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Einstieg in Linux – Linux verstehen und einsetzen...–Platon 1.1 WasistLinux? Das fängt ja gut...

Date post: 22-Feb-2020
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1 Kapitel 1 Einleitung »Der Anfang ist der schwerste Teil der Arbeit.« – Platon 1.1 Was ist Linux? Das fängt ja gut an. Da will man ein Buch schreiben und weiß nicht einmal, wie man das Thema grob umreißen soll. Dabei könnte alles so einfach sein – wir schreiben doch nur über ein Betriebssystem, das eigentlich keines ist, und über einen Begriff, der nicht mehr nur Technik, sondern mittlerweile eine ganze Philosophie umschreibt. Neugierig? Zu Recht! Kurz gesagt, steht der Begriff Linux heute für ein sehr stabiles, schnelles, freies, UNIX-ähnliches Betriebssystem – obwohl Linux streng genommen nur der Kern (»Kernel«) dieses Betriebssystems ist. Doch eins nach dem anderen! Die Entwicklung von Linux begann 1991, als sich der finnische Student Linus Torvalds an die Programmierung eines Betriebssystemkerns machte. Und weil ein Betriebssys- temkern natürlich nicht so trivial zu programmieren ist, ließ er sich kurzerhand von anderen helfen. Damit das Ganze fair zuging, veröffentlichte Torvalds den Code unter der GNU General Public Licence, kurz GPL. Diese Lizenz besagt, dass jeder das Programm, das durch diese Lizenz geschützt wird, nach Belieben verändern und verbessern kann – mit einer Einschränkung: Das veränderte bzw. verbesserte Programm muss auch frei sein, und sein Sourcecode muss frei zugänglich sein, sodass die Entwicklung weiterge- hen kann. Aber ihr Leser, die ihr jetzt schon freudig erregt und »Kommunismus!« schreiend aufge- sprungen seid, lasst euch sagen: Steckt die rote Fahne wieder ein, hängt das FDJ-Hemd bitte zurück in den Schrank und macht bloß die Ton-Steine-Scherben-Platte wieder aus! Linux ist bei Weitem nicht nur für die ewigen Rebellen unter uns, mittlerweile setzen im- mer mehr Firmen Linux und andere freie Software ein. Noch schlimmer: Sie verdienen damit auch noch Geld! Und es werden täglich mehr Firmen, sodass ihre Anzahl, wenn wir sie während des Schreibens des Buches in mühevoller Recherche ermitteln würden, bei seinem Erscheinen schon wieder hoffnungslos veraltet wäre. 21
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Page 1: Einstieg in Linux – Linux verstehen und einsetzen...–Platon 1.1 WasistLinux? Das fängt ja gut an. Da will man ein Buch schreiben und weiß nicht einmal, wie man das Thema grob

1Kapitel 1

Einleitung

»Der Anfang ist der schwerste Teil der Arbeit.«

– Platon

1.1 Was ist Linux?

Das fängt ja gut an. Da will man ein Buch schreiben und weiß nicht einmal, wie man

das Thema grob umreißen soll. Dabei könnte alles so einfach sein – wir schreiben doch

nur über ein Betriebssystem, das eigentlich keines ist, und über einen Begriff, der nicht

mehr nur Technik, sondernmittlerweile eine ganze Philosophie umschreibt.

Neugierig? Zu Recht! Kurz gesagt, steht der Begriff Linux heute für ein sehr stabiles,

schnelles, freies, UNIX-ähnliches Betriebssystem – obwohl Linux streng genommen nur

der Kern (»Kernel«) dieses Betriebssystems ist. Doch eins nach dem anderen!

Die Entwicklung von Linux begann 1991, als sich der finnische Student Linus Torvalds

an die Programmierung eines Betriebssystemkerns machte. Und weil ein Betriebssys-

temkern natürlich nicht so trivial zu programmieren ist, ließ er sich kurzerhand von

anderen helfen. Damit das Ganze fair zuging, veröffentlichte Torvalds den Code unter

der GNUGeneral Public Licence, kurz GPL. Diese Lizenz besagt, dass jeder das Programm,

das durch diese Lizenz geschützt wird, nach Belieben verändern und verbessern kann

– mit einer Einschränkung: Das veränderte bzw. verbesserte Programm muss auch frei

sein, und sein Sourcecode muss frei zugänglich sein, sodass die Entwicklung weiterge-

hen kann.

Aber ihr Leser, die ihr jetzt schon freudig erregt und »Kommunismus!« schreiend aufge-

sprungen seid, lasst euch sagen: Steckt die rote Fahne wieder ein, hängt das FDJ-Hemd

bitte zurück in den Schrank undmacht bloß die Ton-Steine-Scherben-Platte wieder aus!

Linux ist beiWeitemnicht nur für die ewigen Rebellen unter uns,mittlerweile setzen im-

mer mehr Firmen Linux und andere freie Software ein. Noch schlimmer: Sie verdienen

damit auch noch Geld! Und es werden täglich mehr Firmen, sodass ihre Anzahl, wenn

wir sie während des Schreibens des Buches in mühevoller Recherche ermitteln würden,

bei seinem Erscheinen schon wieder hoffnungslos veraltet wäre.

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Page 2: Einstieg in Linux – Linux verstehen und einsetzen...–Platon 1.1 WasistLinux? Das fängt ja gut an. Da will man ein Buch schreiben und weiß nicht einmal, wie man das Thema grob

1 Einleitung

Was kann Linux eigentlich, und was soll man damit anfangen? Nun, prinzipiell kann Li-

nux erst einmal alles, was andere Betriebssysteme auch können. Oder es wird zumindest

daran gearbeitet.

Von Linus Torvalds 386er wurde Linux auf mittlerweile alle möglichen und unmögli-

chen Rechnerarchitekturen portiert. Nicht nur aktuelle und historische Systeme wie die

Power-PC-Architektur vonApple, die aufdemAtari verwendeten68020- und68000-Pro-

zessoren des Amiga, die PalmPilots, SGIs MIPS-Systeme, ARM, DEC Alpha-CPUs oder die

Sparc-Systeme von Sun Microsystems sind mittlerweile schon Bastionen des freien Be-

triebssystems, ja, sogar Playstation und Xbox sind nicht mehr vor Linux sicher. In den

letzten Jahren kam zudemdas Internet der Dinge (Internet of Things, kurz IoT) als Domä-

ne für Linux hinzu, sie bezieht Smart Homes und Gebäudeautomation genauso ein wie

Uhren (Smart Watches) und ganze Städte samt ihren Transportsystemen, Fabriken und

Lagerhallen, Kraftwerken und Krankenhäusern – überall wird automatisiert und sehr oft

auf Basis von Linux!

Der Kernel bietet Multitasking- und Multiuser-Fähigkeiten, um das gleichzeitige Arbei-

ten verschiedener Benutzer sowie das parallele Ablaufen von Programmen zu ermögli-

chen. Dies bewirkt, dass sich ein einzelnes Programm nicht um andere auf dem System

laufende Programme zu kümmern braucht. Darüber hinaus können alle Programme

dank der im Kernel eingebundenen Treiber über einheitliche Schnittstellen und wei-

testgehend unabhängig von der vorhandenen Hardware agieren.

DerGrund für dieweite Verbreitung vonLinux ist natürlich in erster Linie, dass sich jeder

und jede seinbzw. ihr Linux so zusammenschusternkann,wie er oder sie es braucht.Und

nach der Lektüre dieses Buches können Sie Linux zwar noch nicht unbedingt auf Ihre

Armbanduhr portieren, aber doch zumindest Ihr System verstehen, nutzen und auch an

Ihre Bedürfnisse anpassen.

Unter Linux können Sie von Ihrem alten Koaxialkabelnetzwerk über kabellose Wire-

less-LAN-Verbindungen sowie Modem- und ISDN-Zugänge bis hin zum Gigabyte-FDDI-

oder UMTS-Netzwerk und zu modernen DSL-Anschlüssen alle Möglichkeiten der Ver-

netzung nutzen – denn als Kind des Internets ist Linux im Netzwerkbereich nahezu

unschlagbar. Verschiedene Serverdienste erlauben den Einsatz in jedem nur denkbaren

Einsatzbereich für Server. Dabei kommt auch der Heimanwender nicht zu kurz, der mit

Linux natürlich auch DVDs brennen, Filme anschauen und Musik hören kann.

Aber hat Linux nur Vorteile? Natürlich nicht. Freie Software – und damit Linux – ist stän-

dig auf die aktive und selbstloseHilfe vieler Freiwilliger rundumdenGlobus angewiesen.

Da kann es schonmal vorkommen, dass ein für Sie ganz wichtiges Feature in einer Soft-

ware noch nicht implementiert oder ein Programm schlicht noch nicht ausgereift ist.

Außerdem halten es viele Hardwarehersteller trotz stark steigender Nutzerzahlen im-

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1.2 Die Linux-Distributionen

mer noch für akzeptabel, Linux-Treiber für ihre Hardware erst mit großer Verzögerung

oder in zweifelhafter Qualität anzubieten. Und so kann es sein, dass man eben nicht alle

Features der neu erstandenen Grafikkarte nutzen kann oder vorerst auf Original-Dol-

by-Digital-Sound aus seinen beiden Plastiklautsprechern verzichten muss. Allerdings

bessert sich die Situation, was Treiber und Hardwareunterstützung anbelangt, ständig

und ist nicht mehr mit den Zuständen zu vergleichen, die herrschten, als wir Autoren

damals anfingen, uns mit Linux zu beschäftigen.

Mittlerweile findet man in Linux ein sehr modernes und leistungsfähiges Betriebssys-

tem, das sich keinesfalls hinter Microsofts Windows oder Apples Mac OS zu verstecken

braucht und für das man auch als Firma keine Lizenzgebühren zahlen muss. Wenn Sie

also Linux-Software kopieren und an Ihre Freunde weitergeben, brauchen Sie nicht mal

ein schlechtes Gewissen zu haben. Eine solche Verteilung ist nicht nur erlaubt, sondern

ausdrücklich erwünscht.

1.2 Die Linux-Distributionen

Die extreme Konfigurier- und Skalierbarkeit von Linux ist zwar sehr schön, aber eigent-

lich möchte man für den Anfang doch einfach nur ein System haben, das erst einmal

funktioniert und mit dem man arbeiten kann. Die Aufgabe, ein funktionierendes Sys-

tem zusammenzustellen, übernehmen sogenannteDistributoren. Sie packen denKernel,

ein Basissystem und nach Lust und Laune noch weitere Software zu einer Distribution

zusammen, die sich dann mehr oder weniger einfach über ein grafisches Interface in-

stallieren lässt.

MancheDistributoren vertreiben ihre Produkte kommerziell, wobei sie jedoch nicht die

Software an sich verkaufen. Sie lassen sich für das Zusammenstellen der Programme, für

die schöne Installation und meist noch für die Handbücher, die einem Paket oft beige-

fügt sind, bezahlen. Es gibt allerdings wie so oft auch kostenlose Distributionen, die im

Internet heruntergeladen werden können. Des Weiteren haben die großen kommerziel-

lenDistributionenmeist eine Art kostenlose Evaluationsversion, in der nicht die gesam-

te Software des kompletten Pakets enthalten ist. Allen Distributionen ist aber in der Re-

gel gemeinsam, dass sie über das Internet Updates und Patches bereitstellen, wenn zum

Beispiel in der ausgelieferten Version eines Programms Bugs oder Sicherheitsprobleme

entdeckt und behoben wurden. Diese Updates und Patches können dann automatisiert

heruntergeladen, entpackt und installiert werden, sodass das System immer aktuell, sta-

bil und sicher läuft. Im Gegensatz zu den »Windows-Updates« von Microsoft beziehen

sich die Updates der Distributoren nicht nur auf das eigentliche Betriebssystem, d. h.

Kernel und Basissystem, sondern auch auf alle installierten Softwaretools.

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1 Einleitung

Für den allerersten Linux-Schnupperkurs eignet sich eineDistribution besonders: Knop-

pix. Knoppix ist eine komplett von CD lauffähige Version der freien Debian-Distributi-

on und benötigt keinerlei Plattenplatz. Nach dem Booten wird eine hübsche grafische

Oberfläche geladen, unter der Sie viele Programme ausprobieren können, die unter Li-

nux verfügbar sind und oft genutzt werden. Doch Knoppix ist nicht nur für einen ersten

Eindruck sehr gut geeignet, denn selbst professionelle Anwender wissen den Nutzen

von Knoppix als fast schon dekadente Luxusversion der Standardrettungsdiskette von

anno dazumal zu schätzen.

Bleibenwir gleichbeiDebian.Debian ist die freieDistribution, aufderKnoppixundauch

das besonders bei Einsteigern beliebte Ubuntumit seinen Varianten (etwa Kubuntu und

Xubuntu) aufbauen. Professionelle Anwender schätzen Debian vor allem wegen seines

ausgereiften Paketsystems. Die Programme liegen dabei in Paketen vor, die sehr sauber

ins System integriert und auch wieder entfernt werden können. Besonders erwähnens-

wert ist dabei das ursprünglich für Debian entwickelte APT-System, das es ermöglicht,

mit nur einer kurzen Zeile ein neues Softwarepaket automatisch (inklusive aller existie-

renden Abhängigkeiten) aus dem Internet zu laden, zu installieren und konfigurieren zu

lassen. Nur aufrufenmüssen Sie das Programmnoch selbst. Trotz alledem istDebian kei-

ne Distribution für Einsteiger, da die relativ schwierige Installation und Konfiguration

eine gewisse Einstiegshürde darstellt.

Möchteman es noch etwas freakiger haben, kannman Gentoo installieren. Diese Distri-

bution liefert keine bereits übersetzten und damit lauffähigen Programme, sondern nur

den Sourcecode, der dann auf dem lokalen Rechner übersetzt wird. Das stellt sicher, dass

beim Übersetzen alle Optimierungen und Features genutzt werden können, die Ihr Pro-

zessor und Ihr System bieten. Wem selbst das zu einfach ist, dem bleibt nur noch, Linux

»from scratch« zu installieren – bedeutet, man baut alles selbst. Von Grund auf. Ohne

Pakete, ohne Software, ohne Hilfe und ohne jede Installationsroutine.

Das andere Extrem wären wohl die SUSE Enterprise Linux, openSUSE- und die Ubuntu-

Distribution. Diese Distributionen legen ganz besonderenWert auf Benutzerfreundlich-

keit und einfache Bedienung. Und das konsequent. Lobenswert sind hier vor allem die

vorbildliche Hardwareerkennung und die einfache Installation.

Eine andere auch sehr weit verbreitete Distribution, die ebenfalls besonders einsteiger-

freundlich ist, nennt sich Fedora. Fedora hieß früher Red Hat Linux, wurde aber umbe-

nannt. Neben Fedora gibt es noch Red Hat Enterprise Linux für den Einsatz in Unter-

nehmen, auf das wir uns in diesem Einsteigerbuch jedoch nicht konzentrieren.

Eineweitere desktoporientierte Distribution ist LinuxMint. Sie baut auf Ubuntu auf und

bietet auch eine sehr einfache Installation und Konfiguration.Mit LinuxMint ist das Ziel

einer optimalen Integration aller Desktopkomponenten verbunden. Gut integriert sind

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1.3 UNIX- und Linux-Geschichte

dabei auch unfreie, aber zugleich populäre, Softwarekomponenten wie Adobe Flash und

diverse Audiocodecs.

Slackware ist eine der bekanntesten und ältesten freien Distributionen. Slackware bietet

dem Anwender die Möglichkeit, bereits während der Installation einen Blick hinter die

Kulissen auf die Funktionsweise zu werfen. Während Slackware noch aktiv weiterentwi-

ckelt wird, gibt es ebenfalls eine Reihe von aktuellen Distributionen, die auf Basis dieser

Distribution entwickelt werden.

So bleibt zusammenfassend zu sagen, dass die Wahl der Distribution teilweise von ob-

jektiven Gesichtspunkten, aber zu einem sehr großen Teil auch vom persönlichen Ge-

schmack abhängt. Auf jeden Fall sollten Sie sich nicht davon abhalten lassen, auch mal

die eine oder andere Alternative auszuprobieren. Dennmit Linux haben Sie ja die Wahl.

Nutzen Sie sie.

Das Arbeiten ist dabei überall und unter jeder Distribution gleich – Unterschiede erge-

ben sichnur bei der Installation, der Konfiguration und teilweise bei der Administration,

wie zum Beispiel beim Aktualisieren des Systems.

1.3 UNIX- und Linux-Geschichte

Da Linux ein UNIX-ähnliches Betriebssystem ist und eine Unzahl von dessen Eigen-

schaften besitzt, beschäftigen wir uns an dieser Stelle zunächst einmal mit der Ent-

stehungsgeschichte von UNIX. Wir beginnen dazu mit einem Rückblick auf die graue

Vorzeit der Informatik.

1.3.1 UNIX

Im Jahr 1965 begannen BELL, General Electric und das MIT, an einem System namens

MULTICS (MULTiplexed Information and Computing System) zu arbeiten. Als allerdings

feststand, dass dieses Vorhaben scheitern würde, stieg BELL aus.

Als 1969 das Apollo-Raumfahrtprogramm der USA im Mittelpunkt der Aufmerksam-

keit stand, begann Ken Thompson (BELL) aufgrund zu primitiver Möglichkeiten der Pro-

grammentwicklung mit der Entwicklung einer Zwei-User-Variante für den DEC PDP-7.

Sein Ziel war es, raumfahrtbezogene Programme zu entwickeln, um Orbit-Berechnun-

gen für Satelliten, Mondkalender und Ähnliches zu realisieren. Das Grundprinzip von

MULTICS wurde dabei übernommen, und so bekam das spätere UNIX beispielsweise ein

hierarchisches Dateisystem.

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1 Einleitung

Brian Kernighan nannte dieses System spöttisch UNICS (von uniplexed). Erst später be-

nannte man es aufgrund der Begrenzung für die Länge von Dateinamen auf der Ent-

wicklungsplattform GECOS in UNIX um.

Ursprünglich waren alle UNIX-Programme in Assembler geschrieben. Ken Thompson

entschied sich später, einen FORTRAN-Compiler zu entwickeln, da UNIX seinerMeinung

nach ohne einen solchen wertlos wäre. FORTRAN ist wie C eine Programmiersprache

der dritten Generation und erlaubt das Programmieren auf einer höheren Abstrakti-

onsebene. Nach kurzer Zeit entschied er sich allerdings, eine neue Programmiersprache

namens B zu entwickeln, die stark von der Sprache BCPL (Basic Combined Programming

Language) beeinflusst wurde.

Da das Team 1971 ein PDP11-System bekam, das byteadressiert arbeitete, entschloss sich

Dennis Ritchie, aus derwortorientierten SpracheB eine byteorientierte Sprachemit dem

schlichten Namen »C« zu entwickeln, indem er unter anderem Typen hinzufügte.

1973 wurde der UNIX-Kernel komplett neu in C geschrieben. Dieses neue UNIX (mittler-

weile in der Version 4) wurde damit auf andere Systeme portierbar. Noch im selben Jahr

wurde UNIX zu einemMultiuser-Multitasking-Betriebssystem weiterentwickelt und der

Öffentlichkeit vorgestellt. Da C gleichzeitig eine sehr portable, aber auch systemnahe

Sprache war, konnte UNIX recht gut auf neuen Plattformen implementiert werden, um

dann auch dort performant zu laufen. Die Vorteile einer Hochsprachewurden hier deut-

lich: Man braucht nur einen Übersetzer auf einer neuen Hardwareplattform, und schon

kann der Codemit nur wenigen Änderungen übernommen werden.

1977 nahm man dann auch die erste Implementierung auf ein Nicht-PDP-System vor,

nämlich auf ein Interdate 8/32. Dies regte weitere UNIX-Portierungen durch Firmen wie

HP und IBM an, und die UNIX-Entwicklung begann, sich auf viele Abkömmlinge, soge-

nannte Derivate, auszuweiten.

Die UNIX-Variante vonAT&Twurde 1981mit der von BELL zu einemeinheitlichen »UNIX

System III« kombiniert. 1983 kündigte BELL das »System V« an, das primär für den Ein-

satz auf VAX-Systemen an Universitäten entwickelt wurde. Im Jahr darauf annoncierte

AT&T die zweite Version von System V. Die Anzahl der UNIX-Installationen stieg bis da-

hin auf ca. 100.000an. 1986 erschien System V, Release 3. Schließlich wurde 1989 System

V Release 4 (SVR4) freigegeben, das noch heute als UNIX-Standard gilt.

Neben SVR4-UNIX gab es noch eine Entwicklung von BSD-UNIX, auf deren Darstel-

lung wir hier natürlich keineswegs verzichten möchten. Schließlich haben wir der BSD-

TCP/IP-Implementierungmehr oder weniger das heutige Internet zu verdanken.

Bereits 1974 verteilte AT&T Quellcodelizenzen an einige Forschungsinstitute. Auch das

Computing Sciences Research Center (CSRC) der Bell Labs bekam solch eine Lizenz.

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1

1.3 UNIX- und Linux-Geschichte

In Berkeley entwickelte ein Kreis von Programmierern der dortigen Universität in den

folgenden Jahren einen neuen Code und nahm Verbesserungen gegenüber AT&T-UNIX

vor, wonach 1977 »1BSD«, die erste Berkeley Software Distribution, von Bill Joy zusam-

mengestelltwurde. Imdarauffolgenden Jahrwurde »2BSD« veröffentlicht, das über neue

Software und Verbesserungen verfügte.

1979 beauftragte die Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA) der amerika-

nischen Regierung die Computer Systems Research Group (CSRG) der University of Ca-

lifornia, Berkeley, die UNIX-Referenzimplementierung der Protokolle für das ARPANET,

den Vorläufer des Internets, zu entwickeln. Die CSRG veröffentlichte schließlich das ers-

te allgemein verfügbare UNIX namens 4.2BSD, das unter anderem folgende wichtige

Merkmale aufwies:

E Integration von TCP/IP

E Berkeley Fast Filesystem (FFS)

E Verfügbarkeit der Socket-API

Somit kann dieses BSD-Derivat als Urvater des Internets angesehen werden. Durch die

Integration von TCP/IP und der Berkeley-Socket-API wurden Standards geschaffen bzw.

geschaffene Standards umgesetzt, die für das spätere Internet essenziell sein sollten.

Wennman bedenkt, dass selbst heute noch eben diese Berkeley-Socket-API als Standard

in allen netzwerkfähigen Betriebssystemen implementiert ist, wird erst das volle Aus-

maß der Bedeutung dieser Entwicklungen deutlich.

1989 entschlossmansichdazu, denTCP/IP-Code ineiner vonAT&TunabhängigenLizenz

als Networking Release 1 (Net/1) zu vertreiben. Net/1 war die erste öffentlich verfügbare

Version. Viele Hersteller benutzten den Net/1-Code, um TCP/IP in ihre Systeme zu inte-

grieren. In 4.3BSD Renowurden 1990 noch einmal einige Änderungen amKernel und an

den Socket-APIs vorgenommen, umOSI-Protokolle zu integrieren.

Im Juni 1991 wurde Net/2 herausgegeben, das komplett neu und unabhängig vom

AT&T-Code entwickelt wurde. Die wichtigsten Neuerungen von Net/2 waren:

E komplette Neuimplementierung der C-Bibliothek

E Neuimplementierung von vielen Systemprogrammen

E Ersetzung des AT&T-Kernels bis auf sechs Dateien

Nach einiger Zeit stellte Bill Jolitz, der nun auch die letzten sechs Dateien neu entwi-

ckelt hatte, ein vollständiges, bootbares Betriebssystem zum freien FTP-Download zur

Verfügung. Es trug den Namen 386/BSD und lief auf Intel-Plattformen.

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1 Einleitung

Die Berkeley Software Design, Inc. (BSDI) brachte 1991 mit BSD/OS eine kommerzielle

Weiterentwicklung von 386/BSD auf den Markt. Diese Version konnte für den Preis von

999 US-Dollar erworben werden.

1992 entstand außerdem das freie NetBSD-Projekt, das es sich zum Ziel setzte, 386/BSD

als nicht kommerzielles Projekt weiterzuentwickeln und es auf möglichst vielen Platt-

formen verfügbar zumachen.

Nachdem die UNIX System Laboratories, eine Tochtergesellschaft von AT&T, BSDI we-

gen einer Urheberrechtsverletzung verklagt hatten, mussten einige Veränderungen am

Net/2-Code vorgenommen werden. Daher mussten 1994 alle freien BSD-Projekte ihren

Code auf den von 4.4BSD-Lite (auch als Net/3 bezeichnet) umstellen. Mit der Veröffent-

lichung von 4.4BSD-Lite2 im Jahr 1995 wurde die CSRG aufgelöst. Allerdings werden die

mittlerweile existierenden vier BSD-Derivate NetBSD, BSD/OS, FreeBSD und OpenBSD

noch bis heute gepflegt und ständig weiterentwickelt.

1.3.2 Die Geburtsstunde von Linux

Wir schreiben das Jahr 1991, und Linus Torvalds kann die Version 0.02 von Linux bereits

in der Newsgroup comp.os.minix posten. Zu diesem Zeitpunkt liefen bereits Programme

wie der GNU C-Compiler (gcc), die bash und compress auf diesem System.

Im Folgejahr veröffentlichte Torvalds Version 0.12 auf einem öffentlichen FTP-Server,

wodurch die Anzahl derjenigen stieg, die an der Systementwicklung mitwirkten. Im sel-

ben Jahrwurde dieNewsgroup alt.os.linux gegründet. Sowiedas Internetmit BSDgroß

wurde, ist Linux also ein Kind des Internets.

Im Jahr 1994 wurde Version 1.0 veröffentlicht. Der Kernel verfügte zu diesem Zeitpunkt

schon über Netzwerkfähigkeit. Außerdem portierte das XFree86-Projekt seine grafische

Oberfläche – das X-Window-System – auf Linux. Das wohl wichtigste Ereignis in diesem

Jahr war jedoch, dass Torvalds auf die Idee kam, den Kernelcode unter der GNU General

Public License zu veröffentlichen. Zwei Jahre später war Linux 2.0 zu haben. Erste Distri-

butionen stellten ihre Systeme nun auf die neue Version um, darunter auch Slackware

mit dem »’96«-Release.

1998 erschien die Kernelversion 2.2. Von da an verfügte Linux auch überMultiprozessor-

support. Im Jahr 2001 erschien schließlich Version 2.4 und im Dezember 2003 Version

2.6. 2011 kam Linux 3.0 heraus. Nach einer Meinungsumfrage auf der Plattform Google+

wurdedie Version im Jahr 2015 schließlich von 3.19 nicht auf 3.20, sondern auf 4.0 erhöht.

Die aktuelle Version 4.6 erschien imMai 2016.

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1

1.3 UNIX- und Linux-Geschichte

1.3.3 Die Kernelversionen

Der Linux-Kernel erschien bis Juli 2004 in zwei Versionskategorien: einer Entwickler-

und einer Stable-Version. Die Entwicklerversionen hatten ungerade Zahlen als zweite

Versionsnummern (etwa 2.1, 2.3, 2.5), die Stable-Versionen hingegen gerade Zahlen (2.0,

2.2, 2.4, 2.6). Eine dritte Zahl nummeriert die unterschiedlichen kleineren Releases, die

beispielsweise mit neuen Features ausgestattet sind. Seit Kernel 2.6.11 jedoch kann zur

schnellen Bereinigung schwerer Fehler auch eine vierte Versionsnummer geführt wer-

den. 2011 gab es einen Versionssprung von 2.6.39 auf 3.0.

Seit Linux 3.0 wird alle paar Monate die erste Stelle nach dem Punkt (3.x) erhöht, kleine

Änderungen (Fehlerbehebungen und Sicherheitsupdates) werdenmit der zweiten Stelle

hinter dem Punkt angegeben (3.x.y).

Entwicklerversionen des Kernels gibt es mittlerweile nur noch in einem Entwicklungs-

zweig (-mm-Versionen), und der Entwicklungsprozess läuft nun folgendermaßen ab: Es

gibt ein Zeit-Delta, innerhalb dessen neue Features in den Kernel eingebaut werden. An-

schließend werden diese Features optimiert und auf ihre korrekte Funktionsweise hin

überprüft. Steht fest, dass alle neuen Features ordentlich funktionieren, wird schließlich

eine neue Kernelversion herausgegeben.

Sollten Sie mal jemanden treffen, der Ihnen von irgendwelchen komischen Versionen à

la »Linux 8.0« erzählen will, haben Sie ein seltenes Exemplar der Spezies Mensch gefun-

den, die offensichtlich die falschen Bücher liest. Diese bringen nämlich die Versionen

der Distributionen und des Kernels durcheinander.

Aber keine Angst: Aktuelle Distributionen beinhalten natürlich immer die Stable-Ver-

sion. Einige Distributionen beschäftigen auch intern Kernelhacker, die die Features des

(eigenen) Kernels erweitern, um den Anwendern beispielsweise zusätzliche Treiber zur

Verfügung zu stellen.

Wie bereits erwähnt, gibt es Distributionen, die einen modifizierten Kernel beinhalten,

und solche, die den unmodifizierten Kernel nutzen. Dieser unmodifizierte Kernel ohne

zusätzliche Patches wird auch als Vanilla-Kernel bezeichnet.

Auf kernel.org erfahren Sie zu jedem Zeitpunkt etwas über die aktuellen Versionen des

Linux-Kernels.

Das Linux-Maskottchen

Da Linus Torvalds ein Liebhaber von Pinguinen ist, wollte er einen als Logo für Linux

haben. Larry Erwing entwarf mit dem Grafikprogramm GIMP einen Pinguin (siehe Ab-

bildung 1.1). Er gefiel Torvalds, und fertig war Tux, der übrigens für TorvaldsUnix steht.

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1 Einleitung

Abbildung 1.1 Tux

1.4 Die Anforderungen an Ihren Rechner

Damit Linux auf Ihrem Rechner laufen kann, muss er je nach Einsatzgebiet des Sys-

tems gewisse Hardwarevoraussetzungen erfüllen. Da Linux jedoch sehr sparsam mit

denRessourcen umgeht, reicht für eineMinimalinstallationmit Nutzung der grafischen

Oberfläche durchaus auch ein vielleicht schon ausrangiertes älteres Modell. Alternativ

können Systeme auch ohne grafische Ausgabe genutzt werden, beispielsweise für File-

serverdienste oder als Firewall für den heimischen Internetzugang.

Beim Einsatz auf einem Desktopsystem empfiehlt es sich, einen ganz normalen Stan-

dard-PC heranzuziehen. Je nach Distribution und Ihren Wünschen reicht dabei eine 10

bis 20 GByte große Partition der Festplatte aus – ein Witz im Hinblick auf die Kapa-

zität aktueller Festplatten, die mehrere Tausend GByte Speicher bereitstellen können.

Für speicherfressende Oberflächen wie KDE empfiehlt sich jedoch eine Rechenleistungs-

und Hauptspeicherkapazität, die auch für aktuelle Windows-Versionen reichen würde.

1.4.1 Hardwarekompatibilität

Eines jedoch muss im Umgang mit diesem System beachtet werden: Kaufen Sie nicht

ziellos neue Hardware ein. Hin und wieder kommt es vor, dass die neue Grafikkarte

nicht von der grafischen Oberfläche unterstützt wird oder dass noch niemand einen

Treibercode für eine neue Soundkarte geschrieben hat. Daher gilt: erst nachfragen (oder

mithilfe der Suchmaschine Ihrer Wahl recherchieren), dann kaufen!

1.5 Über dieses Buch

Im Folgenden geben wir Ihnen einen kurzen Überblick über die Themen der folgenden

Kapitel und Hinweise zur Gestaltung des Inhalts.

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1

1.5 Über dieses Buch

1.5.1 Was Sie in diesem Buch erwartet

Die Kapitel 2 und 3 behandeln die Installation der populärsten Distributionen. Es geht

dabei um die Partitionierung von Festplatten, die Konfiguration des Bootloaders GRUB,

die Installation der Softwarepakete und des Kernels und um den anschließenden Test

der Installation.

Die folgenden Kapitel bieten einen Einblick in die Funktionsweise des Systems. Kapitel 4

widmet sich dem Linux-Desktop und gibt Ihnen eine Einführung in die Benutzung der

grafischen Oberfläche. Kapitel 5 erklärt die grundlegende Funktionsweise, also das Zu-

sammenwirken zwischen der Hardware, dem Kernel und den Userspace-Applikationen

sowie den Einstieg in das Dateisystem. Kapitel 6 beschäftigt sich mit dem Startvorgang

von Linux bis hin zum Login-Prompt.Kapitel 7 befasst sich schließlichmit der Thematik

»Prozesse«, mit deren Umgebung, Hierarchie und Administration.

Kapitel 8 setzt sich mit der grundlegenden Administration auseinander, so zum Bei-

spiel mit der Benutzerverwaltung, der Installation neuer Software, dem Einspielen von

Backups und dem Kompilieren eines eigenen Kernels. Wundern Sie sich nicht, wenn je-

der zu Ihnen sagt, dass heutzutage kein Mensch mehr einen eigenen Kernel kompiliert.

Das ist insofern richtig, als alle benötigten Funktionalitäten standardmäßig integriert

sind oder durch Kernelmodule geladen werden können. Unserer Meinung nach ist es

jedoch essenziell, sich als Anwender mit der Kernelkompilierung auseinanderzusetzen,

wennman wichtige Zusammenhänge verstehen will.

Eines der wohl wichtigsten Themen dieses Buches ist Kapitel 9, »Die Shell«. Leider wird

in vielen Linux-Büchern kaum auf die Shell eingegangen. Stattdessen finden Sie sich

auf Seite 1 in der grafischen Benutzeroberfläche wieder und bekommen gesagt, wo Sie

hinklicken müssen. Wir werden die Shell sehr detailliert behandeln, da diese nicht nur

unter Linux, sondern auch auf allen anderen UNIX-Systemen das definitiv wichtigste

undmächtigste Werkzeug für Anwender, Administrator und Programmierer darstellt.

In Kapitel 10 lernen Sie mit dem vi einen der wichtigsten UNIX-Editoren kennen. Tat-

sächlich ist der Editor nicht für die grafische Oberfläche ausgelegt, dafür ist er aber auf

fast jedem System vorhanden und immer nutzbar. Wir verwenden diesen Editor selbst,

daman bei der Konfiguration von Linux-Systemen über das Netzwerk hervorragend auf

diese zurückgreifen kann.

Kapitel 11 setzt sich anschließendmit der Netzwerkkonfiguration auseinander. Die wich-

tigsten Netzwerkapplikationen (wie ping, traceroute und netstat) werden hier erläu-

tert. Unvermeidlich und daher natürlich auchmit dabei sind die DNS-Konfiguration, die

wichtigsten Dienste, syslog, die Firewall und die Routingkonfiguration.

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Page 7: Einstieg in Linux – Linux verstehen und einsetzen...–Platon 1.1 WasistLinux? Das fängt ja gut an. Da will man ein Buch schreiben und weiß nicht einmal, wie man das Thema grob

1 Einleitung

Kapitel 12, »Netzwerk-Tools«, stellt wichtige Programme für die Nutzung des Internets

vor.

Verschiedene von Linux unterstützte Speichermedien und -verfahren werden in Kapitel

13 erläutert. Darunter befinden sich SCSI- und RAID-Systeme sowie CD/DVD-Laufwerke,

CD/DVD-Brenner und USB-Memorysticks.

In Kapitel 14, »Multimedia und Spiele unter Linux«, erfahren Sie nun endlich – wir legen

eben sehr großen Wert auf die spirituelle Reinigung eines jeden Users durch die Shell –,

welche Software Sie für Audio, Video oder auchWebcams & Co. nutzen können.

Für Freunde des Raspberry Pi deckt Kapitel 15 dessen Grundlagen, Inbetriebnahme und

Nutzung ab.

Im Anhang finden Sie zudem noch Konfigurationsbeispiele einzelner Dienste, die in

diesem Buch besprochen werden.

1.5.2 Wie Sie dieses Buch lesen sollten

Natürlich von links nach rechts und von oben nach unten. Aber auch wenn Sie dann

von vorn nach hinten lesen, kann es theoretisch noch vorkommen, dass Sie mit eini-

gen Begriffen oder Bezeichnungen noch nichts anfangen oder die Beispiele nur schwer

nachvollziehen können. Wir bemühen uns zwar, das Buch schrittweise aufzubauen, al-

lerdings ist die Thematik viel zu komplex, als dass dies immer reibungslos gelingen

würde. Wenn Sie an so einer Problemstelle sind, lesen Sie einfach weiter, aber merken

Sie sich Ihr Problem. Irgendwann wird der Punkt kommen, an dem wir jedes Problem

im Detail behandeln und hoffentlich alle Fragen aus der Welt schaffen.

Ein solcher Vorgriff auf später behandelte Probleme sei gleich an dieser Stelle getan:

Wie bereits erwähnt, möchten wir viel mit der Shell arbeiten, auch wenn wir diese im

Detail erst in Kapitel 9 behandeln. In den Kapiteln davor ist es daher notwendig, dass

Sie wissen, dass die Shell eine Art Eingabeaufforderung oder Kommandointerpreter ist.

Man tippt einen Befehl ein, drückt die Enter-Taste und wartet das Ergebnis ab. Diese

archaische Methode der Bedienung eines Computers mag Ihnen vielleicht nicht ganz

zeitgemäß vorkommen, aber wir schwören: Sie werden sie lieben lernen und später mit

einemmitleidigen Blick auf alle mausgewöhnten Computerbenutzer schauen.

In den Beispielen werden Sie also oft einen sogenannten Prompt, eine Eingabeauffor-

derung, sehen. Dahinter schreiben wir dann jeweils den Befehl, den wir im aktuellen

Beispiel benutzen wollen. Des Weiteren gilt: Jede Zeile ohne Prompt ist logischerweise

das Resultat eines Befehls.

32

1

1.5 Über dieses Buch

In den Beispielen werden wir zwei unterschiedliche Prompts benutzen: # sowie $. An

dieser Stelle reicht es, wenn Sie wissen, dass Sie alle Befehle, die hinter einer Raute (#)

stehen, nur als Systemadministrator ausführen können, alle Befehle nach dem Dollar-

zeichen hingegen als x-beliebiger Nutzer. Was es sonst noch alles mit Administratoren

und Benutzern auf sich hat, erfahren Sie zu gegebener Zeit.

# BefehlAusgabe des Befehls

Listing 1.1 Ein Beispiel

In Listings führen wir hin und wieder einen Backslash (\) ein, um ein umbrochenes

Zeilenende zu verdeutlichen.Wir haben künstliche Zeilenumbrüche nur dann eingefügt,

wenn andernfalls Text über den Rand der Seite hinaus reichen würde.

Icons

Im Buch sind einige Icons zu finden:

Dieses Icon leitet einen Hinweis ein. Im Buch werden Sie einige Hinweise finden, die

zusätzliche Randinformationen beinhalten.

Dieses Icon leitet ein Beispiel ein. Oftmals werdenwir verschiedene Themen erst bespre-

chen und dann anhand eines Beispiels verdeutlichen.

Wenn Sie dieses Symbol sehen, möchten wir Ihnen etwas Wichtiges mitteilen oder Sie

vor einemmöglichen Problemwarnen.

1.5.3 Wo Sie weitere Informationen bekommen

Im Laufe der letzten Jahre entstandenunzählige Dokumentationen und frei zugängliche

Informationssammlungen zum Betriebssystem Linux.

Wenn Sie eine gewisse Portion Mut aufbringen, auch einmal selbst etwas auszuprobie-

ren, und eine Problemlösung gern konstruktiv angehen, stellt Ihnen Linux mehr als

jedes andere BetriebssystemMöglichkeiten zur Selbsthilfe bereit.

Foren undWikis: Hilfe von anderen Usern

Eine Interaktion mit anderen Usern bieten dagegen Foren und Wikis. In Foren können

Sie beispielsweise Fragen stellen oder Probleme mit anderen Usern diskutieren. In Wi-

kis kann jeder (also auch Sie!) beispielsweise kleine Anleitungen oder Problemlösungs-

schritte hinterlegen, um so anderen Benutzern das Leben ein wenig zu erleichtern.

33

Page 8: Einstieg in Linux – Linux verstehen und einsetzen...–Platon 1.1 WasistLinux? Das fängt ja gut an. Da will man ein Buch schreiben und weiß nicht einmal, wie man das Thema grob

1 Einleitung

Bei einem akuten Problem füttern Sie idealerweise die Suchmaschine Ihrer Wahl mit

einer möglichst genauen Problem- oder Fragestellung, um dann auf relevante Foren,

Wikis oder auch Blogs zu stoßen.

Alternativ können Sie auch auf den Webseiten Ihrer Distribution Hilfe und Infor-

mationen finden. Für Ubuntu hilft Ihnen beispielsweise die deutschsprachige Seite

www.ubuntuusers.deweiter.

Manpages

Im späteren Verlauf des Buches kommen wir noch auf die Manpages zu sprechen. Man-

page bedeutet so viel wie Handbuchseite (Manual Page). Manpages bieten Hilfe zu allen

möglichen auf Ihrem Linux-System verfügbaren Kommandos, Syscalls und eigentlich

allem, was immer mal schnell wichtig ist.

Usergroups

In vielen größeren Städten gibt es Linux-Usergroups. Usergroups treffen sich hin und

wieder und tauschen die neuesten Linux-Probleme, Neuerungen und Eigenentwicklun-

gen aus bzw. helfen einander. Die Mitgliedschaft ist in der Regel frei, und Anfänger sind

willkommen.

1.6 Zusammenfassung

Linux entstand nicht ohne Vorgeschichte. Einige Jahrzehnte zuvor wurden mit der Ent-

wicklung von UNIX und seinen Vorgängern bereits die Grundsteine für die Entwicklung

von Linux gelegt. Das erste freie UNIX-ähnliche Betriebssystem war BSD. Erst Jahre spä-

ter folgte Linux, das von Linus Torvalds entwickelt wurde. Später entstanden die ersten

Distributionen (etwa SLS, Slackware und Debian), die als Grundlage und Vorgängerver-

sionen vieler heute aktueller Distributionen dienen und teilweise noch immer aktiv

weiterentwickelt werden.

34

Page 9: Einstieg in Linux – Linux verstehen und einsetzen...–Platon 1.1 WasistLinux? Das fängt ja gut an. Da will man ein Buch schreiben und weiß nicht einmal, wie man das Thema grob

2

Kapitel 2

Installationsvorbereitung

»Adventure is the result of poor planning.«

(dt. »Abenteuer ist die Folge schlechter Planung.«)

– Colonel Blatchford

Bevor Sie zur Tat schreiten können und Ihr Linux-System installieren, sollten Sie zu-

nächst einige Vorbereitungen treffen. Genau damit beschäftigt sich dieses Kapitel. Im

gleichen Kontext werden wir viele wichtige Fragestellungen anreißen und für eine aus-

führliche Klärung gegebenenfalls auch auf spätere Kapitel verweisen.

Dieses Kapitel ist in erster Linie als Sammlung von Hinweisen zu verstehen, die Ihnen

während der Installation einer Linux-Distribution helfen sollen. Die eigentliche Installa-

tion besprechen wir am Beispiel einiger populärer Distributionen im nächsten Kapitel.

Keine Sorge!

Siewerden in diesemKapitel vielleicht auf Begriffe und Abkürzungen treffen, die Sie nicht

sofort verstehen. Geben Sie nicht auf – überspringen Sie es erst einmal und probieren Sie

gleich die Buch-DVD mit Kapitel 3 aus! Bei Problemen werfen Sie einen Blick zurück in

Kapitel 2.

Um ein System zu installieren, müssen Sie sich darüber im Klaren sein, welche Hard-

ware in Ihrem Zielsystem steckt. Die Kompatibilität dieser Geräte sollte geprüft werden.

Eventuell werden Sie dann feststellen, dass einzelne Komponentennicht oder nicht voll-

ständig unterstützt werden. In diesem Fall können Sie entweder vorerst auf die Funktio-

nen verzichten, oder Sie schaffen sich andere Hardware an – denn einen Kerneltreiber

werden Sie ja wohl kaum programmieren wollen. Leider sind davon oft die neueren

und superteuren Spielzeugewie aktuelleGrafik- oder Soundkartenbetroffen.Wennman

schon so ein Schmuckstück sein Eigen nennt, macht es nämlich überhaupt keinen Spaß,

sich mit irgendwelchen qualitativ minderwertigen Kompatibilitätsmodi zufriedenge-

ben zu müssen.

35

Page 10: Einstieg in Linux – Linux verstehen und einsetzen...–Platon 1.1 WasistLinux? Das fängt ja gut an. Da will man ein Buch schreiben und weiß nicht einmal, wie man das Thema grob

2 Installationsvorbereitung

Haben Sie die hardwaretechnischen Fragen vorerst geklärt, sollten Sie sich den Festplat-

ten zuwenden. Ist eine oder sind mehrere Festplatten in das System integriert? Welche

Daten befinden sich darauf?Müssen Backups erstellt werden? Soll neben Linux noch ein

weiteres Betriebssystem auf der Festplatte installiert werden? Und die wohl wichtigste

Frage ist: Wie soll die Partitionierung der einzelnen Platten gestaltet werden? Aber eins

nach dem anderen.

2.1 Die Anforderungen an Ihre Hardware

Wie wir bereits im vorherigen Kapitel erwähnt haben, können Sie Linux durchaus auf

älteren Systemen installieren. Welche Hardware Sie letztendlich benötigen, hängt aber

vor allem von den Anwendungen ab, die Sie benutzen wollen.

Für Netzwerk- oder Serverdienste sind auch kleine Rechner ausreichend, für 3-D-Spiele

und andere rechenintensive Aufgaben benötigen Sie aber eigentlich immer eine Hard-

wareausstattung, wie sie unter Windows für die gleiche Aufgabe notwendig wäre.

2.2 Hardwareunterstützung

Auf dem Zielsystem – so bezeichnen wir in diesem Buch den Rechner, auf dem eine

Installation erfolgen soll – muss natürlich die entsprechende Hardwarekompatibilität

gewährleistet sein. Dochwoher weißman, welche Hardware überhaupt unterstützt wird

und, wenn ja, wie gut?

Die Frage der Hardwareunterstützung ist vor allem dann relevant, wenn Sie sich neue

Komponenten anschaffen und diese auch unter Linux nutzen wollen.

In der Regel ist es so, dass ältere Hardware mit einer höheren Wahrscheinlichkeit als

neuere Hardware unterstützt wird. Das liegt daran, dass die Entwickler genug Zeit hat-

ten, einen entsprechenden Treibercode in den Kernel zu implementieren. Es vergehen

ca. drei bis sechsMonate vomErscheinen derHardware bis zur Unterstützung imKernel.

Nur selten geben die Hardwarehersteller die nötigen Informationen über ihre Produkte

frei – schließlich könnte ja die Konkurrenz davon profitieren. Bei der wachsenden Un-

terstützung für Linux kann man sich eine solche Haltung aber bald nicht mehr leisten,

da immer mehr Anwender eben schon vor dem Produktkauf auf Kompatibilität achten.

36

2

2.2 Hardwareunterstützung

2.2.1 Hardwarekompatibilitätslisten der Hersteller

Der Distributor Novell stellt auf http://en.opensuse.org/Hardware eine Datenbank bereit,

in der die Hardwarekomponenten verzeichnet sind, die mit dieser Distribution funk-

tionieren. Der Besucher kann mithilfe der Weboberfläche aus diversen Kategorien, wie

Firewire-Karten, Netzwerkkarten, Scanner, Chipsets, Drucker oderWireless-Geräten aus-

wählen und/oder nach Begriffen im Bereich Hersteller undModellbezeichnung suchen.

Red Hat bietet für sein Enterprise Linux ebenfalls einen ähnlichen Service an. Unter

https://access.redhat.com/ecosystem/ ist die aktuelle Hardwareunterstützungsliste (Cer-

tified Hardware) zu finden. Die gebotenen Suchmöglichkeiten sind ähnlich komfortabel

wie auf der oben genannten Hardwareseite von openSUSE.

Auch für die Ubuntu-Distribution sind entsprechende Informationen verfügbar – et-

wa unter http://wiki.ubuntuusers.de/Hardwaredatenbanken und für offiziell für Ubuntu

zertifizierte Hardware unter http://www.ubuntu.com/certification/.

Wenn diese Ressourcen immer noch unbefriedigende Ergebnisse liefern, hilft Ihnen auf

jeden Fall die Suchmaschine Ihrer Wahl weiter. Sicher hatte schon einmal irgendjemand

auf dieser Welt ein ähnliches Problem und hat sich darüber ausgelassen. Allerdings er-

fordert dieses Vorgehen durchaus Eigeninitiative – und wenn Ihnen das nicht passt,

schreiben Sie ruhig Ihrem Lieblingshardwarehersteller einen oder gern auch mehrere

Brandbriefe. Letztendlich liegt es nämlich nicht an den Leuten, die Linux aktiv weiter-

entwickeln, ob eine bestimmte Hardware unterstützt wird. In letzter Konsequenz ist

dafür immer noch der Hersteller verantwortlich.

2.2.2 X11 und Grafikkarten

Eine ganz spezielle Bemerkung bezüglich unterstützter Hardware sei hier denGrafikkar-

ten gewidmet. Wie in kaum einem anderen Segment der Hardwareentwicklung gilt hier

seit Jahren das Prinzip »höher, schneller, weiter«. Die neuesten Karten müssen ständig

noch höhere Auflösungen beim Arbeiten und eine noch bessere Performance bei 3-D-

Spielen liefern.

Wie schön, dass Linux es im Kontrast dazu erlaubt, ein System vollständig ohne Bild-

schirmausgabe in vollem Umfang zu nutzen – Linux selbst schert sich nämlich nur be-

grenzt um die Ausgabe. Sie kann natürlich wie gewohnt lokal auf einem an den Rechner

angeschlossenen Bildschirm oder auch auf einem Tausende Kilometer entfernten, über

das Internet mit diesem System verbundenen Rechner erfolgen.

Das impliziert natürlich, dass der Betriebssystemkern nur begrenzte Unterstützung für

Grafikkarten jenseits des guten alten Textmodus bietet, der den Veteranen unter den

37

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2 Installationsvorbereitung

Lesern sicher noch aus der MS-DOS-Zeit bekannt ist. Aus diesem Grund ist die grafische

Oberfläche, auf die wir im übernächsten Kapitel noch intensiv eingehen werden, vom

Kernel getrennt.

NVIDIA, Intel und AMD bieten Kerneltreiber an, damit Sie deren High-End-Karten auch

unter Linux voll ausnutzen können. Distributionen wie Ubuntu unterstützen solche

Treiber entweder »outof thebox«oder erlaubendie Einbindungnacheinpaar einfachen

Mausklicks.

Die unter Linux und einigen UNIX- und BSD-Derivaten verwendete grafische Oberflä-

che ist das X-Window-System. Es wird oft einfach nur mit X oder X11R7 (X-Window-Sys-

tem Version 11, Release 7) bezeichnet. Die Grafikkartentreiber dieser Oberfläche sind in

der X.Org-Software selbst enthalten, die natürlich standardmäßig bei jeder Distribution

mitgeliefert wird. Den aktuellen Status der Treiberentwicklung können Sie auf der Seite

x.org nachlesen.

Notieren Sie sich gegebenenfalls den Chipsatz Ihrer Grafikkarte, den Sie auf den Web-

seiten des Herstellers finden sollten. Einige Grafikkarten sind zwar nicht in der Konfigu-

rationsauswahl aufgelistet, beinhalten aber den gleichen Chip wie bereits unterstützte

Karten. Ist das der Fall, kann die Karte in den meisten Fällen trotzdem verwendet wer-

den. Wenn dies nicht erfolgreich ist, bleiben Ihnen immer noch Kompatibilitätsmodi

wie beispielsweise VESA. So wird zwar nicht das gesamte Potenzial der Karte ausgereizt,

aber das System ist zumindest benutzbar.

2.2.3 Linux auf Laptops

Sofern Sie Linux auf einem Laptop betreiben möchten, sei Ihnen die Webseite

www.linux-on-laptops.comwärmstens empfohlen. Die von Kenneth E. Harker gestaltete

Seite enthält eine Liste nachHerstellern sortierter Laptops. Zu jedemdort eingetragenen

Objekt gibt es eine Informationsseite, auf der eventuell zu ladende Kernelmodule und

die (nicht) unterstützte Hardware aufgelistet sind. Ebenfalls auf dieser Seite zu finden ist

das Linux-HOWTO für mobile Computer. Mit etwas Glück stößt man für das eine oder

andere Modell auch auf eine komplette Installationsanleitung. Beachten Sie zudem,

dass insbesondere USB-Dockingstations oftmals Problememit Linux bereiten können.

2.2.4 Andere Geräte

Im Internet gibt es zahlreiche Informationsquellen, die sichmit der Hardwareunterstüt-

zung vomAmateurradiogerätbis hin zumWebcamdreher beschäftigen.Wirmöchten an

dieser Stelle auch auf die Hersteller verweisen, die sich seit einigen Jahren immer mehr

38

2

2.3 Festplatten und Partitionen

in Richtung Treiberentwicklung unter Linux bewegen und Ihnen oftmals schon auf den

Webseiten der Produkte die entsprechenden Informationen geben. Andernfalls hilft nur

Nachfragen weiter.

An dieser Stelle Hardwarelisten zu publizieren, würde nicht nur den Umfang des Buches

sprengen, sondern auch unmöglich sein, da nahezu täglich neue Treiber veröffentlicht

werden, sodass unsere Liste wohl noch vor dem Druck schon wieder veraltet wäre.

Fazit: Mit der Hardwareunterstützung unter Linux sieht es bei Weitem nicht mehr so

schlecht aus wie noch vor einigen Jahren. Wenn Komponenten unterstützt werden, lau-

fen diese meist ohne zusätzliche Handgriffe. Falls nicht, müssen Sie sich als Linux-An-

wender allerdings intensiver mit dem Thema »Kompatibilität« auseinandersetzen, als

Sie dies unter anderen Betriebssystemen tunmüssten.

2.3 Festplatten und Partitionen

Da eventuell der eine oder andere Leser ein kleines Problem mit der Unterscheidung

zwischen Festplatte und Partition hat, wollen wir zuerst auf die kleinen, aber feinen

Unterschiede hinweisen.

Eine Festplatte ist zuerst einmal nur das physikalische Gerät, das irgendwo im Inneren

Ihres Computers mit dem Rest der Technik verkabelt ist. Um eine Festplatte nutzen zu

können, muss sie partitioniert werden, sprich: Die Platte wird in kleinere Teile (Parti-

tionen) aufgeteilt. Jede dieser Partitionen wird dann beispielsweise unter Windows als

eigenes Laufwerk behandelt.

Damit ein Betriebssystem auf den Partitionen Daten speichern kann, muss es natürlich

eine gewisse Ordnung einhalten, um die gespeicherten Informationen später auch wie-

derzufinden. Eine solche Ordnung wird durch ein Dateisystem realisiert. Indem Sie eine

Partition entsprechend formatieren, versehen Sie sie mit dem jeweiligen Dateisystem.

Nun ist es aber so, dass Computer meist schon vorinstalliert verkauft werden. Es gibt

dann oft genau eine Partition, die genauso groß ist wie die Festplatte. Das macht in

fast allen Fällen ein Umpartitionieren der Festplatte erforderlich, wenn Linux installiert

werden soll. Dazu aber später mehr.

2.3.1 Funktionsweise unter Linux

Erst einmal zurück zur generellenUnterstützung von Festplatten durch Linux:Diemeis-

ten modernen Festplatten laufen unter Linux völlig problemlos, nur beim Kauf von

Controllern (insbesondere RAID-Controllern) sollten Sie sich vorher erkundigen, welche

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Page 12: Einstieg in Linux – Linux verstehen und einsetzen...–Platon 1.1 WasistLinux? Das fängt ja gut an. Da will man ein Buch schreiben und weiß nicht einmal, wie man das Thema grob

2 Installationsvorbereitung

Hardware wie unterstützt wird. Auch hier hilft die Suchmaschine Ihrer Wahl, und auch

die Linux-Foren sind der richtige Ort für solche Fragen.

Um Ihre Festplatte richtig partitionieren zu können, müssen Sie zuerst verstehen, wie

Linux Ihre Festplatte(n) organisiert. DieseOrganisationwird sichgrundlegendvonallem

unterscheiden, was Sie bisher kennen – es sei denn, Sie hatten schon einmal mit einem

UNIX-ähnlichen Betriebssystem zu tun.

Das virtuelle Dateisystem

Linux ist es gleichgültig, wie viele Festplatten bzw. ob Sie überhaupt Festplatten haben

und wie diese partitioniert sind. Es ist Linux auch egal, ob Sie gerade Daten von einer

DVD oder von einem Verzeichnis eines anderen Rechners aus dem Internet lesen. Linux

organisiert seine Daten in einem großen »virtuellen Dateisystem«, demVFS (Virtual File

System).

Das VFS ist ein großer Verzeichnisbaum, in den alle vorhandenen Dateisysteme beim

Systemstart oder auch später zur Laufzeit eingebunden bzw. gemountet werden. Der

Begriff »mount« kommt aus dem Englischen und bedeutet eben das Einbinden eines

Dateisystems. Das Dateisystem – egal ob von einer Festplattenpartition, einer DVD oder

einem USB-Stick – wird während des Mountens unter ein bestimmtes Verzeichnis, den

sogenannten Mountpoint, gehängt. Nach dem Mounten ist das Dateisystem ganz nor-

mal unterhalb dieses Verzeichnisses zu erreichen.

Sofern Sie zuvor ein Dateisystem wie Microsofts NTFS oder das alte FAT32 in einer Win-

dowsumgebung gewohnt waren, wird es Ihnen vielleicht zu Anfang etwas schwerfallen,

die neue Verzeichnisorganisation zu verstehen. Jedoch legt sich dasmit der Zeit und bei

häufigerer Anwendung.

Unter Windows werden Laufwerke mit Buchstaben, etwa C oder D, bezeichnet, wobei

das Laufwerk C üblicherweise die Systempartition ist. Unter Linux sind alle Laufwerke

an Mountpoints (Einhängepunkten) im Root-Dateisystem, das mit »/« bezeichnet wird,

eingehängt. Der Pfad C:\Test\Datei.txt würde unter Linux daher /Test/Datei.txt heißen.

Würde die Datei hingegen auf einer in /media/cdrom gemounteten CD-ROM liegen, er-

gäbe sich der Pfad /media/cdrom/Test/Datei.txt – und nicht D:\Test\Datei.txt wie unter

Windows.

Festplatten, Partitionen und Devices

Eine Festplatte (wie auch jedes andere Gerät) wird unter Linux einemDevice zugeordnet.

Ein Device ist nichts anderes als eine Datei, die ein Gerät repräsentiert. Normale Fest-

platten werdenmit sdx bezeichnet, wobei x für einen Kleinbuchstaben beginnendmit a

(erste Festplatte), b (zweite Festplatte) etc. steht. Die einzelnen Partitionen werden über

40

2

2.3 Festplatten und Partitionen

Nummern angesprochen: sda1 (Platte 1, Partition 1), sdb2 (Platte 2, Partition 2). Hiermit

setzen wir uns aber noch genauer in Kapitel 13 auseinander.

Für die typische Partitionierung eines Desktopsystems gehen wir von einem Rechner

mit einer 500-GByte-Festplatte aus. Wie Sie sehen, ist die typische Aufteilung der Parti-

tionen recht einfach:

Partition Mountpoint Kapazität

sda1 / 80 GByte

sda2 Swap 2 GByte

sda7 /home restlicher Speicher (418 GByte)

Tabelle 2.1 Konfiguration eines Desktopsystemsmit einer 500-GByte-Festplatte

Sie können die Aufteilung sogar noch einfacher gestalten und eine riesige Partition »/«

erstellen, auf der sich das ganze System samt aller Nutzdaten befindet.

ImVerzeichnis /home sind inder Regel dieHeimatverzeichnisse der einzelnenBenutzer-

konten hinterlegt. Jeder Benutzer (in diesem Fall also auch Sie selbst) darf seine eigenen

Dateien persönlich an diesem Ort ablegen, daher die große Speichermenge in diesem

Verzeichnis.

Möchten Sie es sich allerdings ganz einfach machen und haben Sie – sagen wir mal –

mindestens 4 GByte RAM, könnten Sie auch auf die Swap-Partition verzichten. Außer-

dem könnten Sie das System auf einer einzigen Partition (/) installieren, auf der auch

die /home-Verzeichnisse liegen. Dies bringt Vorteile, aber auch Nachteile1 mit sich, und

außerdem können Sie sich ruhig der Herausforderung stellen, verschiedene Partitionen

undMountpoints anzulegen.

2.3.2 Die Partitionierung von Hand durchführen

Wenn Sie einmal eine Festplatte unter Linux partitionierenmöchten, weil Sie diese Fest-

platte nicht schon während der Linux-Installation partitioniert haben (alle modernen

Linux-Distributionen bieten Ihnen hierfür eine schöne Oberfläche), können Sie eine

Festplatte noch immer von Hand editieren.

1 Stellen Sie sich vor, Siemöchten eine andere Linux-Distribution ausprobieren, aber Ihre Benutzer-

dateien allesamt behalten. Dann ist es praktisch, wenn / und /home unterschiedliche Partitionen

sind – man braucht lediglich / zu formatieren und muss /home nach der Installation nur wieder

korrekt einhängen.

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2 Installationsvorbereitung

fdisk

Zur Partitionierung verwendet man entweder das Programm fdisk oder die komforta-

blere Variante cfdisk, die wir anschließend besprechen werden. Geben Sie einmal spa-

ßeshalber diesen Programmnamen ein und bestätigen Sie mit (¢). Das Ergebnis ist ein

Fehler – Sie haben keine Festplatte angegeben – sowie eine Anleitung zur Nutzung des

Programms. Keine Angst, noch ist nichts kaputt.

Einem Programm können – wie auch unter anderen Betriebssystemen wie MS-DOS –

Parameter undArgumentemit auf denWeg gegebenwerden. In diesemBuchverwenden

wir die beiden Begriffe der Einfachheit halber synonym. Im Fall von fdisk müssen wir

die zu partitionierende Festplatte in Form eines Dateinamens (in diesem Fall /dev/sda,

die erste Festplatte) übergeben:

# fdisk /dev/sda

Command (m for help):

Listing 2.1 Aufruf von fdisk

Es erscheint nun die Aufforderung zur Eingabe eines fdisk-Befehls, wobei dieser aus

einemeinzigenBuchstabenbesteht. Eine Liste der verfügbarenKommandos bekommen

Sie durch Eingabe von m.

Eine Partition löschen

Falls Ihre Festplatte bereits partitioniert ist (zum Beispiel mit einer Windows-Partition)

und diese gelöscht werden soll, um Speicher zu schaffen, sollten Sie den Buchstaben d

eingeben.

Anschließend wird Ihnen die Frage nach der zu löschenden Partitionsnummer gestellt.

Die Partitionsnummer der Zielpartition erhält man, indem man im Kommandomenü

print the partition table (p) auswählt und die Partitionsliste von oben abzählt.

Eine Partition erstellen

Eine neue Partition wird via n erstellt, wobei zunächst angegeben werden muss, ob es

sich um eine logische oder um eine primäre Partition handelt. Anschließend sind die

Größe und der Typ der Partition festzulegen. Beide Informationen sind weiter unten

beschrieben.

Der Partitionstyp

Der Partitionstyp wird durch eine ID bestimmt. Jede ID ist einem Dateisystem zugeord-

net und entweder direkt in der Eingabehilfe von fdisk für Partitionstypenoder inKapitel

6 dieses Buches zu finden. Die Eingabehilfe bekommen Sie, indem Sie sich die Liste der

möglichen IDs anzeigen lassen, was Sie mit dem l-Kommando bewerkstelligen. In der

42

2

2.3 Festplatten und Partitionen

Regel sollten eine Linux-Partition (ID 83h) sowie eine Swap-Partition (ID 82h) erstellt

werden.

Bootflag setzen

DasBootflagwird fürdie zubootendePartitiongesetzt.MöchtenSie vielleicht lieber eine

Windows-Partition booten? Dann setzen Sie mit a die aktive Partition auf die Nummer

jener Partition. Linux ist dieses Flag nämlich egal, da man es – wie Sie später sehen

werden – problemlos über einen Bootmanager booten kann.

Die Partitionstabelle betrachten

Wenn Sie p im Kommandomenü eingeben, erhalten Sie eine Liste der Partitionen Ihrer

Festplatte wie die in Listing 2.2:

Device Boot Start End Blocks Id System/dev/sda1 * 1 535 4044568+ 83 Linux native/dev/sda2 536 559 181440 82 Linux swap

Listing 2.2 Die Beispielpartitionstabelle

Die erste Spalte gibt die Gerätebezeichnungen für die Partitionen der Platte an. Die zwei-

te Spalte enthält das eventuell vorhandene Bootflag.

Da eine Festplatte in Zylinder aufgeteilt ist (diese hier verfügt über 559 Zylinder), werden

die Partitionen durch diese abgegrenzt. Start und End geben jeweils den Anfangs- und

Endzylinder einer Partition an.

Die Blocks-Spalte zeigt die Größe der Festplatte in Blockeinheiten, Id gibt den Partitions-

typ und System die Bezeichnung des Partitionstyps an.

Speichern der Konfiguration

Die Konfiguration wird mittels der Taste w in die Partitionstabelle geschrieben, und mit

qwird fdisk beendet.

2.3.3 Das Tool cfdisk

Ist Ihnen fdisk zu kryptisch? Kein Problem. Das Programm cfdisk bietet eine konsolen-

basierte grafische Oberfläche und ist mit den Cursortasten bedienbar – wobei (¼) und

(½) zur Auswahl der Partition und (æ) und (Æ) zur Auswahl der Menüoption dienen.

Die Bedienung ist selbsterklärend und einfacher als bei fdisk. Darüber hinaus wird die

Nutzung durch bestimmte Details vereinfacht. So wird zum Beispiel die Größe der Par-

titionen inMegabyte dargestellt.

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2 Installationsvorbereitung

Abbildung 2.1 cfdisk

2.3.4 Vorinstallierte Systeme

Was tun Sie, wenn schon ein anderes System installiert ist? Es kommt sehr oft vor, dass

Anwender Linux parallel zu einem anderen System auf einem Einzelrechner installieren

möchten. Das setzt voraus, dass Linux und das andere System auf getrennten Partitio-

nen installiert werden.

Linux muss dabei nicht auf der gleichen Festplatte installiert werden wie das andere

System – es kann auch auf einer zweiten Festplatte abgelegt werden.

Dochwoher soll der Computer wissen, welches Betriebssystem er wann booten soll? Um

diese Problematik zu lösen, muss man einen Bootmanager verwenden, der Sie auswäh-

len lässt, welches System gebootet werden soll. Linux-Distributionen bringen bereits

einen Bootloader mit, den Sie schon während der Installation konfigurieren können.

2.3.5 Windows und Linux

Falls bereits Windows auf Ihrem Rechner installiert ist und Linux trotzdem auf dersel-

ben Festplatte installiert werden soll wie das Windows-System, gibt es mindestens vier

Möglichkeiten:

44

2

2.4 Installationsmedien

E Sie löschen die Windows-Installation und partitionieren die Festplatte erneut. Dann

werden zunächst Windows und anschließend Linux mit einem Bootmanager (etwa

GRUB) auf der Platte installiert.

E Mit einigen Programmen lassen sichWindows-Partitionen verkleinern. Sowird Platz

für eine zweite Partition geschaffen, auf der sich dann Linux installieren lässt.

E Bei einigen Windows-Versionen lassen sich übrigens die Partitionen direkt von der

Systemsteuerung aus verkleinern. Den freien Platz können Sie dann während der

Linux-Installation wieder füllen, indem Sie neue Partitionen anlegen.

E Sie entscheiden sich letztendlich gegen die Installation auf derselben Festplatte und

besorgen sich eine Zusatzplatte, auf der Linux gespeichert werden kann.

2.3.6 Erstellen eines Backups

Wenn Sie eine Festplatte neu partitionieren, sollten Sie vorher immer ein Backup aller

wichtigenDatenmachen.Wennalles gut geht, erzielenSie zwardas gewünschte Ergebnis

auch so, aber sicher ist sicher.

Ist die Festplatte schon partitioniert und damit eine Linux-Partition vorhanden, könnte

trotzdem etwas bei der Installation schiefgehen. Es soll schon oft vorgekommen sein,

dass bei der Auswahl für das Ziel der Installation die falsche Platte angegeben wurde.

Daher gilt auch in diesem Fall: Sichern Sie zumindest die wichtigsten Daten.

2.4 Installationsmedien

Linux können Sie je nach Distribution auf verschiedenen Wegen installieren. Hierzu

zählt zum Beispiel die Installation von CD oder DVD, aber auch die Installation über

das Netzwerk. So kann je nach verwendeter Distribution beispielsweise eine Installation

über FTP oder über das Network Filesystem (NFS) vorgenommen werden.

Ebenfalls im Bereich des Möglichen ist die Installation von einer anderen Festplatte,

einem USB-Stick oder teilweise sogar von einer Diskette2.

Wie Sie von dermitgelieferten Buch-DVD installieren, verrät Ihnen das nächste Kapitel.

2 Diese Möglichkeit war früher verbreitet, wobei allerdings Dutzende Disketten benötigt wurden,

um eine Distribution vollständig zu installieren. Heutzutage finden Sie nur noch bei sehr exoti-

schen Distributionen, etwa Monkey-Linux, eine Diskettenversion vor.

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2 Installationsvorbereitung

2.5 Zusammenfassung

Bei der Neuanschaffung eines Computers sollten Sie darauf achten, Hardwarekompo-

nenten auszuwählen, die von Linux unterstützt werden. Bei einer Testinstallation auf

einem bestehenden Rechner ist dies nicht so notwendig, da meistens alle wichtigen

Komponenten unterstützt werden.

Weiterhin ist es wichtig, sich zu überlegen, ob und wie Sie Linux installieren möchten.

Insbesondere müssen Sie hierbei entscheiden, auf welche Festplatte oder Partition ein

Linux-Systemplatziert werden soll. Sind bereits andere Betriebssysteme (etwaWindows)

auf einem Rechner vorhanden, hilft oftmals nur der Kauf einer zweiten Festplatte oder

eine Neuinstallation desWindows-Systemsmit einer Partitionierung, die auch eine Par-

tition für Linux bereitstellt.

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3

Kapitel 3

Linux-Installation

»Falls Sie weder ein Systemmit einem bootfähigen CD-ROM-Laufwerk

noch die Möglichkeit haben, von einer anderen Festplatte aus zu installieren,

werden Sie ziemlich sicher Bootdisketten verwendenwollen.«

– Die Autoren des vorliegenden Buches in der ersten Auflage (2004)

Dieses Kapitel beschäftigt sich mit der eigentlichen Linux-Installation, genauer gesagt

mit der Konfiguration der Festplatten, der Installation der Software und der Konfigurati-

on des Bootloaders unter verschiedenen Distributionen. Wir orientieren uns in diesem

Kapitel an den Distributionen, die auf der Buch-DVD enthalten sind: Ubuntu 16.04 LTS,

openSUSE 42.1 Leap und Fedora 23.

Der normaleWeg, Linux zu installieren, beginnt damit, eine CD oder DVD der jeweiligen

Distribution (bzw. die Buch-DVD) in denRechner zu legenundvondieser zubooten. (Das

heißt: Lassen Sie die CD/DVD im Laufwerk und starten Sie den Computer neu, sodass er

beim Hochfahren nicht das eigentlich installierte Betriebssystem startet, sondern ein

Startprogramm zur Installation von der CD/DVD lädt.)

Wenn die Installations-CD/-DVD nicht startet

Funktioniert das Booten von CD/DVD nicht, müssen Sie die Bootreihenfolge in Ihrem

BIOS anpassen. Das BIOS ist das Programm, das direkt nach dem Start des Computers

ausgeführt wird. Sie gelangen meist über Tasten wie (F2), (Esc) oder (Entf) in Ihr BIOS.

Wie die Bootreihenfolge der Laufwerke in speziell Ihrem BIOS umgestellt wird, erfahren

Sie in der Bedienungsanleitung Ihres Computers bzw. Mainboards. Mit etwas Ausdauer

und Kenntnis der englischen Sprache dürfte es Ihnen aber auch ohne Hilfe gelingen.

Die Veränderung der BIOS-Einstellung lässt sich jederzeit rückgängig machen. Zudem

wird Ihr installiertes Betriebssystem automatisch gestartet, wenn keine bootbare DVD

im Laufwerk liegt.

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3 Linux-Installation

Was für einen Computer benötige ich, damit Linux läuft?

Für eine aktuelle Linux-Arbeitsumgebung mit Unity-, GNOME- oder KDE-Desktop soll-

ten Siemindestens einenComputermit 2GByte RAMund 15GByte Platz für eine Festplat-

tenpartition haben. Ein alter Prozessor mit 2 GHz sollte für das Allernötigste genügen.

Wir empfehlen Ihnen aus Erfahrung mindestens 4 GByte RAM, eine 80 GByte große

Festplatte sowie einen Multicore-Prozessor. Ansonsten macht das Arbeiten mit Linux

nur begrenzt Spaß.Wie bei jedem anderenmodernen Betriebssystem gilt also auch hier:

Je mehr Rechenleistung und Speicherplatz vorhanden sind, desto besser.

Beginnen werden wir in diesem Kapitel mit der Installation von Ubuntu, gefolgt von

openSUSE und Fedora. Da die Installation von Ubuntu am ausführlichsten beschrie-

ben ist (schließlich erklären wir hier viele erstmals auftauchende Fragen), sollten Sie

zunächst diesen Abschnitt studieren.

3.1 Installation von Ubuntu 16.04 LTS

Legen Sie die Buch-DVD in Ihr Laufwerk und geben Sie nachdemStart denBefehl »ubun-

tu« ein, umUbuntu auszuprobieren. NachdemStart der DVD können Sie entweder nach

Belieben mit dem von der DVD gestarteten Ubuntu-System spielen und seine Funktio-

nen ausprobieren oder die Installation starten. Wählen Sie als Menüsprache beim Start

Deutsch (German) und anschließend Ubuntu installieren.

Nach demStart des Installationsprogramms erscheint erneut einMenü zur Auswahl der

Installationssprache. Im Folgenden gehen wir davon aus, dass Sie als Installationsspra-

che Deutsch angeklickt haben. Die Ubuntu-Installation überprüft nun, ob Ihr Rechner

die notwendigen Mindestanforderungen (Festplattenspeicher etc.) für Ubuntu bereit-

stellen kann. Im Normalfall müssen Sie an dieser Stelle aufWeiter klicken. Wir empfeh-

len Ihnen zudem, die Häkchen bei Herunterladen der Aktualisierungen (falls der

Rechner mit dem Internet verbunden ist) und Installation von Drittanbieter-Soft-

ware für Grafik- undWLAN-Geräte, Flash, MP3 und andere Medien zu setzen.

3.1.1 Partitionierung der Festplatte

Das Partitionierungsprogramm teilt Ihnenmit, ob bereits ein Betriebssystem auf Ihrem

Rechner installiert ist. Ist dies der Fall, müssen Sie, wie in Kapitel 2 besprochen, die Ent-

scheidung treffen, ob Sie an einer Stelle der Festplatte (oder auf einer zweiten Festplatte)

Ihr zukünftiges Linux-System installieren möchten oder nicht. Alternativ können Sie

auch, um Platz für Ubuntu zu schaffen, das bestehende System mit all seinen Daten lö-

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3

3.1 Installation von Ubuntu 16.04 LTS

schen, was sich allerdings nicht rückgängig machen lässt. Wir gehen im Folgenden von

einer Installation ohne vorhandenes Betriebssystem aus.

Computereinsteigern empfehlen wir, die gesamte Platte für die Installation zu verwen-

den (Menüpunkt Festplatte löschen und Ubuntu installieren). Das Setup-Pro-

gramm wird für Sie automatisch Dateisystemtypen auswählen und ihre Partitionen

formatieren, es stellt keine komplizierten Fragen. Der Nachteil dieser Methode ist die

geringe Einflussmöglichkeit auf Partitionsgrößen (etwa auf die Größe der Auslage-

rungspartition) und, dass alle bisher vorhandenen Daten auf der Festplatte gelöscht

werden. Um die Sicherheit Ihres Ubuntu-Systems zu steigern, empfiehlt es sich, die

Verschlüsselung der Installation zu aktivieren.

Wenn Sie sich sicher sind, dass keine Daten überschrieben werden, klicken Sie auf Jetzt

installieren.

3.1.2 Zeitzone und Tastaturlayout festlegen

Während der Installation der Pakete können Sie die Zeitzone auswählen, in der sich

Ihr Computer standardmäßig befindet. Im Normalfall wird Berlin ausgewählt sein. Im

nächsten Schritt muss die Tastaturbelegung festgelegt werden. Wählen Sie in der linken

TabelleDeutsch und in der rechten ebenfalls Deutsch aus.

3.1.3 Anlegen eines Benutzers

Der folgende Schritt hat das Anlegen eines Benutzers zum Ziel (siehe Abbildung 3.1). Der

Name Ihres Rechners ist für denAnfang nicht so sehr vonBedeutung, und daher können

Sie ruhig den vom Setup vorgeschlagenen Rechnernamen verwenden. Aus Sicherheits-

gründen empfiehlt es sich, kein automatisches Login zu verwenden. Wenn Sie keinen

allzu langsamen Computer besitzen, sollten Sie auch Ihr Heimverzeichnis verschlüsseln

lassen (letzter Auswahlpunkt).

MerkenSie sich auf jedenFall dengewähltenBenutzernamenunddas gewähltePasswort.

Ohne diese können Sie nach der Installation nur über technische Tricks wieder Zugriff

auf Ihr System erlangen!

3.1.4 Systeminstallation

Das Setup-Programminstalliert nun das Basissystemmit grafischerOberflächeund eine

Arbeitsumgebung mit Officeumgebung, E-Mail-Programm, Webbrowser und Co. und

zeigt – besonders für Einsteiger – wichtige und interessante Informationen über Ihr zu-

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3 Linux-Installation

künftiges Linux-System an. Sollten Sie über eine aktive Internetverbindung verfügen,

wird Ihr Linux-System nochmit aktuellen Paketdaten und erweiterter Sprachunterstüt-

zung versorgt, was bei einer langsamen Internetverbindung eine Weile dauern kann.

Abbildung 3.1 Ubuntu-Installation: Anlegen eines Benutzers

3.1.5 Fertigstellung

Nach der Installation müssen Sie Ihren Computer nur noch neu starten. Entfernen Sie

nun kurz nach dem Systemstart die Ubuntu-CD/-DVD wieder aus Ihrem Laufwerk, um

die Installation nicht erneut zu starten.

Ihr Computer startet nun Ubuntu-Linux. Loggen Sie sich mit dem bei der Installation

vergebenen Benutzernamen und dem entsprechenden Passwort ein, und haben Sie viel

Freudemit Ihrem neuen Linux-Rechner. Herzlichen Glückwunsch!

3.2 Installation von openSUSE 42.1 Leap

Wie bei Ubuntu gestaltet sich auch die Installation von openSUSE sehr einfach. Geben

Sie den Befehl »opensuse« im Menü der Multiboot-DVD ein und wählen Sie dann den

Menüpunkt Installation, nachdem das Startmenü geladen wurde.

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3

3.2 Installation von openSUSE 42.1 Leap

3.2.1 Erste Schritte

Nachdemdie Installations-CD gebootet hat, wird zunächst die Sprache (Language) aus-

gewählt, bei der Sie German – Deutsch wählen sollten. Auch das Tastaturlayout sollte

aufDeutsch geändert werden. Klicken Sie zum Fortfahren aufWeiter.

Im nächsten Schritt sind die Installationsoptionen zu wählen. Wenn Ihr Rechner mit

dem Internet verbunden ist, sollten Sie Vor Installation Online-Repositories hin-

zufügen anklicken. Die Zusatzprodukte aus separatenMedienwerden bei einer ers-

ten Installation sicherlich nicht vorliegen und müssen daher nicht ausgewählt werden.

Klicken Sie anschließend aufWeiter.

3.2.2 Partitionierung

Je nachdem, wie gut Sie sich mit der Partitionierung von Festplatten auskennen, kann

diese entweder manuell oder automatisch vorgenommen werden. openSUSE schlägt

Ihnen zunächst automatisch eine Partitionierungsmöglichkeit vor, die Sie entweder

akzeptieren oder abwandeln können. Das Setup-Programm wählt für Sie außerdem

ganz automatisch den Typ des Dateisystems und die Größe der Auslagerungspartiti-

on (Swap-Partition). Sie können auch einen ganz eigenen Partitionsaufbau definieren,

etwa um openSUSE auf einer zweiten Festplatte zu installieren und ein bestehendes

Windows-System nicht zu löschen. Sofern openSUSE das einzige Betriebssystem auf Ih-

rem Rechner sein soll und die bisherigen Daten der Festplatte überschrieben werden

können, klicken Sie einfach aufWeiter.

3.2.3 Uhr und Zeitzone

Es folgt die Auswahl Ihrer Zeitzone, die allerWahrscheinlichkeit nach Europa/Deutsch-

land ist. Sollte das angezeigte Datum oder die angezeigte Uhrzeit nicht stimmen, kön-

nen Sie das jetzt ändern.

3.2.4 Repository-Auswahl

Im nächsten Schritt müssen Sie festlegen, welche Quellen für Softwarepakete verwen-

det werden sollen (sogenannte Repositories). Relevant sind für Einsteiger nur die ersten

vier Repositories:Haupt-Repository (NON-OSS),Hauptaktualisierungs-Repository,

Haupt-Repository (OSS) und Aktualisierungs-Repository (NON-OSS). Ein Klick auf

das jeweilige Repository zeigt Ihnenweiter unten im Fenster eine kurze Beschreibung an

(allerdings in Englisch). Die Abkürzungen OSS und NON-OSS stehen dafür, dass es sich

um quelloffene Software (Open Source Software) bzw. proprietäre Software handelt. Im

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3 Linux-Installation

Anschluss sollten Sie sich die eingeblendeten Lizenzvereinbarungen durchlesen und im

Fall Ihrer Zustimmung bestätigen.

3.2.5 Auswahl des Desktops

openSUSE lässt Ihnen anschließend die Wahl zwischen verschiedenen Desktopumge-

bungen. Die populärsten Umgebungen sind GNOME und KDE. Wir empfehlen Ihnen,

einen dieser beiden Desktops zu wählen, da sie optimal in openSUSE integriert sind. Im

nächsten Kapitel besprechen wir beide Umgebungen.

3.2.6 Anlegen eines Benutzers

Beim Anlegen eines Benutzers sind schlicht die vorgegebenen Felder auszufüllen. Es

empfiehlt sich, das gewählte Passwort auch für den Administratoraccount zu verwen-

den, um leicht administrative Aufgaben durchführen zu können. Auch das Empfangen

von Systemmails ist sinnvoll. Eine automatische Anmeldung am Linux-Rechner ist hin-

gegen aus Sicherheitsgründen zu vermeiden. Die Standardmethode zur Passwortspei-

cherung über eine passwd-Datei und der Standardalgorithmus (SHA-512) sind unter den

gebotenen Optionen die richtige Wahl.

Abbildung 3.2 openSUSE-Installation: Anlegen eines Benutzers

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3

3.3 Installation von Fedora 23.0 (Live-Install)

3.2.7 Systeminstallation

Im nächsten Schritt werden alle von Ihnen gewünschten Änderungen und Konfigura-

tionen nochmals angezeigt. Nach einer Bestätigung beginnt die eigentliche Installation

von openSUSE. Dabei wird Ihre Festplatte formatiert. Danach wird das openSUSE-Basis-

system auf Ihren Rechner kopiert.

3.2.8 Fertigstellung

Nach Abschluss der Systeminstallation müssen Sie Ihren Rechner nur noch neu starten.

Entfernen Sie nach dem Herunterfahren die openSUSE-DVD aus dem Laufwerk. Was im

Anschluss folgt, ist der automatische Konfigurationsprozess von openSUSE. Danach ist

Ihr neues Linux-System betriebsbereit.

3.3 Installation von Fedora 23.0 (Live-Install)

Legen Sie die Multiboot-DVD in Ihr Laufwerk und starten Sie den Computer neu, um

das Installationssystem zu booten. Geben Sie den Befehl »fedora« ein, drücken Sie beim

folgenden Bildschirm die (Ð)-Taste und wählen Sie dann denMenüpunkt Install to

Hard Drive aus.

3.3.1 Erste Schritte

Wählen Sie zunächst die Tastaturbelegung (Deutsch/German) aus. Anschließend kön-

nen Sie optionale Einstellungen anDatumundUhrzeit (die Zeitzone ist Europe/Berlin)

sowie an der Tastatur (Deutsch (ohne Akzenttasten)) vornehmen. Im Regelfall wer-

den diese Einstellungen über eine bestehende Netzwerkverbindung erkannt. Das gilt

auch für den Menüpunkt Netzwerk-Konfiguration, der im LAN-Betrieb automatisch

erkannt werden kann. Sie können diese Einstellungen nach Bedarf anpassen.

Klicken Sie anschließend auf den Menüpunkt Installationsziel. In diesem Schritt

muss die Festplatte ausgewählt werden, auf der Ihr Fedora-System installiert werden

soll. Klicken Sie auf die gewünschte Festplatte (es muss ein kleines Häkchen bei der

Festplatte erscheinen). Optional könnten Sie zur Erhöhung der Sicherheit ein Häkchen

beiMeine Daten verschlüsseln setzen. Anschließend klicken Sie auf Fertig.

Nun können Sie Details zur Partitionierung festlegen. Gegebenenfalls müssen Sie Spei-

cher auf der Festplatte freigeben (klicken Sie in diesem Fall auf Speicherplatz fest-

legen). Im Folgeschritt können Sie gemäß Kapitel 2 vorgehen und im einfachsten Fall

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3 Linux-Installation

Alles löschen und anschließend Speicherplatz freigeben anklicken, womit die ge-

samte Festplatte für Fedora verwendet wird. Klicken Sie nun auf Installation starten.

3.3.2 Abschließen der Installation

ImnächstenSchrittmuss einAdministratorpasswort vergebenwerden (Root-Passwort

anklicken, zweimal Passwort eingeben, auf Fertig klicken). Danach benötigen Sie noch

den Benutzer, mit dem Sie auf Ihrem neuen System arbeiten möchten. Klicken Sie hier-

zu auf Benutzer einrichten. Die erweiterten Einstellungen sind fürs Erste nicht von

Bedeutung. Klicken Sie anschließend wieder auf Fertig.

Jetzt müssen Sie nur noch auf die Fertigstellung des Kopiervorgangs warten, den Sie

unten im Bild angezeigt bekommen. Anschließend startet Ihr System neu (wenn nicht,

klicken Sie auf den Fertig-Button rechts unten).

3.4 Linux starten

Nach der Installation sollte Ihr Linux-System automatisch beim Hochfahren des Rech-

ners starten. Falls Sie mehrere Betriebssysteme installiert haben, müssen Sie das Li-

nux-System noch in dem Bootmanager auswählen, der nach der BIOS-Initialisierung

angezeigt wird. Loggen Sie sich, falls Sie keinen automatischen Login bei der Installati-

on konfiguriert haben (was bei einigen Distributionen möglich ist), mit dem gewählten

Benutzernamen und dem entsprechenden Passwort ein. Es erscheint daraufhin die gra-

fische Oberfläche. Wie diese grafische Oberfläche aufgebaut ist, wie sie funktioniert und

welche verschiedenen Desktopoberflächen es gibt, erfahren Sie im nächsten Kapitel.

3.5 Zusammenfassung

Wie Sie vielleicht gemerkt haben, unterscheiden sich die vorgestellten Distributionen

nur unwesentlich, was den Ablauf der Installation angeht. Dies liegt daran, dass wir für

Sie besonders einsteigerfreundliche Distributionen gewählt haben, die keine umfassen-

den technischen Kenntnisse verlangen. Trauen Sie sich ruhig, die verschiedenen Dis-

tributionen auszuprobieren. Dieses Ausprobieren sollte natürlich nicht mit der Instal-

lation enden – Sie können ruhig einmal etwas mit dem System spielen. Bei geeigneter

Partitionierung (zum Beispiel wenn /home auf einer eigenen Partition liegt) können Sie

durchaus, ohne Daten oder eigene Konfigurationen zu verlieren, mal eine neue Distri-

bution testen.

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4

Kapitel 4

Der Linux-Desktop

»Wissen bedeutet, durch die Oberfläche zu denWurzeln

und damit zu den Ursachen vorzudringen.«

– Erich Fromm

In diesemKapitelwerdenwir unsmit demDesktopunter Linuxbeschäftigen. Gerüchten

zufolge ist Linux zwar als Serverbetriebssystem tauglich bis unschlagbar, als Desktop je-

doch noch nicht unbedingt »ausgereift« genug. Dass das definitiv nicht stimmt, werden

wir Ihnen im Folgenden zeigen.

4.1 X11 – die grafische Oberfläche

Das X-Window-System Version 11 ist der zentrale Bestandteil des Desktops unter Linux.

In puncto Ausgereiftheit ist X11 (oder kurz, »X«) über jeden Zweifel erhaben, wie auch ein

Blick in seine Geschichte zeigt.

4.1.1 Geschichte von X11

Das Massachusetts Institute of Technology (MIT) entwickelte Mitte der 80er-Jahre das

X-Window-System. Aus der Idee, eine netzwerktransparente grafische Oberfläche zu er-

stellen, wurde 1986 schließlich der Standard X10R4 (X-Window-System Version 10, Re-

lease 4).

Das vomMIT ins Leben gerufeneXConsortium befasste sich in den darauffolgenden Jah-

ren mit der Weiterentwicklung des Systems. So wurden ab September 1987, beginnend

mit X11R1 bis zu X11R5 (1991), im Jahresrhythmus jeweils neue Versionen veröffentlicht.

1992 entschlossman sich zur Gründung derXConsortium, Inc.Das Konsortiumwar eine

Non-Profit-Organisation mit dem Ziel, die Weiterentwicklung des X-Window-Systems

voranzutreiben. Aus ihren Entwicklungen entstand die Version X11R6, die zum Teil noch

bis heute Verwendung findet. Am 31. Dezember 1996 übertrug das X Consortium die

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4 Der Linux-Desktop

Rechte an X an die Open Software Foundation, und 2005 wurde schließlich die Version

X11R7 veröffentlicht, die nach wie vor weiterentwickelt wird.

Aus der Open Software Foundation ging das XFree86-Projekt hervor. Dort wurde zwar

vor allem an der Entwicklung eines X-Window-Systems auf Intel-Plattformen gearbeitet,

doch aufgrund seines modularen Designs ist X11 mittlerweile in sehr vielen Umgebun-

gen verfügbar, sogar unter Mac OS X.

Doch auch inderOpen-Source-Welt gibt esmanchmal Stress, und sowurde am22. Januar

2004 wegen Differenzen um eine Lizenzänderung beim XFree-Projekt das X.org-Projekt

gegründet, das sich seitdemmit der Weiterentwicklung des X11-Codes befasst.

Die herausragende Eigenschaft des X11-Standards ist sicherlich dieNetzwerktransparenz,

die es bei Windows und auch anderen Systemen zumindest »out of the box« so über

lange Zeit nicht gab. Sie können unter X11 nämlich ein grafisches Programm auf einem

Rechner starten, das Fenster aber auf einem anderen Rechner im Netzwerk sehen und

damit arbeiten.

4.1.2 Funktionsweise

DieseNetzwerktransparenz wird dadurch erreicht, dass dasX-Protokoll den hardwareab-

hängigen Teil vom hardwareunabhängigen trennt (siehe Abbildung 4.1).

hardwareunabhängig

hardwareabhängig

X Client

Toolkit

X Lib

X Server

Grafikkarte

Abbildung 4.1 Das X-Window-System

Die Anwendung selbst ist der XClient, der eventuell über den Umweg eines Toolkits auf

die XLib zugreift. Mithilfe dieser Bibliothek kann dann der XClient über das asynchrone

X-Protokoll mit dem XServer kommunizieren. Erst der XServer »zeichnet« das Fenster

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4

4.1 X11 – die grafische Oberfläche

und kümmert sich um die Behandlung von Eingaben von Maus oder Tastatur. Die Ein-

gaben werden dann zur Verarbeitung zum Client geschickt.

Dieses Design hat natürlichmehrere Vorteile:

E Alle Anwendungen sind automatisch netzwerktransparent, ohne dass Benutzer oder

Entwickler etwas beachtenmüssen.

E XServer sind sehr portabel (es gibt z.B. auch XServer für Mac OS X). Für unterschied-

liche Hardware kann es jeweils verschiedene XServer geben, was die dezentrale Ent-

wicklung in der Open-Source-Community unterstützt.1

E XClients sind sehr portabel.

E Wegen des asynchronen Protokolls ist die Performance gut.

Aufgrund dieses durchdachten Designs bringt X11 bereits die wesentlichen Features

einesTerminalserversmit.DieAnwendungenkönnten zentral installiert, ausgeführt und

auch gewartet werden, während die Darstellung beim Anwender lokal auf dem Arbeits-

platz bzw. demX-Terminal2 erfolgt.

In Kapitel 9, »Die Shell«, finden Sie ein Beispiel, wie Siemithilfe der Umgebungsvariable

DISPLAY die Ausgabe eines XClients auf einen XServer umleiten können, der auf einem

anderen Rechner läuft.

4.1.3 X.org

Beim X-Window-System handelt es sich also in erster Linie um ein Protokoll, das zurzeit

in der Version 11, Release 7.x, vorliegt. Daher sagt man oft auch X11R7 oder einfach nur

X11. Nun braucht man natürlich noch eine möglichst freie Software, die dieses Protokoll

implementiert.

Dieser Aufgabe hat sich das X.org-Projekt angenommen. Im X11-Code werden also zum

Beispiel dieGrafiktreiber realisiert. Schließlichwärendiese imLinux-Kernel fehl amPlat-

ze, da er sich überhaupt nicht um die Darstellung von was auch immer kümmert. Auch

wenn spezielle Firmenwie AMD eigene Kernelmodule für beschleunigte 3-D-Leistungen

bereitstellen, wird diese Schnittstelle nur gebraucht, damit dann die Grafiktreiber für X11

auch auf die erweiterten Befehle des Grafikchips zugreifen können.

1 Es kann auchmehrere unterschiedliche XServer für dieselbe Hardware geben – beispielsweise

wenn der Hersteller nur einen Closed-Source-Treiber veröffentlicht und die Community parallel

einen eigenen Treiber entwickelt.

2 Ein X-Terminal ist ein Rechner, auf dem nur ein XServer läuft, um entsprechend entfernte XClients

darzustellen.

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4 Der Linux-Desktop

4.1.4 Window-Manager

Im letzten Abschnitt haben wir uns ausführlich mit den Grundlagen von X11 sowie den

XClients und XServern befasst. Der XServer ist für die lokale Hardwareverwaltung sowie

für die Darstellung zuständig. Grafische Anwendungen, die XClients, sind unabhängig

vom XServer und der Darstellung selbst.

In diesemmodularen Konzept fehlt noch ein wichtiger Baustein – derWindow-Manager.

Ein Window-Manager tut genau das, was der Name sagt: Er verwaltet »Fenster«. Der

Inhalt eines Fensters ist die Darstellung eines XClients, aber alles rund um den Rahmen

eines Fensters verwaltet der Window-Manager (siehe Abbildung 4.2).

Abbildung 4.2 Darstellung eines XClients in einemWindow-Manager

Window-Manager sind nach den austauschbaren XServern ein weiteres Beispiel für Mo-

dularität. Es gibt viele verschiedene Window-Manager, denn eine gute Lösung muss

nicht unbedingt immer für jeden die beste Lösung sein.

Aufgaben

Mit dem Window-Manager wird das Verhalten des Fensters und dessen Position von

der Anwendung abstrahiert. Genau genommen übernimmt einWindow-Manager unter

anderem folgende Aufgaben:

E Eingabefokus

DerWindow-Manager verwaltet den Eingabefokus so, dass beispielsweise nur das im

Moment aktive Fenster die Tastatureingaben bekommt. Zudem wird sichergestellt,

dass der Benutzer irgendwie (meistens mit der Maus) zwischen den Fenstern wech-

seln kann.

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4

4.1 X11 – die grafische Oberfläche

E Fensterrahmen

Der Window-Manager zeichnet darüber hinaus Rahmen um die Fenster.

E Verwaltung der Eingabeevents

Der Window-Manager verwaltet natürlich nicht nur den Eingabefokus, er kümmert

sich auch allgemein um Eingaben von Maus und Tastatur. Manche Eingaben sind ja

auch für ihn selbst gedacht, beispielsweise wenn ein Benutzer ein Fenster schließen

möchte und dazu die entsprechende Aktion ausführt.

E Verwaltung der Fenster an sich

Natürlich muss der Benutzer die Fenster auch bewegen und zwischen ihnen wech-

seln können.

Nun gibt es natürlich Unterschiede, wennman sich die einzelnen Window-Manager an-

schaut, zwischendenen Sie unter Linuxwählen können. Vielleicht ist Ihnen schonaufge-

fallen, dass die Fenster auf den Screenshots in diesem Buch manchmal unterschiedlich

aussehen – sie haben einen anderen Rahmen, andere Buttons und natürlich andere Far-

ben.

Konzepte

Zum komfortablen Arbeiten brauchen Sie etwas mehr. Viele Fenster werden zum Bei-

spiel schnell etwas unübersichtlich. Für dieses Problem gibt es mehrere Ansätze:

E Iconify

Man kann, wie allseits bekannt, Fenster minimieren und dann als kleinen Button

in irgendeiner Taskleiste sehen, bis man sie das nächste Mal braucht. Dann kann

man meist mit einem Klick auf den entsprechenden Button das Fenster wieder ver-

größern. Da so etwas im weitesten Sinne mit dem Verwalten von Fenstern zu tun

hat, kümmert sich natürlich der Window-Manager auch um diese Aufgaben. Das

Minimieren an sich kann dann von Window-Manager zu Window-Manager anders

realisiert sein.

E Virtuelle Desktops

Virtuelle Desktops sind eineMöglichkeit, Ihren Bildschirmumein paar logische Bild-

schirme zu erweitern. Sie können dann Ihre Fenster über diese virtuellen Desktops

verteilen und meistens über einen sogenannten Pager mit Miniaturansichten der

Desktops darauf zugreifen. Auch diese Funktionalität ist vom Window-Manager ab-

hängig.

E Workspace

Workspaces sind im Prinzip dasselbe wie virtuelle Desktops, allerdings mit dem Un-

terschied, dass man versucht, die Fenster thematisch zu gruppieren. Man kann dann

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4 Der Linux-Desktop

also beispielsweise einen Arbeitsbereich für die Textverarbeitung, einen für die E-

Mail-Kommunikation sowie einen weiteren für das Arbeiten mit der Shell nutzen.

E Taskleiste

In einer Taskleiste werden alle offenen Fenster einer X-Session bzw. eines Workspace

angezeigt, sodass man trotz zum Beispiel überlappender Fenster schnell auf alles

zugreifen kann.

E Startleiste

Eine Startleiste ist kein Feature, um vorhandene Fenster zu verwalten, sondern viel

eher dazu da, komfortabel neue Programme starten zu können.Meistens findetman

in einer Startleiste daher Icons für bestimmte Programme oder auch sogenannte

Startmenüs, die wiederum eine Vielzahl verschiedener Programme enthalten.

Des Weiteren finden Sie oft vielfältige Hybriden zwischen Task- und Startleisten, also

Leisten, die beide Funktionalitäten verbinden wollen.

Window-Manager unterscheiden sich demnach nicht nur in Äußerlichkeiten, sondern

auch im Funktionsumfang. Man unterscheidet dabei grob zwischen zwei Klassen: den

klassischenWindow-Managern und den umfangreichen Desktopsystemen.

Klassische Window-Manager zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie sich relativ

ressourcensparend verhalten. Allerdings beschränken sie sich dafür auf das Nötigste,

und das Arbeiten mit ihnen ist daher oft eher gewöhnungsbedürftig.

fvwm, fvwm2

Die Window-Manager der fwvm-Familie werden über die Datei .fvwmrc bzw. .fvwm2rc im

Homeverzeichnis eines jeden Benutzers konfiguriert. Dort kann man Farben und vor

allem eine Art Startmenü definieren.

Dieses Startmenü öffnet sich meistens beim Klick mit der rechten (manchmal auch der

linken) Maustaste und ersetzt damit das bekannte Prinzip einer Startleiste.

twm

Der twm ist eine Art »eingebauter« Standard-Window-Manager für X.org, da er mit die-

sem Projekt eng verknüpft ist. Entsprechend einfach ist seine Bedienung und entspre-

chend eingeschränkt sein Funktionsumfang. Er wird normalerweise gestartet, wenn

man für einen Benutzer keinen anderenWindow-Manager definiert hat.

WindowMaker

Ganz anders derWindowMaker (siehe Abbildung 4.3). DieserWindow-Manager zeichnet

sich durch gute Performance, gepaart mit hübschen grafischen Eigenheiten aus. Auch

60

4

4.1 X11 – die grafische Oberfläche

ist die Bedienung stark an NeXTStep angelegt, was ihm ein typisches UNIX-Feeling und

damit einen gewissen Freakfaktor verschafft.

Abbildung 4.3 WindowMaker

Interessant sind vor allem die sogenannten Themes. Für den WindowMaker gibt es (wie

für viele andere Fenstermanager auch) sehr, sehr viele Themes, die alle einen Farb- bzw.

Musterkanon mit einem mehr oder weniger hübschen Hintergrundbild kombinieren.

So kommenMatrixfans mit dem »Matrix«-Theme genauso voll auf ihre Kosten wie ver-

träumte Romantiker mit »Mastersons Hideout«. Prädikat: besonders wertvoll.

Ansonsten ist für den WindowMaker noch das sogenannte Dock typisch, eine Art Start-

leiste, mit der Programme gestartet sowie deren – und nur deren – Instanzen verwaltet

werden können.Man kann in das Docknoch sogenannteApplets einfügen, die bestimm-

te Funktionen,wiebeispielsweise eineAnzeigeüberdie Systemauslastung, übernehmen.

So ein Dock findet man in dieser oder ähnlicher Form zudem bei vergleichbaren Win-

dow-Managern wie beispielsweise dem AfterStep.

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4 Der Linux-Desktop

4.1.5 Desktopumgebungen

KompletteDesktopumgebungenwieKDEoderGnomebringennichtnur einenWindow-

Manager, sondern gleich einen ganzen Satz Anwendungenmit. Diese Anwendungen ha-

ben in der Regel ein einheitliches Look-and-feel und erleichtern so gerade Einsteigern

die Arbeit mit dem neuen Betriebssystem. KDE und Gnome werden wir im nächsten

Abschnitt näher vorstellen.

4.1.6 Zusammenfassung

Das X-Window-System ist alles andere als »unausgereift«. Mit XClients, Window-Mana-

gern und XServern ist X11 sehrmodular aufgebaut, und es besitzt bewährte und wirklich

durchdachte Konzepte. Auch kannman – anders als bei zu großen Einheitsbreisystemen

– auch einzelne Teile austauschen und ersetzen.

Das Gerüst steht also. Aber den Desktop machen eigentlich die Anwendungen aus, mit

denen Sie arbeiten können. Wichtige, interessante und hilfreiche Anwendungen werden

wir Ihnen im Laufe dieses Kapitels vorstellen.

4.2 KDE, Gnome und Unity

Doch zuerst wenden wir uns mit KDE, Gnome und Unity den wichtigsten Desktopum-

gebungen unter Linux zu. In der Regel können Sie bei der Installation Ihrer Distribution

zwischen einer der drei Umgebungen wählen, oder es wird automatisch ein Default ge-

laden.

Bei Ubuntu können Sie beispielsweise zwischen den Varianten Ubuntu und Kubuntu

wählen. Ubuntu installiert standardmäßig den Gnome-Desktop, während Kubuntu KDE

mitbringt. Es handelt sich jedoch immer noch um dieselbe Distribution, da sich nur

die Installations-CDs bzw. deren Inhalte unterscheiden, um dem Benutzer die Wahl zwi-

schen Gnome und KDEmöglichst einfach zu machen.3

4.2.1 Grafische Login-Manager

Auf Desktop-Workstations wird in der Regel nicht mehr das »normale« Text-Login be-

nutzt. Stattdessen wird beim Booten ein auf X11 basierender grafischer Login-Manager

als Dienst gestartet. Über diesen Dienst erfolgt schließlich das Login.

3 Es ist also ohne Weiteres möglich, unter einem Ubuntu KDE nachzuinstallieren bzw. unter Kubun-

tu GNOME.

62

4

4.2 KDE, Gnome und Unity

Das Schema ist dabei altbekannt: Nur Benutzername und Passwort werden zum erfolg-

reichen Einloggen benötigt, allerdings kann man beides – je nach Konfiguration des

Login-Managers – auch vor einem hübschen Hintergrundbild auswählen bzw. eingeben.

Eine manuelle Installation der jeweiligen Login-Manager ist im Regelfall nicht nötig, da

diese bei allenwichtigenDesktopdistributionen automatischmitinstalliert werden. Die

wichtigstenWindow-Manager sind:

E xdm

Der xdm ist der »klassische« Login-Manager für X11. Über den xdm können Sie sich

auch remote an entfernten Rechnern anmelden und dort dann entsprechende

X11-Sessions nutzen.

E SDDM

Der Simple Desktop Displaymanager kommt insbesondere bei KDE zum Einsatz.

E gdm

gdm ist quasi ein Display Manager für Gnome.

E lxdm

Die LXDE-Desktopumgebung bringt ebenfalls ihren eigenen Login-Manager mit.

E lightdm

Der lightdm ist die desktopunabhängige und zugleich aktuelle Variante der

Login-Manager.

Nach dem erfolgreichen Login hat man, ähnlich wie nach dem Starten der Textkonsole,

eine ganze Session zur Verfügung, die bis zum Beenden desWindow-Managers bzw. der

Desktopumgebung aktiv ist. Allerdings endet bei grafischen Login-Managern imGegen-

satz zumKonsolen-Loginmit der Session desWindow-Managers auch die Login-Session.

4.2.2 Look-and-feel

Wie bereits erwähnt, zeichnen sich Desktopumgebungen dadurch aus, dass sie bereits

eine ganze Reihe an Programmen und Tools mitbringen. Als besondere Eigenschaft ha-

ben diese Programme alle ein einheitliches Look-and-feel. Das kommt daher, weil die

entsprechendenProgrammeallemit demselbenToolkit geschriebenwurden. Unter KDE

ist das Qt, unter Gnome GTK+.

Wenn Sie eine Desktopumgebung nutzen, können Sie natürlich immer noch alle ande-

ren Programme weiterhin nutzen – Sie sind also entgegen landläufiger Meinung bei-

spielsweise unter KDE nicht auf die Applikationen beschränkt, die KDE mitbringt, son-

dern können nachWunsch auch Gnome-Programme einsetzen.

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4 Der Linux-Desktop

Programme einer Desktopumgebung bieten neben dem einheitlichen Look-and-feel

mitunter gemeinsam genutzte Einstellungen, Funktionen wie Drag & Drop und ande-

re kleine Dinge, die das Leben einfacher machen. Zudem gibt es nützliche Dienste, wie

beispielsweise Soundserver, die mehreren Programmen das gleichzeitige Nutzen der

Soundkarte ermöglichen.

Im Folgenden wollen wir die beiden großen Desktopumgebungen kurz mit ihren jewei-

ligen Besonderheiten vorstellen. Diese zu erkunden und nach Lust und Launemit ihnen

herumzuspielen, überlassen wir aber Ihnen.

4.2.3 KDE

Die KDE Software Compilation, ehemals K Desktop Environment, entstand als ein Klon

des kommerziellen CDE (Common Desktop Environment) von Sun. Dieses Projekt wird

gleichermaßen von Linux-Einsteigern wie -Profis genutzt, da es eine gute Bedienung

und geniale Programme bietet.

Abbildung 4.4 KDE

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4

4.2 KDE, Gnome und Unity

Die Besonderheit an KDE ist vor allem seine Homogenität und Konsistenz bezüglich der

Bedienung. Mit den KDE System Settings (das sind die KDE-Systemeinstellungen) kann

man dabei das Look-and-feel der Oberfläche sehr stark seinempersönlichenGeschmack

anpassen.

Aus der großen Anzahl der KDE-Applikationenwollen wir die vielleicht wichtigsten kurz

vorstellen:

E Dolphin

Der Dateimanager Dolphin ist äußerst benutzerfreundlich und einfach aufgebaut,

verfügt aber dennoch über zahlreiche Features.

E Konqueror

Der Konqueror (siehe Abbildung 4.5) ist der Webbrowser des KDE-Projekts und dient

gleichzeitig als Dateimanager. Konqueror unterstützt alle essenziellen Features, die

heutige Webseiten benötigen.

Übrigens:Mit demKonqueror kannman auch sehr angenehmManpages betrachten

(Sie erinnern sich?). Tippen Sie dazu einfach mal man:/xinit in die Adresszeile ein,

um sich die Hilfeseite für das xinit-Kommando anzeigen zu lassen.

Abbildung 4.5 Konqueror

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4 Der Linux-Desktop

E Konsole

Die Konsole bietet eine Möglichkeit, die Vorteile der Shell unter X11 zu nutzen.

E Kate

Dieser unter KDE vorhandene Editor beinhaltet eine ganze Reihe netter Features, wie

Syntax-Highlighting oder eine Rechtschreibprüfung.

E KMail

Sollten Sie mit KDE arbeiten, bietet sich die Nutzung des »hauseigenen« Mailpro-

gramms an. KMail gliedert sich wie alle anderen Applikationen sauber in das System

ein – wenn Sie also im Browser auf eine Mailadresse klicken, wird KMail geöffnet.

E K3b

Mit diesem Programm können Sie unter Linux recht komfortabel CDs und DVDs

brennen. Es ist ein Meilenstein in Richtung Benutzerfreundlichkeit bei dieser Aufga-

benstellung.

E Calligra

Das ausKOffice hervorgegangene Calligra ist ein eigenständiges Projektmit demZiel,

ein Officesystem direkt für KDE zu entwickeln.

E Amarok

Amarok ist ein ausgefeilter Media-Player für KDE.

Wie gesagt, alle Applikationen gliedern sich sauber in das System ein. Allerdings können

Sie jedemDateityp auch Ihr eigenes Lieblingsprogrammzuordnen, das bei einemAufruf

einer entsprechenden Datei im Dateimanager geöffnet werden soll.

4.2.4 Gnome

Das Gnome-Projekt wurde ursprünglich als freie Alternative zu KDE entwickelt, das auf

der früher nicht ganz freien Qt-Bibliothek aufsetzt. Mittlerweile ist Qt für X11 allerdings

Open Source und steht unter der GPL, sodass dieses Argument in den Glaubenskriegen

zwischen Anhängern beider Umgebungen nicht mehr wirklich zählt.

Gnome bietet ein ebenso hervorragendes Look-and-feel wie KDE, verbunden mit einer

Unmenge an passend integrierten Applikationen.

Wichtige Gnome-Applikationen sind:

E Nautilus

Nautilus ist ein, besser gesagt, derDateimanager für Gnome.

E The GIMP

Das GNU Image Manipulation Program (GIMP) – ein Bildbearbeitungsprogramm –

gab es eigentlich schon vor Gnome. Um dieses mit einem Benutzerinterface aus-

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4

4.2 KDE, Gnome und Unity

zustatten, wurde das GTK-(GIMP ToolKit-)Interface programmiert, auf das Gnome

später aufsetzte.

E Evolution

Evolution ist ein E-Mail-Client mit Groupware-Funktionen wie Kalender, Aufgaben-

listeundAdressbuch fürGnome. Evolutionhat einLook-and-feel, dasOutlookähnelt,

und kann über die OWA-Schnittstelle auchmit Exchange-Servern kommunizieren.

E Totem, Banshee, Rhythmbox

Totem ist der Standard-Video- und -Musikplayer für Gnome. Er kann über unter-

schiedliche Backends vonMP3s bis zuDVDs alles abspielen.Weitere Programme stel-

len wir Ihnen in Kapitel 14, »Multimedia und Spiele unter Linux«, vor.

Ein besonders ausgefeilter Musikplayer ist Banshee, der ebenfalls Bestandteil von

Gnome ist und sich hervorragend dazu eignet, um größere Musiksammlungen und

Podcasts zu verwalten. Die Synchronisationmit Android und iPod ist ebenfalls mög-

lich.

Ein weiterer Kandidat dieser Kategorie ist Rhythmbox.

Abbildung 4.6 Gnome

Es gibt natürlichnoch vieleweitere »kleineHelfer«, z. B. den Taschenrechner, Notizzettel,

den Gnome-Papierkorb, das Bildanzeigeprogramm eog (Eye of Gnome) oder ein Termi-

nalprogramm,umdieKommandozeile benutzen zu können. Ambesten gehen Sie selbst

auf Entdeckungstour und probieren die Tools einfach aus.

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4 Der Linux-Desktop

4.2.5 Unity

Unity ist neben Gnome die Standardoberfläche für Ubuntusysteme und wurde von der

Firma Canonical entwickelt. Unity ist nicht im herkömmlichen Sinne eine Desktopum-

gebungmit eigenen Applikationen, sondern nutzt die GTK+-Applikationen von Gnome.

Canonical hat in das Hauptmenü von Unity – Sie erreichen es mit der Windows-Taste –

eineOnlinesuche integriert,mitder Sie beispielsweiseAmazon-Produkte findenkönnen.

Diese Eigenschaft stieß allerdings zu Recht auf Bedenken bei Datenschützern und lässt

sich deaktivieren. Unity ist eine schlanke Umgebung, mit der sich komfortabel arbeiten

lässt und die wir Ihnen genauso wie die anderen beiden Umgebungen GNOME und KDE

ans Herz legen.

Abbildung 4.7 Unity

Eine weitere Besonderheit von Unity ist die effiziente Nutzung des verfügbaren Platzes.

So wird die Menüleiste des jeweils aktiven Programms nicht innerhalb des Programm-

fensters, sondern an der oberen Bildschirmleiste angezeigt.

Einige der genannten Applikationen, nämlich die multimedia-relevanten wie Amarok,

werden wir in Kapitel 14 noch etwas genauer unter die Lupe nehmen.

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4

4.3 Officeumgebungen

4.3 Officeumgebungen

Im Folgenden wollen wir uns kurz mit den unter Linux verfügbaren Officeumgebungen

befassen. Wir wollen nicht viel Wirbel um die unterschiedlichen Programme machen,

sondern Ihnen einfach die wichtigsten Applikationen vorstellen.

4.3.1 LibreOffice

Das Projekt LibreOffice ging aus OpenOffice.org, und somit ursprünglich aus dem erst

kommerziellen und später freien StarOffice hervor. LibreOffice hat das Ziel, eine platt-

formunabhängige Officeumgebung bereitzustellen.

Abbildung 4.8 Die LibreOffice-TextverarbeitungWriter

Die LibreOffice-Suite

Wenn man LibreOffice Writer nutzt, wird man unweigerlich an ältere Versionen des be-

kannten Microsoft Office Word erinnert – was durchaus eine Hilfe für Umsteiger ist.

Zudem ist es nicht verwerflich, Designentscheidungen zu übernehmen, wenn sie denn

gut sind. Aber LibreOffice bietet mehr als nur eine Textverarbeitung, wieman leicht aus

der Komponentenliste ersehen kann. Dazu gehören:

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4 Der Linux-Desktop

E ein Textverarbeitungsprogramm (Writer)

E ein Tabellenkalkulationsprogramm (Calc)

E ein Präsentationsprogramm (Impress)

E ein Zeichenprogramm (Draw)

E ein Formeleditor (Math)

LibreOffice ist eine funktionsreiche Officeumgebung, die auf vielen Plattformen wie

auch MS Windows und Linux läuft und dabei noch Open Source ist. Der nächste lo-

gische Schritt ist, sich zu fragen, warum man dann noch Geld für eine kommerzielle

Office-Suite wie MS Office ausgeben soll. Tatsächlich tun das auch viele Firmen und öf-

fentlicheVerwaltungennichtmehr.Wo esmöglich ist, wird bereits häufig auf LibreOffice

umgestellt.

Im Übrigen unterstützt LibreOffice das OASIS-Format, einen Standard für Dateiformate

im Office-Bereich. Die von LibreOffice eingesetzten Dateiendungen sind dabei .odt für

Textdokumente, .ods für Tabellenkalkulationsdokumente, .odp für Präsentationen, .odf

für Formeln und .odg für Grafiken.

4.3.2 Calligra

Eine besondere Officeumgebung für KDE ist Calligra. Da die Office-Suite natürlich auf

den KDE-Komponenten aufbaut, ist sie zumindest unter KDE die subjektiv am besten

integrierte Office-Suite. Wenn Sie ausschließlich Linux und KDE nutzen, kann Calligra

durchaus die bessereWahl alsOffice-Suite sein. AuchCalligra unterstützt soweitmöglich

die OpenDocument-Formate.

Zu Calligra gehören folgende Programmteile:

E Words: eine Textverarbeitung

E Sheets: eine mächtige Tabellenkalkulation

E Stage: ein Programm für Bildschirmpräsentationen

E Flow: ein Programm für Flussdiagramme

E Karbon: ein Vektorzeichenprogramm

E Krita: ein pixelorientiertes Zeichenprogramm

E KChart: ein integriertes Grafik- und Diagrammzeichenprogramm

E KFormula: ein mächtiger Formeleditor, mit dem man Formeln schreiben, ausdru-

cken oder in andere Tools, etwa inWords, integrieren kann

E Kexi: ein Tool für den Datenbankzugriff

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4.4 Die wichtigsten Programme und Tools

Die Integration in KDE

Das Besondere an Calligra ist die Integration in KDE. Durch KPartswird dabei eine Inte-

gration in andere KDE-Applikationen und damit auch in andere Calligra-Komponenten

möglich.

4.4 Die wichtigsten Programme und Tools

Wie wir bereits erwähnt haben, hängt die Qualität eines Desktopsystems in letzter Kon-

sequenz von der Qualität der zur Verfügung stehenden Programme ab. Im Folgenden

wollen wir Ihnen weitere wichtige Programme des Linux-Desktops vorstellen. Die Aus-

wahl ist dabei willkürlich, wir haben aber versucht, uns am Bekanntheitsgrad und der

Verbreitung der einzelnen Programme zu orientieren.

4.4.1 Eterm, xterm und Co.

Anfangen wollenwirmit den grafischen Shells, von denen Sie im Laufe des Buches noch

einiges hören werden. Im Prinzip sind diese grafischen Shells nichts anderes als ein

Fenster mit einer Kommandozeile darin (was auch sonst?), das sich mehr oder weniger

gut konfigurieren lässt.

Die Standard-Shell für X11 – wenn man das so sagen kann – ist xterm. Wenn wir von

xterm sprechen, meinen wir aber meistens auch jede andere Shell für X11 und nutzen

den xterm-Begriff somit als Bezeichnung für die Gruppe dieser Programme. Andere Ter-

minalemulationen (wie der eigentlich korrekte Begriff lautet) unterscheiden sich vom

xterm selbst vor allem durch erweiterte Konfigurationsmöglichkeiten und höhere Be-

nutzerfreundlichkeit.

Und an dieser Stelle kommt die nach dem xterm wohl zweitberühmteste Terminalemu-

lation ins Spiel – der Eterm. Wenn Sie auf diversen Screenshots für Window-Manager-

Themes transparente Shells bzw. Fenster oder gar vermeintlich auf den Desktophinter-

grund ausgegebene Logfiles bewundern, ist in denmeisten Fällen der Etermmit im Spiel.

Mithilfe der Manpage kann man alle möglichen und unmöglichen Konfigurationsop-

tionen setzen, und ein Blick in das hauseigene Konfigurationsverzeichnis ˜/.Eterm of-

fenbart dann noch einmal Welten. Und spätestens beim halb transparenten Eterm ohne

Fensterleiste findet auch der letzte Windows-verwöhnte Kritiker die Shell cool.

Ansonsten bringen die gängigen Desktopumgebungen KDE und Gnome auch ihre eige-

nen grafischen Shells (Terminals) mit, die über sehr großen Feature-Reichtum verfügen.

So können nicht nur Themes verwendet, sondern auch Tabs aufgebaut werden.

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4 Der Linux-Desktop

4.4.2 Mozilla: Browser, Mail- und Usenet-Client

Der Firefox-Browser ist mittlerweile nicht mehr nur unter Linux eine Institution. Auch

unter Windows und anderen Betriebssystemen ist Firefoxmittlerweile enorm populär.

Abbildung 4.9 Firefox

BeimMozilla-Firefox handelt es sich nicht mehr nur um einen puren Browser, sondern

um eine ganze Suite von Programmen und Tools. Ursprünglich ist das Projekt aus dem

offenenQuellcode des Netscape-Browsershervorgegangen, undNetscape 6 und 7 bauen

auf demMozilla auf.

E-Mail

Das für Endanwender neben Firefox wohl bedeutendste Mozilla-Subprojekt stellt das

freie E-Mail-ProgrammThunderbird dar. Das Programmbeinhaltet auch ein Adressbuch,

eine Rechtschreibprüfung für Mails, die Möglichkeit, das Design durch diverse Themes

anzupassen, und einen Junk-Mail-Analyser, um Sie recht effektiv vor Spam zu schützen.

Und nicht zu vergessen: Selbstverständlich ist es auch möglich, mehrere Mailaccounts

parallel zu verwenden. Zudem existiert für Thunderbird eine sehr schöne Kalender-Er-

weiterung namens Lightning. Die Erweiterung Enigmail unterstützt alle wichtigen Stan-

dards wie S/MIME, digitale Signaturen und OpenPGP-Verschlüsselung.

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4.4 Die wichtigsten Programme und Tools

4.4.3 The GIMP

DasGNU ImageManipulation Program (GIMP) hatten wir bereits kurz angesprochen, als

es um herausragende Gnome-Programme ging. Hier wollen wir nun etwas mehr über

GIMP und die entsprechenden Konzepte erzählen und beschreiben, was er alles kann.

Abbildung 4.10 The GIMP

Welche Bedeutung GIMP für die Linux-Community hat und hatte, wird vielleicht aus

folgendem Artikel deutlich, der zum Release der Version 1.0 der Grafiksuite erschien:

»It has been a long time coming, but the wait is over: Linux has its first real end-user

power tool. It’s not for administrators. It’s not for network hacks. It’s not another devel-

opers tool. It’s for artists. It’s for media managers and graphics nuts. It’s for fun. It’s for

real. It’s the GIMP.«

– Michael Hammel (Linux Journal, November 1997)

Wie der Name schon sagt, ist GIMP also ein Bildbearbeitungsprogramm. Aber eigentlich

ist es mehr als das. Man kann GIMP zur professionellen Bearbeitung von Fotos, zum

Erstellen von Grafiken, zum Konvertieren von Bildformaten, als Bild-Renderer und für

vielesmehr verwenden. Im Folgendenhabenwir eine von gimp.org adaptierte kurze und

deshalb unvollständige Liste der Features zusammengestellt. GIMP bietet:

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4 Der Linux-Desktop

E vielfältige Zeichentools wie Pinsel, Bleistift, Airbrush, Klonen etc.

E ausgefeiltes Speichermanagement, sodass die Bildgrößenur durchdenvorhandenen

Plattenspeicher begrenzt ist

E hochqualitatives Anti-Aliasing durch Sub-Pixel-Sampling

E vollen Alpha-Channel-Support für Transparenzeffekte

E Unterstützung von Bildebenen und Farbkanälen

E eine prozedurale Datenbank, über die interne Funktionen durch

externe Plug-ins genutzt werden können

E erweiterte Skripting-Möglichkeiten

E mehrfaches Rückgängigmachen/Wiederherstellen

E eine nur durch die Hardwareressourcen begrenzte Anzahl gleichzeitig

offener Bilder

E einenmächtigen Editor für Farbverläufe und Überblendungen

E Unterstützung von Animationen über die Bildebenen (Frame as Layer)

E Transformationstools zum Rotieren, Skalieren, Ausschneiden, Spiegeln etc.

E viele unterstützte Dateiformate wie .gif, .jpg, .png, .xpm, .tiff, .tga, .mpeg, .ps, .pdf, .pcx,

.bmp etc.

E Auswahltools für rechteckige, elliptische, freie, unscharfeund»intelligente«Bereiche

E Plug-in-Support für die Unterstützung neuer Dateiformate und Effekte

E über 100 bereits vorhandene Plug-ins

E eigene Pinselformen und Muster

Wenn Sie GIMP zum ersten Mal starten, wird Ihnen auffallen, dass das Programm aus

mehreren separaten Fenstern besteht. Für Windows-Anwendermag das vielleicht etwas

ungewohnt erscheinen, aber wenn man mehrere virtuelle oder auch reale Bildschirme

zur Verfügung hat, ist es einfach angenehmer, wenn man alle zu bearbeitenden Bilder

in separaten Fenstern entsprechend verteilen kann.

GIMP erlaubt nun, Grafikdateien relativ unabhängig vom verwendeten Format profes-

sionell zu bearbeiten. Dazu werden standardmäßig mehrere Bildebenen (»Layer«) un-

terstützt, und zudem enthält GIMP eine ganze Reihe schon vorkonfigurierter Plug-ins

sowie Schnittstellen für eigene Erweiterungen.

Für was und wie man GIMP dann letztendlich nutzt, ist jedem selbst überlassen. Es

gibt schließlich auch tausendseitige Bücher über GIMP, und daher wollen wir hier nicht

zu sehr ins Detail gehen. Unser Tipp: Sehen Sie sich einmal die Dokumentation von

www.gimp.org an, wenn Sie sich näher mit dem Programm beschäftigen möchten. Ge-

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4

4.5 Zusammenfassung

rade der Umgang mit Layern und Plug-ins ist wichtig und für Neulinge vielleicht nicht

so ganz intuitiv zu begreifen.

Letztendlich kann man das Resultat dann in vielen verschiedenen Formaten speichern.

Um während des Bearbeitungsprozesses keinen Restriktionen zu unterliegen, bringt

GIMPmit .xcf sogar ein eigenes Dateiformat mit.

4.5 Zusammenfassung

Wie Sie gesehen haben, lässt sich mit dem Linux-Desktop wirklich produktiv arbeiten.

Gerade im Desktopbereich können Sie hier viel intuitiv ausprobieren und lernen – fan-

gen Sie an! Wenn Sie Linux wirklich begreifen wollen, überwinden Sie sich, und nutzen

Sie es wirklich für alle Aufgaben des täglichen Bedarfs. Die Anfangshürde mag hoch

erscheinen, sie ist aber definitiv überwindbar.

In den folgenden Kapiteln werden wir uns auf die eigentlichen Linux-Grundlagen und

erste, einfache Arbeitenmit der Shell konzentrieren. Dies ist notwendig, damit Sie wich-

tige Eigenschaften und Philosophien hinter Linux verstehen und kennenlernen. Und

nicht zuletzt werden Sie so vom Einsteiger zum Linux-Profi.

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