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Date post: 05-Jan-2017
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www.netzwerk-iq-sachsen.de www.netzwerk-iq.de Förderprogramm „Integraon durch Qualifizierung (IQ)“ Praxis im Austausch: Jobcenter – Arbeitsvermiler und/oder Integraonsbegleiter Dokumentaon der 2. Fachveranstaltung für Jobcenter (gE) und Agenturen für Arbeit in Sachsen am 16./17.4.2015 in Chemnitz
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www.netzwerk-iq-sachsen.dewww.netzwerk-iq.de

Förderprogramm „Integration durch Qualifizierung (IQ)“

Praxis im Austausch: Jobcenter – Arbeitsvermittler und/oder Integrationsbegleiter

Dokumentation der 2. Fachveranstaltung für Jobcenter (gE) und Agenturen für Arbeit in Sachsen am 16./17.4.2015 in Chemnitz

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Impressum

Herausgeber: IQ Netzwerk Sachsen

Teilprojekt „Interkulturelle Öffnung über Fachaustausch zwischen Akteursgruppen“IST Intelligenz System Transfer Dresden * Wiener Straße 73 * 01219 Dresden Tel.: 03 51 / 4161345 * [email protected]

Teilprojekt „QUASI weiter denken“EXIS Europa e.V. * Römerplatz 4 * 08056 Zwickau Tel: 03 75/ 390 93 65 * [email protected]

Autoren: Dr. Christine Schmidt, Sandra Friedel, Anne EngelmannFotos: Sandra Scheibe, Seite 5 - Frank VollgoldSatz & Grafik: Peggy GraßlerRedaktion: Kay Tröger

Alle Rechte vorbehalten© 2015

Der EXIS Europa e.V. versichert, die Informationen nach bestem Wissen und Gewissen zur Verfügung zu stellen und die Beratungen in hoher Qualität durchzuführen. EXIS übernimmt keine Haftung für Fehler in Beratungen und Informationen sowie daraus resultieren-der direkter Schäden, soweit diese nicht vorsätzlich oder in grober Fahrlässigkeit hervorgerufen wurden. Alle gegebenen Informatio-nen sind als Empfehlungen zu verstehen, sie haben keinen haftungsbegründenden Charakter.

In Kooperation mit:

Das Förderprogramm „Integration durch Qualifizierung (IQ)“ wird durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gefördert.

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Dokumentation der Fachveranstaltung

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Austausch ist wichtig – gerade für die Arbeitsverwaltung und speziell zu aktuellen Themen! Am 16. und 17. April 2015 ging es deshalb im 2. sachsenweiten Praxisaustausch der Jobcenter und Arbeitsagenturen mit über 80 Teil-nehmenden aus ganz Sachsen vor allem um die Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen.

Ziel der Praxisaustausche ist, Wissen zu aktualisieren, diskriminierende Hürden in Köpfen und Strukturen der Arbeitsverwaltung zu identifizieren und Strategien zu deren Abbau zu finden.

Zeitaktuell wurden Chancen aber auch Herausforderungen aufgegriffen und Handlungsansätze gefunden, ausge-tauscht und optimiert. Das gegenseitige Kennenlernen von Beispielen und Erfahrungen aus den unterschiedlichen Regionen stand ebenso im Fokus wie die Information zu Möglichkeiten der Nutzung thematischer Netzwerke und externer Partnerangebote in Sachsen.

Im Ergebnis stehen die gegenseitige Kenntnis von Handlungs- und Verfahrensweisen, der Austausch von good practice und das Wissen zu Netzwerkpartnern und Themen sowie zu Nutzungsmöglichkeiten für die praktische Arbeit.

Zwei Dinge wurden klar: Die so wichtige Offenheit für das Thema Zuwanderung ist in den Verwaltungsspitzen der sächsischen Jobcenter und Agenturen absolut da. Auch die tatsächliche Arbeitsebene hat schon viele gute Ansätze zur kundenorientierten Beratung und Vermittlung. Aber: Wünsche an die eigene Organisation sind u.a.: mehr Zeit für Beratungsgespräche, insbesondere für die relativ neue Zielgruppe der Flüchtlinge, regelmäßiger Austausch zu fachlichen und interkulturellen Themen, mehrsprachiges Infomaterial zu Verfahrensabläufen, eine gemeinsame Netzwerkplattform.

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IQ Netzwerk Sachsen - „Praxis im Austausch: Jobcenter und/ oder Integratonsbegleiter“

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Themen der Veranstaltung:

1. Begrüßung und Einführung ins Thema

1.1. Zentrale Rollendarstellung der Jobcenter im Thema der Integrationsarbeit Dr. Klaus Schuberth, Vorsitzender der Geschäftsführung, Regionaldirektion Sachsen 1.2. Landesansätze Wirtschaft – Fachkräftestrategie Alexander zu Hohenlohe, Ministerialdirigent im Sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, Leiter der Abteilung Arbeit 1.3. Integrationsstrategien sind Teamaufgaben –Partnervernetzung in Sachsen Sebastian Vogel, Leiter Geschäftsbereich im Sächsischen Ministerium für Gleichstellung und Integration

2. Fakten für Sachsen

2.1. Aktuelle Situation der Flüchtlingszuwanderung in Sachsen Werner Wendel, Sächsischer Flüchtlingsrat e.V. 2.2. Zuwanderungszahlen – Prognose 2015/2016 Claudia Helbig, Staatsministerium des Innern, Ref. 24 Ausländerangelegenheiten und Staatsangehörigkeit 2.3. Übergänge in den Rechtskreis SGB II Kevin Hache, Ausländerbehörde der Landeshauptstadt Dresden

3. Inputs

3.1. Praxis vor Ort - Aktivitäten, Organisation, Ablaufgestaltung und regionale Netzwerknutzung zum Thema Flüchtlinge im Jobcenter: a) Dresden b) Leipzig c) Chemnitz

3.2. Integrationskurse - erste Möglichkeit gezielter Informationsbereitstellung 3.3. „Sozialarbeiter“ Vertrauensperson im direkten Kontakt 3.4. Welche Initiativen / Zusammenschlüsse / Gremien gibt es in Sachsen im Themenfeld Asyl und Flüchtlinge? 3.5. ESF-BAMF berufsbezogene Sprachförderung

4. Workshops

4.1. Der Flüchtling im Jobcenter – Was ist zu tun? Welche Schritte sind wichtig? Welche Besonderheiten gibt es? 4.2. Förderung für Flüchtlinge - Welche Förderinstrumente kommen für Flüchtlinge in Frage? Worauf muss man achten? Welche spezifischen Integrationsinstrumente haben wir/brauchen wir für die Umsetzung von Integrationsstrategien? 4.3. Sprache in der Beratung – Wie kann die Beratung gelingen? Welche unterstützenden Maßnahmen sind vorhanden oder wären nötig (z.B. Sprachmittler, Fremdsprachenkompetenz trotz Amtssprache Deutsch, Dolmetscher)? Wer braucht im Jobcenter welche Unterstützung im Bereich Verständigung (z. B. Eingangszone, Vermittlung, Leistung)?

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Dokumentation der Fachveranstaltung

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1. Begrüßung und Einführung ins Thema

1.1. Zentrale Rollendarstellung der Jobcenter im Thema der Integrationsarbeit Dr.KlausSchuberth,VorsitzenderderGeschäftsführung,RegionaldirektionSachsen

„Wir stehen noch am Anfang!“Mit diesen Worten leitete Dr. Klaus Schuberth, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion Sachsen, die 2. Fachveranstaltung für die sächsischen Jobcenter (gE) und Vertreter der Agenturen für Arbeit in Chemnitz ein. Die Zahl der Flüchtlinge in Sachsen steigt stetig. Auch 2015 sind weiterhin zunehmende Zahlen zu verzeich-nen1. Somit stehen die Jobcenter und Agenturen vor großen Herausforderungen. Einerseits stellt die Eingliede-rung von Menschen mit Migrationshinter¬grund bzw. Zuwanderern in den Arbeitsmarkt nicht die Kernaufgabe des Jobcenters dar. Andererseits steht die Aufgabe des angemessenen Umgangs mit Zuwanderung in den sächsi-schen Jobcentern und Agenturen für Arbeit, laut Aussage Schuberths, nicht mehr in Frage.

„Deutschland braucht Zuwanderung!“Mit Blick auf die demografische Entwicklung in Deutschland verwies Dr. Schuberth auf die Wichtigkeit von Zuwan-derung für die sächsische Wirtschaft. Aktuell gibt es rund 2 Mio. Erwerbstätige in Sachsen. Laut Arbeitsmarkt-prognose werden dem sächsischen Arbeitsmarkt bis zum Jahr 2030 rund 400.000 Erwerbspersonen weniger zur Verfügung stehen2. „Wir können uns sinkende Einwohnerzahlen nicht leisten!“, so Herr Schuberth. Parallele Initiativen zur Aktivierung des inländischen Erwerbstätigen-potenzials, wie z.B. die Qualifizierung Jugendlicher aus bildungsfernen Schichten oder Maßnahmen für Langzeitarbeitslose, werden allein nicht ausreichen, um den zukünftigen Bedarf der Wirtschaft decken zu können. Herr Schuberth wies zudem darauf hin, dass Asyl nur einen Teil von Zuwanderung darstelle. Neben dieser ungesteuerten Form der Einwanderung sei gerade die gezielte Zuwanderung und Nachfrage der Unternehmen nach spezialisierten Fachkräften aus dem Ausland ein großes Potenzial für den sächsischen Arbeitsmarkt, so Schuberth.

„Was sind Kann-Aufgaben des Jobcenters?“Die sächsischen Jobcenter und Agenturen für Arbeit sind, wenn es um den Umgang mit Zuwanderern geht, aus Sicht Schuberths, noch ungenügend vorbereitet. Zudem sei das Zuwanderungssystem sehr kompliziert. Wichtige Aufgabe der Jobcenter und Agenturen sei es daher, sich bezüglich dieses Themenfeldes zu organisieren und mit anderen Organisationen zu koordinieren. Die Regionaldirektion sieht ihre Rolle dabei als „Plattform des Austau-sches“. Der Fachaustausch soll dazu dienen, gemeinsam Lösungen zu finden und pragmatische Schritte für den Umgang mit Flüchtlingen im Speziellen und Zugewanderten im Allgemeinen in den Jobcentern und Agenturen aufzuzeigen.

Fazit: 1) Umgang mit Zuwanderung (in JC/AA) steht nicht mehr in Frage; ist Fakt!2) Flüchtlinge sind nur Teil der Zuwanderung!3) 2030 gehen die „härtesten“ Zeiten (für die Wirtschaft) los!4) Regionaldirektion nimmt die Ergebnisse der Veranstaltung entgegen!

1 Siehe auch Vortrag von C. Helbig (SMI) zu Zuwanderungszahlen und Prognosen. 2 Arbeitsmarktprognose 2030 des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (Stand: Juli 2013)

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IQ Netzwerk Sachsen - „Praxis im Austausch: Jobcenter und/ oder Integratonsbegleiter“

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1.2. Landesansätze Wirtschaft – Fachkräftestrategie AlexanderzuHohenlohe,MinisterialdirigentimSächsischenStaatsministeriumfürWirtschaft,Arbeit undVerkehr,LeiterderAbteilungArbeit

„Das Potenzial der Zuwanderung nutzen!“Um Schieflagen im Umgang mit dem Thema Flüchtlinge und Zuwanderung zu begegnen, sieht Alexander zu Ho-henlohe, Leiter der Abteilung Arbeit im SMWA, politische Strategien vor allem darin, die Kommunikation zu den Bürgern zu verbessern sowie diese stärker in politische Entscheidungen mit einzubeziehen. Des Weiteren sei die Schaffung von „Positiv-Beispielen“ und deren medialer Veröffentlichung ein guter Weg, das Verständnis der Bevölkerung für Flüchtlinge und Zugewanderte zu erhöhen. Zwar stelle Asyl eine ungeplante bzw. ungesteuerte Zuwanderung dar, dieses Potenzial müsse aber genutzt werden. Es sei wichtig, diese Menschen in Arbeit oder in Ausbildung zu bringen. Nicht zuletzt bringen viele dieser Personen bereits eine abgeschlossene Berufsausbildung aus dem Ausland mit.

„Unsicherheiten abbauen!“Der Weg bis zur erfolgreichen Arbeitsmarktintegration von Zugewanderten ist allerdings nicht einfach. Vor allem die gesetzlichen Vorschriften in Form des Zuwanderungsgesetzes stellen in Umfang und Komplexität ein großes Erschwernis dar. Eine Erleichterung für die Arbeitsmarktintegration stelle aber beispielsweise die Gesetzesände-rung im letzten Jahr dar, welche es Asylbewerbern erlaubt, bereits nach 3 Monaten des Aufenthalts in Deutsch-land zu arbeiten. 3

Wichtigste Grundvoraussetzung, um aktuellen Unsicherheiten im Umgang mit Zuwanderern begegnen zu können, ist, laut Herrn zu Hohenlohe, eine umfassende Kenntnis der Gesetzlichkeiten seitens der Mitarbeiter/ Berater in den Jobcentern und Agenturen.

Herr zu Hohenlohe forderte die Teilnehmenden des Fachaustausches daher auf, die Veranstaltung zu nutzen, um Ideen für benötigte Arbeitshilfen, z.B. in Form von Handreichungen, Regelfällen etc. zu erarbeiten und zusam-menzutragen. Zu Hohenlohe sieht beispielsweise in der Zusammenarbeit mit den Erstaufnahmeeinrichtungen Potenzial. So könnten diese in den ersten 6 Wochen nach Ankunft der Flüchtlinge Datenblätter mit den relevanten Informationen zur Person erstellen und den Jobcentern und Arbeitsagenturen zur Verfügung stellen. (Allerdings müssen hier datenschutzrechtliche Bestimmungen bedacht werden.) Das Sächsische Arbeits- und Wirtschafts-ministerium will sich mit den Vorschlägen auseinandersetzen und bietet diesbezüglich gern seine Unterstützung an.

Fazit:1) Kommunikation mit der Bevölkerung zur Flüchtlingsthematik; Positivbeispiele publizieren!2) Flüchtlinge haben Potenzial! Dieses nutzen!3) Kenntnis der Regeln und Gesetzen zur Zuwanderung bei den Anwendern/Beratern!4) SMWA nimmt „Wunschliste“ an benötigten Arbeitshilfen gern entgegen! 

3 Vor dem 6. November 2014 galt das absolute Arbeitsverbot für Asylbewerber in den ersten 9 Monaten ihres Aufenthaltes.

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Dokumentation der Fachveranstaltung

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1.3. Integrationsstrategien sind Teamaufgaben – Partnervernetzung in Sachsen SebastianVogel,LeiterdesGeschäftsbereichsGleichstellungundIntegration,Sächsisches StaatsministeriumfürSozialesundVerbraucherschutz

„Arbeit ist Höhepunkt der gesellschaftlichen Integration“ Sebastian Vogel, Leiter des Geschäftsbereichs der Staatsministerin für Gleichstellung und Integration betonte zu Beginn seiner Rede die fundamentale Bedeutung von Arbeit für den Menschen „als Dreh- und Angelpunkt des Le-bens“. Der erst Ende letzten Jahres neu geschaffene Geschäftsbereich4 befasst sich neben der Chancengleichheit von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt, insbesondere mit der Integration nach Zuwanderung. Im Hinblick auf die Gruppe der Zugewanderten gelten, aus Sicht Vogels, der Spracherwerb, die Sprachbildung und -vermittlung als wichtige Integrationsvoraussetzungen auf dem Weg in den Arbeitsmarkt. Deshalb sind dies zentrale Punkte der Arbeit und Bemühungen im Ministerium.

„Wir wollen in Sachsen für Migranten kostenlose Sprachkurse bis A2 anbieten.“In den nächsten Monaten sollen folgende 3 Säulen des sächsischen Plans zum Spracherwerb über die Staatsmi-nisterin für Gleichstellung und Integration verabschiedet werden:

Die schnellstmögliche sprachliche und kulturelle Orientierung soll mittels (4- bis 6-wöchiger) Erstorien-1. tierung in den Erstaufnahmeeinrichtungen ermöglicht werden (z.B. durch die Volkshochschule). Dazu soll ein Pilotprojekt gestartet werden. Ehrenamtliche Sprachinitiativen und Sprachkurse sollen unterstützt werden, beispielsweise mittels einer 2. Erstattung von Miet-, Fahr- und Sachkosten. (Dazu wird derzeit eine entsprechende Richtlinie erarbei-tet.)Die BAMF-Integrationskurse sollen für Flüchtlinge geöffnet werden. Daneben sollen ergänzende Angebo-3. te zum Erwerb der deutschen Sprache geschaffen werden.

Ziel ist die Herstellung eines flächendeckenden Sprachangebotes bis zum Sprachniveau A2 für alle Asylsuchenden (laut Koalitionsvertrag). Für die Koordinierung der Angebote wird zudem ein hohes Maß an Vernetzung unab-dingbar.

Fazit:1) Integration von Zuwandernden ist wichtiges Thema! –>Ministerin für Gleichstellung und Integration2) Integration durch Arbeit!3) Integration und Arbeit durch Sprache!4) Ziel: Kostenlose und frühzeitige Sprachkurse für Flüchtlinge!

4 Petra Köpping wurde am 13. November 2014 von Ministerpräsident Stanislaw Tillich zur ersten Sächsischen Staatsministerin für Gleichstellung und Integration in der sächsischen Landesregierung ernannt. Der Geschäftsbereich ist aktuell dem Sächsischen Staatsministe-rium für Soziales und Verbraucherschutz zugeordnet und wird von Sebastian Vogel geleitet.

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IQ Netzwerk Sachsen - „Praxis im Austausch: Jobcenter und/ oder Integratonsbegleiter“

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2. Fakten für Sachsen

2.1. Aktuelle Situation der Flüchtlingszuwanderung in Sachsen WernerWendel,SächsischerFlüchtlingsrate.V.

„Tendenz steigend!“Werner Wendel blickte optimistisch auf die aktuelle Situation in Sachsen: „Netzwerke entstehen und fangen an zu funktionieren“. Unter Bezugnahme auf die Forderung von Alexander zu Hohenlohe nach Positivbeispielen, führte Herr Wendel an, dass bereits einige Beispielfälle für eine gelungene Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen in Sachsen vorhanden seien und weitere hinzukommen. Herr Wendel verwies auf die Dynamik der Flüchtlingszahlen in Sachsen. Waren es 2011 noch 2.700 Menschen, die Asyl in Sachsen suchten, hat sich diese Zahl im letzten Jahr mehr als vervierfacht. Fast 12.000 Asylsuchende wurden 2014 dem Freistaat zugewiesen5. Der Anteil an Flüchtlingen an allen Migranten in Sachsen betrug im Jahr 2013 rund ein Achtel. Im Vergleich zu anderen Bundesländern stellt dies einen relativ hohen Anteil dar. 2014 und 2015 ist dieser Anteil vermutlich noch größer.

„Die Struktur muss erst hochgefahren werden!“Die Flüchtlingspolitik sieht vor, jedem Bundesland Flüchtlinge aus bestimmten Ländern zuzuweisen. Sachsen wer-den demnach vorwiegend Flüchtlinge aus Tunesien und seit September 2014 auch aus Somalia sowie Eritrea zugewiesen. Selbst im Flüchtlingsrat stelle bereits die Kommunikation mit diesen Asylsuchenden die Mitarbeiter/innen vor große Herausforderungen. So sind kaum Dolmetscher in diesen Sprachen vorhanden. Aktuell stehen lediglich zwei Dolmetscher (in diesen Sprachen) für insgesamt 400 Menschen zur Verfügung. Aufgrund der stei-genden Flüchtlingszahlen werden bei bestimmten Flüchtlingsgruppen (z.B. aus Syrien und dem Irak) zudem sog. Flüchtlingsschnellverfahren durchgeführt. Dies stelle auch hier neue Herausforderungen an alle betreffenden Ak-teure, da ein Wechsel der Zuständigkeit (von SGB III zu SGB II) bereits nach 6 Wochen erfolgt. Ein weiteres Pro-blem sei das zu geringe DaZ-Kursangebot an sächsischen Schulen. Die Schulen sind damit nicht in genügendem Maß auf junge Flüchtlinge vorbereitet, so Wendel. Als einen Lösungsansatz, um den verschiedenen Schwierigkeiten zu begegnen, betonte Wendel den vermehrten Einsatz von sog. „Flüchtlings-Sozialarbeitern“ in den sächsischen Landkreisen. Einige Landkreise, wie der Land-kreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, der Landkreis Meißen oder die Stadt Dresden, finanzieren den Einsatz dieser speziellen Sozialarbeit bereits für ihre Region.

„Diese Leute sind Teil der aktiven Gesellschaft!“Werner Wendel postulierte, das Fachkräftepotenzial von Asylsuchenden zu nutzen und nicht verstreichen zu las-sen. Ein Blick auf die demografischen Daten zeige, dass das Durchschnittsalter der erwerbstätigen Bevölkerung in Sachsen, welches bei 46 Jahren liegt, unter Einbezug der Flüchtlinge (ohne Kinder und Jugendliche) auf 37 Jahre verringert wird. Es sollte ein Signal an die Bevölkerung - allen voran die Nachbarschaft der Erstaufnahmeeinrichtungen - gesendet werden, Flüchtlinge als Teil der aktiven Gesellschaft anzuerkennen.

Fazit:1) Steigende Flüchtlingszahlen; hoher Anteil an allen Migranten in Sachsen (ca. 13%)2) Größte Herausforderungen: Sprache, zeitiger Zuständigkeitswechsel, DaZ-Angebote3) Potenzial der Flüchtlinge erkennen– als Teil der aktiven Gesellschaft anerkennen! 

5 Die Zuweisung erfolgt nach dem sog. „Königsteiner Schlüssel“. Dieser gibt vor, welchen Anteil der Asylbewerber jedes Bundeslan-des aufnehmen muss. Er richtet sich nach dem Steueraufkommen und der Bevölkerungszahl des jeweiligen Bundeslandes. Für Sachsen liegt die Aufnahmequote bei rund 5,1%.

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Dokumentation der Fachveranstaltung

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2.2. Zuwanderungszahlen – Fakten und Prognose 2015/2016 ClaudiaHelbig,SächsischesStaatsministeriumdesInnern,Ref.24Ausländerangelegenheitenund Staatsangehörigkeit

Einleitend stellte Claudia Helbig vom Sächsischen Staatsministerium des Innern die allgemeine Schwierigkeit fest, genaue Fakten und vor allem Prognosen für die Flüchtlingsthematik zu erbringen. Doch sie wagte den Versuch.

Am 31. Dezember 2014 lebten in Sachsen rund 124.000 Ausländer. 39.000 Personen davon waren zugezogene Ausländer und wiederum 33.000 Personen davon kamen direkt aus dem Ausland. Rund 14.000 Menschen wur-de 2014 in Sachsen erstmalig ein Aufenthaltstitel erteilt. Diesen Titel erhielt knapp die Hälfte der Personen (ca. 6.600) zum Zweck der Ausbildung und der Erwerbstätigkeit. Die Zahl der Erteilung des Aufenthaltstitels aus hu-manitären Gründen (Flüchtlinge) lag bei ca. 3.200. Im Vergleich zum Vorjahr war diese Zahl fast um das Doppelte angestiegen.

Sachsen verzeichnete im letzten Jahr insgesamt knapp 11.800 Asylzugänge. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hat 6.099 Asylanträge für Sachsen bearbeitet, was aufgrund der Entwicklung der Flüchtlings-zahlen eine hohe Herausforderung darstellte. Ausgehend von den Asylzugängen im ersten Quartal 2015, werden in diesem Jahr laut Prognose ggf. bis zu 22.000 Asylzugänge in Sachsen zu verzeichnen sein. Das würde fast eine nochmalige Verdopplung zum Vorjahr bedeuten. Von den 6.100 bearbeiteten Anträgen 2014 wurde über 1.500 Personen eine Anerkennung als Flüchtling (bzw. Abschiebeverbot) ausgesprochen. Das entspricht einer Gesamt-schutzquote von ca. 25%.

Neben weiteren, genaueren Zahlen, gab Frau Helbig in ihrer Präsentation einen vereinfachten Überblick zu recht-lichen Informationen zum Arbeitsmarktzugang für Flüchtlinge sowie zu „Flüchtlingsgruppen“ mit zugehörigem Verfahrensstand und Aufenthaltstitel. Für weitere Informationen, z.B. zum Asylverfahren und zum Flüchtlings-schutz, verwies Frau Helbig auf die Homepage des BAMF (www.bamf.bund.de, z.B. die Broschüre des BAMF „Das deutsche Asylverfahren – ausführlich erklärt“) oder die Internetseite www.sachsen.de (Broschüre der Sächsischen Staatskanzlei „Asylbewerber und Flüchtlinge im Freistaat Sachsen – Fakten und Hintergrundinformationen“).

Fazit:1) Stark steigende Flüchtlingszahlen2) Bearbeitung der Asylanträge stellt Herausforderung für das BAMF dar3) Wichtige Infos zu Asyl und Flüchtlinge auf Internetseiten des BAMF und Sachsens

Zu diesen Ausführungen finden Sie die Präsentation 2.2.mit weiteren Informationen zum Themaunter www.netzwerk-iq-sachsen.de

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2.3. Übergänge in den Rechtskreis SGB II KevinHache,AusländerbehördederLandeshauptstadtDresden

Forderung nach punktuellen Aktualisierungen des ZuwanderungsgesetzesDie Notwendigkeit eines neuen Zuwanderungsgesetzes beurteilte Kevin Hache kritisch, da dieses wahrscheinlich weder besser noch übersichtlicher wäre. Er plädierte stattdessen für stetige Aktualisierungen des bestehenden Zuwanderungsrechts. Das könnte z.B. die Öffnung der BAMF-Sprachkurse für Asylbewerber betreffen. Das ak-tuell bestehende System, nach welchem über die Vergabe von Aufenthaltstiteln nach sozialen, finanziellen und wirtschaftlichen Bedingungen entschieden wird (ähnlich einem „Punktesystem“), wurde von Herrn Hache als gut funktionierend und sinnvoll bewertet. Was überdacht werden müsse oder könne, ist allerdings, wie z.B. mit qualifi-zierten Asylbewerbern in Sachsen verfahren werden soll. Soll hier unter den Gesichtspunkten der Beschäftigungs-möglichkeiten ein Aufenthaltsrecht geschaffen werden oder werden hierdurch mit Visum einreisende Ausländer zur Arbeitsplatzsuche benachteiligt. Weiterhin müsse eine eindeutige Regelung für sog. „Wirtschaftsflüchtlinge“ geschaffen werden; also Menschen, die nicht aus politischen, sondern aus rein wirtschaftlichen Gründen aus ih-rem Land fliehen und für die das Asylrecht eigentlich nicht zur Anwendung kommen kann.

Forderung nach Zusammenarbeit Kevin Hache sieht eine große Notwendigkeit darin, rechtskreis¬übergreifend an Aufenthaltsgesetz und SGB II - Leistungsgesetz zu arbeiten. So merkte Herr Hache z.B. an, dass ggf. eine in Deutschland arbeitende Person Leistungen nach dem SGB II erhält oder erhielt, der es nach (korrekter Interpretation) des Aufenthaltsrechtes an sich nicht zustehe. In den Gesetzesgrundlagen des Aufenthaltsgesetzes stehe beispielsweise der Satz: „Der Lebensunterhalt muss eigenständig gesichert sein.“, was bedeute, der Lebensunterhalt muss durch den betref-fenden Ausländer selbst und nicht durch staatliche Leistungen sichergestellt werden. Sozialrechtliche Anknüp-fungspunkte fehlen aber, weil das SGB II zunächst nur den Leistungsausschluss zur Arbeitsplatzsuche regelt. An-hand dieses Beispiels verdeutlichte Herr Hache, die Wichtigkeit von genauer Kenntnis der Gesetzesgrundlagen auf Seiten der Mitarbeiter/innen der Jobcenter und Agenturen für Arbeit sowie die Notwendigkeit einer eng(er)en Zusammenarbeit und Rückkopplung zwischen Ausländerbehörde, Jobcenter und Agentur. Der Annahme, dass die Mitarbeiter/innen der verschiedenen Einrichtungen aus Datenschutzgründen nicht zusammen¬arbeiten könnten, kann widersprochen werden. Herr Hache betonte, dass die Ausländerbehörde rechtlich gesehen durchaus Infor-mationen vom Jobcenter oder der Arbeitsagentur anfordern darf. Dies gilt ebenso im Umkehrschluss. Herr Hache sprach sich dafür aus, dass neue Grundlagen geschaffen werden müssen, um Unsicherheiten entgegenzuwirken. Ein Beispiel sei an dieser Stelle, Unsicherheiten im Umgang mit Zuwanderern aus EU-Staaten, die nach dem Frei-zügigkeitsgesetz einwandern können, ohne aufenthaltsrechtliche Papiere. Wo bekommt dann der Sachbearbeiter der Leistungsabteilung die Informationen zum Grund des Aufenthalts her, um über zustehende Leistungen ent-scheiden zu können? Auch die Änderungen des Aufenthaltsgesetzes zum 01.03.2015 bedeuten, sich neu zu infor-mieren und ggf. Rücksprachen mit den anderen Einrichtungen/Ämtern zu halten. So sei beispielsweise neu, dass (nach Interpretation der Dresdner Ausländerbehörde) allen Inhabern einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG (Aufenthalt aus humanitären Gründen), wenn ihnen die Erwerbstätigkeit erlaubt ist, Leistungen nach SGB II zustehen. Die gesetzlich formulierte Einschränkung, dass dies nur auf Personen zutreffe, die mindestens 18 Monate geduldet waren, fände überhaupt keine praktische Bedeutung.

Herr Hache stellte eine Arbeitshilfe vor, die von der Ausländerbehörde als Hilfsmittel entwickelt wurde, um ge-nannte Unsicherheiten abzubauen. Es handelt sich um ein Dokument, welches einen Überblick zu Gesetzen, Leis-tungen und Zuständigkeiten verschaffen soll. Diese Arbeitshilfe wird stetig weiterentwickelt und befindet sich aktuell in Überarbeitung.

Fazit:1) Zuwanderungsgesetz nicht erneuern, aber aktualisieren!2) Notwendigkeit der genauen Kenntnis der Gesetzesgrundlagen!3) Zusammenarbeit/Rückkopplung zwischen Jobcenter/Agentur und Ausländerbehörden!4) Mögliches Hilfsmittel für Berater: entwickelte Arbeitshilfe!

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Dokumentation der Fachveranstaltung

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3. Inputs

3.1. Praxis vor Ort - Aktivitäten, Organisation, Ablaufgestaltung und regionale Netzwerknutzung zum Thema Flüchtlinge im Jobcenter

a) Dresden

Zusammenspiel und Abgrenzung zur Agentur für Arbeit - Modellprojekt „Jeder Mensch hat Potenzial“ Philipp Schäfer, Bereichsleiter Jobcenter Dresden / Andreas Babuke, Agentur für Arbeit Dresden

[1] Situationsbeschreibung Jobcenter DresdenZum Zeitpunkt der Gesetzesnovellierung vom 01.03.2015 lagen kaum Informationen über die Neukunden des Jobcenters vor. Deshalb wurden die entsprechenden Daten der betreffenden Personen (N=62), die sich an das Jobcenter Dresden wandten, da ihre Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ausgelaufen waren, ge-sammelt. Die Darstellungen und Aussagen sind eine Momentbetrachtung, welche in erster Linie dazu dient, ein gewisses Gefühl für die Situation und die Handlungsbedarfe zu entwickeln. Es konnte eine zahlenmäßige Grund-lage erstellt werden, welche Auskunft über die deutschen Sprachkenntnisse, das Geschlecht, den Familienstand, das Herkunftsland, den Schulabschluss, den Berufsabschluss und dessen Anerkennung sowie die Wohnsituation gibt:

Deutsch: Mit annähernd der Hälfte (43%) der Neukunden war die Verständigung nicht oder kaum möglich. Bei 34% der Neukunden bestand die Möglichkeit der (eingeschränkten) Verständigung und mit immerhin 23% funk-tionierte die Verständigung problemlos bzw. ohne Einschränkung. Geschlecht: Ein Großteil (63%) der Neukunden waren Männer, aber auch viele Frauen (37%). Familienstand: Die Hälfte (49%) war verheiratet oder in Begleitung mit Partner und Kind, 44% waren alleinste-hend oder ledig. Länder: Die Neukunden kamen aus 20 verschiedenen Ländern. Die meisten der 62 Asylbewerber flüchteten aus Syrien (10), Algerien (7), dem Irak, dem Kosovo und aus Tunesien (jeweils 5).Schulabschluss: Nahezu die Hälfte (48%) der Asylsuchenden verfügte über einen Schulabschluss. Die restlichen Neukunden (52%) haben entweder keinen Schulabschluss oder aber es besteht Unklarheit über das Vorhanden-sein eines Abschlusses.Berufsabschluss: 11% der Asylsuchenden besitzen eine berufliche Qualifikation, die auf dem deutschen Arbeits-markt nutzbar ist. 27% haben einen Berufsabschluss, der aber (noch) nicht formal anerkannt wurde. Bei 58% der Neukunden liegt kein beruflicher Abschluss vor. (Für 3% liegen keine Angaben vor.) Wohnsituation: Die meisten Migranten (85%) wohnen in einer eigenen Wohnung oder bei der Familie. Lediglich 15% wohnen in Unterkünften der Stadt Dresden (Heim, Wohngruppe, Familienunterkunft).

Die vordergründigen Schwierigkeiten ergeben sich aus den mangelnden Deutschkenntnissen, den vielfältigen Herkunftsländern (und Muttersprachen) sowie den fehlenden oder (noch) nicht anerkannten Berufsabschlüs-sen. Sprachkurse werden nur bis zum Sprachniveau A2 finanziert. Für die Teilnahme an einer Qualifizierungs-maßnahme oder einer Umschulung als eine Voraussetzung für eine gelingende Integration in Arbeit sei aber ein B2-Niveau notwendig. Ein Ausgleich (z.B. mittels Sprachmittler) gestalte sich in Anbetracht der Vielfalt der Herkunftsländer und Muttersprachen sehr schwierig. Daraus folgt, dass eine Verständigung oft nicht möglich sei, obwohl sich die betreffenden Personen schon längere Zeit in Deutschland aufhalten. Zudem besitzt die Mehrzahl der Asylsuchenden keine (anerkannte) berufliche Qualifikation, was eine Vermittlung in den sächsischen Arbeits-markt erschwert.

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IQ Netzwerk Sachsen - „Praxis im Austausch: Jobcenter und/ oder Integratonsbegleiter“

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[2] Modellprojekt „Early Intervention“ – Arbeitsmarktintegration von AsylsuchendenVom Standpunkt der Agentur für Arbeit aus sind die Potenziale Asylsuchender und ihre Entwicklung für den Ar-beitsmarkt bedeutsam. Die „High Potentials“ der Asylsuchenden sind z.B. jene, die über eine berufliche Qualifi-kation verfügen, die (noch) nicht formal anerkannt ist. Neben der Anerkennung spielt die Sprachkompetenz eine Schlüsselrolle für eine erfolgreiche Arbeitsmarktintegration. Die Förderung beider Komponenten muss angesichts der steigenden Zahlen an Flüchtlingen und Asylsuchenden ausgebaut und verstetigt werden. Letztere bilden die Zielgruppe des bundesweiten Modellprojektes der Bundesagentur für Arbeit (BA) und des Bundesamtes für Mi-gration und Flüchtlinge (BAMF) sowie von XENOS „Early Intervention – Jeder Mensch hat Potenzial“ (Laufzeit: 01/2014 - 12/2015). An 9 Modellstandorten (davon 2 in Ostdeutschland: Dresden und Berlin) werden Asylbe-werber als Teilnehmer im Sinne einer möglichst schnellen Integration in den Arbeitsmarkt betreut und beraten. Ansprechpartner für den Modellstandort Dresden ist Andreas Babuke.

ProjektzieleDas Projekt verfolgt Ziele auf mehreren Ebenen:

Early intervention: Die teilnehmenden Asylsuchenden werden frühzeitig im Asylverfahren in Prozesse • und Maßnahmen zur Arbeitsmarktintegration einbezogen. Jeder Mensch hat Potenzial: Die Potenziale der Asylsuchenden für regionalen Arbeitsmarkt werden iden-• tifiziert.Passend zum Qualifikationsprofil werden vermittlungsunterstützende Leistungen und Förderung bereit-• gestellt.Es erfolgt die Arbeitsmarktintegration in eine qualifizierte Tätigkeit.• Es werden tragfähige Kooperationsstrukturen für ein flächendeckendes Angebot geschaffen.•

ProjekthintergrundDie Teilnehmenden des Modellprojektes sollten eine erhöhte Bleibeperspektive haben, d.h. mit hoher Wahr-scheinlichkeit die Aufenthaltserlaubnis in Deutschland erhalten. Das trifft vor allem auf Asylsuchende aus 8 Län-dern zu: Afghanistan, Ägypten, Eritrea, Irak, Iran, Pakistan, Somalia, Sri Lanka und Syrien. Sie sollten über eine mindestens 10-jährige Schulbildung, eine Berufsausbildung und/oder ein Studium verfügen. Bestenfalls liegen bereits Berufserfahrungen vor.

Die Umsetzung des Modellprojektes beruht auf einer Zusammenarbeit verschiedener Partner: BAMF:

Identifizierung der Potenziale Asylsuchender• Dublin-Verfahren• 6

Netzwerk: Identifizierung der Potenziale Asylsuchender• ergänzende Betreuung• Einbeziehung weiterer Kooperationspartner •

BA: Klärung beruflicher Kompetenzen• Integrationsarbeit entsprechend BA-Profiling-Modell• Beratung, Förderung und Vermittlung•

ProjektstandBisher haben sich insgesamt ca. 400 Personen für die Teilnahme am Modellprojekt „Early Intervention – Jeder Mensch hat Potenzial“ gemeldet, 300 davon über das BAMF und 100 über das Netzwerk. 76 Teilnehmer wurden für das Modellprojekt ausgewählt - 38 Migranten über das BAMF und weitere 38 Migranten über das Netzwerk. Die Quote von gewonnen Teilnehmern aus dem Netzwerk (38 %) ist dabei deutlich höher gegenüber der des BAMF (10%). Die Ursache für eine nicht erfolgte Teilnahme am Modellprojekt ist z.B., dass viele Migranten nicht auf die An-frage bzw. den Fragebogen reagierten. Teilweise erfolgte auch ein Rechtskreiswechsel vor der Befragung. Einige potenzielle Teilnehmer hatten keine Qualifikationsnachweise oder wurden als nicht vermittelbar eingestuft (z.B. bei Philologie-Abschluss).

6 Im Dublin-Verfahren wird der für die Prüfung eines Asylantrags zuständige Staat festgestellt. Damit wird sichergestellt, dass jeder Asylantrag nur von einem Mitgliedstaat inhaltlich geprüft wird.

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Dokumentation der Fachveranstaltung

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Über das Modellprojekt wurden bislang 3 Migranten erfolgreich in Arbeit (Metallverarbeitung, Metallfertigung und Lo-gistik) und 2 Migranten in Ausbildung (duales IT-Studium und Bäcker) vermittelt.

ErfahrungenundProblemeDie Erleichterungen des Arbeitsmarktzugangs erreichen derzeit keine signifikant schnellere Eingliederung, da einerseits der Aufenthaltsstatus ungeklärt bleibt, es keine Regelsprachförderung gibt und zudem weitere bürokratische Hürden be-stehen. Viele Förderinstrumente des SGB III können oft faktisch nicht angewandt werden. Einerseits betrifft das die Aus-bildungshilfen aufgrund der BAföG-Koppelung. Andererseits betrifft es die Weiterbildungen und Umschulungen, welche aufgrund des unsicheren Aufenthaltsstatus der Asylsuchenden nicht absolviert werden können, da das Zeitfenster der jeweiligen Maßnahme über Zeit des Aufenthalts hinausgehen könnte. Oftmals fehlen auch die entsprechenden Doku-mente für die formale Anerkennung der ausländischen Qualifikation.

ErfahrungenundEmpfehlungenBereits zu Beginn des Aufenthalts sollten die Personen Beratung, Förderung und Vermittlung erfahren, um eine zügige Integration in den Arbeitsmarkt und die Gesellschaft zu gewährleisten. Dazu gehören Vermittlung in Sprachkurse, För-derung von Übersetzungen von Dokumenten, Anerkennung ausländischer Abschlüsse, Qualifizierungen und natürlich Arbeits- und Ausbildungsvermittlung. Das Anerkennungsverfahren sollte erweitert und alternative Verfahren der Kom-petenzfeststellung (weiter-) entwickelt werden.

EmpfehlungenzumRechtskreiswechselBei Aufenthaltserteilung und damit Sozialleistungsbezug nach SGB II sollten bereits erste Sprachkenntnisse erworben und landeskundliches Wissen vermittelt worden sein. Für eine abgestimmte Integrationsstrategie ist eine gemeinsa-me Betreuung zwischen den SGB-Rechtskreisen sinnvoll. Dadurch wäre ein stetiger Ausbau der Deutschkenntnisse bis mindestens zum B-Niveau gewährleistet, die Anerkennung ausländischer Abschlüsse und Nachqualifizierung bis zu ih-rer Gleichwertigkeit einheitlich gesichert bzw. die Ausrichtung auf eine Neu- bzw. Erstausbildung in einem gesuchten Berufsfeld abgestimmt. Bis zur Ausbildungsreife oder den qualifizierten Arbeitsmarkteintritt ist ein kontinuierlicher Bil-dungsprozess von ca. 1 bis 1,5 Jahren nötig. Daher ist die Weiterentwicklung von Qualifizierungen und Ausbildungen mit stärkerem Sprachanteil zu empfehlen.

ZusammenfassungDie Voraussetzungen für die Vermittelbarkeit und erfolgreiche Integration von Asylsuchenden sind

eine hohe Bleibewahrscheinlichkeit,• das Vorliegen notwendiger Sprachkenntnisse,• eine hohe Lernmotivation und ein Arbeitswille,• vorhandene Qualifikationen und • die berufliche Anerkennung bzw. ein erfolgreiches Anerkennungsverfahren.•

Die Hindernisse für die Vermittelbarkeit und erfolgreiche Integration von Asylsuchenden sindein unsicherer und teilweise sehr kurz befristeter Aufenthaltsstatus,• zu wenige Möglichkeiten auf einen kontinuierlichen und intensiven Sprachbildungsprozess,• die oft fehlenden oder unzureichenden Qualifikationsnachweise sowie• die multiplen Problemlagen (z.B. Traumata, Familiennachzug, prekäre Unterbringung, relative Mittellosigkeit).•

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b) Leipzig

Frühzeitige Erhebung der mitgebrachten Qualifikationen / Kooperationserfahrung mit der IBAS LeipzigYvonneKanzok,TeamleiterinundAktenzeichenverantwortlicheMigrationJobcenterLeipzig/ThomasLiebecke,IBASInformations-undBeratungsstelleArbeitsmarktSachsenimIQNetzwerkSachsen

Yvonne Kanzok ist seit 2012 die Aktenzeichenverantwortliche Migration im Jobcenter Leipzig. Exemplarisch schil-derte Frau Kanzok den negativen Integrationsverlauf eines Flüchtlings, der seit 18 Jahren in Deutschland lebt und trotz seiner ausländischen Qualifikation als Arzt nicht in den deutschen Arbeitsmarkt integriert werden konnte.

In den Handlungsempfehlungen und Geschäftsanweisungen (kurz: HE/GA oder HEGA) der Bundesagentur für Arbeit vom 20.03.2012 (HEGA 03/2012 - 17 - Anerkennungsgesetz; Auswirkungen auf die Arbeitsmarktberatung, Geschäftszeichen: PEG1 / MI 1 – II-1201.4 / 5791.1) wird über die Pflicht zur Verweisberatung im Rahmen von be-ruflicher Anerkennung ausländischer Qualifikationen verfügt. „Die Integrations-/Vermittlungsfachkraft verweist auf die für die Anerkennung zuständige Stelle und nutzt hierfür das vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BiBB) entwickelte Informationsportal www.anerkennung-in-deutschland.de [...]. Sofern das Portal keinen Hinweis auf die zuständige Stelle ermöglicht, sind die Kundinnen und Kunden an die Beratungsstellen des Netzwerkes Inte-gration durch Qualifizierung (IQ-Netzwerk) zu verweisen […]. Für den Verweis an die zuständige Stelle ist eine Identifizierung (Vorklärung) des möglichen deutschen Referenzberufs, mit dem die ausländische Qualifikation vergleichbar ist, durch die Integrations-/Vermittlungsfachkraft notwendig.“

Im Jahr 2012 war das Thema „Anerkennung von ausländischen Qualifikationen“ im Jobcenter Leipzig noch kein ex-pliziter Arbeitsschwerpunkt. Mittlerweile werden die Anerkennungsverfahren der Ratsuchenden mit dem Ziel der nachhaltigen Arbeitsmarktintegration von Menschen mit Migrationshintergrund unterstützt. Durch die Zusam-menarbeit mit dem IQ Netzwerk und der Informations- und Beratungsstelle Arbeitsmarkt Sachsen (IBAS) rückte das Thema verstärkt in den Fokus. Ein Problem war aber, dass die Ratsuchenden oft nicht in der IBAS-Beratung ankamen. Seit Oktober 2014 gibt es eine IBAS-Beratungsstelle als Regionalbüro direkt im Haus des Jobcenters Leipzig. Seitdem sind die Zahlen der bei der IBAS Beratenen, die vom Jobcenter Leipzig weiterverwiesen wurden, deutlich angestiegen. Die Darstellung der Entwicklung der Zahlen aller IBAS-Anfragen seit 2011 zeigt einen steti-gen Anstieg der Beratungsanfragen. Seit 2015 besteht eine deutliche Zunahme der Beratungsanfragen. So waren es im 1. Quartal 2015 mit über 500 Anfragen schon fast so viele, wie im gesamten Jahr 2012. Der Kontakt zur IBAS wurde dabei am häufigsten über das Jobcenter und die Agenturen für Arbeit (27 %) hergestellt.

Die Zusammenarbeit des Jobcenter Leipzig mit dem IQ Netzwerk Sachsen hinsichtlich der seit 2015 bestehenden Möglichkeit des Netzwerkes, Qualifizierungsmaßnahmen im Anschluss an ein Anerkennungsverfahren umzuset-zen, wird noch geklärt. 

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c) Chemnitz

Erfahrungen aus dem Konzept „Coaching von Migrantinnen und Migranten“ und „Mütter mit Migrationshin-tergrund“ in Chemnitz MartinaKusch,TeamleiterinundMigrationsbeauftragteJobcenterChemnitz/DianaMehnert,CBZBildungszent-rumSchmitte.K.

StärkenundKompetenzen„Migranten können und wollen arbeiten!“, so Martina Kusch, Migrationsbeauftragte des Jobcenters Chemnitz. Wichtig ist, die Kompetenzen und Stärken in den Blick zu nehmen, um die Problemlagen zu überwinden. Migran-ten haben interkulturelle Kompetenzen, wie z.B. Mehrsprachigkeit und Toleranz für andere Kulturen. Das kann für bestimmte Arbeitgeber wichtig sein. Ihre sozialen und persönlichen Kompetenzen sind die besondere An-passungsfähigkeit, das soziale Engagement, eine erhöhte Lernbereitschaft und die hohe Arbeitsmotivation. Viele Migranten gehen beispielsweise Nebenbeschäftigungen nach.

ProblemlagenDie Problemlagen stehen zielgruppenspezifisch oft mit der Qualifikation in Zusammenhang:

kein bzw. ein nicht anerkannter Berufsabschluss in Deutschland,• keine bzw. unzureichende Berufserfahrung in Deutschland,• geringes Bildungsniveau.•

Vordergründig ist auch die Sprachproblematik. Teilweise wird das erforderliche Sprachniveau trotz Integrations-kurs nicht erreicht. Dabei reicht ein A2-Sprachniveau für die erfolgreiche Integration meist nicht aus. Notwendig ist mindestens das B1-Sprachniveau. Doch das muss finanziert werden. Günstig wäre eine individuelle Anpassung der Qualifizierungsmaßnahme an die Teilnehmer.Zusätzlich leiden Migranten oft unter psychischen Einschränkungen aufgrund traumatischer Erfahrungen im Her-kunftsland. Auch fehlt es ihnen an Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen. Neben den landes- oder religionstypi-schen Traditionen des Herkunftslandes bedingt das die Schwierigkeiten bei der Bewältigung von Alltagsproble-men. Und letztlich kann ein erfolgreicher Integrationsprozess auch durch die Befristung der Aufenthaltserlaubnis behindert werden.

AnsätzezurÜberwindungderProblemlagenDie Vergabemaßnahme des Jobcenter Chemnitz „Coaching von Migranten und Migrantinnen“ verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz. Sie zielt auf eine Grundstabilität für die dauerhafte Integration, auf eine berufliche Integ-ration in den 1. Arbeitsmarkt und den Abbau der individuellen Problemlagen. Das Coaching findet an 3 Tagen der Woche (jeweils 2h) statt. Die Teilnehmenden werden in dieser Zeit u. a. bei folgenden Themen zur Förderung der beruflichen und sozialen Handlungskompetenz unterstützt:

berufliche Perspektive in Deutschland,• Verfahren zur Anerkennung von Abschlüssen,• Bewerbungsverfahren,• Ansprache der Arbeitgeber,• Umfeld- und Sozialraumintegration.•

Die Teilnehmer werden der Maßnahme zugewiesen oder wollen zum Teil eigenmotiviert unbedingt teilnehmen. Die Erfahrungen spiegeln eine hohe Mitwirkungsbereitschaft durch die vorherrschende Willkommenskultur so-wie ein angenehmes Gruppen- und Arbeitsklima wider. Im Allgemeinen zeigen sich die Teilnehmenden dankbar, weil sie sich ernst genommen fühlen.Mithilfe der Coachs als Vermittler und Begleiter können erfolgreich Brücken zu potenziellen Arbeitgebern gebaut werden. Es stellt sich aber der dringende Bedarf an bewerbungsbezogener Sprachförderung heraus. Unabdingbar für das erfolgreiche Coaching sind die Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen dem Coach, den Teilnehmenden und den Integrationsfachkräften sowie zwischen dem Bildungsträger und dem Teamleiter des Jobcenters.

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Im Zeitraum vom 11.02.2013 – 02.03.2015 wurden 133 Migranten gecoacht. 37 % (49 Personen) konnten bei der beruflichen Integration unterstützt werden. 65 % davon sind in den deutschen Arbeitsmarkt integriert. Das heißt, sie gehen entweder einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung bzw. einer Nebentätigkeit nach oder befin-den sich in einer dualen Berufsausbildung. Die restlichen 35 % dieser 49 Personen befinden sich in Weiterbildung, Umschulung oder Vorbereitung für eine Selbstständigkeit und haben so eine berufsbezogene Anschlussperspek-tive.Insgesamt konnten die Teilnehmenden für eine weitere konstruktive Zusammenarbeit mit den Integrationsfach-kräften im Jobcenter Chemnitz aufgeschlossen werden.

Mit dem ESF-Programm „Stark im Beruf – Mütter mit Migrationshintergrund steigen ein“ setzt sich das Bundesmi-nisterium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend für bessere Chancen von Müttern mit Migrationshintergrund auf dem Arbeitsmarkt ein. Mit dem Ziel der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sollen erwerbsfähige Mütter mit Migrationshintergrund nachhaltig in existenzsichernde Beschäftigung gebracht werden. Damit das gelingt, werden die Teilnehmerinnen auf ihrem Weg in eine Beschäftigung individuell begleitet und der Zugang zu vorhandenen Angeboten zur Arbeitsmarktintegration verbessert. Anfang 2015 haben dazu bundesweit zahlreiche Projekte ihre Arbeit aufgenommen. Dazu zählt auch das Projekt „Stärken erkennen – Chancen nutzen: Coaching von Müttern mit Migrationshintergrund“ der Kooperationspartnerschaft des Jobcenter Chemnitz, der Ausländerbeauftragten der Stadt Chemnitz und des Netzwerkes Lebensperspektiven e.V. Der Förderzeitraum beträgt 4 Jahre. In dieser Zeit sollen insgesamt 88 Teilnehmerinnen begleitet werden. Die Bausteine in der Arbeit mit den Müttern sind:

Beratung, Orientierung, Motivation und Aktivierung der Teilnehmerinnen,• Qualifizierung, berufliche und persönliche Stabilisierung ,• Vermittlungscenter.•

Daneben wird ein weiterer Schwerpunkt die Netzwerkarbeit zur Arbeitgebersensibilisierung für die Zielgruppe sein. 

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3.2. Integrationskurse - erste Möglichkeit gezielter Informationsbereitstellung Welche Inhalte sind Gegenstand? Welche sollten noch dabei sein? Irina Ermischer, Euro-Schulen Zwickau

„Sprache ist der Schlüssel“Welchen Beitrag leistet der Erwerb der deutschen Sprache für die Integration von Flüchtlingen / Zugewanderten in den deutschen Arbeitsmarkt? Auf diese Frage hatte Irina Ermischer von den Euro-Schulen Zwickau nur eine Antwort: „Sprache ist der Schlüssel!“

Integrationskurse - Aufbau und Inhalt:Der Integrationskurs ist ein stattlich finanziertes und damit für die Teilnehmenden kostenfreies Sprachkursange-bot für alle Zugewanderten, die über einen Aufent¬haltstitel verfügen bzw. eine Verpflichtungserklärung durch die zuständige Ausländerbehörde oder das Jobcenter vorlegen können. Der Integrationskurs umfasst insgesamt 660 Stunden. Diese teilen sich auf in 600 Stunden für sprachliche Inhalte (Basis- und Aufbaukurs Sprache) sowie 60 Stunden für einen sog. Orientierungskurs. Im Orientierungskurs geht es darum, die Sprache erlebbar zu machen und die „deutsche Kultur“ kennenzulernen. So ist z.B. ein Handlungs-feld des Orientierungskurses der Umgang mit Ämtern und Behörden. Mit den Kursteilnehmern findet in diesem Handlungsfeld z.B. ein Besuch beim „Amt“ statt. Das angestrebte Sprachniveau der Integrationskurse nach Absol-vierung der 660 Stunden ist das Niveau B1 (nach GER – Gemeinsamer Europäischer Referenzrahmen). Ein Zusatz von 300 Stunden bei „Nicht-Bestehen“ ist möglich.

OptimierungsbedarfFlüchtlingen bzw. Asylbewerbern ohne Aufenthaltstitel bleibt der Zugang zu dieser Möglichkeit des frühzeitigen und kostenfreien Spracherwerbs bis dato versperrt. (Die Kosten bei Selbstzahlung betragen 2,94€ pro Unter-richtseinheit (=rund 2000,-€)).Eine Herausforderung für die Sprachschulen und Dozierenden sei, laut Ermischer, die oft sehr heterogene Zusam-mensetzung der Kursteilnehmer. Wenn es möglich ist – d.h. wenn mehrere Kurse am gleichen Ort parallel statt-finden – können die Teilnehmenden nach bestimmten Kriterien (Typ A, B, C)7 getrennt und in unterschiedlichen Kursen zusammengestellt werden. Wo diese Trennung nicht möglich ist – bei zu wenigen Kursangeboten, meist im ländlichen Raum – sei ein „geschickter Spagat“ der Dozierenden notwendig, um die Teilnehmenden zum B1-Niveau zu führen. Aus den Erfahrungen heraus, so Ermischer, schaffen bei Homogenität der Gruppe zwischen 60 und 70% am Ende des Kurses B1. Ansonsten sind es eher 50% der Klasse.Eine Vorbereitung auf den Arbeitsmarktzugang ist nicht Inhalt des Orientierungskurses. So werden z.B. keine Hilfen beim Erstellen von Bewerbungsschreiben im Orientierungskurs gegeben. Laut Ermischer könnte dies ggf. durch eine Erhöhung des Stundenvolumens des Integrationskurses oder durch weiterführende Kurse möglich werden [siehe Präsentation im Anhang].Positive Erfahrungen haben die Euro-Schulen mit heterogenen Gruppen bzgl. der Herkunftsländer bzw. Sprachen gemacht. In dieser Zusammen¬setzung der Teilnehmer findet die deutsche Sprache als gemeinsame Sprache häufiger Anwendung und wird damit besser erlernt.

Weitere InformationenDie Euro-Schulen bieten wöchentlich Informationsveranstaltungen zu Sprachkursmöglichkeiten an. Im ländlichen Raum gibt es geplante Starttermine für I-Kurse, die stattfinden, wenn genügend Teilnehmer zusammenkommen.

7 Teilnehmerprofil erhoben durch das BAMF (Typ A: gute Lernvoraussetzung; Typ B: deutliche Ausrichtung auf Familie/ Kinder/ Schule; Typ C: niedriges Bildungs- / Qualifikationsniveau)

Zu diesen Ausführungen finden Sie die Präsentation 3.2.mit weiteren Informationen zum Themaunter www.netzwerk-iq-sachsen.de

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3.3. „Sozialarbeiter“ Vertrauensperson im direkten Kontakt Was sind die Aufgaben? Können Anknüpfungen für den Bereich der Arbeitsaufnahme gefunden werden? Birgit Dankert, Caritasverband für Dresden e.V.

„Beratungsarbeit hat was mit Vertrauen zu tun“Der Caritasverband Pirna führt – finanziert vom Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge (SSO) – Sozialbera-tung für Flüchtlinge / Asylbewerber durch. Diese umfasst neben Alltagshilfen, wie z.B. der richtigen Mülltrennung und ÖPNV-Nutzung, die Beratung in akuten Problemsituationen, eine Verweiskompetenz (an Flüchtlingsrat, An-wälte etc.) und Begleitung zu Behörden und Ämtern o.ä. Aktuell werden im Landkreis etwa 1200 Personen aus 33 unterschiedlichen Nationen beraten. Der Beratungs-schlüssel beträgt dabei 1:150 (Vollzeit). Derzeit sind im Landkreis SSO 11 Sozialarbeiter in diesem Gebiet tätig, welche als Voraussetzungen, selbst Migrationshintergrund oder zumindest Auslanderfahrung haben und mehrere Sprachen sprechen. Wenn die Zahl der Flüchtlinge steigt, wird auch ein/e neue/r Mitarbeiter/in eingestellt. Es gibt 10 Beratungszentren im Landkreis, an denen meist einmal wöchentlich Beratungstage stattfinden. Dazu werden Räumlichkeiten z.B. der Kirche genutzt. Dazu ist anzumerken, dass im Landkreis SSO aktuell 80% der Flüchtlinge dezentral untergebracht werden. Im Jahr 2008 waren es im Gegensatz dazu noch nur 7%.

„Die Leute wollen arbeiten!“Arbeit strukturiert den Alltag, bringt soziale Kontakte, familiäres Ansehen und im Zusammenhang mit Flüchtlin-gen bzw. Zuwanderern aus anderen Ländern zudem eine Erleichterung im Erwerb der deutschen Sprache. Aus den Erfahrungen der Flüchtlings-Sozialarbeiter besteht ein großer Wunsch der Flüchtlinge nach Beschäftigung. Seit November letzten Jahres ist der Arbeitsmarktzugang für Flüchtlinge immerhin nach schon 3 Monaten möglich. Davor oblag Flüchtlingen ein Arbeitsverbot in den ersten neun oder sogar zwölf Monaten. Aber auch vor dem of-fiziellem Arbeitsmarktzugang gibt es, z.B. durch Gemeindearbeit (1,05€ / h), die Möglichkeit für Flüchtlinge tätig zu sein und Geld (dazu) zu verdienen.

Konsequenzen von „Nicht-Arbeit“In der Beratung wurde, laut Dankert, die Erfahrung gemacht, dass häufig bis zum 15. Monat des Aufenthalts in Deutschland keine Arbeitsaufnahme stattfindet. Dabei spielt natürlich auch die Schwierigkeit der Abfrage von ggf. vorhandenen Qualifikationen, vor allem bei nicht vorhandenen Dokumenten/Zeugnissen eine Rolle. Negative Konsequenzen von „Nicht-Arbeit“, welche die Berater in ihrer Arbeit feststellten, sind der fehlende soziale Kon-takt, keine Verbesserung der Sprachkenntnisse, keine oder nur eine geringe Alltagsstruktur (maximal nur noch durch Kita, Schule, Sportverein etc. gegeben), familiärer Druck, vor allem auf bzw. für die „Versorger“ der Familie (Männer/ Väter) sowie höhere Suchtgefahr (Alkohol etc.).

Schwerpunkte der Beratungsarbeit sind aus diesem Grund unter anderem die Eingliederung während des Asylver-fahrens, ehrenamtliche Strukturen für Deutschkurse, die Sensibilisierung von Unternehmen sowie die Begleitung der Bewerbungsphase.

Eine notwendige Zusammenarbeit bzw. die Wichtigkeit eines Austausches zwischen den Sozialarbeitern und den Agenturen und Jobcentern sieht Frau Dankert an den Punkten, wo es um die Transparenz des Verfahrens für Asylsuchende und Flüchtlinge in der Arbeitsagentur sowie den Umgang mit fehlenden Zeugnissen/ Abschlussdo-kumenten geht. In der anschließenden Diskussion wurde zudem wiederrum die Schwierigkeit, Dolmetscher für Behördengänge zu organisieren, angesprochen. Die Bundesagentur für Arbeit hat die Möglichkeit einen Dolmet-scherservice zu beauftragen, allerdings benötigt dies einen Vorlauf von ca. 4 Wochen. Diese Zeitspanne sei zu groß und zu unflexibel aus Sozialarbeiter-Sicht.

Abschließend betonte Frau Dankert noch einmal die wichtige Rolle von ehrenamtlichen Helfern bei der Unterstüt-zung von Flüchtlingen sowie den Aspekt, dass Arbeitgeber stärker in den Fokus müssen, um Flüchtlingen bzw. Zugewanderten den Zugang zu Arbeit zu erleichtern bzw. zu ermöglichen.

Zu diesen Ausführungen finden Sie die Präsentation 3.3.mit weiteren Informationen zum Themaunter www.netzwerk-iq-sachsen.de

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3.4. Netzwerke im Themenfeld Asyl und Flüchtlinge Wer ist mit welcher Beteiligung und welchen Aufgaben aktiv? An wen kann in welchen Fragen verwiesen werden? Werner Wendel, Sächsischer Flüchtlingsrat e.V. in Kooperation mit Rudaba Badakhshi, Referat für Migration und Integration, Stadt Leipzig

„Gute Zusammenarbeit ist oft abhängig von Einzelpersonen“Werner Wendel vom Sächsischen Flüchtlingsrat und Rudaba Badakhshi vom Referat für Migration und Integration der Stadt Leipzig stellten in ihrer Präsentation Netzwerke in Sachsen im Themenfeld Asyl und Flüchtlinge vor.

Einleitend erwähnten die Redner, dass zunächst zwischen hauptamtlich und ehrenamtlich arbeitenden Personen, Institutionen, Netzwerken unterschieden werden kann. Betont wurde, dass eine Vernetzung eigentlich perso-nenunabhängig aufgebaut sein sollte. Dies sei aber oft nicht der Fall. Häufig ist es sehr von der Einzelperson an einer bestimmten Stelle abhängig, inwieweit bzw. wie gut ein Netzwerk und die Zusammenarbeit funktionieren. Wer hat ein „offenes Ohr“, ein „offenes Herz“? So stellt sich aktuell beispielsweise die Frage, ob der sog. „Heim-TÜV“8, den der bisherige Sächsische Ausländer-beauftragte Prof. Dr. Martin Gillo in Asylunterkünften durchführte, auch durch den neuen Amtsinhaber Geert Mackenroth9 weitergeführt werden wird.

Ein weiterer wichtiger Punkt der Arbeit im Netzwerk sei es, die Zielgruppe nicht aus den Augen zu verlieren und deren Perspektive einzunehmen.

Des Weiteren kann zwischen horizontaler und vertikaler Vernetzung unterschieden werden10. Netzwerke gehen von der Ebene Bund, über die Ebene Land, Landkreise bis in die Kommune, wo die Menschen leben. Auf der Ebene Land gibt es in Sachsen die Asyl-Konferenz – Lenkungsausschuss Asyl der Sächsischen Staats-kanzlei, (den bereits erwähnten) Sächsischen Ausländerbeauftragten sowie das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz mit dem Geschäftsbereich Gleichstellung und Integration. Auf Landkreisebene gibt es kommunale Ausländer- und Integrationsbeauftragte. Neben zahlreichen regionalen Netzwerken in den einzelnen Landkreisen, stellen z.B. der Sächsische Flüchtlingsrat e.V. sowie das IQ-Netzwerk Sachsen Netzwerke dar, die überregional agieren.

8 transparentes Verfahren für eine menschenwürdige Unterbringung für Asylsuchende im Freistaat Sachsen9 ab bzw. seit 4. Mai 2015 Sächsischer Ausländerbeauftragter10 In der horizontalen Vernetzung arbeiten alle Akteure gemeinsam und auf gleicher Augenhöhe für die Förderung der Zielgruppe. In der vertikalen Vernetzung arbeiten die Akteure der verschiedenen Stufen zusammen, damit die Vernetzung in der Prozesskette und insbe-sondere das Übergangsmanagement von einer Stufe zur nächsten reibungslos funktionieren.

Zu diesen Ausführungen finden Sie die Präsentation 3.4.mit weiteren Informationen zum Themaunter www.netzwerk-iq-sachsen.de

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3.5. ESF-BAMF berufsbezogene Sprachförderung Zahlen, Daten, Fakten anhand der neuen Förderrichtlinie für Sachsen. Herausforderungen, da der Bedarf höher als das Angebot! Norbert Boldt, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge BAMF

„Flexible Möglichkeiten, aber begrenzte Mittel“Zum Abschluss des ersten Tages der Fachveranstaltung stellte Norbert Boldt vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) die neue Förderrichtlinie für berufsbezogene Sprachförderung vor. Diese Kurse sind auch für Flüchtlinge ab dem vierten Monat ihres Aufenthalts in Deutschland zugelassen.

Die aktuelle Förderperiode des ESF-BAMF-Programms läuft von 2014 bis 2020. Der Projektträger in Sachsen ist die Euro-Schulen-Organisation (mit regionalen Kooperationspartnern, z.B. die Volkshochschule Bautzen). Für den aktuellen Förderzeitraum 2015 bis 2017 stehen bundesweit Mittel in Höhe von 180 Mio. Euro zur Verfügung. Aufgrund dieser begrenzten Mittel sind die Leistungsträger dazu angehalten, eine Auswahl vorzunehmen, welche Personen in das Programm aufgenommen werden.

In Sachsen gibt es drei Förderregionen. Diese sind den Direktionsbezirken Dresden, Chemnitz und Leipzig zuzu-ordnen. In den Regionen Dresden und Chemnitz – als Übergangsregionen – kann bis zu 80% gefördert werden. In der Region Leipzig – eingestuft als stärker entwickelte Region – kann bis zu 50% gefördert werden. Hier wird das Problem der Kofinanzierung deutlich. Hingewiesen von Boldt wurde an dieser Stelle auf die Möglichkeit der Förderung von Sprachkursen durch das IQ-Netzwerk Sachsen, wenn diese in Zusammenhang mit einem Anerken-nungsverfahren der im Ausland erworbenen Qualifikation stehen.

Bei dem ESF-BAMF-Programm handelt es sich um ein sehr flexibles Programm, welches aus 730 Unterrichts-einheiten besteht, dass Vollzeit in 6 Monaten und Teilzeit in 12 Monaten durchgeführt werden kann. So gibt es Möglichkeiten in verschiedenen Berufsausrichtungen oder für höhere Sprachniveaus Kurse anzubieten. Eine Nachbesetzung des Kurses ist auch möglich.Die vorgesehenen Kurszahlen für 2015 sind für die Region Dresden 38 Kurse, die Region Chemnitz 14 Kurse und die Region Leipzig 8 Kurse (zu je 15-18 bzw. 14-16 Teilnehmern). Umverteilungen zwischen den Regionen sind möglich.

Voraussetzung für einen ESF-BAMF-Kurs ist das abgeprüfte Sprachniveau A1. Wenn der berufsbezogene Sprach-kurs im Anschluss an einen Integrationskurs (I-Kurs) stattfindet, ist Voraussetzung, dass alle Stunden des I-Kurses ausgeschöpft sein müssen bzw. die B1-Prüfung bestanden sein muss, bevor mit dem ESF-BAMF-Kurs begonnen werden darf. Teilnahmeberechtigt sind auch Beschäftigte, wenn diese die Kosten selbst tragen oder deren Arbeit-geber übernehmen (Kosten: 3,20€/UE). Ein wichtiger Hinweis von Boldt an die Sachbearbeiter in den Jobcentern und Arbeitsagenturen war, die Änderungen des neuen Asylbewerberleistungsgesetz (1.3.2015) zu beachten.

Zu diesen Ausführungen finden Sie die Präsentation 3.5.mit weiteren Informationen zum Themaunter www.netzwerk-iq-sachsen.de

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Dokumentation der Fachveranstaltung

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4. Workshops

Workshop 1:

4.1. Der Flüchtling im Jobcenter – Was ist zu tun? Welche Schritte sind wichtig? Welche Besonderheiten gibt es? (Moderation: Rudaba Badakhshi, Thomas Liebecke)

Im Workshop 1 ging es darum, interne Abläufe im Jobcenter zu prüfen und zusammenzutragen, darüber welche Schritte in welcher Reihenfolge nötig sind und welche Hürden oder Achtungspunkte es gibt. Gemeinsam wurden Lösungsansätze diskutiert und wichtigste Punkte priorisiert. Die Ergebnisse des Workshops sollen eine Grundla-ge zur Erstellung einer Checkliste, einer Übersicht oder eines Ablaufplans für die Beratung von Flüchtlingen im Jobcenter liefern.

Was denken Sie, wie kommen die Flüchtlinge zu Ihnen? (Beantwortung der Frage aus der Perspektive der Flücht-linge)

Ablauf und mögliche Fragen des Flüchtlings:

Ablaufschritte Mögliche Fragen/Probleme bzw. Bemerkungen1. Ankunft Bahnhof; Abholung ideal

2. Unterkunft Zuständigkeit/ Rahmenbedingungen etc. unbekannt

3. Erhalt des Bescheides, mit Übersetzungen in der Herkunftssprache

- Aber: Begriffe sind unbekannt (z.B. , Aufenthaltserlaubnis, Jobcenter, Leis-tungsabteilung)- Sind Rückfragen zum Bescheid möglich? (z.B. beim Sozialpädagogen, Bera-tungsstellen, Projekten)- Wie komme ich zum Jobcenter? (laufen, öffentliche Verkehrsmittel, Fahr-scheine, Monatskarte)- Woher bekomme ich Geld, um ein Ticket zu kaufen?- Wer muss alles zum JC mit (Familie- Bedarfsgemeinschaft)?- Welche Unterlagen sind erforderlich?

4. Jobcenter – EingangszoneErhalt eines Pakets mit Anträgen zum Ausfüllen

- Wer versteht mich da? Wie komme ich zu den zuständigen Personen?- Problem: Erst nach dem Ausfüllen und der Bearbeitung der Anträge erhalte ich Geld vom JC

5. Jobcenter – Abgabe der Anträge

- Geld gibt es erst nach Wochen (oft entsteht eine Lücke zwischen Aufhe-bungsbescheid des Sozialamtes und Bescheid des Jobcenters)

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Welchen Prozess durchlaufen die Flüchtlinge im JC und was erfolgt an den einzelnen „Stationen“? (Beantwortung der Frage aus der Sicht der JC-Mitarbeiter)

Ablaufschritte Abgeforderte Daten/erhaltene Informationen /Bemerkungen0. Information an JC durch Migrantenerstberatungs-stellen oder Ausländer-behörde oder Sozialamt, andere Referate oder Ämter zu neu eingereisten Flücht-lingen; (meist Kleingrup-pen)

Anzahl der Personen, Namen, Termin mit JC vereinbart (möglichst außerhalb der Öffnungszeit) [> nur wenn größere Gruppe an Flüchtlingen]-Flüchtlinge, die schon längere Zeit (bis mehrere Jahre) in Deutschland sind, kommen meistens allein

1. Empfang/Sicherheits-dienst(betrifft alle Kunden im JC)

Wegweiser durchs Haus (verständliche)

2. Eingangszone - Zuständigkeiten prüfen (nach Aufenthaltstitel)- Kundendaten werden aufgenommen- Antragspaket wird ausgegeben (Infoblätter)- Terminvereinbarungen (unterschiedliche Varianten in den JC: Termin mit Arbeitsvermittler zum Erstgespräch; Termin mit Leistungsabteilung und/oder Termin mit Arbeitsvermittler); Erstgespräch nach mehreren Tagen; Leistungs-abteilung nach weiterer Wartezeit

3. Leistungsabteilung - Prüfung der Vollständigkeit der Angaben in den Anträgen- später: Entscheidung über den Leistungsanspruch (Kunde nicht anwesend)- bei Rückfragen ist der Kontakt zum „Kopf“ der Bedarfsgemeinschaft erfor-derlich (ggf. Einschaltung von Dolmetscher/ Sprachmittler)

4. Arbeitsvermittlung - Erstgespräch innerhalb von ca. 15 Tagen (ggf. Einschaltung von Dolmetscher/ Sprachmittler)- Erhebung berufsbezogener Daten, Eingliederungsvereinbarung inklusive Integrationsplan - Einladung durch Vermittler in geplanten Abständen

Probleme („Es klemmt an vielen Stellen“) und Unterstützungspotenzial in diesem Prozess: es gibt keinen Standard für diesen Ablauf/ Prozess unterscheidet sich von JC zu JC• Zusammenarbeit mit regionalen Netzwerk-Akteuren wichtig (u.a. JMD, Beratungsstellen, Integrations- • oder Ausländerbeauftragen, Flüchtlingsrat, Gleichstellungsbeauftragte)eine Person im JC muss spezifisches Wissen zur Thematik haben• von der übergeordneten Behörde wäre mehr Unterstützung erforderlich (z.B. Erfahrungskatalog; einheit-• liche Regelungen)noch große Unterschiede zwischen Großstadt und ländlichem Raum (Arbeit in JC der Großstädte schon • besser geregelt)Arbeit mit diesem Klientel steht nicht im Fokus der Geschäftsführung der JC• Handlungsbedarf bereits bei Dr. Schuberth angesprochen•

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Erwartungen/Erfordernisse: Was braucht man, damit in den einzelnen Stationen schnell und zügig gearbeitet wird?

AusSichtderFlüchtlinge/Kunden:freundliche, offene, nette, geduldige Ansprechpartner• einfache Verständigung (einfache Sätze, Visualisierungen)• einfache Erklärungen• schnelle Hilfe (Geld, Arbeit)• Wegweiser (wie wohin?; visualisiert)• sensibilisierte, geschulte Mitarbeiter • interkulturelle Kompetenz• Verstehen der Situation der Flüchtlinge• Hilfen für Erwerb der deutschen Sprache (Zettel)• Hilfe für Arztkontakte•

AusSichtdesJC(WasbraucheichanDaten?WassolltederFlüchtlinghaben?):Eingangszone: •

- Pass; ID; Aufenthaltstitel- Ablehnungsbescheid/-begründung- Deutschkenntnisse/ Dolmetscher/ Sprachmittler für Erhebung der persönlichen Daten- Lebenslauf- Informationen zu Netzwerkpartnern für Beratung der Kunden - Gemeinsames Sprachverständnis für Terminvereinbarung für nächsten Schritt

Leistungsabteilung:• - kompletten Antrag mit Unterlagen (Grundlage sollte sein: Checkliste zur Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen)- Rentenversicherungsnummer (wird generiert)

Arbeitsvermittlung:• - Sprachverständnis für gemeinsame Verständigung (Wenn selbst keine ausreichende Sprachkompetenz, dann Begleiter, Landsleute, Dolmetscher wichtig.)- Infos zu beruflichen Daten (gut wären: Datenblätter zum Ausfüllen)- Lebenslauf- Zeugnisse- übersetzte Dokumente- Möglichkeit zum Stellen von Rückfragen muss gegeben sein- Zielvorstellung des Kunden- Probleme- Feststellung der Erwerbsfähigkeit (Voraussetzung für Leistungsanspruch: 3 Std. am Tag arbeiten können)- ggf. ärztliche Gutachten

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IQ Netzwerk Sachsen - „Praxis im Austausch: Jobcenter und/ oder Integratonsbegleiter“

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Bei welchen Schritten klemmt es am meisten? Was braucht das JC?Eingangszone: (in der Regel werden nur unzureichende Dokumente vorgelegt)•

- kein Pass oder anderes Dokument vorzeigbar- Ablehnungsbescheid nicht dabei- Lebenslauf nicht dabei- Identitätsprüfung (Problem bei Burka: Wie geht man damit um?) [Einzelfall]

Leistungsabteilung:• - Antrag da, aber nicht immer komplett (Problem: Wie kommt man an die kompletten Daten)

Arbeitsvermittlung:• - Infos Lebenslauf- Zeugnisse nicht vorhanden- Übersetzungen meistens vorhanden, aber nicht immer Austauschmöglichkeiten teils-teils bis eher nicht; klappt dann, wenn eine Begleitperson dabei ist oder höheres Bildungsniveau vorhanden ist- nur globale Zielvorstellungen („Will arbeiten“.)- notwendig: Hilfsmittel/Instrumente zur Verständigung (z.B. Visualisierungshilfen)- individuelle Kompetenz wichtig- Informationen über gesundheitliche Probleme schwer zu bekommen (Krankheit ist für sie etwas Schlechtes; Handicap führt zur Ausgrenzung; „Ich bin nicht krank“.)Wenn man Hilfen anbietet, wird großes Tor ausgestoßen.- Gesprächs- und Beratungszeit nicht ausreichend- fehlendes Verständnis für spezielle Notlagen- fehlende Sensibilisierung

Welche Lösungsansätze werden gesehen?Vorbereitung der Flüchtlinge auf das JC durch vorgeschaltete Behörde/ Organisation (Sozialamt, Wohn-• heim, Ausländerbehörde), z.B. Checkliste für notwendige Dokumente/ Daten aushändigenLösungsansatz in Chemnitz: •

- Ausländerbehörde, Sozialamt und JC schließen Leistungsvereinbarung ab; Rundbrief/ Laufzettel- Wegweiser „Willkommen in Chemnitz“ (visualisiert, übersetzt)

Beratungsstellen zur Unterstützung des Ausfüllens der Anträge• Hilfsmittel: Wo kann ich mir was in welcher Sprache holen?• Pendelbögen (für Info/Kommunikation zwischen den Behörden)• Intensivierung der Netzwerkarbeit (u.a. Ausländerbehörde, Integrationsbeauftragte, Sozialamt, JC, AA, • JMD, MBE, Arbeitsmarktprojekte)Mitarbeiter der Eingangszone in Schulung einbeziehen• Schulung der Mitarbeiter; sollte verpflichtend für jeden MA sein• Für alles Visualisierungshilfen; z.B. Förderinstrumente in visueller Form•

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Dokumentation der Fachveranstaltung

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Zusammenfassung / PriorisierungIn der Priorisierung am Ende des Workshops wurde die Vernetzung aller beteiligter Akteure (Ämter, Beratungs-stellen etc.) als wichtigster Punkt gesehen. Eine gute Zusammenarbeit und gelungene Schnittstellenarbeit zwi-schen den Behörden/ Ämtern und anderen Institutionen wird als großes Potenzial betrachtet. So könnte z.B. ein Vorbereitungsbogen in einem dem JC vorgeschalteten Amt (z.B. Sozialamt oder Ausländerbehörde) ausgefüllt werden und der Flüchtling auf das Jobcenter vorbereitet werden. Neben der Intensivierung der Netzwerkarbeit seien Schulungen zu interkultureller Kompetenz und Sensibilisierung dringend notwendig. Zur Unterstützung der Verständigung sowie Weisung der Flüchtlinge durch die verschiedenen „Stationen“ im Jobcenter werden Visuali-sierungshilfen oder verständliche/einfache Wegweiser sowie prinzipiell der stärkere Einbezug der „Eingangszone“ als unabdingbar angesehen. Ein einheitlicher Prozessablauf durchs Jobcenter wäre prinzipiell wünschenswert. Jobcenter, die mehr Erfahrungen im Umgang mit Flüchtlingen und ggf. schon einen geregelten Prozessablauf (Standard) entwickelt haben, könnten anderen Jobcentern als Positivbeispiel dienen. Wenn es um die Notwen-digkeit von Dolmetschern / Sprachmittlern geht, wird dies vorrangig bei der Arbeitsvermittlung wichtig. Erst hier muss ein „echter“ Austausch/ Dialog mit dem Kunden (Flüchtling) stattfinden. Schwierigkeiten, die in der Ein-gangszone und in der Leistungsabteilung auftreten, beziehen sich eher auf die Beschaffung von Daten. Dem kann vermutlich bereits durch eine gute Netzwerkarbeit mit vorgeschalteten Ämtern und Institutionen sowie anhand von Hilfsmitteln, wie z.B. Visualisierungshilfen gut entgegengewirkt werden.

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Workshop 2:

4.2. Förderung für Flüchtlinge – Welche Förderinstrumente kommen für Flüchtlinge in Frage? Worauf muss man achten? Welche spezifischen Integrationsinstrumente haben wir/brauchen wir für die Umsetzung von Integrati-onsstrategien? (Moderation: Philipp Schäfer, Claudia Poldrack)

Im Workshop 2 wurden im ersten Schritt allgemeine Bedarfe an Förderinstrumenten zusammengetragen und im zweiten Schritt an drei exemplarischen Standardbeispielfällen eine idealtypische Integrationsstrategie in Klein-gruppen erarbeitet mit den zugehörigen benötigten Förderinstrumenten.

Zur allgemeinen Eingangsfrage, welche Instrumente (Methoden, Inhalte etc.) im Jobcenter oder der Arbeitsagen-tur notwendig seien mit Blick auf die spezifische Thematik Flüchtlinge, wurden folgende Punkte genannt:

Sprachförderung als Regelinstrument• Förderung von Kunden mit befristetem Aufenthalt (Zusammenarbeit m. Asylstellen)• HEGA: fachliche Hinweise zur Förderung v. Deutschkursen• Koordinierung von Aktivitäten f. Flüchtlinge (dazu Ansprechpartner)• Mittelbereitstellung f. Deutschkenntnisse• Berufl. Sprachförderung f. Akademiker (Reichen ESF-Kurse aus?; Warum nicht berufliche Sprachförderung • über Weiterbildung(sgutschein) möglich?)Fachliche Qualifizierung• Wie geht es weiter nach Sprachkurs, wenn dieser nicht gereicht hat?• Überblick zu Asyl; Netzwerke• MAT →Wie weiter nach I-Kurs? Was müsste denn für eine MAT (Maßnahme bei einem Träger) erfüllt • sein?Günstige Integrationsstrategien, um Integrationsprozess zu verkürzen (2 statt 10 Jahre)• Sprache/Bildung besser fördern• Notwendigkeit v. einer/m Migrationsbeauftragten in JC/AA• Maßnahme: Coach; individuelle, berufsbezogene Sprachvermittlung, AM-Integration • Förderung von Anpassungsqualifizierung• Was bei „kein Schulabschluss“• Flüchtling ALO od. ASU insbesondere im SGB III• Verbindung zw. AA und kommunale JC mangelt• Dauer AE-Verfahren, Was bei Nicht-Anerkennung• Förderinstrumente im niederschwelligen Bereich•

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Im zweiten Schritt wurden parallel in drei Kleingruppen für drei typische Standard-Zielgruppen folgende Fragen diskutiert und beantwortet:

- Wie könnte eine idealtypische Integrationsstrategie aussehen?- Welche Instrumente bräuchte man? (Ziel, Methoden)

1. Was gibt es schon? 2. Was sollte es geben?

Gruppe I: Zielgruppe: keine Deutschkenntnisse, kein SchulabschlussGruppe II: Zielgruppe: keine Deutschkenntnisse, mit SchulabschlussGruppe III: Zielgruppe: mit Sprache, mit Schulabschluss und Berufsabschluss/-kenntnissenDer Aufenthaltsstatus sollte dabei keine Rolle spielen.

Gruppe I) Zielgruppe: keine Deutschkenntnisse, kein Schulabschluss

Realisation in drei Schritten:Kompetenz- und Qualifizierungsfeststellung (in Herkunftssprachen, sehr frühzeitig, evtl. in EAE): Feststel-1. lung ob z.B. bildungsfernSprachvermittlung entsprechend Sprach- und Bildungsniveau (durchlässiger, modularer Aufbau, z.B. 2. grundlegende Orientierung, Alphabetisierung, Grundbildung nachholen, verschiedene Bildungsstufen): Berufsvorbereitende Maßnahme für Migranten: Berufsorientierung und ggf. -ausbildung (was macht für 3. den Einzelnen Sinn und ist realistisch: Anlerntätigkeiten, Teilqualifizierung, Ausbildung, Hauptschulab-schluss überhaupt nötig?)

→ Anlerntätigkeit→ Einstiegsqualifizierung→ Teilqualifizierung→ Schulabschluss→ Berufsabschluss

Was gibt es:

EQ (Einstiegsqualifizierung, das ist eine Art Langzeitpraktikum, das der Ausbildungsvorbereitung dienst)• EGZ (Eingliederungszuschuss (für Arbeitgeber, die einen Mehraufwand haben, jemand z.B. aufgrund • mangelnder Sprachkenntnisse einzuarbeiten)ESF-BAMF-Programm (berufsbezogene Sprachförderung)• BvB (Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen, eine Ausbildungsförderung zur Vorbereitung)• Integrationskurse• Teilqualifizierungen (um bspw. Teile eines Berufsabschluss nachzuholen)•

Was brauchen wir:BvB/allgemein ausbildungsbegleitende Unterstützung öffnen und für Kundengruppe spezialisieren (der-• zeit erst nach 4 Jahren Aufenthalt möglich)Integrationskurse öffnen (für Asylsuchende und Geduldete)• Entwicklung von grundlegenden Orientierungskursen und Kompetenzfeststellungsverfahren in den Her-• kunftssprachen

Gruppe II) Zielgruppe: keine Deutschkenntnisse, mit Schulabschluss

Realisation:Sprache1. Anerkennung: Macht es Sinn? Z.B. abhängig vom Alter od. gewünschter Tätigkeit2. Berufliche Qualifizierung oder Arbeitsaufnahme3.

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Was gibt es:Nutzung von Netzwerkpartnern (Zus.arbeit, um 1. zu erreichen)• BVB / EQ (Einstiegsqualifizierung)• MAT / FbW •

→ Es muss sich wirtschaftl. Größe ergeben, wenn ich Maßnahme ausschreibe)→ Überarbeitung Anforderungen in FbW, z.B. wenn Teil „Sprache“ notwendig

Was brauchen wir:Regelinstrument f. Sprachförderung (I-Kurs als Regelinstrument)• Spezialisten in AA/JC, die sich zu allen Infos auskennen (diese Personen sollten aber auch nichts anderes • machen)Irrglauben: Schulabschluss notwendig für Ausbildung (außer bei schul. Ausbildung)•

→ Aufklären dazu!

Gruppe III) Zielgruppe: mit Sprache, mit Schulabschluss und Berufsabschluss/-kenntnissen

Erstgespräch ist sehr wichtig, um Daten aufzunehmen bezüglich Sprache, Abschluss, Berufserfahrungen, • Kenntnissen etc.3 Säulen im Beratungskontext des 4-Phasen-Modells:•

(1) Gespräche /Profiling(2) Sprache(3) Anerkennung

Übernahme der Anerkennungskosten abhängig vom Integrationsziel• Wichtig: Sprache und Anerkennung parallel voran bringen, sonst vergeht zu viel Zeit!!• Im Rahmen der Anerkennung:•

o Bescheide abfordern vom Kunden, da Bescheid direkt an Kunden geht und daraus Folgeschritte nach Anerkennung abgeleitet werden müsseno An Schweigepflichtsentbindungen denken, um bei den zuständigen Stellen zum Stand des Verfahrens, benötigten Dokumenten, Prüfungsergebnissen etc. nachfragen zu könneno Bescheide sind Grundlage für Anpassungsqualifizierungen – dazu berät jetzt auch IQ

Es ist grundsätzlich wichtig als Vermittler die Inhalte von Maßnahmen zu hinterfragen, besonders bei • Zielgruppe Migranten, um nicht von falschen Erwartungen auszugehenDaraus kann auch abgeleitet werden, was gerade für Migranten noch fehlt und nötig wäre – so können • sinnvoll eigene Maßnahmen gestrickt werdenAls Vermittler eigene Erwartungen unbedingt überprüfen, z.B. ist Bewerbung kein Thema im Integrations-• kurs – wenn diese Erwartung aber besteht, kann das zu großen Missverständnissen, falschen Anforderun-gen und Förderungen führen

Zusammenfassung Ohne Sprache geht nichts! → Niveau feststellen, worauf kann man bauen? Grundsätzlicher Wunsch der • JC: Sprache als Regelförderung anbieten!Kompetenzfeststellung / ggf. Anerkennung des Abschlusses• Es ist ein IntegrationsPROZESS, der Zeit braucht; viele Instrumente sind da; Frage: Wie diese verketten? • Regionale Netzwerke / Arbeitskreise →andere einladen; Bündelung von Wissen (und Verbreitung)

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Workshop 3:

4.3. Sprache in der Beratung – Wie kann die Beratung gelingen?Welche unterstützenden Maßnahmen sind vorhanden oder wären nötig (z.B. Sprachmittler, Fremdsprachenkom-petenz trotz Amtssprache Deutsch, Dolmetscher)? Wer braucht im Jobcenter welche Unterstützung im Bereich Verständigung (z. B. Eingangszone, Vermittlung, Leis-tung)? (Moderation: Kathrin Herbst, Tatsiana Bushyla)

Der Workshop 3 beschäftigte sich mit der Problematik der Beratung von Personen, deren Muttersprache nicht Deutsch ist. Gemeinsam wurden Herausforderungen und Lösungsansätze ermittelt. Ziel war es, durch den Aus-tausch zwischen den Teilnehmern konkrete Anregungen für die eigene Beratungsarbeit zu gewinnen. Die Ergeb-nisse der Workshop-Arbeit sollen zudem in ein Maßnahmenpaket münden, das mit den Geschäftsführern der Jobcenter bzw. der Agenturen für Arbeit oder der Regionaldirektion besprochen werden kann.

Was zeichnet eine gelungene Beratung von Nichtmuttersprachlern Deutsch aus meiner Sicht aus?genügende Informationsvermittlung – Informationsgewinn auf Seiten des Beraters und des Kunden nach • der Beratungzentrales Informationsmaterial in Kundensprache, auf dem Berater aufbauen kann • am Ende der Beratung Zusammenfassung•

durch den Kunden• durch den Berater•

Nachfrage ist erwünscht und klärt, was verstanden oder nicht verstanden wurde• Verständnis wird durch Berater erfragt• positive, vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre mit Distanzabbau • genügend Zeit für Gesprächsvorbereitung • Gesprächsablauf, Vorhaben und Ziele werden zu Beginn erklärt• Gespräch in Abschnitte aufteilen; Feedback holen, weitergehen, wenn Kunde verstanden hat• Einsatz von Dolmetschern/ Sprachmittlern• Qualifizierung des Beraters (z.B. eigene Sprachkompetenz)•

Was sind Herausforderungen in der Beratung von Nichtmuttersprachlern Deutsch?Gesprächsinhalte auf Sprachniveau des Kunden bringen (in Vereinbarung mit gesetzlichen Vorgaben)• Gespräch läuft nur mit dem Sprachmittler, nicht mit dem Kunden • Verständnis für bürokratische Abläufe beim Kunden erzeugen• in der Eingangszone: Ermittlung des Anliegens, gute Vorbereitung für die Fachvermittler schaffen• Mentalität der verschiedenen Nationen, z.B. Mann spricht für Frau• z.T. schlechte Verfügbarkeit von Sprachmittlern, im Moment besonders für Arabisch• im vorgegebenen Zeitrahmen bleiben• Betreuungsschlüssel (Mitarbeiter: Kunden) zu hoch•

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Was brauche ich, damit meine Beratung von Nichtmuttersprachlern Deutsch gelingt? Soziale Kompetenz

Geduld, sich Zeit nehmen• Verständnis• interkulturelle (Handlungs-)Kompetenz• Zeit für Selbststudium (Mitarbeiterqualifizierung)• langsam und deutlich sprechen, einfache Wörter verwenden• Wissen über Netzwerke und Ansprechpartner•

Organisation (größeres) Zeitfenster • einfache und schnelle Anforderung von Dolmetschern/Sprachmittlern• Terminbündelung nach Herkunft der Kunden• gemeinsame Kundenberatung im Team (mit Experten/Multiplikatoren) • regelmäßige Fachaustausche • Hospitation in anderen JC/AA• gemeinsame Netzwerkplattform SGBIII • Spezialisten und Multiplikatoren im Bereich Integration •

Arbeitshilfen Checklisten• Dokumente in Kundensprache• Informationsmaterial in verschiedenen Sprachen (z.B. Ablaufinformation, Wegweiser)• Eingliederungsvereinbarung und Rechtsfolgenbelehrung in einfacher Sprache• Merkblätter (kurz und verständlich)• Übersicht zu Beratungsstellen• zentrale Unterstützung• einheitliches Regelwerk• regelmäßige Fachaustausche• Kundenmappen mit relevanten Informationen, • Netzwerke • gemeinsame Netzwerkplattform SGBIII•

Ausstattung Ermöglichung einer ruhigen Gesprächsatmosphäre (z.B. gesonderter Raum für bestimmte Gespräche) • größere Räume für Gespräche mit mehr als 3 Teilnehmern• mehr Personal•

Qualifizierung Qualifizierungsangebote (fachlich, interkulturelle Kompetenz, Kommunikation etc.)• Fachwissen der Mitarbeiter (z.B. Vermittlung rechtlicher Informationen)• Sensibilisierung der Mitarbeiter• Spezialisten im Team• Hospitation in anderen JC/AA • adressatengerechte Qualifizierungen für jeweilige Bereiche (z.B. für Mitarbeiter der Eingangszone)• Zeit•

Punkte, die zusätzlich während des Workshops angesprochen wurden:Visualisierungshilfen für Eingangszone • Unterstützung durch Vorgesetzte• Infopaket (Ordner) für Flüchtlinge• mögliches Vorgehen, wenn kein Dolmetscher verfügbar ist: Zusammenarbeit mit Migrationsberatungs-• stellen/ Jugendmigrationsdiensten.

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Die Priorisierung am Ende des Workshops zeigte, dass den zur Verfügung stehenden Arbeitshilfen (11 Punkte) die höchste Bedeutung zugerechnet wird. Im gleichen Maße als wichtig eingestuft wurden die Organisation und die Qualifizierung der Mitarbeiter (jeweils 8 Punkte). Die soziale Kompetenz der Mitarbeiter (5 Punkte) und die Ausstattung (3 Punkte) wurden hingegen weniger hervorgehoben.

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Förderprogramm „Integration durch Qualifizierung (IQ)“

In Kooperation mit:

Das Förderprogramm „Integration durch Qualifizierung (IQ)“ wird durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gefördert.

www.netzwerk-iq-sachsen.dewww.netzwerk-iq.de


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