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Einführung in die Wirtschaftspsychologie WS 2008/09 Prof. Dr. Johannes Becker.

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Einführung in die Wirtschaftspsychologie WS 2008/09 Prof. Dr. Johannes Becker
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Page 1: Einführung in die Wirtschaftspsychologie WS 2008/09 Prof. Dr. Johannes Becker.

Einführung in die Wirtschaftspsychologie

WS 2008/09

Prof. Dr. Johannes Becker

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Benutzte Literatur

• Felser, Georg: Werbe- und Konsumentenpsychologie. Spektrum, 2007.

• Jungermann et al.: Die Psychologie der Entscheidung, Spektrum, 2005.

• Kirchler, Erich: Wirtschaftspsychologie, Hogrefe, 1999.• Moser, Klaus: Wirtschaftspsychologie, Springer, 2007.• Spieß, Erika: Wirtschaftspsychologie, Oldenbourg

Wissenschaftsverlag, 2005.• Werth, Lioba: Psychologie für die Wirtschaft. Spektrum,

2004.• Wiswede, Günter: Einführung in die

Wirtschaftspsychologie, Reinhardt, 2000.

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Der Begriff der Entscheidung

• Definition: Eine Entscheidungssituation liegt vor, wenn eine Person zwischen mindestens zwei Optionen wählen muss

• Komponenten von Entscheidungsproblemen (Jungermann et al.): Optionen, Ereignisse, Konsequenzen Ziele

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Entscheidungsmatrix

Zukünftige Zustände aufgrund zukünftiger Ereignisse

S1 S2 S3....................Sk

Optionen

A a1 a2 a3 ak

B b1 b2 b3 bk

C c1 c2 c3 ck

D d1 d2 d3 dk

E e1 e2 e3 ek

a1 bis ek: Folgen einer Wahl zwischen Optionen in Abhängigkeit von zukünftigen Ereignissen

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Modell der rationalen Entscheidung

n

SEUi = Σ pjuj j=1

• SEUi ist der Gesamtnutzen für Option i, • Der Index j läuft über die n möglichen Folgen der

Option i• uj ist der Nutzen einer Folge j • pj ist die Eintretenswahrscheinlichkeit der Folge j• Entscheidungsregel: Wähle die Alternative mit

dem maximalen Nutzen (Nutzenmaximierung).

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Modell der rationalen Entscheidung

Der rationale Entscheider (homo oeconomicus) ist in der Lage:

- Alle Alternativen zu identifizieren,

- Alle relevanten zukünftigen Zustände zu bestimmen,

- Das Ergebnis jeder Kombination von Alternativen und Zustand

zu bestimmen,

- Die einzelnen Ergebnisse zu bewerten,

- Die Eintretenswahrscheinlichkeiten für die Zustände zu

bestimmen und

- Die Alternativen mit dem maximalen erwarteten Nutzen zu

wählen.

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Exkurs: Nutzen

• Mit Nutzen wird der subjektive Wert einer Konsequenz bezeichnet

• Der Nutzen ist nicht direkt beobachtbar, sondern wird aus Präferenzen erschlossen

• Wenn Präferenzäußerungen bestimmten Axiomen folgen, können sie als Ausdruck des Prinzips interpretiert werden, dass Menschen die Option mit dem höchsten subjektiv erwarteten Nutzen wählen

• Wenn sich dem jeweiligen quantitativen Ausmaß einer Konsequenz (z.B. Einkommen) Nutzenwerte zuordnen lassen, ergibt sich eine Nutzenfunktion

• Beispiel Einkommen: Die Nutzenfunktion weist jedem Einkommen einen Nutzenwert zu.

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Exkurs: Nutzenfunktion

• Merkmale der Nutzenfunktion am Beispiel monetärer Konsequenzen

• meist wollen Menschen lieber mehr als weniger Geld (monoton steigende Nutzenfunktion)

• meist werden die Nutzenunterschiede um so geringer, je höher die Geldbeträge werden (negativ beschleunigte Nutzenfunktion, Webersches Gesetz)

• Webersches Gesetz: Je höher die Intensität eines Reizes, desto größer müssen die physikalischen Unterschiede zwischen zwei Reizen sein, damit diese noch als unterschiedlich wahrgenommen werden

• Beispiel: Der Zuwachs an Nutzen einer um 10 Euro von 100 Euro auf 110 Euro erhöhten Auszahlung ist höher als ein Zuwachs um 10 Euro von 1100 auf 1110

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Exkurs: Nutzenfunktion

• Bei unsicheren Konsequenzen ist als weiteres Merkmal die Einstellung zum Risiko zu berücksichtigen

• Sicherheitsäquivalent

Der sichere Betrag, der einem Entscheider soviel wert ist wie eine vorgegebene Lotterie

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Exkurs: Nutzenfunktion

• Entscheiden unter UnsicherheitOption Lotterie oder Spiel1000 Euro mit p= 0,50 Euro mit p = 0,5 Erwartungswert des Spiels0,5 x 1000 + 0,5 x 0 = 500 Euro

Welcher sichere Betrag als Option hat für den Entscheider den gleichen Nutzen wie das Spiel?Beispielsweise gibt der Entscheider 300 Euro an

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Exkurs: Nutzenfunktion

• Risikoprämie Risikoprämie = Erwartungswert - Sicherheitsäquivalent

= 500 – 300

= 200• Risikoeinstellung

Positive Risikoprämie bedeutet risikoavers

Negative Risikoprämie bedeutet risikogeneigt

Nulldifferenz bedeutet risikoneutral

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Lineare Nutzenfunktion

Risikoneutral

0

0

Nutzen•Lineare Nutzenfunktion

•Bei Entscheidungen unter Unsicher- heit ist eine Person mit dieser Nutz- enfunktion indifferent zw. den Alternativen „€ 500 sicher“ und „€= 1000 mit p=0,5 und Euro 0 mit p=0,5“

n(€ 500) = 0,5 n(€ 1000) + 0,5 n(€ 0)

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Konkave Nutzenfunktion

Risikoaversiv

0

0

Nutzen • Konkave Nutzenfunktion

• Bei Entscheidungen unter Unsicher- heit bevorzugen Person mit dieser Nutzenfunktion die sichere Alternati- ve, denn es gilt:

n(€ 500) > 0,5 n(€ 1000)

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Konvexe Nutzenfunktion

Risikofreudig

0

0

Nutzen • Konvexe Nutzenfunktion

• Bei Entscheidungen unter Unsicher- heit bevorzugen Person das Risiko:

n(€ 500) < 0,5 n(€ 1000)

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Rahmen- oder Framingeffekte

• Stellen Sie sich folgende Situation vor:• Sie sind Gesundheitsminister und wissen, dass eine bisher

unbekannte asiatische Krankheit in absehbarer Zeit Ihr Land heimsuchen wird. Gegen diese Krankheit sind verschiedene Präventionsprogramme entwickelt worden, über den Anwendung Sie entscheiden sollen. Ihnen werden folgende beiden Präventionsprogramme vorgeschlagen:

• Programm A: • Wenn Programm A eingesetzt wird, werden 200 Menschen gerettet

werden.• Programm B: • Wenn Programm B eingesetzt wird, werden mit einer

Wahrscheinlichkeit von 1/3 600 Menschen gerettet werden, mit einer Wahrscheinlichkeit von 2/3 wird niemand gerettet.

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Rahmen- oder Framingeffekte

• Stellen Sie sich folgende Situation vor:• Sie sind Gesundheitsminister und wissen, dass eine bisher

unbekannte asiatische Krankheit in absehbarer Zeit Ihr Land heimsuchen wird. Gegen diese Krankheit sind verschiedene Präventionsprogramme entwickelt worden, über deren Anwendung Sie entscheiden sollen. Ihnen werden folgende beiden Präventionsprogramme vorgeschlagen:

• Programm C: Wenn Programm C eingesetzt wird, werden 400 Menschen sterben.

• Programm D: Wenn Programm D eingesetzt wird, wird mit einer Wahrscheinlichkeit von 1/3 niemand sterben, mit einer Wahrscheinlichkeit von 2/3 werden 600 Menschen sterben.

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Rahmen- oder Framingeffekte

• Stehen die Programme A und B zur Wahl, entscheidet sich eine deutliche Mehrzahl der nach Zufall ausgewählten Versuchsteilnehmer für Programm A.

• Stehen die Programme C und D zur Wahl, entscheidet sich eine deutliche Mehrheit für das Programm D.

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Rahmen- oder Framingeffekte

• Zwischen den beiden Versionen des Entscheidungsproblems besteht kein substantieller Unterschied: A bzw. C stehen für die sichere Rettung von 200 Personen, B und D für die mit einem Risiko behaftete Rettung aller Personen.

• Dennoch sind die Versuchsteilnehmer in ihren Präferenzen inkonsistent, wenn sie A gegenüber B präferieren, aber D gegenüber C

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Rahmen- oder Framingeffekte

• Der Unterschied liegt in der Formulierung der Ergebnisse der Programme, die bestimmte Assoziationen und Bewertungen zugänglich machen

• A und B: Ergebnisse werden als Rettung oder Gewinn beschrieben

• C und D: Ergebnisse werden als Tod oder Verlust beschrieben

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Rahmen- oder Framingeffekte

• Die Sicherheit, Menschen zu retten, ist disproportional attraktiv und die Sicherheit von Toten ist überproportional aversiv.

• Daher wird Programm A, die sichere Rettung favorisiert, und Programm D, die wenn auch riskante Möglichkeit, Opfer zu vermeiden

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Rahmen- oder Framingeffekte

• Invarianzannahme: Die Annahme von Modellen rationaler Wahlen, dass Präferenzen von Änderungen irrelevanter Merkmale von Optionen nicht beeinflusst werden, ist also falsch, wie der Rahmeneffekt zeigt

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Prospekttheorie

• Die Annahme, dass die SEU-Theorie eine angemessene Erklärung des menschlichen Entscheidungsverhaltens darstellt, hat sich in einer Vielzahl weiterer Experimente als nicht zutreffend erwiesen und zur Entwicklung der Prospekttheorie durch Kahneman und Tversky (1979) geführt

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Prospekttheorie: Wertefunktion

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Prospekttheorie: Annahmen

• Referenzpunktbezogene Bewertung der Konsequenzen von Optionen

• Das Wertkontinuum wird in einen Gewinn- und einen Verlustbereich zerlegt mit dem Referenzwert als neutralem Wert

• Der häufigste Referenzwert ist der status quo

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Prospekttheorie

• Die Prospekttheorie behauptet, dass analog zu sensorischen Wahrnehmungen auch Entscheidungen Referenz abhängig sind: Der subjektive Wert oder Nutzen, der den Konsequenzen einer Option zugesprochen wird, ist nicht absolut sondern bemisst sich an einem Referenzpunkt

• Sie bezieht sich dabei auf eine allgemeine Eigenschaft des Wahrnehmungssystems, dass Absolutwerte der Stimulation kaum, Änderungen der Stimulation dagegen sehr gut wahrnehmbar sind (Zugänglichkeit)

• Beispiel: Wahrnehmung von Wassertemperaturen• Unsere Wahrnehmung ist, wie das Beispiel zeigt, Referenz

abhängig• Weiterhin behauptet sie, dass auch für abstraktere Größen wie

Nutzen oder Wert das Webersche Gesetz gilt

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Prospekttheorie: Annahmen

• S-förmige Wertfunktion • Im Gewinnbereich konkav: der subjektive Wert

kleinerer Beträge ist höher als der subjektive Wert höherer Beträge. Deshalb sind 100 Euro sicherer Gewinn subjektiv mehr wert als ein Erwartungswert von 100 Euro, der aus einem Spiel mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,5 mal 200 Euro zu gewinnen, resultiert

• Daraus folgt Risikoaversion im Gewinnbereich: sichere Gewinne werden bevorzugt

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Prospekttheorie: Annahmen

• Im Verlustbereich konvex: der negative subjektive Wert kleinerer Beträge ist höher als der größerer Beträge. Deshalb haben 100 Euro sicherer Verlust einen größeren negativen Wert als ein Erwartungswert von 100 Euro, der aus einem Spiel mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,5 mal 200 Euro zu verlieren, resultiert

• Daraus folgt Risikosuche im Verlustbereich: das Spiel, d.h. nicht sichere Verluste werden bevorzugt

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Prospekttheorie: Annahmen

• Die Wertfunktion verläuft im Verlustbereich steiler als im Gewinnbereich. Verluste werden subjektiv stärker gewichtet als Gewinne

• Ein Verlust von 100 Euro schmerzt stärker als ein Gewinn von 100 Euro erfreut.

• Empirische Untersuchungen legen ein Verhältnis von 2 zu 1 nahe

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Prospekttheorie

• Einteilung der Konsequenzen einer Entscheidung in Gewinn und Verlust

• Gewinn: Konsequenzen, die oberhalb des Referenzpunktes liegen

• Verlust: Konsequenzen, die unterhalb des Referenzpunktes liegen

• Beispiel: Andeutungen seitens des Chefs führen zu der Erwartung einer Gehalterhöhung von 5% (Referenzpunkt). Die erhaltene Erhöhung von 3% wird als Verlust bewertet. War die Erwartung 1% und die erhaltene Gehaltserhöhung 2%, wird die Erhöhung als Gewinn bewertet

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Prospekttheorie und SEU

• Die SEU-Theorie des Entscheidens unter Unsicherheit geht dagegen vom absoluten Nutzen der Konsequenzen aus.

• Handelt es sich um Geld, bezüglich dessen die Optionen verglichen werden, sind die Träger des Nutzens aus Sicht der Prospekttheorie Vermögensänderungen, aus Sicht der SEU der Endzustand des Vermögen bzw. das Gesamtvermögen.

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Prospekttheorie: Entscheidungsgewichtungsfunktion• In der SEU-Theorie werden Nutzenwerte mit der

subjektiven Wahrscheinlichkeit ihres Eintretens gewichtet

• In der Prospekttheorie wird das Konzept der subjektiven Wahrscheinlichkeit aufgegeben zugunsten von Entscheidungsgewichten

• Die Entscheidungsgewichtungsfunktion gibt an, welcher Gewicht jemand einer Wahrscheinlichkeit p bei einer Entscheidung gibt

• Sie ist abgeleitet aus Ergebnissen empirischer Forschung

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Prospekttheorie: Entscheidungsgewichtungsfunktion

Ent

sche

idun

gsge

wic

ht

Wahrscheinlichkeit

0,5 10

0,5

1

0

Nahe 0 und 1 Sprungstellen

Kleine Wahrschein-lichkeiten werden

übergewichtet

Mittlere und große Wahrscheinlichkeiten werden untergewichtet

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Gewichtungsfunktion: Eigenschaften

• Nichtlineare Gewichtung von Wahrscheinlichkeiten

Normativ sollte ein mögliches Ergebnis mit einer Wahrscheinlichkeit von 1% 10 Mal so stark gewichtet werden wie ein Ergebnis mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,1. Dagegen übergewichten Menschen niedrige Wahrscheinlichkeiten, untergewichten mittlere und höhere Wahrscheinlichkeiten. Besonders viel ist ihnen allerdings die Steigerung der Wahrscheinlichkeit von 99% auf 100% wert.

• Deshalb lieben Menschen gleichzeitig Lottolose und Versicherungspolicen.

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Prospekttheorie: Verlustaversion

• Aufgabe• Stellen Sie sich vor, dass Sie gerade 1000 Euro

erhalten haben und nun zwischen zwei Optionen zu wählen haben. Mit Option A gewinnen Sie garantiert zusätzliche 500 Euro. Bei Option B werfen Sie eine Münze. Bei Kopf erhalten Sie zusätzliche 1000 Euro, bei Zahl erhalten Sie kein zusätzliches Geld. Welche Option würde Sie wählen?

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Prospekttheorie: Verlustaversion

• Aufgabe• Stellen Sie sich nun vor, dass Sie 2000

Euro erhalten haben und zwischen zwei Optionen wählen sollen. Mit Option A verlieren Sie garantiert 500 Euro. Mit Option B erhalten Sie die Möglichkeit, eine Münze zu werfen. Bei Kopf verlieren Sie 1000 Euro, bei Zahl verlieren Sie nichts. Welche Option wählen Sie?

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Prospekttheorie: Verlustaversion

• Das Ergebnis ist in beiden Versionen gleich. Mit A (sicherer Gewinn, sicherer Verlust) schließt man mit 1000 Euro ab, Mit B schließt man in beiden Versionen mit 1000 oder mit 2000 Euro ab

• Wenn es um einen Verlust geht, wählt man das Risiko, wenn man damit den Verlust vermeiden kann

• Die klassische Finanztheorie sagt, dass die Neigung A zu wählen, in beiden Situationen gleich groß ist, da der abschließende Vermögenstand der gleiche ist

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Prospekttheorie: Verlustaversion

• Spieler erhöhen oft ihre Einsätze, wenn sie verlieren, um nicht in den roten Zahlen zu landen

• 1995 kollabierte die Baring Bank. Ein Bankangestellter verlor mehr als 1,4 Milliarden Dollar im Börsenhandel. Nach eigener Aussage „spielte“ er an der Börse, um Verluste auszugleichen.

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Prospekttheorie

• Ein bestimmtes Automodell kann nicht in der Menge produziert werden, mit der die große Nachfrage befriedigt werden kann

• Autohaus 1 entscheidet sich den Verkaufspreis um 200 Euro anzuheben

• Autohaus 2 entscheidet sich, den üblichen Preisnachlass von 200 Euro nicht mehr zu gewähren (Thaler, 1992)

• Wie fair sind die Reaktionen der Autohäuser?

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Prospekttheorie

• Autohaus 1: 71% von 130 Personen sagen unfair. Grund: Preisanhebung wird als Verlust kodiert

• Autohaus 2: 42% von 123 Personen sagen unfair. Grund: Die Maßnahme wird als Gewinnrücknahme kodiert

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Prospekttheorie

• Ein Betrieb in einem Gebiet mit hoher Arbeitslosigkeit hat starke Profiteinbußen hinnehmen müssen. Die Betriebsleitung beschließt, die Löhne um 7 Prozent zu senken bei einer aktuellen Inflationsrate von 0 Prozent.

• Finden Sie den Beschluss akzeptabel oder nicht?

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Prospekttheorie

• In einem anderen gleich gelagerten Fall beschließt die Betriebsleitung, die Löhne trotz einer Inflationsrate von 12 Prozent nur um 5 Prozent zu erhöhen.

• Finden Sie den Beschluss akzeptabel oder nicht?

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Prospekttheorie

• Maßnahme 1: 63% von 125 Personen sagen inakzeptabel. Grund: Verlustkodierung

• Maßnahme 2: 22% von 125 Personen sagen inakzeptabel. Grund: Gewinnkodierung

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Prospekttheorie

• Hackfleischbeschreibung: a) 75% mager versus b) 25% Fettgehalt

• b) wurde positiver beurteilt trotz Kostprobe

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Mentale Buchführung

• Mentale Buchhaltung bezeichnet die Neigung, Geld zu kategorisieren und es je nach Kategorie unterschiedlich zu behandeln. Mentale Buchführung beschreibt damit einen weiteren Framingeffekt: Wie wir ein Ereignis kategorisieren, bestimmt, wie wir damit umgehen

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Frage

• Sie haben ein Ticket für eine Anna Netrebko Aufführung in Salzburg gekauft und 150 Euro bezahlt. Am Opernhaus angekommen merken Sie, dass Sie die Karte verloren haben. Geben Sie weitere 150 Euro aus, um Anna zu sehen und zu hören?

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Frage

• Gleiches Szenario. Sie wollen die Karte aber erst am Ticketschalter kaufen. Am Schalter merken Sie, dass Sie150 Euro verloren haben, haben allerdings noch mehr als genug Geld dabei, um ein Ticket zu kaufen. Tun Sie das?

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Mentale Buchführung

• Die meisten Menschen antworten mit nein auf die erste Frage und mit ja auf die zweite Aufgabe

• Erklärung: Im ersten Fall wird die zusätzliche Ausgabe auf das Konto „Unterhaltung“ gebucht, so dass 300 Euro Ausgaben auflaufen, im zweiten Fall auf das Konto „verlorenes Geld“. Zwei identische Verluste von 150 Euro werden unterschiedlich behandelt, weil sie auf unterschiedliche Weise entstanden sind

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Mentale Buchführung

• Stellen Sie sich vor, Sie gehen in ein Möbelgeschäft, um eine bestimmte Lampe, die dort 100 Euro kostet, zu kaufen. Im Geschäft entdecken Sie, dass diese Lampe in einem Ableger des Geschäfts preisreduziert für 75 Euro zu kaufen ist, der 15 Minuten vom Geschäft entfernt ist. Gehen Sie dorthin, um die Lampe zu dem niedrigeren Preis zu kaufen?

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Mentale Buchführung

• Stellen Sie sich vor, sie wollen statt der Lampe eine Esszimmereinrichtung im Wert von 1775 Euro kaufen und entdecken, dass sie die gleiche Einrichtung im Ablegergeschäft für 1750 Euro erhalten. Kaufen Sie die Einrichtung dort?

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Mentale Buchführung

• Mehr Personen würden für die Lampe 15 Minuten laufen als für die Einrichtung.

• Erklärung: Die Wertung von Geld hängt von der Größenordnung der betroffenen mentalen Konten ab. 25 Euro haben bezogen auf 1775 Euro einen geringeren Wert als bezogen auf 100 Euro

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Mentale Buchführung

• Nicht nur die Größe eines Investment sondern auch die Größe einer erhaltenen Zahlung unterliegt den Prinzipien der mentalen Buchhaltung. Kleinere Beträge (z.B. 200 Euro) werden eher in Konsum gesteckt als größere Beträge, die eher langfristig festgelegt werden (marginale Neigung zu konsumieren).

• Bei größeren Beträgen „gefundenen“ Geldes verringert sich die Ausgabenrate, wie das Beispiel der Ausgabenrate unterschiedlich hoher dt. Entschädigungszahlungen an israelische Familien zeigt.

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Mentale Buchführung

• Die unterschiedliche Bewertung von Geld in Abhängigkeit von der Größe des mentalen Kontos erklärt auch das Paradoxon, dass Personen, die sich nicht als verantwortungslose Geldverschwender betrachten, dennoch oft zu wenig sparen

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Mentale Buchführung

• Wie bewerten Sie Kreditkarten aus der Sicht der mentalen Buchführung?

• Kreditkarten bilden ein eigenes mentales Konto. Kreditkartengeld ist subjektiv weniger wert als anderes Geld, da zum Zeitpunkt der Bezahlung mit Kreditkarte zunächst kein Verlust entsteht.

• In Wirklichkeit ist Kreditkartengeld teureres Geld wegen anfallender Überziehungszinsen.

• Auktionsexperiment: Bieter, die mit Kreditkarte zahlen konnten, boten rund doppelt soviel für ein Ticket wie Bieter, die bar zahlen mussten

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Verlustaversion: Besitztums- oder Endowmenteffekt

• Szenario 1: Stellen Sie sich vor, dass Sie eine Eintrittskarte zum Ball des Sports gefunden haben. Ein Bekannter möchte sie ihnen abkaufen. Was ist Ihr Mindestpreis?

• Szenario 2: Angenommen Sie haben keine Eintrittskarte für den Ball, wollen aber eine haben. Was würden Sie maximal dem Bekannten dafür zahlen?

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Verlustaversion: Besitztumseffekt

• Güter, die eine Person in Besitz genommen hat, steigen für diese Person sofort stark in ihrem Wert und die Rückgabe ist entsprechend schmerzvoller

• Experiment: Eine Gruppe von Studenten erhielt einen Krug im Wert von 5$ mit der Information, dass sie ihn später verkaufen oder mit nach Hause nehmen könnten (Verkäufergruppe). Der mittlere Preis, zu dem sie bereit waren, den Krug abzugeben, betrug 7$.

• Eine zweite Gruppe konnte zwischen Krug und einem Geldbetrag wählen. Der mittlere Preis, zu dem sie bereit waren, den Krug zu nehmen betrug 3,5$

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Verlustaversion: Besitztums- oder Endowmenteffekt

• Der Besitztumseffekt wird oft von Verkäufern ausgenutzt, die beispielsweise ein teures Möbelstück für eine bestimmte Zeit zur Probe aufstellen mit einer Rücknahmegarantie

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Verlustaversion: Wiederholung

• Die Differenz zwischen keinem Gewinn und einem von 500 Euro zählt gemäß Prospekttheorie subjektiv mehr als die zwischen 500 und 1000 Euro. Deshalb neigen Menschen dazu, ihn zu sichern.

• Die Differenz zwischen keinem Verlust und einem Verlust von 500 Euro zählt subjektiv mehr als die zwischen 500 und 1000 Euro. Deshalb gehen Menschen das Risiko weiterer Verluste ein, um den schmerzhaften Erstverlust zu verhindern.

• Verluste wiegen stärker als Gewinne

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Verlustaversion und Geldanlage

• Die hohe Sensitivität für Verluste ist ein Grund für Panikverkäufe bei Kursstürzen

• Folge solcher Überreaktionen auf zeitlich begrenzte Crashs ist, dass die Wahrscheinlichkeit wächst, dass man die wenigen Handelstage verpasst, an denen die Kurse kräftig steigen.

• Wer in den Jahren zwischen 1963 und 1993 die 40 Tage mit den kräftigsten Kurssteigerungen verpasst hat, hat seine jährliche Rendite von 12% auf 7% gesenkt. Bei einen Ausgangsinvestment von 10000$ entspricht dies einer Reduktion der Rendite von 233000$ auf 80000$

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Verlustaversion

• Dispositionseffekt: Investoren verkaufen im Durchschnitt mit einer um 50% höheren Wahrscheinlichkeit Aktien, die im Kurs gestiegen waren als Aktien, die im Kurs gefallen waren.

• Die Aktien, die Investoren verkauft hatten, entwickelten sich in den folgenden 12 Monaten um 3,4% besser als die Aktien, die Investoren gehalten hatten

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Verlustaversion

• Verlustaversion führt zur Präferierung eines sicheren Gewinns gegenüber der Möglichkeit eines höheren, aber mit Risiko behaftetem Gewinns. Dies führt zu einer Präferenz von Anlagen mit festen Renditen gegenüber Aktien

• Equity premium puzzle: Der langjährige Renditevorteil von Aktien gegenüber risikofreien Anlagen liegt bei 7%. Trotzdem Widerstände gegen Aktieninvestments. Grund: zu kurze Evaluationsabstände (myopic loss aversion)

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Verlustaversion: versunkene Kosten

• Szenario 1: Sie sind Opernfan und haben eine Karte für eine La Traviata Aufführung mit Anna Netrebko geschenkt bekommen. Kurz bevor Sie aufbrechen, hören Sie in den Verkehrsnachrichten von sehr schlechten Wetterverhältnissen mit Eis und Schnee, die die Fahrt ins Opernhaus mühsam und gefährlich werden lassen. Fahren Sie?

• Szenario 2: Es geht um die gleiche Aufführung. Sie haben jedoch eine Karte gekauft und können sie auch keinem in der kurzen Zeit verkaufen. Fahren Sie?

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Verlustaversion: versunkene Kosten

• Eine besondere Form der Verlustaversion ist der sunk cost Trugschluss. Menschen beziehen bei Risiko behafteten Entscheidungen schon getroffene Investitionen (sunk costs) mit ein. Je höher diese sind, desto größer die Tendenz, weitere Kosten auf sich zu nehmen, auch wenn der Investitionserfolg fraglich ist.

• Abbruchentscheidung bedeutet sichere Verlustrealisierung, weitere Investitionen eröffnen die Chance auf Ausgleich der Verluste jedoch mit dem Risiko eines noch größeren Verlusts

• Unser Beispiel: Haben Sie die Karte bezahlt, fahren sie eher, als wenn Sie sie geschenkt bekommen haben

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Verlustaversion: versunkene Kosten

• Warum Trugschluss? Mit der Fahrt werden zusätzliche Kosten übernommen völlig unabhängig von den getätigten Ausgaben

• Entscheidungsoptionen dürfen nur nach den entstehenden Kosten bewertet werden. Schon ausgegebenes Geld muss ignoriert werden

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Verlustaversion: versunkene Kosten

• Klassische politische Argumentation: Wir können das XYZ-Projekt nicht abbrechen. Wir haben schon X-Millionen Euros ausgegeben. Gut oder schlecht, das Projekt muss zu Ende geführt werden, weil wir schon soviel Geld dafür ausgegeben haben.

• Alltagsbeispiel: Weitere teure Reparaturen an einem Auto, das kurz vor dem Totalausfall steht, weil vorher schon in Reparaturen investiert wurde.

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Verlustaversion: versunkene Kosten

• Maxime: Kein gutes Geld schlechtem hinterherwerfen

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Urteilsheuristiken

• SEU wie Prospekttheorie verlangen, dass Personen bei Entscheidungen Wahrscheinlichkeiten des Eintretens von Folgen bzw. Entscheidungsgewichte schätzen

• Bei diesen Urteilen bedienen sich Personen sogenannter Urteilsheuristiken oder Daumenregeln

• Heuristiken erlauben, hinreichend genau Urteile mit geringerem Aufwand und schneller zu fällen

• Unter bestimmten Bedingungen führen sie zu systematischen Fehlurteilen

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Urteilsheuristiken

• Verankerung und Anpassung

Bei quantitativen Schätzungen suchen Menschen nach einem Ausgangswert oder Anker und korrigieren diesen nach oben und unten. Je nach Ausgangswert fällt die Schätzung höher oder niedriger aus. Man bezeichnet diesen Effekt als Ankereffekt

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Urteilsheuristiken

• Aufgabe 1: Was ist das Produkt der Zahlen 1,2,3,43,5,6,7,8,9,10

• Bitte antworten Sie möglichst schnell

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Urteilsheuristiken

• Aufgabe 2: Was ist das Produkt der Zahlen 10,9,8,7,6,5,4,3,2,1

• Bitte antworten Sie möglichst schnell

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Urteilsheuristiken

• Schätzung zu Aufgabe 1: etwa 150

• Schätzung zu Aufgabe 2: etwa 900

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Urteilsheuristiken

• Aufgabe: Steht der DAX von jetzt an in 6 Monaten über oder unter 3000?

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Urteilsheuristiken

• Wo wird der DAX von jetzt an in 6 Monaten stehen?

• Schreiben Sie einen Wert auf

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Urteilsheuristiken

• Aufgabe: Steht der DAX von jetzt an in 6 Monaten über oder unter 6000?

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Urteilsheuristiken

• Wo wird der DAX von jetzt an in 6 Monaten stehen?

• Schreiben Sie einen Wert auf

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Urteilsheuristiken

• Ankereffekt und Expertise: Immobilienmakler bewerten dasselbe Immobilienobjekt. Einer Gruppe wurde im Prospekt ein höherer Listenpreis genannt, der anderen Gruppe ein niedrigerer Preis.

• Die erste Gruppe setzte den Wert des Objekts höher an

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Urteilsheuristiken

• Verhandlungen: Gibt der Verkäufer ein erstes Gebot ab (höheres Gebot), ist der endgültige Preis häufig höher, als wenn der Käufer ein erstes Gebot (niedrigeres Gebot) abgibt

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Urteilsheuristiken

• Relevanz versus Irrelevanz des Ankers: Vor dem Kauf eines Gutes wird meist anhand eines Referenzpreises die Preiswürdigkeit geschätzt. Die Bestimmung des Referenzpreises kann durch völlig irrelevante Anker beeinflusst werden und damit die Wahrscheinlichkeit des Kaufs

• Mondpreisphänomen: Auf überhöhte Normalpreise wird ein kräftiger Rabatt gewährt, wodurch der tatsächliche Preis günstig wirkt (Ankereffekt des Referenzpreises)

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Urteilsheuristiken

• Verankerung von Referenzpunkten ist bei Börsengeschäften eine große Gefahr. Verankerung des Referenzpreises einer Aktie am Jahreshoch lässt sie nach einer Abwärtsentwicklung billig erscheinen und ermuntert zum Kauf.

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Urteilsheuristiken

• Verfügbarkeitsheuristik: Die subjektive Wahrscheinlichkeit für ein Ereignis ist umso größer, je leichter oder schneller man in der Lage ist, sich Beispiele für das Ereignis vorzustellen oder in Erinnerung zu rufen

• Im Allgemeinen ist die Verfügbarkeitsheuristik eine effiziente Urteilsheuristik. Da die Abrufleichtigkeit jedoch noch von anderen Faktoren als der Auftretenswahrscheinlichkeit abhängt, können Urteilsverzerrungen auftreten

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Urteilsheuristiken

• Beispiel: Schätzung der Arbeitslosenquote durch Arbeitslose oder durch Arbeitsplatzbesitzer

• Beispiel: Schätzungen der Häufigkeit von Todesfällen durch Magenkrebs versus durch Autounfälle:

• Umfragen: Mehr Menschen sterben durch Autounfälle• Realität: Mehr Menschen sterben durch Magenkrebs• Grund für die Diskrepanz: In den Medien wird mehr über

Autounfälle als über Fälle von Magenkrebs• Entsprechend ist die Schätzung von Risiken solcher

Ereignisse dadurch beeinflusst, wie verfügbar sie sind

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Urteilsheuristiken

• Repräsentativitätsheuristik: Die Zugehörigkeit einer Person oder eines Objekts wird auf der Basis seiner Ähnlichkeit (Repräsentativität) zu den prototypischen Vertretern dieser Kategorie vorgenommen.

• Eine Urteilsverzerrung kommt dadurch zustande, dass häufig die a priori Wahrscheinlichkeit dieser Kategorie nicht im Urteil berücksichtigt wird

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Urteilsheuristiken

• Aufgabe“ Jack ist 45 Jahre alt. Er ist verheiratet und hat vier Kinder. Im Allgemeinen ist er konservativ, sorgfältig und ehrgeizig. Er interessiert sich nicht für politische und soziale Fragen und verwendet den größten Teil seiner Freizeit auf eines seiner vielen Hobbys wie z.B. Tischlern, Segeln und mathematische Denksportaufgaben.“

• Jack ist aus einer Gruppe von 100 Personen per Zufall ausgewählt worden, die sich aus 30 Ingenieuren und 70 Juristen zusammensetzt.

• Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass Jack Ingenieur ist?

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Urteilsheuristiken

• Aufgabe: Welchen Tipp würden Sie eher abgeben:

a) 5 17 30 31 40 48

b) 1 2 3 4 5 6

• Welche Farbenfolge im Roulette ist wahrscheinlicher

a) r s s r s r

b) r r r s s s

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Urteilsheuristiken

• Beispiel: Kauf von Lottolosen mit extrem geringen Erfolgwahrscheinlichkeiten

• Beispiel: Warentermingeschäfte. Bei Warentermingeschäften gibt es eine geschätzte Grundrate von 75% der Investoren, Amateure wie Profis, die Geld verlieren.

• Beispiel: Versicherungen. Abschließen von Versicherungen für Fälle deren geschätzte Eintretenswahrscheinlichkeit extrem gering ist

• Bestehen auf möglichst geringer Selbstbeteiligung wegen der Annahme einer zu hohen Wahrscheinlichkeit des Eintretens des Versicherungsfalls

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Urteilsheuristiken

• Beispiel: Unterschätzung der Rolle des Zufalls• Hot hand Phänomen: Unabhängig von der

Länge der Serie von Treffern im Basketball hat der nächste Wurf eines Spielers eine Trefferwahrscheinlichkeit, die sein fünfjährigen Grundrate entspricht.

• Beurteilung der Leistung von Aktien- und anderen Fonds anhand kurzer Folgen. Nach De Bondt ist die Wahrscheinlichkeit, die durchschnittliche Performance von Aktienfonds dreimal in Folge allein aufgrund von Zufall zu überbieten, höher als 10%.

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Urteilsheuristiken

• Affektheuristik: Soll ein Urteil gefällt werden, wird die subjektive Empfindung als Information herangezogen. Ist diese angenehm, ist auch der Urteilsgegenstand gut

• Zu den subjektiven Empfindungen zählen Stimmungen, Gefühle, Überraschung, Vertrautheit, Müdigkeit, Hunger, Sicherheit Leichtigkeit der Informationsverarbeitung

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Urteilsheuristiken

• Klassische Untersuchungen

- Momentane Stimmung und Urteil über Lebenszufriedenheit

- Leichtigkeit des Informationsabrufs und Urteil über Personmerkmale

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Urteilsheuristiken

• Beispiel: Auf der Basis von Daten aus 26 internationalen Börsen haben Hirshleifer und Shumway (2003) einen Zusammenhang zwischen Stimmung und Kursentwicklung nachweisen können.

• Moderierender Faktor: Wetter

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Urteilsheuristiken

• Beispiel: Gefühle werden als Grundlage von Risiko- und Nutzeneinschätzungen herangezogen

• Bei positiven Gefühlen gegenüber einer Aktivität wird ihr Nutzen hoch und ihr Risiko niedrig eingeschätzt (negative Korrelation zwischen Nutzen und Risiko)

• Bei negativen Gefühlen kehrt sich diese Beziehung um • Die subjektive Korrelation zwischen Nutzen und Risiko

ist negativ, auch wenn in der Realität die Korrelation zwischen Nutzen und Risiko im allgemeinen positiv ist.

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Urteilsheuristiken

• Beispiel: Analysten bewerteten in einer Untersuchung ihnen wenig bekannte und gut bekannte Aktien als gut oder schlecht

• Beurteilung von Gewinn und Risiko– Bei als gut bewerteten, wenig bekannten

Aktien: hoher Gewinn und niedriges Risiko.– Bei als schlecht bewerteten, wenig bekannten

Aktien: niedriger Gewinn, hohes Risiko.– Bei bekannten Aktien: positive Korrelation

zwischen Gewinn und Risiko.

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Urteilsheuristiken

• Gefühl und Nutzeneinschätzung: Manipulationen, die positive Gefühle gegenüber einer Alternative erhöhen, erhöhen ihre Attraktivität, auch wenn sich ihr Nutzen nicht erhöht hat.

• Beispiel Expositionseffekt: Allein die Darbietung von Alternativen erhöht ihre positive Bewertung

• Vermittelnder Prozess: Vertrautheit

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Urteilsheuristiken

• Vertrautheit und Investment.• Beispiel: In 1984 wurde das Telefongeschäft von

AT&T von der US-Regierung in 7 lokale Telefonfirmen zerlegt (Baby Bells). 12 Jahre danach waren Investoren deutlich stärker in ihrer lokalen „baby bell“ investiert als in “baby bells“ anderer Regionen.

• Home bias: Investoren investieren sehr viel mehr innerhalb ihres Heimatlandes als vom Postulat der Diversifikation her vernünftig ist.

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Urteilsheuristiken

• Home Bias• In 1991 repräsentierte der amerikanische

Aktienmarkt 47,8% des Weltaktienmarktes, der japanische Markt 26,5% und der britische Markt 13,8%.

• Ein voll diversifiziertes Portfolio sollte nach der Portfoliotheorie entsprechend diesen Anteilen zusammengesetzt sein.

• Realiter hielten amerikanische Investoren 93% in amerikanischen Aktien, japanische Investoren 98%, britische Investoren 82%.

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Urteilsheuristiken

• Overconfidence (Sicherheit in die Richtigkeit der eigenen Antwort)

• Welche Stadt hat mehr Einwohner?a) Köln b) DüsseldorfWie sicher sind Sie, dass Ihre Antwort richtig ist?50% 60% 70% 80% 90% 100%

• Viele solcher Fragen werden vorgelegt. Die Auswertung der Daten zeigt, dass der Prozentsatz der richtigen Antworten meist unterhalb des Prozentsatzes für die gewählte Sicherheit liegt.

• Erklärt wird Overconfidence mit der Tendenz, Hypothesen zu bestätigen (confirmation bias).

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Urteilsheuristiken

• Overconfidence und Finanzverhalten• Eine der klarsten Aussagen rationaler Investmentmodelle ist, wenig

zu handeln. In einer Welt, in der Rationalität Allgemeingut ist, besteht keine Neigung zu kaufen, wenn eine Person verkaufen will.

• Im Gegensatz dazu ist das Handelsvolumen an den Börsen der Welt sehr hoch. Sowohl Individuen als auch Institutionen handeln sehr intensiv, mehr als rational gerechtfertigt.

• Die prominenteste verhaltensbasierte Erklärung dafür ist übermäßiges Vertrauen (Overconfidence) in die Richtigkeit des eigenen Wissens: Menschen glauben, dass sie Informationen haben, die so gut sind, dass sie Handel rechtfertigen, während im Gegensatz dazu die Informationen zu schwach sind, um auf ihrer Basis zu kaufen oder verkaufen.

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Urteilsheuristiken

• In Übereinstimmung damit müssten Menschen mit stärker ausgeprägtem Vertrauen mehr handeln und wegen der Transaktionskosten weniger verdienen. Genau dies zeigen die Daten.

• Da Männer ein stärker ausgeprägtes Vertrauen haben als Frauen, sollten sie mehr handeln und weniger verdienen. Auch dies wird durch die Daten bestätigt

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Urteilsheuristiken

• Laien glauben also, ein Portfolio aktiv managen zu können.

• Der typische professionelle Fondmanager ist glücklich, wenn er die Gesamtperformance des Aktienmarkts erreicht

• In den meisten Jahren erreicht die Mehrheit der Manager ein Ergebnis, das schlechter ist als das des Aktienmarkts.

• Über eine Periode von 10 Jahren und mehr liegen 75% der Aktienfondmanager unterhalb der Leistung des Markts

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Urteilsheuristiken

• Warum korrigieren Menschen trotz ihrer Misserfolge nicht ihr übermäßiges Vertrauen in sich?

• Erklärung: Wenn der Lauf der Dinge die eigenen Annahmen und Handlungen als richtig bestätigt, werden sie auf die eigenen Fähigkeiten zurück geführt. Wenn das Gegenteil der Fall ist, auf Umstände, die nicht kontrollierbar waren.

• Folge dieser Strategie: ein robuster Optimismus

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Urteilsheuristiken

• Confirmation bias• Der confirmation bias bezeichnet die Tendenz,

nach Informationen zu suchen oder höher zu gewichten, die einen anfänglichen Eindruck, eine anfängliche Hypothese oder eine anfängliche Präferenz bestätigen.

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Urteilsheuristiken

• Der Confirmation bias spielt im Marketing eine große Rolle. Kann ein positiver erster Eindruck von einem Produkt erzeugt werden, werden nachfolgende Informationen positiv bewertet. Eine Konsequenz ist Markenloyalität, die aber für den Kunden teuer ist

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Urteilsheuristiken

• Beispiel: Als Tafelwein etikettierte Flaschen wurden von Experten als schlechter bewertet als Flaschen mit dem Aufkleber Prädikatswein, obwohl sie den gleichen Wein enthielten

• Beispiel: Markenerdnussbutter wurde gegenüber anderen Erdnussbuttern bevorzugt, auch wenn in dem entsprechenden Glas ein minderwertiges Produkt enthalten war

• Markenerdnussbutter wurde vor dem Präferenzurteil weniger intensiv getestet

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Urteilsheuristiken

• Eine Konsequenz von confirmation bias ist Markenloyalität, die aber für den Kunden teuer ist

• Beispiel: Loyale Buick-Kunden zahlten im Schnitt 1000$ mehr für ihr neues Auto als solche, die von einer anderen Marke wechselten. Für loyale Mercedes-Kunden waren dies 7000$.

• Erklärung: Geringere Skepsis gegenüber Produktinformationen wie etwa der Preisforderung

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Homo oeconomicus

• Wiederholung: Eigenschaften des homo oeconomicus ausgehend vom Studium des menschlichen Verhaltens auf Märkten:- rationales und emotionsloses Abwägen bei Entscheidungen- Nutzenmaximierung- Nutzen ableitbar aus Wahlverhalten- unbeschränkte Willenskraft

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Homo oeconomicus

• Voraussetzungen des Nachfragegesetzes - die einzelne Person als Handlungseinheit

- Anreize als Determinanten von Verhaltensänderungen

- Einschränkungen als Determinanten des Handlungsraums

- Eigennutz

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Homo oeconomicus

• Das Nachfragegesetz: Erhöht sich der Preis eines Gutes oder einer Aktivität im Vergleich zu anderen Gütern oder Aktivitäten (Erhöhung des relativen Preises wird von dem betreffenden Gut weniger nachgefragt oder die betreffende Aktivität vermindert.

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Homo oeconomicus

• Psychologische Sichtweise: Neben Anreizen sind auch innere Zustände wie etwa Einstellungen Determinanten menschlichen Verhaltens

• Einstellung ist die Neigung, ein Objekt positiv oder negativ zu bewerten

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Homo oeconomicus

• Eine Konsequenz des Nachfragegesetzes ist die Beeinflussung menschlichen Verhaltens durch Setzung oder Veränderung von Anreizen

• Ansatzpunkt für Verhaltensänderungen sind meist die Beeinflussung von Präferenzen

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Homo oeconomicus

• Grenzen des homo oeconomicus

• begrenzte Rationalität

- Verhaltensanomalien

- Selbstkontrollprobleme

- Emotionen

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Homo oeconomicus

• Einwand bezüglich Verhaltensanomalien: spielt für aggregierte Markergebnisse keine Rolle

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Homo oeconomicus

• Exkurs Finanzmärkte

• Annahme: Akteure auf Finanzmärkten handeln rational

• Konsequenz der Rationalitätsannahme: Wertpapierpreise entsprechen ihrem fundamentalen Wert

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Homo oeconomicus

• Fundamentaler Wert: diskontierte Summe der erwarteten zukünftigen Bargeldflüsse, wobei – alle verfügbaren Informationen korrekt in die

Erwartungsbildung eingeflossen sind,– Die Diskontierungsrate einem normativen

Modell folgt

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Homo oeconomicus

• Die Annahme, dass die aktuellen Marktpreise von Wertpapieren deren fundamentale Werte ausdrücken, wird als Hypothese effizienter Märkte bezeichnet (EMH)

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Homo oeconomicus

• Implikationen der EMH

– Allein neue Informationen zum fundamentalen Wert eines Wertpapiers ändern diesen, weil sie sofort eingepreist werden.

– Daraus ist ableitbar, dass Kurse nicht vorhersagbar sind.

– „no free lunch (Thaler): es gibt keine Investmentstrategie, mit der sich durchschnittliche Gewinne erzielen lassen, die über die vom eingegangenen Risiko gerechtfertigten Gewinne hinausgehen.

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Homo oeconomicus

• Abschwächung der Rationalitätsannahme der EFH – Auch wenn nicht alle Marktteilnehmer rational handeln, sind die Märkte

effizient.

– Grund: die irrationalen Investoren wählen Zufallsstrategien, die sich nicht auf die Preise auswirken.

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Homo oeconomicus

• Weitere Abschwächung der EFH– Auch wenn die irrationalen Investoren gleiche Marktstrategien wählen,

hat dies keinen Einfluss auf die Marktpreise

– Grund: Der Mechanismus der Arbitrage

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Homo oeconomicus

• Arbitrage

Arbitrage bezeichnet den gleichzeitigen Kauf und Verkauf des gleichen oder eines essentiell ähnlichen Wertpapiers in unterschiedlichen Märkten zu vorteilhaft unterschiedlichen Preisen (Alexander & Sharpe).

• Arbitrage ist eine Investmentstrategie, die einen Risiko freien Profit anbietet und mit der keine Kosten über die Transaktionskosten hinaus verbunden sind.

• Effekt von Arbitrage

Eliminierung falscher Bewertungen von Wertpapieren

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Homo oeconomicus

• BeispielDer Preis der BMW-Aktie, deren fundamentaler Wert bei 30 Euro liegt, ist durch korrelierte Verkäufe irrationaler Investoren, die nicht auf neuen negativen Informationen beruhen, auf 20 Euro gefallen. Rationale Marktteilnehmer (Arbitrageure) erkennen die attraktive Gelegenheit und kaufen die Aktie zum Schnäppchenpreis. Durch den Kauf der unterbewerteten Aktie steigt ihr Preis auf ihren fundamentalen Wert.

Gleiches gilt für Aktien, deren Preise irrational über ihren fundamentalen Wert steigen.

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Homo oeconomicus

• Arbitrage verhindert substantielle und/oder lang anhaltende Über-bzw. Unterbewertung deshalb, weil die Arbitrageure miteinander um den Gewinn aus der Divergenz der Preise zweier gleichwertiger Wertpapiere konkurrieren.

• Arbitrage verhindert nicht nur den Einfluss irrationaler Investoren sondern eliminiert sie mittelfristig aus dem Markt.

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Homo oeconomicus

• Ist Arbitrage eine Möglichkeit, Profit zu erzielen ohne Risiko?– Fundamentales Risiko: Aufgrund ihrer Unterbewertung gekaufte

Wertpapiere können aufgrund schlechter Nachrichten noch weiter im Preis fallen.

– Noise Trader Risiko: Die Falschbewertung, die vom Arbitrageur ausgenutzt wird, vergrößert sich noch auf kurze Sicht. Beispielsweise bleiben die bezüglich BMW pessimistischen Investoren pessimistisch, verkaufen weiter, so dass der Kurs von BMW noch weiter sinkt. Die Divergenz vergrößert sich.

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Homo oeconomicus

• Wirkung des Noise Trader Risikos

Dieses Risiko kann den Arbitrageur dazu zwingen, seine Positionen zu früh zu liquidieren, was zu Verlusten führt.

• Gilt insbesondere für professionelle Portfolio-Manager, die weitaus die meisten Arbitrageure stellen und die nicht ihr eigenes Geld, sondern dasjenige anderer Leute verwalten.

• Grund: Portfoliomanager werden nach dem erzielten Gewinn beurteilt. Ausweitung der Fehlbewertung bedeutet Verlust verbunden mit der Gefahr eines Zwangs zur vorzeitigen Liquidation.

• Die Angst davor dämpft die Bereitschaft zu aggressivem Vorgehen.

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Homo oeconomicus

• Zusätzliche Einschränkungen der Arbitrage

Arbritrageure handeln nicht immer gegen die Richtung der Noise Trader sondern manchmal in die gleiche Richtung und erhöhen damit die Fehlbewertung. Bei steigenden Preisen kaufen sie, weil sie davon ausgehen, dass sie weiter steigen (positive feedback trader).Nicht nur Hedge Fonds auch Firmenmanager versuchen, Vorteile aus dem noise trading zu schlagen, indem sie Bonusaktion zu attraktiven Preise an die Aktionäre verkaufen, wenn sie von Überteuerung ausgehen, was den Preis in Richtung fundamentalem Wert drückt aber mit hohen Kosten verbunden ist.

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Homo oeconomicus

• In der realen Welt ist Arbitrage anders als im Lehrbuch mit Kosten und Risiken verbunden.

• Risiken und Kosten begrenzen die Arbitrage und damit ihre Möglichkeit, Fehlbewertungen hervorgerufen durch irrationales Verhalten zu korrigieren.

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Homo oeconomicus

• Royal Dutch/Shell

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Homo oeconomicus

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Homo oeconomicus

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Homo oeconomicus

• Selbstkontrolle: Für viele Menschen ist es ein Problem, kurzfristige Genussbefriedigung zugunsten längerfristig besserer Handlungen zu unterdrücken

• Beispiele: Rauchen, Altersvorsorge, Impulskäufe

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Homo oeconomicus

• Altervorsorge als Ausdruck von Zeitpräferenz: Bewertung eines Gutes hängt vom Zeitpunkt seines Erhalts oder Verbrauchs ab

• Erhalt von 10 Euro sofort wird dem Erhalt von 10 Euro in einem Monat vorgezogen

• DU-Modell (discounted utility) der Ökonomie: der Nutzen einer Konsequenz nimmt mit zunehmender zeitlicher Entfernung exponentiell ab.

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Homo oeconomicus

• Zeitinkonsistentes Präferenzverhalten:

• Option A: 100 Euro heute, Option B: 110 Euro in vier Wochen

• Option A´: 100 Euro in 26 Wochen, Option B´ 110 Euro in 30 Wochen

• Ergebnis: Präferenzumkehr A>B, B´> A´.

• Erzwingung rationalen Verhaltens durch Techniken der Selbstkontrolle

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Homo oeconomicus

• Emotionen: sind zentral für die Bewertung zukünftiger Folgen von Entscheidungen

• Beispiel: Emotionsgestörte Personen bevorzugen hochriskante Optionen

• Antizipation von zukünftigen Gefühlen wie Enttäuschung oder Bedauern beeinflusst Entscheidungen

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Homo oeconomicus

• Grenzen des Homo oeconomicus: begrenzter Eigennutz

- soziale Präferenzen

- intrinsische Motivation und Identität

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Homo oeconomicus

• Fairness und Gerechtigkeit: Reflektion der Konsequenzen von Entscheidungen z.B. aus moralischer Sicht- Gleichheit: Gleichmäßige Verteilung von materiellen Ergebnissen unter Tauschpartnern, gleiches Recht- Bedürfnis: Gib jedem nach seinem Bedürfnis- Entsprechung: Gib jedem entsprechend seinem

Anteil (z.B. Leistung)• Orientierung an Fairness auch, wenn es der eigenen

Person schadet: Ultimatum-Spiel, Diktator-Spiel

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Homo oeconomicus

• Ultimatum Spiel: Zwei Personen können einen Geldbetrag unter sich aufteilen

• Geber macht einen Vorschlag

• Empfänger kann den Vorschlag annehmen. Das Geld wird entsprechend dem Vorschlag aufgeteilt

• Empfänger kann den Vorschlag ablehnen. Beide bekommen nichts

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Homo oeconomicus

• Diktator-Spiel: Aufteilung kann von der Empfängerperson nicht abgelehnt werden

• Soziale Dilemmata: Auseinanderfall individueller und kollektiver Rationalität

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Homo oeconomicus

• Gefangenendilemma-Spiel

• Bk Bnk

• Ak A-2/B-2 A-5/B0

• Akn A0/B-5 A-4/B-4

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Homo oeconomicus

• Reziprozität: Belohnung kooperativen Verhaltens

• Bestrafung unkooperativen Verhaltens sogar bei eigenen Verlusten, sequentielles Diktatorspiel

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Homo oeconomicus

• Intrinsische Motivation: Manches Tun ist aus sich selbst heraus belohnend. Es wird nicht wegen einer externen Belohnung exekutiert

• Extrinsische Motivation: Handeln aufgrund einer Belohnung oder eines Anreizes

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Homo oeconomicus

• Subjektives Wohlbefinden und Glück als Nutzenmaße

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Kaufentscheidungen

• Typologie von Kaufentscheidungen Kroeber-Riehl,2003)

- extensive Kaufentscheidung

- limitierte Kaufentscheidung

- habitualisierte Kaufentscheidung

- impulsive Kaufentscheidung

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Kaufentscheidungen

• 3 Unterscheidungsmerkmale

- gedankliche Steuerung (kognitiv)

- emotionale Aktivierung (affektiv)

- automatische Reaktion (reaktiv)

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Kaufentscheidungen

• Entscheidungsstrategien: Dem Käufer stehen vielseitige Entscheidungsstrategien zur Verfügung. Welche gewählt wird, entscheidet sich oft erst im Verlauf der Entscheidung

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Kaufentscheidungen

• Unterscheidungsmerkmale für diese Strategien

- extensive vs limitierte Informationsverarbeitung

- eigenschafts- vs produktbasiertes Vorgehen

- kompensatorische vs nichtkompensatorische Strategien

- selektive vs konsistente Informationsverarbeitung

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Kaufentscheidungen

• Darüber, welche Strategie gewählt wird, entscheiden die in der Kaufsituation verfolgten Ziele und Kontextmerkmale

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Kaufentscheidungen

• Ziele

- Vermeidung von Anstrengung

- Vermeidung negativer Informationen

- Rechtfertigbarkeit von Kaufentscheidungen

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Kaufentscheidungen

• Kontextmerkmale

- Framing

- Merkmale der Einkaufsstätte

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Kaufentscheidungen

• Einflussfaktoren auf Kaufentscheidungen

- Preis

- Produktverfügbarkeit

- Einflüsse von Anderen

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Kaufentscheidungen

• Psychologie des Preises: Eine Reihe von Faktoren beeinflussen den subjektiven Wert eines Preises für den Käufer

- mentale Buchführung

- Gewinn- und Verlustbewertung

- Zeitbewertung

- Besitzbewertung

- Kontexteffekte

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Kaufentscheidungen

• Produktverfügbarkeit

- Knappheit

- Verfügbarkeit von Alternativen

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Kaufentscheidungen

• Einflüsse von Anderen

- Soziale Bewährtheit

- Verkäuferstrategien

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Werbung

• Akzeptanz

• Verarbeitung

• Werbeumfang

• Werbung und Anreiz

• Werbung und Verkaufsförderung

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Werbung

• Definition

„Kommunikativer Beeinflussungsprozess mit Hilfe von Kommunikationsmitteln in verschiedenen Medien mit dem Ziel, beim Adressaten marktrelevante Einstellungen und Verhaltensweisen im Sinne der Unternehmensziele zu verändern“ (Meffert, 1995)

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Werbung

• Akzeptanz– Im Allgemeinen in der Bevölkerung nicht sehr

hoch, da sie als wenig glaubwürdig gilt– Die Auseinandersetzung mit Werbung ist im

Allgemeinen eher oberflächlich– Betrachtungszeit von Anzeigen in

Zeitschriften im Durchschnitt nicht mehr als zwei Sekunden

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Werbung

• VerarbeitungAufgrund der Informationsflut, der ein Mensch ausgesetzt ist, haben einzelne Informationsangebote eine immer geringere Chance beachtet zu werdenUntersuchung: Über 85% der Werbung verpufft wirkungslos. Von 1600 Werbungen wurden nur 80 bewusst registriert Höchstens 5% der Werbeinfomationen erreicht den anvisierten Empfänger

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Werbung

• Allgemeine Ziele der Werbung

Verkaufen: Steigerung des Umsatzes

Vorprägen: Vorprägen künftiger Käufe durch Aufbau von Markenimages

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• Konsumenten bezogene Ziele

Information

Motivation

Sozialisation

Verstärkung

Unterhaltung

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• Marktbezogene Ziele– Einführungswerbung– Durchsetzungswerbung– Verdrängungswerbung– Expansionswerbung

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Werbung

• Modelle der Werbewirkung:

• Hierarchie von Effekten-Modelle: AIDA

Attention: Werbung führt zu Aufmerksamkeit

Interest: In der Folge entsteht Interesse

Desire: Interesse führt zum Wunsch nach Besitz des Produkts

Action: Es kommt zum Kauf

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Werbung

• Kritik an AIDA– Aufmerksamkeit ist keine

Grundvoraussetzung von Werbewirkung– Die von Aida vorgeschlagene Hierarchie hat

sich als nicht zwangsläufig erwiesen

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• Die Wirkung mit wenig Aufmerksamkeit bedachter Informationen

- Kognitive Prozesse lassen sich einteilen in solche, die automatisch und solche, die kontrolliert ablaufen

- Merkmale automatischer Prozesse: unbewusst, nicht intentional, nicht kontrollierbar, anstrengungslos

- Merkmale kontrollierter Prozesse: bewusst, intentional, kontrollierbar, mit Anstrengung verbunden

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• Automatische Prozesse- Alte Auffassung: ein kognitiver Prozess ist

entweder voll automatisch oder voll kontrolliert- Neuere Auffassung: die meisten Prozesse sind

gemischter Natur bezüglich ihrer Eigenschaften, auf bestimmte Weise automatisch, auf bestimmte Weise kontrolliert

- Beispiel: Fahren eines Autos (anstrengungslos, aber nicht unintentional und unkontrollierbar)

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• Implizites Gedächtnis oder Gedächtnis ohne Bewusstsein vs explizites Gedächtnis oder Gedächtnis mit Bewusstsein

- repetition priming: die vorangegangene Auseinandersetzung mit einer Information erleichtert die spätere Auseinandersetzung mit dieser InformationBeispiel: Wortidentifikation, Experiment von Jacoby & Dallas, Wirkung nicht erinnerter Werbeanzeigen

- Registrierung dieser Erleichterung - Interpretation dieser subjektiven Erfahrung je nach

Kontext z.B. als ästhetische Präferenz

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• Mere exposure Effekt

positiver Affekt oder Präferenz bezüglich eines Reizes als Deutung einer allein durch seine Präsentation erhöhten Verarbeitungsflüssigkeit

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• Mere exposure in der Werbung- Durchblättern einer Zeitschrift mit

Werbeanzeigen. Nicht erinnerte Anzeigen wurden mit neuen gemischt und nach ästhetischer Präferenz und Sympathie beurteilt. Die schon gesehenen aber nicht erinnerten Anzeigen wurden als gelungener und sympathischer beurteilt

- In einer simulierten Kaufsituation wurden in Anzeigen präsentierte, aber nicht mehr erinnerte Produkte häufiger gewählt

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• Schlussfolgerung

Weder Aufmerksamkeit noch Erinnerung sind notwendige Voraussetzung für Werbewirkung

• Technische Umsetzung: Splitscreen Werbung

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• Subliminale vs supraliminale Darbietung von Informationen

- Definition

- Einfluss auf Urteile

- Einfluss auf Verhalten

- Ethische Fragen

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• Zum Begriff der Einstellung- Definition: Bereitschaft zu einem zu- oder

abwendendem Verhalten gegenüber einem Objekt

- Traditionelle Sichtweise: Eine Einstellung zu einem Einstellungsobjekt enthält eine affektive Komponente (positive bzw. negative Bewertung), eine kognitive Komponente (als wahr erachtetes Wissen) und eine Verhaltens- oder konative Komponente (ein Verhalten, zu dem die Einstellung disponiert)

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- Neuere Sichtweise: Nicht alle Einstellungen besitzen die drei Komponenten in gleicher Weise

- Einstellung gegenüber der eigenen Mutter eher affektiv, gegenüber Studiengebühren eher kognitiv (Bohner et al., 2002)

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• EinstellungenEinstellungen variieren in ihrer Stärke. Hinweise auf eine starke Einstellung sind

- Beständigkeit über die Zeit, - Widerstandsfähigkeit gegen Beeinflussung,- Fähigkeit, Verhalten vorherzusagen

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• Einstellungen

- Erworben werden Einstellungen durch

direkte Erfahrung,

Persönliche Mitteilung,

Massenkommunikation

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• Einstellungen sind nur unter bestimmten Bedingungen für die Verhaltensvorhersage geeignet

- Je spezifischer eine Einstellung ist, desto besser lässt sich mit ihr Verhalten vorhersagen

- Je konkreter das Verhalten ist, desto besser ist es durch Einstellungen vorhersagbar

- Einstellungen, die auf direkter Erfahrung basieren, sind als Verhaltensprädiktoren geeigneter

- Je verfügbarer eine Einstellung ist, desto eher lässt sich mit ihr Verhalten vorhersagen

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• Zwischen Einstellungen und dem Kaufverhalten besteht ein Zusammenhang, dessen Stärke jedoch durch verschiedene Faktoren moderiert wird. Moderierende Faktoren sind

- Stärke der Einstellung - Positive Einstellungen zu mehreren Produkten- Eigenschaften der Kaufsituation wie z.B.

Sonderangebote- Ökonomische Beschränkungen- Soziale Einflüsse- Einstellungsänderungen im Zeitintervall zwischen

Einstellungsmessung und Kaufverhalten- Messprobleme

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• Änderungen von Einstellungen durch Werbung

Einstellungsänderungen durch Werbung im Sinne beeinflussender Kommunikation können über zwei Routen erfolgen (Petty & Cacioppo, Elaboration likelihood model)

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- Zentrale Route: Überzeugung durch die Qualität vorgebrachter Argumente (Elaboration)

- Periphere Route: Überzeugung durch äußere nicht inhaltsbezogene Aspekte oder periphere Merkmale (oberflächliche Verarbeitung)

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• Periphere Merkmale- Expertenstatus des Kommunikators- Beliebtheit und Attraktivität des Kommunikators- Non verbales Verhalten des Kommunikators- Glaubwürdigkeit der Informationsquelle- Anzahl der Argumente- Serielle Position der Argumente- Angenehme Musik

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• Determinanten der Art der Verarbeitung

- Fähigkeit

- Involvement oder Motivation

Involvement oder Beteiligtsein: Ein auf bestimmte Objekte gerichteter interner, individueller Zustand der Aktiviertheit einer Person, der unterschiedlich intensiv und lang andauernd sein kann

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• Bei hoher Fähigkeit und hohem Involvement oder Motivation kommt es zu einer Elaboration von Argumenten und einer Einstellungsänderung, wenn diese stark sind, nicht aber, wenn diese schwach sind

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• Bei geringer Fähigkeit und oder Involvement kommt es zu einer oberflächlichen Verarbeitung von Argumenten. Liegen genug periphere Merkmale vor, kommt es zu einer Einstellungsänderung

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• Über die zentrale Route gebildete Einstellungen sind stärker als über die periphere Route gebildete. Letztere halten weniger lange an, sind leichter zu beeinflussen und sind weniger geeignet, Verhalten vorherzusagen

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Werbung

• Werbung über die zentrale Route: Unique Selling Proposition (USP)

- Herausstellung eines einzigen Arguments, das ein Alleinstellungsmerkmal des Produkts beschreibt und es so von Wettbewerbern abhebt

- Beispiel (nach Felser, 2007)M&M: „Schmilzt im Mund nicht in der Hand“

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Werbung

• Werbung über die periphere Route

- Erlebniswert und Zusatznutzen: Weniger Betonung des Gebrauchswerts sondern assoziierter Merkmale wie Prestige, Erlebniswert oder Lifestyle auch Zusatznutzen genannt

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Werbung

• Weitere Determinanten der Verarbeitungstiefe

- Spots ohne Handlung regen eine überlegtere Verarbeitung an als spots mit Handlung

- Rhetorische Fragen, die auf eine Produktkommunikation folgen, regen zu tieferer Verarbeitung an

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Werbung

• Rolle der Stimmung

- Missgestimmte Personen neigen mehr zu einer elaborativen oder systematischen Verarbeitung

- Hoch gestimmte Menschen neigen zu einer eher oberflächlichen oder heuristischen Verarbeitung

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Werbung

• Merkmale erfolgreicher Überzeugung- Glaubwürdigkeit

- Keine erkennbare Beeinflussungsabsicht

- Verstoß gegen das eigene Interesse

- Zweiseitige Information

- Explizite Schlussfolgerung

- Selbstüberredung

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Arbeitslosigkeit

• Arbeitslosigkeit

Klassisches Thema der Wirtschaftspsychologie, da es gleichzeitig ein ökonomisches wie auch ein psychologisches Problem darstellt

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Arbeitslosigkeit

• Erste sozialwissenschaftliche Studie: „Die Arbeitslosen von Marienthal (1931)

• Ende der 70iger Jahre Wiederaufnahme der Arbeitslosenforschung

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Arbeitslosigkeit

• Problemfelder der Forschung zur Arbeitslosigkeit nach Wiswede

- Ursachen der Arbeitslosigkeit

- Folgen der Arbeitslosigkeit

- Attributionsprozesse

- AntizipierteArbeitslosigkeit

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Arbeitslosigkeit

• Ursachen der Arbeitslosigkeit- Ökonomische Faktoren z.B. Konjunktur,

Rationalisierung, Anreizsysteme - Soziologische Faktoren z.B. Grad und Richtung

der Ausbildung, Alter, fehlende Flexibilität und Mobilkität, Vorurteile gegen z.B. ausländische Arbeitnehmer, Behinderte, längerzeitig Arbeitslose

- Psychische Faktoren wie Einstellung zur Arbeit, Arbeitsmotivation, Kompromissbereitschaft

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Arbeitslosigkeit

• Folgen von Arbeitslosigkeit- Ökonomische Einschränkungen- Psychosoziale Belastungen wie Eintrübung des

Selbstwertgefühls, soziale Stigmatisierung, soziale Desintegration, Destrukturierung des Alltags, die als wesentlich stärker empfunden werden als ökonomische Belastungen ablesbar an

- Indikatoren psychischer Gesundheit wie Depressionssymptome, Angstsymptome, Lebenszufriedenheit, Gesundheitsverhalten wie Tabletten- und Nikotinkonsum, sportliche Betätigung, Gesundheitspflege

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Arbeitslosigkeit

• Arbeitslosigkeit als Hinderungsgrund für Wiederbeschäftigung

- Ökonomisches Modell der Arbeitssuche: Anwachsen des finanziellen Drucks beschleunigt die Suche nach Arbeit

- Dagegen Pelzmann (1988): gilt nur für die ersten Monate- Mit andauernder Arbeitslosigkeit Entwicklung von

psychischen Hindernissen für Wiederbeschäftigung wie Apathie und Resignation sowie

- Zunehmende Widerstände gegen Wiederbeschäftigung bei Arbeitgebern

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Arbeitslosigkeit

• Moderierende Faktoren der subjektiven Reaktion auf Arbeitslosigkeit nach Kirchler (1999)

- Dauer der Arbeitslosigkeit- Subjektive Bedeutung von Arbeitslosigkeit- Subjektive Ursachen der Arbeitslosigkeit- Spezifische Persönlichkeitsmerkmale- Soziographische Merkmale- Persönliche Aktivitäten- Erfahrungen mit der Arbeitslosigkeit- Soziale, emotionale und informationelle Unterstützung

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Arbeitslosigkeit

• Attributionsprozesse: Wie erklären sich Arbeitslose ihr Schicksal

- Ursachenkategorien: internal vs external und stabil vs labil

- Pelzmann: 90% der Betroffenen attribuieren Arbeitslosigkeit eher external, Arbeitsplatzbesitzer attribuieren Arbeitslosigkeit eher internal

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Arbeitslosigkeit

• Antizipierte Arbeitslosigkeit

Schon Befürchtungen oder Erwartungen von Arbeitsplatzverlust erzeugen psychische Belastungen. Untersuchungen deuten darauf hin, dass diese sogar schwerwiegender sind als die Entlassung selbst

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Arbeitslosigkeit

• Interventionen bei Arbeitslosigkeit

Vorliegende Interventionsprogramme zielen auf Training von Orientierungen, Eigeninitiative, Selbstregulation und assertivem Verhalten


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