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Early Christianity in Nis

Date post: 20-Jan-2016
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The early monuments of Naisus, Serbia.
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ÖSTERREICHISCHE AKADEMIE DER WISSENSCHAFTENPHILOSOPHISCH-HISTORISCHE KLASSE

UNIVERSITÄT WIEN

VEREIN ZUR FÖRDERUNG DER CHRISTLICHEN ARCHÄOLOGIEÖSTERREICHS

MITTEILUNGENZUR CHRISTLICHEN ARCHÄOLOGIE

Schriftleitung:Renate PillingeR und ReinhaRdt haRReitheR

Band 172011

Page 3: Early Christianity in Nis

Gedruckt mit Unterstützung durch die Historisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät der Universität Wien sowie die MA 7 der Stadt Wien

Umschlagbild: Monogramm Christi an der Decke der Grabkammer mit Anker (Foto: M. Rakocija)

Als internationale wissenschaftliche peer reviewed Zeitschrift von der ÖAW gefördert

Herausgeber:Österreichische Akademie der Wissenschaften

Institut für Klassische Archäologie der Universität WienVerein zur Förderung der Christlichen Archäologie Österreichs

Herausgebergremium / Editorial Board:Renate PillingeR (Hauptherausgeberin) und ReinhaRdt haRReitheR

Redaktionskomitee:ReinhaRdt haRReitheR und elisabeth lässig

Franz Klein-Gasse 1, 1190 Wien

Internationaler wissenschaftlicher Beirat / International Advisory Board:achiM aRbeiteR / Göttingen

Rajko BRatož / Ljubljanajosef Rist / BochumkuRt sMolak / Wien

Die verwendete Papiersorte ist aus chlorfrei gebleichtem Zellstoff hergestellt,frei von säurebildenden Bestandteilen und alterungsbeständig.

Die Mitteilungen zur Christlichen Archäologie (MiChA)erscheinen einmal jährlich als Fortsetzung der

Mitteilungen zur Frühchristlichen Archäologie in Österreich [1 (1989) – 6 (1994)]

Für den Inhalt der einzelnen Beiträge sowie die Bildrechte sind allein die Autoren verantwortlich

Alle Rechte vorbehaltenISSN 1025-6555

ISBN 978-3-7001-7188-1

Copyright © 2011 byÖsterreichische Akademie der Wissenschaften

Wien

Satz und Layout: Andrea SulzgruberDruck und Bindung: Ferdinand Berger & Söhne Ges.m.b.H., A-3580 Horn

http://hw.oeaw.ac.at/7188-1http://verlag.oeaw.ac.at

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INHALTSVERZEICHNIS

VORWORT ..................................................................................................................................................... 5

I. ABTEILUNG: Beiträge

Miša Rakocija Das frühe Christentum in Naissus / Niš (Serbien) ......................................................................................... 9

elisabeth lässig Tanz auf spätantiken Textilien aus Ägypten ................................................................................................ 51

antonio enRico felle Note e giunte alle iscrizioni cristiane di Beneventum (ICI VIII) ................................................................ 77

claudia-MaRia behling Puppen, Tiere und der Ernst des Lebens. Zum kulturhistorischen Aussagewert von Puppen und Tierfiguren aus spätantiker und frühchristlicher Zeit ....................................................... 91

II. ABTEILUNG: Literaturbericht

ReinhaRdt haRReitheR – Michael hubeR – Renate PillingeR Bibliographie zur Spätantike und Frühchristlichen Archäologie in Österreich (mit einem Anhang zum spätantik-frühchristlichen Ephesos). 2010 erschienene Publikationen und Nachträge . ................................................................................ 107

MITARBEITER DIESES BANDES ........................................................................................................... 114

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VORWORT

Unser diesjähriger Leitartikel möchte schon hinweisen auf das 1700 Jahre-Jubiläum der Mailänder Konven-tion 2013. Der Autor ist der Organisator des alljährlichen Symposiums Niš i Vizantija (Niš & Byzantium) und bringt erstmals in deutscher Sprache einen Gesamtüberblick zum frühen Christentum in der Geburts-stadt Kaiser Konstantins. Der nächste Beitrag stammt aus unserem zweiten Forschungsschwerpunkt und befasst sich mit Tanz auf spätantiken Textilien aus Ägypten. Christliche Inschriften von Benevent aus dem 4. bis 6. Jh. n. Chr. sind Gegenstand des italienischen Artikels. Darauf folgt eine kulturgeschichtli-che Auswertung von Puppen und Tierfiguren aus spätantiker und frühchristlicher Zeit durch eine unserer Nachwuchswissenschafterinnen. Abgeschlossen wird der Band – wie alle vorangegangenen Jahre – durch die Bibliographie zur spätantiken und frühchristlichen Archäologie in Österreich (mit einem Anhang zum spätantik-frühchristlichen Ephesos).

Wieder im Advisory board begrüßen dürfen wir unseren langjährigen Gutachter Univ.-Prof. i. R. Dr. kuRt sMolak. Ihm sowie Dr. Ruth ohM als für die Summaries verantwortlichen native speaker gilt unser herzlichster Dank.

Tolle – lege!

Renate PillingeR ReinhaRdt haRReitheR

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I. ABTEILUNG

Beiträge

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MITTEILUNGEN ZUR CHRISTLICHEN ARCHÄOLOGIE 17, 9 – 50© 2011 by Österreichische Akademie der Wissenschaften Wien

M i š a R a k o c i j a

Das frühe Christentum in Naissus / Niš (Serbien)*

Das Stadtgebiet des antiken Naissus umfasst den Bereich der heutigen Stadt Niš und deren Umgebung. Die geografische Ausdehnung lässt sich im Osten im Sićevo-Tal mit der Basilika von Ostrovica bestimmen, im Norden mit der Basilika im Dorf Knez, im Westen durch die Grabkammer beim Dorf Toponica und im Sü-den durch die Dreikonchenkirche und die Grabkammer im Dorf Klissura (Abb. 1).

Für die Entstehung und Entwicklung des Christentums in Naissus sind diese topografischen Gegebenhei-ten sowie die strategische und geografische Position der Stadt am Schnittpunkt wichtiger Verkehrsverbin-dungen, die in alle wichtigen Regionen der Balkanhalbinsel führen, entscheidende Voraussetzungen. Nach Osten führte die Straße nach Serdica und weiter nach Konstantinopel1, in südlicher Richtung gelangte man nach Scupi und Thessaloniki, die Straße nach Südwesten verlief über Ulpiana und Lissus nach Dyrrhachium an der Adria. Das Itinerarium Burdigalense vermerkt im entsprechenden Straßenabschnitt auf dem Weg nach Jerusalem nur Serdica und Naissus als civitates2. Auf diesen wichtigen Straßenverbindungen kamen mit dem Militär und den Händlern auch kulturelle Einflüsse und so auch das Christentum nach Naissus, das auf dem Gebiet der spätantiken Provinz Dacia Mediterranea liegt3.

Die Folgen der geschichtlichen Ereignisse, die sich nach der Geburt des späteren Kaisers Konstantin in Naissus bis zu den Eroberungen der Awaren und Slawen nach dem Untergang der spätantiken Siedlung abge-spielt haben, das ereignisreiche und turbulente kirchliche Leben der Stadt in Verbindung mit den bekannten Denkmälern dieser Epoche haben Niš einen bedeutenden Platz in der Geschichte des frühen Christentums von der Mitte des 4. bis zu den ersten Jahrzehnten des 7. Jhs. in dieser Region gesichert.

FORSCHUNGSGESCHICHTE

Der Beginn der archäologischen Untersuchungen des Nišer Gebiets ist mit ersten Amateur-Archäologen ver-knüpft4. Einer der ersten, der das antike Naissus erforscht hatte, war felix kanitz (1824 – 1904)5. Nach der Befreiung von der türkischen Herrschaft wurde systematisch mit den Untersuchungen und der Dokumentie-rung des Denkmälerbestands begonnen. Die Altertümer der Region von Niš wurden von gelehrten Chronis-ten wie S. PoPović, M. Milićević und lj. kovačević oder Fachleuten wie M. valtRović oder D. Milutinović

* Für die Übersetzung ins Deutsche sei MaRko kaPlaRević herzlichst gedankt. 1 К. Јиречек [k. jiReček], Војна цеста [Heerstraße]. In: Зборник Константина Јиречека [Zbornik Konstantina Jirečeka] 1.

Београд [Beograd] 1959, 91 – 92. 2 Itinerarium Burdigalense (ed. P. geyeR – o. cuntz, Itineraria et alia geographica [CCL 175]. Turnholti 1965, 6 –7); Hieroc.

Synek. 654/6 (Ναϊσσός) und 654/3 (Σαρδική) (ed. E. honigMann, Le Synekdèmos d’Hiéroklès et l’opuscule géographique de Georges de Chypre [Corpus Bruxellense Historiae Byzantinae. Forma Imperii Byzantini 1]. Bruxelles 1939, 20); J. zeilleR, Les origines chrétiennes dans les provinces danubiennes de l’Empire romain (BEFAR 112). Paris 1918 (²1967), 16 (превод [Übersetzung] К. Никчевић [k. nikčević], j. Зелер, Почетци хришћанства на Балкану [Die Anfänge des Christentums am Balkan]. Подгорица [Podgorica] 2005).

3 В. ПоПовић [V. PoPović], Грчки натпис из Царичиног Града и питање убикације Прве Јустинијане [Griechische Inschrift aus Caričin Grad und die Frage der Lokalisierung von Justiniana Prima]. Глас САНУ 360, књ. 7 [Glas SANU 360, Buch 7] (1990) 80.

4 A. evans kommt auf seinem Weg durch Serbien und Montenegro am Ende des 19. Jhs. auch nach Niš: A. evans, Antiquarian Researches in Illyricum 4. Westminster 1883.

5 F. kanitz, Römische Studien in Serbien: Der Donau-Grenzwall, das Straßennetz, die Städte, Kastelle, Denkmäler, Thermen und Bergwerke zur Römerzeit im Königreich Serbien (Dph 41/2). Wien 1892.

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Miša Rakocija10

Abb. 1: Niš mit Umgebung – 1. Basilika mit Martyrium; 2. Basilika im Hof der Hl. Panteleimon Kirche; 3. Basilika im Hof der Hl. Nikolaus Kirche; 4. Frühchristliche Kirche in Mediana; 5. Basilika in Ćurlina; 6. Basilika im Dorf Knez; 7. Grabkammer mit zwei Kuppeln in Niška Banja; 8. Kirche an der Lokalität Kamara; 9. Kirche an der Lokalität Gradište bei Miljkovac; 10. Kirche mit drei Konchen im Dorf Klissura; 11. Basilika in Ostrovica; 12. Grabkammer in Jelašnica; 13. Städtische Nekropole; 14. Grabkammer in Klissura; 15. Baptisterium; 16. Frühbyzantinische Befestigung Mediana; 17. Frühbyzantinische Befestigung beim Dorf Miljkovac (http://gis.ni.rs, Bearbeitung: M. Rakocija)

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Das frühe Christentum in Naissus / Niš (Serbien) 11

beschrieben und Dank ihrer Arbeit besuchten und studierten diese Denkmäler der Professor für Christliche Archäologie in Budapest B. coboR und der österreichische Historiker A. doMaszewski6.

Die ersten Jahre der Untersuchungen (1899 – 1903) gehören den angesehenen Forschern A. PReMeRstein und N. vulić7. Die organisierten archäologischen Arbeiten begannen in Niš in den dreißiger Jahren des 20. Jhs. an der Lokalität Mediana8 und im Raum der frühchristlichen Nekropole im städtischen Gebiet Jago-din Mala. a. oRšić-Slavetić publizierte im Jahr 1936 drei Ausgaben der moravischen archäologischen Mit-teilungen (Moravski arheološki glasnik). Der Kurator des Nationalmuseums in Niš, R. BRatanić, erforschte in der vierten Dekade des 20. Jhs. die Nekropolen in Jagodin Mala und Mediana9.

Nach dem zweiten Weltkrieg wurden methodologisch-archäologische Forschungen zu den frühchristli-chen Monumenten (Jagodin Mala seit 1952, Mediana seit 1961, das Stadtfeld seit 1961, Pantelejska Kirche seit 1962, die Festung, Kirche des Hl. Nikolaus seit 2000 usw.) durchgeführt sowie viele einzelne Unter-suchungen vorgenommen. Umfangreiche Forschungsbeiträge lieferten A. nenadović und hervorragende Forscher aus Belgrad: ĐjoRdje Mano-zisi, MiodRag GRBić, Radivoje und MiRjana ljuBinković, nevenka PetRović, MaRtin GaBRičević, nevenka sPReMo-PetRović, ljubica Zotović, PetaR PetRović, aleksandaR jovanović, Miloje vaSić und andere.

Frühchristliche Denkmäler in Naissus wurden häufig nur sehr kurz in Berichten erwähnt, ohne analy-tische Beurteilung der Denkmalmerkmale und weit entfernt von der Synthese und eindeutigen Schlussfol-gerungen über das Leben der ersten Christen in Naissus. Den Grundstein systematischer Erforschung der frühchristlichen Monumente legte lazaR MiRković10. Dank jacques zeilleR erfahren wir über die literari-schen Quellen aus der Zeitperiode vom 4. bis zum 7. Jh.11. PetaR PetRović systematisierte und bearbeitete epigrafisches Material, darunter auch christliche Inschriften aus dem Gebiet von Naissus12.

DIE ANFÄNGE DES CHRISTENTUMS IN NAISSUS UND DIE KIRCHLICHEN VERHÄLTNISSE

Kaiser Konstantin der Große (280 – 337) wurde in Naissus geboren und erhielt hier auch seine Ausbildung, er hat daher diese Stadt später prachtvoll ausgeschmückt, wie in der Biographie des Kaisers des Anonymus Valesianus vermerkt ist13. Der Aufstieg der Stadt ist also untrennbar mit seinem Namen verbunden, wie auch andere Autoren betonen14. Beispielsweise notiert Priscus auf seiner Durchreise im Jahr 448, dass Konstantin die Stadt Naissus besonders begünstigt hat15. Die entscheidende Rolle, die Kaiser Konstantin beim Ausbau der Stadt spielte, betont auch Stephanos von Byzanz, der behauptet, dass Konstantin die Stadt gegründet und von Grund auf erbaut habe16. Dank der Geburt des Kaisers Konstantin erhielt Naissus den Beinamen

6 М. ракоција [M. Rakocija], О значају истраживања старина Драгутина Милутиновића и Михаила Валтровића у области Ниша и Нишавља [Über die Bedeutung der Forschungen des Dragutin Milutinović und Mihailo Valtrović im Gebiet von Niš und Nišavlje]. Нишки зборник [Niški zbornik] 18. Ниш [Niš] 1994, 113 – 120.

7 П. Петровић [P. PetRović], Ниш у античко доба [Niš in antiker Zeit]. Ниш [Niš] 1976, 13 – 17; Ж. Петровић [Ž. PetRović], Народни музеј у Нишу [Das Nationalmuseum in Niš] 1933 – 2003. Ниш [Niš] 2005, 21 – 43.

8 Ж. Петровић [Ž. PetRović], Медијана, резиденција римских царева [Medijana, Residenz der römischen Kaiser]. Београд [Beograd] 1994, 23 – 29.

9 Р. O. БратаНић [R. O. BRatanić], Ископавања у Нишу и околини [Ausgrabungen in Niš und Umgebung]. Преглед епархије нишке [Pregled eparhije Niške] 5 – 6. Ниш [Niš] 1937, 180 – 187.

10 Л. Мирковић [L. MiRković], Старохришћанска гробница у Нишу [Die altchristliche Grabkammer in Niš]. Старинар [Sta-rinar] 5 – 6, 1954 – 1955 (1956) 53 – 72.

11 J. zeilleR, Les origines chrétiennes dans les provinces danubiennes de l’Empire romain. 12 П. Петровић [P. PetRović], Палеографија римских натписа у Горњој Мезији [Paläographie römischer Inschriften in Ober-

mösien]. Београд [Beograd] 1975; deRs., IMS 4: Naissus – Remisiana – Horreum – Margi. Beograd 1979. 13 Orig. Const. 2, 2: Hic igitur Constantinus, natus Helena matre vilissima in oppido Naisso atque eductus, quod oppidum postea

magnifice ornavit ... (ed. I. könig, Origo Constantini, Anonymus Valesianus 1 [Trierer historische Forschungen 11]. Trier 1987, 34 – 35).

14 Naissus wurde allerdings schon in der zweiten Hälfte des 2. Jhs. das munizipale Recht erteilt: П. Петровић [P. PetRović], Ниш у античко доба [Niš in antiker Zeit], 33 – 35.

15 Exc. 1b, 1 (ed. P. caRolla, Priscus Panita. Excerpta et Fragmenta. BT. Berolini et Novi Eboraci 2000, 5); Ф. Баришић [F. BaRišić], Приск [Priscus]. In: ВииНЈ [VIINJ] 1. Београд [Beograd] 1955, 11.

16 П. Петровић [P. PetRović], Ниш у античко доба [Niš in antiker Zeit], 37; deRs., Naissus – задужбина цара Константина [Naissus – Stiftung des Kaisers Konstantin]. In: Д. Срејовић (Eд.) [D. SRejović (Hg.)], Римски царски градови и палате у Србији [Römische kaiserliche Städte und Paläste in Serbien]. Галерија САНУ књ. 73 [Galerija SANU, Buch 73]. Београд

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Miša Rakocija12

„glorreiche Stadt“, der noch etliche Jahrhunderte durch mittelalterliche Reisende und Chronisten überliefert wird17.

Weder im 3. Jh. noch in der Zeit der größten Christenverfolgung unter Kaiser Diokletian wird Naissus als Ort des Martyriums von Christen erwähnt18. Obwohl also Namen von Martyrern aus Naissus nicht bekannt sind19, verfügen wir über Hinweise auf ihre Existenz und ihre Verehrung. Denn bereits im späten 4. Jh. ist Naissus durch die Reliquien seiner Martyrer in der damaligen christlichen Welt bekannt. Davon zeugen die Angaben bei Victricius, Bischof von Rouen, einem berühmten christlichen Denker, welcher in seiner Schrift De laude sanctorum Naissus zu den bekannten Städten zählt, in denen Reliquien von Heiligen aufbewahrt werden20: An aliter in Oriente Constantinopoli, Antiochiae, Thessalonicae, Naiso, Romae in Italia miseris porrigunt medicinam?

Vielleicht haben diese immer noch bekannten Reliquien lokaler Martyrer diejenigen ermuntert, die Pris-cus im Jahr 448 in den Ruinen der „Tempel“ sah, wie sie versuchten, im Gebet ihr Heil zu finden21: „Als wir in Naissus ankamen, fanden wir die Stadt verlassen, weil sie von Grund auf von den Feinden verwüstet und zerstört wurde. In den Trümmern der Tempel haben sich an Krankheit leidende Menschen befunden. Übernachtet haben wir an einer sauberen Stelle, etwas weiter vom Fluß entfernt, da das gesamte Ufer von den Überresten der im Kampf Gefallenen übersät war.“

Wenn man die Zeit berücksichtigt, in der sich Priscus in Naissus aufgehalten hat, sowie die Haltung ge-genüber einem heiligen Ort22, so ist anzunehmen, dass er mit den „Trümmern der Tempel“ die christlichen Kirchen mit Reliquien von Heiligen gemeint hat, deren Heilkräfte schon Victricius betonte23. Die Angabe des Priscus bestätigt demnach die Existenz von Kirchen in der Stadt, von denen bisher aber keine entdeckt wurde.

[Beograd] 1993, 60 mit Literatur (engl. Fassung: P. PetRović, Naissus – a Foundation of Emperor Constantine. In: D. SRejović (ed.), Roman Imperial Towns and Palaces in Serbia. Gallery of the SASA 73. Belgrade 1993, Catalogue).

17 Ст. ПрвовеНчаНи [st. PRvovenčani], Сабрани списи – живот светог Симеона [Gesammelte Schriften – das Leben des Hei-ligen Simeon]. Београд [Beograd] 1988, 74.

18 Eus. hist. eccl. 8, 4. Eine Liste der illyrischen Martyrer findet sich in D. faRlati, Illiricum sacrum VIII. Venetiis 1819, 52. Einen interessanten Überblick verfasste E. gaRtzonika, Martyrs and their holy loci in the Balkan peninsula: a preliminary historical-geographical approach. In: Ниш и Византија. Зборник радова [Niš & Byzantium. Symposium. The Collections of Scientific Works] 7. Ниш [Niš] 2009, 129 – 140.

19 Im 12. Jahrhundert erfahren wir aus der Schrift des Johannes Kinnamos, dass in Niš Reliquien des Hl. Prokopius aufbewahrt wurden. Es gibt keine Beweise dafür, dass es sich um den großen palästinensischen Martyrer Prokopius, der in der Zeit Diokletians am 8. Juli 303 den Tod erlitten hat, handelt: joannes cinnaMus, Epitome rerum ab Joanne et Alexio Comnenis gestarum (CSHB 16). Bonnae 1836, V, 8; PG 133, 588; J. zeilleR, Les origines chrétiennes (wie Anm. 2), 108 note 2. K. jiRe-ček meint, dass in der Bischofskirche in Niš die Reliquien dieses Martyrers aufbewahrt werden (К. јиречек, историја Срба [Serbische Geschichte] 1. Београд [Beograd] 1981, 127); В. Марковић [V. MaRković], Православно монаштво и манастири у средњевековној Србији [Orthodoxes Mönchtum und Klöster im mittelalterlichen Serbien]. Сремски Карловци [Sremski Karlovci] 1920, 39, 48; Ј. калић [J. kalić], Јован Кинам [Johannes Kinnamos]. In: BииHJ [VIINJ] 4. Београд [Beograd] 1971, 74, Anm. 187 und 188; М. ракоција [M. Rakocija], Резултати археолошких истраживања у порти цркве Св. Николе у Нишу и покушај убикације епископске цркве Св. Прокопија [Die Ergebnisse der archäologischen Untersuchungen im Hof der Hl. Nikolaus Kirche in Niš und der Versuch der Ubikation der Episkopalkirche des Hl. Prokopius]. ГДКС [GDKS] 26 (2002) 127 – 131; deRs., Нова сазнања о ранохришћанској прошлости Ниша [Neue Kenntnisse über die frühchristliche Vergangenheit von Niš]. In: Ниш и Византија. Зборник радова [Niš & Byzantium. Symposium. The Collections of Scientific Works] 6. Ниш [Niš] 2008, 47 – 48.

20 De laude sanctorum 11 (ed. I. MuldeRs – R. deMeulenaeRe, CCL 64. Turnholti 1985, 86); J. zeilleR, Les origines chrétiennes, 108; Л. Мирковић [L. MiRković], Старохришћанска гробница у Нишу (wie Anm. 10), 67 – 68. Laut R. BRatož, Die Entwick-lung der Kirchenorganisation in den Westbalkanprovinzen (4. bis 6. Jahrhundert). In: V. gjuzelev – R. PillingeR (Hg.), Das Christentum in Bulgarien und auf der übrigen Balkanhalbinsel in der Spätantike und im frühen Mittelalter. II. Internationales Symposium Haskovo (Bulgarien), 10.–13. Juni 1986. Miscellanea Bulgarica 5 (1986) 149 – 196, hier: 152, Anm. 21: „könnten wir (nach Victricius) auf eine größere Märtyrerzahl in Naissus schließen“.

21 Exc. 8, 13 – 14 (ed. cit., 18); Ф. Баришић [F. BaRišić], Приск [Priscus], 13. 22 Der Glaube an die heilende Kraft des heiligen Ortes, unter welchem man die Präsenz des Martyrergrabes oder von Reliquien

versteht, war auch in Sirmium bekannt (В. ПоПовић [V. PoPović], Блажени Иринеј први епископ Сирмијума [Der selige Irinäus, der erste Bischof Sirmiums]. In: Sirmium град царева и мученика [Sirmium Stadt der Kaiser und Martyrer]. Сремска Митровица [Sremska Mitrovica] 2003, 263.

23 De laude sanctorum 11 (ed. cit., 86).

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Das frühe Christentum in Naissus / Niš (Serbien) 13

Bischof Victricius reiht also Naissus unter die bedeutendsten Pilgerzentren wie Konstantinopel, Antio-chia, Thessaloniki und Rom ein, in denen Martyrerreliquien aufbewahrt werden24. Daher kann Naissus, wie Strumica25 und Sremska Mitrovica26, als eine Stadt der Martyrer, als Martyriopolis, bezeichnet werden. Als solche nahm sie Victricius wahr27. Zu dieser Zeit war das offizielle Symbol der Stadt ein Palmenzweig als erkennbares Zeichen des Sieges über den Tod, als Zeichen für Ruhm und Martyrium, sodass Naissus damit als Stadt der Martyrer charakterisiert wurde. Der Palmenzweig ist neben dem Namen der Stadt in ein Blei-gewicht eingraviert, das man in der frühchristlichen Basilika bei der Kirche des Hl. Panteleimon entdeckt hat28. In einer detaillierten Analyse kommt a. jovanović zum Schluss, dass für die Personifikation der Stadt Naissus der Palmzweig als Symbol des Martyriums29 ausgewählt wurde, als erkennbares Zeichen der Mar-tyriopolis30 (Abb. 2).

24 Л. Мирковић [L. MiRković], Старохришћанска гробница у Нишу [Die altchristliche Grabkammer in Niš] (wie Anm. 10), 67. 25 Б. алекСова [B. aleksova], Епископијата на Брегалница [Bischofssitz in Bregalnica]. Прилеп [Prilep] 1989, 129. 26 В. ПоПовић [V. PoPović], Блажени Иринеј први епископ Сирмијума [Der selige Irinäus, der erste Bischof Sirmiums],

201 – 289. 27 М. ракоција [M. Rakocija], Манастири и цркве града Ниша [Klöster und Kirchen der Stadt Niš]. Ниш [Niš] 1998, 14; deRs.,

Cultural treasures of Niš. Niš 2000, 42, 51 – 52. 28 В. кораћ [V. koRać], Истраживање остатака храма Св. Пантелејмона [Erforschung der Reste der Kirche des Hl. Pantelei-

mon]. ЗРВи [ZRVI] 39, 2001/2002 (2002) 132, T. IX/149. 29 Die Palme befindet sich am Ende der Inschrift: P(ondo) I(undo) N(aissi) beim Buchstaben „N“ (А. јоваНовић [A. jovanović],

Прилог проучавању официјалних симбола античког Ниша [Beitrag zu Studien der offiziellen Symbole des antiken Niš]. ЗНMН [ZNMN] 12 (2003) 43 – 52.

30 М. ракоција [M. Rakocija], Нова сазнања о ранохришћанској прошлости Ниша [Neue Erkenntnisse über die frühchristli-che Vergangenheit von Niš] (wie Anm. 19), 49 – 52.

Abb. 2: Palmzweig – Personifikation der Stadt Naissus an einem Gewicht (nach V. koRać); Grabkammer Nr. 3, Darstellung eines Heiligen (Hl. Petrus?) unter Palmzweigen (Foto: Nationalmuseum Niš)

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Miša Rakocija14

In jener Zeit war die Lehre des Arius31 am Balkan besonders einflussreich und zahlreiche Bischöfe schlossen sich seiner Lehrmeinung an. Einer seiner Anhänger war Cyriacus, Bischof von Naissus (Cyriacus a Naisso)32. Er wird in der Enzyklika der arianischen Bischöfe aus Serdica als Mitverfasser einer Schrift gegen den katholischen Theologen Marcellus aus Ankara erwähnt. Anscheinend war er in theologischer und kirchenpolitischer Hinsicht ein unsicherer Faktor, da er später von den arianischen zu den katholischen Bi-schöfen wechselte. Am Konzil von Serdica 343 vertrat Bischof Gaudentius das Bistum Naissus, Cyriacus ist also vor diesem wichtigen Ereignis in der Geschichte des Christentums auf der Balkanhalbinsel gestorben. Sein Nachfolger war Gaudentius (Gaudentius a Dacia de Naïso, Gaudentius Naisitanus)33. Dieser holte die durch Cyriacus abgesetzten Priester wieder ins Amt zurück. Gaudentius war am Konzil von Serdica neben Ossius von Cordoba der aktivste Teilnehmer, da er vier Kanones (4, 18, 20 und 21) beantragte. Er wurde jedoch wegen seiner offenen Unterstützung für Athanasius von den östlichen Bischöfen exkommuniziert34.

Aufgrund der lebhaften theologischen Diskussionen begab sich Athanasius nach dem Konzil in Serdica nach Naissus zu Freunden des Bischofs Gaudentius. Aus der Einleitung der Fest- oder Osterbriefe des Hl. Athanasius erfahren wir, dass er nach dem Konzil in Serdica im nächsten Jahr (344) Ostern in Naissus feier-te35. Durch die Anwesenheit dieser bedeutenden kirchlichen Persönlichkeit in Naissus wurde das geistliche Leben der Stadt zweifellos beeinflusst.

Es ist möglich, dass sich Bischof Gaudentius aus Naissus, nach der Abreise seines Freundes Athanasius des Großen, nach 344 in das nahe gelegene Romuliana, das kirchlicher Besitz geworden war, zurückgezogen hat und dort Ende der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts starb36.

Naissus war allerdings auch zur Zeit des Bischofs Bonosus, Nachfolger des Gaudentius, ein Brennpunkt ketzerischer Lehren. Die Priesterweihen des Bischofs Bonosus in Naissus riefen eine Reaktion von Papst In-nozenz (401 – 417) hervor, wodurch Bonosus als photinianischer Bischof seines Amtes enthoben wurde. Sein Nachfolger Martianus griff Bonosus an, doch eine Synode entschied, dass alle Weihen, die vor seiner Ver-urteilung (391) stattgefunden hatten, anzuerkennen seien. Martianus akzeptierte dies nicht und somit musste Papst Innozenz erneut eingreifen37. Er wandte sich in zwei Briefen im Jahr 409 an Martianus38, in denen er von ihm verlangt, die synodalen Beschlüsse zu respektieren, um die Verhältnisse bei der Unterdrückung der Häresie der Photinianer zu regeln. Aus diesen Schreiben erfahren wir die Namen der Priester Germanius und

31 Über Arius und seine Lehre siehe А. В. карташов [A. V. kaRtašov], Васељенски сабори [Die ökumenischen Konzilien] 1. Београд [Beograd] 1995, 11, 30.

32 Hil. coll. antiar. A IV 1, 3, 4 (ed. a. fedeR, CSEL 65. Wien 1916, 51): Cyriacus a Naiso und A IV 1, 27, 4 (ed. cit., 66); a. fedeR, Studien zu Hilarius von Poitiers II (Sbph 166/5). Wien 1911, 111; J. zeilleR, Les origines chrétiennes (wie Anm. 2), 158, 237 und 635 s. v. Cyriaque, évêque de Naissus; R. BRatož, Die Entwicklung der Kirchenorganisation in den Westbalkanprovinzen (wie Anm. 20), 154, 172 Anm. 43 und 190.

33 Hil. coll. antiar. A IV 1, 27, 2 und 4; B II 4 (ed. cit., 66 und 136); Athan. ad Mareoticas eccl. epist. (PL 56, 851); ch.-J. hefele – h. lecleRcq, Histoire des Conciles d’après les documents originaux 1/2. Paris 1907, 766; 800; 802 – 803; a. fedeR, Studien zu Hilarius von Poitiers II, 23 Nr. 32; 38; 53 Nr. 21 und 115 Nr. 33; i. oPelt, Die westliche Partei auf dem Konzil von Serdica. In: R. PillingeR (Hg.), Spätantike und frühbyzantinische Kultur Bulgariens zwischen Orient und Okzident (Bant 16). Wien 1986, 85 – 92, bes. 87 und R. BRatož, Die Entwicklung der Kirchenorganisation in den Westbalkanprovinzen, 154, 171 Anm. 38 und 190.

34 M. le quien, Oriens Christianus, in quatuor Patriarchatus digestus; quo exhibentur Ecclesiae, Patriarchae, caeterique prae-sules totius orientis 2. Parisiis 1740, 313; J. zeilleR, Les origines chrétiennes, 246.

35 Zum Aufenthalt des Athanasius in Naissus im Jahr 344 (sicher beim Osterfest, das auf den 14. April fiel) siehe Athan. epist. fest. cum chronico, a. 344 (PG 26, 1354 – 1355: rediisset [sc. Athanasius] a synodo Naissi habita, ubi et Pascha celebraverat); neuere Ausgabe des syrischen Originals mit französischer Übersetzung: Athanase, Histoire “Acéphale” et index syriaque des lettres festales (ed. a. MaRtin) (SC 317). Paris 1985, 242 – 243.

36 Vgl. auch J. zeilleR, Les origines chrétiennes, 261. 37 Ebd., 145. Zu Bonosus siehe weiters x. le bachelet, Dictionnaire de théologie catholique 2/1 (1923) Sp. 1027 – 1031 s. v.

Bonose; ch. PietRi, Roma christiana. Recherches sur l’église de Rome, son organisation, sa politique, son idéologie, de Mil-tiade à Sixte III (311 – 440) (BEFAR 224). Rome 1976, 1078 – 1082 (die Absetzung des Bonosus auf der Synode in Capua 392) und k. schäfeRdiek, Bonosus von Naissus, Bonosus von Serdica und die Bonosianer. ZK 96 (1985) 162 – 178 (mit zum Teil anderen Schlussfolgerungen).

38 Innocentius epist. 16 und 17 (PL 20, 519 – 521; 527). Vgl. dazu auch Ph. jaffé, Regesta pontificum Romanorum 1. Lipsiae 1885, 261 und 299 sowie R. BRatož, Die Entwicklung der Kirchenorganisation in den Westbalkanprovinzen, 155, 175 Anm. 54, 177 Anm. 65 und 190.

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Das frühe Christentum in Naissus / Niš (Serbien) 15

Rusticus sowie des Diakons Lupentius in Naissus, für die sich der Papst bei Martianus einsetzte39. Aus einem fünf Jahre später entstandenen Brief geht hervor, dass Martianus ungefähr 414 n. Chr. noch am Leben war40.

Sogar nach den hunnischen Verwüstungen (441), als viele Diözesen nicht mehr existierten, ist das kirch-liche Leben in Naissus nicht erloschen. Danach war ein Großteil der Bischöfe nicht in der Lage, dem Brief des Kaisers Leo41 zu antworten. Doch unterfertigte ein diesbezügliches Schreiben neben Ursilius aus Scupi Dalmatius aus Naissus42. Es handelt sich hierbei zweifellos um einen Bischof aus Naissus, der bis jetzt nicht in der Liste der dortigen Bischöfe angeführt wurde43.

Unter der Leitung von Bischof Dalmatius hat Naissus in der zweiten Hälfte des 5. Jhs. seine kirchliche Organisation bewahrt, wie es auch bei der Diözese Dacia Mediterranea der Fall war44.

Gaianus, der nächste Bischof, dessen Namen uns bekannt ist, war im Jahr 516, während der Regierungs-zeit Anastasius I. (491 – 518), wegen der Verteidigung der Orthodoxie in Konstantinopel in Haft45.

Kaiser Justinian hat der neu gegründeten Diözese Justiniana Prima mit der Novelle 1146 aus dem Jahr 535 den Episkopat der Provinz Dacia Mediterranea, wo sich Naissus befand47, untergeordnet.

Bischof Proiectus aus Naissus nahm am Konzil in Konstantinopel im Jahr 553 an den Diskussionen über den Monophysitismus teil. Aus den Konzilsakten geht hervor, dass er seinen Standpunkt mit seinem Vorge-setzten (d. h. mit Benenatus) abgestimmt hat: Ad Benenatum archiepiscopum accedo et ad eum respondeo48. Seine Stimme war bei der Verurteilung des Monophysitismus, im so genannten Dreikapitelstreit, ausschlag-gebend49.

Unserer Erkenntnis nach sollte man neben den Namen der neu nachgewiesenen Priester Germanius und Rusticus, dem Diakon Lupentius und den bisher bekannten Bischöfen von Naissus auch Dalmatius anführen, sodass die Reihenfolge der Bischöfe von Naissus folgendermaßen aussehen könnte: 1) Cyriacus, vor 343; 2) Gaudentius, ca. 343; 3) Bonosus, ungefähr 391 wird er ersetzt durch 4) Martianus, bis 414; 5) Dalmatius, ca. 467; 6) Gaianus, ca. 516; 7) Proiectus, ca. 553.

In diesem geistigen Klima wurden mit Einfluss aus dem Westen und im Einklang mit den Bischöfen und Priestern die ersten Taufkapellen, Kirchen und christlichen Gräber in Naissus gebaut und ausgeschmückt.

TOPOGRAPHIE

Die Lage der antiken Stadt ist bis heute nicht genau definiert. Etwas mehr wissen wir über das frühbyzanti-nische Naissus. Genau beschrieben ist die Nekropole, die sich östlich der Stadt auf dem Gebiet der heutigen Siedlung Jagodin Mala ausdehnte.

39 J. zeilleR, Les origines chrétiennes, 348. 40 Ebd., 159 und note 4: Brief an die mazedonischen Bischöfe. 41 Zwischen denen, die dem Konzil von Chalkedon treu geblieben sind, und Timotheus, der vom Kaiser als legitimer Bischof

von Alexandria anerkannt werden sollte, obwohl er bis dahin als Häretiker galt, konnte sich Kaiser Leo nicht entscheiden: J. zeilleR, Les origines chrétiennes, 361.

42 Ebd., (wie Anm. 2), 162 und 361. In der entsprechenden Quelle in der Collectio Sangermanensis (ACO II/5, 88) identifizieren sich am Beginn des Briefes Vrsilius Dalmatius Maximus episcopi uestrae Dardaniae, am Ende stehen die Unterschriften Vrsilius episcopus Dardaniae … Dalmatius episcopus neutimae (Nentine, Neutine als Varianten), Maximus episcopus Diocle-tianensis. Naissus ist aber eine Stadt in Dacia mediterranea.

43 М. ракоција [M. Rakocija], Нова сазнања о ранохришћанској прошлости Ниша (wie Anm. 19), 55 – 57 mit Bezug auf M. le quien, Oriens Christianus (wie Anm. 34), 313 – 314, der Neutina mit Naissus identifiziert. Es muss jedoch betont werden, dass es sich bei der Verlegung dieses Bischofs Dalmatius nach Naissus um eine Hypothese handelt.

44 J. zeilleR, Les origines chrétiennes, 361. 45 Ebd., 159; Marcell. chron. ad ann. 516, 3 (ed. th. MoMMsen, Chronica minora II. MGH AA 11. Berlin ²1961, 99). 46 Iust. Nov. 11 (ed. R. schöll, Berlin 71959, 94). 47 Ф. Баришић [F. BaRišić], Досадашњи покушаји убикације града Јустинијане Приме [Bisherige Versuche der Lokalisierung

der Stadt Justiniana Prima]. Збopник Филoзoфcкoг фaкyлтeтa [Zbornik Filozofskog fakulteta] 7/1 (1963) 127 – 140. 48 M. le quien, Oriens Christianus, 314; J. zeilleR, Les origines chrétiennes, 399. Vgl. Vigilii constitutum de tribus capitulis.

Collectio Avellana, epist. 83, 310 (ed. o. güntheR, CSEL 35. Wien 1895, 319, 5); ACO IV/1, 29 und 30. 49 Vigilii constitutum de tribus capitulis. Collectio Avellana, epist. 83, 310 (ed. cit., 319); J. zeilleR, Les origines chrétiennes, 159,

386 und note 2.

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Abb. 3: Justinianische Westmauer (Foto: M. Rakocija)

Abb. 4: Naissus – 1. Justinianische Westmauer; 2. Justinianische Südmauer; 3. byzantinische Straße; 4. römische Straße; 5. Forum (zivile Basilika?); 6. Objekt mit Oktogon; 7. Kirche; 8. Grabkammer (http://gis.ni.rs, Bearbeitung: M. Rakocija)

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Das frühe Christentum in Naissus / Niš (Serbien) 17

Die ersten Angaben über den Ort, an dem die Stadt gebaut wurde, finden sich bei Ammianus Marcellinus, der berichtet, dass sich im Jahr 365 n. Chr. die Kaiser Valens und Valentinian in Mediana getroffen hatten, einem Vorort von Naissus, welcher drei römische Meilen (4,5 km)50 von der Stadt entfernt war. Im Jahr 441 n. Chr. stellt Priscus fest, dass Naissus am rechten Ufer des Flusses liegt, aber ausreichend Platz zwischen Stadtmauer und Fluss vorhanden war, um das gesamte hunnische Heer aufnehmen zu können51. Demnach befand sich die spätantike Stadt am rechten Flussufer der Nišava52 an den Hängen des Vinik Hügels und erstreckte sich bis zur Festung.

Kaiser Justinian ließ die Stadtmauern wieder errichten53, wobei der südliche und südwestliche aus Ziegeln erbaute Mauerabschnitt, welcher noch heute stellenweise zu erkennen ist54, an den Fluss rückte und somit die strategische Position der Stadt verbesserte (Abb. 3). Östlich von Naissus erstreckte sich die Nekropole.

Am höchsten Punkt der heutigen Festung kreuzten einander die beiden Straßen des cardo und decu-manus, wie die Entdeckung eines Teiles der Trasse des decumanus zeigt; hier befand sich auch das antike Forum (Abb. 4).

Gebäudereste, die in unmittelbarer Verbindung mit der Straße stehen, weisen auf Objekte hin, die integ-rale Teile des Forums waren (Geschäftsräume, eine Basilika, unterirdisch gelegene Räume von beträchtlicher Größe)55.

Unweit des Forums wurden zwei Porträtköpfe gefunden: eine Porphyrstatue stellt einen der Tetrarchen56 dar, bei der zweiten Statue aus vergoldeter Bronze, die wahrscheinlich Ende der zwanziger Jahre des 4. Jhs. zu datieren ist, handelt es sich um Konstantin den Großen57 (Abb. 5).

Südwestlich des Forums stieß man auf eine frühbyzantinische Straße, begleitet von porticus und Werk-stätten. Sie ist so wie der cardo in Nord-Süd-Richtung orientiert und trifft daher im rechten Winkel auf den decumanus. Die städtebauliche und urbanistische Kontinuität zwischen Antike und Spätantike ist dadurch erkennbar. Form und Ausführung der Säulen weisen auf das 5.–6. Jh. hin58 (Abb. 6).

Unweit des Forums wurden einige Gegenstände gefunden, die dem frühen Christentum zuzuordnen sind: die aus einer Altarschranke stammende Parapetplatte59, welche man bei einer noch unerforschten Grabkam-mer entdeckt hat, sowie mit Goldblättern verzierte Würfelchen aus Goldpaste aus einer Mosaikdekoration

50 Amm. Marc. 26, 5, 1: … principes (sc. Valens et Valentinianus) … Naessum advenerunt, ubi in suburbano, quod appellatum Mediana, a civitate tertio lapide disparatur … partiti sunt comites.

51 Exc. 8, 15 – 16 (ed. cit. [wie Anm. 15], 18); Ф. Баришић [F. BaRišić], Приск [Priscus] (wie Anm. 15), 11 – 12. 52 П. Петровић [P. PetRović], Ниш у античко доба [Niš in antiker Zeit] (wie Anm. 7), 56. 53 Proc. aed. 4, 1, 31; Ф. Баришић [F. BaRišić], Прокопије [Prokopije]. In: ВииНЈ [VIINJ] 1. Београд [Beograd] 1955, 57 – 58. 54 lj. Zotović, Niš – lokacija autobuske stanice [Niš – Busbahnhof]. AP 17 (1975) 74. 55 M. Rakocija, Cultural treasures of Niš (wie Anm. 27), 17 – 26. 56 Es besteht eine große Ähnlichkeit mit den Porträts der Tetrarchen aus der einst in Konstantinopel stehenden und heute vor

der Markuskirche in Venedig befindlichen Gruppe: Д. Срејовић [D. SRejović], Два касноантичка портрета из Србије [Zwei spätantike Porträts aus Serbien]. ŽA 9 (1959) 253 – 264; М. ГрБић [M. GRBić], Одабрана грчка и римска пластика у Народном музеју [Ausgewählte griechische und römische Plastik im Nationalmuseum]. Београд [Beograd] 1960; П. Петровић [P. PetRović], Ниш у античко доба [Niš in antiker Zeit], 153 – 155; С. Дрча [S. dRča], Глaвa тeтpapхa [Kopf eines Tetrarchen]. In: Д. Срејовић (Eд.) [D. SRejović (Hg.)], Римски царски градови и палате у Србији [Römische kaiserliche Städte und Palä-ste in Serbien] (wie Anm. 16), 234; Englische Ausgabe: S. dRča, Head of a Tetrarch. In: D. SRejović (Ed.), Roman Imperial Towns and Palaces in Serbia (wie Anm. 16), 234, cat.-no. 73.

57 Der Kopf des Kaisers Konstantin wurde im Jahr 1900 am rechten Ufer des Flusses Nišava bei der Brücke entdeckt. Neben dem Kopf fand man Münzen aus der Zeit Konstantins und Justinians, eine beschädigte Waage, Schmuck und eine Nadel mit Anhänger in Form eines Kreuzes: П. Петровић [P. PetRović], Ниш у античко доба [Niš in antiker Zeit], 152; deRs., Naissus – a Foundation of Emperor Constantine (wie Anm 16), 77, cat.-no. 74; Z. vinski, Krstoliki nakit epohe seobe naroda u Jugoslaviji [Kreuzförmiger Schmuck der Völkerwanderungszeit in Jugoslawien]. VjesAMuzZagreb 3 (1968) 109, T. VI/20; И. ПоПовић [I. PoPović], Дијадема на Константиновом портрету из Ниша настанак и развој нове царске инсигније [Das Diadem an Konstantins Porträt aus Niš, Entstehung und Entwicklung der neuen kaiserlichen Insignie]. In: Ниш и Византија. Зборник радова [Niš & Byzantium. Symposium. The Collections of Scientific Works] 3. Ниш [Niš] 2005, 103 – 118, bes. 107.

58 П. Петровић [P. PetRović], Ниш у античко доба [Niš in antiker Zeit], 152 – 154. 59 М. ракоција [M. Rakocija], О парапетној плочи из Ниша, пореклу и типологији палеовизантијских преграда [Über die

Parapetplatte aus Niš, Herkunft und Typologie der paläobyzantinischen Schranke]. In: Ниш и Византија. Зборник радова [Niš & Byzantium. Symposium. The Collections of Scientific Works] 4. Ниш [Niš] 2006, 106 –107.

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Abb. 5: Porphyrkopf eines Tetrarchen und Bronzekopf des Kaisers Konstantin (Foto: Nationalmuseum Niš, Archäologisches Institut Beograd)

Abb. 6: Byzantinische Straße; in der Bali-begova Moschee entdeckte Parapetplatte (Foto: Arch. D. janjić, Zavod za zaštitu spomenika kulture Niš [Denkmalschutzamt Niš])

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einer nahe gelegenen Kirche60. Dies sind die einzigen archäologischen Hinweise auf die Existenz einer Kir-che in der Stadt Naissus61.

Kaiser Justinian hat, wie Prokopios angibt, in der Umgebung von Naissus 34 Festungen errichten und 8 restaurieren lassen62. Unter den neuerbauten Anlagen wird Mediana genannt, das als einzige erwähnte Festung eindeutig lokalisiert werden kann63. Die Befestigungsmauern sind südlich der heutigen Siedlung auf einer Anhöhe, von der aus man die Straße nach Konstantinopel kontrollieren konnte, archäologisch nachge-wiesen. Zwei Kirchen und ein Baptisterium wurden ebenfalls festgestellt.

In justinianischer Zeit errichtete man in der Umgebung von Niš eine große Zahl von Kirchen, von denen einige innerhalb, manche als eigener Komplex außerhalb der Befestigungen liegen. Zwischen dem 5. und 7. Jh. entstanden auf strategisch günstig gelegenen Hügeln weitere Befestigungen, um sich vor den eindrin-genden Slawen zu schützen.

KIRCHEN

Während also sichere Angaben in den schriftlichen Quellen, aber nur geringe materielle Spuren auf früh-christliche Kirchen innerhalb der Stadt hinweisen, lassen sie sich im Bereich der Siedlung Jagodin Mala deutlich fassen. In der dort vom 4. bis ins frühe 7. Jh. bestehenden Nekropole wurden sechs Kirchen aus dieser Zeit freigelegt. Vier entdeckte A. oRšić-Slavetić vor dem Zweiten Weltkrieg64: Kirche Nr. 8 in der Čegarska Straße ist einschiffig, ihr Eingang wird von zwei Marmorsäulen flankiert; in der dreischiffigen Kirche Nr. 20 wurden gemauerte Gräber mit einer Kopfnische festgestellt; Kirche Nr. 42 mit einer Apsis im Westen und Kirche Nr. 45 mit dem erhaltenen Segment des Apsisbogens. Nach dem Zweiten Weltkrieg stieß man im Hof der Kirche des Hl. Panteleimon noch auf eine dreischiffige Basilika neben einem Martyrium65.

basilika Mit MaRtyRiuM

Das monumentale Martyrium mit Basilika an der Ostseite stellt eine besondere Kultanlage dar, welche als eine einheitliche architektonische Gesamtheit konzipiert wurde. Die Grabkammer gehört zur Gruppe der Memorien. Ausgangspunkt ist die Bestattung eines Martyrers, die dann später durch einen kommemorati-ven Kultbau zu einem heiligen Ort erweitert wurde66. Vielleicht sind hier Martyrerreliquien aufbewahrt und Bischöfe und Priester des 4. Jhs. aus Naissus beigesetzt worden. Die Memoria befindet sich im westlichen Teil der Nekropole, mit Blick auf die Stadt, an einem repräsentativen Ort im Eingangsbereich des Friedhofs.

60 R. ljuBinković, Tvrđava, Niš – srednjovekovno naselje [Festung, Niš – mittelalterliche Siedlung]. AP 4 (1962) 255 – 259 und AP 5 (1963) 140 – 142; deRs., извештај са архолошких ископавања у Тврђави из 1963 године. Документација Завода за заштиту споменика културе Ниш [Bericht über die archäologischen Ausgrabungen in der Festung aus dem Jahr 1963. Dokumentation des Denkmalschutzamtes in Niš].

61 Unbekannt bleibt der Zweck des spätantiken Gebäudes mit einem Oktogon und Mosaikboden außerhalb der Mauern der türkischen Festung: P. PetRović, Naissus – a Foundation of Emperor Constantine, 68 – 69, fig. 20; Г. јереМић [G. jeReMić], Мозаици грађевине са октогоном из античког Наиса [Mosaiken des Baues mit Oktogon aus dem antiken Naissus]. In: Ниш и Византија. Зборник радова [Niš & Byzantium. Symposium. The Collections of Scientific Works] 5. Ниш [Niš] 2007, 87 – 97.

62 Proc. aed. 4, 4, 3; Ф. Баришић [F. BaRišić], Прокопије [Prokopije], 63; f. kanitz, Römische Studien in Serbien (wie Anm. 5), 174; M. Rakocija, Paleobyzantine churches of Niš. In: Ниш и Византија. Зборник радова [Niš & Byzantium. Symposium. The Collections of Scientific Works] 5. Ниш [Niš] 2007, 135 – 137, fig. 15.

63 H. вулић [n. vulić], Антички споменици из наше земље [Antike Denkmäler aus unserem Land]. Споменик CKA [Spome-nik SKA] 98 (1941 – 1948) 108.

64 А. оршић-Славетић [A. oRšić-Slavetić], Археолошка истраживања у Нишу [Archäologische Untersuchungen in Niš]. Старинар [Starinar] 8 – 9, 1933 – 1934 (1934) 304, fig. 2; А. М. Марковић [A. M. MaRković], Ископавања хришћанских старина у Нишу [Ausgrabungen christlicher Altertümer in Niš]. Преглед епархије нишке [Pregled eparhije Niške] 5. Ниш [Niš] 1933, 89.

65 M. Rakocija, Paleobyzantine churches of Niš, 125 – 135. 66 A. gRabaR, Martyrium. Recherches sur le culte des reliques et l’art chrétien antique 1: Architecture. Paris 1946, 29 – 30.

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Die uns heute als Martyrium be-kannte Grabkammer entdeckte A. oRšić-Slavetić im Jahr 1933 und be-zeichnete sie als Mausoleum67. Von Be-deutung sind auch die Fotografien und die Beschreibung von R. O. BRatanić aus dem Jahr 1937, der den Bau „Große Grabkammer“ nannte68 (Abb. 7).

Das Martyrium hat einen rechtecki-gen Grundriss und wurde aus Ziegeln mit Mörtel gemauert. An den Längs-seiten der Grabkammer befinden sich je zwei Arkosolien, die durch eine kleine Nische abgetrennt waren69. Eine Ab-schrankung umschloss die Arkosolien, welche aus quadratischen Balken und massiven Steinplatten bestand. Frag-mente dieser Platten wurden im Mar-tyrium gefunden, eine trägt die Dar-

stellung eines Fisches. An der Westwand befinden sich drei Nischen, von denen die mittlere, größte, später als Altarraum diente70. Oberhalb der mittleren Nische befindet sich ein konisch gestaltetes Fenster, durch das die Reliquien verehrt wurden ( fenestella), Licht und Luft hereingelangen konnten (spiraculum) (Abb. 8). Die Existenz der fenestella zeigt, dass die Grabkammer ähnlich wie vergleichbare Anlagen in Sopianae und Salona ein Obergeschoss hatte71. Außerdem bildet das Fenster einen Anhaltspunkt dafür, wo die oberirdische Struktur der Grabkammer begonnen hat.

Die zeitliche Einordnung einer Bauphase, bei der der Zwischenraum seitlich des Gewölbebogens oberhalb der Arkosolien durch Mauern mit Ziegelpilastern abgeteilt wurde, ist schwierig72.

Der halbrunde Dromos besteht aus elf Stufen (Höhe 3,30 m), welche aus dem Martyrium zum Exonarthex der Basilika führen, in dem sich eine mit Steinplatten bedeckte Öffnung befand73. Die Seitenwände der Treppenanlage waren mit einem Arkadenfries geschmückt, während die Stufen selbst mit dünnen Steinplat-ten belegt waren. Die Arkadenbögen bestehen aus radial angeordneten Ziegeln und ruhen auf mit Voluten versehenen Steinkonsolen. Interessanter keramoplastischer Schmuck ist an der Südwand der Zugangstreppen erhalten. Im Raum zwischen dem Arkadenfries bilden vier Ziegel in der Wand einen Rhombus. Als Symbol des Tores für die Wiedergeburt ist seine Darstellung an dieser Stelle durchaus zu erwarten74. Wenn man noch 67 А. оршић-Славетић [a. oRšić-Slavetić], Археолошка истраживања у Нишу [Archäologische Untersuchungen in Niš], 304,

fig. 5. 68 Р. O. БратаНић [R. o. BRatanić], Ископавања у Нишу и околини [Ausgrabungen in Niš und Umgebung] (wie Anm. 9), 182. 69 Über die Nischen an den Seitenwänden der Grabkammern: М. ракоција [M. Rakocija], Рановизантијска гробница на свод

код села Клисура поред Ниша и кратак осврт на проблем засведених гробница [Die frühbyzantinische gewölbte Grab-kammer beim Dorf Klissura bei Niš und ein kurzer Rückblick auf das Problem der gewölbten Grabkammern]. In: Ниш и Византија. Зборник радова [Niš & Byzantium. Symposium. The Collections of Scientific Works] 2. Ниш [Niš] 2004, 148 – 157.

70 Das Vorhandensein der Nischen an der Westwand ist im 5. Jh. n. Chr. üblich, was für StRičević einer der Gründe war, ihre Entstehung in dieser Zeit anzunehmen: Ђ. Стричевић [Đ. StRičević], Рановизантијска црква код Куршумлије [Die frühby-zantinische Kirche bei Kuršumlija]. ЗРВи [ZRVI] 2 (1953) 196.

71 I. nikolajević, Necropoles et tombes Chrétiennes en Illyricum Oriental. In: Actes du Xe CIAC, Thessalonique 28 septembre – 4 octobre 1980 (SAC 37/1). Città del Vaticano – Thessalonique 1984, 530.

72 Ein so gestalteter, rechteckiger Raum ähnelt den Grablegen: Г. Милошевић [G. Milošević], Мартиријум и гробљанска базилика у Јагодин Мали у Нишу [Martyrium und Friedhofsbasilika in Jagodin Mala zu Niš]. In: Ниш и Византија. Зборник радова [Niš & Byzantium. Symposium. The Collections of Scientific Works] 2. Ниш [Niš] 2004, 127.

73 Ähnlich wie beim Martyrium im Dorf Voden, Boljarsko in Bulgarien: Н. чаНева-ДечевСка [n. čaneva-dečevSka], Раннохристиянската архитектура в България IV–VII в [Altchristliche Architektur in Bulgarien IV.–VII. Jh.]. София [Sofija] 1999, 240 fig. 57 a, b, v.

74 Ј. јеличић [J. jeličić], Ikonografija ranokršćanske lunete iz Gata [Ikonographie der frühchristlichen Lünette aus Gat]. In: Prilozi povjesti umjetnosti u Dalmaciji. Split 1985, 6; В. лилчић [v. lilčić], Ранохристијански засведени гробници во Македонија [Frühchristliche überwölbte Grabkammern in Makedonien]. ŽA 1. Скопје [Skopje] 1983, 250.

Abb. 7: a. oRšić-Slavetić im „Mausoleum“ mit rechteckiger Konstruktion in der Mitte (Foto: Dokumentation des Nationalmuseums in Niš)

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Das frühe Christentum in Naissus / Niš (Serbien) 21

annimmt, dass die Wände des Dromos mit Fresken be-deckt waren, so ergibt sich ein vollständiges Bild der repräsentativen Gestaltung des Eingangsbereiches zum Martyrium.

Bei der Entdeckung der Grabkammer befand sich in ihrem Zentrum, am Ehrenplatz, eine rechteckige, läng-liche Konstruktion in Form eines Postaments, belegt mit dünnen Marmorplatten75. Sie gehörte aller Wahr-scheinlichkeit nach zu einem repräsentativen Ziborium mit Marmorsäulen, welches für die Feier des Kultes be-stimmt war76. Es ist anzunehmen, dass sich unter dem Ziborium ein Behälter mit Martyrerreliquien befand, wie in der Kirche des Hl. Demetrios in Thessaloniki oder in einer polykonchalen Kirche in Ochrid77. Das Ziborium wurde durch die fenestella beleuchtet.

Nach R. O. BRatanić fand man im Innenraum der Grabkammer eine große Zahl von Skeletten, Reste höl-zerner Kästen, Teile einer Säule aus rotem Sandstein und ein marmornes Kämpferkapitell mit christlichen Attri-buten78. Er erwähnt weiters größere Stücke quadratisch profilierter Steinbalken, einen massiven Säulenschaft, die Basis einer kleineren Säule, Steinplattenfragmente mit einer bisher nicht belegten Fischverzierung, kleinere Stücke von Marmorplatten und eine zur mensa marty-rum gehörende quadratische Steinplatte.

Das Aussehen des oberen Teils des Martyriums ist nicht bekannt. Pilaster aus Ziegeln verstärkten die Seitenwände, bei der ganzen Konstruktion sorgten massive Säulen für zusätzliche Stabilität79. Der oberir-disch gelegene Teil übernahm die Rolle des Atriums, wo die Ehrung der Reliquien oder der Verstorbenen vorgenommen wurde80.

*Zwanzig Jahre später wurde im Jahr 1953 unter der Leitung von Đ. Mano-zisi an der Ostseite des Martyri-ums eine dreischiffige Basilika (15,50 × 21,60 m) ausgegraben81. Im Jahr 1962 erforschte man den Narthex und den schmalen Exonarthex samt Umgebung des Martyriums. Bei dieser Gelegenheit wurde eine ältere Begrenzungswand um die Grabkammer festgestellt82 (Abb. 9).

75 Handschriftlicher Bericht von A. nenadović, Martyrium in Niš (die Daten sind vom 23. 7. 1962). Dokumentation des Denk-malschutzamtes in Niš; Г. Милошевић [G. Milošević], Мартиријум и гробљанска базилика у Јагодин Мали у Нишу [Mar-tyrium und Friedhofsbasilika in Jagodin Mala zu Niš], 124, fig. 2.

76 M. Rakocija, Paleobyzantine churches of Niš (wie Anm. 62), 133. 77 В. Битракова-ГроЗДаНова [v. bitRakova-gRozdanova], Старохристијански споменици во Охридско [Altchristliche Denk-

mäler in Ochrid]. Охрид [Ochrid] 1975, 36. 78 Р. О. БратаНић [R. o. BRatanić], Ископавања у Нишу и околини [Ausgrabungen in Niš und Umgebung] (wie Anm. 9),

182 – 183; И. Николајевић [I. nikolajević], Јонски импост-капители из Македоније и Србије [Ionische Kämpferkapitelle aus Makedonien und Serbien]. ЗРВи [ZRVI] 1 (1952) 170, 172 – 174, fig. 2.

79 Г. Милошевић [G. Milošević], Мартиријум и гробљанска базилика у Јагодин Мали у Нишу [Martyrium und Friedhofsba-silika in Jagodin Mala zu Niš ], 127 – 128. Oder wie im Dorf Voden in Bulgarien: Н. чаНева-ДечевСка [n. čaneva-dečevSka], Раннохристиянската архитектура в България IV–VII в [Altchristliche Architektur in Bulgarien IV.–VII. Jh.], 240, fig. 57.

80 Deshalb findet er häufig bei Friedhofskirchen Verwendung: Ebd., 22. 81 Ђ. МаНо-ЗиСи – Д. јоваНовић [Đ. Mano-ZiSi – d. jovanović], Археолошко ископавања Hишке тврђаве и Јагодин Мале у

Нишу [Archäologische Untersuchung der Nišer Festung und Jagodin Mala in Niš]. Гласник САН [Glasnik SAN] 4/2. Београд [Beograd] 1952, 365 – 367. Die unveröffentlichte Dokumentation befindet sich im Nationalmuseum in Belgrad und wurde uns mit freundlicher Genehmigung von Kolleginnen und dem Direktor des Nationalmuseums zur Verfügung gestellt.

82 Die Ausgrabungen leitete M. GRBić in Zusammenarbeit mit N. PetRović und lj. Zotović. Die Ergebnisse dieser Arbeiten sind nicht vollständig zugänglich: lj. Zotović, Jagodin Mala, Niš – kasnoantička nekropola [Jagodin Mala, Niš – spätantike Nekro-

Abb. 8: Westseite des Martyriums (Foto: M. Rakocija)

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Abb. 9: Basilika mit Martyrium, Grundriss. Ausarbeitung anhand des Grabungstagebuchs von Ɖ. Mano-zisi und Zeichnungen von V. toMašević aus dem Jahr 1953 aus der Dokumentation des Nationalmuseums in Beograd (Grafik: Arch. J. Rakocija)

Abb. 10: Basilika mit Martyrium, Blick von Osten (Foto: M. Rakocija)

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Das frühe Christentum in Naissus / Niš (Serbien) 23

Die Basilika errichtete man wohl etwas später als das Martyrium an dessen Ostseite83. Beide Bauteile sollten als Einheit betrachtet werden, die als eine Friedhofsvariante einer Martyrerkirche mit Reliquien in-nerhalb der Krypta, zu der Treppen führten, gelten kann84 (Abb. 10).

Die Basilika hellenistischen Typs besteht aus einem dreischiffigen Naos und einer großen halbrunden Apsis. Aus Ziegeln errichtete Säulen trennten die Seitenschiffe vom Mittelschiff85, während die Süd- und Westwand mit Pilastern verstärkt wurden86. Ein schmaler, geschlossener Raum vor dem Narthex übernahm die Rolle des Exonarthex87, in welchem sich die Zugangstreppe zur Krypta befindet. Die Westwand des Exonarthex erstreckt sich oberhalb der Ostwand der Krypta. Die Mauern der Basilika bestehen wechselweise aus Ziegeln und Steinen, während die Pilaster aus Ziegeln gebaut sind.

Die Stylobatwände der Seitenschiffe bilden in ihrer Fortsetzung zusammen mit den Seitenschiffen des Naos je einen Raum am Nord- und Südende des Narthex. Der am Nordende des Narthex ist nicht vollständig zu definieren, die Verbindung zum Nordschiff hingegen schon. Die Südwand des südlichen Raums hatte Arkosolien mit aus Ziegeln ausgeführten Archivolten, die die ganze Breite des Narthex umfassten. Ein identisches Arkosolium befindet sich noch in der Westwand des Narthex, südlich vom Kryptaeingang. Es ist klar, dass die für Bestattungen genutzten Arkosolien nicht gleichzeitig mit den angrenzenden Wänden des Narthex entstanden sind. Die Arkosolien, die auf diese Weise bisher nicht betrachtet wurden, unterscheiden sich durch ihre Dimensionen, ihre Bauweise und die Art des Materials.

Der Eingang in den Exonarthex neben der Nordwand des Martyriums zwischen zwei Gräbern war je-denfalls aus der oberirdischen Konstruktion des Martyriums zugänglich. Die breite Eingangsöffnung führt aus dem Exonarthex, wiederum neben zwei repräsentativen Gräbern, zum Narthex. Der Eingang zwischen Narthex und Naos liegt nicht in der Achse des Bauwerks, sondern wurde nach Norden verschoben und mit gemauerten Pilastern flankiert. Von der Schwelle ist nur ein Einschnitt zwischen den Pilastern erhalten ge-blieben, während die aus einem Monolithen gehauene Stufe noch in situ vorhanden ist. Die Bodenflächen von ungleicher Höhe bestehen aus Stein (Exonarthex und Narthex) und aus Ziegeln (Naos)88.

In der Basilika wurden bei den Ausgrabungen nur wenige Teile der dekorativen architektonischen Aus-stattung entdeckt. Was wir für wichtig halten, ist eine Angabe aus dem Tagebuch, dass während der Ausgra-bung der Basilika ein „monolither Steinblock mit eingravierten Rinnen unbekannten Zwecks, welcher eine Öffnung verschloss, entdeckt worden ist89“. Diese Steinplatte befindet sich noch heute neben der Basilika. An ihrer Oberseite angebrachte Vertiefungen zeigen, auch wenn nur ein Viertel der Platte vorhanden ist, dass sie sich ursprünglich auf allen vier Teilen in Form eines Christogramms kreuzten. Der Kanal entlang der Kante wurde an seinem Ende so gestaltet, dass er ein Gefäß zum Abfluss und zur Leitung von Flüssigkeiten der Libationen aufnehmen kann, wofür diese Platte am wahrscheinlichsten verwendet worden ist. Es handelt

pole]. AP 4 (1962) 232. lj. Zotović hat die Gräber in drei chronologische Phasen geteilt: die erste ist älter als die Basilika, die zweite gleichzeitig und die dritte gehört in die Zeit der Zerstörung der Basilika.

83 Die Ausgrabungen der Basilika wurden am 30. Juni 1952 (Sondage IV) unter der Leitung von Đ. Mano-ZiSi begonnen – Дневник са археолошких радова из 1952 [Grabungstagebuch von 1952]. Документација Народног музеја у Београду [Dokumentation des Nationalmuseums in Beograd].

84 Über die Stelle des Martyrergrabes innerhalb eines Martyriums siehe: A. gRabaR, Martyrium. Recherches sur le culte des reliques et l’art chrétien antique (wie Anm. 66), 345 – 350.

85 Ђ. МаНо-ЗиСи – Д. јоваНовић [Đ. Mano-ZiSi – d. jovanović], Археолошка ископавања Нишке тврђаве и Јагодин Мале у Нишу [Archäologische Untersuchung der Nišer Festung und Jagodin Mala in Niš], 365; Ђ. МаНо-ЗиСи [Đ. Mano-zisi], Дневник са ископавања од 4. јула 1953 [Grabungstagebuch vom 4. Juli 1953]. Документација Народног музеја у Београду [Dokumentation des Nationalmuseums in Beograd]. Aus Ziegeln gemauerte Säulchen trennen die Schiffe in der Basilika auf der Akropolis von Caričin Grad: Ђ. МаНо-ЗиСи [Đ. Mano-zisi], Нова базилика у Царичином Граду [Neue Basilika in Cari-čin Grad]. Старинар н.с. [Starinar N. S.] 9 – 10/1958 – 1959 (1959) 296.

86 Die Rekonstruktion des Achsenabstandes der Säulen ergibt, dass die Kolonnaden, die die Seitenschiffe (Breite 2,5 m) vom Hauptschiff (Breite 8,7 m) trennten, aus sechs Säulen und sieben Zwischenräumen bestanden: Н. СПреМо-Петровић [N. sPReMo-PetRović], Пропорцијски односи у базиликама илирске префектуре [Proportionelle Verhältnisse in den Basiliken der illyrischen Präfektur]. Београд [Beograd] 1971, 28 – 29.

87 P. leMeRle, Philippes et la Macédoine Orientale. Paris 1945, 308 – 309 meint, dass frühbyzantinische Basiliken keinen Exonar-thex, sondern eine Portikus haben.

88 Ђ. МаНо-ЗиСи [Đ. Mano-zisi], Дневник са археолошких ископавања из 1952 године [Grabungstagebuch von 1952]. 89 deRs., Дневник са археолошких ископавања из 1952 године [Grabungstagebuch von 1952]. 2. јули 1952 [2. Juli 1952]. Сонда

[Sondage] IV.

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sich daher unserer Meinung nach um den Teil einer mensa martyrum, die für die Totenmahlzeiten an den Gedenktagen bei der Verehrung eines Martyrers, ähnlich wie in Salona und Sirmium, gebraucht wurde90.

Aufmerksamkeit verdient ein ionisches Kämpferkapitell aus Marmor, welches I. nikolajević im Detail analysiert und ins 5. Jh. datiert hat91. In der Mitte der Vorderseite befindet sich zwischen zwei konstanti-nischen Christogrammen eine Taube mit ausgebreiteten Flügeln und mit einem Zweig im Schnabel. Nicht erwähnt hat I. nikolajević Stojković jedoch die apokalyptischen Buchstaben Α und ω, welche sich am Rand des Kämpfers befinden und zwar Α oberhalb und ω unterhalb der Hasten. Auf der anderen Seite des Kämp-fers ist ein sogenanntes lateinisches, mit einem Kranz gekröntes Kreuz (crux coronata) ausgeführt.

Die Innenwände der Basilika waren mit einer Marmorverkleidung versehen und darüber mit Wandma-lerei geschmückt. Die im gesamten Areal der Basilika gefundenen Freskenfragmente konzentrieren sich bei der West- und Nordwand des Naos und im Apsidenbereich. Sie weisen darauf hin, dass die Freskodekoration in der Parapethöhe aus mehreren, mit Bordüre gerahmten Flächen bestand. Auf den Feldern dominiert eine florale Ornamentik. Die Farben sind lebendig: rot, gelb, blau, grün. Auf den größeren Fragmenten erkennt man Gesichts- und Körperteile mit Zeichnungskonturen in schwarzer und roter Farbe. Das Inkarnat war, wie aus dem Grabungstagebuch abgeleitet werden kann, hellblau mit hellroten Akzenten92. Im Apsisbereich trifft man auf eine Dekoration textilen Charakters, die in Weiß und Blau ausgeführt wurde und welche von einer roten Bordüre umrahmt war. Auf einem Fragment sieht man ein drapiertes, rotes Gewand und auf dem anderen griechische Buchstaben TPГ... A93.

*Im Bereich der Basilika mit Martyrium wurden über 60 Gräber freigelegt94, sie sind mit der Basilika zeit-gleich und stammen aus dem 5./6. Jh.95.

Bei den innerhalb des Komplexes vorgefundenen Gräbern handelt es sich um kistenförmige Konstruktio-nen mit rechteckigem oder trapezförmigem Querschnitt, welche sich nach dem dafür verwendeten Material (Ziegel oder Stein) und nach der Art ihrer Abdeckung unterscheiden: 1. Bestattung mit flacher Steinplatte bedeckt, 2. mit satteldachförmigem Deckel und 3. mit Tonnengewölbe96.

Besonderes Interesse verdienen die im Narthex gelegenen kistenförmigen, gemauerten Gräber, welche sich symmetrisch links (Grab IV) und rechts (Grab III)97 vom Haupteingang in den Naos befinden. Es sind zweifelsohne die Bestattungen von besonders angesehenen Bürgern der Stadt Naissus. Grab IV war mit einer grünen Sandsteinplatte bedeckt und hat eine für den Kopf vorgesehene, sorgfältig gestaltete, bogenförmige Stelle, was dieses Grab hervorhebt und die Bedeutung der hier begrabenen Person unterstreicht. Etwas weiter östlich hat Slavetić in der nahegelegenen Kirche Nr. 20 ebenfalls in gleicher Art ausgeführte Gräber mit einer kleinen, halbkreisförmigen Kopfnische entdeckt98. Wir treffen sie in der südwestlichen Ecke des Mit-telschiffes der Basilika auf der Akropolis in Caričin Grad99, in Sirmium, in der dreischiffigen Basilika extra

90 N. duval, Mensae funéraires de Sirmium et de Salona. Vjesnik za arheologiju i historiju dalmatinsku 77 (1984) 200 – 222. 91 И. Николајевић [I. nikolajević], Јонски импост-капители из Македоније и Србије [Ionische Kämpferkapitelle aus Make-

donien und Serbien] (wie Anm. 78), 170, 172 – 174, fig. 1 – 2. 92 Ђ. МаНо-ЗиСи [Đ. Mano-ZiSi], Дневник са археолошких ископавања из 1952 године [Grabungstagebuch von 1952]. Im

Tagebuch ist festgehalten, dass die Fragmente an das Nationalmuseum in Niš übergeben wurden, wo heute jede Spur von ihnen fehlt.

93 Ђ. МаНо-ЗиСи [Đ. Mano-zisi], Дневник са археолошких ископавања-1953 [Grabungstagebuch von 1953]. Auch diese Frag-mente sind derzeit nicht auffindbar und verschollen.

94 Die jüngste Schicht setzt man in die Periode vom 10. bis ins 12. Jh.: Ђ. МаНо-ЗиСи [Đ. Mano-zisi], Дневник са археолошких ископавања-1953 [Grabungstagebuch von 1953].

95 Љ. Зотовић [lj. Zotović], Јагодин Мала [Jagodin Mala]. In: Енциклопедија Ниша-историја [Encyclopädie der Nišer Geschichte]. Ниш [Niš] 1995, 20.

96 Г. Милошевић [G. Milošević], Мартиријум и гробљанска базилика у Јагодин Мали у Нишу [Martyrium und Friedhofsba-silika in Jagodin Mala zu Niš] (wie Anm. 72), 130.

97 Die Nummern der Gräber stammen aus dem Grabungstagebuch von Đ. Mano-zisi aus dem Jahr 1952. 98 А. оршић-Славетић [a. oRšić-Slavetić], Археолошка истраживања у Нишу [Archäologische Untersuchungen in Niš] (wie

Anm. 67), 304, fig. 3. 99 Bei der Basilika auf der Akropolis wurde der Eingang, ähnlich wie in Niš, von zwei Gräbern flankiert. Das Grab südlich

vom Eingang ist eigentlich ein Steinsarkophag, dessen Innenraum ein anthropomorphes Aussehen hat, während sich auf dem Deckel ein in Flachrelief ausgeführtes Kreuz befand: I. nikolajević, Sahranjivanje u ranohrišćanskim crkvama na području

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muros in Philippi und in Konstantinopel an100. Solche Gräber mit einer Nische für den Kopf waren Bischöfen und namhaften Priestern sowie Gründern der Kirche vorbehalten. Für die Kirche selbst könnten sie einen apotropäischen Charakter haben.

Im südwestlichen Teil der Basilika wurden in einem Raum mit drei Arkosolien, unter der Decke des westlichen Arkosoliums, zwei aus Ziegeln gemauerte Kindergräber entdeckt (V und VI). Im Grab V befand sich ein Bleisarkophag mit bogenförmigem Deckel. Das unterhalb des Bogens des nördlichen Arkosoliums liegende Grab (Grab VII) weist eine identische Konstruktion auf101. Die Gräber I, V, VI und VII gehören demnach zu einem Typ aus der zweiten Hälfte des 4. oder dem Anfang des 5. Jhs.

Im Grab südlich vom Eingang zum Martyrium hatten sich verschiedene organische Materialien erhalten: ein Lederkissen unter dem Kopf, über dem Körper eine drapierte Tunika aus schwarzer Seide, Lederschuhe und eine Pergamentrolle, die der Verstorbene in seiner linken Hand in Bauchhöhe hielt. Das Grab war aus Ziegeln errichtet und mit Ziegeln abgedeckt, während der westliche Teil eine gemauerte Ergänzung in Form eines Tympanons besaß102.

Im Naos der Basilika befanden sich Grabkonstruktionen mit rechteckigem Grundriss und Steinplattenab-deckung103. Im Mittelschiff wurden neben der südlichen Stylobatwand drei nebeneinanderliegende, gemau-erte Gräber entdeckt, die mit Schieferplatten abgedeckt waren; sie wurden als Grab II bezeichnet. Eines hatte auf der Westseite eine aus Ziegeln und Mörtel gefertigte Kopfstütze. Auf den anderen Innenseiten des Grabes waren in roter Farbe gleicharmige Kreuze mit dreieckig verbreiterten Kreuzenden gemalt.

Bei Grab VIII im südlichen Seitenschiff bilden dünne Schieferplatten eine trapezoide Form. Im Grab fand man das Skelett einer männlichen Person mit dunkelbraunen Haaren und Überresten einer Kleidung aus Seide mit einem Clavus, wie er sich auch auf dem Gewand des auf der Wandmalerei der nahegelegenen Grabkammer dargestellten Heiligen befindet. Dieses Detail der Kleidung weist auf einen hohen kirchlichen Rang hin.

Eine nicht ausreichend präzise archäologi-sche Notiz besagt, dass im Kirchenschiff bei der nördlichen Stylobatwand zwei Gräber mit ge-mauerten Ziegelbögen angetroffen wurden. Im mittleren Teil des nördlichen Grabes befand sich ein zweizelliges, aus Ziegeln gemauertes Grab mit einer teilweise abgerissenen Trennwand.

Als Grab 7 wird ein frühchristlicher Kin-dersarkophag aus Blei bezeichnet, welcher im Jahr 1962 im Narthex vor dem Eingang zum Martyrium gefunden wurde. Innerhalb des Blei-sarges lag ein in Seide gewickeltes Kinderske-lett104. Auf dem Deckel des Sarkophags befindet sich ein plastisch ausgeführtes Kreuz (Abb. 11). Apotropäische Kräfte des Kreuzes an dieser Stelle sind zweifellos anzunehmen105. Die Ge-staltung der Ausführung des Standplatzes des Kreuzes erinnert an den Ort Golgota (καράνιον τόπος, Calvaria) bzw. Adams Grab, wo ein Kreuz gesetzt wurde, da Salomon Adams Grab mit Steinen markiert

Srbije [Bestattung in den frühchristlichen Kirchen im Gebiet Serbiens]. AV 28 (1978) 682; Ђ. МаНо-ЗиСи [Đ. Mano-zisi], Нова базилика у Царичином Гpаду [Neue Basilika in Caričin Grad] (wie Anm. 85), 302 – 303, fig. 15, 16.

100 I. nikolajević, Necropoles et tombes Chrétiennes en Illyricum Oriental (wie Anm. 71), 525, fig. 4. 101 Im Sarkophag befand sich ein Kinderskelett mit Haar- und Gewandresten: Ђ. МаНо-ЗиСи [Đ. Mano-zisi], Теренски дневник

за 1952 [Grabungstagebuch von 1952]. 102 Ebd. 103 Ђ. МаНо-ЗиСи [Đ. Mano-zisi], Теренски дневник за 1953 [Grabungstagebuch von 1953]. 104 Љ. Зотовић – Н. Петровић [lj. Zotović – n. PetRović], Ниш – Јагодин Мала [Niš – Jagodin Mala]. Старинар н.с. [Stari-

nar N. S.] 11, 1960 (1961) 246 –247; lj. Zotović, Jagodin Mala, Niš – kasnoantička nekropola [Jagodin Mala, Niš – spätantike Nekropole] (wie Anm. 82), 230 – 233.

105 T. Pazaras, Ανάγλυφες, σαρκοφάγοι και επιτάφιες πλάκες της μέσης και ύστερης βυζαντινής περιόδου στην Ελλάδα. Αθήνα 1988, 67, 114 – 116.

Abb. 11: Bleisarkophag mit Reliefdarstellungen (Foto: J. kRStić)

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hatte. Diese Darstellung enthüllt die symbolische Bedeutung der Reliefdekoration des Sarkophagdeckels, die auch Golgota, den Ort wo Christus gekreuzigt wurde, bezeichnet. Die vertikalen Kreuzarme enden in drei Büsten und die horizontalen mit je einer stehenden Figur in einem langen, gegürteten Kleid. Solche aus drei büstenartigen Darstellungen bestehende Gruppen, welche auffallend an die Hl. Dreifaltigkeit erinnern, befinden sich in der Mitte der kürzeren und an der Spitze der Lateralseiten, wo der Kopf des Verstorbenen ruhte. Unterhalb dieses Dreibüstenmotivs befindet sich eine tabula ansata. Über die Frage, wen diese Büsten darstellen, wurde viel diskutiert106.

Die große Anzahl von Gräbern lässt erkennen, dass der gesamte Kirchenkomplex als Friedhofsbasilika anzusehen ist, welche, ähnlich wie jene in Stobi107, auf der Westseite eine unterirdische Kammer (Hypogä-um) besitzt. Diese kommemorative Architektur weist darauf hin, wie die Bauwerke für den Martyrerkult als heilige Orte errichtet wurden108.

106 Siehe dazu А. јоваНовић [a. jovanović], О проблему фибула са портретима [Über das Problem der antiken Fibeln mit Porträts]. Зборник Филозофског факултета [Zbornik Filozofskog Fakulteta] 13 (1976) 43 – 51; I. nikolajević, Necropoles et tombes Chrétiennes en Illyricum Oriental, 526, fig. 5 – 7; deRs., Recherches nouvelles sur les monuments chrétiens de Serbie et du Monténégro. In: Actes du XIe CIAC. Lyon, Vienne, Grenoble, Geneve, Aoste 21 – 28 septembre 1986 (CEFR 123 – SAC 41) 3. Rome – Città del Vaticano 1989, 2446 –2448, fig. 6; H. – H. buschhausen, Der imperiale Bleisarkophag aus dem Martyrium zu Niš. RÖ 17 – 18, 1989 – 1990 (1991) 45 – 47, 60; Г. Милошевић [G. Milošević], Мартиријум и гробљанска базилика у Јагодин Мали у Нишу [Martyrium und Friedhofsbasilika in Jagodin Mala zu Niš] (wie Anm. 72), 134 – 137. heide und helMut busch-hausen erinnern daran, dass Galla Placidia und Honorius samt der Familie am Ende des 4. Jhs. auf der Durchreise in Niš waren. Der Sarkophag zeugt von einem unangenehmen Ereignis, welches sie auf ihrem Weg nach Rom in Niš aufgehalten hatte. Die kaiserliche Familie könnte zwischen den Jahren 385 und 395 in Niš gewesen sein.

107 И. Микулчић [I. Mikulčić], Стоби [Stobi]. Скопје [Skopje] 2003, 142, 144. 108 A. gRabaR, Starokršćanski spomenici Salone i početci kulta mučenika [Altchristliche Denkmäler von Salona und die Anfänge

des Martyrerkults]. In: Antička Salona. Split 1991, 410.

Abb. 12: Hl. Panteleimon, Projektion des Grundrisses der frühchristlichen Basilika anhand der Angaben von V. koRać (Grafik: Arch. J. Rakocija)

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Die Basilika im Hof Der kircHe Des Hl. Panteleimon

Im Hof der heutigen Panteleimon Kirche, an der ehemaligen nördlichen Begrenzung der Nekropole von Naissus, wurden bei den archäologischen Ausgrabungen in den Jahren 1966, 1969 und 1970 Teile einer frühchristlichen Basilika festgestellt, welche aus dem Ende des 4. Jhs. oder aus der ersten Hälfte des 5. Jhs. stammen, auf deren Fundamenten später eine mittelalterliche Kirche errichtet wurde109 (Abb. 12).

Der Ausgräber V. koRać beschäftigte sich nicht weiter mit dem möglichen Aussehen der frühchristlichen Basilika. Der Analyse der veröffentlichten Ergebnisse der archäologischen Ausgrabungen zufolge kamen wir zu dem Schluss, dass die dreischiffige Basilika einen schmalen Narthex im Westen hatte. In ihrer Grundriss-gestaltung und ihrer Entstehungszeit steht sie der Basilika mit Martyrium nahe.

In einer spätantiken Grube im Apsisbereich wurde ein Bleigewicht110 mit eingravierter Inschrift, an de-ren Ende ein stilisierter Palmzweig erscheint, gefunden. Eine detaillierte Analyse der Inschrift seitens A. jovanović111 bestätigt unsere Behauptung, dass Naissus eine Martyriopolis war112. Daher schloss jovanović, dass zum Zeitpunkt der Entvölkerung der Stadt ein neben dem Städtenamen eingeritzter Palmenzweig als erkennbares Symbol des Sieges über den Tod und des Martyriums ausgewählt wurde (siehe Abb. 2).

KIRCHEN IN DER UMGEBUNG DER STADT NAISSUS

Die Basilika im Hof Der kircHe Des Hl. nikolaus

Die Kirche des Hl. Nikolaus liegt am Fuß des gleichnamigen Hügels im südlichen Stadtteil Palilula113. Die Forschungen in diesem Bereich basieren auf der Annahme, dass die berühmte byzantinische Bischofskirche des Hl. Prokopius, in welcher die Reliquien dieses Martyrers ruhten, hier zu suchen ist114. Diese Kathed-ralkirche wurde nach ihrer ersten Erwähnung im Jahr 1072 weiter ausgebaut und geriet jedoch nach 1386 – noch vor der ersten türkischen Eroberung von Niš – in Vergessenheit115 (Abb. 13).

Mit dem Vorhaben, die aus historischen Quellen bekannte Kirche des Hl. Prokopius zu lokalisieren, wurden Ausgrabungen im Hof der heutigen Kirche des Hl. Nikolaus durchgeführt116. Die baulichen Reste der Wände, die Ausrichtung des Objekts sowie die Anordnung der Säulenbasen deuten auf eine dreischiffige Kirche mit einem Ziegelplattenboden hin. Die kistenartige Grabkonstruktion aus Steinplatten, identisch mit der im Naos der Basilika mit Martyrium, ermöglicht eine Datierung ins 5./6. Jh. Das Fragment eines Mar-morkreuzes ist der Ausstattung der Kirche zuzuordnen.

109 В. кораћ [v. koRać], Истраживање остатака храма Св. Пантелејмона [Erforschung der Reste der Kirche des Hl. Pantelei-mon] (wie Anm. 28), 111 – 112; deRs., Свети Пантелејмон у Нишу, задужбина Стефана Немање [Der heilige Panteleimon in Niš, Stiftung des Stephan Nemanja], Стефан Немања – Свети Симеон Мироточиви [Stephan Nemanja – Heiliger Simeon Mirotočivi], Историја и предање [Geschichte und Überlieferung]. Научни скупови САНУ [Die wissenschaftlichen Tagungen der SANU], књ. [Buch] 94, Одељење историјских наука [Abteilung Geschichtswissenschaften], књ. 26. Београд [Beograd] 2000, 163 – 169.

110 В. кораћ [v. koRać], Истраживање остатака храма Св. Пантелејмона [Erforschung der Reste der Kirche des Hl. Pantelei-mon], 132, Т. IX/149.

111 А. јоваНовић [A. jovanović], Прилог проучавању официјалних симбола античког Ниша [Beitrag zu Studien der offiziel-len Symbole des antiken Niš] (wie Anm. 29), 43 – 52.

112 М. ракоција [M. Rakocija], Манастири и цркве града Ниша [Klöster und Kirchen der Stadt Niš] (wie Anm. 27), 14. 113 D. МилутиНовић – М. валтровић [D. Milutinović – M. valtRović], Извештај уметничком одбору српског ученог

друштва [Der Bericht zum Kunstausschuss der serbischen Gelehrtengesellschaft]. ГСУД [GSUD] 48 (1880) 461; M. Rakocija, Paleobyzantine churches of Niš (wie Anm. 62), 137 – 138, fig. 16 –19.

114 Es gibt auch andere Überlegungen: П. ГаГулић [P. GaGulić], Црква Св. Николе у Нишу [Die Kirche des Hl. Nikolaus in Niš]. Ниш [Niš] 1963; М. А. војиНовић [M. a. vojinović], Две знамените старине у близини Ниша [Zwei berühmte Altertümer in der Nähe von Niš]. Преглед црквене епархије Нишке [Pregled crkvene eparhije Niške] 7 – 8. Ниш [Niš] 1929, 176 –179; f. kanitz, Römische Studien in Serbien (wie Anm. 5), 164.

115 В. Марковић [v. MaRković], Ископавања хришћанских старина у Нишу [Ausgrabungen christlicher Altertümer in Niš] (wie Anm. 64), 39, 48; Ј. калић-Мијушковић [j. kalić-Mijušković], Ниш у средњем веку [Niš im Mittelalter]. In: историја Ниша [Geschichte von Niš] 1. Ниш [Niš] 1983, 87.

116 М. ракоција [M. Rakocija], Резултати археолошких истраживања у порти цркве Св. Николе у Нишу и покушај убикације епископске цркве Св. Прокопија [Die Ergebnisse der archäologischen Untersuchungen im Hof der Hl. Nikolaus Kirche in Niš und der Versuch der Ubikation der Episkopalkirche des Hl. Prokopius] (wie Anm. 19), 127 – 131.

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Nach den freigelegten baulichen Res-ten zu schließen handelt es sich um eine repräsentative, frühbyzantinische Basili-ka, die vielleicht als die dem Hl. Proko-pius geweihte Bischofskirche anzuspre-chen ist117.

die fRühchRistliche kiRche in Mediana

Die Kirche in der spätantiken Siedlung Mediana wurde im Jahr 2000 ausge-graben, man datiert sie ins ausgehende 4. Jh.118. Sie besitzt eine breite, halbrun-de Apsis im Osten und einen schmalen Narthex an der Westseite. Im Mörtel-boden wurde anstelle des Ambos ein Mosaikfeld in Form eines Christusmo-nogramms eingebaut (Abb. 14).

*Auf den dominanten Erhebungen rund um Niš wurden in der Zeit vom 5. bis 7. Jh. mehrere Kirchen errichtet119.

die BaSilika in ćuRlina

Im Tal des Flusses Gorica außerhalb der Dörfer Ćurlina und Knežica befindet sich eine frühbyzantinische Basilika, die im Jahr 1882 ausgegraben wurde. Alles, was wir über sie wissen, verdanken wir den Forschern120 M. Milićević, F. kanitz und M. valtRović (Abb. 15).

Der Grundriss der Kirche in Form einer dreischiffigen Basilika mit Narthex

(37 × 16 m) erinnert an die Bischofskirche in Caričin Grad121. An der West-, Süd- und Nordseite hatte sie eine Vorhalle. Jedes Schiff endet in einer polygonalen Apsis an der Ostseite. In der Apsis des Mittelschiffes befindet sich ein Synthronon. Der Altarraum wird durch eine Schranke mit zwei graugrünen Granitsäulen abgeschlossen. Das Hauptschiff trennen drei rechteckige Ziegelpfeiler von den beiden Seitenschiffen, alle sind durch je eine Tür von Westen her zu betreten. Der Narthex besitzt hingegen nur einen Haupteingang.

117 Zur Frage, wie die Reliquien des Prokopius nach Niš gelangten, siehe С. ГаБелић [S. GaBelić], О иконографији св. Прокопија [Über die Ikonographie des Hl. Prokopius]. ЗРВи [ZRVI] 43 (2006) 527 – 559.

118 М. ваСић [M. vaSić], Хроника ископавања Медијане 2000 – 2002 [Chronik der Ausgrabungen Medijanas 2000 – 2002]. Старинар [Starinar] 43 – 44, 2003 – 2004 (2004) 290 – 292, 294; Г. јереМић [G. jeReMić], Мозаици Медијане – нека разматрања [Die Mosaiken Medijanas – einige Überlegungen]. In: Ниш и Византија. Зборник радова [Niš & Byzantium. Symposium. The Collections of Scientific Works] 4. Ниш [Niš] 2006, 155.

119 M. Rakocija, Paleobyzantine churches of Niš, 140 – 141, fig. 22, 23. 120 М. Ђ. Милићевић [M. Đ. Milićević], Краљевина Србија [Das Königreich Serbien]. Београд [Beograd] 1884, 19 – 20; f.

kanitz, Römische Studien in Serbien, 184 – 185; М. валтровић [M. valtRović], Белешке с пута [Reisenotizen]. Старинар САД [Starinar SAD] 4 (1888) 120 – 122.

121 В. коНДић – В. ПоПовић [v. kondić – v. PoPović], Царичин град утврђено насеље у византијском илирику [Caričin Grad – befestigte Siedlung im byzantinischen Illyricum] (Галерија САНУ [Galerija SANU] 33). Београд [Beograd] 1977, 155, fig. 119.

Abb. 14: Mediana, Kirchenboden mit Mosaikdarstellung des Christogramms (Foto: M. vaSić, Хроника ископавања Медијане 2000–2002 [wie Anm. 118], 294)

Abb. 13: Hl. Nikolaus, die entdeckten Fundamente der Basilika (Foto: M. Rakocija)

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Das frühe Christentum in Naissus / Niš (Serbien) 29

Die Mauern der Kirche sind aus Ziegeln errichtet, den Angaben von F. kanitz zufolge war sie mit Wand-malerei geschmückt.

R. F. hoddinott vergleicht die Basilika in Ćurlina mit der Kirche des Hl. Prokopius in Prokuplje und in Kalaj bei Radinovac122. Die Analysen von b. aleksova weisen ihr aufgrund ihrer baulichen Gestaltung einen wichtigen Platz in der Geschichte der frühchristlichen Architektur zu123. Solche Kirchen sind charak-teristisch für die justinianische und postjustinianische Epoche, oft sind sie als Martyrien in Verwendung124. Parallelen finden sich im Osten, so stammt die Mjarfarkin-Kirche in Mesopotamien aus dem 7. Jh., welche in der den Martyrern gewidmeten Stadt Martyriopolis125 errichtet wurde. Wir wollen unter anderem auch ihre offensichtliche Ähnlichkeit mit der Kirche der Hl. Sophia in Thessaloniki aus dem 7. Jh. erwähnen, die für die Entwicklung der kuppelbedeckten Zentralbauten126 eine große Bedeutung hat.

122 R. F. hoddinott, Early Byzantine churches in Macedonia and Southern Serbia: A Study of the Origins and the Initial Develo-pment of Early Christian Art. London 1963, 195, fig. 104; В. коНДић – В. ПоПовић [v. kondić – v. PoPović], Царичин град утврђено насеље у византијском илирику [Caričin Grad – befestigte Siedlung im byzantinischen Illyricum], fig. 119 und 120.

123 Б. алекСова [B. alekSova], Loca sanctorum macedoniae, култ на мартирите во Македонија од IV до IX век. [Orte der Heiligen in Mazedonien, Martyrerkult in Mazedonien vom 4.–9. Jh.]. Скопје [Skopje] 1995, 148.

124 R. kRautheiMeR, Early Christian and Byzantine Architecture. Baltimore-Maryland 1965, 199 – 200. In Ćurlina gibt es keine Indizien dafür, dass dort ein Martyrergrab existiert hat.

125 Б. алекСова [B. alekSova], Епископијата на Брегалница [Bischofssitz in Bregalnica] (wie Anm. 25), 97. 126 В. кораћ – М. шуПут [V. koRać – M. šuPut], Архитектура византијског света [Die Architektur der byzantinischen Welt].

Београд [Beograd] 1998, 99 – 100, fig. 85.

Abb. 15: Basilika in Ćurlina, Grundriss (nach: M. Ɖ. Milićević, Краљевина Србија [wie Anm. 120], 20)

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Miša Rakocija30

Die Forschungen von Đ. StRičević, die auch die Basilika in Ćurlina als eines der Beispiele anführt, haben gezeigt, dass die Verlagerung von Diakonikon und Prothesis neben dem Altar schon früher, etwa in der Mitte des 6. Jhs., üblich war127. Das ist die Zeit, als die Basilika in Ćurlina ausgebaut wurde. Wenn wir auf ihre Übergangsposition in der Entwicklung des zentralen Kuppelbaus hinweisen, dann ist diese Datierung noch akzeptabler. Für die vorgeschlagene zeitliche Einordnung spricht auch ein Kapitell128, welches um die Mitte des 6. Jhs. in einer lokalen Werkstatt entstanden ist129.

Vom imposanten Bauwerk sind heute nur einige unter dem Schutt vergrabene Wände zu erkennen. Man sieht noch die beiden von F. kanitz erwähnten, schön gearbeiteten Säulen, die einst zur Altarschranke ge-hörten130. Viele Fragen, wie auch die, ob diese Basilika in Ćurlina die Kathedralkirche des Hl. Prokopius war131, müssen vorerst offen bleiben.

die lokalität „GRčka cRkva“ in kneZ

Im nördlichen Teil des Dorfes Knez befinden sich auf dem so genannten „Kreuzhügel“ bis jetzt unerforschte Reste einer dreischiffigen, byzantinischen Basilika (19 × 8 m), die die Bauern „griechische Kirche“ nennen. Auf der Westseite ist die steinerne Schwelle der Türöffnung in das Kirchenschiff in situ erhalten, flankiert von zwei schön bearbeiteten Säulenbasen aus Andesit.

Der Übergang vom Narthex zum Naos wurde auf eine für die frühchristlichen Kirchen im Balkanraum typische Weise gelöst132: anstelle der Tür wurde ein Eingang mit drei Öffnungen (Tribelon) mit den beiden imposanten Säulen als Trennung gestaltet. Analogien dafür sind im gesamten Balkanraum zu finden133.

Als Entstehungszeit der Kirche ist im Hinblick auf Parallelen der Säulenbasen in Caričin Grad das 6. Jh. anzunehmen.

die kiRche an deR lokalität kaMaRa

Östlich von Niš, vor dem Dorf Gabrovac, liegt an der Lokalität Kamara134 die noch nicht erforschte Kirchen-ruine Crkvište. Da ein Zugang nicht erkannt werden konnte, ist die Deutung als Kirche unsicher135. Innerhalb der Mauern befindet sich das Grab einer Person, sodass es sich um eine darüber errichtete Kirche handeln könnte136. Die Entstehung der Anlage wird im 5. oder 6. Jh. angenommen.

127 Ђ. Стричевић [Đ. StRičević], Ђаконикон и протезис у ранохришћанским црквама [Diakonikon und Prothesis in den frühchristlichen Kirchen]. Старинар н. с. [Starinar N. S.] 9 – 10/1958 – 1959 (1959) 61 – 65, bes. 61 – 62.

128 f. kanitz, Römische Studien in Serbien (wie Anm. 5), 185. 129 I. nikolajević-Stojković, Les monuments de la decoration architecturale en Serbie d’un atelier local du VIe siècle. In: Actes du

Ve CIAC. Aix-en-Provence, 13 – 19 septembre 1954 (SAC 22). Città del Vaticano – Paris 1957, 467 – 469. 130 М. ракоција [M. Rakocija], Манастири и цркве града Ниша [Klöster und Kirchen der Stadt Niš] (wie Anm. 27), 57 – 60. 131 М. А. војиНовић [M. a. vojinović], Две знамените старине у близини Ниша [Zwei berühmte Altertümer in der Nähe von

Niš] (wie Anm. 114) 176 –178. 132 С. раДојчић [S. Radojčić], Црква у Коњуху [Eine Kirche in Konjuh]. ЗРВи [ZRVI] 1 (1952) 158. 133 In Stobi – Basilika mit Baptisterium; Thessaloniki – Acheiropoietos; Svinjarica; Nea Anchialos – Basilika A, Kreta; Cher-

sonesos – Basilika B; Korinth – Sikion; Philippi – Basilika extra muros; Nea Anchialos – Basilika B und D; Bregovina; Caričin Grad – Basilika in der Unterstadt; Thessaloniki – Hl. Demetrios; etc.; Н. СПреМо-Петровић [N. sPReMo-PetRović], Пропорцијски односи у базиликама илирске префектуре [Proportionelle Verhältnisse in den Basiliken der illyrischen Prä-fektur] (wie Anm. 86), Т. 5 – 7, 14, 19 – 22, 25 – 26, 38. Und in der nahe gelegenen Kirche Nr. 8 in der Jagodin Mala Nekropole.

134 А. оршић-Славетић [a. oRšić-Slavetić], Белешке са путовања [Reisenotizen]. Старинар [Starinar] 10 – 11, 1935 – 1936 (1935 – 1936) 172, fig. 4; M. Rakocija, Paleobyzantine churches of Niš (wie Anm. 62), 141 – 142, fig. 24.

135 Aufgrund des Fehlens des apsidalen Teils gibt es zwei Ansichten: A. oRšić-Slavetić meint, dass es sich um eine Kirche handelt, während I. nikolajević denkt, dass der rechteckige Raum oberhalb der Grabkammer ein oberirdischer Teil einer Grabanlage ist, in welchem die Bänke an den Wänden für die kommemorativen Totenmahlfeiern dienten – ein Brauch, der bis heute erhal-ten geblieben ist: А. оршић-Славетић [a. oRšić-Slavetić], Белешке са путовања [Reisenotizen]; I. nikolajević, Necropoles et tombes Chrétiennes en Illyricum Oriental (wie Anm. 71), 530 – 531.

136 Neben dem Kopf des Verstorbenen sind in eine Steinplatte (0,55 × 0,60 m) ein Christogramm und ein Name eingraviert: Par-vuli(?)/Dus ss (= siti sunt, suprascripti?)/[do]rmivit in p[ace/….pidius it/.....(Epidius Italicus?): Н. вулић [n. vulić], Антички споменци наше земље [Antike Denkmäler aus unserem Land]. Споменик СКА [Spomenik SKA] 77 (1934) 48 – 49; P. PetRović, IMS 4: Naissus – Remisiana – Horreum – Margi (wie Anm. 12).

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die kiRche an deR lokalität gRadište kod Miljkovac

Unweit von Niš, auf dem linken Ufer des Flusses Toponica, gegenüber der mittelalterlichen Stadt Železnik137, befindet sich eine frühbyzantinische Festung an der Lokalität Gradište138. Die strategisch günstige Lage lässt vermuten, dass es sich um eine unter Kaiser Justinian I. (527 – 565) restaurierte oder von Grund auf neu er-richtete Anlage handelt.

Etwa 10 km südwestlich der Befestigung wurde der Apsisbereich einer Kirche festgestellt. Der Apsisbo-gen ist in Form von zwei Stufen (Synthronon) in den Felsen eingeschnitten, der Platz in der Mitte der Apsis ist hervorgehoben (Abb. 16). Die Kirche hatte Wandmalerei in Fresko-Technik. Die Mauern der Kirche wurden aus behauenen Steinen und Ziegeln aufgeführt. In der Umgebung fand man eine große Anzahl von Fragmenten steinerner Schrankenplatten mit einem Kreuz im Relief.

Die DreikoncHenkircHe im Dorf klissura

Zwischen den Dörfern Klissura und Orljane, oberhalb der Straße Niš – Thessaloniki und unter der serbischen mittelalterlichen Stadt Koprijan139, liegt auf einem niedrigen konischen Hügel eine Kirche, von der heute nur mehr geringfügige Spuren, nämlich Ziegel und Mörtelbrocken, erhalten sind140.

137 f. kanitz, Römische Studien in Serbien, 134 – 135; M. Rakocija, Cultural treasures of Niš (wie Anm. 27), 70 – 71. 138 deRs., Paleobyzantine churches of Niš, 144, fig. 28. 139 deRs., О цркви Св. Јована у селу Орљане код Ниша и њеном месту у историји византијске архитектуре [Über die

Hl. Johannes Kirche im Dorf Orljane bei Niš und ihren Platz in der Geschichte der byzantinischen Architektur]. In: Ниш и Византија. Зборник радова [Niš & Byzantium. Symposium. The Collections of Scientific Works] 1. Ниш [Niš] 2003, 75 – 107.

140 А. оршић-Славетић [a. oRšić-Slavetić], Белешке са путовања [Reisenotizen], 173, fig. 5; В. коНДић – В. ПоПовић [v. kondić – v. PoPović], Царичин Град, утврђено насеље у византијском илирику [Caričin Grad – die befestigte Siedlung im byzantinischen Illyricum] (wie. Anm. 121) 158, fig. 122.

Abb. 16: Miljkovac, Kirche an der Lokalität Gradište, Apsisraum samt Synthronon (Foto: M. Rakocija)

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Als diese Kirche im Jahr 1933 ausgegraben wurde, konnte man ihren Grundriss erkennen, von ihrer Aus-stattung waren der mit Mar-morplatten und Mosaiken geschmückte Boden, Reste des Ambo und mit einem Kreuz versehene Schran-kenplatten vorhanden.

Der dreikonchale Naos der Kirche hat auffallend kleine Seitenkonchen und einen Narthex, an dessen Nordseite sich ein recht-eckiger Raum mit kleiner, östlich gerichteter Apsis befindet, in welchem ei-ne kreuzförmige Pisci-na untergebracht ist. dj. StRičević änderte seine zu-vor gefasste Meinung, dass es sich um ein Baptisteri-

um handeln könnte141, und meint, dass dieser Raum zur Waschung der kirchlichen Gefäße diente. Diakon-ikon und Prothesis hatten schon ihre Gestalt mit der östlich gerichteten Apsis, als sie sich noch im westlichen Teil der Kirche befanden, wie die Kirchen in Rujkovac, Kuršumlija und Konjuh142 sowie die Kirche Nr. 8 in Diokletianopolis143 zeigen. Somit nimmt die Kirche in Klissura einen bedeutenden Platz in der Entstehung und Entwicklung der frühbyzantinischen Kirchenarchitektur ein (Abb. 17).

Diese Anordnung der Apsiden stellt einen der ersten Schritte in der Entwicklung der dreikonchalen Kir-chen dar. Aufgrund der Tatsache, dass sich das Diakonikon und die Prothesis auf der Westseite befinden, sollte die Kirche in die vorjustinianische Epoche des 5. oder in die erste Hälfte des 6. Jhs. datiert werden.

die basilika Mit gRabkaMMeR in deR substRuktion beiM doRf ostRovica

Die frühbyzantinische Basilika mit einer Grabkammer in der Substruktion, genannt als Crkvište/Heiligtum des Hl. Erzengels Gabriel, befindet sich im Sićevo-Tal vor dem Dorf Ostrovica144.

Von der dreischiffigen Basilika erkennt man die Grundmauern, die ein Rechteck (10,5 × 4 m) bilden, das durch eine Wand in zwei ähnliche Räume geteilt ist145. An der Ostseite des mittleren Schiffes schließt sich das Bogensegment der Altarapsis an, das nördliche Schiff endet in einer halbrunden Wand. Eine an ihr an-setzende Treppe ermöglicht den Zugang zum Grab (Hypogäum) (Abb. 18).

141 Ђ. Стричевић [Đ. StRičević], Рановизантијска црква код Куршумлије [Frühbyzantinische Kirche bei Kuršumlija] (wie Anm. 70), 182 – 183.

142 Ausführlicher dazu: deRs., Ђаконикон и протезис у ранохришћанским црквама [Diakonikon und Prothesis in den früh-christlichen Kirchen] (wie Anm. 127), 64 – 65.

143 К. МаДжаров – М. МаДжаров [k. MadžaRov – M. MadžaRov], Диоклецианополис (Dioklecianopolis). In: Римски и ранновизантийски градове в България [Römische und frühbyzantinische Städte in Bulgarien] 1. София [Sofija] 2002, 201, fig. 15.

144 П. ГаГулић [P. GaGulić], У Сићевачкој клисури цркве и манастири [Kirchen und Klöster im Sićevačka-Tal]. Ниш [Niš] 1980, 8; М. ракоција, Манастири и цркве града Ниша (wie Anm. 27), 61 – 62; deRs., Cultural treasures of Niš (wie Anm. 27), 62 – 63; deRs., Манастир Св. Богородице у Сићевачкој клисури [Gottesmutter Kloster im Sićevačka-Tal]. Ниш [Niš] 2007, 13, fig. 3, 4; deRs., Paleobyzantine churches of Niš (wie Anm. 62), 140 – 141, fig. 22, 23.

145 Nach den Spuren von Schutt wäre eine Länge von über 25 m und eine Breite von 12 m möglich. Im Altarraum wurde vor kur-zem eine Kapelle errichtet.

Abb. 17: Klissura, die frühbyzantinische Kirche (nach: А. оршић-Славетић [a. oRšić-Slavetić], Белешке са путовања [Reisenotizen] [wie Anm. 134] fig. 5)

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Die östliche Wand des Nordschiffes wurde an die halbrunde Decke der Grabkammer an-gebaut, genau oberhalb der Eingangsöffnung. Sie ist aus schön angeordneten Ziegeln mit Mörtel und breiten Fugen gefertigt. Auf diese Weise umfasste die Basilika die Grabkammer, mit der sie strukturell verbunden war und die einen integralen Bestandteil ihrer Architektur bildete.

Die aus Bruchsteinen errichtete Grabkam-mer ist mit Mörtel verputzt. Oberhalb der rechteckigen Eingangsöffnung befinden sich radial angeordnete Ziegel. Die Grabkammer gehört zum Bautyp der frühbyzantinischen gewölbten Gräber mit einer Nische an der Westwand146. Der vorgeschlagenen chronolo-gischen Systematisierung dieses Gräbertyps folgend wurde ihre Erbauung Ende des 4. oder ins 5. Jh. datiert147.

Crkvište/Heiligtum des Hl. Erzengels Ga-briel ist eine frühbyzantinische, dreischiffi-ge Basilika mit etwas älterer, frühchristlicher Grabkammer in der Substruktion ihres östli-chen Teils. Genau genommen wurde der öst-liche Teil des Nordschiffs über der Grabkam-mer ausgebaut, die vom Apsisraum (Prothesis) aus zugänglich war, man nimmt eine Verbin-dung mit einem Presbyterium an.

Grabkammern dieses architektonischen Typs treten im Balkanraum in der frühbyzantinischen Periode oft innerhalb der Kirchen auf, manchmal auch, wie in Ostrovica, konstruktiv verbunden als Bestandteil ihrer architektonischen Struktur148. In der näheren Umgebung von Niš befindet sich an der Lokalität Kamara vor dem Dorf Gabrovac149 eine Crkvište.

Die Basilika in Ostrovica sollte man ins 5. oder 6. Jh. datieren, als auch andere Kirchen mit Grabkonstruktion entstanden sind150, welche etwas früher, Ende des 4. oder Anfang des 5. Jhs. errichtet

146 Eine identisch gestaltete Nische befindet sich in der frühchristlichen Grabkammer, die in der Crkvina des Hl. Stephanos in Svrljig ausgegraben wurde: Ђ. Бошковић [Đ. Bošković], Средњовековни споменици Источне Србије [Mittelalterliche Monumente Ostserbiens]. Старинар [Starinar] 2 (1951) 236, fig. 30.

147 М. ракоција [M. Rakocija], Рановизантијска гробница на свод код села Клисура поред Ниша и кратак осврт на проблем засведених гробница [Die frühbyzantinische gewölbte Grabkammer beim Dorf Klissura bei Niš und ein kurzer Rückblick auf das Problem der gewölbten Grabkammern] (wie Anm. 69), 151, 154, fig. 10.

148 Beispiele gibt es viele, für Bosnien und Herzegowina siehe: I. bojanovski, Kasnoantičke grobnice na svod u Čitluku i njihova predhodna konzervacija [Spätantike überwölbte Grabkammern in Čitluk und ihre vorherige Konservierung]. In: Naše starine. Godišnjak Zavoda za zaštitu spomenika kulture SR Bosne i Hercegovine 9. Sarajevo 1964, 115; in Makedonien: В. лилчић [v. lilčić], Ранохристијански засведени гробници во Македонија [Frühchristliche überwölbte Grabkammern in Makedo-nien] (wie Anm. 74), 95 – 108; in Bulgarien: Д. ДиМитров [d. diMitRov], изкуството в Тракия през епохата на римското владичество. история на Българското изобразително изкуство [Die Kunst in Thrakien während der Epoche der römi-schen Herrschaft. Geschichte der bulgarischen darstellenden Kunst] 1. София [Sofija] 1976, 47 – 48 mit älterer Literatur. Weiters Д. М. Петровић [d. M. PetRović], Рановизантијска гробница у Бољевцу на Ибру [Frühbyzantinische Grabkammer in Boljevac am Ibar]. Старинар н. с. [Starinar N. S.] 15 – 16, 1964 – 1965 (1966) 257; И. Николајевић [I. nikolajević], Necro-poles et tombes Chrétiennes en Illyricum Oriental (wie Anm. 71), 682.

149 А. оршић-Славетић [A. oRšić-Slavetić], Белешке са путовања [Reisenotizen] (wie Anm. 134), 172, fig. 4; M. Rakocija, Paleobyzantine churches of Niš, 141 – 142, fig. 24.

150 I. nikolajević, Sahranjivanje u ranohrišćanskim crkvama na području Srbije [Bestattung in den frühchristlichen Kirchen im Gebiet Serbiens] (wie Anm. 99), 683.

Abb. 18: Ostrovica, Grundriss und Längsschnitt (Grafik: Arch. J. Rakocija)

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wurden. Bekannte Kirchen mit einem Grab in der Substruktion werden ins 5. oder 6. Jh. datiert151, was eben auch für das Heiligtum des Hl. Erzengels Gabriel angewendet werden kann.

DIE GRABKAMMERN

die stadtnekRoPole

Östlich des antiken Naissus erstreckte sich die städtische Nekropole, welche das Gebiet der heutigen städti-schen Siedlung Jagodin Mala umfasst152. Die ersten schriftlichen Angaben über diese Gräber stammen von M. valtRović und F. kanitz153.

Bei der archäologischen Kampagne des Jahres 1933 unter der Leitung von A. oRšić-Slavetić wurden 17 Grabkammern mit Gewölbe, vier Kirchen und mehrere einzelne Gräber154 entdeckt. Im Bereich der Marty-rium-Basilika setzte Đ. Mano-zisi in den Jahren 1952 – 1953 die Ausgrabungen fort155. Weitere systematische Forschungen in der Nekropole in Jagodin Mala begannen 1956 und dauerten – mit Unterbrechungen im Jahr 1963 – bis 1967 an156. Durch die Grabungen und Zufallsfunde in Jagodin Mala wurden ca. 80 gemauerte Grabkammern erfasst, vier befinden sich in den umgebenden Dörfern (Abb. 19).

Die Ausdehnung der Nekropole lässt sich vorläufig folgendermaßen festlegen. Etwa 100 m nordwestlich der Festungsmauer wurde die westliche Begrenzung annähernd bestimmt, die östliche liegt knapp über der Fabrik „Nitex“. Das rechte Flussufer der Nišava kennzeichnet die südliche Grenze, die nördliche verläuft in der Kosovka devojka Straße, ca. 150 m südlich der Hl. Panteleimon Kirche157. Das Zentrum der Nekropole umfasst das Terrain von der Čegarska Straße bis zur Fabrik „Nitex“158.

Im Gebiet, das zum mittleren Areal der Nekropole gehört, wurden zwischen der Kosovka devojka Straße, Bogdan Popović Straße, Ratko Pavlović Straße und Čegarska Straße aneinander gereihte Gräber entdeckt159. Wir wissen, dass die Bestattungen in regelmäßigen Reihen (I, II, III) erfolgten, wie sie im zentralen und im südlichen Teil der Nekropole zu erkennen sind. Trotz der unterschiedlichen Größe der Grabkammern kon-zentrieren sich diese bei den Kirchen. Die Präsenz der Reliquien in der Kirche und das Martyrergrab ließen diese Bereiche für die Bestattung der Privilegierten besonders attraktiv erscheinen160.

151 Ebd., 681 – 683. 152 Љ. Зотовић [lj. Zotović], Izveštaj sa iskopavanja kasnoantičke nekropole u Nišu [Bericht über die Ausgrabungen der spätan-

tiken Nekropole in Niš]. In: Limes u Jugoslaviji 1. Beograd 1959, 171 – 175; Љ. Зотовић – Н. Петровић [lj. Zotović – n. PetRović], Касноантичка некропола у Јагодин Мали [Die spätantike Nekropole in Jagodin Mala]. Ниш [Niš] 1968 (водич без пагинације) [ohne Paginierung]; Љ. Зотовић [lj. Zotović], Погребни ритуал и схватање загробног живота у свету касноантичке некрополе Наиса [Bestattungsritual und das Verständnis des jenseitigen Lebens im Lichte der spätantiken Nekropole von Naissus]. Нишки зборник [Niški Zbornik] 1. Ниш [Niš] 1974, 46–51; П. Петровић [P. PetRović], Ниш у античко доба [Niš in antiker Zeit] (wie Anm. 7), 74 – 88.

153 M. валтровић [M. valtRović], Белешке с пута [Reisenotizen] (wie Anm. 120), 118 – 119; f. kanitz, Römische Studien in Serbien (wie Anm. 5), 73.

154 А. оршић-Славетић [a. oRšić-Slavetić], Археолошка истраживања у Нишу [Archäologische Untersuchungen in Niš] (wie Anm. 64), 304; Р. O. БратаНић [R. o. BRatanić], Ископавања у Нишу и околини [Ausgrabungen in Niš und Umgebung] (wie Anm. 9), 180 – 187.

155 Ђ. МаНо-ЗиСи – Д. јоваНовић [Đ. Mano-zisi – d. jovanović], Apхeoлoшкo иcпитивaњe Hишкe твpђaвe и Jaгoдин Мaлe y Hишy [Archäologische Untersuchungen der Nišer Festung und Jagodin Mala in Niš] (wie Anm. 81), 365 – 367. Die Ausgrabungs ergebnisse wurden nicht zur Gänze publiziert. Dank der Freundlichkeit der Kollegen aus dem Nationalmuseum in Belgrad stellte man uns das Grabungstagebuch zur Verfügung.

156 Die Untersuchungen der Nekropole in Jagodin Mala wurden in drei Sektoren (I–III) ausgeführt und jede Grabkammer trägt eine Nummer – Дневник са археолошких ископавања из 1956, 1957, 1958 и 1961 [Grabungstagebuch von 1956, 1957, 1958 und 1961]. Документација Археолошког института у Београду [Dokumentation des Archäologischen Instituts in Beograd].

157 Љ. Зотовић – H. Петровић [lj. Zotović – n. PetRović], Касноантичка некропола у Јагодин Мали [Die spätantike Nekropole in Jagodin Mala].

158 lj. Zotović, Jagodin Mala, Niš – kasnoantička nekropola [Jagodin Mala, Niš – spätantike Nekropole] (wie Anm. 82), 232. 159 I. nikolajević, Necropoles et tombes Chrétiennes en Illyricum Oriental (wie Anm. 71), 523. In gleicher Weise wurde die Nekropole

in Thessaloniki angelegt: Ε. Μαρκη, Η νεκρόπολη της Өεσσαλονίκης στους υστερορωμαïκους και παλαιοχριστιάνι­κους χρόνους. Αθήνα 2006, П-54 und 55.

160 I. nikolajević, Sahranjivanje u ranohrišćanskim crkvama na području Srbije [Bestattung in den frühchristlichen Kirchen im Gebiet Serbiens] (wie Anm. 99), 680.

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Das frühe Christentum in Naissus / Niš (Serbien) 35

Alle Grabkonstruktionen in Jagodin Mala lassen sich dem Zeitraum ab der zweiten Hälfte des 4. bis Ende des 6. Jhs. zuordnen. Sechs Grabtypen können unterschieden werden161. Die frühchristlichen gemauerten Grabkammern auf dem Territorium der Stadt Niš, die das Thema dieses Abschnittes bilden, lassen sich an-hand der Art der Wölbung in zwei Gruppen einteilen:

1. Gemauerte Grabkammern mit Tonnengewölbe

Gemauerte Grabkammern mit Tonnengewölbe sind west-ost orientiert mit einem Zugang an der Ostseite162, während sich an der Westwand eine kleinere Nische befindet, welche rechteckig, bogenförmig oder dreieckig gestaltet ist. Manche haben einen Zugang, bei dem eine Treppe von zwei Wänden flankiert wird. An diese Mauern lehnt sich eine Steinplatte an, die den Zugang zur Grabkammer verschließt, manchmal ist er ver-mauert. Das Tonnengewölbe ist an der Außenseite mit bis zu 10 cm dickem Mörtel verputzt, der Innenraum

161 Љ. Зотовић [lj. Zotović], Izveštaj sa iskopavanja kasnoantičke nekropole u Nišu [Bericht über die Ausgrabungen der spätanti-ken Nekropole in Niš], 171 – 175; Љ. Зотовић – H. Петровић [lj. Zotović – N. PetRović], Касноантичка некропола у Јагодин Мали [Die spätantike Nekropole in Jagodin Mala], passim; Љ. Зотовић – H. Петровић – П. Петровић [lj. Zotović – N. PetRović – P. PetRović], Niš, Jagodin Mala – kasnoantička nekropola [Niš, Jagodin Mala – spätantike Nekropole]. AP 9 (1967) 115 – 116; Љ. Зотовић [lj. Zotović], Јагодин Мала [Jagodin Mala] (wie Anm. 95), 119.

162 Außer einer westlich der Fabrik „Nitex“, die nord-süd orientiert ist: Љ. Зотовић (lj. Zotović), Izveštaj sa iskopavanja kasno-antičke nekropole u Nišu [Bericht über die Ausgrabungen der spätantiken Nekropole in Niš] (wie Anm. 152), 173 – 174.

Abb. 19: Die Stadtnekropole (http://gis.ni.rs, Bearbeitung: M. Rakocija)

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der Grabkammer ist auch dann verputzt, wenn er nicht ausgemalt ist. Die Bodenfläche besteht in der Regel aus gestampfter Erde. Die kalottenförmigen Gewölbe und die Archivolten der Nischen sind aus Ziegeln aus-geführt. Im Inneren der Grabkammer trifft man auf Grabnischen, während Bänke für die Aufstellung von Särgen in der städtischen Nekropole nicht vorkommen. Bei den Untersuchungen wurden häufig Reste von Skeletten und von verrottetem Holz festgestellt; an Funden sind geschmiedete eiserne Nägel und Beschläge der hölzernen Särge, Glasfläschchen (Lacrimaria), konische Schalen, Kreuzfibeln, Knochenkämme, Kera-mikkrüge und Münzen zu nennen.

Diese Grabkammern in Niš passen sowohl typologisch als auch zeitlich zu denen, die in der weiteren Balkanregion anzutreffen sind163. Aufgrund der großen Anzahl von Zufallsfunden und der schlechten Doku-mentierung sind die genaue Anzahl und die Verteilung der Grabkammern schwer festzustellen – wir versu-chen in der beigefügten Skizze zum ersten Mal eine entsprechende Übersicht zu geben. Die Grabkammern wurden mit arabischen und die Reihen mit römischen Ziffern gekennzeichnet, während die Kirchen in der städtischen Nekropole mit Buchstaben angegeben sind.

An der Straßenecke der Bogdan Popović Straße und Kosovka devojka Straße lassen sich Gräberreihen erkennen. Reihe I bilden die Grabkammern Nr. 6, 7, 8; Reihe II: Nr. 9, 10, 11, 12; Reihe III: Nr. 13.

Die Grabkammern 10 und 11 mit eigenen Eingängen sind durch eine kleinere Öffnung an der gemeinsa-men Wand verbunden164. Die Grabkammer Nr. 12 besaß Wandmalerei, nämlich überwiegend Vögel, Bäume und Weinreben in roter Farbe165. An die Grabkammer Nr. 13 schloss sich noch eine nicht gesäuberte Grab-kammer an166. In diesem Bereich wurden zwei weitere Grabkammern mit Gewölbe zerstört167.

Das Gebiet östlich der Kosovka devojka Straße bis zur Ratko Pavlović Straße und der Fabrik „Nitex“ deckt sich mit dem Zentrum der Nekropole, wo zahlreiche Grabkammern (Hypogäen) gefunden wurden.

Südlich der Knjaževačka Straße bis zur Fabrik „Nitex“ befindet sich eine große Anzahl von Grabkam-mern mit Gewölbe, von denen einige mittels archäologischer Ausgrabungen untersucht168, die anderen aber zufällig entdeckt wurden169.

Im Hof der Fabrik „Nitex“ liegen vier Grabkammern mit den Nummern 22, 23, 24 und 25, deren Anord-nung auf zwei Reihen hinweist und deren Innenraum mit floralen Ornamenten in roter, grüner und brauner Farbe dekoriert war170. Die Grabkammern 26, 26a, 26b westlich der Fabrik „Nitex“ zeigen durch ihre An-ordnung, dass der Friedhof der Stadt Naissus planmäßig parzelliert wurde. Die Grabkammer Nr. 27 im Hof eines Hauses in der Knjaževačka Straße Nr. 56a fällt durch ihre Größe (6,10 × 4,10 m) auf. Sie ist die einzige mit einem Zugang auf der Südseite171, aber mit west-ost orientierten Grabstellen, wie es der christliche Glau-be verlangt.

Ab dem siebenten Jahrzehnt des 20. Jhs. wurden während der Bauarbeiten in der Jagodin Mala Nekropole nur zufällig entdeckte Grabkammern mit Tonnengewölbe in der Dokumentation des Denkmalschutzamtes in Niš festgehalten, sodass wir heute über keine näheren Daten verfügen. In der Ratko Pavlović Straße stieß

163 Mehr über diese Grabkammern und ihre Typologie siehe bei М. ракоција [M. Rakocija], Рановизантијска гробница на свод код села Клисура поред Ниша и кратак осврт на проблем засведених гробница [Die frühbyzantinische gewölbte Grab-kammer beim Dorf Klissura bei Niš und ein kurzer Rückblick auf das Problem der gewölbten Grabkammern] (wie Anm. 69), 141 – 164.

164 Теренски дневник са ископавања у Јагодин Мали за 1961 [Grabungstagebuch von Jagodin Mala von 1961]. Документација Археолошког института у Београду [Dokumentation des Archäologischen Instituts in Beograd].

165 Д. МакСиМовић [d. MakSiMović], извештај бр. 70/1 од 20.01.1976 [Bericht Nr. 70/1 vom 20. 01. 1976]. Документација Завода за заштиту споменика културе Ниш [Dokumentation des Denkmalschutzamtes in Niš].

166 Ebd. 167 Д. МакСиМовић [d. MakSiMović], извештај бр. 334/1 од 10.03.1975 [Bericht Nr. 334/1 vom 10. 03. 1975]. Документација

Завода за заштиту споменика културе Ниш [Dokumentation des Denkmalschutzamtes in Niš]. 168 Дневник са археолошких ископавања из 1956, 1957, 1958 и 1961 [Grabungstagebuch von 1956, 1957, 1958 und 1961].

Документација Археолошког института у Београду [Dokumentation des Archäologischen Instituts in Beograd]. 169 Die Anrainer melden einzelne Grabkammern den Fachleuten nicht, manche dienen als Jauchegruben, während in anderen Pilze

gezüchtet werden. 170 П. Петровић [P. PetRović], Ниш у античко доба [Niš in antiker Zeit] (wie Anm. 7), 84. Festgestellt und überprüft von A.

nenadović am 05. 04. 1967. 171 Љ. Зотовић [lj. Zotović], Izveštaj sa iskopavanja kasnoantičke nekropole u Nišu [Bericht über die Ausgrabungen der spätan-

tiken Nekropole in Niš] (wie Anm. 152), 173 – 174; Љ. Зотовић – Н. Петровић [lj. Zotović – n. PetRović], Касноантичка некропола у Јагодин Мали [Spätantike Nekropole in Jagodin Mala] (wie Anm. 152).

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man vor dem Haus Nr. 55b auf Fragmente von Freskodekoration, die in roter und grüner Farbe auf hellocke-rem Hintergrund in Form von stilisierten floralen Ornamenten ausgeführt wurde. Daneben stellte man noch zwei Grabkammern mit Tonnengewölbe fest, wobei eine Spuren von Malerei aufwies172. Schließlich wurden in der Ratko Pavlović Straße bei den Hausnummern 50173, 56, 59a und 38 weitere Grabkammern entdeckt174.

Zwischen der Grabkammer mit Fresken und der Grabkammer mit zwei Kuppeln wurden zwei gemauerte Grabkammern festgestellt (31, 32). Eine hatte größere Dimensionen mit seitlichen Arkosolien für die Be-stattung175. Zusätzlich zu diesen beiden stieß man in der Knezselska Straße (ohne Nummer) noch auf zwei weitere gemauerte Grabkammern176.

In der Kosovka devojka Straße ist noch eine weitere Grabkammer leider mit zerstörtem Tonnengewölbe zu erwähnen177. Während des Baus der Küche im Jugendheim entdeckte man zwei Grabkammern mit Ton-nengewölbe (36, 37), von denen eine Spuren von Wandmalereien mit Vögeln, Bäumen und Reben, überwie-gend in roter Farbe, aufwies178. Eine Grabkammer mit Tonnengewölbe befindet sich auch in der Čegarska Straße Nr. 15.

Anzumerken ist, dass eine große Anzahl der von Grundeigentümern entdeckten Grabkammern für die Fachleute nicht zugänglich war. Die schon bekannten waren zum Teil schlecht dokumentiert, sodass dies jetzt der erste Versuch ist, die uns verfügbaren Informationen und Dokumente zusammenzuführen.

Grabkammern mit Tonnengewölbe und Wandmalerei in der städtischen Nekropole

Die zerstörte Grabkammer Nr. 1 bei der Brücke „Mladost“Die Grabkammer mit Wandmalerei ist heute zerstört, sie befand sich in der Nähe der Basilika mit Martyri-um und wurde von A. oRšić-Slavetić untersucht (Nr. 6)179. M. A. MaRković bemerkte, dass „die Zeichnung primitiv, aber sehr interessant“ ist180 (Abb. 20).

Die tonnengewölbte Grabkammer hatte einen rechteckigen, fast quadratischen Grundriss, Zugangstreppe und eine bogenförmig endende Eintrittsöffnung lagen an der Ostseite181.

Vorhanden sind eine Detailaufnahme und eine Zeichnung der Freskodekoration der Westwand, welche durch eine Bordüre in zwei Zonen geteilt war. Im unteren Bereich sind drei stilisierte Bäume und eine Wein-rebe dargestellt. In der rechten Hälfte befindet sich eine aus zwei tordierten, bogenförmig verbundenen Säu-len bestehende architektonische Konstruktion, aus deren Mitte auf einem dünnen Faden ein Kreis zwischen den Säulen hängt. Es handelt sich dabei um ein Ziborium, in dessen Inneren ein rundes Polykandelon hängt. Darüber ist auf der rechten Seite ein Rhombus mit rotweißen Kreuzfeldern zu sehen als symbolische Dar-stellung der Tür, die zum himmlischen Garten Eden führt182. Links vom Rhombus befindet sich Vegetation,

172 Bericht lj. PoPović und M. vojinović vom 20. 07. 1970. Dokumentation des Denkmalschutzamtes in Niš. 173 In der Ratko Pavlović Straße Nr. 50 wurde eine Notgrabung durchgeführt. Die teilweise zerstörte Grabkammer hat kleinere

Dimensionen, sie besitzt ein Tonnengewölbe und einen angebauten Zugangsteil: lj. Zotović, Jagodin Mala, Niš – kasnoantička nekropola [Jagodin Mala, Niš – spätantike Nekropole] (wie Anm. 82), 231.

174 Н. Петровић [n. PetRović], Заштита неких ранохришћанских гробница у Нишу [Schutz einiger frühchristlicher Grab-kammern in Niš]. Зборник Завода за заштиту споменика културе [Zbornik Zavoda za zaštitu spomenika kulture] 10 (1959) 167 – 172; Bericht R. ajdić vom 11. 08. 1970. Dokumentation des Denkmalschutzamtes in Niš.

175 Bericht D. MakSiMović Nr. 334/1 vom 10. 03. 1975. Dokumentation des Denkmalschutzamtes in Niš. 176 Ebd., Nr. 468/1 vom 5. 04. 1975. 177 Bericht lj. Zotović Nr. 1295/1 vom 3. 09. 1975. Dokumentation des Denkmalschutzamtes in Niš. 178 Bericht D. MakSiMović Nr. 70/1 vom 20. 01. 1976. Dokumentation des Denkmalschutzamtes in Niš. 179 А. оршић-Славетић [a. oRšić-Slavetić], Археолошка истраживања у Нишу [Archäologische Untersuchungen in Niš] (wie

Anm. 64), 304, fig. 6. 180 М. А. Марковић [M. a. MaRкović], Ископавања хришћанских старина у Нишу [Ausgrabungen christlicher Altertümer in

Niš] (wie Anm. 64), 90. 181 М. ракоција [M. Rakocija], Сликарство уништене гробнице код моста Младости у Нишу [Die Malerei der zerstörten

Grabkammer bei der Brücke „Mladost“ in Niš]. иконографске студије [Ikonographische Studien] 2. Академија СПЦ за уметност и консервацију [Akademie SPC für Kunst und Konservation]. Зборник радова са симпозијум посвећен др Лазару Мирковићу [Sammelband aus dem Lazar Mirković gewidmeten Symposion]. Београд [Beograd] 2008, 109 – 121.

182 A. gRabaR, Christian Iconography. A Study of its Origins. Princeton – New Jersey 1980, 124; J. chevalieR – A. gheeRbRant, Rjecnik simbola [Wörterbuch der Symbole]. Zagreb 1983, 565 – 566.

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die die Atmosphäre des Gartens Eden herbeizaubert183. In der oberen Zone wurden in zwei Reihen sechs Halbkreise gemalt, welche aus radial gelegten Linien bestehen. Im Inneren der zwei Halbkreise der ersten Reihe ist ein Kreuz zu sehen. Das Kryptogramm des linken Halbkreises wird von zwei Kreisen flankiert, in denen sich je ein Stern befindet (Abb. 20).

Die Dekoration oberhalb der Bordüre scheint noch heute verständlich zu sein – das Himmelreich. Darge-stellt wurden sechs bogenförmige Konstruktionen und monogrammatische Siegeskreuze184 in einer Art, wie sie oft im 5. und 6. Jh.185 üblich waren. Oberhalb der Haste des Kryptogramms befinden sich links und rechts vom Trabiculum runde Disken, die schematisch mit einem achtarmigem Kreuz (Chrismon)186 ausgefüllt sind. Durch die Sprache der vergessenen Symbole mit verdeckten Bedeutungen und Botschaften wurde die Hin-führung der Seele zu den Paradiesesgärten und in das himmlische Reich ausgedrückt187.

Die stilistische Analyse der Malerei stimmt mit der vorgeschlagenen Datierung basierend auf ei-ner Münze des Anastasius I. (491 – 518) überein.

Grabkammer Nr. 2 mit Kreuz am StadtfeldB. coboR, Professor der Christlichen Archäologie in Budapest, und M. valtRović besuchten 1887 die neuentdeckte frühchristliche Grabkammer, bald danach auch F. kanitz188. Sie ist zwischen der Basilika mit Martyrium und der Kosovka devojka Straße zu lokalisieren (Abb. 21).

Die Grabkammer mit Tonnengewölbe wurde aus Ziegeln gebaut. Sie war über zwei Stufen und einen an der oberen Seite halbrund endenden Zu-gang, den eine Steinplatte verschloss, zu betreten. Ihr Boden bestand aus Ziegeln und Mörtel. Die Grabkammer war außen und innen verputzt.

In der Mitte der Westwand, unterhalb der roten Bordüre, ist in gleicher Farbe ein Kreuz gezeich-net. Der vertikale Arm des lateinischen Kreuzes ist unten verbreitert, während seine Spitze drei-eckig ausläuft189. Die untere Hälfte des vertikalen Arms verfügt über zwei perlenartige Ornamente, während die Enden des horizontalen Arms mit je

183 Die Palme und Weinrebe sind mit der Paradiessymbolik verknüpft, was auch in der nahegelegenen frühchristlichen Grab-kammer mit figürlichen Darstellungen der Fall ist: Л. Мирковић [l. MiRković], Старохришћанска гробница у Нишу [Die altchristliche Grabkammer in Niš] (wie Anm. 10), 61 – 62.

184 Über das Kreuz als Zeichen des Sieges Christi: Л. Мирковић [l. MiRković], Мозаици архиепископске капеле у Равени. иконографске студије [Die Mosaiken der Erzbischöflichen Kapelle in Ravenna. Ikonographische Studien]. Нови Сад [Novi Sad] 1974, 94.

185 Е. ДиМитрова [e. diMitRova], Најстарите Христијански симболи [Die ältesten christlichen Symbole]. Скопје [Skopje] 1995, 22 – 24.

186 Der Kreis, ähnlich wie das Kreuz, bezeichnet das Himmelreich und Gott: J. chevalieR – A. gheeRbRant, Rječnik simbola [Wörterbuch der Symbole], 565–566; mehr darüber bei М. ракоција [M. Rakocija], О парапетној плочи из Ниша, пореклу и типологији палеовизантијских преграда [Über die Parapetplatte aus Niš, Herkunft und Typologie der paläobyzantinischen Schranke] (wie Anm. 59), 95 – 111.

187 J. vǎleva meint, dass das Dekorationsprogramm der Nišer Grabkammer sich weit weg von der rein orthodoxen Illustration des frühchristlichen, eschatologischen Denkens befindet. Sie glaubt, die Kontinuität mit heidnischer Sonnenverehrung herstellen zu können: J. vǎleva, Two Tombs in the Balkans and the Sunworship in the Early Christian Period. In: V. gjuzelev – R. Pillin-geR (Hg.), Das Christentum in Bulgarien und auf der übrigen Balkanhalbinsel in der Spätantike und im frühen Mittelalter. II. Internationales Symposium Haskovo (Bulgarien), 10.–13. Juni 1986. Miscellanea Bulgarica 5 (1986) 284 – 286.

188 М. валтровић [M. valtRović], Белешке с пута [Reisenotizen] (wie Anm. 120), 118 – 119 mit Zeichnung; F. kanitz, Römische Studien in Serbien (wie Anm. 5), 73 mit Zeichnung. Es ist unklar, warum kanitz die Zeichnungen von valtRović kritisiert hat.

189 Ein ähnliches Kreuz befindet sich in der Grabkammer Nr. 70 in Thessaloniki: Ε. Μαρκη, Η νεκρόπολη της Өεσσαλονίκης στους υστερορωμαïκους και παλαιοχριστιάνικους χρόνους (wie Anm. 159), 198, fig. 163.

Abb. 20: Jagodin Mala, Grabkammer bei der Brücke „Mla-dost“, Freskodekoration der Westwand (nach: A. oRšić-Slavetić, Археолошка истраживања у Нишу [wie Anm. 64], fig. 6)

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einem Dreieck geschmückt sind, deren Spitzen nach innen gekehrt sind, in Richtung der Stelle, wo sich die Arme kreuzen. An den Enden des horizontalen Kreuzarmes hängen kreisförmig en-dende Bänder (Kettchen), wie sie oft im 5. und 6. Jh. dargestellt wurden190. Die Ikonographie des geschmückten Kreuzes wurde von der antiken Mi-litärkunst übernommen, man trifft sie oft bei Fres-ken, auf Mosaiken und in Reliefs191.

Doch ist die Symbolik des Kreuzes vielschich-tig. Auf jeden Fall steht es für die Kreuzigung Christi192, in unserem Fall sollte man das verzierte Kreuz mit zugespitztem oberen Ende als Chris-tus, den auferstandenen, triumphalen Sieger über den Tod, verstehen. Dieses Kreuz hat auch eine apotropäische Bedeutung193, was durch Inschriften aus den Grabkammern und Martyrien in Ägypten, Syrien, Palästina und Kleinasien bestätigt wird194. Es sollte das Grab unversehrt bewahren und dem darin Ruhenden Frieden bringen195.

Grabkammer Nr. 3 mit figürlichen DarstellungenDie bedeutendste Grabkammer, durch welche die frühchristliche Nekropole in Jagodin Mala be-kannt wurde196, entdeckte man 1953 in der Kosov-ka devojka Straße im Hof des Mittelschul-Jugend-heims197 (Abb. 22).

Die Grabkammer hat einen rechteckigen Grundriss (2,63 × 2,23 m) und weist ein Tonnen-gewölbe auf. Über einen Zugangskorridor gelangt man zur Grabkammer, in der sich an der West-, Nord- und Südseite drei Sarkophage befinden. Oberhalb des Grabes an der Westwand befindet sich eine quadratische Nische. Das Innere des Grabes war verputzt und bemalt.

190 Е. ДиМитрова [e. diMitRova], Најстарите Христијански симболи [Die ältesten christlichen Symbole], 22 – 24. 191 Л. Мирковић [l. MiRković], Мозаици архиепископске капеле у Равени [Die Mosaiken der Erzbischöflichen Kapelle in

Ravenna], 94 – 95 und A. gRabaR, Christian iconography, 124 – 125. 192 Noch zu Lebzeiten Konstantins des Großen beginnt man sein Abbild mit dem Kreuz zu vergleichen. Dazu siehe: G. geRov,

L’image de Constantin et Helene avec la croix: étapes de formation et contenu symbolique. In: Ниш и Византија. Зборник радова [Niš & Byzantium. Symposium. The Collections of Scientific Works] 2. Ниш [Niš] 2004, 227 – 239.

193 T. Pazaras, Ανάγλυφες, σαρκοφάγοι και επιτάφιες πλάκες της μέσης και ύστερης βυζαντινής περιόδου στην Ελλάδα (wie Anm. 105), 67, 114 – 115.

194 A. gRabaR, Martyrium (wie Anm. 66), 278 – 284. 195 Für Beispiele in den gemalten Grabkammern siehe: R. PillingeR – V. PoPova – B. ziMMeRMann, Corpus der spätantiken und

frühchristlichen Wandmalereien Bulgariens (Bant 21). Wien 1999, 38, fig. 65, 119, 146 –150. 196 Л. Мирковић [l. MiRković], Старохришћанска гробница у Нишу [Die altchristliche Grabkammer in Niš] (wie Anm. 10),

53 – 54. 197 Ein falsches konservatorisches Verfahren führte zur Auflösung der Malschicht, sodass heute die Christusmonogramme und

die Konturen der Gesichter der Heiligen an der West- und Ostwand kaum erkennbar sind. Mehr dazu bei С. М. НеНаДовић [S. M. nenadović], Заштита ранохришћанске гробнице са фрескама у Нишу [Schutz der frühchristlichen Grabkammer mit Fresken in Niš]. Саопштења [Saopštenja] 1 (1956) 142 – 145. Im selben Band hat M. Panić-suReP meisterhaft bemerkt, dass dieses Verfahren der Konservierung zum Verlust der Fresken führen wird. Über den heutigen Zustand der Malerei mit chemischer Analyse siehe: В. Николић [v. nikolić], Стање зидних слика ранохришћанске гробнице у Јагодин Мали у Нишу [Zustand der Wandmalerei der frühchristlichen Grabkammer in Jagodin Mala in Niš]. Саопштења [Saopštenja] 30 – 31, 1998 – 1999 (2000) 206 –211.

Abb. 21: Grabkammer mit Kreuz Nr. 2 – Grundriss, Schnitt, Aussehen, Detail (nach: М. валтровић [M. valtRović], Белешке с пута [Reisenotizen] [wie Anm. 120], 118–119)

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Die Dekoration der Ostwand weist eine obere und untere Zone auf. Im unteren Bereich ist ein Zaun mit diagonal gekreuzten Latten dargestellt, hinter dem Gewächse erscheinen. In der oberen Zone befindet sich oberhalb der Eingangstür ein Palmenkranz und in ihm ein Christogramm mit den apokalyptischen Buchsta-ben Α und ω.

Links und rechts von der Eingangsöffnung ist je eine stehende Figur eines Heiligen abgebildet, welche sich unter den in Form eines Triumphbogens gemalten Palmzweigen befinden. Der Heilige südlich der Tür hat dichtes Haar und Bart (Petrus), er segnet mit zwei Fingern seiner rechten Hand und hält in seiner linken Hand eine Rolle, wahrscheinlich einen Kodex, wie L. MiRković meint. Die Person nördlich der Tür wird durch einen geteilten Spitzbart und eine hohe Stirn charakterisiert (Paulus). Mit den Fingern seiner rechten Hand segnet er und hält in der Linken in Bauchhöhe eine geschlossene Schriftrolle – so wie sie auch in der Hand des in der Basilika mit Martyrium Bestatteten angetroffen wurde198 –, an welcher ein Siegel (signum confessionis) hängt199.

Ihr Gegenstück an der Westwand zeigt auf den ersten Blick eine identische Komposition. Die Nische ist in der oberen Zone durch Pflanzen und zwei gegenübergestellte Paradiesesblumen umrandet. Diese Darstellung umgeben zwei Bänder, welche aus zwei verschiedenfarbigen, parallel verlaufenden Linien geformt sind (vier Paradiesesflüsse, die über die Hänge des mystischen Hügels fließen [Gen 2, 10 – 14]), deren Verbindungs-punkt der Fassade eines dreischiffigen Baus, an welchen sich das Christusmonogramm anlehnt, ähnelt. Das Christusmonogramm wird von zwei Personen flankiert, welche in Richtung Grabeingang blicken. Die Ge-stalt südlich des Monogramms hält die Hände in Gebetshaltung (Deesis-Haltung) mit den Handtellern nach oben gerichtet. Die nördliche Person segnet mit zwei Fingern der rechten Hand, während sie in der Linken eine geschlossene Schriftrolle hält.

198 Ђ. МаНо ЗиСи [Đ. Mano-ZiSi], Дневник са археолошких радова из 1952 [Grabungstagebuch von 1952]. 199 Der Geistliche verpflichtet sich, dass er die Sündenbekenntnisse an niemanden verraten wird. Das garantiert das Siegel auf der

Schriftrolle, auf welche die Beichte geschrieben worden ist.

Abb. 22: Westwand der Grabkammer (Foto: Dokumentation des Nationalmuseums in Niš)

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Alle Personen sind mit einer Tunika und einem weißen Pallium bekleidet. Auf der Tunika sieht man ähnliche Clavi wie auch an der Kleidung des Verstorbenen aus der Basilika mit Martyrium.

Die Malereien an der Süd- und Nord-wand waren ebenfalls fast identisch. Der Zaun aus diagonal gekreuzten Latten mit Pflanzen macht den unteren Teil der Nord-wand aus. Oben wurde noch ein hellgrauer Zaun (transenna marmorea) gemalt. Auf den Pfeilern des Zaunes befinden sich sechs bartlose Hermen.

In Niš wurden die Hermen in einer noch immer starken antiken Tradition darge-stellt. Eine gewisse Ähnlichkeit zum Zaun in der Wandmalerei in Niš haben wir in der Grabkammer Nr. 90 in Thessaloniki gese-hen200, wo mit der Umhüllung der Büsten ein nichtchristliches Motiv verdeckt wurde. So bewahrte man eine entfernte Erinne-rung an den besonders beliebten Typ der Zäune. Ein entsprechendes Vorbild könnte der Maler in Naissus vor Augen gehabt ha-ben201 (Abb. 23).

Der Paradiesesweinstock mit Trauben und Vögeln ist auf der Deckenfläche zu sehen202. Die Rebe ist naturalistisch ver-zweigt mit sehr detailliert und exakt gemal-ten Vögeln in verschiedenen Positionen, was auf eine starke Verbindung zum klassischen, antiken Prototyp hinweist. Das bestätigen auch die Hermen203.

An den gemauerten Bestattungsflächen sind ein Querlattenzaun und ein hufeisenförmiges Zeichen, wel-ches dem Buchstaben Omega (Ω) ähnelt, dargestellt, was seine Rechtfertigung in der Symbolik des letzten Buchstabens des griechischen Alphabets hat.

Die Köpfe der Heiligen wirken, als ob sie auf massive, dreieckige Hälse aufgesetzt seien, die Körper mit unverhältnismäßig übertriebenen Extremitäten besitzen ein robustes, massiges Erscheinungsbild. Es entsteht

200 Ε. Μαρκη, Η νεκρόπολη της Өεσσαλονίκης στους υστερορωμαïκους και παλαιοχριστιάνικους χρόνους (wie Anm. 159), 159 – 160, fig. 102, Π-12.

201 M. vaSić, Bronze railing from Mediana. Старинар [Starinar] 53 – 54, 2003 – 2004 (2004) 79 – 106. Über die Nachahmung von Mobiliar des zeitgenössischen Naissus durch den Maler siehe М. ракоција [M. Rakocija], О парапетној плочи из Ниша, пореклу и типологији палеовизантијских преграда [Über die Parapetplatte aus Niš, Herkunft und Typologie der paläoby-zantinischen Schranke] (wie Anm. 59), 100 – 106.

202 Л. Мирковић [l. MiRković], Старохришћанска гробница у Нишу [Die altchristliche Grabkammer in Niš], 62 – 63. 203 F. geRke, die Wandmalereien der Petrus-Paulus-Katakombe in Pécs (Südungarn). In: Forschungen zur Kunstgeschichte und

christlichen Archäologie. Neue Beiträge zur Kunstgeschichte des 1. Jahrtausends 1/2: Frühmittelalter. Baden-Baden 1954, 169 – 171 hat die Malerei an den Seitenwänden mit jener der Grabkammer in Pécs verglichen und dabei konstatiert, dass es sich um eine Paradiesesdarstellung handelt, welche sich im Balkanraum (siehe auch I. nilolajević, Grabanlagen und Begräbniskulte in Moesien aus frühchristlicher Zeit. JbÖByz 29 [1980] 309) unter dem Einfluss von Aquileia entwickelt hatte. Eine weitere, ikonografische Analyse des Paradieseszauns – transenna memoriae – machte Л. Мирковић [L. MiRković], Ограда на сликама раја у катакомбама Рима и ранохришћанским гробницама у Печују и Нишу [Der Zaun in den Paradiesesdarstellungen der Katakomben Roms und in den frühchristlichen Grabkammern in Pécs und Niš]. Старинар н.с. [Starinar N. S.] 9 – 10, 1958 – 1959 (1959) 215.

Abb. 23 oben: Bronzezaun mit Hermen (übernommen aus Ж. Петровић [Ž. PetRović], Народни музеј Ниш [Nationalmuseum Niš]. Ниш [Niš] 2005, 158); unten: Nordwand, Zaun mit Hermen (nach: S. ƉuRić, B. Pešić)

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der Eindruck, dass dem Künst-ler die Malereien der Domitil-la-Katakombe in Rom und der Grabkammer von Pécs-Sopianae nicht unbekannt waren204.

An der Ostwand sind, nach L. MiRković, höchstwahrscheinlich Petrus und Paulus als Schützer und Vertreter der Verstorbenen zu sehen. Dem Gewand, dem Segensgestus und der Schriftrol-le nach könnte es sich bei den Personen an der Westwand um Bischöfe von Naissus aus dem 4. Jh. oder Martyrer handeln.

Möglicherweise hat dem Maler religiöses und weltliches Mobiliar des zeitgenössischen Naissus als Vorlage gedient. Das bestätigt die auffallende Ähn-lichkeit zwischen den bronzenen

Originalzäunen und den gemalten Zäunen. Mit ihrer malerischen Ausführung und der schon entwickelten christlichen Ikonographie nehmen diese Fresken eine wichtige Stellung in der Kunst der christlichen Antike ein. L. MiRković datiert sie Ende des 4. Jhs.

Die Malerei der Grabkammer mit AnkerDie Grabkammer wurde im Jahr 2006 in der Pantelejska (heute Ratko Pavlović) Straße Nr. 55, im Bezirk Jagodin Mala entdeckt. Ihr Grundriss ist fast quadratisch (2,25 × 2,30 m), ihr Tonnengewölbe geht in der Mitte in ein Bogensegment über. Damit ist im zentralen Raum die Wandmalerei besser sichtbar, was bis jetzt in der frühchristlichen Architektur in Naissus nicht beobachtet wurde (Abb. 24).

Die gemalte Dekoration der Grabkammer ist horizontal durch eine rote Bordüre geteilt. Die untere Hälfte der Wände ist nicht bemalt. Oberhalb der Bordüre entfaltet sich eine ockergelbliche Rebe, an welcher an den Ecken der Ostwand je ein Vogel steht. An der Westwand wurde oberhalb der Wandverkleidungsplatten imitierenden Malerei ein Anker in einem mit Blumen und Pflanzen umgebenen Medaillon dargestellt. An der Decke befindet sich ein rundes Medaillon (105 cm) mit Christogramm im Clipeus205, welches durch ei-nen Lorbeerkranz umschlossen wird. Die aus Lorbeer bestehende corona triumphalis wurde vom Künstler expressionistisch gezeichnet, er vermittelt somit einen allgemeinen Eindruck von der Realität, die hellenis-tischen Geist ausstrahlt206. Die dem Christogramm am nächsten stehende Darstellung ist jene aus Cherso-nesos, die ins späte 4. oder in die erste Hälfte des 5. Jhs. datiert wurde207 (Abb. 25).

204 Für Vergleichsbeispiele siehe: В. Ђурић [v. ĐuRić], Византијске фреске у Југославији [Byzantinische Fresken in Jugo-slawien]. Београд [Beograd] 1974, 5 – 6 mit detaillierter Literatur; K. hudák, The Iconographical Program of the Wallpaintings in the Saint Peter and Paul Burial Chamber of Sopianae (Pécs). MiChA 15 (2009) 47 – 75; Z. MagyaR, The world of late antique Sopianae: artistic connections and scholarly problems. In: Ниш и Византија. Зборник радова [Niš & Byzantium. Symposium. The Collections of Scientific Works] 7. Ниш [Niš] 2009, 107 – 118.

205 Über Herkunft, Typen und Entwicklung der imagines clipeatae siehe I. M. ĐoRĐević, Imagines clipeatae dans la peinture monumentale serbe du XIIIe siècle. Зборник за ликовне уметности [Zbornik za likovne umetnosti] 16. Нови Сад [Novi Sad] 1980, 13 – 23.

206 Mijatev meint, dass man die Herkunft solch hellenistisch gestalteter Kränze nicht bei den römischen Grabdenkmälern suchen sollte, sondern im Osten, von wo sie nach Süditalien und in den Balkanraum gelangt sind. К. Миятев [К. Mijatev], Декоративната живопис на Софийския некропол [Die dekorative Malerei der Sofioter Nekropole]. София [Sofija] 1925, 24 – 25.

207 E. tuRovskiy, A newly-found Early Christian Vault of the Chersonesus Necropolis next to the Quarantine Bay. In: International Conference Varna 2003. Varna 2006, 287 – 288, fig. 6.

Abb. 24: Grabkammer mit Anker, Rekonstruktion (nach: Arch. J. Rakocija und Arch. M. diManić)

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Die Flächen an der Westwand werden durch ein Band geteilt, welches den Eindruck eines marmornen Rahmens vermittelt. Die hellblauen, wellenförmigen Linien füllen die südliche Platte aus, während die Nordplatte mit dunkelgelben eiförmigen Formen eine aus Kieseln bestehende Wand nachahmt.

Diese Art der Freskodekoration, die präch-tige Materialien imitiert, war in einer besonderen Gruppe der frühchristlichen Grabkammern vertre-ten. M. Rostovcev, Е. Маркη208 und zum Teil auch ј. văleva209 meinen, dass es sich dabei um ein rein dekoratives Detail handelt, während K. Mijatev vor-sichtiger ist210. Der Versuch einer analytischen An-schauung des gemalten, erkennbaren, architektoni-schen Details, d. h. die marmorne Wandverkleidung, brachte uns zur Erkenntnis, dass damit die „weltliche Wohnstätte“211 noch einmal betont wurde. Diese De-koration ist mehr als nur eine Textur und es scheint, als ob man auf diese Weise den Kern des Diesseits – Wasser und Erde – darzustellen versuchte.

Rund um das Medaillon in der oberen Zone der Westwand erstreckte sich das Paradies, im Geist des orientalischen „Blumenstils“212. Innerhalb des Me-daillons befand sich auf blauem Hintergrund ein ockergelblicher Anker, welcher zusammen mit den gekreuzten Hasten des Buchstaben „X“ ein Christo-gramm formte (Abb. 26).

Der Anker ist kein häufiges Motiv. Ein ähnlicher Anker, nur ohne Hasten, ist in einer Zeichnung an der Wand der Grabkammer in Akčilar bei Varna (Bulgarien)213 und in der Mitte des Kreuzes in der Grabkammer in Philippi dargestellt214. Diese Male-reien beruhen auf derselben Idee, nach welcher sich die Seele des Verstorbenen im Paradiesesgarten auf-hält und in Christus ihre Ruhe gefunden hat. Die Westwand unseres Grabes korrespondiert mit der Dekoration der Ostwand, wo die Seelenreise des Verstorbenen (Vögel) zur Erlösung und zum Paradies be-ginnt.

Malerische Analyse weist auf den orientalischen Einfluss hin, wobei neben den schon bekannten Verbin-dungen in den Westen215 auf eine neue Dimension der frühchristlichen Malerei der Grabkammern in Naissus

208 M. Rostovcev, Ancient Decorative Wall-Painting. JHS 39 (1919) 163; Ε. Μαρκη, Η νεκρόπολη της Өεσσαλονίκης στους υστερορωμαïκους και παλαιοχριστιάνικους χρόνους, 179.

209 J. vǎleva, Sur certaines particularités des hypogées paléochrétiens des terres thraces et leurs analogues en Asie Мineure. Anatolica 7 (1979 – 1980) 123.

210 К. Миятев [К. Mijatev], Декоративната живопис на Софийския некропол [Die dekorative Malerei der Sofioter Nekro-pole], 64 – 65.

211 Ebd., 109. 212 M. Rostovcev, La peinture decorative antique en Russie méridionale. St. Petersbourg 1914, 20 – 22. 213 Д. овчаров [d. ovčaRov], Архитектура и декорация на старохристиянските гробници в нашите земи [Architektur und

Dekoration der altchristlichen Grabmäler in unseren Landen]. Арх 19/4 (1977) 23, обр. 3. 214 Σ. Πελεκανιδης, Μελέτες παλαιοχριστιάνικες και βιζαντίνες αρχαιολόγιας. Θεσσαλονίκη 1977, 370 – 372. 215 Der Einfluss aus Italien ist erkennbar: В. Ђурић [v. ĐuRić], Византијске фреске у Југославији [Byzantinische Fresken in

Jugoslawien] (wie Anm. 204), 5 – 6. Auf die formale Verbindung mit der Adriaküste weisen auch die Mosaiken von Mediana

Abb. 25: Monogramm Christi an der Decke der Grabkammer (Foto: M. Rakocija)

Abb. 26: Fragment mit Darstellung eines Ankers (Foto: M. Rakocija)

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die Betonung zu legen ist. Diese Malerei sollte man in die Periode zwischen dem hellenistischen Verismus und der etwas späteren ornamentalen Stilisierung, also ins Ende des 4. bis zur Mitte des 5. Jhs., datieren.

Grabkammern mit Tonnengewölbe auf dem Territorium der Stadt Niš

Grabkammer in JelašnicaÖstlich von Niš wurde im Dorf Jelašnica im Jahr 1952 eine Grabkammer mit Tonnengewölbe untersucht, deren genauer Fundort wieder in Vergessenheit geraten ist216. Der Grundriss ist kreuzförmig. Um den recht-eckigen überwölbten Raum gruppierten sich drei gemauerte Grabstellen (Arkosolien) und eine Zugangstrep-pe – Dromos – im Osten. In den Ecken der nördlichen und südlichen Wand befanden sich vier halbkreisför-mig gestaltete Nischen. Mehr Informationen zu diesem Grab liegen nicht vor.

Zwei in Viminacium entdeckte, gleich konzipierte kreuzförmige Grabkammern mit mehreren Grabstät-ten wurden in das Ende des 4. oder in die erste Hälfte des 5. Jhs. datiert217. Offensichtlich ist die Ähnlichkeit der Grabkammer in Jelašnica mit jener bei Krupnik in Bulgarien218.

Grabkammer bei ToponicaDie rechteckige Grabkammer mit Tonnengewölbe befindet sich neben dem alten Weg Niš – Aleksinac, ober-halb des Dorfes Toponica. Der Zugang liegt im Osten. An der Westwand befindet sich eine schön gestaltete bogenförmige Nische. Am Boden sind zwei Gräber angelegt, die ein schmaler Zwischenraum trennt. Das südliche Grab ist breiter ausgeführt, während das nördliche etwas kürzer ist und nur zur Aufnahme eines Verstorbenen vorgesehen war. In beiden Gräbern sind der Boden und die Kopfstützen aus ungebrannten Ziegeln gefertigt219 (Abb. 27).

Da die Grabkammer eine Nische an der Westwand hat, ist sie in die zweite Hälfte des 4. oder ins frühe 5. Jh. zu datieren. Sie könnte zu einer kleineren Nekropole eines nahegelegenen Latifundiums gehören220.

Eine Kindergrabkammer beim Dorf KlissuraDie tonnengewölbte Grabkammer wurde im Hang eines Hügels angelegt, welcher sich oberhalb der Au-tobahn Niš – Thessaloniki zum rechten Ufer des Flusses Morava hin befindet. Sie hat einen rechteckigen

hin: G. tRovabene, Mosaici pavimentali della villa di Mediana (Niš): analisi confronti. In: Ниш и Византија. Зборник радова [Niš & Byzantium. Symposium. The Collections of Scientific Works] 4. Ниш [Niš] 2006, 127 – 144. Dies ist verständlich, weil die Dacia Mediterranea unter die Zuständigkeit von Rom fiel und bekannte Bischöfe und Priester von Naissus lateinischen Ursprung hatten: М. ракоција, Нова сазнања о ранохришћанској прошлости Ниша [Neue Erkenntnisse über die frühchrist-liche Vergangenheit von Niš] (wie Anm. 19), 45 – 57. Allerdings ist auch der Einfluss aus dem Osten nicht zu übersehen. Er ermöglicht einen umfassenderen Einblick in die Malerei des frühchristlichen Niš.

216 G. StRičević, Byzantine Archaeology in Yugoslavia. In: Akten des XI. Internationalen Byzantinistenkongresses. München 1960, 590; deRs., I monumenti d’arte paleobizantina in Serbia e in Macedonia cinterponarei ai capolavori d’arte Ravennate. CorsiRav 1963, 360 – 361; I. nikolajević, Grabanlagen und Begräbniskulte in Moesien aus frühchristlicher Zeit (wie Anm. 203), 312.

217 Љ. Зотовић [lj. Zotović], Рано хришћанство у Виминацијуму кроз изворе и археолошке споменике [Frühes Christentum in Viminacium in Quellen und archäologischen Denkmälern]. Viminacium 8 – 9. Зборник Народног музеја [Zbornik Narodnog muzeja]. Пожаревац [Požarevac] 1994, 62 – 63, fig. 2.

218 Д. овчаров [d. ovčaRov], Архитектура и декорация на старохристиянските гробници в нашите земи [Architektur und Dekoration der frühchristlichen Grabmäler in unseren Landen], 22.

219 Dies trifft auch auf den Boden des Grabes in Plovdiv in der Graf Ignatiev Straße zu: Н. МавроДиНов [n. MavRodinov], Гробница оть IV вҍкь сл. Хр. вь Пловдив [Eine Grabkammer aus dem 4. Jahrhundert n. Chr. in Plovdiv]. ГНБП [GNBP] (1927) 21 – 49; Д. овчаров [d. ovčaRov], Архитектура и декорация на старохристиянските гробници в нашите земи [Architektur und Dekoration der frühchristlichen Grabmäler in unseren Landen], 20 – 29. Eine Kopfstütze aus Ziegeln befindet sich auch in der Basilika in Bugojno: V. Paškvalin, Ostaci starokršćanske bazilike na Crkvini (Grudine) u Bugojnu s osvrtom na mvn(icipium) Bist(ue) ili Bistves, sjedište Bistuenske biskupije i biskupa Andrije [Überreste der altchristlichen Basilika von Crkvina (Grudine) in Bugojno mit Rückblick auf das mvn(icipium) Bist(ue) oder Bistves, den Sitz der Diözese Bistue und den Bischof Andreas]. In: Akten des XIII. CIAC. Split – Poreč 25. 09. – 1. 10. 1994 (Radovi XIII. međunarodnog kongresa za starokršćansku arheologiju 3 – SAC 54) 3. Città del Vaticano – Split 1998, 566.

220 In der oberen Toponica wurden 1910 und 1934 gemauerte Grabkammern festgestellt: М. ГарашаНиН – Д. ГарашаНиН [M. gaRa-šanin – D. gaRašanin], Археолошки налази у Србији [Archäologische Funde in Serbien]. Београд [Beograd] 1951, 173.

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Grundriss, der Zugang liegt an der West-seite. In der Osthälfte der Grabkammer ist entlang der seitlichen Wände jeweils eine kleine Bank (100 × 28 × 50 сm) aus Ziegeln aufgemauert, die als Standplätze für Kindersarkophage gedient haben. In die Längswände wurden je zwei recht-eckige Nischen platziert221 (Abb. 28).

In der städtischen Nekropole wurden keine erhöhten Liegeplätze für Verstorbe-ne festgestellt. In der Umgebung von Niš sind sie in ihren Dimensionen dem Sarg einer erwachsenen Person angepasst222. In der Grabkammer von Klissura weist die Banklänge (1 m) jedoch eindeutig da-rauf hin, dass sie zur Aufstellung von Kindersärgen errichtet wurden.

Die Grabkammer in Klissura passt ty-pologisch und zeitlich zu denen in ande-ren Gebieten des Balkanraumes. Die in-neren Nischen datieren sie näher in das 6. oder in die ersten Jahrzehnte des 7. Jhs.

2. Gemauerte Grabkammern mit einer oder zwei Kuppeln

In Niš wurden bisher vier derartige Grabkammern entdeckt: in Jagodin Ma-la zwei mit einer Kuppel und eine mit zwei Kuppeln und in Niška Banja eine mit zwei Kuppeln. Je eine Grabkammer in Jagodin Mala und in Niška Banja ist zweigeteilt, sie haben einen quadrati-schen Grundriss mit einer Kuppel und weisen fünf Arkosolien auf. Bei den Grabkammern mit zwei Kuppeln wur-de der Innenraum in zwei gleiche, mit einer bogenförmigen Öffnung verbundene Räume geteilt, welche mit einer Kuppel bedeckt sind. Alle diese Grabkammern haben einen angebauten Zugangsteil mit Treppen. Massive Steinplatten verschlossen die Grabkammern, deren Inneres Mörtelverputz aufwies, während die Grabplätze mit marmornen Platten be-

221 М. ракоција [M. Rakocija], Рановизантијска гробница на свод код села Клисура поред Ниша и кратак осврт на проблем засведених гробница [Die frühbyzantinische gewölbte Grabkammer beim Dorf Klissura bei Niš und ein kurzer Rückblick auf das Problem der gewölbten Grabkammern] (wie Anm. 69), 141 – 164.

222 Es gibt viele Beispiele. In Čitluk: I. bojanovski, Kasnoantičke grobnice na svod u Čitluku i njihova predhodna konzervacija [Spätantike überwölbte Grabkammern in Čitluk und ihre vorherige Konservierung] (wie Anm. 148), 117; in Ras (Trgovište), 5.–6. Jh.: J. kovačević, Srednjovekovni Ras – istrazivanja 1972 godine [Mittelalterliches Ras: die Untersuchungen aus dem Jahr 1972]. AP 14 (1972) 144 – 145; in Ulpiana, 6. Jh.: lj. PoPović – E. čeRškov, Ulpiana. Predhodni izveštaj o arheološkim istraživanjima od 1954 do 1956 godine [Ulpiana. Vorläufiger Bericht über die archäologischen Untersuchungen von 1954 bis 1956]. Glasnik MKM 1. Priština 1956, 321, 325; in Bela Palanka: А. трифуНовић [a. tRifunović], Старине из Беле Паланке [Die Altertümer aus Bela Palanka]. Старинар САД [Starinar SAD] 1 (1881) 71; in der Grabkammer der Basilika in Morodvis, 5.–6. Jh., die der Grabkammer in Ćurlina am nächsten steht: К. трајковСки [K. tRajkovski], Ранохристијанска гробница во Мородвис [Frühchristliche Grabkammer in Morodvis]. Лихнид – зборник на трудови [Lychnidos – Sammelband] 7. Охрид [Ochrid] 1989, 89 – 94 usw.

Abb. 27: Toponica, Innenraum der Grabkammer (Foto: M. Rakocija)

Abb. 28: Grabkammer bei Klissura, Bank für die Bettung der Verstorbenen (Foto: M. Rakocija)

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deckt waren223. Die Kuppeln dieser Grabkammern sind die frühesten Beispiele für kuppelartige Strukturen in diesen Gebieten und in dieser Zeit. Die kuppelförmigen Grabkammern gehören in die Periode, in welcher sich die kirchliche Architektur im 6. oder in den ersten Jahrzehnten des 7. Jhs. frei entwickelte, veränderte und anpasste. Im Allgemeinen erinnern diese Grabkammern in vielerlei Hinsicht an Kirchen.

Die Grabkammer Nr. 17 mit einer Kuppel

Die Grabkammer Nr. 17 mit einer Kuppel wurde 1957/58 südwestlich des englischen Heims in der Kosovka devojka Straße entdeckt224.

Das Grabmal hat einen kreuzförmigen Grundriss mit einem zentralen Raum, auf dessen drei Seiten sich Arkosolien befinden, welche durch eine gemauerte Trennwand abgeteilt wurden. Oberhalb des zentralen Raums erhebt sich die Kuppel.

Betrachtet man die Art und Weise der Entstehung der Kuppel, kann sie näher ins 6. Jh. datiert werden, als die Pendentifkuppel bei Kirchen im ganzen Reich und insbesondere in der Hauptstadt weite Verbreitung fand.

223 Љ. Зотовић [lj. Zotović], Izveštaj sa iskopavanja kasnoantičke nekropole u Nišu [Bericht über die Ausgrabungen der spätanti-ken Nekropole in Niš] (wie Anm. 152), 174. Die Dokumentation über die Grabkammern mit Kuppeln aus Jagodin Mala wurde nie veröffentlicht. Außer einigen Fotos des Archäologischen Instituts in Beograd ist nichts vorhanden.

224 lj. Zotović, Jagodin Mala, Niš – kasnoantička nekropola [Jagodin Mala, Niš – spätantike Nekropole] (wie Anm. 82), 174; Љ. Зотовић – Н. Петровић [lj. Zotović – N. PetRović], Kaсноантичка некропола у Јагодин Мали [Die spätantike Nekropole in Jagodin Mala] (wie Anm. 152).

Abb. 29: Grabkammer Nr. 19, Grundriss, Längs- und Querschnitt (Grafik: Arch. J. Rakocija)

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Die Grabkammer Nr. 18 mit einer Kuppel

In der Knezselska Straße, etwa 30 m östlich der Grabkammer mit figürlichen Darstellungen, wurde die Grabkammer Nr. 18 mit einer Kuppel entdeckt225, welche Gemeinsamkeiten mit Grabkammer Nr. 17 auf-weist. Die Ausführung und Gestaltung der Kuppel ermöglichen eine Datierung ins 6. Jh.

Die Grabkammer hat einen kreuzförmigen Grundriss mit Kuppel über dem zentralen Raum, an welchen sich drei Grabplätze (Arkosolien) anschließen. An der Ostseite befindet sich der Zugang226. Am Bodenniveau der Grabkammer wurden Steinplatten mit einem eisernen Abhebungsring gefunden, welche gleichzeitig den Gruftboden und die Abdeckung des inneren Bodengrabes ( formae) bilden. Es ist west-ost orientiert, aus Zie-gelsteinen gebaut und mit Kalkmörtel verputzt. Die Höhe der Trennmauern ist unterschiedlich und beträgt ca. 0,80 m. Im nördlichen Teil wurden ein fragmentiertes Skelett, ein Teil eines Kapitells aus Kalkstein, Kreuzarme aus Silberblech und ein Bronzeknopf gefunden227.

Die Grabkammer Nr. 19 mit zwei Kuppeln

Die einzige Grabkammer in der städti-schen Nekropole mit Zugang im Wes-ten liegt 40 m östlich der Grabkammer Nr. 18 auf der Nordseite der Knezselska Straße. In perfekter handwerklicher Ar-beit hat man sie aus mit Mörtel verbun-denen Ziegeln errichtet und den Innen-raum mit Mörtel verputzt.

Die Grabkammer mit quadratischem Grundriss wurde in zwei gleiche, recht-eckige Räume mit Kuppeln geteilt, wel-che durch eine bogenförmige Öffnung verbunden sind (Abb. 29). Jede Grab-kammer besitzt fünf Arkosolien mit Tonnengewölbe (Abb. 30), die mit grö-ßeren, regelmäßigen Marmorplatten be-deckte Wände in zwei Ebenen teilen. An der Außenseite gab es weitere Arkosoli-en für nachträgliche Bestattungen.

Die kuppelbedeckte Grabkammer auf dem Territorium der Stadt Niš

Die Grabkammer mit zwei Kuppeln in Niška Banja

Die monumentale Grabkammer mit zwei Kuppeln des Hypogäum-Typs entdeckte man 1972 in Niška Banja, eingegliedert in den Komplex der medizinischen Station „Radon“228 (Abb. 31). Sie wurde aus Ziegeln gemauert

225 D. šljivaR, Jagodin Mala, Niš – zaštitni radovi na kasnoantičkoj nekropoli [Jagodin Mala, Niš – Schutzarbeiten an der spätan-tiken Nekropole]. AP 17 (1975) 111 – 113.

226 Die technische Dokumentation ist verloren und die einzige Skizze, die wir finden konnten, ist ein nicht ausgearbeiteter Quer-schnitt. Dank dieser Skizze wissen wir, dass die Dimensionen des zentralen Raums 1,90 × 1,90 m und die der Arkosolien mit Auslassungen für Plattenstützen 1,81 m betragen.

227 Д. МакСиМовић [D. MakSiMović], Ниш Јагодин Мала, Касноантичка некропола [Niš Jagodin Mala, spätantike Nekropole] – гробница са калотом у кнезелској улици, Дневник [Die Grabkammer mit Kalotte in der Knezselska Straße, Tagebuch]. извештај бр. 468/1 од 5.4.1975 [Bericht Nr. 468/1 vom 5. 4. 1975], Документација Завода за заштиту споменика културе Ниш [Dokumentation des Denkmalschutzamtes in Niš].

228 M. Rakocija, Манастири и цркве града Ниша [Klöster und Kirchen der Stadt Niš] (wie Anm. 27) [englische Version: Mona-steries and Churches of Niš. Niš 1998], 55 – 56.

Abb. 30: Grabkammer Nr. 19, Innenraum (Foto: M. Rakocija)

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und vollständig verputzt, den Zugang ermöglichte eine Treppe an der Ostsei-te. Der Innenraum ist in zwei identische Kammern mit zwei Grabstätten (Arko-solien) im Norden und Süden geteilt. Die Liegeplätze für die Verstorbenen sind mit einer Mauer eingeschlossen. Ober-halb des quadratischen Raums, der sich zwischen den halbrunden Arkosolien bildet, erheben sich die Kuppeln, die auf allen vier Seiten mit Bögen umfasst sind, welche auf Pendentifs ruhen.

Die architektonische Form der Grab-kammer sowie Parallelen in den Nekro-polen von Jagodin Mala, Sofia und Thes-saloniki229 ordnen sie ins 6. Jh. ein.

Der Baptisteriumkomplex in Mediana

Bei der frühchristlichen Kirche in Medi-ana ist an der Nordseite ein Baptisterium angebaut230. Als erster hat F. kanitz in der zweiten Hälfte des 19. Jhs. das Okto-gon als Baptisterium erkannt231. Die An-lage besteht aus zwei Räumen mit einer Gesamtlänge von 14,6 m. Der zentrale Bereich mit der Piscina ist achteckig ge-staltet mit einer hufeisenförmigen Apsis an der Westseite (Abb. 32). Fresken und ein Fußbodenmosaik vervollständigen die künstlerische Ausgestaltung des In-nenraums.

Die Länge der gesamten Anlage be-trägt ca. 70 m. Mit einem Gang wurden

zwei Räume verbunden, von denen einer mit einem Mosaikboden ausgestattet und der andere mit einer Apsis versehen war. Im Inneren des Komplexes wurde eine große Anzahl von Wasserleitungsrohren angetroffen232.

Nach der Architekturanalyse des Baptisteriums kommen wir zur Ansicht, dass diese Art des Taufbeckens aus Norditalien über die dalmatinische Küste Niš erreichte. Dafür existiert eine Begründung in den histori-schen Gegebenheiten des frühchristlichen Naissus.

Das Erscheinungsbild der Taufkapelle, das für den westlichen Teil des Reiches charakteristisch ist, wird auch durch historische Fakten erklärt. Neben der Tatsache, dass Naissus der Jurisdiktion von Mailand un-terstellt war, besteht auch die Möglichkeit, dass diese architektonische Form von kirchlichen Würdenträgern aus Italien, die in Naissus ein Amt bekleidet haben, hierher gebracht worden ist, was sicherlich vor der Zer-störung der Stadt durch die Hunnen im Jahr 441 n. Chr. erfolgt sein muss. 229 I. nikolajević, Necropoles et tombes Chrétiennes en Illyricum Oriental (wie Anm. 71), 528 – 529. 230 M. Rakocija, Early Christian Baptisterium in Mediana, near by Niš. In: Collectio of works from the Symposium „Water, Life

and Pleasure“ 2008. Strumica 2009, 169 – 179; deRs., Старохришћански баптистеријални комплекс на Медијани у Нишу [Altchristlicher Taufkomplex zu Mediana in Niš]. In: Ниш и Византија. Зборник радова [Niš & Byzantium. Symposium. The Collections of Scientific Works] 8. Ниш [Niš] 2010, 61 – 97.

231 F. kanitz, Römische Studien in Serbien (wie Anm. 5), 174. 232 Љ. Зотовић [lj. Zotović], Медијана сакрални објекат – Баптистеријум [Medijana, sakrales Objekt – Baptisterium]. Дневник

са археолошких ископавања, Документација Археолошког института. Београд 1980 – 1983 [Grabungstagebuch, Doku-mentation des Archäologischen Instituts. Beograd 1980 – 1983].

Abb. 31: Niška Banja, Grabkammer mit zwei Kuppeln (Foto: M. Rakocija)

Abb. 32: Lokalität Mediana, Baptisterium (Foto: M. Rakocija)

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Das frühe Christentum in Naissus / Niš (Serbien) 49

Das Baptisterium von Mediana ist das östlichste Gebäude dieses Typs. Seine architektonische Gestaltung zeigt, dass sich die stilistische Beeinflussung und die neuen Formen nicht nur von Ost nach West, sondern auch von West nach Ost verbreiteten. Das verschafft ihm in der Geschichte der frühchristlichen Architektur eine Sonderstellung.

*Bis zur Ankunft der Slawen wurden in Naissus Bauten in Übereinstimmung mit den in den namhaften christlichen Zentren vorherrschenden, zeitgleichen Tendenzen errichtet und ausgeschmückt. Hier finden wir Kirchen und Grabkammern in verschiedenen architektonischen Formen und mit einer Malerei, die jener im Westen nahe steht. Naissus wird das Zentrum der byzantinischen Zivilisation und religiösen Kunst für dieses Gebiet, von wo sie auf die unmittelbare Umgebung und darüber hinaus in das Innere des Kontinents ausstrahlen. Das vorgestellte Material über die frühchristlichen Denkmäler von Naissus füllt die Lücken in der archäologischen Landkarte des Balkanraums und Europas im Zeitraum vom 4. bis 7. Jh. n. Chr.

abküRzungen

ACO ........................ Acta Conciliorum Oecumenicorum AP ........................... Arheološki PregledАрх [Arch] ............... АрхеологияArchJug .................. Archaeologia JugoslavicaAV ........................... Arheološki VestnikBant ........................ Schriften der Balkankommission der Österreichischen Akademie der

WissenschaftenBEFAR .................... Bibliothèque des Écoles françaises d’Athène et de RomeBT ........................... Bibliotheca scriptorum graecorum et romanorum TeubnerianaCCL ........................ Corpus Christianorum series LatinaCEFR ...................... Collection de l᾿École française de RomeCIAC ...................... Congressus Internationalis Archaeologiae ChristianaeCIC ......................... Corpus Iuris CivilisCorsiRav ................ Corsi di cultura sull’arte ravennate e bizantinaCSEL ...................... Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum LatinorumCSHB ...................... Corpus Scriptorum Historiae ByzantinaeDph ......................... Denkschriften der philosophisch-historischen Klasse der Österreichi-

schen Akademie der WissenschaftenГДКС [GDKS] ........ Гласник Друщтва конзерватора Србије [Glasnik Društva konzervatora

Srbije]Glasnik MKM ......... Glasnik Muzeja Kosova i MetohijeGlasnik SAD ........... Гласник Српског Археолошког Друштва [Glasnik Srpskog Arheološkog

Društva]Glasnik SAN ........... Гласник Српске академије наука [Glasnik Srpske akademije nauka]ГНБП [GNBP] ....... Годишник на Народната библиотека Пловдив [Godišnik na Narodnata

biblioteka Plovdiv]ГСУД [GSUD] ....... Гласник Српског Ученог Друштва [Glasnik Srpskog Učenog Društva]IMS ......................... Inscriptions de la Mésie SupérieureJbÖByz ................... Jahrbuch der Österreichischen ByzantinistikJHS ......................... The Journal of Hellenic StudiesMGH AA ................. Monumenta Germaniae Historica. Auctores antiquissimiMiChA .................... Mitteilungen zur Christlichen Archäologieн.с. [N. S.] .............. Neue SeriePG .......................... Patrologia GraecaPL ........................... Patrologia LatinaRÖ ........................... Römisches ÖsterreichSAC ......................... Studi di Antichità CristianaСАД [SAD] ............. Српског Археолошког Друштва [Srpskog Arheološkog Društva]САНУ [SANU] ...... Српска Академија наука и уметности [Srpska Akademija nauka i

umetnosti]SASA ...................... Serbian Academy of Sciences and ArtSbph ........................ Sitzungsberichte der philosophisch-historischen KlasseSC ........................... Sources chrétiennes

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Miša Rakocija50

СПЦ [SPC] ............ Српска православна црква [Srpska pravoslavna crkva]Споменик СКА [Spomenik SKA] .. Споменик Српска Кралјевска Академија [Spomenik Srpska Kraljevska

Akademija]SR ........................... Socialističeska Republika BииHJ [VIINJ] ..... Византијски извори за историју народа Југославије [Vizantijski izvori

za istoriju naroda Jugoslavije]VjesAMuzZagreb .... Vjesnik Arheološkog muzeja u Zagrebu ZK ........................... Zeitschrift für KirchengeschichteЗНMН [ZNMN] ...... Зборник Народног музеја Ниш [Zbornik Narodnog muzeja Niš]ЗРВи [ZRVI] .......... Зборник радова Византолошког института [Zbornik radova

Vizantološkog instituta]ŽA ........................... Жива антика [Živa Antika]

suMMaRy

Early Christian Naissus

Naissus not only occupies an important place in the history of Christian archaeology and art but also in the development of Christi-an thought. The effects of religious debates stemming from different theological concepts were strongly reflected in Naissus during the first centuries of Christianity. Heretical thought here has always met with fertile soil. At this time the city of Naissus, with its bishops and priests, was more inclined towards the West than the East. The Holy See was in direct communication with Naissus’s bishops. This direct link with Rome is visible in the known archaeological material. Historical sources and archaeological excavations have greatly elucidated the early Christian history of the city of Naissus. Thanks to the archaeological material that has come to us, we possess reliable evidence about church life in the city, its bishops and priests - all of whom have Latin names - as well as the information of its martyrs or, perhaps, saints. With respect to the beginning and deve-lopment of religion in this region, we have found confirmation through the exhaustive analyzes of material traces from architecture and painting, to the selected mobile material which is an integral part of a particular object. Numerous issues emerged during the study of early Christian monuments of Niš and, consequently, a commitment to systematic research to address related questions and to learn more about the faith, artistic preferences and architectural achievements of the first Christians in Naissus. Though Naissus was a spiritual, artistic and urban center under the Byzantine Empire, the city fell as a result of the historical fate of the Balcans. Migration, first of the Goths and Huns in the V century followed by the Avars and Slavs in the VI century, was taking place over the city’s territory. Each of the migrations was felt in Naissus, until the last devastation by Avar-Slavonic peoples in the second decade of VII century. The fate of Naissus coincides with that of the Balcans. The Roman population either left or was assimilated, while the achievements of civilization and art were dying out with the disappearance of the native inhabitants in the barbarian cities. In the Balcans and in Naissus, the old spiritual and artistic traditions were to develop a new culture in Slavonic form as an integral part of the Byzantine Commonwealth. Until the arrival of the Slavs, churches and tombs in Naissus had been built and decorated in accordance with the simultaneous tendencies that prevailed in prominent Christian centers. Here we find churches of various architectural forms directly influenced by Italy, as well as painting that is closest to the style of the West. Naissus becomes a center of Byzantine civilization and religious art; from here it spreads out to its neighbouring environment and further into the continent’s interior. Exposed material of early Christian monuments of Niš fill in the gaps in the archaeological map of the Balcans and Europe for the period from IV to the VII centuries.


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