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Dr. Stefan Etzel (Fulda) Westliche Toleranz und ... · PDF fileist das des bedeutenden...

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Aufklärung und Kritik, Sonderheft 13/2007 244 Dr. Stefan Etzel (Fulda) Westliche Toleranz und islamischer Herrschaftsanspruch „Der Islam ist nicht einfach eine Frage des Bewußtseins oder des persönlichen Glaubens. Er stellt Herrschaftsansprüche.“ Literatur-Nobelpreisträger V.S. Naipaul 1 „Das tiefere Problem für den Westen ist nicht der islamische Fundamentalismus. Das tiefere Problem ist der Islam, eine andere Kultur, deren Menschen von der Überlegenheit ihrer Kultur über- zeugt und von der Unterlegenheit ihrer Macht besessen sind.“ Samuel Huntington 2 Wohin treibt die Bundesrepublik, wenn Richtung und Dynamik ihrer soziokultu- rellen Entwicklung zunehmend durch das Zusammenspiel von institutionalisierter „Toleranz“ einerseits und zuwanderndem Islam andererseits bestimmt wird, zwei Kräften, deren Verhältnis zur Eigen- resp. Fremdgruppe gegensätzlicher nicht seien könnte? Während die westliche Toleranz dazu neigt, das Fremde auf Kosten des Eigenen zu fördern, ist es beim Islam ge- nau umgekehrt. Die latente „Fremdorien- tierung“ unserer Eliten aus Politik, Wis- senschaft, Medien, Klerus und Hochfinanz als den eigentlichen Protagonisten der postmodernen Toleranz birgt Risiken für die Zukunft unserer offenen Gesellschaft. Es fehlt nicht an warnenden Stimmen vor der islamischen Herausforderung als ei- ner totalen Gefährdung der westlichen Ordnungsvorstellungen, zumal sich diese Herausforderung in weiten Teilen Euro- pas „unter weit geschlossenen Augen“ vollzieht. In Gestalt des „Dialogs mit dem Islam“ hat sich die westliche Toleranz zu einer Interessenvertretung des Islam gegenüber der Mehrheitsgesellschaft entwickelt, ob- wohl die Kompatibilität dieser Polit-Reli- gion mit unserer Verfassungsordnung noch völlig ungeklärt ist. Parallel mit der Förderung islamischer Interessen und Sichtweisen geht die Entmündigung des Souveräns – der Mehrheit des Staatsvol- kes –, der einer Fortsetzung der schlei- chenden Islamisierung unseres Landes in- zwischen laut zwei Allensbach-Studien vollkommen ablehnend gegenübersteht. 3 Dennoch muß diese Mehrheit, die gute Gründe für ihre Ablehnung angibt, seit Jahr und Tag hinnehmen, daß diese Ablehnung, ihre Gründe und alle kritischen Fragen nach Gesamtinteresse und Gemeinwohl- kompatibilität einer schleichenden Islami- sierung als Ausdruck von „Intoleranz“ und „Rechtsradikalität der Mitte“ aus der öf- fentlichen Debatte ausgegrenzt und damit der kollektiven Meinungsbildung entzogen wird. Dieser Entzug des Mitspracherechts der Mehrheitsbevölkerung bei der Gestal- tung der eigenen Zukunft geschieht im Na- men einer Toleranz, die – selbst jeder kri- tischen Diskussion entzogen – als „zen- traler Tugendfokus der gesellschaftlichen Orientierung“ (H.-P. Raddatz) installiert wurde, und zwar ohne stichhaltige Begrün- dung dafür, aufgrund welchen konkreten Interesses die aufnehmende Bevölkerung die islamische Zuwanderung fördern soll- te.
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Aufklärung und Kritik, Sonderheft 13/2007244

Dr. Stefan Etzel (Fulda)Westliche Toleranz und islamischer Herrschaftsanspruch

„Der Islam ist nicht einfach eine Frage des Bewußtseins oder despersönlichen Glaubens. Er stellt Herrschaftsansprüche.“

Literatur-Nobelpreisträger V.S. Naipaul 1

„Das tiefere Problem für den Westen ist nicht der islamischeFundamentalismus. Das tiefere Problem ist der Islam, eine andereKultur, deren Menschen von der Überlegenheit ihrer Kultur über-zeugt und von der Unterlegenheit ihrer Macht besessen sind.“

Samuel Huntington 2

Wohin treibt die Bundesrepublik, wennRichtung und Dynamik ihrer soziokultu-rellen Entwicklung zunehmend durch dasZusammenspiel von institutionalisierter„Toleranz“ einerseits und zuwanderndemIslam andererseits bestimmt wird, zweiKräften, deren Verhältnis zur Eigen- resp.Fremdgruppe gegensätzlicher nicht seienkönnte? Während die westliche Toleranzdazu neigt, das Fremde auf Kosten desEigenen zu fördern, ist es beim Islam ge-nau umgekehrt. Die latente „Fremdorien-tierung“ unserer Eliten aus Politik, Wis-senschaft, Medien, Klerus und Hochfinanzals den eigentlichen Protagonisten derpostmodernen Toleranz birgt Risiken fürdie Zukunft unserer offenen Gesellschaft.Es fehlt nicht an warnenden Stimmen vorder islamischen Herausforderung als ei-ner totalen Gefährdung der westlichenOrdnungsvorstellungen, zumal sich dieseHerausforderung in weiten Teilen Euro-pas „unter weit geschlossenen Augen“vollzieht.In Gestalt des „Dialogs mit dem Islam“hat sich die westliche Toleranz zu einerInteressenvertretung des Islam gegenüberder Mehrheitsgesellschaft entwickelt, ob-wohl die Kompatibilität dieser Polit-Reli-gion mit unserer Verfassungsordnung

noch völlig ungeklärt ist. Parallel mit derFörderung islamischer Interessen undSichtweisen geht die Entmündigung desSouveräns – der Mehrheit des Staatsvol-kes –, der einer Fortsetzung der schlei-chenden Islamisierung unseres Landes in-zwischen laut zwei Allensbach-Studienvollkommen ablehnend gegenübersteht.3Dennoch muß diese Mehrheit, die guteGründe für ihre Ablehnung angibt, seit Jahrund Tag hinnehmen, daß diese Ablehnung,ihre Gründe und alle kritischen Fragennach Gesamtinteresse und Gemeinwohl-kompatibilität einer schleichenden Islami-sierung als Ausdruck von „Intoleranz“ und„Rechtsradikalität der Mitte“ aus der öf-fentlichen Debatte ausgegrenzt und damitder kollektiven Meinungsbildung entzogenwird. Dieser Entzug des Mitspracherechtsder Mehrheitsbevölkerung bei der Gestal-tung der eigenen Zukunft geschieht im Na-men einer Toleranz, die – selbst jeder kri-tischen Diskussion entzogen – als „zen-traler Tugendfokus der gesellschaftlichenOrientierung“ (H.-P. Raddatz) installiertwurde, und zwar ohne stichhaltige Begrün-dung dafür, aufgrund welchen konkretenInteresses die aufnehmende Bevölkerungdie islamische Zuwanderung fördern soll-te.

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Aufklärung und Kritik, Sonderheft 13/2007 245

„Wenn man ein Haus kauft“, sagt ein ara-bisches Sprichwort, „sollte man sich zu-vor die Nachbarn genau anschauen.“ Esliegt genug Wissen über Gewaltgeschichteund ideologische Unveränderbarkeit jenerReligion vor, für deren Anhänger der„Prophet mit dem Schwert“ das glorrei-che Vorbild ist, um hier zunächst einmalVorsicht walten zu lassen. Die kritischeIslamwissenschaft hat auch heute jenenDeterminanten des Islamsystems wenighinzuzufügen, die Djabir Ibn Hayyan, Ex-ponent der früh-islamischen Naturwissen-schaften ausgangs des 8. Jahrhunderts aufden beeindruckend einfachen Nennerbrachte:1. Zum Islam gehört die Weltherrschaft,2. den Trägern des Islam gebührt unbe-dingte Verehrung (Gefolgschaft),3. die Durchsetzung des Islam rechtfer-tigt alle Mittel gegen die Menschen.4

Die wissenschaftliche Islamkritik führtgegen die Vereinbarkeit von Islam und li-beraler Gesellschaftsordnung drei Haupt-thesen ins Feld:

1. ein säkularisierter Islam ist kaum mög-lich, denn für eine Übereinstimmung zwi-schen Islam und deutschem Grundgesetz„müssten wesentliche Partien des Koransund der Prophetenüberlieferung für nichtmehr gültig erklärt werden; insbesondereden zahlreichen Koranstellen und Prophe-tenworten, die zur Gewaltanwendung ge-gen Andersgläubige auffordern ... wäreohne Wenn und Aber die ewige Geltungabzusprechen“. 5

2. dem Islam ist Gewalt gegen Anders-denkende und Andersgläubige imma-nent; sie ergibt sich als religiöse Pflichtaus dem Koran und als Erfolgsmodell aus

dem Leben des Propheten. „Jenseits jeg-licher Polemik ist festzustellen, dass Ko-ran und Sunna die Anwendung von Ge-walt gegen Andersgläubige ausdrücklichbefürworten, vor allem wenn sie den In-teressen der ‘besten je für die Menschengestifteten Gemeinschaft’ (Sure 3,110)dienlich ist“.6

3. Toleranz ist eine unislamische Kate-gorie, die ihm als eurozentrisches Kon-zept übergestülpt wird. „Wenn der inter-kulturelle Dialog dem Islam ... das Merk-mal der generellen Toleranz zuweist, sokollidiert er unmittelbar mit der system-stiftenden Vorbildfunktion des VerkündersMuhammad, der auf Basis koranischerOffenbarungen sowohl religiöse als auchpolitische Toleranz als für den islamischenGlauben im Grunde nicht vertretbar for-mulierte und damit die Richtung des Kol-lektivverhaltens der umma, der islamischenGemeinschaft, tendenziell vorgab“.7

Alle drei Thesen gründen auf dem Abso-lutheitsanspruch des Islam, der sich ausdem Glauben an den Koran als dem au-thentischen, durch Verbalinspiration di-rekt übermittelten Wort Allahs ergibt, dasdaher zeitlos gültig, unveränderbar undjeder rationalen Kritik entzogen ist. Diesich daraus ergebende zwingend buchsta-bengläubige Sicht auf den Urtext läßt To-leranz als „Verzicht auf das Monopol derWahrheit“ nur schwer möglich erscheinen.Es ist daher zunächst zu prüfen, inwie-fern das interkulturelle Dogma vom „tole-ranten Islam, dem Toleranz gebührt“ derRealität standhält.

Was heißt „toleranter Islam“?Wenn das Dogma vom „toleranten Islam,dem Toleranz gebührt“ zuträfe, müßte

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Aufklärung und Kritik, Sonderheft 13/2007246

Toleranz synchron wie diachron ein kon-stitutives Element des Islam sein, sich alsoin gegenwärtiger wie vierzehnhundertjähri-ger historischer Praxis bestätigen lassen.Die erste Frage wäre dann etwa, ob es imArabischen, der „natürlichen“ SpracheAllahs, einen äquivalenten Begriff für un-ser Wort Toleranz gibt. Sprachen reflek-tieren und konstituieren Weltbilder, undetwas, wofür es in einer Sprache keinenBegriff gibt, hat in der sie tragenden Kul-tur keine Realität und kann im Bewußt-sein der betreffenden Sprach- und Kultur-gemeinschaft kaum präsent sein. Es istalso von erheblicher Bedeutung, daß dieSprache Allahs kein äquivalentes Wort für„Toleranz“ im Sinne einer gleichberech-tigten Anerkennung oder gar Wertschät-zung anderer Glaubensüberzeugungen undkultureller Normen kennt.8 Das ist nichtsBesonderes, ein affirmatives Verhältniszum Eigenen dominiert in fast allen Kultu-ren weltweit, die in Toleranz als „Anerken-nung fremder Ideale“ eher mit Nietzscheeinen „Beweis des Mißtrauens gegen eineigenes Ideal, oder das Fehlen desselben“9

als Zeichen bedenklicher Unvernunft se-hen würden. Das Besondere ist allerdings,daß dem Islam von seinen westlichen För-derern die Fähigkeit angedichtet wird, sichselbst außerhalb der eigenen Betrachtungs-sphäre begegnen zu können im Sinne je-ner ethisch-kulturellen Selbstrelativierungals „Forderung der Vernunft“, von wel-cher die zeitgenössische Toleranztheoriespricht,10 um den Islam der eigenen, euro-zentrischen Ideologie kompatibel zu ma-chen.Die Beweisführung für die angeblich uni-verselle Toleranz des Islam beginnt ge-wöhnlich mit der Aufzählung einiger juden-und christenfreundlicher Koranstellen –unter Ausblendung der weit höheren Zahl

gegenteiliger Aussagen. Unberücksichtigtbleibt auch, daß viele dieser immer wie-der zitierten „günstigen“ Koranstellenfalsch übersetzt und/oder falsch interpre-tiert werden und im Bewusstsein der Mus-lime oft einen ganz anderen Sinn haben.11

Wirklich entscheidend aber ist, daß die „to-leranten“ Passagen des Koran von Muslimenals zweitrangig anzusehen sind. Das bisheute wichtigste Urteil in dieser Hinsichtist das des bedeutenden Juristen As-Suyuti(15. Jh.), dem zufolge alle Koranstellen,die günstig für die „Ungläubigen“ inter-pretiert werden könnten, als wirkungsloszu betrachten sind. „As-Suyutis Meinungwird von vielen modernen Ulama [Schrift-gelehrten] geteilt und beeinflusst entspre-chende Rechtsgutachten, auf die sich dieheutigen Mudschahidun und islamischenTerroristen gerne berufen.“12

In diesem Sinne argumentierte auch Say-yid Qutb (1906-1966), Chefideologe derMuslimbrüder und bis heute einer der ein-flußreichsten Vordenker des politisch be-wußten Islam. Er warnte ausdrücklich da-vor, die aus westlicher Sicht „tolerant“ er-scheinenden Passagen des Korans zu be-tonen. Hierdurch würden zutiefst unislami-sche Geistesgewohnheiten wie der Rela-tivismus das Göttliche verdrängen, das imIslam alles sei. Der Islam als Totalität istfür Qutb unvereinbar mit ethischer Selbst-relativierung, weil dies der Unwahrheiteine Gasse schlagen würde. Diese ist Folgevon Jahiliyyah, der „Unwissenheit“ überdie wahre Leitung des Menschen durchAllah, die durch den philosophisch-theo-logischen Irrweg von griechischer Antikeund Christentum als jene „schrecklicheSpaltung“ der gesamten Lebenswirklich-keit in die Welt kam, die in der Aufklärungmit ihrer „trostlosen Trennung zwischenKirche und der Gesellschaft“ ihre Vollen-

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dung fand 13 – der Grundlage westlicherToleranz also. Säkularisierung, Individua-lismus und überhaupt der irreführendeGlaube an die Macht der menschlichenVernunft, all das sind Erscheinungsformenvon Jahiliyyah. Geradezu als Paradebei-spiel für diese islamische Gleichung auf-klärerische Vernunft=Unwissenheit mußda Toleranz erscheinen, verlangt doch das(erste) Paradox der Toleranz aus Ver-nunftgründen das zu tolerieren, was nacheigener Überzeugung falsch oder gar mo-ralisch schlecht ist, eine Haltung, die je-dem frommen Muslim als Abfall vom wah-ren Glauben erscheinen muß, als todes-würdiges Verbrechen also.

Kritische Islamwissenschaft und Avant-garde des modernen Islam stimmen alsoin einem Punkt überein: Toleranz ist einevöllig unislamische Tugend. Wer solcheWahrheit allerdings in der deutschen Öf-fentlichkeit zum Besten gibt, läuft Gefahr,der „Intoleranz“ geziehen zu werden. Hiergilt nur der Regelsatz der „dogmatischenIslamophilie“ (Siegfried Kohlhammer) alsgesellschaftsfähig. Es treten dann so ab-surde Phänomene auf wie nach den Mas-senmorden im Namen Allahs vom 11.September 2001, als der Moderator einesdeutschen Nachrichtenmagazins mit denfast schon in drohendem Unterton vorge-tragenen Worten vor die Kamera trat: „Da-mit eines ganz klar ist: Der Islam ist einevon Grund auf tolerante Religion!“.14 –Der alle Anzeichen der charakteristischenFaktenresistenz politischer Religionen tra-gende Proislamismus kommt natürlichnicht ganz ohne rationale Begründungsfas-sade aus. Der Mythos vom toleranten Is-lam wird daher mit „Beweisen“ unter-füttert, die sich auf drei stereotype Be-hauptungen eingrenzen lassen:

1. Die Institution des Schutzvertrages(Dhimma) habe christlichen und jüdischenMinderheiten (Dhimmis) umfassende „To-leranz“ gesichert.2. Das Kalifat von Cordoba (Al-Andalus)sei eine Hochblüte „toleranten“ Zusam-menlebens von Muslimen, Christen undJuden gewesen.3. Der Koransatz „Es soll keinen Zwangim Glauben geben“ (Sure 2/256) bewei-se die universelle Glaubensfreiheit undToleranz im Islam.

Wer einen Blick hinter diese Beweiskulissewirft, macht eine verblüffende Entdeckung:Keiner dieser seit Jahr und Tag in ermü-dender Monotonie vorgetragenen „Bewei-se“ hält einer kritischen Überprüfung auchnur im Ansatz stand:

BEWEIS 1: Schutzvertrag – oder Schutz-gelderpressung?Dieses „Kronjuwel in der Schatzkammerislamischer Toleranz“ trifft nur in dem Sin-ne zu, daß Christen und Juden als „Schrift-besitzer“ eine Sonderbehandlung erfahren,wonach sie nicht wie „Heiden“ (Polytheis-ten) sofort zu töten sind, sondern – so-fern sie sich der islamischen Herrschaftunterwerfen – nach den Regeln eines„Dhimma“ genannten Schutzvertrages als„Dhimmis“ (Schutzbefohlene) leben dür-fen. Sie können dann ihrer Religion ohneTodesgefahr treu bleiben, dürfen sie abernicht öffentlich sichtbar ausüben. DieDhimmis müssen/mußten sich diese „To-leranz“ freilich durch Sondersteuern teu-er erkaufen und blieben bis heutigen Tagsstets rundum diskriminierte Bürger zwei-ter Klasse. Ausschluß von Christen vonöffentlichen Ämtern, Nichtigkeit ihrer Zeu-genaussage gegen Muslime, geringe Stra-fen bei Ermordung durch Muslime und

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Kirchenbauverbot sind seit über tausendJahren Regeln dieses durch und durchtoleranten Systems, die bis heute in prak-tisch allen muslimischen Ländern mehroder weniger Gültigkeit besitzen,15 wienicht zuletzt die hohe Zahl anerkannterchristlicher Asylbewerber aus islamischenStaaten zeigt.In Wahrheit handelt es sich bei diesemsogenannten Schutzvertrag um Schutz-gelderpressung. Er ist ohnehin kein Ver-trag in unserem Sinne, weil er unter Gewalt-androhung zustande kommt. Der erkauf-te Schutz vor dem Islam durch diesenselbst ging freilich nicht so weit, daß erdie drastische Reduzierung Andersgläu-biger in seinem Herrschaftsbereich verhin-dert hätte. Das gehört zu den systemim-manenten Zwängen, denn: „Die Gleichbe-rechtigung der anderen Religion anzuer-kennen, wäre nicht nur ein absurder Wi-derspruch zum Anspruch der einen abso-luten Wahrheit, sie stellte auch eine sträfli-che Vernachlässigung religiösen Ernstesund Eifers dar. Die Verachtung und De-mütigung der anderen Religion(en) ist so-mit nicht dem Belieben der einzelnen Gläu-bigen anheimgestellt und deren Sadismusoder Gutmütigkeit, sondern religiöse Pflicht.Mit anderen Worten: Der Preis für die Dul-dung durch das Utilitasprinzip des Dhim-mastatus ist die Demütigung. Das gehtschon aus der grundlegenden Koranstelle9, 29 hervor, wo die Tributzahlung (jizya)mit der demütigenden Unterwerfung ein-hergeht. Beides nur ermöglicht und ge-währt die Duldung der Existenz.“16

BEWEIS 2: Al-Andalus – „Das Land,wo Blut und Honig floß“Das ist das zweite Paradepferd der dog-matischen Islamophilie. Der Islam gehöreauch historisch zu Europa, behauptete bei-

spielsweise im Mai 2002 die grüne Aus-länderbeauftragte Marieluise Beck in ei-ner Bremer Moschee. 800 Jahre lang hät-ten Christen, Juden und Muslime fried-lich in der toleranten Gesellschaft des mus-limischen Al-Andalus zusammengelebt,dem heutigen Spanien, weswegen die „Ein-bürgerung des Islam“ in die deutscheGesellschaft dringend geboten sei.17

Begibt man sich auf die Suche nach demToleranzparadies von Al-Andalus, kommteinem die Sache rasch spanisch vor. Dasfängt schon damit an, daß bis ins 19. Jahr-hundert in der muslimischen Welt von Al-Andalus als Ort einer Hochblüte von Plu-ralismus und Toleranz nichts bekanntwar.18 Das geben die Fakten auch gar nichther: Von den rund 800 Jahren islamischerHerrschaft in Spanien war es nur ein knap-pes halbes Jahrhundert gegen Ende desersten Drittels dieser Epoche (ab ca. 930),daß einige wenige der andalusischen Kali-fen tatsächlich eine halbwegs toleranteHerrschaft ausübten. Sie unterbrachen je-doch nur kurzfristig die Tradition der Chri-sten- und Judenverfolgungen, die durchihre Nachfolger dann (ab 976) umso bru-taler wieder aufgegriffen wurden, wobeiMinarette aus Christenschädeln als neue„Kunstform“ des spanischen Islam19 alsHöhepunkt dieser unmittelbar auf die kur-ze Scheinblüte multikultureller Toleranzfolgende lange Blütezeit des Terrors an-gesehen werden können. Von al-Andalusaus nahmen arabische Truppen und Ban-den jetzt wieder ihre Raubzüge auf, durch-drungen von der Idee des Dschihad alseiner „heiligen Aufgabe“, wie der aus al-Andalus stammende Universalgelehrte IbnKhaldun schrieb, denn „der Islam hat denAuftrag, Macht über die anderen Natio-nen zu gewinnen.“ Diese andalusischePraxis tätiger Toleranz setzte sich im ge-

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samten 11. und 12. Jahrhundert fort. Alsder berühmteste andalusische Jude, derspätere Philosoph und Arzt Maimonides,1149 als Jüngling vor den Judenverfolgun-gen aus Córdoba floh, existierten kaumnoch christliche oder jüdische Gemeindenim toleranten al-Andalus.20

Was also vom Proislamismus als „Beweis“für die universelle Toleranz des Islamwährend seiner gesamten 1400jährigenGeschichte präsentiert wird, war eineknapp 50-jährige Episode relativer Duld-samkeit in einem Randgebiet der islami-schen Welt und war selbst dort eine ab-solute Ausnahme von der Regel. Die hi-storische wie territoriale Marginalität er-weist sich auch darin, daß die kurzeScheinblüte der Toleranz völlig folgenlosfür den islamischen Kulturkreis blieb.

BEWEIS 3 – „Kein Zwang im Glauben“– bedeutet nicht ReligionsfreiheitSchließlich begegnet man noch mit schö-ner Regelmäßigkeit der Behauptung, derSatz „Es soll keinen Zwang im Glaubengeben“ aus Sure 2,256 sei Ausdruck vonReligionsfreiheit und Toleranz im Islam.Mit gleicher Berechtigung ließe sich der„Schwertvers“ aus Sure 9 als Beweis fürseine Intoleranz anführen: „Tötet die Hei-den, wo (immer) ihr sie findet, greift sie,umzingelt sie und lauert ihnen überallauf!“. Damit stünde es 1:1. Das wahreVerhältnis ist aber 206:1 – für die Intole-ranz. So vielen Koranstellen, die Nicht-Muslime und Konvertiten mit härtestenStrafen bedrohen, steht nämlich das „KeinZwang im Glauben“ mutterseelenalleingegenüber.21 Ohnehin ist der Sinn dieserAussage ein anderer, als er zum Zweckeder Täuschung insinuiert wird, wie sichaus dem Kontext des Verses erschließt.Bezieht man die ihm vorausgehenden Pas-

sagen mit ein, wird klar, daß nur, wennman die einzig wahre und natürliche Reli-gion – hier: den Islam – angenommen hat,es keinen Zwang mehr im Glauben gibt.Mit anderen Worten: Der Vers handeltnicht von Religionsfreiheit in unserem Sin-ne, sondern von der Freiheit des Muslim,seine Religion ohne jede Einschränkungausüben zu dürfen. Am besten zeigt sichdiese Qualität von Freiheit am Beispiel desÜbertritts zum Islam: Er soll aus freiemEntschluß, ohne Zwang erfolgen. Mit derfreien Entscheidung für den Islam hörtdann aber die Entscheidungsfreiheit desMuslim auf, da seine Autonomie als Indi-viduum, seine Willens- und Glaubensfrei-heit nun durch das „Gesetz Allahs“ auf-gehoben sind. Würde er sich jetzt wiedergegen den Islam entscheiden, und zu ei-ner anderen Religion übertreten wollen, ister nach dem Gesetz Allahs (Scharia) zutöten.22 Wir haben es hier also zumindestmit Zwang zum Glauben zu tun – und beiinfragestehender Sure nicht mit Religions-freiheit, sondern religiöser Freiheit...

Als Essenz islamischer Toleranz lässt sichalso resümieren:– Schutz vor dem „Tolerierenden“ gegenBezahlung desselben;– eine kurze, folgenlose Episode relativerDuldsamkeit vor über 1.000 Jahren amRande der islamischen Welt;– eine falsch bzw. irreführend interpretierteKoransure.

Mit dieser Beweisattrappe wird letztlichdas Gegenteil dessen bewiesen, was be-wiesen werden soll: Toleranz ist keines-falls ein authentisches Element des Islam.Wenn sich aber die erste Hälfte des Dog-mas vom „toleranten Islam, dem Toleranzgebührt“ als unhaltbar erweist, stellt sich

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Aufklärung und Kritik, Sonderheft 13/2007250

die Frage, welche Stellung dem Islam dennnun in unserer Gesellschaft dann gebührt.Nimmt man die Grundregel jeden Risiko-Managements zur Leitschnur („Drum prü-fe, wer sich ewig bindet“), so kann dieHarmlosigkeitsvermutung nicht am Anfangder Debatte stehen, wenn von seriöserSeite auf ein erhebliches Risikopotentialhingewiesen wird.

Der Herrschaftsanspruch des IslamAlle bisher genannten Risikofaktoren –Gewaltimmanenz, habituelle Intoleranz,Unvereinbarkeit mit säkularem Staat unddemokratischer Verfassungsordnung –müssen im Zusammenhang mit demHauptziel des Islam gesehen werden, derAusdehnung seiner Herrschaft über denganzen Erdball. Dieser Herrschaftsan-spruch besteht von Anbeginn, ergibt sichaus der inneren Logik einer absolutisti-schen Religion und beschränkt sich da-her auch nicht auf die spirituelle Sphäre,sondern fordert ausdrücklich auch diephysische, politische Herrschaft über dieTerritorien aller Länder dieser Erde. DieEinzigartigkeit des Islam besteht dahernicht nur in seiner Gewaltideologie,23 auchsein unerschütterliches Streben nach ter-ritorialer Weltherrschaft unterscheidet ihnvon allen anderen Weltreligionen, weswe-gen ihn Majid Khadduri, einer der heraus-ragenden Kenner islamischen Rechts („TheIslamic Concept of Justice“, 1984) auch eine„göttliche Nomokratie auf imperialistischerBasis“ nennt. Diese einzigartige Verbin-dung von Territorium und Transzendenzschlug sich in einer „Zwei-Reiche-Lehre“nieder, die sich fundamental von der christ-lichen Zwei-Reiche-Lehre unterscheidet,wie sie von Jesus begründet („Mein Reichist nicht von dieser Welt“24 ), von Augu-stinus ausformuliert25 und von dem Augu-

stinermönch Luther seinen Zwecken an-gepaßt weitergeführt wurde26 , um schließ-lich in der Gewaltentrennung des moder-nen Verfassungsstaates seine politisch an-gemessene Form zu finden: „Du darfstglauben was Du willst [Religion], solangeDu Dich an die öffentlich geltenden Nor-men hältst [Staat]“.Dem Islam muß eine solche Trennung derGeltungssphären von transzendenter undirdischer Welt, von weltlichem Recht undgöttlicher Gerechtigkeit, von diesseitigenStaaten und dem Jenseitsreich Gottesletztlich als Gotteslästerung erscheinen.Der „schrecklichen Spaltung“ steht die„Gottesklammer“ um Religion und Staatgegenüber als Ausdruck der Totalität ei-nes radikalen Eingottglaubens. Hieraus er-gibt sich die islamische Zwei-Reiche-Leh-re: Es geht nicht um zwei Sphären (himm-lisch/irdisch) innerhalb eines Territorial-staates, sondern um das Territorium dergesamten Erde, das in den Herrschafts-bereich des Islam und jenen der FeindeAllahs unterteilt ist. Nur dort, wo sich dieMenschen Allah unterwerfen (Islam =arab. „Unterwerfung“), herrscht nach die-ser Vorstellung „Frieden“, in den anderenRegionen dagegen „Krieg“, weil schon derschiere „Unglaube“ als Angriff auf denIslam verstanden wird und daher zumDschihad „berechtigt“.27 Dieser kann inverschiedenen Intensitätsstufen zwischen„Dschihad des Wortes“ und der Anwen-dung physischer Gewalt geführt werden.Der islamische Friede auf Erden herrschterst, wenn sich die ganze Menschheit demGesetz Allahs unterworfen hat.Diese Vorstellung fand ihren klassischenAusdruck in der Zweiteilung der Welt inein „Haus des Islam = Friedens“ (Dar al-Islam) und ein „Haus des Krieges“ (Daral-harb). Unter letzterem sind heute ins-

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Aufklärung und Kritik, Sonderheft 13/2007 251

besondere die Länder des Westens zu ver-stehen. „Zwischen diesen beiden Teilender Welt herrscht naturgemäß so langeKrieg, bis das Haus des Krieges nicht mehrexistiert und der Islam über die Weltherrscht (Sure 8,39 und 9,41). Daher be-steht nach klassischer Lehre für die musli-mische Weltgemeinschaft die Pflicht, ge-gen die Ungläubigen Krieg zu führen, bisdiese sich bekehren oder sich unterwer-fen. ... Lautete der Missionsauftrag Jesu,alle Völker zu bekehren, ihnen aber ihrepolitische Ordnung zu lassen, so bestehtdas Ziel des Islam darin, alle Nichtmuslimepolitisch zu unterwerfen“.28 Alles Sinnenund Trachten der muslimischen Weltge-meinschaft (umma) ist daher vom Willenzur Macht diktiert, der sich bis in die Indi-vidualpsyche hinein als Dominanzzwangmanifestiert.29 Die „Ausdehnung des Daral-Islam als Territorialität der islamischenZivilisation“ und der sie tragenden ummagehört dementsprechend zu den vornehm-sten religiösen Pflichten jedes Muslim.30

Moslems sind aus diesem Grunde auchdazu „verpflichtet, ihren Status auf frem-dem Territorium nur als provisorisch zubetrachten und, sobald es die Umständeerlauben, in einen Zustand umzuwandeln,welcher der Scharia gerecht wird.“31

Während also die christliche Zwei-Reiche-Lehre Voraussetzung der abendländischenToleranz war, bedingt die Zwei-Reiche-Lehre des Islam seine systemimmanenteIntoleranz. Damit hat jene charakteristi-schen „Unverträglichkeit“ der Muslime zutun, von der Samuel Huntington spricht:„Wohin man im Umkreis des Islam blickt:Muslime haben Probleme, mit ihren Nach-barn friedlich zusammenzuleben.“32

Mit der Bindung des mohammedanischenHeilsversprechens an die physische, po-

litische Beherrschung auch fremden Ter-ritoriums sind wir konfrontiert, wenn wirüber Toleranz und Religionsfreiheit nachArt. 4 GG für die zuwandernden Muslimereden. Dieser Grundgesetzartikel muß bis-her als Standardargument für exzessivenMoscheenbau und andere islamische Zu-mutungen herhalten – wurde aber nochnie daraufhin überprüft, ob er überhauptauf politische Religionen wie den Islamanwendbar ist, die auf einer eigenen Staats-ordnung beruhen, deren Durchsetzung imGastland anstreben und dabei darauf ab-zielen, die Rechtsordnung zu beseitigen,der sie ihre freie Religionsausübung ver-danken.Zu bedenken ist hier auch die mythischeRolle der Auswanderung (hidjra) in nicht-islamisches Territorium und Aneignungdesselben mit Hilfe einheimischer Helfer(ansar) im Bewußtsein der Muslime. Erstdurch die Auswanderung des Prophetenund seiner Getreuen von Mekka nach Me-dina fand der Islam zu sich selbst und sei-ner wahren Bestimmung und Stärke, wes-wegen auch die islamische Zeitrechnungerst mit dem Jahr dieser Auswanderung(622) beginnt und nicht schon mit demEinsetzen der Visionen Mohammeds zehnJahre zuvor. Jeder fromme Muslim ver-bindet mit dem Begriff hidjra den Durch-bruch zur Dominanz und das goldene Zeit-alter des Islam und bezieht auf dieses aus-wanderungsbedingte Heilsgeschehen auchdie eigene Auswanderung, sobald er sichnicht mehr allein in der Fremde befindet,sondern mit einer hinreichend großen Zahlanderer Muslime das Schicksal des Exilsim Lande des Unglaubens teilt. Dann wan-delt sich die innere Einstellung von fatali-stischer Hinnahme eines Übels, das mannicht ändern kann, zum unwiderstehlichenDrang, die umgebende Gesellschaft in eine

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Aufklärung und Kritik, Sonderheft 13/2007252

islamgerechte Umgebung zu verwandeln,was heißt, dem Gesetz Allahs (Scharia)Geltung zu verschaffen – also: Dschihad.Das Mittel der Wahl ist zunächst die taqiyagenannte „Täuschung“ als Element desDschihad des Wortes, „eine zum islami-schen Glauben gehörende Verhaltensregel,die es dem Muslim zwingend vorschreibt,seinen Glauben zu verleugnen bzw. weit-gehende Konzilianz vorzutäuschen, wennes seiner persönlichen Situation oder demIslam generell dient“.33 Erste Adressatender taqiya sind die lokalen Helfer (ansar)in den Aufnahmegesellschaften, in unse-rem Falle die Diener des „Dialogs“, de-nen Übereinstimmung mit ihrer multikul-turellen Wunschsicht eines friedvollen, to-leranten Islam vorgespiegelt wird, um ihreBlauäugigkeit für den islamischen Dschi-had zu instrumentalisieren. Daß Muslimenein ehrlicher Dialog mit Andersgläubigenvon ihren höchsten Autoritäten als todes-würdiges Verbrechen verboten ist (erlaubtist nur ein Scheindialog nach der Taqiya-Strategie),34 entzieht sich der Wahrneh-mung der Gutgläubigen.

Exkurs über Apperzeptionsverwei-gerungHier ist ein Wort über das merkwürdigeund für politische Religionen so charak-teristische Phänomen der Apperzeptions-verweigerung (Wahrnehmungsverweige-rung) nötig, das Heimito von Doderer inseinem Roman „Die Dämonen“ als „dasSich-Dumm-Machen“ des Revolutionärsbeschrieben und in extenso begründethat.35 Von Doderer angeregt, hat derdeutsch-amerikanische Politologe EricVoegelin der Wahrnehmungsverweigerungund Realitätsverleugnung eine Studie über„Hitler und die Deutschen“ gewidmet.36

Voegelin diagnostiziert darin die Wahrneh-

mungsverweigerung als untrügliches Sym-ptom jener „Krankheit des Geistes“ (Pneu-mopathologie), die vorzüglich Intellektu-elle (aber auch ganze Kollektive) befällt,deren Verstand von einer Ideologie infi-ziert wurde. Es bilde sich dann nämlicheine Art intelligenter und daher „höherer“Dummheit heraus, indem sich auf Basisder Realitätsverleugnung eine „zweite Rea-lität“ manifestiert. Der „pneumatisch ge-störte Mensch“ gerät nun aber in konstan-ten Konflikt mit der ersten Realität, in wel-cher der „normal geordnete Mensch“ lebt.Die ideologisch kalibrierte Optik („Welt-anschauung“) ermöglicht nun die syste-matische Weigerung, die (erste) Realitätwahrzunehmen, deren Platz längst diePhantasiewelt der zweiten Realität ein-nimmt, deren Falsifizierung sich zugleichjeder rationalen Diskussion entzieht. DieRealitätsverweigerung ist dabei keinethumbe Ignoranz, sondern entspringt demvorsätzlichen Wunsch, nicht zu verstehen,um die Phantasiewelt nicht zu stören. Kon-sequenz des Konfliktes zwischen ersterund zweiter Realität ist dann die Lüge. Siewird zur unverzichtbaren Methode, weildie zweite Realität (Ideologie) mit Wahr-heitsanspruch auftritt und dabei in perma-nenten Konflikt mit der ersten Realität ge-rät. Man behauptet dann beispielsweise,daß die erste Realität etwas ganz Verschie-denes von dem sei, was sie tatsächlichdarstellt, oder, daß die zweite Realität gräß-lich mißverstanden werde. – Genau dasist der typische Umgang der Proislamistenmit sachlicher Kritik am Islam: Entwederwird das Gewaltpotential usw. des Islamgeleugnet mit dem Hinweis, das habenichts mit dem „eigentlichen“ Islam zu tun,oder aber es wird behauptet, die Argu-mente gegen die Fiktion vom friedfertig-toleranten Islam entsprängen ihrerseits

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krankhafter Phantasie, realitätsfremdenÄngsten (Islamophobie) oder, sie seienschlicht irrationale „Hetze“.Wenn unverstellt sprechende Repräsentan-ten des Islam klarstellen, daß ihre Religi-on mit Demokratie, Toleranz, Dialog undanderen westlichen Werten unvereinbar ist,wo liegen dann die Wurzeln einer Tole-ranz, die Toleranz für den intoleranten Is-lam fordert?

Toleranz als Intoleranz gegenüberdem Bestehenden – Die subversive To-leranz-Konzeption Herbert MarcusesFern aller wohlfeilen 68er-Schelte läßt sichsagen: Die postmoderne tolerantia absolutafür das Fremde auf Kosten des Eigenenläßt sich auf die subversive Toleranz-Kon-zeption zurückführen, die Herbert Marcu-se als subtilen Selbstzerstörungsmechanis-mus in das Wertefundament der spätbür-gerlichen Gesellschaft zu installieren ge-lang. Ziel war die Entmachtung der Mehr-heit durch Förderung von Minderheiten,die dem „System“ potentiell antagoni-stisch gegenüberstehen, was später in dengrößeren Strom des Multikulturalismuseinfloß und die ihn flankierende sanfte Dik-tatur der politischen „Korrektheit“. Daßder Islam zum großen Profiteur diesesKonzepts zur Gesellschaftsveränderungwerden sollte, war ursprünglich nicht ab-zusehen.Nicht ohne einen Schuß Genialität hatteHerbert Marcuse (1898-1979) Toleranz alsden archimedischen Punkt erkannt, vondem aus sich die bürgerliche Ordnung mitihren eigenen Mitteln aushebeln ließe:Durch Umfunktionieren einer liberalen Tu-gend in eine Waffe der Revolution! DerKunstkniff des deutschstämmigen Berk-ley-Philosophen lag darin, den aufkläre-risch-bürgerlichen Toleranzbegriff (Erlaub-

nis-Toleranz) von seiner funktionalen Über-einstimmung mit der auf Erhalt eines Sy-stems zielenden technisch-naturwissen-schaftlichen Definition von Toleranz ab-zukoppeln und auf Zerstörung des Sy-stems umzuschalten. Technisch ist Tole-ranz definiert als „zulässige Abweichungvon vorgegebenen Sollwerten, welche dieFunktion des Gesamtsystems noch nichtstört.“37 Beispiele wären die Trocken-heitstoleranz von Pflanzen, die Alkohol-toleranz beim Menschen oder die Maß-und Fehlertoleranz im Maschinenbau –immer geht es darum, wieviel Störung dasSystem „verdauen“ kann, ohne zu kolla-bieren. Entsprechend stellen die Grenzender Toleranz den Kern einer allgemeinenToleranz-Definition dar: „In jedem Lexi-kon bezeichnet Toleranz die Grenzen, in-nerhalb derer fremde, irrige, anstößigeoder gefährliche Elemente in etwas aufge-nommen werden können, ohne dieses zuzerstören – ob es sich bei der in Fragenstehenden Entität nun um Wahrheit, struk-turelle Stimmigkeit, Gesundheit, Gemein-schaft oder das Überleben eines Organis-mus handelt. ... Die Grenzen der Toleranzwerden sodann danach beurteilt, wievielvon diesem Schaden oder dieser Fremd-heit aufgenommen werden kann, ohne dasObjekt, den Wert, die Behauptung oderden Körper zu zerstören.“38

Marcuse setzte den Hebel bei der Auswei-tung der Toleranzgrenzen an, um das Ob-jekt – hier: die spätbürgerliche Gesellschaft– zu zerstören. Technisch wäre eine sol-che selbstzerstörerische „Toleranz“ dann zudefinieren als über die Erhaltungsschwellehinausgehende Abweichung von vorgege-benen Sollwerten, um die Funktion desGesamtsystems zu (zer)stören. Unter Soll-werten läßt sich im gesellschaftlichen Kon-text die jeweilige Leitkultur als Summe der

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Werte und Normen einer Gesellschaft ver-stehen, die diese aus den Erfahrungen ih-rer Tradition und Geschichte zum Zwek-ke des Zusammenhalts, der Identitätsbil-dung und der Zukunftsgestaltung des Kol-lektivs entwickelt hat. Auf die allgemeineToleranz-Definition bezogen, ließe sichzerstörerische „Toleranz“ beschreiben als:„Aufhebung der systemerhaltenden Gren-zen von Toleranz, um so viele fremde, ir-rige, anstößige oder gefährliche Elementein die Gesellschaft aufzunehmen, daß diesezerstört wird. Also: Duldung von so vielSchädigung oder Fremdheit, daß die be-stehende Ordnung zusammenbricht.“Genau auf dieser Linie lag denn auch Mar-cuses berühmter Essay über „RepressiveToleranz“ aus dem Jahre 1965 (dt. 1966),mit dem der bis dahin eher unbekanntePhilosoph pünktlich zum Auftakt der Ju-gendrevolte in der westlichen Welt diesereinen Schlüsseltext lieferte, dessen Aus-wirkungen auf das Denken der studenti-schen Avantgarde jener Revolte kaumüberschätzt werden kann, deren LangerMarsch durch die Institutionen 1998 mitder Erringung der Macht im Staate gekröntwurde. Schon im zweiten Satz kommtMarcuse zu dem Schluß, „daß die Ver-wirklichung der Toleranz Intoleranz gegen-über den herrschenden politischen Prak-tiken, Gesinnungen und Meinungen er-heischen würde – sowie die Ausdehnungder Toleranz auf politische Praktiken, Ge-sinnungen und Meinungen, die geächtetoder unterdrückt werden“39 – oder an-ders gesagt: Die 68er-Toleranz ist Intole-ranz gegenüber der vorherrschendenLeitkultur bei gleichzeitiger Förderung je-ner Kräfte, die den Sollwerten dieser Leit-kultur zuwiderlaufen. Ausdrücklich wur-de dieser zum Zwecke der Gesellschafts-veränderung umdefinierte Toleranzbegriff

von Marcuse als „ein subversiver, befrei-ender Begriff und als ebensolche Praxis“beschrieben.40

Diese subversive Toleranz war die funkti-onale Ergänzung zu Marcuses Randgrup-pentheorie, jener Lehre vom „neuen revo-lutionären Subjekt“, die in Abkehr vomklassischen Marxismus den Träger desangestrebten Umsturzes nicht mehr in denals fahnenflüchtig erlebten proletarischen„Massen“ sah, die von der Wohlstandsge-sellschaft glänzend ins kapitalistische Sy-stem integriert worden waren, sondern inden randständigen Minderheiten der nichtoder noch nicht ins GesellschaftssystemIntegrierten, insbesondere Studenten, Ar-beitslose, Straffällige und Zuwanderer.41

Diese Minderheiten sollten in MarcusesSubversionsmodell größtmögliche Tole-ranz erfahren – bei gleichzeitiger Intole-ranz gegegenüber dem Willen und denÜberzeugungen der Mehrheit, deren rela-tive Zufriedenheit mit dem System als Be-weis für ihr „falsches Bewußtsein“ denun-ziert wurde, das sie de facto für die Teil-nahme an der neulinken Minderheiten-„De-mokratie“ disqualifizierte. Als vollwertigund auf der Höhe seiner Möglichkeiten galtim Marcuseschen Weltbild nämlich nur je-ner Menschentypus, „der die Revolutionwill, der die Revolution haben muß, weiler sonst zusammenbricht“.42

Logische Konsequenz der Randgruppen-theorie war die Abkehr vom demokrati-schen Mehrheitsprinzip als „Tyrannei derMehrheit“ innerhalb einer „totalitären De-mokratie“43 . Hierzu wird eine „Notsitua-tion“ konstruiert: Da divergierende Mei-nungen und Philosophien angeblich „nichtmehr friedlich um Anhängerschaft undÜberzeugungen aus rationalen Gründenwetteifern“ können, sei in dieser Gesell-schaft „das falsche Bewußtsein zum all-

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gemeinen Bewußtsein geworden – von derRegierung bis hinunter zu ihren letzten Ob-jekten“. Nur folgerichtig kommt Marcusedaher zu seiner berühmten Definition vonToleranz: „Befreiende Toleranz würdemithin Intoleranz gegenüber Bewegun-gen von rechts bedeuten und Duldungvon Bewegungen von links“, wobei „In-toleranz vor allem gegenüber den Kon-servativen und der politischen Rech-ten“ zu üben sei – und zwar ausdrück-lich „auch gegenüber dem Denken, derMeinung und dem Wort“.44

„Toleranz“ als Freifahrtschein für die lin-ke Intelligenzija plus Intoleranz gegenüberAndersdenken – mit diesem perfekten Re-zept für eine Diktatur der Avantgarde allermöglichen Minderheiteninteressen sindwir in der Gegenwart angekommen. Waswir heute zynisch politische „Korrektheit“nennen, ist die getreue Umsetzung vonMarcuses subversivem Toleranzmodell alsZwillingsschwester seiner Randgruppen-theorie. Verbunden mit dieser Scheinformvon Toleranz ist im therapeutischen Staatder politisch korrekten Volksdemokratiedie autoritäre Steuerung des „korrekten“Sozialverhaltens, ja, des Denkens bis indie privaten Ansichten hinein durch Kor-rekturtechniken des „social engeneering“,um geistige Konformität im Sinne der lin-ken Agenda zu erzwingen.45 Eines derwirkmächtigsten Instrumente ist dabei dieForderung nach „mehr Toleranz“, um, wiees der Heidelberger Philosoph RüdigerBubner formulierte, „durch Autonomisie-rung des Unüblichen eine politische Ge-genmacht zu etablieren. ... Unter demAppell zu Toleranz wird ein Verzicht aufHerrschaft des Üblichen, der homogeni-sierten Majorität ins Auge gefaßt, der eine

künstliche Entmachtung erzeugt“46 – also:Entdemokratisierung.Es erfolgt hier eine dramatische Umkeh-rung des aufklärerisch-liberalen Toleranz-begriffs, dem die Anerkennung der Ge-wissensfreiheit des Einzelnen bezüglichseiner religiösen, später auch seiner poli-tischen Überzeugungen aus der Einsichtzugrunde lag, daß niemand im Besitz deralleinseligmachenden Wahrheit ist. Dieser„modernen“ Toleranzidee liegt also derVerzicht auf das Monopol der Wahrheitzugrunde. Voraussetzung war die strikteTrennung von Staat und Religion nachdem Motto: „Glaube, was Du willst, aberhalte Dich an die öffentlich geltenden Nor-men“. Genau diese Normen gerieten insVisier der „postmodernen“ Toleranz á laMarcuse, die letztlich auf die Forderungnach Verzicht auf das Monopol von Herr-schaft hinauslief, von Herrschaft desMehrheitswillens nämlich. Frißt die Auf-klärung ihre Kinder? Durch die postmo-derne Zwangstoleranz wird nicht nur dieGewissensfreiheit des Einzelnen wiederkassiert, seine moralische Autonomie,sondern in gewissem Sinne auch die Ge-waltentrennung, indem die politische Re-ligion der „Toleranz“ in den Rang eineralleinseligmachenden Staatsreligion mitverbindlichem Pflichtritual erhoben wur-de. Hierdurch wird nicht nur jeder her-kömmliche Begriff von Toleranz aufgeho-ben, der stets Freiwilligkeit, also autono-me Entscheidung, zur Voraussetzung hat.Es findet zugleich eine untergründige An-gleichung an den Islam statt, den Haupt-profiteur der westlichen Toleranz, in wel-chem die Autonomie des Einzelnen, Ge-wissens- und Willensfreiheit, mit der Un-terwerfung unter das „Gesetz Allahs“ auf-gehoben wird.

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Was bedeutet es aber, wenn das GesetzAllahs, die Scharia, schleichend in unsereGesellschaft einsickert? Die IslamkritikerinAyaan Hirsi Ali beschreibt anhand vonBeispielen, wie die „schleichende Scharia“– als welche sie den Dschihad in Europabezeichnet – sich in unserer Gesellschaftausbreitet.47 Der Islamkritiker Hans-PeterRaddatz zeigt die fatalen Konsequenzenauf: „Im Zentrum des islamischen Rechtssteht die Gewalt als Pflicht. ... Aus Sichtder europäischen Toleranzidee ergibt sicheine fatale Konsequenz: Die Muslime sindzur Anwendung von Gewalt nicht nur be-rechtigt, sondern um so mehr verpflich-tet, je weiter sich die Geltung der Schariaausbreitet.“48 Es gilt also, der politischenPraxis einen Toleranzbegriff zugrunde-zulegen, der solchen Entwicklungen einenRiegel vorschiebt.

Plädoyer für eine konstruktive Tole-ranzDie Alternative zur heute propagierten To-leranz ist nicht Intoleranz, sondern eineandere Toleranz, eine Toleranz, die sichan Mehrheitswillen, Gemeinwohl und nach-haltiger Entwicklung des bewährten Ge-sellschaftsmodells orientiert. Ihr Ziel istErhalt des Gemeinwesens, nicht seine Zer-störung. Sie ist daher konstruktiv, nichtsubversiv.Dieses konstruktive Element lag der auf-klärerischen Erlaubnis-Toleranz zugrun-de, die höchstens ein bißchen renoviertwerden müßte, um sie als zeitgemäße Al-ternative jener Toleranz entgegenzustellen,die sich wie ein Spaltpilz an den Rissenim Fundament der Gesellschaft festgesetzthat, um die Errosion zu beschleunigen,statt für den Erhalt des Ganzen zu wir-ken. Die bündigste Formulierung dieserklassischen Konzeption von Toleranz lau-

tet: Die Mehrheit erlaubt Minderheitengemäß ihren Überzeugungen und kul-turellen Praktiken zu leben – selbst wennsie diese aufs schärfste mißbilligt –, so-lange die Vorherrschaft der Mehrheitnicht in Frage gestellt wird. Man könntediese Formulierung auch als eine Art Er-haltungsgesetz der liberalen Demokratieverstehen. Was bedeutet es also, wenn die-se konstruktive Toleranz von zeitgenössi-schen Theoretikern als „unangemessen“,da „ungerecht“ abgetan wird?Wenn heute von Toleranz die Rede ist, istder Frankfurter Philosoph Rainer Forstnicht fern, der seine mit hehren Kategori-en wie Gerechtigkeit, Anerkennung undRespekt bewehrte Toleranztheorie nicht imakademischen Elfenbeinturm verkümmernließ, sondern sie als externes Mitglied derGrundsatzkommission der Grünen in diegroße Politik installierte. Ausgehend vonder Behauptung, daß die Erlaubnis-Tole-ranz zutiefst „ungerecht“ sei, da ihr der„Machtunterschied“ zwischen Mehrheitund Minderheit zugrunde liegt,49 Toleranzaber eine „Tugend der Gerechtigkeit“ sei,die nach gleichberechtigtem öffentlichenund politischen Status verlange, entwik-kelt Forst seine These, daß mit Rücksichtauf die gerechtigkeitsrelevante Dimensiondes Toleranzbegriffs „die Respekt-Kon-zeption in der Form qualitativer Gleich-heit die angemessene ist“. Toleranz wirddemnach zu einer „moralisch begründe-ten Form der wechselseitigen Achtung“,was heißt, daß sich die Toleranzparteien„als gleichberechtigte Mitglieder einerrechtsstaatlich verfaßten politischen Ge-meinschaft“ respektieren. „Obwohl sichihre ethischen Überzeugungen des gutenund wertvollen Lebens und ihre kulturel-len Praktiken stark voneinander unterschei-den und in wichtigen Hinsichten inkom-

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patibel sind, anerkennen sie einander ...als moralisch-rechtliche Gleiche in demSinne, daß ihnen zufolge die allen gemein-same Grundstruktur des politisch-sozia-len Lebens ... von Normen geleitet werdensollte, die alle Bürger gleichermaßen ak-zeptieren können und die nicht eine ‘ethi-sche Gemeinschaft’ bevorteilen. [...] Wech-selseitige Toleranz impliziert diesem Ver-ständnis nach, den Anspruch anderer aufvollwertige Mitgliedschaft in der politi-schen Gemeinschaft anzuerkennen, ohnezu verlangen, daß sie dazu ihre ethisch-kulturelle Identität in einem reziprok nichtforderbaren Maße aufgeben müssen.“50

Die Forstsche Toleranz-Konzeption be-feuert also auf den ersten Blick all jene„Gründe der Vernunft“, die nach rot-grü-ner Ideologie für die Gleichberechtigungvon Zuwanderern gegenüber der auto-chtonen Stammbevölkerung sprechen. Derperfide „Machtunterschied“ zwischen derMehrheit der Alteingesessenen und derMinderheit der Zuwanderer kann aus sol-cherart „demokratiekritischer“ Sicht na-türlich „gerechterweise“ nur dadurch auf-gehoben werden, daß die Mehrheit auf ihrdemokratisches Selbstbestimmungsrechtverzichtet usw. und im Übrigen möglichstden Mund hält. – Auf den zweiten Blickfreilich sieht die Sache ganz anders aus.Dann entpuppt sich gerade die ForstscheRespekt-Toleranz als Argumentesamm-lung gegen die Duldung der weiteren Aus-breitung eines unreformierten Islam inunserer Mitte – vorausgesetzt, man legtein realistisches Islambild zugrunde undnicht den rot-grünen Kuschel-Islam. DerPferdefuß der Forstschen „Respekt-To-leranz“ ist nämlich, daß sie nur mit Men-schen und Kulturen funktioniert, die gleich-hohe Standards der ethischen Selbstrelati-vierung anerkennen wie man selbst. Eine

solche Selbstrelativierung dürfte aber fürden real existierenden Islam eine schwie-rig zu knackende Nuß sein – zumal gera-de seine selbstgewisse Intoleranz zu sei-ner Stärke in historischen Glanzzeiten bei-trug und seit den Tagen des „Prophetenmit dem Schwert“ den Charakter eines er-folgreichen Leitbildes hat, vergleichbardem „Unter diesem Zeichen wirst Du sie-gen“ Kaiser Konstantins.Der Grundirrtum des Forstschen Ansat-zes liegt für Rüdiger Bubner in der Paral-lelisierung von Gerechtigkeit und Toleranz:„Es wäre ein erhebliches Mißverständnis,wollte man Toleranz mit dem wechselsei-tigen Respekt gleichberechtigter Partner,d.h. mit Gerechtigkeit ... parallelisieren.Das hätte nämlich zur Voraussetzung, dieFremdheit gleichsam wie die Haupterfah-rung und Grundgegebenheit in alles so-ziale Leben einzubauen.“51 Hinzu kommt,daß die Entrechtung der autochtonenMehrheit quasi Voraussetzung dieser Art„Toleranz“ ist, wie uns Rainer Forst ganzunverblümt wissen läßt: Seiner Theoriezufolge hätten nämlich „Bürger als Glei-che“ zwar ein Recht darauf, „daß ihre ethi-sche Identität angemessen respektiertwird, nicht aber darauf, daß ihre ethischenWerte, wenn sie in der Mehrheit sind, dieGrundstruktur der Gesellschaft bestim-men und zur Basis allgemein verbindlicherRegelungen werden“.52 Mit anderen Wor-ten: Die rot-grüne Respekt-Toleranz ent-puppt sich als hübsch verpackter Wider-gänger der subversiven Toleranz HerbertMarcuses, deren Ziel es ja war, die „Ty-rannei der Mehrheit“ zu brechen.

Samuel Huntington stellt gegen Ende sei-ner Studie über den Zusammenprall derKulturen fest, die größte Bedrohung fürdie kulturelle Identität des Westens sei

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nicht der Islam (der nur seinem innerenGesetz folgt, solange ihm nicht widerstan-den wird), sondern der Feind im Inneren,„eine kleine, aber einflußreiche Minderheitvon Intellektuellen und Publizisten“, diedas westliche Kulturerbe im Namen einesMultikulturalismus attackierten, der nachaller geschichtlichen Erfahrung noch „inkeinem einzigen Fall Erfolg gehabt“ habe,d.h., den Bestand einer Gesellschaft si-chern konnte. Der wirkliche Zusammen-prall („The Real Clash“) finde daher zwi-schen Multikulturalisten und den Bewah-rern der westlichen Identität statt. Schwen-ke der Westen nicht um, indem er wiederauf kulturelle Homogenität setzt und dasmultikulturelle Projekt verwirft, sei aufDauer der Bestand des westlichen Kultur-erbes gefährdet.53 Wenn wir als Gesell-schaft noch halbwegs bei Trost wären, wä-re jetzt jene Bereitschaft zur rechtzeitigenFehlerkorrektur angesagt, wie sie KarlPopper für die Suche nach Wahrheit undüberhaupt einer besseren Welt anmahnte– und wie sie im individuellen Leben oderauch im Sport ein selbstverständliches Ge-bot der Vernunft ist. Das Gegenteil wäreDummheit. Erster Schritt einer Fehlerkor-rektur könnte die Neukalibrierung des po-litisch gültigen Toleranzbegriffs durch sei-ne Ausrichtung an der Wirklichkeit stattan Illusionen sein. Ergebnis sollte ein To-leranzbegriff sein, der auch mit islami-schen Vorstellungen kompatibel wäre, umBasis eines neuzeitlichen islamischen To-leranzverständnisses werden zu können –und damit Voraussetzung jener Wechsel-seitigkeit, die Grundbedingung jeder To-leranz ist.

Die für den Islam grundlegende Unter-scheidung ist die zwischen Freund undFeind,54 wie sie sich in der klassischen

Zwei-Reiche-Lehre ausdrückt, die denKampf gegen Andersgläubige (dschihad)als religiöse Pflicht zum wesentlichen Be-standteil des islamischen Glaubens undeinigendem Band der umma macht. Hier-in zeigt sich der dezidiert politische Cha-rakter des Islam im Sinne Carl Schmitts55 ,für den die klare Grenzziehung zwischenFreund und Feind den Inbegriff von Poli-tik als Herstellung von Homogenität einerGemeinschaft ausmachte. Spiegelbildlichzeigt sich auf unserer Seite das genaueGegenteil, der Versuch nämlich, eine feind-lose Welt als immerwährendes Straßenfestder Kulturen herbeizuträumen, gipfelnd innaiven Beschwörungsformeln wie Wolf-gang Thierses „Entfeindungskultur“. Alldas Gerede nutzt aber gar nichts, weil dieWelt kein Wolkenkuckucksheim, sondernWirklichkeit das ist, was im Leben wirk-lich wirkt (Heimito von Doderer). Und eineder wirkmächtigsten menschlichen Grund-erfahrungen ist nun einmal die Kategoriedes Feindes, der nicht dadurch aus derWelt zu schaffen ist, daß man vor seinerimmerwährenden Existenz wie Hänschenim Walde die Augen verschließt. Schlim-mer noch, der vorsätzliche Wunsch, die-se menschliche Urbedrohung nicht wahr-nehmen zu wollen, bringt den Wahrneh-mungsverweigerer unweigerlich in eineexistenzbedrohende Situation, indem ersich dem real existierenden Feind als leich-te, da ahnungslose Beute darbietet. ImPrivaten ist das jedermanns eigene Sache.Wenn es aber ums Gemeinwesen geht,hört der Spaß auf, insbesondere wenn dieFeindverkennung von einer Minderheitdem Rest der Gesellschaft aufgezwungenwird. Denn de facto betreibt eine solcheMinderheit längst die Sache des Feindes,wie Carl Schmitt lakonisch bemerkte: „Er-klärt ein Teil des Volkes, keinen Feind

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mehr zu kennen, so stellt er sich nach Lageder Sache auf die Seite der Feinde undhilft ihnen, aber die Unterscheidung vonFreund und Feind ist damit nicht aufge-hoben.“56 – Wenn eine Kultur nicht mehrdie Kraft oder den Willen besitzt, in derSphäre des Politischen zu agieren, alsoaufgrund einer klaren Feindbestimmungden Kurs ihrer weiteren Entwicklung zusteuern und selbstbewußt die not-wendigenMaßnahmen zu treffen, wird sie sang- undklanglos von der Landkarte der Geschichteverschwinden. Vor dieser Situation stehenwir heute. Diese Situation fordert eineGrundsatzentscheidung: standhalten oderuntergehen?

Wenn wir das Politische mit dem Ziel ei-ner Bewahrung der kulturellen Homoge-nität unserer Gesellschaft wieder reakti-vieren wollen, ist der Toleranzbegriff eineerste Adresse. Seine Neukalibrierung läuftdann mit Notwendigkeit auf die klassischeErlaubnis-Toleranz hinaus, weil sie eineFreund/Feind-Unterscheidung beinhaltetund zugleich liberale Spielräume offen hält,die dem „Feind“ erlauben, in begrenztemRahmen seinen Überzeugungen gemäß zuleben, solange er nicht auf Umsturz sinnt.Die Erlaubnis-Toleranz hat zudem denVorzug, in idealer Weise die technischeDefinition von Toleranz als zulässige Ab-weichung von vorgegebenen Sollwerten,welche die Funktion des Gesamtsystemsnoch nicht stört, auf das Gebiet der Ge-sellschaft anzuwenden, denn sie definiertGrenzen, die sich an der Freund/Feind-Unterscheidung orientieren, der Realitätalso. Genau damit ist die Erlaubnis-Tole-ranz auch die einzige Konzeption, die demIslam zumutbar wäre, um im eigenen Herr-schaftsbereich Toleranz zu erproben: Dul-dung religiöser Minderheiten, solange die-

se nicht die Vorherrschaft der islamischenMehrheit in Frage stellen. Rudimentär istdas schon im Dhimma-Konzept angelegt.Es müßten also nur jene „mittelalterlichen“Elemente modifiziert werden, die auf eineentwürdigende Unterwerfung Andersgläu-biger und ihren Status als Bürger zweiterKlasse hinauslaufen.Soll eine beiderseits lebbare Leitkulturkonstruktiver Toleranz bestimmt werden,ist eine Bestimmung des Unverzichtbarenauf beiden Seiten notwendig, d.h. derGrenzen, innerhalb derer als fremd, irrig,anstößig oder gefährlich empfundene Ele-mente in die jeweils eigene kulturelle Ge-meinschaft aufgenommen werden könn-ten, ohne daß man deren Bestand grund-sätzlich in Frage gestellt sieht. Auf abend-ländischer Seite hat Karl Popper in einemberühmten Diktum die Grenze der Tole-ranz dort bestimmt, wo die Intoleranz derFeinde einer offenen Gesellschaft beginnt.Deren Grundlagen werden nämlich stetsdurch das (zweite) Paradox der Toleranzbedroht: „Uneingeschränkte Toleranz führtmit Notwendigkeit zum Verschwinden derToleranz. Denn wenn wir die unbeschränk-te Toleranz sogar auf die Intoleranten aus-dehnen, wenn wir nicht bereit sind, einetolerante Gesellschaftsordnung gegen dieAngriffe der Intoleranten zu verteidigen,dann werden die Toleranten vernichtetwerden und die Toleranz mit ihnen.“ Wirsollten daher „für uns das Recht in An-spruch nehmen, sie, wenn nötig, mit Ge-walt zu unterdrücken; [...] Wir sollten da-her im Namen der Toleranz das Recht füruns in Anspruch nehmen, die Unduldsa-men nicht zu dulden. Wir sollten geltendmachen, daß sich jede Bewegung, die dieIntoleranz predigt, außerhalb des Geset-zes stellt.“57 – Neben dem eingeborenenLinks- und Rechtsextremismus ist der zu-

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gewanderte Islam als eine solche Bewe-gung anzusehen, in der Gestalt jedenfalls,wie er von seinen bisher tonangebendenFunktionären in Deutschland vertretenwird. Hierzu gehört insbesondere der vonPolitik und Medien hofierte „Zentralrat derMuslime“ als deutscher Brückenkopf derMuslimbruderschaft,58 der mächtigstenund bestorganisierten Geheimorganisati-on der islamischen Welt, in deren Händenheute Förderung und Gestaltung des Is-lam in Deutschland und Europa weitge-hend liegt59 , und die von jedem einzelnenMuslim fordert, die Durchsetzung derScharia in aller Welt mit allen Mitteln vor-anzutreiben.60

Mit solchen Zeitgenossen ist kein Dul-dungsvertrag auf Gegenseitigkeit denkbar.Es ist allerdings eine noch ungeklärte Fra-ge, inwieweit die Mehrheit der unter unslebenden Muslime die radikalen Positio-nen dieser und anderer offiziellen Islam-vertreter teilt. Mit anderen Worten: Bevorwir über Toleranz reden, bedarf es einerGrundsatzentscheidung auf Seiten derMuslime über das Unaufgebbare in ihrerReligion. Sie müßten dazu etwa erkennen,wie der Islamwissenschaftler Tilman Na-gel betont, daß sie bisher nur deswegenin den Genuß weitgehend gleicher Rechtebei uns kamen, weil die europäischen Ge-sellschaften von einer religiösen Selbstde-finition abzusehen gelernt haben. Darumsei es „eine Bringschuld der Muslime inEuropa, ihre Religion von Grund auf zudurchdenken und deren Verhältnis zu Staatund Gesellschaft so zu definieren, daß esmit den Prinzipien eines freiheitlichen Ge-meinwesens vereinbar ist. Anregungenhierzu können sie aus ihrer eigenen Ge-schichte schöpfen. Denn das heute vonihnen als schon immer und immer gültigangesehene ‘Medina-Modell’ ist selber ...

das Ergebnis historischer Entwicklung.“61

Solche Denkansätze beginnen durchaus,in der islamischen Welt Blüten zu treiben.62

Das könnte von den wortwörtlichen Les-arten des Koran wegführen und eine Be-sinnung auf das erleichtern, was den Kernder eigenen Religion ausmacht, das Unver-zichtbare. Bisher ist von offizieller musli-mischer Seite noch kein öffentlichkeits-wirksamer Versuch in dieser Richtungunternommen worden, obwohl von Sei-ten der wissenschaftlichen Islamkritik Vor-schläge vorliegen, wie die Voraussetzungfür Toleranz nach der Erlaubnis-Konzep-tion geschaffen werden könnte. Diese Vor-schläge laufen alle auf eine Selbstbeschrän-kung auf die „5 Säulen des Islam“ hinaus:Glaubensbekenntnis, Gebet, Almosenge-ben, Fasten im Ramadan und Pilgerfahrtnach Mekka. Durch diese Beschränkungauf die Grundpfeiler des Glaubens als denHauptpflichten privater Religionsaus-übung könnte der Islam kompatibel mitder Religionsfreiheit westlicher Verfassun-gen werden.63

Die entscheidende Frage, die wir hinsicht-lich der von Karl Popper aufgezeigtenGrenze der Toleranz an die Muslime stel-len müssen ist also, ob sie sich vorstellenkönnen, ihre Religion dadurch kompati-bel mit dem deutschen Grundgesetz zugestalten, daß sie – ohne Wenn und Aber– jenen zahlreichen Koranstellen und Pro-phetenworten die ewige Geltung abspre-chen, die zu Gewaltanwendung gegenAndersgläubige und Diskriminierung derFrauen auffordern.

Anmerkungen:1 V.S. Naipaul: Jenseits des Glaubens; in: FAZ13.10.01, S. 45.2 Samuel P. Huntington: Kampf der Kulturen. DieNeugestaltung der Weltpolitik im 21. Jahrhundert;München/Wien (3)1998, S. 349.

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3 Wie zwei Allensbach-Studien aus den Jahren 2004und 2006 belegen (s. FAZ 15.9.04, S. 5 + FAZ17.5.06, S. 5), ist die deutsche Bevölkerung vonder islampositiven Propaganda völlig unbeeindruckt.Der Islam erscheint vielmehr einer überwältigendenMehrheit als eine bedrohliche, gewaltbereite, rück-wärtsgewandte Ideologie, deren weitere Ausbrei-tung in unserer Gesellschaft mit wachsendem Miß-trauen begegnet wird, wobei die Bereitschaft zuToleranz sinkt und das Potential an Verständigungs-bereitschaft generell erschöpft scheint. Bemerkens-wert ist nicht nur, daß der Islam als extrem wenig„sympathisch“ eingeschätzt wird (mit 6% am nied-rigsten eingestufte aller Eigenschaften!), sondernauch, daß die beiden zentralen proislamischenDogmata – „Religion des Friedens“ und „Religionder Toleranz“ – von der deutschen Bevölkerung nichtim mindesten akzeptiert werden: Friedfertigkeit er-hält gleich nach „sympathisch“ den zweitniedrigstenWert (8%), Intoleranz wird von knapp ¾ der Be-völkerung als charakteristisches Merkmal des Is-lam angesehen, Tendenz steigend (2004: 2/3).4 Hans-Peter Raddatz: Islamexpansion und multi-kulturelle Demokratie- und Glaubenskrise, S. 75;in: Studienzentrum Weikersheim (Hg.): Der funda-mentalistische Islam (1999), S. 42-81.5 Tilman Nagel: Kann es säkularisierten Islam ge-ben?, S. 19; in: Meier-Walser/Glagow (Hrsg.): Dieislamische Herausforderung – eine kritische Be-standsaufnahme von Konfliktpotenzialen; München2001 (Hanns-Seidel-Stiftung, aktuelle Analysen 26),S. 9-19.6 Tilman Nagel: Gewalt gegen Andersgläubige. Überdie Dynamik des Radikalismus im Islam; in: NeueZüricher Zeitung, 17.3.2005.7 Hans-Peter Raddatz: Von Gott zu Allah?, Mün-chen 2001, S. 17.8 Hans-Peter Raddatz, mündliche Kommunikation;bestätigt durch Auskunft eines gebildeten NativeSpeaker (Saudi-Araber): Es gebe zwar Wörter, diesoviel bedeuten wie „ich ertrage das Andere“ u.ä.,sie meinten aber eine private Situation und nicht po-litische oder religöse Toleranz im Sinne einer gleich-berechtigten Duldung anderer Glaubensüberzeugun-gen usw.9 Friedrich Nietzsche: Fragmente (Herbst 1881),zit.n. Herdtle/Leeb: Toleranz. Texte zur Theorie undpolitischen Praxis; Stuttgart 1987, S. 119.10 s. Rainer Forst: Toleranz, Gerechtigkeit und Ver-nunft, S. 137; in: ders. (Hg.): Toleranz. Philosophi-

sche Grundlagen und gesellschaftliche Praxis einerumstrittenen Tugend; Frankfurt a.M./New York2000, S. 119-143.11 Rainer Glagow: Die Dschihad-Tradition im Is-lam, S. 59; in: Meier-Walser/Glagow (Hrsg.): Dieislamische Herausforderung, a.a.O., (HSS, aktuel-le Analysen 26), S. 37-66.12 Rainer Glagow: Die Dschihad-Tradition im Is-lam, a.a.O., S. 60.13 s. Paul Berman: Terror und Liberalismus; Bonn2004, S. 116, 119, 112, 99ff.14 Andreas Bönte in Report München, 17.9.2001,zit.n. Hans-Peter Raddatz: Von Allah zum Terror?,München 2002, S. 180; die dort angegebene Fuß-note 289b, die auf die Report-Sendung verweisensollte, fehlt im Buch und wurde vom Autor mündlichübermittelt.15 So kommt eine Untersuchung der HistorikerinBat Ye’or (Islam and Dhimmitude. Where Civiliza-tions Collide; 2002) zu dem Ergebnis, daß gegen-wärtig alle islamischen Staaten ihre religiösen Min-derheiten unterdrücken, d.h. heute besonders dieChristen, sie zu vertreiben suchen und selbst ihreRechte als dhimmis mißachten; s. Friedrich Niewöh-ner: Minderheiten im Islam. Kritik der Toleranz-Legende: Duldung war nicht Gleichstellung; FAZ15.5.02, S. N3.16 Siegfried Kohlhammer: Duldung und Demütigung– Ist der Islam tatsächlich eine so tolerante und fried-fertige Religion, wie nach den Terroranschlägen vom11. September allerorten behauptet wird? Geschich-te und Gegenwart sprechen dagegen; taz Magazin21.9.2002, S. IVf.17 http://www.enfal.de/ak31.htm (Abruf 20.07.06)– Beck sprach auf Einladung der Islamischen Fö-deration in der Bremer Fatih-Moschee, deren Name„der Eroberer“ Bände über die Intentionen der Gast-geber spricht.18 Siegfried Kohlhammer: „Ein angenehmes Mär-chen“ – Die Wiederentdeckung und Neugestaltungdes muslimischen Spanien, in: Merkur 7/2003 (Heft651), S. 595-608.19 Raddatz: Von Allah zum Terror?, S. 9820 Eugen Sorg: Das Land, wo Blut und Honig floss;in: Weltwoche 35/05.21 Zur differenzierenden Bewertung des Koran s.die Dokumentesammlung Hildebrand/Puhl-Schmidt/Rau/Wenner: Bedrohte Freiheit. Der Koran in Span-nung zu den Grund- und Freiheitsrechten in derBundesrepublik Deutschland sowie zu internationa-

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len Rechtsnormen und Verträgen, (4)Wertheim 2004http://www.buergerbewegungen.de/bedrohtefreiheit.pdf22 Eine detaillierte Beweisführung für die „Notwen-digkeit“ zur Tötung von Konvertiten lieferte der pa-kistanische Rechtsphilosoph al-Maududi, einer dergeistigen Väter des islamischen Fundamentalismus,in seiner Studie „Die Bestrafung des Apostaten ge-mäß dem islamischen Recht“ (engl., http://answering-islam.org.uk/Hahn/Mawdudi/ ).23 „In keiner anderen Kultur, geschweige denn Re-ligion findet sich die Kodifizierung von Mord, Raub,Versklavung und Tributabpressung als religiösePflicht. In keiner anderen Religion findet sich diegeheiligte Legitimation von Gewalt als Wille Gottesgegenüber Andersgläubigen, wie sie der Islam alsintegralen Bestandteil seiner Ideologie im Koran ko-difiziert und in der historischen Praxis bestätigt hat.“(H.-P. Raddatz: Von Allah zum Terror?, a.a.O., S. 71).24 Joh 18,36; s.a. Mk 12,17: „Gebt dem Kaiser,was des Kaisers, und Gott was Gottes ist“.25 Gegenüberstellung von transzendentem ReichGottes (civitas dei) und irdischem Reich (civitasterrena). Schon aus der Formulierung (terrena) wirddeutlich, daß die Frage irdischer Territorialität undBeherrschung derselben mit dem Gottes-„Staat“ inkeiner Beziehung steht, sondern zwei substantiellunterschiedene Sphären meint.26 Martin Luther: Von weltlicher Obrigkeit. Wie weitman ihr gehorsam schuldig sei (1523).27 s. H.-P. Raddatz: Ein Recht auf Unrecht?; in:WELT 9.1.2003.28 Egon Flaig: Der Islam will die Welteroberung; in:FAZ 16.9.06, S. 35.29 s. hierzu Hans-Peter Raddatz: Von Allah zumTerror?, a.a.O., S. 279.30 Bassam Tibi: Europa ohne Identität? – Die Kriseder multikulturellen Gesellschaft; München 2000, S.233.31 H.-P. Raddatz: Ein Recht auf Unrecht?; in: WELT9.1.2003.32 Samuel P. Huntington: Kampf der Kulturen,a.a.O., S. 418, über die Gründe s. S. 429ff.33 Raddatz: Islamexpansion und multikulturelle De-mokratie- und Glaubenskrise, S. 63, a.a.O.34 „Seit vielen Jahren ächten die höchsten Autoritä-ten des Islam, die Azhar-Universität in Kairo undder Imam von Medina, einen ‘Dialog’ mit Anders-gläubigen als todeswürdiges Verbrechen, als Abfallvom Glauben. Es sei denn, ein solcher ‘Dialog’ habe

das Ziel, den Geltungsbereich der Scharia zu er-weitern.“ (H.-P. Raddatz: Islam, Demokratie und„Dialog“; in: NDR Forum 22.12.2004 – http://www.moschee-schluechtern.de/texte/raddatz/NDR_041222.htm).35 Heimito von Doderer: Die Dämonen; München1995 [(1)1956], S. 828; ab hier weitere Ausfüh-rungen für den Rest des Romans.36 Eric Voegelin: Hitler and the Germans (CollectedWorks 31), Columbia/London 1999 [1964], s. bes.S. 108f, 255f.37 Rainer Forst (Hg.): Toleranz, a.a.O., S. 7.38 Wendy Brown: Reflexionen über Toleranz imZeitalter der Identität, S. 265 (Hervorhebung SE);in: Rainer Forst (Hg.): Toleranz, a.a.O., S. 257-281.39 Herbert Marcuse: Repressive Toleranz, S. 93(Herv. SE); in: Wolff/Moore/Marcuse: Kritik derreinen Toleranz; Ffm. 1966, S. 93-128.40 ibid.41 s. Herbert Marcuse: Das Problem der Gewalt inder Opposition, S. 45-47; in: ders.: Das Ende derUtopie. Vorträge und Diskussionen in Berlin 1967;Frankfurt/M. 1980, S. 44-58.42 Herbert Marcuse: Das Ende der Utopie, a.a.O.S. 27.43 Herbert Marcuse: Repressive Toleranz, a.a.O.,S. 94, 110.44 Herbert Marcuse: Repressive Toleranz, a.a.O.,S. 120f.45 s. Paul Edward Gottfried: Multikulturalismus unddie Politik der Schuld. Unterwegs zum manipulati-ven Staat?; Graz 2004, insbes. S. 9ff, 61ff, 106ff.46 Rüdiger Bubner: Zur Dialektik der Toleranz, S.58 (Hervorhebung SE), in: Rainer Forst (Hg.): To-leranz, a.a.O., S. 45-59.47 „Die schleichende Machtübernahme“ (Interview)– Die Islamkritikerin Ayaan Hirsi Ali warnt davor,sich von muslimischen Friedensbeteuerungen einlul-len zu lassen; in: FAZ 4.10.06, S. 39.48 H.-P. Raddatz: Die fatalen Konsequenzen dereuropäischen Toleranz (WELT 11.11.2004).49 Forst zieht allen Ernstes eine Parallele zwischenabsolutistischem Alleinherrscher und demokratischerMehrheitsherrschaft, die er als „Duldsamkeit derMächtigen“ tituliert, um den angeblich „schlechtenRuf“ der klassischen Toleranz zu begründen (Vor-trag auf dem „Internationalen Tag der Toleranz“2003, zit.n. Peter Zaun: Toleranz im Widerstreit vonDuldsamkeit und Hemmungslosigkeit; in:DeutschlandRadio Berlin 4.12.2004 („Zeitreisen“).

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50 Rainer Forst: Toleranz, Gerechtigkeit und Ver-nunft; a.a.O., S. 131, 127, 129.51 Rüdiger Bubner: Zur Dialektik der Toleranz,a.a.O., S. 54.52 Rainer Forst: Toleranz, Gerechtigkeit und Ver-nunft; a.a.O., S. 135.53 Samuel Huntington: Kampf der Kulturen; a.a.O.,S. 500-507, passim.54 Hendrik Hansen: Globaler Dschihad? – DieFreund-Feind-Unterscheidung im Islam und in derTheorie des Gesellschaftsvertrags; in: Aus Politik undZeitgeschichte (B 18/2002).55 „Eine religiöse Gemeinschaft, die als solche Kriegeführt ... ist über die religiöse Gemeinschaft hinauseine politische Einheit“ (Carl Schmitt: Der Begriffdes Politischen. Text von 1932 mit einem Vorwortund drei Corollarien; Berlin (6)1996, S. 37).56 Carl Schmitt: Der Begriff des Politischen, a.a.O.,S. 52.57 Karl Popper: Die offene Gesellschaft und ihreFeinde I. München (6)1980, S. 359.58 s. Innenministerium NRW: http://www.im.nrw.de/sch/doks/vs/islamcha.pdf - Zur Ideologie: http://www.im.nrw.de/sch/doks/vs/Muslimbruderschaft.pdf – Lorenzo Vidino: Die Eroberung Europas durch

die Muslim-Bruderschaft; in: The Middle East Quar-terly, Winter 2005, vol. XII, no. 1 - http://www.meforum.org/article/758 – Report-Mainz 21.7.03:Zentralrat der Muslime – Kontakte zu Islamisten? –http://www.swr.de/report/archiv/sendungen/030721/04/59 s. H.-P. Raddatz: Von Allah zum Terror?, a.a.O.,S. 273, 178.60 s. Udo Ulfkotte: Der Krieg in unseren Städten -Wie radikale Islamisten Deutschland unterwandern;Frankfurt/M. 2003, S. 41, 252.61 Tilman Nagel: Die Heilsbotschaft als Machtpoli-tik. Die islamische Verknüpfung von Glaube undStaat; in: NZZ 2.3.2002.62 s. Karl-Heinz Ohlig: Wir müssen uns wehren.Appell für eine neue Islamwissenschaft; in: FAZ21.11.06, S. 41f.63 s. Ursula Spuler-Stegemann: Die Islamische Char-ta und Probleme der Integration, S. 166; in: Meier-Walser/Glagow: Die islamische Herausforderung-Illusionen und Realitäten; München 2002, S. 158-168 – s.a. Wolf Günter Lerch: Die andere Seite desTextes; in: FAZ 9.2.2006, S. 8. – in diesem Sinneauch H.-P. Raddatz (Interview): „Islam bedeutetFrieden? Unfug!”, in: Weltwoche 16/2004.

Karikatur von John Cole, The (Scranton, Pa.) Times-Tribune

Zum Autor: Dr. Stefan Etzel, Jahrgang 1949, Stu-dium Gemanistik, Politische Wissenschaften undVolkswirtschaft in Freiburg und Frankfurt/M. Frei-er Publizist. Gründungsmitglied des Bundesverban-des der Bürgerbewegungen zur Bewahrung vonDemokratie, Heimat und Menschenrechten e.V.(BDB).


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