Einführung in den Forschungsprozess und die Methoden der empirischen Kommunikations- und Medienforschung
Vorlesung 8: Methoden I: Beobachtung
07.12.2012 1Forschungsprozess und Methoden 8
Gliederung Vorlesung 7
1. Einführung
2. Formen der Beobachtung
3. Forschungsablauf
4. Beobachtungsfehler
5. Anwendungsfelder
Literaturempfehlungen:
Diekmann 548-575
Brosius et al. 180-207
Gehrau, Volker (2002): Die Beobachtung in der Kommunikationswissenschaft. Methodische
Ansätze und Beispielstudien. Konstanz: UVK
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1. Einführung
Urform empirischen Forschens – Umweltwahrnehmung: Natur, Personen, Objekte
Definition: „systematische Erfassung und Protokollierung von sinnlich (und apparativ) wahrnehmbaren Aspekten menschlicher Handlungen und Reaktionen … Sie dient einem wissenschaftlichen Ziel, dokumentiert ihr Vorgehen und legt alle relevanten Aspekte offen“ (Gehrau 2002: 25)
Beziehungen zu:
Befragung: auch verbales Handeln (und seine para- und nonverbalen Begleitungen) kann Teil von Beobachtung sein, dominiert aber in der Methode der Befragung
Inhaltsanalyse: Beobachtungen werden (inzwischen) oft fixiert (Film, Video etc.), die Auswertung des Materials weist Züge der Inhalts- und/oder Textanalyse auf
apparative Messungen: können (Selbst-) Beobachtung unterstützen oder deren zentrale Teil sein (z.B. Telemetrie, Reaktionsmessungen wie CRM, physiologische Parameter)
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1. Einführung
Beobachtung ist nicht passiv-rezeptiv, sondern aktiv
Perspektive und Wissen vermitteln Beobachtung
o Beobachtung ist standortabhängig
o Vorwissen (Begriffe) fokussiert und strukturiert Beobachtung
Beobachtung findet in sozialen Situationen statt
o Beobachter hat einen bestimmten „Ort“ in diesem Geschehen
o Reaktivität (je nach Grad der Offenheit/Sichtbarkeit des Beobachters und/oder des Beobachtungsinstruments)
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2. Formen der Beobachtung (Schema: Brosius et al. 2008: 192)
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2. Grundformen2.1 Systematische Beobachtung zur quantitativen Beschreibung von Handlungen
Beispiel: Interaktionsanalyse (IPA nach Bales)
Gruppen haben
o Sachdimensionen (Aufgaben, Problemlösung …)
o Sozialdimensionen (Emotionen, Beziehungen …)
anwendbar in KMW z.B. auf Gruppen-diskussionen (über Medien), Foren, Talkshows
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2. Grundformen
2.2. Teilnehmende Beobachtung/Feldforschung
Beispiele
When Prophecies Fail (Festinger et. al. 1956)
Die Arbeitslosen von Marienthal (Jahoda et. al. 1933)
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3. Forschungsablauf 3.1 quantitativ
(Spezifizierung des allgemeinen Forschungsablaufs)
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3. Forschungsablauf
3.1 quantitativ
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Festlegungen
o Analysematerial und Stichprobenauswahl
o Untersuchungseinheiten (Indikatoren)
o Kategoriensystem
o nach einheitlichem Prinzip (=theoretisches „System“)
o wechselseitig exklusiv
o vollständig (= alle interessierende Merkmale sind abgebildet)
o eindeutig definiert
3. Forschungsablauf
3.2 qualitativ/explorativ (analog zu 3.1, aber offener)
Zentrale Probleme
o Feldzugang/-position/-rückzug
o Identifikation und Distanz: going native
o Protokollierung
ethische Probleme (vor allem bei verdeckter teilnehmender Beobachtung)
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4. Fehlerquellen
o Beobachter (1)SelektionWahrnehmungstendenzen (Erwartungen, Konsistenz u.a.)„Sinnstiftung“/Interpretation
o Beobachtung/Situation (2)KomplexitätReaktivitätKategoriensystem
o störende Randbedingungen (3)„Sichtbarkeit“ des FeldesTechnik
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5. Anwendungsfelder
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Kommunikator Medienangebote Rezipient
• Handeln in Redaktionen (Gate Keeping)
• soziale Interaktionen im Medium (vor allem TV)
• Nutzungsverhalten
- privat (strukturanalyt. Rezeptionsforschung)
- öffentlich (Medien im öffentlichen Raum: Kino,Verkehrsmittel, Gaststätten usw.)
- Medien und interpersonale Kommunikation (soziale Medienfunktionen)
• Auftreten in der Öffentlichkeit/ im Medium
• Vergleich: „Medienrealität“ –externe Realität (z.B. MacArthur Day)
5. Anwendungsfelder/Zusammenfassung
„schwierige“ Methode (in der KMW)
Charakter des zu Beobachtenden
Handhabung
folglich: seltene Anwendung
(inzwischen) häufig: apparative Messungen (mit „blinden“ Apparaten)
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Übungsfragen
Erläutern Sie die verschiedenen Aspekte einer Definition von Beobachtung!
Welche Grundformen der Beobachtung haben Sie kennengelernt und was sind ihre zentralen Merkmale?
Erläutern Sie kurz den typischen Forschungsablauf bei der Durchführung einer Beobachtung!
Nennen und erläutern Sie drei typische Beobachtungsfehler!
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