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du
musst
der
lambo
sein.
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Anknpfung an den Vortrag
Schnes, Gutes, Wahres einmal anders: Mythos Topform und das
Ideal des Kaputten, den Wagner anlsslich des Werkbundtags
2007 im ZKM Karlsruhe gehalten hatte und der in der Doku-
mentation Von der Guten Form zum Guten Leben 100 Jahre
Werkbund verffentlicht ist.
Schwerpunkte des Beitrags
Das Schne, Gute, Wahre & Selber machen Poetiken des Augen-
blicks, diesseits von Dogma (fertige Wahrheit) und Konsum (xe
Ware) geht es um das gefhlte Wissen, ein leibhaftiges Knnen,
um KrPerformancen, die ein Gegen- oder Ergnzungsmodell zum
reektorischen Ich zwischen den Ohren darstellen.
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REFLEXIONReflexion auf beides heit, einem kaum beachteten Zusammen-hang auf den Leib zu rcken, dem Kommerz.Konkret: dass der polemisch besetzte Begriff hedonistischer
Achtlosigkeit, Gier, Umweltzerstrung usw. vom lateinischen
commercium admirabile kommt, der wundersamen Verwandlung
Gottes ins Menschsein Jesu von Nazareth, wie es dieses Weih-
nachtslied Lobt Gott ihr Christen alle gleich besingt und all
die wundersamen Verwandlungen, wie wir sie heute in 1001
Konsumwundern erleben, die allesamt ein profanes Glcks- oder
Heilsversprechen, die theologischen Mucken und metaphysischen
Spitzndigkeiten, so Marx ber den Fetischcharakter der Ware, mit
sich bringen unsere liebsten Illusionen halt.
All dieser glamourse Krimskrams scheint das Opium fr uns Insas-
sen einer ausweglos verdichteten Immanenz zu sein. Alles scheint
dicht, hermetisch.
Wie Herr Dr. Gschel schon fast alles gesagt hat eben: Flle ber
Flle allerorten wer rettet die Leere, den Hunger vor all den An-
geboten? Und wie knapp ist die freie Zeit, der freie Raum, wo noch
nichts entschieden oder verplant ist?
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Wenn ich kurz biographisch sein darf. Ich bin ja in einer Garten-
stadtaufgewachsen, ohne zu wissen, dass mich hier die Wirkungs-
geschichte des Werkbundes in der Falkenheim-Siedlung im
Nrnberger Sden am Alten Kanal geprgt hat. Dieses Geecht an
Leutseligkeit eben jener Nachkriegsgeneration(en), also Eltern und
Groeltern in einem Haus, die sich allesamt ihre Siedlungshuslein
selber gebaut hatten, eine Jede und ein Jeder sich mit dem ein-
brachte, was er an handwerklichem Knnen oder sonst wie beitra-
gen konnte..., und wo, um an Dr. Gschel anzuschliessen, nicht alle
alles, sondern ein jeder Haushalt was Bestimmtes an Ausstattung,
Werkzeug, Apparatur oder Gertschaften oder auch Beziehungen,
Verbindungen, Kenntnisse und Knowhow usw. hatte, was dann je-
weils untereinander abgerufen und zum Einsatz gebracht wurde. Es
gab, um es ganz konkret und darin absolut metaphorisch zugleich
zu sagen, wohl Besitz und Grundstcke, aber keine Zune zwischen
den Grten.
Das nderte sich mit wachsendem Wohlstand sprbar:
Erst seit den 70er Jahren ist die Abgrenzung in Wohngebieten
durch Zune, Hecken und Mauern zu beobachten. Auch das ge-
meinsame Benutzen von Werkzeug u. . wird seltener, stattdessen
kauft und hat schlielich jeder alles selbst, d. h. der Konsum fngt
an, demonstrativ zu werden (Thorstein Veblen, Pierre Bourdieu), in
bestimmten Formen beginnt das Haben das Leben zu dominieren
und eine leutselige Nhe, wenn nicht zu vernichten so doch zu
verndern nicht selten begannen Leute sich zu siezen nachdem
sie sich Jahrzehnte geduzt hatten. Neben dem Wohnen, Herr Dr.
Gschel hat es wunderbar przise und atmosphrisch in seiner
Heute haben daher wohl vor allem groe konzeptionelle, institutio-
nelle Vereinigungen oder Systeme wie Parteien, Gewerkschaften,
Armeen, Kirche, und eben in etwa auch der Werkbund, Schwierig-
keiten, neue Mitglieder zu gewinnen, als Kollektivkrperschaften
fr einzelne Krperformancen attraktiv zu erscheinen. Je weniger
Akzeptanz solche corporate identities nach auen erfahren, desto
mehr Selbstversicherung suchen sie nach innen, extreme Binnen-
vergewisserung, wasserdichte Loyalitten, hyperauthentisches
Gebaren, Stichwort Wiedererkennbarkeit als Prolambition...
Dazu gibt es viele Grnde, eine hchst komplexe Alltagswelt,
wo wir durch verschiedenste Systeme sausen, in differenten Leb-
enswelten zuhause oder obdachlos sind, vernetzt oder ambulant,
und durch allzu viele Verpichtungen eines zunehmend allseits
betreuten Daseins, die sog. systemischen Imperative eben, vor
allem merken, wie knapp wichtige, libidins durchrankte Res-
sourcen sind:
Aufmerksamkeit, Zeit und Raum , also alles, was man in einer
Fundamentalontologie der Hilfsverben um sollen, mssen, knnenund wollen besonders mitdrfen konnotieren mag.
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Groteske beschrieben, hat sich vor allem die Arbeitswelt radikal
verndert. Eine in Jahreszeiten und Naturrhythmen eingebettete,
sich selber zielfhrend, also auf sinnlich anschauliche Erfl-
lung hin ordnende, transparent und schier musisch strukturierte
Arbeit(swelt) gibt es nicht oder kaum mehr.
Auch die Kommunikation erfolgt immer seltener im direkten
Gegenber, sondern im Kontakt mit einer technisch kontaktierten
Ferne verstummt eine leibhaftig erreichbare Nhe, zugunsten einer
beliebig organisierbaren Virtualitt an Kommunikation. Dabei
speisen sich sichtlich viele Themen, wenn ich heute die Gesprche
im Zug memoriere, eher aus nicht selber erlebten, sondern nur
sekundr vermittelten Sensationen, d. h. aus den Medienwelten.
Was aber ist den Menschen selber existenziell, intim, brennt ihnen
auf der Haut, macht ihre Erfahrungen aus?
Man knnte summarisch angesichts der Legionen uerer Reize
und Aufmerksamkeitsagenten, die auf uns tglich, ja stndlich
oder sekndlich einprasseln, fragen:Was wollte ich, bevor ich musste, und was konnte ich,
als ich noch durfte?
mssen
VS.
drfen
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So knnte ich jetzt von einer singulren Tagung von Schlern fr
Schler bei uns an der Ev. Akademie Tutzing berichten, wo ber
100 GymnasiastInnen unsere Erwachsenenwelt als hermetische
beschrieben, in der alles schon x und fertig (Dogma und Kon-
sum), also kein Platz sei fr eigene kreative Prozesse, Freirume,
Spielrume, sondern letztlich der Imperativ des Wachstum weiter
so herrsche Reproduktion des Immergleichen statt Nichtiden-
tisches, Neues ausprobieren (so frei nach Adorno).
Das war auch in meiner Jugend so, vom Pietkong, einem end-
zeitlichen Pietismus verwandtschaftlicherseits umzingelt, dem alles,
was uns Sinnenglck war, als Snde erschien: z. B. Roller fahren,
Fuball spielen, Bluesmusik machen, von Verliebtheiten, Flirt und
Sexualitt ganz zu schwiegen. So haben wir Billy Graham 1970
gehrt, aber zugleich Fuball gespielt in Puma und Adidas, Gitarre
gebt mit Jimi Hendrix oder Rory Gallagher aus dem Plattenspieler
und sind mit Papas Bellaroller durch die Nacht gebrettert, waren
verliebt und haben geksst, hingelangt und mussten manchen
Korb erleiden, und laborierten daran: Wer nicht kriegt was er will,muss wollen, was er kriegt.. Ich kann das nur andeuten, diese
Passionen, dieses Ensemble von Machen, dem sinnlichen Materiale
und dem Aufkommen von Reexion, Bewertung.
Es war schon auch so, dass das, was man wirklich tun wollte, das
Begehren, als Snde verurteilt wurde. Geschichtlich betrachtet darf
auch der hedonistische Konsum als Opposition zu solcher Lust-
oder Leibfeindlichkeit betrachtet werden, wobei mit dem klerikalen
du sollst nicht begehrenein nicht minder ruinsesdu sollst
pausenlos alles begehrenkorrespondiert. Einmal grob mit Max
Weber, Walter Benjamin, Georg Simmel usw. gesprochen: in der
ganzen Schubmasse des Kapitalismus als Religion wird in der pro-
fanen Ordnung des Glcks gleichsam eine skulare Verwandlung
eben der sakralen Ordnung des Heils zum Ideal guten Lebens.
Der Mythos unversehrter Leiblichkeit, ein Phantasma der krper-
lichen Topform, das von Pop, Musik, Mode, Sport, Film, Kunst,
Technik, Internet, Kino, Wellness und der har ten Biopolitik von
Humanmedizin, Gentechnik und Schnheitschirurgie umirt wird.
Man kann das in derlei Bildern, die ich ihnen exemplarisch zeige,
von den liturgischen Schnheitsdarstellungen genauso herauslesen
wie aus profansten Zeugnissen der Werbung. Und man kann diese
Phantasmagorien der Krperutopien und Krpertechniken auchim philosophischen Diskurs der Moderne, wie ich ihn im Komplex
der einstigen sog. in Gott konvertiblen Transzendentalien des
Wahren, Guten, Schnen schon einmal versucht habe darzus-
tellen, entlang der drei Kantischen oder Adorno/Horkheimer/
Habermasschen Vernunftkritiken der reinen, d. h. instrumentell-
kognitiven, der praktischen, d. h. moralisch-praktischen und der
Kritik der Urteilskraft, d. h. der sthetisch-expressiven Rationalitt
reektieren (also dort, wo die Jugend ihre Signaturen, Parolen,
Codes und Sounds hat).
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So gesehen ist dann der Konsum, wo er nicht nur der Befriedigung
der Bedrfnisse dient, oftmals auch eine Art profaner Kommunion
mit den schnen Dingen, Teilhabe an einem Unversehrtheits- oder
Glcksversprechen zu erlangen, das vielfach religionskritisch
gesprochen unter leerem Himmel, also transzendentaler Ob-
dachlosigkeit (Georg Lukcs) einer Messianisierung der Leb-
enswelt hnelt:Fuball ist die letzte heilige Handlung, so
Pier Paolo Pasolini.
In all den vielen Bildern, die ich Ihnen zur demonstratio zugemutet
habe, also worin Heiliges profan und Profanes heilig zu lesen, zu
sehen ist signum et verbum, wie in der katholischen Barock-
kirche, wo die Predigt eben jene Sinnlichkeit verteufelt (verbum),
die als liturgische Opulenz in Putten und Engeln wie rehabilitiert
(signum) um die Kanzel schwirrt.
Wie Walter Benjamin einmal gemeint hat: Nicht die Sinnenlust
ist die Snde, sondern ihre Vertreibung aus ihrer geschpichen
Nhe zu Gott, das ist die Snde des Abendlandes. Geht es abernicht nur um eine krperliche oder technische Perfectio (einen
Lamborghini haben, ist ein bissle wie ein Lamborghini sein, als
wre das technische Artefakt der metallene Schorf auf der Wunde
der Scham, eben imperfekt, mangelhaft zu sein...). Es geht auch
nicht nur um demonstratives Haben, sondern es geht insbesondere
bei den Praxeologien des Leiblichen, wie wir sie in all den kreativen
Krpertechniken der Musik, der Kunst, des Sports usw. sehen, um
ein intuitives Krperknnen, um ein selber machen, griechisch
poiein, um Poetiken des Augenblicks, wo ich ein Anderer bin,
gleichsam wie in Schillers sthetischer Erziehung des Menschen,
ich nicht nur nach Andacht und Gehorsam funktioniere, sondern
spiele.
Im homo ludens scheint mir denn auch eine Rehabilitation des
animal rationale aufzuscheinen, im Spieler ein Gegenmodell zumvielfach betreuten Exemplar des systemisch deformierten Insassen
eines entstellten Daseins bewundert, angeschaut, angehimmelt,
gefeiert zu werden wo die Lust, die im eigenen Leibe keine rechte
Bleibe mehr hat, nun eben nicht in einem merkantilen Simulakrum
(Pierre Klossowski), also einem toten, artiziellen Double sich wie
in einem Asyl niederlsst (um immerhin am anderen Schauplatz
wie in einem lacanschen Doppelgnger sich halluzinatorisch zu
erleben: wir sagen ja beim Parken oft, ich steh da drben, als
shen wir dort, wo wir nicht sind, in unserer mechanischen Skulp-
tur das bessere Selbst, die Wunschmaschine), sondern wo in der
Passion, in der ich hingegeben ans Tun, an die Welt (exzentrische
Positionalitt, so Helmut Plessner oder Arnold Gehlen) mich selbst
vergesse, aber gerade darin bei mir bin, leibhaftig in der Welt bin(Maurice Merleau-Ponty, Heinrich Schmitz) und eben im erfllen-
den Machen komplett mich fhle (das hebrische tamin, meist mit
fromm bersetzt, bedeutet auch ganz sein, vollstndig), also wo
Kopf und Bauch, rsonables Formstreben und sinnlicher Stoffhun-
ger (Schiller) spielerisch, d. h. automatisch in eins fallen, also die
Entfremdung sich aufhebt.
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artistikGottfried Benn nennt eben diese Krpertechniken, diese sthetisch-expressiven Spielarten mit dem alten, meist der Oberchlichkeitverdchtigten Begriff derArtistik, und er meint damit, weit dies-seits von Zirkus, Kirmes und Trallalaaa, Clownerie, Show und Unter-
haltungsquote, das Vermgen, sich selbst als Inhalt zu erleben,
und er nennt diese Poetik der geschpichen Lust am selber ma-
chen eben die letzte Transzendenz zu allem bereits Gemachten, m.
m. W. von Dogma und Konsum. Zudem braucht dieses leibeigene
Knnen natrlich bung, also Talent allein reicht nicht, sondern
die lebendige Arbeit erst macht den Knner, denn Genie ist
Flei, wie es von Goethe bis Benjamin zitiert wird siehe die
Clips von Diego Maradona am Ball, Casey Stoner auf seiner Renn-
Ducati, Jimi Hendrix an der Gitarre, Alberto Giacometti an seinen
ligranen Figuren oder den Huber Buam in der Felswand. Es geht
um feeling, um jene Sprezzatura, der Coolness, dasSchwerste
ganz mhelos easyausschauen zu lassen, und darin um eine
emanzipatorische Sinnlichkeit, die mehr ist als virtuelle Nhe qua
Mouseclick zur Welt es geht um eigene Erfahrung are youexperienced? um outdoor statt indoor. Wo also nun sind aber in
der instrumentell-kognitiven und moralisch-praktischen Rationa-
litt diese Freirume fr Passionen, Poesien des eigenen Eigenen,
fr jene sichtlich hei begehrten Artistiken?
Wo Menschen sich begegnen wird ber bewegte Bewegung, auto-
mobiles sein, bewegte Objekte, alles, was den Tanz assoziierbar
macht, den groen Befreier und Verwandler der Menschen (Augus-
tin) Nhe simuliert. Im Spiel geht das recht schnell. Auch in der
Liebe. Aber im Gestell des gesellschaftlichen Seins erstarrt oft der
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Schwung. Erziehung und Bildung sind indes langwierige Prozesse.
Wo der Werkbund 1907 auf lebenslange Prozesse der Verwand-
lung setzt, opponiert etwa schon 1909 der italienische Futurismus,
etwa in Marinettis Futuristischem Manifest, dagegen. Einzig Speed,
tempo, die Furie Geschwindigkeit knne uns mblierte Menschen
in befreite Akteure verwandeln. Vielleicht ist es das, was uns an so
vielen dynamischen Sportarten fasziniert: elegante, rhythmische
Krpertechniken, durch koordinierte Improvisationen die Zuflle,
die Kontingenzen des offenen in der Weltseins slalomhaft zu meis-
tern, Hindernisse in Ideen, Querschlge in Strukturen, dynamische
Unbersichtlichkeit in Habitus und Routine zu verwandeln.
Das pure Sein gibt es nicht, so wenig man Obst pur, oder Sinn
pur essen kann, man muss Bananen, pfel, Birnen, Kirschen
probieren, d. h. dies und jenes tun, Bedrfnisse befriedigen und das
Begehren stimulieren, diesen eigentlichen Motor, Beweger, lan
vital der Menschen. Unsere krperliche Fragmentiertheit sehnt sich
wohl nach der Unfragmentiertheit des Perfekten. Aber die perfekte
Krperlichkeit bleibt unerreichbar nah ein Phantasma. Es gehtvielmehr als um das Anhimmeln um ein anderes sein, anders zu
l(i)eben um Spontaneitt, Intuition, Instinkt, mitunter um die
berraschungen, dass der geheime Plan erst nach der Aktion
durchschimmert (Kleist).
Vielleicht gibt es ein Knnen das an pures Sein heran rhrt, das
sich aber krperlich abspielt. Eine Soziologie des Erfahrungswissens
befasst sich inzwischen mit dem gefhlten Wissen, einem ber-
wiegend krperlich, intuitiven Wissen, einem spontanen Handeln
aus der Dynamik, aus der Bewegung heraus, einem tacit knowing,
einem prozessualen Wissen, wo der Zustand es ist, der mich wei
(Kleist) und nicht ich mich idealistisch (Fichte) selber projektiere.
Gewiss, wie die Produktion perfekter Dinge beinhalten auch die
Krpersthetiken eine Art Selbstschpfungsanspruch: gratia nontollit, sed percuit ed supponit naturam analog Technik zerstrt
nicht, sondern hebt auf und vervollkommnet die Natur. Es geht im-
mer um die absolute Form, im Dogma wie im Konsum, oder womit
deniert sich das Individuum hundert Prozent? Das Ding doubelt
sozusagen den Benutzer, den Kufer. Alles was in Dingen ist, war
vorher in uns bzw. was in uns ist, wird durch Dinge ausgedrckt.
Besonders die Mode: heiles Kleid ums wunde Fleisch carne vale,
iehendes Fleisch, carrus navalis, iehender Wagen ja, zur Poesie
des Leiblichen gehrt die ganze Welt als ein Haufen Wsche,
aber damit eben auch dreckiger Wsche, blutig, vom Tod versaut
oder warum sonst schliet noch eine jede Modenschau mit der
Braut im weien reinen Kleid, jenem Linnen, das uns, so die Apoka-
lypse des Johannes, bergestreift werden soll zuletzt, beim letztenTrikottausch, wenn der Messias seine Braut heiratet, und die ganze
Schpfung vom Tod, von der Gewalt, von Schuld und Scham und
Leid befreit eine Welt des allseitigen Spiels sein wird?
So weit aber sind wir noch nicht. Wir erleben ja im Diskurs der drei
genannten Transzendentalien auch ein sensationelles Schnes, das
fr Betroffene ein Grauen, der Tod, Vernichtung ist (so New York
9/11 aus der Beobachterperspektive, oder Beirut aus dem Auto im
letzten Libanonkrieg usw.). Das Schne ist bei uns, so wenig wie
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in der dogmatischen Tradition oder bei Kant, immer auch zugleich
als Gutes und Wahres in der Erfahrung beisammen nein, sie sind
explodiert diese drei Hyperattribute.
Und: der gegenwrtige hedonistische Kapitalismus reit alles
Sein in eine technisch-fortschrittliche Zertrmmerungsmaschineriehinein das Symptom der Endlichkeit ist schon jetzt als trauma-
tische Wiederkehr des Verdrngten zu spren der Globus ist zu
klein, auch wenn aus knstlichen Fllhrnern die Realabstrak-
tionen unendlicher Opulenz sprudeln, aus den endlichen Quellen
und Stoffen diese gigantische Komfortorgie fr 3, 4, 5, 6 usw. Mrd
Menschen bereit zu stellen. Gibt es da Hoffnung, rast der Kapi-
talismus wie alle monotheistischen Gebilde auf seinen Karfreitag
zu oder knnen wir uns noch selbst begrenzen, wie der groe alte
Gott Allmacht in Liebe zu limitieren, technische Megapotenz in
Humanitt, Mitgeschpichkeit, Achtsamkeit verwandeln?
Commercium admirabile?! Aufmerksamkeit ist das natrliche
Gebet der Seele x friss, wirf und weg der Werkbund hat auch
darum immer schon gewusst.
Wir haben also an der bildhaft dargestellten Schubkraft jenes
zuerst sakralen, dann profanen commercium admirabile, der
wundersamen Verwandlung Gottes in einen Menschen wie der
aufklrerischen Skularisierung dieser Doppelnatur-Christologie in
den Fetischcharakter der Ware, den Zauberdingen des Konsums,
worin der verdinglichte Mensch und vermenschlichte Dinge solche
Krperphantasmagorien oder Topformen und Superlative bilden,
wir haben an diesen Kollektivimperativen oder Kollektivbildern alle
ein Feedback abzuarbeiten, das wir, allein wenn wir lter werden,
erleiden: dass wir eben nicht perfekt, sondern imperfekt,
dass wir eben nicht unversehrlich, sondern zerstrliche Leiber sind.
Unterm Maximum beginnt nicht das Nichts, so knnte man unsere
uns erwartende Entzugsarbeit von der Droge Topform, wie sie Os-
tern und Biopolitik in ideengeschichtliche Nhe zusammenzoomt,
formulieren. Also: Was heit dann Liebe, wenn sie das Vermgen
der Intimitt, der verlsslichen Zuwendung, nicht Abspaltung,
Auslagerung, Wegsperren, Pegeindustrie... von versehrten Men-
schen meint? Ein Ideal des Kaputten? Wer liebt, tauscht nicht
sondern? Unterluft den methodischen Nihilismus der immer
schneller werden Produkterneuerungsserien der Konsumindustrie.
Wir brauchen blo einmal das improvisierte Schaubild des Just be
anzuschauen, wo wir die drei Kanle unserer Zufuhr, das tria-
dische Bndel aus Bedrfnis, Anspruch, Begehren auszubalan-
cieren haben.
Es geht wohl in allem um den Krper, den Schauplatz aller
Utopien, genauer: Heterotopien, so Foucault. Um die Balance von+ und +, Gaben + Schwchen: Gesundheit ist die Wahrheit des
Krpers. (Canguelheim), die heute dem Brger als persnliches
Projekt in die eigene Verantwortung gestellt wird, und vielleicht
alsbald z. B. ungesunde Lebensstile nicht mehr versichert werden
knnten, wenn die Schuld an einer Krankheit von jedem selbst
zu verantworten wre. Aber das ist noch mal ein anderes Thema,
diese Umwidmungen und Entsolidarisierungen alla Hartz IV.
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KunstLieben lernen, bei jemand/etwas bleiben, es bejahen knnen,obwohl es nicht perfekt, sensationell usw. ist? Und: poetisch sein,kreativ agieren knnen.Vielleicht ist das Problem des Werkbunds die Fixierung auf die
Dinge, die Gestaltpraxis und, wie Parteien, Gewerkschaften,Armeen und Kirchen auch, seine systemische Selbstreproduktions-
rationalitt, seine Sorge um sich, statt also Anderen in sich Raum
zu bieten, sich in Anderen meint reproduzieren zu mssen. Chris-
tologisch ernst genommen, msste ja die Kirche um des Reiches
Gottes willen sich selber in eine befreite Gesellschaft aufheben,
also statt Werkbndler zu werben, mit helfen, dass aus Menschen
Artisten ihres Selbermachens werden, Poeten geschpicher Lust,
die sich selbst als Inhalt erleben. An der Selbstdurchsetzung und
Systemerhaltung krankt aber wohl jede idealistische Emphase,
konzeptionell lebenslang erziehen und Ganzheitlichkeit erzeugen
zu wollen. sthetik also als Versuch der Kunst, des Handwerks,
einmal endlich einer lebendigen Arbeit, sich selbst zu erleben als
Agent denn als Patient betreuten Daseins, in welcher Form einer
schpferischen Lust auch immer? Die Kunst als die eigentliche
Aufgabe des Lebens?
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Die Aufgabe des Werkbunds knnte es sein, die sthetik zu fr-
dern und Rume zu schaffen, wo Menschen sich begegnen knnen,
um etwas Kreatives selbst auszuprobieren. Vielleicht hilft dazu,
an Thomas Hobbes Leviathan, die politische Urschrift des mod-
ernen Staates zu erinnern, und das Frontispiz, jenen genialen
Kupferstich zu zeigen, worin der Leib des Knigs aus lauter kleinen
Leibern der Untertanen komponiert erscheint (vgl. dazu Horst
Bredekamps Buch zum Leviathan und der visuellen Strategien,
ideen-, politik- wie kunstgeschichtlich).
Demnach ist jedweder Kollektivcorps, jedeweder Krper des
Knigs von zwei Krpern (Kantorowicz) gebildet, der Imago des
groen Leibs und dem empirischen Reprsentanten, das Amt usw.,
das den imaginren Leib reprsentiert und die kleinen Menschen-
krper darin integriert bzw. damit konsolidiert. Der kluge Knig, so
etwa Hegels Selbstbewusstsein-Kapitel in der Phnomenologie, der
Dialektik von Herr und Knecht, wei um seine mittelbare Macht
bzw. Herrschaft, die er nur via seiner einzelnen Glieder ausben
kann der dumme Herr vergisst diese Dialektik, weswegen ebenauch der kluge Knecht, die kluge Magd, sich im Selbst-Bewutsein
der unmittelbaren Teilhabe an der Arbeit, der Herrschaft, souvern
und emanzipatorisch realisieren knne so er den Tod nicht
frchte. (So wie halt die Heroen unserer Spiele, Maradona, Hendrix,
Stoner usw. halt immer auch ein Team um sich, also eine permis-
sive Umwelt gebraucht haben, um gro heraus zu kommen).
Zugleich heit das fr unsere Kinder: Wir mssen sie sich selber
riskieren lassen, sich ausprobieren, statt mit Konsum + Dogma zu
sedieren, damit sich ihre Passionen zeigen, andeuten, entfalten
knnen.
Der Werkbund braucht, auch da bin ich ganz eins mit HerrnDr. Gschel, Projekte, wohl nicht statt, sondern mit Visionen, und
nicht nur eigene Ideen, sondern Allianzen mit anderen, fremden,
ungewohnten und vielleicht noch ganz unbekannten Ideen-
trgern, d. h. der Werkbund hat selber umso mehr Kraft, je mehr
andere Krfte er integrieren bzw. mit denen er, wie punktuell und
fragmentarisch auch immer, kooperieren kann. Denn das Spiel,
der Wettbewerb, ist ja nicht nur eine dekadente Verfallsvariante
von Brot und Spielen, sondern im Competition steckt ein Modell,
Konkurrenz und Kooperation zu vermitteln, die Logik der Anerken-
nung noch so weit zu realisieren, dass der Kombattant zwar
geschlagen, aber nicht mehr vernichtet zu werden braucht wie
im Theater Agon der exklusiven Heilsreligionen, sondern wo das
Spiel ber alles Trennende und x+fertige hinweg weiter geht,Dogma und Konsum transzendiert, weil cum petere (wie es in der
Petition wie im Gebet anklingt) eben meint: gemeinsam etwas
bestreben.
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Dieser Vortrag wurde von Dr. Jochen Wagner erstmals im Mai
2009 auf der Klausurtagung des Deutschen Werkbundes Baden-
Wrttemberg gehalten, welche auf dem Haftelhof Werkstatt fr
verborgene Talente stattfand.Mehr Informationen zum Deutschen Werkbund nden Sie unter:
www.deutscher-werkbund.de
Mehr Informationen zum Haftelhof nden Sie unter:
www.haftelhof.org
Gestaltung: Nelly Brunkow
Schrift: Nancy von Masa Busic
Dr. Jochen Wagner
Ev. Akademie Tutzing
Schlossstrae 2 + 4
82324 Tutzing
Tel. 08158 / 2 51-1 13
Fax 08158 / 99 64 23
E-Mail: [email protected]
www.ev-akademie-tutzing.de
Fachgebiete:
Theologie und Gesellschaft, interreligiser Dialog, Spiritualitt,
Philosophie
Themen:
Religion, Kirche, kumene
Kultur, Philosophie, Ethik
Gesellschaft, Staat, Zeitgeschichte
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Dr. Jochen Wagnerist ein frnkisches Original. Das fllt rechtschnell auf, wenn man ihm zuhrt.
Er liebt Fussball, Lamborghinis, Musik & Tanz genauso wie schnelle
Motorrder bevorzugt der Marke Ducati.
Er ist Pfarrer, Philosoph, Autor und Vortragsredner. Seine Vortrge
drehen sich ums Leben selbst, um Design, um Lebensgestaltung
jenseits von Dogma und Konsum, und sie sind allein deshalb einerunde Sache, weil Jochen Wagner dabei immer wieder auf den
Fussball zu sprechen kommt. Es geht ihm dabei um das Spiel als
Ausdruck von Lebendigkeit. So zeigt er bei seinen Vortrgen gerne
den Mitschnitt eines Maradonna-Warm-Ups, der bei YouTube zu
nden ist. Sein Ausspruch Du musst der Lambo sein! bringt auf
den Punkt, worum es ihm als gutem Spieler im Leben geht umsSein und nicht ums Haben.