt nach Kürzen von PB

(4) V VP

PL boxbox

mouth

� � ��

Damit ist das gesuchte Lungenvolumen aufdie messbaren Größen �Pmouth und �Pbox zu-rückgeführt. Der Kalibrierfaktor für den Quo-tienten der beiden Druckänderungen ist imPrinzip durch das freie Kabinenvolumen Vbox

gegeben, welches bekannt ist (nach Abzugder Volumenverdrängung durch den Patien-ten). Man lasse sich nicht durch das negative

Vorzeichen irreführen, denn wenn z.B. dieLunge komprimiert wird, ist �Pmouth positiv; dagleichzeitig das freie Kabinenvolumen zu-nimmt, ist �Pbox negativ (Druck nimmt ab).Entsprechend ist der Quotient der Druckdif-ferenzen immer negativ und somit VL immerpositiv.Aufgrund in der obigen Ableitung vernachläs-sigter technischer Details, des Einflussesvon Umgebungsfaktoren sowie des pro-grammierten Lecks der Kabine, das der Sta-bilisierung des Drucks dient, ist dennoch eineempirische Eichung angebracht. Der ent-sprechende Kalibrierfaktor kann durch defi-nierte Volumenänderungen der Kabine mitHilfe motorischer Eichpumpen anhand derdabei gemessenen Beziehung zwischen�Pbox und �Vbox bestimmt werden. Der Kabi-nendruck spiegelt daher eindeutig dasVerschiebevolumen wider und umgekehrt.Identifiziert man das Lungenvolumen VL mitFRCpleth (in der klinischen Praxis meist ITGVgenannt), so kann die Beziehung (4) unterVerwendung eines entsprechenden, geräte-abhängigen Kalibrierfaktors KP (effektiv Vbox)wie folgt geschrieben werden (die senkrech-ten Striche symbolisieren, dass man den po-sitiven Betrag der Änderungen einsetzenmuss):

(5) FRC KP

Ppleth Pbox

mouth

� ��

�, (KP � Vbox)

Selbstverständlich kann man statt Formel (4)auch Formel (2) direkt zugrunde legen, wennman die Kabinendruckänderung unmittelbarin Form des Verschiebevolumens ausdrücktbzw. eicht. Daher kann man äquivalent mit-tels des Verschiebevolumens schreiben:

(5a) FRC KV

Ppleth Vbox

mouth

� ��

�, (KV � PB)

wobei der entsprechende Kalibrierfaktor KV

effektiv dem Barometerdruck PB entspricht.Der Wert von FRCpleth lässt sich also völliggleichwertig als Funktion des Kabinendrucksoder des Verschiebevolumens angeben.Die Formeln (5) und (5a) lassen sich wiefolgt deuten: Eine gegebene Kabinendruck-schwankung (�Pbox) entspricht einer gegebe-nen, gegenläufigen Volumenschwankungvon Kabine und Lunge (�Vbox). Die Volumen-schwankung ruft bei kleinerem FRCpleth eine

16 Empfehlungen zur Ganzkörperplethysmographie (Bodyplethysmographie)

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größere Schwankung des Munddrucks(�Pmouth) und damit einen steileren Winkelder Verschlussdruckkurve hervor (Abb. 1). Inanaloger Weise ergibt sich bei größeremFRCpleth ein flacherer Winkel.

3.2 Interpretation derVerschlussdruckmessung

3.2.1 Definition von ITGV und FRC

Der Verschluss kann im Prinzip beijedem Lungenvolumen erfolgen undliefert das jeweilige thorakale Gasvolu-men TGV. Der Begriff des intrathoraka-len Gasvolumens (ITGV) wird aller-dings in der Regel in engerem Sinne zurBeschreibung des Lungenvolumens inAtemruhelage verwendet. Um Mehr-deutigkeiten zu vermeiden, ist hierfürder Begriff der funktionellen Residual-kapazität (FRC) vorzuziehen, wobei fürdie bodyplethysmographisch bestimm-te FRC der Ausdruck FRCpleth inter-national üblich ist. Das durch dieVerschlussdruckmessung bestimmteendexspiratorische Lungenvolumen(EELV) entspricht definitionsgemäßder FRC, wenn der Messvorgang bei ru-higer Atmung erfolgte. Insofern das Vo-lumen der Atemwege mit dem alveolä-ren Volumen kommuniziert und also anden Druckänderungen teilnimmt, ist esin FRC enthalten.

Bei Gesunden, die in Ruhe entspanntatmen, repräsentiert die FRC die me-chanisch neutrale Position des respira-torischen Systems, wie bei der komplet-ten Relaxation. Daher wird dieses Volu-men auch “Relaxationsvolumen” (Vr)oder in der Pädiatrie “elastic equilibri-um volume” (EEV) genannt. In dieser

Position zieht die Lunge mit identischerKraft nach innen wie die Brustwandnach außen, d.h. bei Eröffnung des Tho-rax kollabiert die Lunge und der Brust-korb bewegt sich nach außen. Bei jun-gen gesunden Erwachsenen beträgt dieFRC etwa 50% der TLC. Die FRC ist je-doch keineswegs immer als synonymmit dem relaxierten end-exspiratori-schen Volumen Vr anzunehmen. Bei-spielsweise ist bei Gesunden dasend-exspiratorische Volumen währendBelastung aufgrund der Dynamik derAtmung geringer als unter Ruhe, wirdaber dennoch als FRC unter Belastungbezeichnet.

3.2.2 Besonderheiten derVerschlussdruckmessung undVergleich mit anderen Verfahren

Ihrem Messprinzip zufolge erfasstdie Verschlussdruckmessung nur kom-primierbare Volumina im Thorax.

Im Vergleich zur FRC-Bestimmungmittels Stickstoff-Auswaschung oderHelium-Verdünnung umfasst die body-plethysmographische FRC-Bestim-mung neben den ventilierten auch dienicht oder schlecht ventilierten Lun-genkompartimente. Die bodyplethys-mographische FRC-Bestimmung zeigtdaher selbst bei Lungengesunden höhe-re Werte an. Die Diskrepanz beiderWerte ist ein Maß der Größe nicht be-lüfteter Lungenbereiche. Bei schwer-gradiger Obstruktion wird in der Regelder FRC-Wert durch die Auswasch-und Verdünnungsmethode unter-schätzt, da die nicht bzw. ungenügendventilierten Lungenbereiche, die erheb-lichen Anteil am Gesamtvolumen ha-ben können (mehrere Liter!), nicht er-fasst werden.

3. Das intrathorakale Gasvolumen 17

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3.2.3 PathophysiologischeBeziehungen

Bei Patienten mit verminderter Elas-tizität (= erhöhter Compliance) derLunge und der Atemwege ist der Zugder Lunge nach innen (elastische Rück-stellkraft) vermindert und daher das re-laxierte endexspiratorische Volumen(Vr) erhöht; dieses Phänomen trägt zurso genannten “statischen Lungenüber-blähung” bei*. Wird von Patienten mitobstruktiver Ventilationsstörung z.B.bei Belastung oder im Rahmen einerTachypnoe während Exazerbation dieInspiration bereits begonnen, ehe dasrelaxierte endexspiratorische Volumen(Vr) erreicht wird, so steigt die FRC anund entspricht nicht mehr Vr. Die

Druckdifferenz, mit der der Thorax vonFRC zu Vr absinken würde, repräsen-tiert den “intrinsischen PEEP” (positi-ver endexspiratorischer Druck bzw.Druck, der am Ende der Exspiration inden Atemwegen vorhanden ist; dieserDruck wird beim Erreichen von VrNull).

Der durch die Inspirationsmuskelnaufzubringende Druck, um das end-ex-spiratorische Volumen oberhalb des re-laxierten Volumens (Vr) zu halten, ent-spricht dem genannten “intrinsischenPEEP”. Insofern eine derartige Erhö-hung der FRC nicht durch eine Elastizi-tätsänderung, sondern durch eine vor-zeitige Inspiration zustande kommt,stellt sie eine “dynamischen Überblä-hung” dar. Allerdings ist die mechanis-tische Unterscheidung zwischen stati-scher und dynamischer Überblähungnicht absolut, da statische und dynami-sche Faktoren sowohl während Ruheat-mung als auch während Belastung un-trennbar miteinander verwoben sindund beispielsweise ein exspiratorischerKollaps der Atemwege in beiden Fällenbeteiligt sein kann.

Die Erhöhung von FRC über Vr stelltin gewissem Sinne eine mechanischeKompensation der exspiratorischenFlusslimitierung dar. Durch Verlage-rung der Atemmittellage inspirations-wärts vermindert sich durch Erweite-rung des Querschnitts der Atemwegeder Atemwegswiderstand (Abb. 2), sodass die exspiratorische Flusslimitie-rung teils umgangen wird und höhereAtemstromstärken möglich sind. DieVerschiebung der Atemmittellage mussallerdings durch eine vermehrte Arbeitder Inspirationsmuskulatur aufgebrachtwerden, da die Druck-Volumen-Kurvedes Thorax und der Lunge bei höherenAtemlagen ungünstiger verläuft, bzw.

18 Empfehlungen zur Ganzkörperplethysmographie (Bodyplethysmographie)

*Anmerkung: Die Lungenüberblähung wirdin der Interpretation häufig mit dem Lungen-emphysem gleichgesetzt, da sie in derMehrzahl der klinischen Fälle im Rahmen derheterogenen Entität COPD auftritt. DasLungenemphysem ist jedoch funktionell pri-mär durch eine Verminderung der Gasaus-tauschfläche definiert, die u.a. durch dieMessung der Diffusionskapazität und das CTdiagnostizierbar ist. Die ganzkörperplethys-mographisch diagnostizierbare Lungenüber-blähung geht typischerweise mit einemKollaps der peripheren Bronchien einher. Esgibt jedoch einzelne Patienten, die nur einereduzierte Gasaustauschfläche in Folgeeiner Destruktion der Alveolen ohnemerkliche Obstruktion oder Überblähungaufweisen. Andererseits finden sich verein-zelt Patienten mit einer deutlichen Lungen-überblähung bzw. Bronchialkollaps ohnemerklich reduzierte Gasaustauschflächebzw. Emphysem. Dies unterstreicht, dassman bei der Interpretation der Lungen-überblähung Vorsicht walten lassen sollte.

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das Zwerchfell durch die Abflachungeinen ungünstigeren Arbeitspunkt hat.Dies führt zu einer deutlich vermehrtenBeanspruchung der Inspirationsmus-keln.

3.3 Bestimmung von TLC undRV anhand der FRC

Die Bestimmung des endexspiratori-schen intrathorakalen Gasvolumensdient, wie beschrieben, primär der Be-stimmung der funktionellen Residual-kapazität FRC. Nach Kenntnis der FRCkönnen die Totale Lungenkapazität(TLC) und das Residualvolumen (RV)durch Kombination mit einem Vitalka-pazitätsmanöver ermittelt werden. Zudiesem Zweck müssen die beiden rele-vanten Teilvolumina der Vitalkapazität,nämlich die inspiratorische Kapazität(IC) und das exspiratorische Reserve-volumen (ERV) bestimmt werden(Abb. 3). Dazu sind im Normalfall un-mittelbar nach der FRC-Messung dieentsprechenden Maximalmanöver imRahmen einer nicht forcierten Spirome-trie durchzuführen. Derzeit werdenzwei Methoden zur Bestimmung vonTLC und RV empfohlen: durchgängig

3. Das intrathorakale Gasvolumen 19

Abb. 3. Mobilisierbare und nicht mobilisierbare Lungenvolumina, Volumenzeitkurve.

Abb. 2. Atemwegswiderstand (Resistance)(Raw) in Beziehung zum Lungenvolumen.

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verbundene (linked) Manöver versusgetrennte oder teilverbundene Manö-ver.

3.3.1 Durchgängig verbundene(linked) Manöver

Der nachfolgend beschriebenen“linked” Methodik, bei der man dasdem Verschluss unmittelbar folgendeVC-Manöver durch eine Ausatmungeinleitet, wird in der Regel der Vorzuggegeben. Hierbei wird unmittelbarnach Messung der FRCpleth in einerlangsamen, maximalen Ausatmung dasexspiratorische Reservevolumen ERVbestimmt. Dieses Manöver führt zumResidualvolumen RV. Unmittelbar an-schließend erfolgt eine nicht forciertemaximale Einatmung, durch welche die

Totale Lungenkapazität TLC erreichtwird. Gleichzeitig wird auf diese Weisedie (langsame) inspiratorische Vital-kapazität IVC bestimmt. Voraussetzunghierfür ist, dass der Patient während dergesamten Manöver nicht vom Mund-stück abgeht (Abb. 4).

Für die Parameterbestimmungenwerden in der Regel die Medianwertevon technisch zufriedenstellendenMessungen des Verschlussmanövers(FRCpleth) mit den Maxima von tech-nisch zufriedenstellenden ERV- undIVC-Manövern kombiniert. Das Resi-dualvolumen (RV) berechnet sich ausdem FRC-Median minus dem maxima-len Wert von ERV.

RV = FRC – ERV

Die TLC ergibt sich aus der Summedes so bestimmten RV und der maxima-

20 Empfehlungen zur Ganzkörperplethysmographie (Bodyplethysmographie)

Abb. 4. Bestimmung von TLC und RV nach Messung von FRCpleth: durchgängig verbunde-nes (linked) Manöver, Text siehe Kapitel 3.3.1.

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len inspiratorischen Vitalkapazität ausallen zufriedenstellenden Manövern.

TLC = RV + IVC

Dies alles gilt unter der Voraus-setzung, dass es sich um sogenannteLinked-Manöver innerhalb eines flie-ßenden Messablaufs handelt, der Pa-tient also während der gesamten Atem-manöver nicht vom Mundstück abgehtund diese in enger zeitlicher Abfolgestattfinden (Abb. 4). Derart wird dieWahrscheinlichkeit minimiert, dass un-detektierte Verschiebungen der Atem-lage auftreten, welche zu Fehlbestim-mungen von ERV und in der Folge zuFehlberechnungen von RV und TLCführen.

Die inspiratorische Kapazität ist einaus der TLC und dem FRCpleth abgelei-teter Parameter.

IC = TLC – FRCpleth

3.3.2 Unverbundene bzw.teilverbundene Manöver

Die zweite, nicht für den allgemeinenFall empfohlene Methode findet primärAnwendung bei Patienten mit schwererObstruktion oder Dyspnoe, die nichtunmittelbar nach dem FRC-Manöverdas ERV-Manöver durchführen kön-nen. Diese Patienten sollen unmittelbarnach dem FRC-Manöver maximal ein-atmen, so dass die inspiratorische Ka-pazität (IC) primär bestimmt wird, dadies bei bestehender Luftnot leichterfällt als eine tiefe Ausatmung. DieIVC-Bestimmung kann wie in der ers-ten Methode nach einer maximalenAusatmung erfolgen, die von der gera-de erreichten Atemruhelage ausgehtund die Bestimmung des ERV erlaubt.

Alternativ möglich ist eine Bestim-mung der langsamen exspiratorischenVitalkapazität (EVC) nach dem IC-Ma-növer, das der FRC-Bestimmung folgt.Im Geräte-Setup ist die Art der Atem-manöver im Vorfeld einzustellen.

Der zu wählende FRC-Wert stellt denMedian aus allen technisch akzeptablenFRC-Messungen dar. Die TLC ergibtsich als Summe aus der FRC unddem Wert des unmittelbar folgenden(linked) IC-Manövers. Zur Bestim-mung des Residualvolumens wird diemaximale Vitalkapazität von der TLCsubtrahiert. Für die Bestimmung vonERV und IC liegen keine suffizientenReproduzierbarkeitskriterien vor.

3.3.3 WiederholteFRC-Bestimmung

Das in den vorausgegangenen Ab-schnitten beschriebene so genannte“Linked-Manöver” ist nicht optimal,wenn es um die Qualitätssicherung derFRC-Messung geht. Die zwischen deneinzelnen Verschlüssen durchgeführtenMaximal-Manöver können das endex-spiratorische Niveau verändern, so dasstatsächlich nur der erste Verschluss mitder vorausgehenden Aufzeichnung derspezifischen Resistance korrespon-diert. In diesen Fällen ist eine Bewer-tung der Qualität dieser erstenFRC-Messung nicht möglich, da eineBeurteilung nur über Mehrfachmessun-gen unter vergleichbaren physiologi-schen Bedingungen gegeben ist. Alter-nativ wird deshalb vorgeschlagen, meh-rere Volumenmessungen hintereinan-der aufzuzeichnen und erst danach dieMaximal-Manöver zu registrieren. Einweiterer Vorteil dieser Vorgehensweiseist, dass der Patient zwischen den auf-

3. Das intrathorakale Gasvolumen 21

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einanderfolgenden Verschlüssen, die jaschon eine erhebliche Koordinationund Kooperation erfordern, keine an-strengenden Vitalkapazitätsmanöveratmen muss.

Nach Abschluss der ersten FRC-Messung atmet der Patient ganz normalweiter, bis er sich von den Verschluss-manövern erholt hat. Danach erfolgt dieAuslösung des nächsten Verschlusses.Anhand der Reproduzierbarkeit der ers-ten drei FRC-Bestimmungen kann derBediener entscheiden, ob weitere Ver-schlüsse notwendig sind. Eine Streuungunter 10% wird angestrebt.

Diese Verfahrensweise wird empfoh-len, da mit der Sicherung und Überprü-fung der Qualität der FRCpleth auch derdavon abgeleitete Atemwegswider-stand Raw sowie die abgeleiteten stati-schen Volumina RV und TLC die best-mögliche Güte besitzen.

3.3.4 Verbundene Bestimmungder Atemschleife und derLungenvolumina

In der klinischen Routine erfolgen inder Regel Ganzkörperplethysmogra-phie und Spirometrie in einem einzigenDurchlauf. Die Reihenfolge ist dabei:Bestimmung der Atemschleifen (Anlei-tung 2), dann Atemwegsverschlüsse,sodann Bestimmung langsamer ex- undinspiratorischer Atemvolumina, ab-schließend forcierte Exspirationen (ent-sprechend der Empfehlungen zur Spi-rometrie). An das Verschlussdruckma-növer schließt sich somit eine komplet-te Spirometrie an. Die akkurate Bestim-mung des Atemwegswiderstandes er-fordert es, die Verschlussdruckmessun-gen möglichst unmittelbar nach Auf-zeichnung der Atemschleifen durchzu-

führen, um dasjenige Volumen zu erfas-sen, bei dem die Atemschleifen aufge-zeichnet wurden. Im anderem Fallewäre das Bezugsvolumen zur Berech-nung des Widerstandes inkorrekt (s.Kap. 4.1.4).

3.4 Praktische Durchführungder FRC-Bestimmung

3.4.1 Technische Voraussetzungenund Anleitung zur Messung

Unabhängig vom Typ des Bodyple-thysmographen muss der Munddruck-sensor in der Lage sein, einen Wechsel-druck von mehr als ± 5 kPa in einemFrequenzbereich bis mindestens 8 Hzzu erfassen. Der Kabinendruckaufneh-mer muss dagegen Druckänderungenim Bereich von 20 Pa linear auflösenkönnen, bei ähnlichen Anforderungenan die Frequenzauflösung. Eine thermi-sche Drift kann jedoch leicht zu absolu-ten Kabinendrücken bis zu 1 kPa füh-ren, so dass ein hinreichend großer Ar-beitsbereich dieses Druckaufnehmersnotwendig ist.

Zur Verhinderung hoher Kabinendrü-cke (vor allem infolge Erwärmung derKammerluft durch den Probanden) istin die Kabinenwand eine definierte Le-ckage eingebaut, die mit einer geräteab-hängigen Zeitkonstante, die zwischen 4bis 12 Sekunden liegt, langsam auftre-tende Druckänderungen minimiert.Dieser Druckausgleich interferiertnicht mit den Signalen der Atemmanö-ver, sofern die Zeitkonstante eingehal-ten wird.

Die Anforderungen an die Strö-mungserfassung bzw. Pneumotacho-graphie entnehmen Sie bitte den Emp-fehlungen zur Spirometrie.

22 Empfehlungen zur Ganzkörperplethysmographie (Bodyplethysmographie)

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Die Verschlussdruckmessung stellterfahrungsgemäß den problematischenTeil der Bodyplethysmographie dar.Für die Praxis ist es ratsamer, eine of-fenbar nicht valide auswertbare Mes-sung zu verwerfen, als eine Kaskadevon Fehlschlüssen darauf aufzubauen.

Eine detaillierte Anleitung zurDurchführung der Untersuchung sowieHinweise auf potentielle Fehlerquellenfinden sich in Anleitung 1.

Anleitung 1. Verschlussdruckmessung

1. Der Messkopf muss so ausgerich-tet werden, dass der Patient kom-fortabel sitzt, insbesondere sollteer das Mundstück ohne Beugungaufrecht oder mit leichter Stre-ckung des Nackens erreichen. Einkünstliches Gebiss behindert dieUntersuchung nicht.

2. Die Prozedur wird erklärt. Zur Er-klärung gehört die Mitteilung,dass die Tür verschlossen wird,aber von innen zu öffnen ist. DieNase ist mit einer Nasenklemmezu verschließen. Die Lippen um-schließen das Mundstück fest unddicht; es ist darauf zu achten, dasskeine Lecks im Bereich der Mund-winkel auftreten. Wenn trotz Ab-wesenheit von Lecks keine zufrie-denstellenden Kurven beim Ver-schlussdruckmanöver darstellbarsind, sollte der Patient die Wangendurch die Hände unterstützen.

3. Die Tür der Kabine wird geschlos-sen; anschließend muss genügendZeit gelassen werden, damit sichdie Temperatur bzw. der Kabinen-druck hinreichend stabilisierenkann und sich der Patient ent-spannt. Bei neueren Geräten ist die

Stabilisierungszeit i.a. kurz; bitteHerstellerangaben beachten.

4. Der Patient geht an das Mund-stück, die Lippen umschließendieses fest und dicht, doch ohneVerkrampfung. Er atmet ruhig, bisgemäß der Volumen-Zeit-Auf-zeichnung eine stabile end-exspi-ratorische Atemlage erreicht ist.Dies ist normalerweise nach 3 – 10ruhigen Atemzügen der Fall.

5. Nun können ggf. die Atemschlei-fen registriert werden (siehe An-leitung 2).

6. Nachdem der Patient eine stabileend-exspiratorische Atemlage er-reicht hat, löst man die Verschluss-druckmessung aus. Hierbei wirdautomatisch zu Beginn der nach-folgenden Inspiration der Klap-penverschluss (Shutter) aktiviert,d.h. der Strömungskanal desMesskopfes geschlossen. Die Öff-nung erfolgt je nach Typ des Body-plethysmographen entweder nachder voreingestellten Zeit, nach Er-reichen eines bestimmten kumu-lierten Wechseldrucks am Ver-schluss, nach einer bestimmtenAnzahl von Atemexkursionen,oder von Hand.

7. Der Patient sollte ohne zusätzlicheKraftanstrengung gegen den Ver-schluss atmen. Er sollte keinesfallsversuchen, diesen durch Saugenoder Pressen zu öffnen, da dies zuübergroßen Signalamplituden mitArtefakten bzw. zu Undichtigkei-ten führt. Damit der gemesseneWert der FRC mit der spezifischenResistance sRaw korrekt verrech-net werden kann, ist es optimal,wenn die Atemfrequenzen desVerschlussdruckmanövers und der

3. Das intrathorakale Gasvolumen 23

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Atemschleifen übereinstimmen.Demzufolge sollte der Patient in-struiert werden, mit seiner norma-len Atemfrequenz und -auslen-kung (Anstrengung) gegen denVerschluss zu atmen. Lediglich beiGesunden ist dabei die Druckaus-lenkung (Verschiebevolumen) sogering, dass sie unter Umständenmit dem kontrollierten Leck derKabine interferiert. In diesem Fallkann die Atemfrequenz auf etwa20 – 25 pro Minute erhöht werden(vgl. Anleitung 2).

8. Bei der Atmung gegen den Ver-schluss sollte ein minimaler Wech-seldruck von ± 1 kPa erreicht wer-den. Atemfrequenzen über 1,5 Hzführen zu Fehlern durch mangeln-den Druckausgleich zwischen Al-veolen und Mund, insbesonderebei Patienten mit Obstruktion (s.Kap. 3.2.2). Atemfrequenzen un-ter 0,5 Hz führen zu Interferenzenmit dem kontrollierten Leck derKabine. Ein Metronom kann be-nutzt werden, allerdings habenviele Patienten Schwierigkeiten,einem vorgegebenen Takt zu fol-gen.

9. Jedes Verschlussdruckmanöversollte 2 bis 5 technisch zufrieden-stellende Atemexkursionen um-fassen. Dies äußert sich in einerÜberlagerung nahezu parallel lie-gender Linien. Die Linien solltenjeweils eine Gerade bilden undweitgehend übereinander liegen.Es sollten keine Öffnungen oderKrümmungen auftreten, welchedie Auswertung erschweren oderunmöglich machen (Abb. 1). Beieiner unbefriedigenden automa-tischen Auswertung durch die

Software sollten artefaktbehafteteMessungen eliminiert werdenbzw. der Versuch bei optimaler In-struktion des Patienten wiederholtwerden.

9a. Es wird empfohlen, mindestens 3Verschlüsse nacheinander, ohnedazwischenliegendem Maximal-manöver aufzuzeichnen, um dieQualität der Volumenbestimmungbeurteilen zu können.

10. Nach der letzten Öffnung des Ver-schlusses führt der Patient einelangsame maximale Ausatmungzur Bestimmung des ERV undnachfolgend eine langsame maxi-male Einatmung zur Bestimmungder IVC durch. Patienten mit Dys-pnoe gelingt dies häufig nicht, sodass sie instruiert werden sollten,einige Ruheatemzüge nach derVerschlussdruckmessung durch-zuführen, bevor die ERV- undIVC-Manöver erfolgen. Die Zahlder Atemzüge sollte jedoch so ge-ring wie möglich sein, da eventu-elle zwischenzeitliche Verschie-bungen der Atemruhelage auf-grund der begrenzten Genauigkeitder BTPS-Korrektur nicht über ei-nen längeren Zeitraum zuverlässigerfasst werden können. Dieser Ab-lauf der Messung beinhaltet so ge-nannte verbundene (linked) Ma-növer.

11. Alternativ führt der Patient unmit-telbar nach Öffnung des Ver-schlusses ein IC-Manöver gefolgtvon einem langsamen EVC-Ma-növer durch. Dies empfiehlt sichbei Patienten mit schwergradigerDyspnoe. Wenn nötig, kann in die-sem Falle der Patient vom Mund-stück abgehen und sich zwischen

24 Empfehlungen zur Ganzkörperplethysmographie (Bodyplethysmographie)

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den Manövern ausruhen. Hierbeihandelt es sich um unverbundeneoder teilverbundene Manöver.Man sollte sich darüber im Klarensein, dass zwischenzeitliche uner-fasste Verschiebungen der Atem-ruhelage, die bei Patienten mitschwergradiger Obstruktion auchvon der Art (Geschwindigkeit,Tiefe) der Atmung abhängen, dieBestimmung der abgeleiteten Vo-lumina RV und TLC beeinflussen.

12. Patienten, die keine zufriedenstel-lenden Verschlussdruckmanöverin konventioneller Form durch-führen können (z.B. kleine Kin-der), sollten als Alternative mitleicht erhöhter Atemfrequenz, not-falls auch mit “Hecheln” (1 – 2Atemzüge/sec.) gegen den ver-schlossenen Shutter atmen. In die-sem Fall muss die Software aller-dings die FRC nach einer speziel-len Formel berechnen und zur Be-stimmung des Atemwegswider-standes muss dann auch die Atem-schleife unter Hechelatmungdurchgeführt werden.

13. Nach Möglichkeit sollte eine Serievon 3 – 5 technisch zufriedenstel-lenden Verschlussdruckmanövernaufgezeichnet werden. Bezüglichder Reproduzierbarkeit sind imIdealfall mindestens drei FRC-Werte gefordert, die innerhalb ei-nes 10%-Intervalls liegen sollten(Differenz zwischen höchstemund niedrigstem Wert dividiertdurch den Mittelwert < 0,1). DieManöver sollen so oft durchge-führt werden, bis sich drei Werte indem genannten Bereich befinden.

3.4.2 Qualitätskontrolle derFRC-Bestimmung

Die Überprüfung der Messqualitätkann periodisch mit einer Modelllungeoder einem Container erfolgen, sofernvorhanden. Dabei sollten isothermeKonditionen eingehalten werden, in-dem z.B. ein Kolben mit thermalerMasse gefüllt wird (Kupferwolle). DasContainervolumen muss mit einer Ge-nauigkeit von ± 50 mL oder 5% be-stimmt werden, dies als Mittelwert über5 Messungen.

Darüber hinaus sind biologischeKontrollen sinnvoll und ratsam. Zu die-sem Zweck sollten mindestens monat-lich oder bei Bedarf bei zwei PersonenFRC, TLC und RV mehrfach gemessenwerden. Wenn trotz optimaler Mitarbeitund Abwesenheit einer respiratorischenErkrankung die Werte von FRCund/oder TLC mehr als 10% oder dasResidualvolumen mehr als 20% vonden aus den Voruntersuchungen be-kannten Werten abweichen, spricht diesfür einen Fehler im System.

3.4.3 Klinische Interpretation derFRC und abgeleiteter Werte –Sollwerte

Durch die Bestimmung von RV undTLC kann auch der Überblähungspara-meter RV/TLC% bestimmt werden. DerSchweregrad der Überblähung lässtsich mittels dieser Messgrößen abschät-zen, zusätzlich auch durch RV in Pro-zent des Sollwertes (Schweregradein-teilung 1: Überblähung, S. 27). Eine Er-höhung von FRC und RV sowie desQuotienten RV/TLC % über die 5. Per-zentile der Normwerte (s. “Sollwerte1”) stellt einen qualitativen und quanti-

3. Das intrathorakale Gasvolumen 25

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tativen Indikator der Lungenüberblä-hung dar. Bei Werten von FRC, dieoberhalb des Normbereichs liegen,zeigt ein Absinken im Bronchodilata-tionstest oder im Verlauf der Erkran-kung (z.B. bei Behandlung einer Exa-zerbation von Patienten mit COPD) denRückgang der Lungenüberblähung an.Somit lässt sich durch die Bodyplethys-mographie eine Lungenüberblähungeinschließlich ihres Schweregrades di-agnostizieren.

Eine reversible Überblähung ist weit-gehend als dynamische Überblähungaufzufassen, auch dann, wenn zugleichdie statischen Eigenschaften der Atem-wege (Kollapsneigung) durch die Rela-xation der Bronchialmuskulatur verän-dert werden. Konstant erhöhte Werte –sei es nach Bronchodilatationstest, seies im zeitlichen Verlauf trotz Therapie –belegen eine (residuale) statische Lun-genüberblähung. Diese ist ein Indikatoreiner verbleibenden, unter Umständenzwischen Ein- und Ausatmung asym-metrischen Obstruktion. Hierbei istangesichts der komplexen Folgen vonObstruktion und Inhomogenität derBelüftung Vorsicht bei der Zuordnungvon Krankheitsbildern geboten.

Eine Erhöhung des QuotientenRV/TLC% findet sich auch bei restrikti-ven Lungenerkrankungen, die durcheine Einschränkung der normalen Lun-genausdehnung bzw. -ausdehnbarkeitcharakterisiert sind und bei denen TLCerniedrigt ist. Dieser Erhöhung liegteine überproportionale Verminderungder VC im Verhältnis zu derjenigen vonRV zugrunde. Es handelt sich also nurum einen Recheneffekt, der nicht als

Ausdruck einer echten Lungenüberblä-hung, wie z.B. bei den obstruktivenLungenerkrankungen, gewertet werdenkann.

Durch die Bestimmung der TotalenLungenkapazität (TLC) ist die Diagno-se einer restriktiven Ventilationsstö-rung möglich. Mittels der Spirometriedarf zwar eine restriktive Ventilations-störung angenommen werden, wenndie Vitalkapazität vermindert ist undder FEV1/IVC-Quotient normal odererhöht ist, der Beweis ist aber nur durchdie Bestimmung einer vermindertenTLC zu erbringen. Definiert ist siedurch eine Verminderung der Totalka-pazität unter die 5. Perzentile des Soll-wertes (“Sollwerte 1”). Werte unterhalbder 5. Perzentile der Häufigkeitsvertei-lung in der Referenzpopulation, alsounterhalb des “Normalbereichs”, geltenals pathologisch mit einer Irrtumswahr-scheinlichkeit von unter 5%. Andersausgedrückt bedeutet dies, dass weni-ger als 5% der gesunden Bevölkerungeinen Wert unterhalb der 5. Perzentileaufweisen. Die 5. Perzentile wird durchSubtraktion von 1,64 RSD vom errech-neten Sollwert ermittelt (“Sollwerte1”). Die RSD (residuale Standardab-weichung, Restvarianz) gibt hierbei dieverbleibende, unerklärte Streuung umdie Regressionsgerade (Normwertglei-chung) wieder.

Zur Einteilung des Schweregradesverschiedener Ventilationsstörungensowie zur Differenzialdiagnose wirdunter anderem auf die Empfehlungender Deutschen Atemwegsliga zur Spi-rometrie und Atemmuskelfunktion ver-wiesen.

26 Empfehlungen zur Ganzkörperplethysmographie (Bodyplethysmographie)

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3. Das intrathorakale Gasvolumen 27

Schweregradeinteilung 1. Überblähung.

RV (% Soll) leichtgradig < 140%mittelgradig 140 – 170%schwergradig > 170%

RV/TLC (% Soll) leichtgradig < 140%mittelgradig 140 – 170%schwergradig > 170 %

Sollwerte 1. Normgleichungen (EKGS) für Lungenvolumina bei Erwachsenen im Alter von18 – 70 Jahren.

Mittelwert-Gleichung 1,64 . RSD

Männer TLC (L) 7,99 KG – 7,08 ± 1,15RV (L) 1,31 KG + 0,022 A – 1,23 ± 0.67FRC (L) 2.34 KG + 0.009 A – 1.09 ± 0.99RV/TLC (%) 0.39 A + 13.96 ± 9.0FRC/TLC (%) 0.21 A + 43.8 ± 11.1

Frauen TLC (L) 6.60 KG – 5.79 ± 0.99RV (L) 1,81 KG + 0.016 A – 2.00 ± 0.58FRC (L) 2.24 KG + 0.001 A – 1.00 ± 0.82RV/TLC (%) 0.34 A + 18.96 ± 9.6FRC/TLC (%) 0.16 A + 45.1 ± 9.8

KG = Körpergröße in m, A = Alter in Jahren: Zwischen 18 und 25 Jahren wird in die Sollwert-gleichung das Alter 25 eingesetzt. Die 5. Percentile errechnet sich durch Subtraktion von1,64 × RSD (residuale Standardabweichung) vom errechneten Mittelwert (z.B. ist der untereGrenzwert für TLC bei Männern: Mittlere TLC – 1,15 L):Sollwerte für Kinder in Lindemann H.,Leupold W. Lungenfunktionsdiagnostik bei Kindern. Stuttgart: Kohlhammer; 2003.

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4. Spezifischer Atemwegs-widerstand undAtemwegswiderstand

4.1 Prinzip der Messung

Die Bestimmung des spezifischenAtemwegswiderstandes hat analog derBestimmung der FRC eine starre Kabi-ne konstanten Volumens zur Vorausset-zung; daher muss auch hier die Kabi-nentür luftdicht verschlossen sein. DasPrinzip besteht darin, den Atemstromam Mund zu messen und die den Atem-strom bewirkenden alveolären Druck-schwankungen indirekt über das durchdie Thoraxbewegungen erzeugte Ver-schiebevolumen als Druckschwankun-gen der Kabine zu erfassen. Mit denDruckschwankungen (= Verschiebevo-lumen) einerseits und dem Atemstromandererseits wird der spezifische Strö-mungswiderstand bestimmt. Man erhältihn, indem man die Kraft, d.h. imgegenwärtigen Fall die Änderung desVerschiebevolumens (Druckdifferenz),durch den Atemstrom dividiert. Je grö-ßer das für einen gegebenen Atemstromerforderliche Verschiebevolumen ist,desto größer der spezifische Wider-stand.

Ähnlich wie bei der Atmung gegenden Verschluss kommt es auch bei derunbehinderten Atmung des Patientenzu intrapulmonalen Druckänderungen.Die Druckänderungen sind Folge derVolumenänderungen des Thorax undder Lunge und Ergebnis eines komple-

xen Zusammenspiels von Alveolar-und Totraumventilation, Gasaustauschund ATP-BTPS-Gaswechsel (s.u.),Kompression und Dekompression, de-ren Effekte u.a. von verschiedenen pul-monalen Zeitkonstanten abhängen. DerMessung zugänglich ist allein die resul-tierende mittlere Druckänderung inner-halb der Lunge.

4.1.1 Zustandekommen derAtemschleifen

Wie bei der Verschlussdruckmessungbedingen die Volumenverschiebungendes Thorax gegenläufige Volumenver-schiebungen der Kabine. Die Gegen-wart eines Atemstroms zeigt eineDruckdifferenz zwischen Lunge undKabine an; lägen gleiche Drücke vor,käme kein Atemstrom zustande. DieseDruckdifferenz äußert sich in gegenläu-figen Druckschwankungen in Lungeund Kabine, d.h. einer Abweichung desKabinendruckes vom Barometerdruck.Analog dem bei der Verschlussdruc-kmessung beschriebenen Vorgehen las-sen sich diese Druckschwankungen miteinem Kabinendrucksensor messen, umdie Volumenverschiebungen in der Ka-bine und damit die Verschiebevoluminavon Kabine und Lunge zu bestimmen.

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Zu beachten ist hierbei, dass das dieKompression/Dekompression erzeu-gende Verschiebevolumen viel kleinerals das Atemzugvolumen ist. Man kannsich die Beziehung zwischen beidenschematisch so vorstellen, dass das Ver-schiebevolumen dem Volumenbetragentspricht, um den die Lunge – abhän-gig vom jeweiligen Atemwegswider-stand – komprimiert werden muss, da-mit sich der alveoläre Druck aufbaut.Dieser Druck wird dann eingesetzt, umden Atemstrom zu erzeugen und dasAtemzugvolumen zu bewegen. In derRealität sind natürlich Druckerzeugungund Atemstrom eng ineinander verwo-ben, so dass sich das Verschiebevolu-men – und entsprechend der Kabinen-druck – über den Atemzyklus hin än-dert. Die Kurve, die sich bei der Regi-strierung des Atemstroms gegen dieÄnderung des Verschiebevolumens(Kammerdrucks) ergibt, stellt die zen-trale Messgröße der ganzkörperple-thysmographischen Bestimmung derspezifischen Resistance dar und wirdals Atemschleife bezeichnet (Abb. 5).

4.1.2 Definition und Bedeutungdes spezifischenAtemwegwiderstands

Der aus der Atemschleife zu berech-nende (ggf. gemittelte) Quotient vonVerschiebevolumen (bzw. Kabinen-druck) und Atemstrom ergibt den spezi-fischen Atemwegswiderstand (sRaw),der allerdings keinem Ohm'schen Wi-derstand entspricht. Je größer die Tho-raxdehnung und folglich die korrespon-dierende Kabinendruckänderung für ei-nen gegebenen Atemstrom ausfällt, d.h.je flacher die Atemschleife verläuft,desto höher ist der sRaw.

Der spezifische Atemwegwiderstandstellt prima vista gewissermaßen denWiderstandswert dar, wie er sich wäh-rend der Atmung seitens der Kabinepräsentiert, da man primär die Druc-kschwankung in der Kammer misst. Erist eine aus der Wechselwirkung vonLungenvolumen und Atemwegswider-stand entstehende Messgröße. Man er-hält über die Kabinendruckänderung(die durch die Verschiebevolumina be-

30 Empfehlungen zur Ganzkörperplethysmographie (Bodyplethysmographie)

Abb. 5. Bestimmung des spezifischen Atemwegswiderstandes sRaw (siehe Schema 2). DasVerschiebevolumen (Vpleth) wird als Kammerdruck gemessen. sReff und sRtot sind unterschied-liche Auswertverfahren der Atemschleifen (s. Abb. 6 und 7).

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dingt ist) eine unmittelbare Informationüber das Ausmaß, um das die Lunge ge-dehnt oder komprimiert werden muss,um eine bestimmte Strömung zu errei-chen. Bei größerem Strömungswider-stand bzw. größerem Lungenvolumendes Respirationstrakts ist dieses Aus-maß größer als bei kleinerem Wider-stand bzw. kleinerem Volumen. Daherist diese Information wertvoll, auchwenn sie über die zunächst unzugängli-chen Drücke innerhalb der Lunge nochnichts aussagt (s. Kap. 4.2.1).

4.1.3 Einflussfaktoren auf dieAtemschleife

Bei der Messung des spezifischenAtemwegswiderstands schlagen nebeneines potentiellen Drift des Kabinen-drucks diverse Stör- und Einflussfakto-ren zu Buche, die ihren Grund bei-spielsweise in Bewegungen des Patien-ten, vor allem aber im Wechsel zwi-schen Ein- und Ausatmung haben.Letztere beruhen auf der Tatsache, dassin aller Regel eine Volumendifferenzzwischen Sauerstoffaufnahme undKohlendioxidabgabe besteht, sowie aufder Verschiedenheit von Temperaturund Luftfeuchte bei Ein- und Ausat-mung. Die Ausatmung von erwärmterund befeuchteter Luft, im Gegensatzzur Einatmung von Umgebungsluft, be-dingen entsprechende Volumen- undDruckdifferenzen (BTPS-Problem).Bei Nichtbeachtung resultiert eine Ver-fälschung des Druck-Strömungs-Ver-laufs, der als Artefakt eine Öffnung derAtemschleife bewirkt. Der früherübliche Gebrauch eines sogenanntenBTPS-Beutels wird heute mit Hilfeeiner automatischen elektronischenKompensation umgangen, und mit Hil-

fe heuristischer Algorithmen könnendie BTPS-Effekte nahezu vollständigeliminiert werden.

Allerdings ist bei bestimmten For-men der Atemschleifen sorgfältig zuprüfen, inwieweit die BTPS-Kompen-sation erfolgreich war und nicht zu ei-ner ungewollten Elimination wesentli-cher Informationen geführt hat, die ge-rade in der gleichmäßigen Öffnung derSchleifen liegen. Um hier eine befriedi-gende und praktikable Lösung zu fin-den, die eine Unter- oder Überkompen-sation vermeidet und auch für den weni-ger erfahrenen Anwender geeignet ist,erscheint weitere Forschungs- und Ent-wicklungsarbeit notwendig.

Die gleichmäßige Öffnung der Atem-schleifen kann nämlich pathologischeVerhältnisse anzeigen. Sie stellt ein au-genfälliges Maß der – unter Umständenfür Ein- und Ausatmung unterschiedli-chen – Inhomogenität der Lungenbelüf-tung dar. Letztere ist das Ergebnis einerungleichmäßigen Verteilung von Wi-derständen und Elastizitäten, welche zueiner asynchronen Ventilation verschie-dener Lungenkompartimente führt(trapped air, Pendelluft).

Die Erklärung hierfür lässt sich wiefolgt präzisieren. In der Kabine misstman indirekt, doch verzögerungsfreiden mittleren Druck aller Lungenkom-partimente. Umgekehrt stellt der amMund gemessene Atemstrom die Re-sultante der Atemströme aller Lungen-kompartimente dar. Man kann sich vor-stellen, dass die Atemströme verschie-dener Kompartimente im Falle ver-schiedener Zeitkonstanten (d.h. Ant-wortgeschwindigkeiten auf Druckän-derungen) zeitlich gegeneinander ver-setzt, also nicht parallel laufen. DiesesAuseinanderlaufen führt dazu, dassauch die Gesamtströmung und der mitt-

4. Spezifischer Atemwegswiderstand und Atemwegswiderstand 31

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lere Druck nicht mehr parallel, d.h. inPhase laufen. Diese Tatsache ist analogderjenigen, dass ein Mittelwert vonQuotienten (Teilwiderständen der Lun-ge) nicht notwendigerweise gleich demQuotienten der Mittelwerte (Gesamtwi-derstand) ist, wie man sich an Zahlen-beispielen leicht klarmacht.

Eine inhomogene Ventilation derLunge äußert sich folglich als nichtpa-ralleles Verhalten von Kabinendruckbzw. Verschiebevolumen und Gesamt-Atemstrom. Dies aber ist nichts anderesals die Öffnung der Atemschleifen:Druck und Strömung verlaufen nichtmehr auf einer Linie, sondern sind ge-geneinander phasenverschoben.

Im Normalfall laufen geöffneteAtemschleifen im Uhrzeigersinn, alsAusdruck der Tatsache, dass kapazitiveElemente die Atemmechanik dominie-ren. Wenn sie auch nur teilweise (vor al-lem in der Inspiration) gegen den Uhr-zeigersinn laufen, zeigt dies die Domi-nanz von Trägheitselementen, die außerbei sehr rascher und tiefer Atmungpraktisch ausgeschlossen ist, oder eineinadäquate BTPS-Korrektur.

4.1.4 Definition desAtemwegswiderstandes

Der spezifische Atemwegswider-stand beinhaltet noch nicht die alveolä-re Druckschwankung, wohl aber die al-veoläre Volumenverschiebung. Es liegtauf der Hand, dass dann, wenn dasLungenvolumen bekannt ist, anhanddes Boyle-Mariotte-Gesetzes (s. Kap.3.1.2) die alveoläre Volumenverschie-bung in eine alveoläre Druckschwan-kung umgerechnet werden kann.

Beim Verschlussdruckmanöver wur-de aus dem Verhältnis der Druck-

schwankungen in der Lunge (gemessenam Mund) und der Kabine sowie demKabinenvolumen das Lungenvolumenabgeleitet. Die Kenntnis des Lungenvo-lumens erlaubt es, die Kabinendruc-kschwankung als Funktion der Alveo-lardruckschwankung darzustellen. ImQuotienten für sRaw muss die Kabi-nendruckänderung (Zähler) durch dieindividuell korrespondierende Alveo-lardruckänderung ersetzt werden, derWert für den Atemstrom (Nenner)bleibt gleich. Der Quotient der alveolä-ren Druckamplitude und des Atem-stroms ergibt dann den eigentlichenAtemwegswiderstand (Raw).

Dabei stellt sich heraus, dass dieUmrechnung gerade der Division desspezifischen AtemwegswiderstandessRaw durch das korrespondierendeITGV entspricht (für eine detaillierteBegründung siehe “Erklärung 2”). Ob-gleich im Bodyplethysmographen dersRaw die primäre Messgröße darstellt,wird die Beziehung zwischen beidenGrößen in der Regel so dargestellt, dasssRaw das Produkt von Raw und ITGVdarstellt. Somit ergibt sich der bekannteAusdruck:

sRaw = Raw × ITGV.

Allerdings sollte diese Gleichungnicht missverstanden werden. Da mannicht sRaw aus Raw und ITGV berech-net, sondern in den AtemschleifensRaw und im VerschlussdruckmanöverITGV misst, wäre es angemessener zuschreiben:

Raw = sRaw / ITGV

Zur Veranschaulichung vergleicheman Abbildung 1 und 5. Die Schrittezur Ermittlung von sRaw und Raw las-sen sich in Kurzform wie folgt zusam-menfassen (Schema 2):

32 Empfehlungen zur Ganzkörperplethysmographie (Bodyplethysmographie)

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1. Man registriert die Atemschleifenin Form des Atemstroms versusVerschiebevolumen. Die (ggf.mittlere) Steigung dieser Schleifenrepräsentiert den spezifischenAtemwegswiderstand sRaw.

2. Die Beziehung zwischen Ver-schiebevolumen und Alveolar-druck aus dem Verschlussdruck-manöver wird verwendet, um denBezug zwischen Verschiebevolu-men und Alveolardruck herzustel-len. Damit erhält man für den ge-gebenen Atemstrom aus dem spe-zifischen Atemwegswiderstandden Atemwegswiderstand Raw.

4. Spezifischer Atemwegswiderstand und Atemwegswiderstand 33

Merke: Primäre Messgrößeder Atemschleifen ist derspezifische Atemwegswider-stand sRaw. Der Atemwegs-widerstand Raw ergibt sicherst daraus mittels des Ma-növers, in dem ITGV be-stimmt wird, und ist gleichsRaw dividiert durch ITGV.Der spezifische Atemwegs-widerstand stellt den mit Ab-stand am wenigsten von derMitarbeit abhängigen Wertdar, der mit dem Bodyple-thysmographen ermitteltwerden kann.

MER

KE

Schema 2. Aus derBeziehung zwischenAtemstrom und Ver-schiebevolumen (ge-messen als Kabinen-druck) ergibt sich derspezifische Atemwegs-widerstand (sRaw). Ausder Beziehungzwischen Alveolardruck(gemessen als Mund-druck) und Verschiebe-volumen (gemessen alsKabinendruck) ergibtsich in Kombination mitdem spezifischenAtemwegswiderstandder Atemwegswider-stand Raw (siehe Text).

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Erklärung 2. Atemwegswiderstände.

Bestimmung von sRaw

Ein Widerstand ist definiert als Quotient vonKraft zu Fluss und hat folglich die Einheiten[kPa / (L/s)].Den spezifischen Atemwegswiderstandkann man zunächst rein phänomenologischauffassen als Änderung des Kabinendrucks(�Pbox) relativ zum Atemstrom am Mund ( �V).Zusätzlich führt man einen SkalierungsfaktorKP ein.

sRawP

VPbox

� �K�

Der Faktor KP wird gleich dem Eichfaktor KP

für die Bestimmung von FRCpleth gewählt –siehe Erklärung 1, Formel (5). Da dieser Fak-tor dem Kabinenvolumen Vbox entspricht (KP

� Vbox) und da die relativen Änderungen vonVolumen und Druck in der Kabine vom Be-trag her gleich groß sind (�Pbox / Pbox = �Vbox /Vbox), ergeben sich durch Einsetzen bzw.Austauschen die beiden völlig gleichwertigenAusdrücke für sRaw

(6) sRaw VP

VP

V

Vboxbox

boxbox

� � � �� �

� �

Formel (6) spiegelt zwei wichtige Tatsachenwider. Wie der erste Ausdruck zeigt, hatsRaw aufgrund des Faktors Vbox die Einhei-ten [kPa × L / (L/s)], also nach Kürzen [kPa ×s]. Dementsprechend stellt sRaw – und dasist für die physiologische Interpretation ex-trem wichtig – keinen Widerstand im engerenSinne des Wortes dar, wie dies bei Raw derFall ist – vergleiche Formel (7) im Folgenden.Insbesondere gibt sRaw nicht den Wider-stand der Atemwege an, sondern ist eine Artnormiertes Maß für die bei der Überwindungdes Atemwegswiderstandes zu leistende Ar-beit (dazu siehe Text).Der zweite Ausdruck verdeutlicht, dass sRawbei konstantem Barometerdruck dem Ver-schiebevolumen �Vbox proportional ist. Dieshat weitreichende Konsequenzen für die In-terpretation, die im Text näher ausgeführtwerden. Zum tieferen Verständnis ist es sinn-voll, sich klarzumachen, dass die Beschrei-bung von sRaw in Form der Atemschleifensowohl über den (primär der Messung zu-gänglichen) Kabinendruck als auch über dasdaraus abgeleitete (doch besser an die phy-

siologische Interpretation koppelbare) Ver-schiebevolumen erfolgen kann.

Bestimmung von Raw

Um von sRaw auf den AtemwegswiderstandRaw zu schließen, muss bekannt sein, wel-che Schwankungen des Alveolardrucks den-jenigen des gemessenen Kabinendrucksbzw. dem Verschiebevolumen in (6) entspre-chen. Dies kann mit Hilfe des Verschluss-druckmanövers geschehen, das zur Bestim-mung von FRCpleth dient (s. “Erklärung 1”). Indiesem Manöver wird ja die individuelle,volumenabhängige Beziehung zwischen Ka-binendruckschwankung bzw. Verschiebevo-lumen einerseits und Alveolardruckschwan-kung �Palv andererseits bestimmt, da letzteregleich der Munddruckschwankung �Pmouth ist(s. “Erklärung 1”).Der Raw ist ein Widerstand im engeren Sinnedes Wortes und ohne weiteren Umrech-nungsfaktor definiert als alveoläre Druckän-derung relativ zum Atemstrom

(7) RawP

Valv

��

Die Einheiten sind demgemäß diejenigen ei-nes echten Widerstandes, [kPa / (L/s)] bzw.umgeformt [kPa × s/L]. Um die alveoläre Dru-ckänderung durch die Kabinendruck-änderung auszudrücken, kann man (7) for-mal mit �Pbox in Zähler und Nenner erweitern,oder alternativ mit dem Verschiebevolumen�Vbox. Somit ergeben sich die beiden gleich-wertigen Ausdrücke

RawP

V

P

P

V

V

P

Vbox alv

box

box alv

box

� � � �� �

� �

�� �

Man erkennt, dass sich alle beteiligten Quo-tienten durch bekannte, messbare Größenausdrücken lassen. Zum einen verwendeman hierzu Formel (6) für sRaw, indem mansie nach �P / Vbox

� bzw. nach �V / Vbox� auflöst.

Damit ergeben sich durch Einsetzen die bei-den gleichwertigen Ausdrücke

RawsRaw

V

P

P

sRaw

P

P

Vbox

alv

box box

alv

box

� � � ��

Die an jeweils zweiter Stelle stehenden Quo-tienten, welche die alveolären Druckände-rungen �Palv beinhalten, erhält man aus der

34 Empfehlungen zur Ganzkörperplethysmographie (Bodyplethysmographie)

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Verschlussdruckmessung. Hierzu löst mandie Beziehungen (5) bzw. (5a) nach diesenQuotienten auf. Setzt man für die Eichkon-stanten KP und KV die dort angegebenenWerte ein, so ergibt sich

RawsRaw

V

V

FRC

sRaw

P

P

FRCbox

box

pleth box

box

pleth

� � � �

Durch Kürzen erhält man unabhängig vonder Tatsache, ob man den Kabinendruckoder das Verschiebevolumen zur Ableitungherangezogen hat, Formel (8) für den Atem-wegswiderstand

(8) RawsRaw

FRCpleth

Diese Formel unterstreicht, dass man sRawund FRCpleth als primäre Messgrößen benö-tigt, um Raw zu berechnen. Die bekannte,hieraus unmittelbar resultierende Beziehung

sRaw Raw FRCpleth� �

verschleiert diesen Sachverhalt insofern, alssie fälschlich suggeriert, sRaw ergebe sichaus Raw und FRCpleth. Dies ist bei der Inter-pretation immer zu beachten.Die Beziehungen (6) bis (8) lassen sich wiefolgt zusammenfassen. sRaw wird als dieje-nige Art von Widerstand (im weiteren Sinnedes Wortes) definiert, die in den Atemschlei-fen einer unmittelbaren Messung zugänglichist. sRaw basiert auf dem Verschiebevolu-men der Lunge, das als Kabinendruck-schwankung messbar wird. Die aus dem Ver-schlussdruckmanöver bekannte Beziehungzwischen Kabinendruck bzw. Verschiebevo-lumen und Alveolendruck wird sodann he-rangezogen, um aus sRaw den eigentlichenAtemwegswiderstand Raw zu berechnen.Diese Berechnung läuft darauf hinaus, sRawdurch FRCpleth zu dividieren.Je flacher die dem sRaw entsprechendenAtemschleifen (d.h. je größer sRaw) und jesteiler die Verschlussdruckkurve (d.h. je klei-ner FRCpleth), desto größer ist der Atemwegs-widerstand Raw.

4.2 Interpretation derAtemwegswiderstände

4.2.1 Vergleichende Interpretationvon sRaw und Raw

Bezüglich der physikalischen bzw.physiologischen Interpretation vonsRaw und Raw besteht eine weitver-breitete Unklarheit. Insbesondere legtdie Angabe, dass sRaw das Produkt vonRaw und ITGV darstellt, zunächst kei-ne anschauliche Interpretation nahe.Folgende Bemerkungen mögen hilf-reich sein.

Der Raw gibt definitionsgemäß denDruck (die treibende Kraft) an, den derPatient aufbringen muss, um seinenAtemstrom zu erzeugen, unabhängigdavon, wie viel Volumen tatsächlich be-wegt wird. Da die mit der Strömungverbundene Atemarbeit sich als Pro-dukt aus dem Druck und dem mittelsdieses Druckes transportierten Volu-men ergibt, sagt der Raw per se nichtsüber die tatsächliche Atemarbeit aus.Wenn das Lungenvolumen sehr kleinist, ist auch bei hohem Raw die Strö-mungsarbeit klein.

Anders der sRaw. Wie unter Kapitel4.1.2 beschrieben, spiegelt der sRawdie Auslenkung des Thorax wieder.Man kann leicht vermuten, dass dasAusmaß dieser Auslenkung etwas überdie erforderliche Arbeit aussagt. In derTat stellt der sRaw formal die Arbeitdar, die man aufbringen muss, um mitder jeweiligen Atemstromgeschwin-digkeit ein Volumen zu verschieben,das dem ITGV proportional ist. DiesesVolumen entspricht dem effektiv benö-tigten, druckerzeugenden Verschiebe-volumen, in das sowohl Atemwegswi-derstand als auch Lungenvolumen ein-gehen.

4. Spezifischer Atemwegswiderstand und Atemwegswiderstand 35

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Wenn der Raw gleich bleibt, bleibenauch die benötigten alveolären Druck-schwankungen gleich, selbst dann,wenn ITGV zunimmt. Im letzteren Fallbenötigt man jedoch größere absoluteSchwankungen des Thoraxvolumens,um diese Druckschwankungen zu er-zeugen. Diese größeren Auslenkungenmüssen für den gleichen alveolärenDruck aufgebracht werden, und das be-deutet unter den gegebenen Prämissenvermehrte Arbeit, um den Atemstromzu erzeugen.

Umgekehrt bleibt dann, wenn dasITGV zunimmt, gleichzeitig aber derRaw etwa durch eine mit der Lungen-dehnung einhergehende Erweiterungder Atemwege abnimmt, im Endeffektder sRaw im Wesentlichen konstant.Zwar muss von Seiten des ITGV mehrVolumenbewegung geleistet werden(ITGV größer), andererseits sind aberbei kleinerem Raw geringere Drückenotwendig und damit eine geringereVolumenbewegung. Als Folge bleibtder sRaw und damit die für den Atem-strom zu leistende Arbeit gleich.

4.2.2 Beziehungen zwischen sRawund Raw und Stabilität derMesswerte

Ein wichtiger Aspekt ist die Beob-achtung, dass Fehler in der Bestim-mung von Raw hauptsächlich durcheine Fehlbestimmung des ITGV zuStande kommen können, die ein gewis-ses Maß an Mitarbeit von Patienten er-fordert. Da der sRaw effektiv von derVerschlussdruck-Messung unabhängigist (bis auf winzige gerätetechnisch be-dingte Faktoren), ist er auch bei inad-äquaten bzw. missglückten Bestim-mungen des ITGV verwertbar.

Die Beziehungen zwischen Raw,sRaw und ITGV stellen jedoch nichtnur rechnerische Beziehungen dar. Ver-änderungen des intrathorakalen Gasvo-lumens können auch die Größe desAtemwegswiderstandes auf physiolo-gischer Basis verändern. Prinzipiell ha-ben kleine Lungen (mit kleiner FRC)engere Atemwege und damit höhereAtemwegswiderstände als große Lun-gen (große FRC). Der Zusammenhangzwischen Atemwegswiderstand undLungenvolumen ist in Abbildung 2 dar-gestellt. Der Form nach beschreibt dieKurve eine umgekehrte Proportionali-tät zwischen beiden Größen (hyperboli-sche Beziehung), allerdings hängt dieseim Einzelnen von der zugrundeliegen-den Atemwegserkrankung ab.

Sofern man mögliche Unterschiedezwischen Patientengruppen beachtet,bewirkt demzufolge die Wahl von sRawstatt Raw in gewissem Sinne eine Nor-mierung für die Lungengröße. Auf die-se Weise korrigiert der sRaw einerseitsfür unterschiedliche Lungengrößen beiverschiedenen Individuen (z.B. Er-wachsene und Kinder), andererseits fürVerschiebungen der Atemlage in einerSequenz von Messungen innerhalb ei-nes Individuums; letztere sind keines-wegs selten.

Analog zu Raw und seinem Kehr-wert, der Conductance Gaw, kann beimsRaw auch sein Kehrwert angegebenwerden (spezifische Leitfähigkeit, spe-zifische Conductance sGaw); aller-dings ist diese Messgröße im deutschenSprachraum wenig gebräuchlich. Diegenannten physiologischen und mess-technischen Eigenschaften des sRawspiegeln sich darin wider, dass dersRaw in der Regel einen stabileren undbesser reproduzierbaren Messwert dar-stellt als der Raw.

36 Empfehlungen zur Ganzkörperplethysmographie (Bodyplethysmographie)

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4.2.3 PathophysiologischeBeziehungen

Die Atemschleife stellt den spezifi-schen Atemwegswiderstand dar, wel-cher aufgrund physiologischer Gege-benheiten vom ITGV beeinflusst wird,auch wenn seine Bestimmung davonunabhängig ist. Dies wird durch folgen-des (Extrem-)Beispiel deutlich. Wennim Rahmen eines Bronchodilata-tions-Tests das ITGV sinkt, aber derAtemwegswiderstand Raw unverändertbleibt, wird die Beziehung zwischenAlveolardruck und Kabinendruck (Ver-schiebevolumen) steiler. Anschaulichhat dies seinen Grund darin, dass unterdiesen Umständen die gleichen Alveo-lardruckschwankungen eine geringereabsolute Volumenschwankung erfor-dern und damit auch eine geringereDruckschwankung in der Kabine auf-tritt. Daher wird die Atemschleifesteiler und entsprechend der spezifischeAtemwegswiderstand kleiner.

Bei abnehmendem IGTV vermindertsich also der sRaw auch dann, wenn derRaw gleich bleibt. Dieses Beispiel einerselektiven Beeinflussung der Atemlageohne maßgebliche Beeinflussung derbronchialen Weite, z.B. beim Rückgangeiner dynamischen Überblähung, ver-anschaulicht, dass eine Verringerungdes sRaw nicht ohne nähere Prüfung alsbronchiale Erweiterung interpretiertwerden darf. Hier bewährt sich der si-multane Blick auf den Raw und densRaw. Veränderungen des Raw ohnesolche des ITGV entsprechen direktsolchen des sRaw. Gleichsinnige Ände-rungen von Raw und ITGV multiplizie-ren sich zu noch größeren Änderungenvon sRaw.

Zum tieferen Verständnis ist es lehr-reich, modellhaft weitere Beispiele zu

betrachten. Im oben genannten Bron-chodilatationstest wäre denkbar, dassRaw durch die Bronchodilatation ver-ringert wird, als Ausdruck einer Erwei-terung der Atemwege. Sofern sichgleichzeitig das ITGV reduziert, ampli-fizieren sich die Änderungen von Rawund ITGV im sRaw. Allerdings könntesich durch die Abnahme des ITGV zu-gleich der Bronchialquerschnitt wiederreduzieren, mit der Folge, dass derdurch Bronchodilatation induzierte Ab-fall des Raw geringer erscheint als esdem physiologischen Effekt entspricht.Im extremen, wenngleich physiolo-gisch nicht wahrscheinlichen Fall blie-be effektiv die Weite der Bronchien vorund nach Bronchodilatation gleich. So-mit wäre ihr Erfolg nicht mehr am Rawzu erkennen, und bei alleiniger Betrach-tung des Raw würde sich ein negativerTest ergeben. Diese Fehlinterpretationwird vermieden, wenn der sRaw ge-wählt wird, da dieser die Veränderungdes ITGV detektiert.

Als weiterer Ausdruck der Beziehungzwischen Raw und ITGV kann bei Pa-tienten mit COPD und schwerer Lun-genüberblähung der Fall auftreten, dassRaw bei Atmung im Bereich hoherITGV nur geringgradig erhöhte Wertezeigt, während sRaw aufgrund des gro-ßen ITGV hochpathologisch ist. Derar-tige teilkompensatorische Beziehungenzwischen Raw und Lungenvolumensind zu großen Teilen für die Diskre-panzen zwischen den Messgrößen ver-antwortlich, welche bei der Beurteilungdes Schweregrades einer Erkrankungoder einer Reaktion im Bronchodilata-tions- oder Provokationstest auftreten.Es ist daher ratsam, immer sowohl Rawals auch sRaw heranzuziehen. sRaw ge-nügt zur Bestimmung des Reaktions-verhaltens des Respirationssytems, eine

4. Spezifischer Atemwegswiderstand und Atemwegswiderstand 37

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differenzierte Betrachtung verlangtaber die gleichzeitige Beurteilung vonRaw und ITGV. Analoge Mahnungenzur Vorsicht gelten für die Quantifikati-on zentraler und peripherer Obstruktio-nen und die zur Detektion angenomme-nen Sensitivitäten beim Vergleich vonBodyplethysmographie und Spirome-trie.

4.3 Auswertung derAtemschleifen

Die Schleifen des spezifischen Atem-wegswiderstandes sRaw können nachzwei international anerkannten Verfah-ren ausgewertet werden. Während dersRaw das unmittelbare Ergebnis derMessung darstellt, ergibt sich derAtemwegswiderstand Raw sekundärals Quotient aus sRaw und Lungenvo-lumen (ITGV, FRC). Es ist wichtig, sichzu vergegenwärtigen, dass die währendder Messung beobachtete Atemschleifebzw. das im Protokoll ausgedruckteBild der Schleife den sRaw darstellt;der Verlauf des Raw wird weder beob-achtet noch nachträglich berechnet (zuseiner Darstellung wären multiple Ver-schlussdruckmessungen und eine ei-gens berechnete Auftragung erforder-lich, die zu jedem Zeitpunkt des Atem-zyklus für das jeweils erreichte Lun-genvolumen den zugehörigen Alveo-lardruck angeben würde). Zur Auswer-tung der Atemschleife haben sich zweiVerfahren durchgesetzt:

4.3.1 Totaler Widerstand

Bestimmung des totalen spezifischenWiderstandes sRtot (nach Ulmer). Hier-zu werden die auf dem Verlauf derAtemschleife liegenden Punkte der ma-ximalen Verschiebevolumina (Kabi-nendrücke) für Ein- und Ausatmungverbunden (Abb. 6). Im Falle mehrererMaxima wird das maximale Verschie-bevolumen verwendet, das bei dergrößten Strömung registriert wurde.Als sRtot gilt dann der Kehrwert derSteigung der Geraden durch die Punkteder maximalen Druckauslenkung. Aufanaloge Weise berechnet sich der totaleWiderstand separat für In- und Exspira-tion (Abb. 6). Der totale Atemwegswi-derstand (Resistance) (Rtot) ergibt sichdurch Division des sRtot durch dasITGV. Hierbei wird in der Regel nochdie Hälfte des Atemzugsvolumen(VT/2) hinzugerechnet, um zu berücks-ichtigen, dass die Atmung um eine mitt-lere Lage oberhalb des Verschlussvolu-mens FRC erfolgt.

4.3.2 Effektiver Widerstand

Bestimmung des effektiven spezifi-schen Widerstandes sReff (nach Mat-thys). Dieser leitet sich aus der Flächeder Atemarbeitskurve (Kabinendruckversus Atemvolumen) dividiert durchdie Fläche der Fluss-Volumen-Kurveder Normalatmung ab. Durch die Flä-chenbildung aufgrund der Volumenin-tegration stellt er eine Mittelwertsgrößedar, die nicht alleine von den zweiPunkten der Extremauslenkung des Ka-binendrucks abhängt. Der sReff kannzur Veranschaulichung graphisch dar-gestellt werden (Abb. 7), wird jedochohne derartige Umwege durch die mo-

38 Empfehlungen zur Ganzkörperplethysmographie (Bodyplethysmographie)

Page 48: Empfehlungen der Deutschen Atemwegsliga Deutschen ... Empfehlungen der Deutschen Atemwegsliga und der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin Empfehlungen zur

derne Software online ermittelt. Er istproportional zum Kehrwert der Stei-gung einer mittleren Geraden durch dieSchleife des spezifischen Widerstan-des. Auch hier kann man separat den in-spiratorischen und exspiratorischenWiderstand ermitteln. Der effektiveAtemwegswiderstand (Reff) errechnetsich wiederum durch Division des sReffdurch ITGV. Auch hier wird in der Re-gel die Hälfte des Atemzugvolumenshinzugerechnet, um zu berücksichti-gen, dass die Atmung um eine mittlereLage oberhalb des VerschlussvolumensFRC erfolgt.

4.3.3 Vergleich der totalen undeffektiven Widerstände

Die Vorteile der Auswertung gemäßRtot liegen in einer hohen Sensitivitätgegenüber auch nur geringen Abwei-chung der Atemschleife von der Nor-malform, insbesondere in der end-ex-spiratorischen Phase. Eine mögliche In-terpretation ist, dass die Sensitivität vonsRtot bzw. Rtot somit bis weit in die peri-pheren Atemwege reicht und dass sieeinen Großteil aller Veränderungen desbronchopulmonalen Systems erfassen.

Der Rtot besitzt allerdings eine höhereVariabilität als der Reff, denn seine Ab-leitung anhand von nur zwei Punktenmacht ihn besonders empfindlich ge-

4. Spezifischer Atemwegswiderstand und Atemwegswiderstand 39

Abb. 6. Bestimmung des totalen spezifischen Widerstandes sRtot. Zur Bestimmung von sRtot

werden die auf dem Verlauf der spezifischen Resistancekurve liegenden Punkte mit maxima-len Verschiebevolumen verbunden. Der Gesamtwiderstand wird als sRtot bezeichnet, der spe-zifische Widerstand kann auch separat in einen inspiratorischen (sRtot in) und einen exspirato-rischen (sRtot ex) unterteilt werden. Aufgeführt sind 3 Beispiele: links ein Normalbefund, in derMitte eine mittelgradige Erhöhung des spezifischen Atemwegswiderstandes und rechts eineschwere Erhöhung des Atemwegswiderstandes, vorwiegend exspiratorisch (z.B. bei COPD).

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genüber Messfehlern und Artefakten,wie sie gerade in den Kabinendrückenleicht auftreten. Dies führt unter Um-ständen dazu, dass die Absolutwertevon Rtot bzw. sRtot bzw. Unterschiedenach Intervention zwar stärker ausfal-len können als bei Verwendung des Reffbzw. sReff, gleichzeitig jedoch die hoheVariabilität die Interpretation oder sta-tistische Auswertung erschwert.

Die Vorteile der Bestimmung desAtemwegswiderstandes gemäß Reffwerden in einer hohen Sensitivität imBereich der zentralen Atemwege gese-hen. Ferner ist die intra- und interindivi-duelle Variabilität relativ gering, da die

Werte von Reff bzw. sReff aus der ge-samten Fläche abgeleitet sind, die durchdie Atemschleife gebildet werden. EinNachteil ist, dass kleinere, vornehmlichperiphere Veränderungen möglicher-weise weniger sensitiv erfasst werden.

International existiert kein Standardzur einheitlichen Auswertung derAtemschleifen. Wir empfehlen die Ver-wendung von sReff und Reff als gegen-über den totalen Atemwegswiderstän-den robustere Kenngrößen mit geringe-rer Variabilität. Wie bei der Bestim-mung der Atemwegswiderstände ge-schildert, sollten die Parameter wäh-

40 Empfehlungen zur Ganzkörperplethysmographie (Bodyplethysmographie)

Abb. 7. Bestimmung des effektiven spezifischen Widerstandes sReff. Der sReff leitet sich ausder Fläche der Atemarbeitskurve dividiert durch die Fläche der Flussvolumenkurve der Nor-malatmung ab. Der sReff wird zur Veranschaulichung graphisch dargestellt, der Wert wirdjedoch durch die moderne Software online ermittelt. Er ist proportional zum Kehrwert derSteigung einer mittleren Geraden durch die Schleife des spezifischen Widerstandes. Wie inAbbildung 6 wird von links nach rechts ein Normalbefund, eine mittelgradige Erhöhung undeine schwere, vorwiegend exspiratorische Erhöhung (z.B. COPD) dargestellt.

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rend Ruheatmung bestimmt werden,um die strömungsbedingte mechani-sche Belastung unter Normalbedingun-gen abschätzen zu können. Ausdrück-lich wird eine einheitliche Auswertungdes Widerstandes bei z.B. einer Atem-stromstärke von 0,5 oder 1 L × s–1 nichtempfohlen. Bei Verdacht auf eine zen-trale Stenosierung sollte man jedocheine verstärkte Atmung mit Atem-stromstärken bis zu 2 L × s–1 provozie-ren, da hierdurch Stenosierungen bes-ser erkannt werden.

4.4 Praktische Durchführung

der Bestimmung des

spezifischen Widerstandes

4.4.1 Technische Voraussetzungenund Anleitung zur Messung

Die technischen Anforderungen sindanalog denjenigen der Verschluss-druckmessung. Dies gilt sowohl für dieDruck- als auch für die Strömungssen-soren, da am Mund des Patienten dieAtemströmung gemessen werden muss.

Angaben zur Durchführung der Un-tersuchung sowie Anmerkungen zumöglichen Fehlerquellen finden sich in“Anleitung 2”.

Anleitung 2. Bestimmung der

Atemschleifen

1. Grundvoraussetzung für die Erzie-lung verlässlicher Messwerte ist,dass der Patient in ausgeglichenemZustand und stressfrei untersuchtwird. Die Untersuchungsbedin-gungen im Bodyplethysmogra-phen wurden bereits bei der Be-stimmung der FRC beschrieben(“Anleitung 1”).

2. Zur Bestimmung des sRaw soll derPatient am Mundstück durch denStrömungssensor (Pneumota-chographen) ohne weitere Vorga-ben spontan atmen. Man wartetzunächst die Adaption des Patien-ten an das Gerät sowie die Stabili-sierung der Bedingungen in derKabine ab. Die Güte der Mitarbeitbzw. Messung zeigt sich in denAtemschleifen. Diese geben dieBeziehung zwischen dem Atem-strom (vertikal) und den Schwan-kungen des Drucks in der Kabinedurch das Verschiebevolumen(horizontal) wieder. In jedem Fallist darauf zu achten, dass die At-mung gleichmäßig, nicht ruckwei-se, erfolgt und dass die Atemzügeweder zu tief sind (fälschlich hoheWiderstände oder Artefakte) nochzu flach (Messung ungenau undunrepräsentativ).

3. In den weitaus meisten Fällen, ins-besondere bei Gesunden, erfolgtdie ungestörte Ruheatmung desPatienten zu langsam, um brauch-bare Kurven zu erzielen; daher isteine gewisse Beschleunigung inder Regel angebracht. Auch imFalle sehr unruhiger Kurven oderbei “zittriger” Atmung ist es bes-

4. Spezifischer Atemwegswiderstand und Atemwegswiderstand 41

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ser, ein wenig schneller atmen zulassen, um die Signalgüte zu ver-bessern. Bei niedrigem spezifi-schen Atemwegswiderstand, alsosteilen und daher gegenüber Stö-rungen besonders anfälligenAtemschleifen, kann eine gering-gradige Hyperventilation mit einerAtemfrequenz von bis zu 20 bis 25Atemzügen pro Minute vorgege-ben werden.

4. Bei Patienten mit schwergradigerAtemwegsobstruktion dürfen dieManöver nicht zu lange hingezo-gen werden, da der Patient sonstLuftnot verspürt und die Mitarbeiteinstellt bzw. nicht mehr in derLage ist, ein anschließendes Ver-schlussdruckmanöver durchzu-führen. Ferner ist darauf zu achten,dass der Patient nicht mittels Ak-tionen beispielweise mit der Zun-ge oder der Stimmbänder die Kur-ven verfälscht. Dies ist in der Re-gel an irregulären und von Atem-schleife zu Atemschleife starkschwankenden Formen zu erken-nen.

5. Sollten die Atemschleifen zwi-schen Ausatem- und Einatem-schenkel in hohem Grade ausein-ander weichen, d.h. weit geöffnetsein, sollte überprüft werden, obdie Schleifenkompensation ange-passt werden muss. Normalerwei-se laufen die Schleifen im Uhrzei-gersinn. Es ist darauf zu achten,dass nicht des Guten zu viel getanwird, denn der Grad der Öffnungder Schleifen liefert im Prinzipwertvolle, anschauliche Informa-tion über die Inhomogenität derLungenbelüftung (s. Kap. 3.1.3).Wenn die Schleifen deutlich die

Form einer “8” annehmen oder gargegen den Uhrzeigersinn laufen,ist mit hoher Wahrscheinlichkeitdie Kompensation zu stark, oderdie Atmung zu rasch oder tief,oder es liegen (vor allem stimm-bandbedingte) Artefakte vor.Wenn ein Atemwegsgesunder of-fene Atemschleifen zeigt, ist dieKompensation in jedem Fall inad-äquat, oder es liegt ein apparativerFehler vor.

6. Die Messung kann als zufrieden-stellend gelten, wenn die kompen-sierten Schleifen plausibel, gleich-mäßig und reproduzierbar ausse-hen.

7. In der Regel werden mehrere, bei-spielsweise die letzten 5 Schleifendes instantanen Verlaufes des spe-zifischen Widerstandes gespei-chert und für eine Endberechnunganhand ihres (evtl. selektierten)Mittelwertes herangezogen.

8. Im Anschluss an die Aufzeich-nung der Atemschleifen wird imAllgemeinen die Verschlussdruck-messung zwecks Bestimmung vonITGV bzw. FRC eingeleitet (s.“Anleitung 1”). Diese Daten wer-den ebenfalls zur Berechnung desAtemwegswiderstandes Raw ausden Atemschleifen benötigt.

4.4.2 Qualitätskontrolle derWiderstandsmessung

Hierfür sind analoge technische Kri-terien wie für die FRC-Bestimmungeinzuhalten. Bei einer Überprüfungmittels gesunder Kontrollpersonen isterfahrungsgemäß darauf zu achten,dass bei Personen mit sehr niedrigen

42 Empfehlungen zur Ganzkörperplethysmographie (Bodyplethysmographie)

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Atemwegswiderständen die relativeVariabilität von sRaw und insbesondereRaw deutlich größer als 20% sein kannund die Werte dennoch völlig im Norm-bereich verbleiben. Diesem Phänomenliegen vermutlich minimale Änderun-gen etwa der Geometrie der oberenAtemwege einschließlich Stimmbän-dern und ähnlichem zugrunde. Werdenumgekehrt Personen mit Atemwegsob-struktion als Kontrollen gewählt, so istmit Variabilität aufgrund klinischer Zu-standsänderungen zu rechnen. Diepraktisch realisierbare Qualitätskon-trolle muss sich daher in stärkeremMaße als bei den Volumenbestimmun-gen auf qualitative Phänomene (z.B.keine Schleifenöffnung bei Gesunden)beschränken.

4.4.3 Klinische Interpretation derAtemwegswiderstände – Sollwerte

Die folgenden Argumente beziehensich primär auf den spezifischen Atem-wegswiderstand sRaw, der messtech-nisch gesehen ein relativ robuster Para-meter ist und im Vergleich zum Atem-wegswiderstand nicht von der Güte derFRCpleth-Bestimmung abhängt.

Primäre Diagnostik

Die Form der Schleifen des sRaw las-sen wesentliche pathophysiologischeErkenntnisse zu. Eine steile Atem-schleife schließt auf den ersten Blickeine Bronchialobstruktion aus. Weiter-hin ist zu erkennen, ob eine Strömungs-behinderung sowohl in- als auch exspi-ratorisch oder primär in einer der beiden

4. Spezifischer Atemwegswiderstand und Atemwegswiderstand 43

Abb. 8. Spezifischer Atemwegswiderstand (sRaw) bei Lungengesunden (Typ 0), bei Patien-ten mit erhöhtem Atemwegswiderstand bei homogener Widerstandserhöhung mit linearemoder leicht-S-förmigem Verlauf (1 a + b) sowie inhomogener Atemwegsobstruktion (2 – 7). Beiinhomogener Atemwegsobstruktion sind die Änderungen der Verschiebevolumina (Kammer-drücke) und die Änderungen des Atemstroms zeitversetzt, so dass es zu einer Öffnung derAtemschleifen kommt. Die Differenz des Verschiebevolumens (Kammerdrucks) bei in- und ex-spiratorischem Strömungsbeginn (Atemstromgeschwindigkeit = 0) ist ein Zeichen für die in derLunge gefesselte Luft (trapped air). Aus dem Kurvenverlauf sind weitere Interpretationen mög-lich, z.B. die überwiegende exspiratorische Widerstandserhöhung beim Typ 5.

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Phasen des Atemzyklus vorliegt. EineÖffnung der Schleifen impliziert beikorrekter Durchführung der Messung(insbesondere adäquater BTPS-Kom-pensation) eine Inhomogenität der Lun-genbelüftung (trapped air, Pendelluft),die mehrere Ursachen haben kann. EinS-förmiger Verlauf weist funktionellauf eine massive Strömungsbegren-zung im Bereich der oberen Atemwegehin, d.h. eine Stenose, z.B. im Bereichder Stimmbänder. Beispiele für typi-sche Atemschleifen sind in Abbil-dungen 8 – 10 aufgeführt.

Bronchodilatationstest

Es ist bekannt, dass beim spirome-trisch gemessenen Bronchodilatations-

test, gerade bei Patienten mit Bronchi-alkollaps, durch das unphysiologischeAtemmanöver mit extremer Verstär-kung des intrathorakalen Drucks, dieÄnderung des FEV1 deutlich geringerausfällt als der Abfall des ITGV undRV. Dies ist vermutlich durch den Kol-laps der peripheren Bronchien bedingt.Daher wird eine durch die bronchialeRelaxation erreichte Zunahme desbronchialen Lumens der Bronchiendurch FEV1 unterschätzt. Die mit derBronchodilatation einhergehende rela-tive Abnahme des sRaw, die auch Än-derung der Überblähung als Therapie-effekt mit einschließt, ist häufig erheb-lich größer als die relative Zunahme desFEV1. Daher kann mittels zusätzlicherBodyplethysmographie ein falsch ne-

44 Empfehlungen zur Ganzkörperplethysmographie (Bodyplethysmographie)

Abb. 9. Spezifischer Atemwegswiderstand (sRaw) bei Lungengesunden (1), schwerer ho-mogener Obstruktion der großen Atemwege (2), inhomogener, mehr peripherer Obstruktionmit ausgeprägter spätexspiratorischer Atemstrombehinderung (COPD) (3), abruptem exspira-torischem Strömungsabfall als Ausdruck einer abrupten Strömungsbehinderung bei tiefemLungenvolumen (Zwerchfellhochstand, Adipositas) (4) und bei ausgeprägter S-förmiger Defor-mierung mit auch inspiratorischer Flusslimitierung bei schon geringer Atemstromstärke (ex-trathorakale Stenose) (5).

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gativer Bronchodilatationstest vermie-den werden.

Internationale Definitionen zur Teil-reversibilität existieren nicht. Ein Ab-fall der Atemwegswiderstände um min-destens 20 %, sicher aber erst ein Abfallum über 50%, belegen eine Teilreversi-bilität.

Inhalativer Provokationstest

Bei der unspezifischen Provokationist die Zunahme von sRaw bzw. der Ab-fall der spezifischen Conductance(Leitfähigkeit, sGaw, Kehrwert vonsRaw) häufig sensitiver als der Abfallvon FEV1. Allerdings ist allgemein imRahmen wiederholter intraindividuel-ler Messungen der Abfall der FEV1besser reproduzierbar. Empfohlen wirddie Bodyplethysmographie bei der un-spezifischen Provokationstestung be-sonders beim so genannten Spirometer-

asthma oder bei Unfähigkeit des Patien-ten, Spirometriemanöver suffizientdurchzuführen. Ferner bietet die Body-plethysmographie den Vorteil, dass kei-ne maximale Inspiration erforderlichist, die durch induzierte Bronchodilata-tion einen schwer quantifizierbaren undoffensichtlich interindividuell ver-schiedenen Einfluss auf die Spirometriehaben kann.

Gerade bei insuffizienter Kooperati-on in der Spirometrie ist eine zusätzli-che Bodyplethysmographie aus Quali-tätssicherungsgründen anzuraten, dennein substantieller, physiologisch validerAbfall von FEV1 ohne gleichzeitigenAbfall von sGaw (äquivalent Zunahmevon sRaw) ist selten und in der Regelein Indiz für einschränkte Atemtechnik.So sollte bei der Methacholin- und Hist-aminprovokation primär die Spirome-trie, ergänzend bzw. fakultativ aberauch die Bodyplethysmographie einge-setzt werden. Bei diskordanten Ergeb-

4. Spezifischer Atemwegswiderstand und Atemwegswiderstand 45

Abb. 10. Spezifischer Atemwegswiderstand (sRaw) bei Lungengesunden (links), homoge-ner in- und exspiratorischer Widerstandserhöhung bei Asthma bronchiale (Mitte) und vorwie-gend exspiratorischer Widerstanderhöhung (Golfschlägerform) bei verminderter Elastizität derLungen- und Atemwege bei COPD (rechts).

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nissen ist die Spirometrie aus Standar-disierungsgründen vorrangig zur Beur-teilung heranzuziehen, sofern ihre Wer-te valide erscheinen.

Bei spezifischen Provokations-tests (inhalative Allergenprovokation)kommt der Bodyplethysmographie einenoch größere Bedeutung zu, da die stär-kere Hustensymptomatik nach Aller-genprovokation eine valide Spirometrieoft nicht zulässt.

Ein positiver Provokationstest liegtvor, wenn sich der spezifische Atem-wegswiderstand (sReff) verdoppelt undbei Erwachsenen auf mindestens 2.0(kPa × s) ansteigt!

Weitere klinisch relevante Anwendungs-

gebiete:

1. Nur durch serielle kontinuierlicheMessung des sRaw ist es möglich,den zeitlichen Ablauf einer Bron-chodilatation oder Konstriktion zu

dokumentieren (Wirkungseintrittder Medikamente).

2. Die bodyplethysmographisch ge-messene Provokationstestung istgegenüber der spirometrisch ge-messenen schneller durchführbar.

Sollwerte und signifikante Änderungen

Für Erwachsene sind in der Literaturnur wenige Sollwertangaben verfügbar,so von Ulmer und Mitarbeitern für Rtotund von Matthys und Mitarbeitern fürReff und sReff (“Sollwerte 2”). Seitensder ERS wurde lediglich ein Grenzwertfür die pathologische Veränderung vonRaw angegeben.

Anmerkung: Wie bei der Spirome-trie ist der Schweregrad der Wider-standserhöhung nicht einfach mit demSchweregrad einer obstruktiven Er-krankung (z.B. Asthma oder COPD)gleichzusetzen.

46 Empfehlungen zur Ganzkörperplethysmographie (Bodyplethysmographie)

Schweregradeinteilung 2. Widerstandserhöhung.

sReff (kPa × s) leichtgradig 1.2 – 2.0mittelgradig 2.0 – 4.0schwergradig > 4.0

Reff (kPa × s/L) leichtgradig 0.3 – 0.5mittelgradig 0.5 – 1.0schwergradig > 1.0

Sollwerte 2. Atemwegswiderstände bei Erwachsenen.

sReff (kPa × s) < 1.2 (Kinder < 1.0)Reff (kPa × s/L) < 0.3Rtot (kPa × s/L) < 0.3

Sollwerte für Kinder in Lindemann H, Leupold W. Lungenfunktionsdiagnostik bei Kindern. .Stuttgart: Kohlhammer; 2003.

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5. Gesamtbewertung derBodyplethysmographie

Die bodyplethysmographische Un-tersuchung ist nichtinvasiv, sie nimmtim Normalfall nur geringe Zeit in An-spruch (5 Minuten im Normalfall; biszu 20 Minuten im Falle unverbundenerManöver und schwieriger Patienten),die Mitarbeit erfordert zumindest beiden Atemschleifen nur ein minimalesKooperationsvermögen, und die erho-benen Werte für den sRaw sind nahezumitarbeitsunabhängig. Im Gegensatz zuden spirometrischen Manövern, z.B.dem forcierten Atemstoßtest, handelt essich um eine Messung unter physiologi-schen Normalbedingungen, da dieMessung bei Ruheatmung erfolgt.

Es ist ein sehr persönliches Anliegender Verfasser, an dieser Stelle auf zweiaußerordentliche Persönlichkeiten derDeutschen Pneumologie hinzuweisen,die sich entscheidend für die Entwick-lung und klinische Implementierungder Ganzkörperplethysmographie ver-dient gemacht haben. Dieses sindUniv.-Professor em. Dr. med. HeinrichMatthys, Freiburg und Univ.-Professorem. Dr. med. Dr. h.c. Wolfgang T. Ul-mer, Bochum.

Prof. Dr. H. Matthys hatte bereits1965 – 1967 ein Lungenmodell für denGanzkörperplethysmographen gebaut(“Holzkiste”), diese Forschung imZusammenhang mit der Klinik ver-schiedener Lungenerkrankungen führte1972 zur publizierten Habilschrift(Lungenfunktionsdiagnostik mittelsGanzkörperplethysmographie), die fürmehrere Generationen Grundlage fürdas Verständnis der Ganzkörperple-thysmographie war. Er hat die klinischeAnwendung der Bodyplethysmogra-phie durch computerbasierte Auswer-tung, Bestimmung von Sollwerten so-wie Methodenverbesserungen erarbei-tet.

Prof. Dr. W.T. Ulmer führte das vorfast 50 Jahren in den USA entwickelteMessverfahren der Ganzkörperplethys-mographie in Deutschland ein und ent-wickelte den ersten für die klinischeRoutine-Lungenfunktion geeigneten“Body”. In zahlreichen wissenschaftli-chen Studien belegte er den immensenNutzen der Ganzkörperplethysmogra-phie für die funktionsanalytisch kon-trollierte Therapie bronchopulmonalerErkrankungen.

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Danksagung

Wir danken Frau Dr. U. Butt und FrauMeenzen für ihre redaktionelle Bear-beitung und Organisation und Frau

Barbara Criée für die graphische Bear-beitung.

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Anhang

Anhang 1.Hygieneempfehlungen

Insbesondere bei Verwendung vonGeräten, mit denen auch inspiratorischeAtemmanöver durchgeführt werden,sind Vorsichtsmaßnahmen zu beachten,da der Patient unter Umständen direktgefährdet ist:– Bei Ausstattung mit beheiztem Pneu-

motachographen-Sieb ist davon aus-zugehen, dass die meisten Keime in-nerhalb kurzer Zeit abgetötet werden.Wenn Nasenklemme, Mundstückund Krümmer nach jeder Messunggewechselt werden, ist das Risiko ei-ner Infektion mit pathogenen Keimenzu vernachlässigen. Bei unbeheiztenSystemen sollte nach jedem Patientensicherheitshalber der gesamte Mess-kopf gewechselt oder der Einsatz vonAtemfiltern erwogen werden.Allgemein werden Einwegfilter emp-fohlen, allerdings ist durch die Nicht-anwendung von Filtern bisher keiner-lei Gefährdung von Patienten nach-gewiesen worden. Wenn Atemfilterbenutzt werden, muss das Messsys-tem des Ganzkörperplethysmogra-phen darauf neu justiert werden.

– Bei erhöhtem Risiko (Hepatitis Boder C, Mukoviszidose, offener Lun-gen-Tuberkulose, AIDS, Immundefi-zienz, immunsuppressiver oderzytostatischer Therapie) wird an-schließend entweder ein frischerPneumotachograph verwendet bzw.können Einwegfilter entsprechendden Empfehlungen der Geräteherstel-

ler verwendet werden. Damit wird einverlässlicher Schutz gegen Bakterienund Viren gewährleistet, ohne dassdie Messergebnisse in relevantemAusmaß beeinträchtigt werden.

Zum Schutz des Personals und dernachfolgenden Patienten sollte nach je-der Untersuchung eines Patienten unteranderem eine sorgfältige Reinigungund Desinfektion der Hände erfolgen.

Eine weitere Sicherheitsmaßnahmebesteht darin, Messungen an infektiö-sen Patienten am Schluss der Lungen-funktionsuntersuchungen innerhalb ei-nes Tages bzw. im Krankenzimmerdurchzuführen.

Damit ergeben sich folgende Mini-mal-Anforderungen:– Demontage von Nasenklemme,

Mundstück und gegebenenfallsKrümmer nach jedem Patienten; beiunbeheiztem Pneumotachographenwird dieser ebenfalls demontiert(bzw. das statt dessen eingesetzte wi-derstandsarme Einwegfilter),

– sorgfältige Reinigung und Desinfek-tion der Hände (Kontamination!),

– Montage von Krümmer, neuemMundstück und Nasenklemme (bzw.des neuen Pneumotachographen oderEinwegfilters).

– Je nach Räumlichkeit und Untersu-chungsaufwand kann eine Lüftungdes Lungenfunktionslabors nach je-dem Patienten sinnvoll sein.

– Im Übrigen sind die Hygieneempfeh-lungen der Hersteller der Ganzkör-perplethysmographen zu beachten!

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Abkürzungen

Parameter Symbol Einheit

spezifischer Atemwegswiderstand sRaw kPa × s

effektiver spezifischer Atemwegswiderstand sReff kPa × s

totaler spezifischer Atemwegswiderstand sRtot kPa × s

Atemwegswiderstand Raw kPa × L–1 × s

effektiver Atemwegswiderstand Reff kPa × L–1 × s

totaler Atemwegswiderstand Rtot kPa × L–1 × s

thorakales Gasvolumen zum Zeitpunkt TGV Ldes Klappenschlusses (shutter)

Intrathorakales Gasvolumen am Ende ITGV Leiner normalen Ausatmung

Funktionelle Residualkapazität, FRC Lidentischer Ausdruck für IGTV

Ganzkörperplethysmographisch FRCpleth Lbestimmte FRC

Verschiebevolumen Vpleth mL

forciertes exspiratorisches FEV1 L

Volumen in 1 Sekunde

Totale Lungenkapazität TLC L

Vitalkapazität VC L

Vitalkapazität inspiratorisch gemessen IVC L

Residualvolumen RV L

exspiratorisches Reservevolumen ERV L

inspiratorische Kapazität IC L

Residualvolumen in Prozent der RV/TLC % %Totalen Lungenkapazität

relative Einsekundenkapazität FEV1/IVC %'(Tiffeneau-Index)

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Empfehlungen zur Ganzkörperplethysmographie (Bodyplethysmographie) 51

Beispiele

Beispiel 1. Normalbefund für die ganzkörperplethysmographische Bestimmungen der Strö-mungswiderstände in den Atemwegen und der Fluss-Volumen-Kurve eines gesunden Proban-den im Alter von 34 Jahren und einem Körpergewicht von 68 kg bei einer Körpergröße von 178cm. Die Messwerte sind bezogen auf die Sollwerte der EGKS (1993).

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52 Empfehlungen der Deutschen Atemwegsliga

Beispiele

Beispiel 2. Mittelschwere obstruktive Ventilationsstörung eines 69-jährigen Patienten mit ei-nem Körpergewicht von 99 kg bei 180 cm Körpergröße. Die noch leichtgradige Erhöhung derAtemwegswiderstände geht einher mit einer mittelgradigen Lungenüberblähung und einer mit-telgradigen Erhöhung der spezifischen Resistance. Die Erhöhung der Strömungswiderständeund die Lungenüberblähung gehen einher mit Einschränkungen der Vitalkapazität und einerkonkaven exspiratorischen Fluss-Volumen-Beziehung.

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Empfehlungen zur Ganzkörperplethysmographie (Bodyplethysmographie) 53

Beispiel 3. Sehr schwere obstruktive Ventilationsstörung eines 79-jährigen Patienten mit ei-nem Körpergewicht von 72 kg bei einer Körpergröße von 161 cm. Die schwergradige Erhöhungder Atemwegswiderstände ist verbunden mit einer schweren Lungenüberblähung. Die Vitalka-pazität ist auf 60% des Sollwertes vermindert. Während der PEF noch 42% Soll beträgt, sinddie maximalen Flüsse bei 75, 50 und 25% der Vitalkapazität auf einen Minimum reduziert.

Beispiele

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54 Empfehlungen der Deutschen Atemwegsliga

Beispiel 4. Sehr schwere pharmakologisch irreversible obstruktive Ventilationsstörung mitmittelgradiger Lungenüberblähung eines 75-jährigen Patienten mit einem Körpergewicht von88 kg bei einer Körpergröße von 160 cm. Es zeigt sich 15 Minuten nach Inhalation von 2 Hübeneines �-Sympathikomimetikums nur eine geringfügige Verminderung der erhöhten Strö-mungswiderstände (<20%) und der forcierten Vitalkapazität (22,7%) bei unveränderter Lun-genüberblähung.

Beispiele

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Empfehlungen zur Ganzkörperplethysmographie (Bodyplethysmographie) 55

Beispiel 5. Beispiel für einen Auslassversuch der pharmakologischen Therapie bei einem51-jährigen Patienten mit leichter obstruktiver Ventilationsstörung mit einem Körpergewichtvon 98 kg bei einer Körpergröße von 181 cm. Am 2. Mai Normalbefund, nach Auslassung findetsich eine leichte obstruktive Ventilationsstörung mit mittelgradiger Erhöhung des spezifischenAtemwegswiderstandes und leichter Erhöhung der Atemwegswiderstände.

Beispiele

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56 Empfehlungen der Deutschen Atemwegsliga

Beispiel 6. Schwere restriktive Ventilationsstörung eines 76-jährigen Patienten mit Lungen-fibrose nach Asbestexposition mit einem Körpergewicht von 87,5 kg bei einer Körpergröße von165 cm. Während die Strömungswiderstände im Normbereich liegen, ist die VC auf 35% desSollwertes vermindert. Während das FEV1 schwergradig eingeschränkt ist, ist die relative Ein-sekundenkapazität mit 71% im Normbereich.

Beispiele


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