Date post: | 06-Apr-2015 |
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Dr. Rainer Sontheimer - Gasteig - 10.03.2014
Die Qual der (Lebens-)Wahl
Wenn Leben zur Entscheidungskrise wird
Dr. Rainer Sontheimer - Gasteig - 10.03.2014
10.03.14: Historischer Rückblick - Moderne Gesellschaft und Individualisierung
17.03.14: Der Bruch der Konstanten - Bastelbiographie und Nicht-Wissen
31.03.14: Vom Kirchengänger zum spirituellen Wanderer - Leben als Sinnsuche
24.03.14: Gutes Leben vs. moralisches Dilemma - Ökologische Lebenskunst
07.04.14: Philosophischer Ausblick - Der Mensch als Überlebenskünstler?
Kursprogramm
Dr. Rainer Sontheimer - Gasteig - 10.03.2014
Das Entscheidungsdilemma
JA NEIN
VIELLEICHT
Konsum Hobbys
Arbeit Familie
ReligionLebenskunstphilosophie
…im alltäglichen Leben:
Sport
…in der Lebenskunst:
Soziale Netzwerke
…in der Lebensplanung:
Ethik Glaube
Wohnort
Reisen Entertainment
Dr. Rainer Sontheimer - Gasteig - 10.03.2014
Das Entscheidungsdilemma
Dr. Rainer Sontheimer - Gasteig - 10.03.2014
Historischer Rückblick - Moderne Gesellschaft und Individualisierung
Prof. Dr. Ulrich Beck
LMU München/LSE London
Prof. Lord Anthony Giddens
LSE London/Cambridge
Scott LashWolfgang BonßChristoph Lau
Die Theorie der Reflexiven Modernisierung
Dr. Rainer Sontheimer - Gasteig - 10.03.2014
Von der 1. zur 2. Moderne: Die Theorie der Reflexiven Modernisierung
Dr. Rainer Sontheimer - Gasteig - 10.03.2014
Von der 1. zur 2. Moderne: Die Theorie der Reflexiven Modernisierung
Die erste Moderne (ab Mitte des 19. Jahrhunderts)
Industrialisierung Technisierung Ökonomisierung
Merkmale:RationalisierungBasisprinzipien/Basiskategorien – „entweder-oder“-LogikInstitutionalisierter Individualismus und soziale HierarchieNationale und strukturelle GrenzenFunktionale DifferenzierungBeherrschbarkeit der NaturFortschrittsglaube durch WissenserweiterungÖkonomisierung der Lebensbereiche „prästabilisierte Harmonie“ (Ulrich Beck/Wolfgang Bonß)
Dr. Rainer Sontheimer - Gasteig - 10.03.2014
Von der 1. zur 2. Moderne: Die Theorie der Reflexiven Modernisierung
Die reflexive Moderne (ab Mitte des 20. Jahrhunderts)
Individualisierung Globalisierung Ökologisierung
Merkmale:Radikalisierung/Modernisierung der Prämissen der 1. ModerneMehrmoderne/Auflösung von Grenzen/„sowohl-als-auch“-LogikSäkularisierung und Auflösung religiöser BindungenKrise der 2. Moderne ist der Sieg der Prinzipien der 1. ModerneTheorem der Nebenfolgen und des Nicht-WissensKrise der Institutionen und des Vertrauens = RisikogesellschaftGlobalität und ökologische KrisenBastelbiographie durch flexible Lebensmodelle„planetarische Unsicherheit“ (U. Beck)
Dr. Rainer Sontheimer - Gasteig - 10.03.2014
Von der 1. zur 2. Moderne: Die Theorie der Reflexiven Modernisierung
Die reflexive Moderne (ab Mitte des 20. Jahrhunderts)
Reflexive Modernisierung soll heißen: Eine Veränderung der Industriegesellschaft, die sich im Zuge normaler, verselbständigender Modernisierungen ungeplant und schleichend vollzieht und die bei konstanter, intakter, politischer und wirtschaftlicher Ordnung auf dreierlei zielt: eine Radikalisierung der Moderne, die die Prämissen und Konturen der Industriegesellschaft auflöst und Wege in andere Modernen und Gegenmodernen öffnet. (U. Beck)
Dr. Rainer Sontheimer - Gasteig - 10.03.2014
Von der 1. zur 2. Moderne: Die Theorie der Reflexiven Modernisierung
Die kosmopolitische Moderne (ab dem 21. Jahrhundert)
Digitalisierung Kosmopolitismus Ökologisierung
Merkmale:Radikalisierung und Beschleunigung der Prämissen der 2. ModerneNeue Aufklärung und Re-formulierung von Grenzen und KategorienRadikale und kosmopolitische IndividualisierungRe-Strukturierung der LebensplanungBack to nature als soziale KulturIn-Fragestellung des Kapitalismus und der EigentumstheorienNeue Demokratisierung/TransparenzAnti-Globalisierungsbewegungen (Regionalität vs. Globalität)„nachmetaphysische Enthemmung der Moderne“ (P. Sloterdijk)
Dr. Rainer Sontheimer - Gasteig - 10.03.2014
Von der 1. zur 2. Moderne: Die Theorie der Reflexiven Modernisierung
Die reflexive Moderne (ab Mitte des 20. Jahrhunderts)
Die zweite Moderne markiert das Ende des langen historischen Prozesses der Herstellung des Subjekts und manifestiert sich darin, dass die Autonomie des Einzelnen ins Rampenlicht tritt. Entgegen der alten Last der Tradition, entgegen den verbindlichen Disziplinen der ersten Moderne wird nun angenommen, dass jeder sich frei erfinden und selbst definieren kann. Daraus ergibt sich ein neues, endloses Fragen nach der Identität. Denn wie soll ich die Frage Wer bin ich und was gibt meinem Leben Sinn? beantworten, wenn ich mich ständig hinterfrage und die Gewissheiten, auf denen mein Leben basieren soll, infrage stelle? (J.C. Kaufmann)
Dr. Rainer Sontheimer - Gasteig - 10.03.2014
Die Theorie der Individualisierung
Freisetzungsdimension: die Herauslösung der Individuen aus vorgegebenen Sozialformen im Sinne traditionaler Herrschafts- und Versorgungszusammenhänge
Entzauberungsdimension: Verlust von traditionalen Sicherheiten im Hinblick auf Handlungswissen, Glauben und leitenden Normen
Kontroll- und Reintegrationsdimension: Neue Art der sozialen Einbindung durch Institutionen und soziale Gruppen
Postmoderne ist die erregende Freiheit, jedes beliebige Ziel zu verfolgen und die verwirrende Unsicherheit darüber, welche Ziele es wert sind, verfolgt zu werden. (Z. Bauman)
Von der Fremdbestimmung zur Selbstbestimmung
Dr. Rainer Sontheimer - Gasteig - 10.03.2014
Die Theorie der Individualisierung
Selbstbildung durch Pluralismus der LebensstileSelbstbildung durch Flexibilisierung
Sinn und Identitätsfindung als Aufgabe
Selbstbildung durch KonsumSelbstbildung durch das InternetSelbstbildung durch soziale Kulturen/Netzwerke
Formen und Ebenen der Individualisierung
…im alltäglichen Leben:
…in der Lebensplanung:
…in der Lebenskunst:
Dr. Rainer Sontheimer - Gasteig - 10.03.2014
Die Theorie der Individualisierung
Wir haben uns aus der Abhängigkeit von der Tradition und den Institutionen befreien können, um überall unsere persönlichen Ansichten durchzusetzen. (J.C. Kaufmann)
Das vom Leben gebeutelte Individuum, das verschiedene Kontexte durch-läuft, muss fortwährend eine sinnhafte Totalität wiederherstellen, eine Tätig-keit, die umso komplexer ist, als Ich sich ständig anders erfinden muss. (J.C. Kaufmann)
Durch den Individualisierungsdruck steigt die Verantwortung, einen Sinn in allen Handlungen herzustellen und so seine Identität zu schaffen.
Selbstfindung als Ich-Jagd
Dr. Rainer Sontheimer - Gasteig - 10.03.2014
Die Theorie der Individualisierung
Nun rinnt der Mensch selber aus, und damit beginnt eine, vielleicht die Geschichte neuer Gefährdungen. Der Eindruck, den eine entfesselte, buli-mische Produktion von Selbstdarstellungen, Bekenntnissen, Geständnissen und finstersten Gelüsten vermittelt, die Lektüre der grassierenden Trash-Literatur, der Blick auf die Haupt- und Nebenbühnen des zeitgenössischen Theaters, die ihre Hinterbühnen auf die Vorderbühne kippen, das Selbstentblößungsgestammel in den Talk-Shows, die schrillen Cartoon- und Comic-Bildwelten täuschen nicht. Sie sind die vorauseilenden Boten einer Wirklichkeit, die mehr und mehr zu jener exhibierten Wirklichkeit wird, als die sie sich in den medialen Repräsentationen zeigt. (P. Gross)
Ich-Jagd als Außendarstellung
Bei vielen Menschen ist es bereits eine Unverschämtheit, wenn sie Ich sagen. (T.W. Adorno)
Dr. Rainer Sontheimer - Gasteig - 10.03.2014
Die Theorie der Individualisierung
Individualsierung + Modernisierung = Die Multioptionsgesellschaft
Multioptionsgesellschaft + Individualisierung = Modernisierung
Modernisierung + Multioptionsgesellschaft = Individualisierung
Die Multioptionalisierung in allen Lebensbereichen ist a) Folge der Modernisierungb) Folge der Individualisierungc) Ursache des Drucks zur Individualisierung d) Ursache weiterer Modernisierung
Dr. Rainer Sontheimer - Gasteig - 10.03.2014
Individualisierung und Multioptionsgesellschaft
Die kolossale Vervielfältigung der Optionen in allen Lebensbereichen, von der Badewanne über die Brillenfassungen bis hin zu den Möglichkeiten, Partnerschaften einzugehen oder mittels Reproduktions- und Gentechnologien auf weniger archaische Art als Boris Becker Kinder zu bekommen, zeugt von einer Entfesselung und Freisetzung von Kräften, die in vormodernen Kulturen mit starren Gewissheiten undenkbar waren. Ganz zu schweigen von den seitenweise in die Zeitungen gerückten Kontaktinseraten! Das Internet mit dem von ihm eröffneten Cyberraum ist lediglich der modernste Ausdruck der Multioptions-gesellschaft. (P. Gross)
Entscheiden-Müssen
Dr. Rainer Sontheimer - Gasteig - 10.03.2014
Entscheidungen müssen heute aufgrund der Steigerung der Bedeutungen und Folgen bewusst(er) getroffen werden. Diese Zunahme ergibt sich
aus den strukturellen Faktoren, die die Entscheidung beeinflussen und nicht unmittelbar vom Individuum beeinflussbar sind.
aus den individuellen Faktoren, da Entscheidungen heute Teil der Bildung der eigenen Identität sind und somit häufig Symbolcharakter und einen individuellen Wert haben.
Individualisierung und Multioptionsgesellschaft
Entscheiden-Müssen als Risiko
Dr. Rainer Sontheimer - Gasteig - 10.03.2014
Strukturelle Faktoren: Ökologisches BewusstseinGenerationenübergreifende VerantwortungPolitical Correctness, soziale Normierungen, digitaler StressNicht-WissenFolgenabschätzungKosten-Nutzen Abwägung
Individuellen Faktoren: RisikominimierungIndividuelle Moral/religiöse und spirituelle WerteIndividuelle Lebenssituation (Vermögen, Arbeit, Familie etc.)
Individualisierung und Multioptionsgesellschaft
Entscheiden-Müssen als Risiko
Dr. Rainer Sontheimer - Gasteig - 10.03.2014
Bei jeder Entscheidung steht er [der Lebenskünstler] vor dem Dilemma, zwischen widersprüchlichen oder gar unvereinbaren Zielen wählen zu müssen: Gemeinschaft oder Selbstbestimmung, Nachahmung oder Kreativität, Routine oder Spontaneität – wobei all diese Gegensätze lediglich Ausdruck eines übergeordneten Dilemmas seien, dem man in einer individualistischen Gesellschaft nicht entkommen könne, nämlich der Entscheidung zwischen Sicherheit und Freiheit. (Z. Bauman)
Entscheiden-Müssen als Risiko
Individualisierung und Multioptionsgesellschaft
Dr. Rainer Sontheimer - Gasteig - 10.03.2014
Schon Kierkegaard sieht den Möglichkeitsmenschen in Zusammenhang mit der Verzweiflung und auch Robert Musil attestiert dem modernen Menschen: Nichts ist für ihn fest. Alles ist verwandlungsfähig, Teil in einem Ganzen, in unzähligen Ganzen, die vermutlich zu einem Überganzen gehören, das er aber nicht im Geringsten kennt. So sind wir heute in einer liquiden (…) Gesellschaft angekommen, in der Möglichkeiten durchaus als Tyrannei erscheinen können. (F. Huber)
-> Die Normalbiographie wird zur Wahlbiographie, zur Bastelbiographie (Hitzler), zur Risikobiographie, zur Bruch- oder Zusammenbruchsbiographie. (U. Beck)
Die Multioptionsgesellschaft
Individualisierung und Multioptionsgesellschaft
Dr. Rainer Sontheimer - Gasteig - 10.03.2014
Ausblick : Die Bastelbiographie
17.03.14: Der Bruch der Konstanten - Bastelbiographie und Nicht-Wissen
Kommunalwahl am 16. März
Politische Wahlen als Qual der Wahl zwischen:ParteiprogrammenPersonenPersönlichen Präferenzen
Zugleich: Wahl ist ein Vertrauensvorschuss in zukünftige Entscheidungen sowie Personen und immer risikobehaftet.Dennoch: Gehen Sie wählen! Hoffentlich, das Richtige!