1
Dokumentation der Fachtagung
Gemeinsam engagiert -Zukunft gestalten
mit dem Freiwilligendienst aller Generationen
28.09.2016, Hochschule Fulda
2
Gemeinsam Zukunft gestalten
Die hohe Zahl an geflüchteten Menschen, die in unserem Land ankommen,
sowie der demografische Wandel, stellen unsere Gesellschaft vor große
Herausforderungen und bieten auch Chancen einer neuen Kultur des
Miteinanders. Die Aufgaben, die auf uns zu kommen, können nur mit
Unterstützung und Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger gelingen.
Der Freiwilligendienst aller Generationen bietet vielfältige Möglichkeiten
notwendige Angebote vor Ort zu entwickeln und bürgerschaftliches Engagement
zu unterstützen und zu koordinieren.
Der Fachtag bot einen Einblick in verschiedene Einsatzmöglichkeiten und wurde
eingeführt mit einem Fachvortrag von Prof. Dr. Thomas Klie zum Thema:
Zusammenleben neu gestalten —Zukunftsfähige Kommune.
3
Programm
Moderation:
Karin Buchner, Geschäftsstelle LAGFA Hessen und Leiterin Freiwilligenzentrum
Mittelhessen
10.30 Uhr Ankommen
11.00 Uhr Begrüßung Stefan Grüttner, Hessischer Minister für Soziales
und Integration
11.15 Uhr Grußwort
Prof. Dr. Karim Khakzar, Präsident der Hochschule Fulda
11.30 Uhr Fachvortrag Prof. Dr. Thomas Klie,
Zentrum für zivilgesellschaftliche Entwicklung (zze)
Zusammenleben neu gestalten —Zukunftsfähige Kommune
12.30 Uhr Mittagspause
13.30 Uhr Workshops Runde 1
14.15 Uhr Kaffeepause
14.45 Uhr Workshops Runde 2
15.30 Uhr Get together
15.45 Uhr Zusammenfassung und Ausblick, Elke Kiltz, Referatsleiterin
Bürgerschaftliches Engagement/Ehrenamt, HMSI
4
Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Khakzar,
Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Klie,
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich freue mich über das Interesse an dem heutigen Thema, weil wir in Hessen im
Umgang mit dem Freiwilligendienst aller Generationen (FDaG) die
Nachhaltigkeitsmedaille bekommen würden, wenn es dazu denn eine gäbe.
Wir haben in meinem Ressort von Anfang an daran geglaubt, dass das Format
des Freiwilligendienstes aller Generationen ein wunderbares Instrument ist, mit
dem bürgerschaftliches Engagement in vielen gesellschaftlichen Feldern
verlässlich ausgeübt und gut unterstützt werden kann.
Ich will kurz auf die Besonderheiten dieses Formates eines Freiwilligendienstes
eingehen. Er wird in einem Dreiecksverhältnis ausgeübt – wie das Freiwillige
Soziale Jahr, d.h. es gibt einen Vertrag zwischen dem oder der Freiwilligen, einem
Träger und der Einsatzstelle, in der sich der oder die Freiwillige engagiert. In
diesem Vertrag verpflichtet sich die engagierte Person zu einem Engagement mit
einem wöchentlichen Stundenumfang von mindestens 8 Stunden für die Dauer
von mindestens einem halben Jahr. Der Träger verpflichtet sich dazu,
Qualifizierung und Begleitung in einem Umfang von mindestens 60 Stunden
jährlich anzubieten. Da dieses Format in der gesetzlichen Unfallversicherung
verankert ist, ist auch der Unfallschutz gegeben.
Der FDaG kann in jeder Altersstufe ausgeübt werden und unterscheidet sich
damit vom FSJ, das nur bis zum 28. Lebensjahr absolviert werden kann. Im
Unterschied zum Bundesfreiwilligendienst, der auch von älteren Menschen
geleistet werden kann, bietet der FDaG mit seinem Mindeststundensatz ein gut
begleitetes verlässliches Instrument für viele Menschen, die sich gerne
Grußwort des Hessischen
Ministers für Soziales und
Integration, Stefan Grüttner zum
Fachtag
5
engagieren wollen, dabei aber Qualifizierung und Unterstützung möchten und
einen klar begrenzten Zeitraum zum Einstieg wünschen.
Das Förderprogramm der Bundesregierung schloss sich 2009 an das auslaufende
Programm „Generationsübergreifende Freiwilligendienste“ an und hatte
wiederum eine Laufzeit von drei Jahren. In dieser Zeit hat das Land Hessen fast
700.000 Euro Bundesmittel zum Ausbau dieses Formates erhalten. Es ist aus
unserer Sicht absolut sinnvoll und notwendig, diese finanzielle Unterstützung –
wenn auch in geringerem Umfang – nach Auslaufen des Bundesprograms
weiterzuführen. Mit unserer Landesförderung wollten wir sicherstellen, dass das
2012 schon sechs Jahre lang bestehende Engagement der Träger für den
Generationsübergreifenden Freiwilligendienst (GÜF) und den darauf folgenden
Freiwilligendienst aller Generationen (FDaG) nicht abrupt abbricht, sondern
sinnvoll weitergeführt werden kann. Und wir wollen auch weiterhin mit unserer
Förderung weitere Träger, Einsatzstellen und Freiwillige gewinnen.
Auffällig ist bei der Evaluation des Bundesprogrammes gewesen, dass sich vor
allem Menschen ab 50 Jahren, Rentner/innen, teilzeitbeschäftigte und auch
erwerbslose Personen und Menschen in persönlichen Umbruchsituationen wie
z.B. im Übergang von Schule zur Ausbildung, von Familienarbeit zum Beruf, von
Erwerbsarbeit zur Rente vom Format FDaG angesprochen fühlten.
Außerdem ist auffällig, dass 40 % derjenigen, die sich bundesweit im Rahmen
des FDaG engagiert haben, zum ersten Mal ehrenamtlich tätig wurden.
Darüber hinaus war festzustellen, dass bei den Einsatzstellen die Schwerpunkte
dieser besonderen Form des Ehrenamtes in sozialen Einrichtungen, in der Arbeit
mit älteren Menschen, in der Kinderbetreuung und Familienunterstützung sowie
mit Menschen mit Behinderung lagen.
6
Sie sehen, diese Engagement-Form ist zu kostbar, um sie kommentarlos und
unwiederbringlich aus dem Angebot der Freiwilligendienste verschwinden zu
lassen.
Gerade bei uns in Hessen wurden schon während der Laufzeit des
Bundesprogramms wunderbare Projekte angestoßen und aufgebaut, die wir
weiter unterstützen wollten.
Der Landkreis Marburg- Biedenkopf in Kooperation mit der Freiwilligenagentur
hat z.B. das zukunftsweisende Projekt „Spuren hinterlassen im Landkreis“
aufgebaut als eine absolut zielgerichtete und zukunftsweisende Antwort auf den
demographischen Wandel. In jeder Gebietskörperschaft des Landkreises wird
ein Angebot für die ältere Generation entlang der örtlichen Gegebenheiten
entwickelt und aufgebaut.
Bürgerschaftliches Engagement, wie es in diesem Projekt lebt, ist kreativ und
lebendig. Es hilft gegen Einsamkeit, gegen Notstände vielfältiger Art und schafft
Lebensqualität. Es gestaltet Treffpunkte, es knüpft Netzwerke und baut Brücken
Wir werden diesen Ansatz im kommenden Jahr in drei weiteren Landkreisen
fördern, weil er nicht nur eine sehr geeignete, sondern auch eine sehr
nachhaltige Antwort auf sich abzeichnende Problemlagen insbesondere im
ländlichen Raum ist.
Ein weiteres nachahmenswertes Projekt war das der Schulpaten, das Volunta in
Nordhessen im Raum Kassel aufgelegt hat. Hier stand die Begegnung der älteren
mit der jüngeren Generation im Zentrum und das Weitergeben der Erfahrungen
der älteren Generation an die nachfolgenden.
Der Ansatz der Diakonie Hessen bei der Umsetzung des Programms war ein
anderer. Hier haben gesunde Menschen und psychisch kranke Menschen sich
gemeinsam in verschiedenen Projekten in Tandems engagiert. Auch dies ist ein
sehr unterstützenswertes Unterfangen in einer Zeit, in der Menschen, die nicht
oder nicht mehr voll „funktionsfähig“ sind, dadurch Chancen zur Teilhabe in der
Zivilgesellschaft bekommen.
7
Sie sehen, es gab und gibt für einen Minister für Soziales und Integration gute
Gründe, in Hessen an der Förderung des FDaG nicht nur festzuhalten, sondern
sie auch auszubauen.
Wenn ich mir das heutige Programm anschaue, sehe ich auch neue Felder, die
sich für den Einsatz des FDaG auftun:
• Die Koordinierung der ehrenamtlichen Flüchtlingshilfe ist eine
Notwendigkeit, die unabweisbar ist. Es gibt weder ausreichend hauptamtliche
Kräfte dafür noch ausreichend Menschen, die für die Koordinierung
Ehrenamtlicher qualifiziert sind. Hier kann der FDaG eine Brücke bilden zwischen
dem „normalen“ Ehrenamt und dem Hauptamt und zu einer besseren
Verständigung beitragen.
• Die oft unzureichende Mobilität mindert die Attraktivität des ländlichen
Raums und erschwert die Selbstständigkeit im Alter. Ich freue mich sehr darüber,
dass auch hier der FDaG offenbar Abhilfe bringen und mehr Lebensqualität
sichern kann
Auf der Grundlage der guten Erfahrungen und weil wir die Bundesförderung
nicht folgenlos auslaufen lassen wollten, haben wir gemeinsam mit dem
Nachbarland Rheinland-Pfalz und sehr unterstützt von Bayern eine
Bundesratsinitiative gestartet, die dem FDaG weiter eine Bundesförderung
sichern sollte. Der Gesetzentwurf ist von allen Bundesländern unterstützt
worden. Leider hat die Bundesregierung sich gegen die Umsetzung
ausgesprochen, weil nur wenige Länder selbst gefördert haben. Wir haben
allerdings die Gelegenheit, dieses Verfahren noch einmal aufzugreifen und zu
prüfen, unter welchem Vorzeichen dies am aussichtsreichsten erscheint, weil
der Bundestag bislang noch nicht darüber debattiert hat.
Mit Sicherheit hat die Verankerung des FDaG als zweite Säule des
Bundesfreiwilligendienstegesetzes keine Aussicht auf Realisierung. Aber wir
werden vor dem Hintergrund der zunehmenden Monetarisierung des
Ehrenamtes verlässliche Formen des Engagements stärken müssen. In den
vergangenen Jahren ist insbesondere im Bereich des bürgerschaftlichen
Engagements im Umfeld von Pflege versucht worden, die Verlässlichkeit des
8
Ehrenamtes über Aufwandsentschädigungen in Form von Stundensätzen bis zu
12 Euro zu garantieren.
Dies ist dann kein Ehrenamt mehr, sondern eine Grauzone zwischen Engagement
und Erwerbsarbeit, eigentlich schon eine Form von Erwerbsarbeit. Bevor diese
Monetarisierung des Ehrenamtes das bürgerschaftliche Engagement auf Dauer
ausbootet und schädigt, müssen wir darüber nachdenken, wie ehrenamtliche
Angebote, die zuverlässig zu bestimmten Zeiten oder in bestimmtem Umfang
angeboten werden sollen, so attraktiv gemacht werden können, dass die
Engagierten sich gerne bei der Gegenleistung Qualifizierung, Begleitung und
Anerkennung vertraglich binden.
Der FDaG ist eine der Möglichkeiten, der Monetarisierung eine Alternative
entgegenzusetzen.
Auch dies ist ein Grund für uns in Hessen, daran festzuhalten, ihn zu fördern und
auszubauen. Auch auf Bundesebene werden wir uns damit wieder zur Wort
melden, sobald wir einen sinnvollen Ansatz dafür sehen.
Ich freue mich sehr darüber, dass wir Herrn Professor Dr. Thomas Klie vom
Zentrum für zivilgesellschaftliche Entwicklung in Freiburg für den Fachvortrag
der heutigen Veranstaltung gewinnen konnten. Er ist nicht nur ein Experte zu
den Themen, Betreuung, Pflege und ältere Generation, er ist auch schon lange
beteiligt an der Diskussion um die Zukunft des Ehrenamtes, des
bürgerschaftlichen Engagements sowie die Zukunft der Kommunen und deren
Rolle in der demographischen Entwicklung.
Nochmal ein herzliches Willkommen für Sie hier in Fulda, Herr Prof. Dr. Klie.
Ich wünsche nun viele neue Erkenntnisse beim Vortrag und in den Workshops,
einen guten Austausch untereinander und im Nachklang der Veranstaltung dem
FDaG weitere Wachstumsmöglichkeiten und weitere Verbreitung als Rahmen für
vielfältiges Engagement. Im Rahmen unserer Möglichkeiten wird das
Ministerium dabei finanziell und ideell weiter unterstützen.
Stefan Grüttner
Hessischer Minister für Soziales und Integration
9
Prof. Dr. Thomas Klie, Zentrum
für zivilgesellschaftliche
Entwicklung (zze)
Fachvortrag: Zusammenleben
neu gestalten – zukunftsfähige
Kommunen
31
Katrin Rehse, Bildungsreferentin der DRK in Hessen Volunta gGmbH, informierte
die rund 20 Workshop-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer über die Grundlagen
des FDaG.
Dabei kam die Entwicklung des Freiwilligendienstes aus dem
Vorgängerprogramm „Generationsübergreifender Freiwilligendienst“ ebenso
zur Sprache wie das Bundesprogramm, mit dem der FDaG in den Jahren 2009 bis
2011 eingeführt wurde.
Im Anschluss wurden die Rahmenbedingungen des FDaG erläutert:
Wöchentliche Einsatzzeit zwischen 10 und 20 Stunden (variiert nach
Träger)
Einsatzdauer zwischen sechs Monaten und einem Jahr, kann
verlängert werden
Qualifizierungsangebot durch den Träger im Umfang von
mindestens 60 Stunden pro Jahr
Freiwillige sind gesetzlich unfallversichert sowie
haftpflichtversichert und erhalten eine pauschale
Aufwandsentschädigung
Einsatzstellen bezahlen eine monatliche Rahmenpauschale an den
Träger
Workshop 1:
Wir engagieren uns. Grundlegendes zum
Freiwilligendienst aller Generationen:
Zielgruppen, Einsatzmöglichkeiten und
Rahmenbedingungen.
Moderation: Katrin Rehse, Mobiles
Kompetenzteam Nordhessen / Deutsches
Rotes Kreuz in Hessen Volunta gGmbH
32
Einsatzmöglichkeiten für Freiwillige im FDaG bestehen u.a. in der Arbeit mit
Kindern und Jugendlichen, Senioren oder Menschen mit Behinderung, in der
Umsetzung von zeitlich begrenzten Projekten, bei der Koordination von
ehrenamtlichem Engagement für geflüchtete Menschen, bei der Organisation
von Bürgerbussen oder ähnlichen Angeboten in ländlichen Regionen, im Rahmen
von Fahrdiensten sowie beim Aufbau und der Organisation von
Nachbarschaftshilfen, Generationenprojekten oder Seniorennetzwerken. Viele
weitere Einsatzbereiche sind denkbar.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Workshops bestanden vor allem aus
Vertreter/-innen potentieller Einsatzstellen und von Trägerorganisationen, die
teilweise an einer eigenen Trägerschaft von FDaG-Plätzen interessiert waren. Im
Lauf des Workshops stellten die Teilnehmer/-innen Fragen zur Abwicklung, zu
den Vorteilen des FDaG sowie den Rahmenbedingungen und
Einsatzmöglichkeiten:
Was sind die Vorteile eines Einsatzes von Freiwilligen im Rahmen des FDaG (auch
gegenüber „normaler“ ehrenamtlicher Tätigkeit)?
Hohe Verbindlichkeit des Einsatzes durch Freiwilligen-Vereinbarung und
Begleitung durch den Träger
Passgenaue Vermittlung der Freiwilligen in die Einsatzstelle durch den
Träger; falls nötig Stellennachbesetzung
Erledigung der Vertragsangelegenheiten durch den Träger und damit
Entlastung der Einsatzstelle
Pädagogisches Qualifizierungs- und Bildungsangebot
Versicherungsschutz über den Träger (Haftpflicht) bzw. die gesetzliche
Unfallversicherung
Beratung der Freiwilligen und der Einsatzstellen durch den Träger, falls
nötig: Vermittlung zwischen den Parteien, Krisenintervention
Wer darf Träger des FDaG werden? Welche Voraussetzungen gibt es?
Die Anforderungen an Träger des FDaG werden im Sozialgesetzbuch VII,
das sich mit der Gesetzlichen Unfallversicherung befasst, spezifiziert:
„Als Träger des Freiwilligendienstes aller Generationen geeignet sind
inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts oder unter § 5
Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftssteuergesetzes fallende Einrichtungen zur
33
Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis
54 der Abgabenordnung), wenn sie die Haftpflichtversicherung und eine
kontinuierliche Begleitung der Freiwilligen und deren Fort- und
Weiterbildung im Umfang von mindestens durchschnittlich 60 Stunden je
Jahr sicherstellen. Die Träger haben fortlaufende Aufzeichnungen zu
führen über die bei ihnen nach Satz 1 tätigen Personen, die Art und den
Umfang der Tätigkeiten und die Einsatzorte. Die Aufzeichnungen sind
mindestens fünf Jahre aufzubewahren.“ (SGB VII, § 2 Abs. 1a)
(Wie) wird der FDaG gefördert? Wie erfolgt die Finanzierung eines FDaG-Platzes?
Nach Auslaufen des FDaG-Bundesprogramms (2009-2011) erfolgt keine
Förderung aus Bundesmitteln mehr.
Das Land Hessen fördert den FDaG über die Beratungen der Mobilen
Kompetenzteams.
Die Finanzierung der Plätze erfolgt in der Regel über monatliche
Rahmenpauschalen, die die Einsatzstellen an den Träger zahlen. Mit ihnen
werden die laufenden Kosten beispielsweise für Aufwandsentschädigung,
Betreuung, Qualifizierungsangebot und Verwaltungstätigkeiten
abgedeckt.
Der oder die FDaG-Freiwillige ist im Rahmen seines Einsatzes
haftpflichtversichert – läuft diese Haftpflichtversicherung über die Einsatzstelle
oder über den Träger?
Der Träger stellt die Haftpflichtversicherung für die Freiwilligen sicher.
In der Regel haben die Träger der Freiwilligendienste (z.B.
Wohlfahrtsverbände oder Kirchen) für ihre Tätigkeit
Haftpflichtversicherungen abgeschlossen, die auch die Freiwilligen mit
erfassen.
Informationen zur Haftpflichtversicherung werden in die Freiwilligen-
Vereinbarung zwischen Träger und Freiwilligem/r aufgenommen.
Besteht beim FDaG Sozialversicherungspflicht?
Da der FDaG unentgeltlich (lediglich gegen Entschädigung des
entstandenen Aufwands) geleistet wird und damit kein
Beschäftigungsverhältnis begründet, besteht über die Pflichtversicherung
34
in der gesetzlichen Unfallversicherung hinaus keine
Sozialversicherungspflicht.
Von den gezahlten Aufwandsentschädigungen sind daher in der Regel
keine Sozialversicherungsbeiträge abzuführen.
Ist die Aufwandsentschädigung steuerbefreit? Fällt sie unter die Ehrenamts-
oder die Übungsleiterpauschale?
Die Aufwandsentschädigung fällt in der Regel unter die sogenannte
„Übungsleiterpauschale“ in Höhe von derzeit 2.400 Euro pro Jahr (vgl.
EStG § 3 Nr. 26) und ist damit steuerfrei.
Der/die Freiwillige bestätigt mit der Freiwilligen-Vereinbarung, dass die
Steuerbefreiung nicht bereits in einem anderen Dienst- oder
Auftragsverhältnis berücksichtigt wird.
Wie ist das Vorgehen bei arbeitslosen / arbeitssuchenden Freiwilligen? Wird die
Aufwandsentschädigung auf das Arbeitslosengeld angerechnet?
Arbeitslosigkeit setzt eine ständige Verfügbarkeit für die
Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit und für die
Arbeitsaufnahme voraus. Eine ehrenamtliche Betätigung schließt diese
Verfügbarkeit und damit auch den Bezug von Arbeitslosengeld nicht aus,
„wenn dadurch die berufliche Eingliederung der oder des Arbeitslosen
nicht beeinträchtigt wird.“ (SGB III § 138 Abs. 2)
Damit ist auch der Einsatz von arbeitslosen (oder –suchenden) Freiwilligen
möglich, muss vor Beginn der Tätigkeit jedoch mit dem zuständigen
Fallmanager abgesprochen werden.
Voraussetzung ist, dass der FDaG im Bedarfsfall (also falls die Möglichkeit
besteht, eine Arbeitsstelle anzutreten) auch kurzfristig beendet oder für
eine Qualifizierungsmaßnahme unterbrochen werden kann; ein
entsprechender Punkt sollte in der Freiwilligen-Vereinbarung enthalten
sein.
Grundsätzlich werden alle Einnahmen auf das ALG II angerechnet. Für
Aufwandsentschädigungen für ehrenamtliche Betätigungen, die unter die
Ehrenamts- oder die Übungsleiterpauschale fallen, wird jedoch ein
Freibetrag in Höhe von 200 Euro pro Monat berücksichtigt. Damit ist die
35
Aufwandsentschädigung in der Regel anrechnungsfrei (vgl. SGB II § 11b
Abs. 2).
Muss ein Verein, wenn er Einsatzstelle für eine/n FDaG-Freiwillige/n werden
möchte, als gemeinnützig eingetragen sein?
Nein. Es muss sich jedoch um eine gemeinwohlorientierte Einrichtung
handeln.
Es muss ein Arbeitsfeld vorhanden sein, das für die Mitarbeit von
Freiwilligen geeignet ist, sowie Einsatzmöglichkeiten gemäß ihrer
Fähigkeiten und Persönlichkeit.
Darüber hinaus muss eine angemessene Einarbeitung und Begleitung
des/r Freiwilligen in der Einsatzstelle gewährleistet sein; dafür sollte eine
erfahrene Fachkraft als Anleiter oder Anleiterin bestimmt werden.
Wie genau sieht das Qualifizierungsangebot aus?
Das Bildungsangebot beim FDaG unterscheidet sich je nach Träger, sollte
aber Elemente der fachlichen Qualifizierung, des Austauschs
untereinander und der Praxisreflexion sowie der Förderung von Selbst-
und Sozialkompetenzen enthalten.
Im Gegensatz zu den Jugendfreiwilligendiensten und dem
Bundesfreiwilligendienst ist das Bildungsangebot beim FDaG tatsächlich
nur ein Angebot an den/die Freiwillige/n und kein verpflichtender
Bestandteil des Dienstes.
Der Umfang muss mindestens 60 Stunden pro Jahr betragen.
Die Qualifizierung kann durch eigene Angebote des Trägers oder in
Kooperation mit anderen Bildungseinrichtungen erfolgen.
Das Bildungsangebot dient nicht nur der Qualifizierung, sondern ist auch
ein Zeichen der Wertschätzung des Einsatzes der Freiwilligen.
Weitere Informationen zu den Grundlagen und Rahmenbedingungen erhalten
Sie unter http://www.freiwilligendienste-hessen.de/index.htm. Dort finden Sie
auch die Ansprechpartner Ihrer zuständigen Regionalstelle, die Ihre Fragen zum
FDaG gern beantworten.
36
Workshop 2:
Wir treffen uns
Begegnung und Netzwerke im ländlichen
Raum durch den Aufbau von Treffpunkten
und Nachbarschaftshilfen.
Moderation: Katja Kirsch, Mobiles
Kompetenzteam Mittelhessen/
Freiwilligenagentur Marburg - Biedenkopf
44
Workshop 3:
Wir machen mobil
Herausforderungen und Lösungsansätze für den ländlichen Raum am Beispiel
Bürgerbus und Mitfahrgelegenheit.
Im Rahmen des Workshops wurden zwei Projekte vorgestellt.
Bürgerbus Bad Endbach
Birgit Koch, Wolfgang Patzina und Gabi Rink von der Initiative Miteinander –
Füreinander Bad Endbach berichteten über die Entstehungsgeschichte und
Umsetzung des Projektes Bürgerbus.
Die Nachbarschaftsinitiative Miteinander – Füreinander engagiert sich seit 2012
für ein gutes Miteinander in der Gemeinde Bad Endbach. Koordiniert wird die
Initiative durch Birgit Koch, die im Rahmen des Freiwilligendienstes aller
Generationen aktiv ist.
Bad Endbach besteht aus 8 Ortsteilen, von denen nur 3 mit einer guten
Busanbindung versorgt sind. Fahrdienste sind von daher die
45
Unterstützungsleistungen, die bei der Initiative am meisten nachgefragt und
„bedient“ werden. In der Vergangenheit wurden diese Fahrdienste mit privaten
PKWs der Helferinnen und Helfer übernommen. Im Rahmen eines IKEK-
Prozesses (Integriertes kommunales Entwicklungskonzept) bestand die Chance,
dass zur Unterstützung der Mobilität im ländlichen Raum ein Bürgerbus
angeschafft und über Mittel von IKEK finanziert wird. Die Gruppe betont, dass
man bei einer Finanzierung über diesen Weg viel Geduld mitbringen muss, da
viele bürokratische Hürden zu überwinden sind. Nach 3 Jahren Vorlaufzeit hat
die Gemeinde Bad Endbach seit 1. September 2016 den Bürgerbus. Die Gruppe,
die sich für den Bürgerbus eingesetzt hat, hat sich im Vorfeld in anderen
Gemeinden des Landkreises Marburg-Biedenkopf informiert, die bereits einen
Bürgerbus besitzen und Vor- und Nachteile der verschiedenen Modelle des
Einsatzes diskutiert.
Modell Haustürbedienung
Bad Endbach hat sich für das Modell Haustürbedienung entschieden. Das
bedeutet, dass die Menschen, die den Bürgerbus in Anspruch nehmen, von
zuhause abgeholt und zu dem Ort gefahren werden, zu dem sie möchten. Der
Bus ist dienstags und donnerstags vormittags von 8.30 Uhr – 13.00 Uhr im
Einsatz. Den Rest der Woche kann der Bus von Vereinen, Gruppen etc. gemietet
werden.
Eine Gruppe von 9 ehrenamtlichen Fahrerinnen und Fahrern sowie 2
Koordinatorinnen gewährleisten den reibungslosen Einsatz des Bürgerbusses.
Die Fahrten müssen bis spätestens einen Tag vor dem gewünschten Einsatz bei
den Koordinatorinnen gemeldet werden. Dabei werden auch Besonderheiten
wie z. B. Gehbehinderungen notiert.
Versicherungsschutz
Die ehrenamtlichen Fahrerinnen und Fahrer sind über die Versicherung der
Gemeinde Bad Endbach abgesichert.
Finanzierung der Fahrten
Eine Teilnehmerin des Workshops fragt nach der Finanzierung der Fahrten. Die
Initiative aus Bad Endbach erhebt kein Entgelt für die Fahrten sondern nimmt
gerne Spenden entgegen (dafür ist eine Spendenbox im Bus aufgestellt). Der
46
Vorteil dieser Vorgehensweise liegt darin, dass damit einige bürokratische
Auflagen entfallen. Bei Fahrten gegen Entgelt stellt sich z. B. die Frage der
Konzession.
Bündelung der Fahrten
Eine weitere Frage, die im Workshop gestellt wird, ging um das Thema, wie man
einen Einsatzplan erstellen kann, der allen Ansprüchen der Fahrgäste gerecht
wird. Was passiert z. B., wenn 2 Personen zur gleichen Zeit zu einem bestimmten
Termin / Ort gebracht werden wollen. Die Gruppe aus Bad Endbach berichtet,
dass sie im Vorfeld viele Gespräche mit Ärzten, Krankengymnastikpraxen etc.
geführt haben, um zu klären, ob diese bereit sind, Termine so zu vergeben, dass
es mit dem Einsatzplan des Bürgerbusses zusammenpasst. Außerdem müssen
die Fahrten einen Tag vorher spätestens angemeldet sein, was die Planung
erleichtert.
Ausnutzung des ehrenamtlichen Fahrdienstes
Eine Teilnehmerin möchte gerne wissen, wie man mit Menschen umgeht, die
sich eigentlich auch andere Transportmöglichkeiten leisten könnten, ob dann
nicht die Gefahr der Ausnutzung des ehrenamtlichen Fahrdienstes bestünde. Die
Gruppe aus Bad Endbach ist der Auffassung, dass sie hier keine Unterschiede
machen möchte und jeden Menschen befördert, der die Hilfe anfordert.
Mitfahrgelegenheit für Asylbewerber (Gemeinde Ebersburg)
Bürgermeisterin Brigitte Kram berichtete über das Projekt „Mitfahrgelegenheit
für Asylbewerber“ in Ihrer Gemeinde. Entstanden sei die Idee der
Mitfahrgelegenheit am Runden Tisch von dem Ortsteil Weyers. Dort kümmerten
sich rund 30 Bürgerinnen und Bürger sowie die AWO um die Asylbewerber. Da
die Kosten für die öffentlichen Verkehrsmittel sehr hoch sind, hatte man
überlegt, ein Mitfahrsystem zu schaffen, bei dem die Ebersburger auf ihrem Weg
nach Fulda und zurück Asylbewerber und Interessierte mitnehmen können. Mit
Hilfe eines Tuches, aus dem ersichtlich wurde, dass die- bzw. derjenige, der eine
Mitfahrgelegenheit suchte, zu dem Projekt in dem Ortsteil Weyers gehört, war
auch für die Bürgerinnen und Bürger eine Vertrauensbasis geschaffen.
47
Frau Kram hob hervor, dass dieses Projekt den Zusammenhalt zwischen den
Menschen in ihrer Gemeinde gestärkt hat. Die Geflüchteten und die
Einheimischen kamen durch die gemeinsamen Autofahrten ins Gespräch und
lernten sich besser kennen.
Workshop 4:
Wir unterstützen das Ehrenamt
Ehrenamtskoordination in der
Flüchtlingshilfe – Strukturen und
Orientierung schaffen.
Moderation: Sabine Fischer, Mobiles
Kompetenzteam/ Landkreis Fulda
48
An Hand eines Zeitstrahls erläuterte Frau Fischer die Entwicklung im Treffpunkt
Aktiv, der Servicestelle für freiwillig Engagierte im Landkreis Fulda, seit Oktober
2014.
Im Oktober 2014 wendeten sich nahezu zeitgleich das Zuwanderungsamt und
Ehrenamtliche, die in der Flüchtlingshilfe aktiv waren, an den Treffpunkt Aktiv,
mit der Bitte nach Informationen oder einer Schulung zum Thema
Flüchtlingshilfe.
Es wurde in Anlehnung an die im Vogelsbergkreis bereits konzipierte
Ausbildung zum Flüchtlingsbegleiter, eine fünf Module umfassende
Grundqualifikation in der Asyl- und Flüchtlingshilfe geschaffen.
1. Modul Asylverfahren, Aufenthaltsrecht, Arbeitsmarktzugang
2. Modul Erste Schritte im Landkreis – Wie beantrage ich was?
3. Modul Interkulturelle Kompetenzen
4. Modul Grenzen im Ehrenamt
49
5. Modul Umgang mit Trauma
Im Landkreis Fulda gab es bereits zu dieser Zeit viele Engagierte, viele
Helferkreise und Initiativen, aber sie und wir (Treffpunkt Aktiv) wussten nichts
voneinander. Wie stellen wir den Kontakt her und halten ihn? Wichtig war es,
Ansprechpartner/innen in den bereits bestehenden Helferkreisen zu finden. Bei
der Eröffnung von neuen Gemeinschaftsunterkünften bietet der Treffpunkt
Aktiv eine Informationsveranstaltung „Möglichkeiten des Engagements“ direkt
vor Ort in der Kommune an, um die Freiwilligen zu unterstützen.
Der Freiwilligendienst aller Generationen (FDaG) ist ein gutes und geeignetes
Format, über das es uns gelungen ist, Ehrenamtskoordinatoren/innen vor Ort
einzusetzen. Diese engagieren sich zunächst für sechs Monate mit mind. 10
Stunden in der Woche, sie erhalten eine Aufwandsentschädigung von 120 € und
haben Anspruch auf 30 Std. Qualifikation. Mit den
Ehrenamtskoordinatoren/innen und den Ansprechpartner/innen in den
Helferkreisen finden regelmäßige Austauschtreffen ggfs. mit einem Input zu
aktuellen Themen und Informationen rund um das Thema Flüchtlingshilfe statt.
Im Moment sind sieben Ehrenamtskoordinatoren/innen in Form eines FDaG
tätig und in fast allen Helferkreisen haben wir als Treffpunkt Aktiv eine/n
Ansprechpartner/in.
Im Anschluss berichteten der Ehrenamtskoordinator Herr Freihube und die
Ehrenamtskoordinatorin Frau Daniel aus ihrem Tätigkeitsfeld.
50
Workshop 5:
Wir helfen beim Ankommen
Potentiale von Geflüchteten anerkennen –
Soziale Integration durch Förderung von
Bürgerschaftlichem Engagement und
Selbstorganisation.
Vorstellung einer Studie durch Dr. Karin
Stiehr, ISISS Sozialforschung, Sozialplanung,
Politikberatung, Frankfurt am Main
52
Das selbstorganisierte Projekt wurde von Geflüchteten im Jahr 2000 ins Leben gerufen. Es betreibt Internetcafés in Gemeinschaftsunterkünften in Potsdam, Prenzlau, Rathenow, Luckenwalde und Eisenhüttenstadt, um Asylsuchenden kostenlos einen Zugang zu Computern und Internet und damit Kontakte zu ihrer Familie und ihrem Freundeskreis zu ermöglichen. Die Internetcafés sind offene Räume, die die Asylsuchenden selbst verwalten und in denen sie alternative Bildungsangebote wahrnehmen können. Hierzu gehören unter anderem auch Online-Deutschkurse. Alle praktischen Arbeiten, die mit dem Betrieb des Internet-Cafés in Verbindung stehen, werden von Flüchtlingen übernommen.
53
Das Projekt: „Mit Engagement – Endlich Theater machen! – Flüchtlinge Fördern“ besteht seit 2012 und wird von einer Sprachlehrerin und einer Theaterpädagogin begleitet. Bereits zwei Theaterstücke von und mit Flüchtlingen aus bis zu 10 Nationen wurden erarbeitet und aufgeführt: Das erste Stück war "What's Life?", eine Geschichte von zufälligen Begegnungen, vom Leben und der Liebe, von Veränderung und Offenheit und davon, wie wichtig es ist auf einander zu zugehen. Hierauf folgte "Willkommen auf Planet Anders", die Konfrontation mit einer Umgebung, in der Regeln, Menschen, Zeit, Sprache und Geld ganz anders sind als alles, was man kennt. Im Verlauf der gemeinsamen Bühnenarbeit kreisten die Projektmitglieder das jeweilige Thema des Theaterprojektes solange ein, bis sich eine Geschichte entwickelte. Diese wurde in Form eines Skripts niedergeschrieben und anschließend geprobt. Schließlich wurden die Theaterstücke an mehreren Terminen aufgeführt. Begleitend zur Theaterarbeit absolvierten die Flüchtlinge einen intensiven Deutschkurs.
WiM - "Willkommen in Mülheim" ist ein Verein, der mit vielen Menschen eine Willkommenskultur für Flüchtlinge geschaffen hat. Die Initiative kümmert sich dabei im Rahmen eines Warenhauses um die Verteilung von Spenden an Menschen, die in Deutschland Zuflucht gefunden haben. Auch werden mittlerweile Spenden in Krisengebiete im Irak und in Syrien gesendet. Ein weiterer Schwerpunkt des Vereins sind gemeinsame Veranstaltungen zum besseren gegenseitigen Kennenlernen und um Berührungsängste abzubauen. Flüchtlinge beteiligten sich am Spendenaufruf, unterstützten die Lagerung der Hilfsgüter und beluden die Transporter.
54
Die Initiatoren von "No Border" wollen gegen restriktive Asylpolitik und gegen Rassismus tätig werden, indem durch verschiedene Aktionen für mehr Solidarität, Respekt und Toleranz geworben wird. Dafür gestalten Streetart-Künstler gemeinsam mit jugendlichen Flüchtlingen Hauswände, um die Bevölkerung auf die Situation der Flüchtlinge aufmerksam zu machen und um ein Zeichen für Toleranz und eine Willkommenskultur zu setzen. Weiterhin sollen so geflüchtete Jugendliche aus ihrer Isolation geholt, gestärkt und ihre Kompetenzen anerkannt werden. Geplant ist, dass eine Straßenbahn ein Jahr lang mit einem Hauswandbild bedruckt durch die Stadt fährt. Gemeinsam mit Künstlern und Pädagogen werden Entwürfe von den Geflüchteten zu den Bildern im Vorfeld entwickelt und später auf eine dafür vorgesehene Wand aufgebracht.
55
Für das Gartenprojekt überließ die Stadt dem Initiator des Projektes ein Grundstück, der daraufhin Einwohner und Geflüchtete einlud, gemeinsam Beete anzulegen und miteinander Zeit zu verbringen, um sich gegenseitig kennenzulernen und den Teilnehmenden verschiedene Kulturen näher zu bringen. Aus dieser privaten Initiative heraus, entstand der Verein „IsI – Integration statt Isolation e.V.“, der sich mittlerweile in vielfältigen Bereich, wie Sprachkursen, Aufklärung in Schulklassen, etc. für die Belange der Geflüchteten einsetzt. Im Rahmen des Gartenprojektes sind mittlerweile gemeinsame Kochabende angedacht. Flüchtlinge kümmern sich um das Rasenmähen, das Pflanzen und Gießen der Beete.
Helping Hands: Die "Helping Hands" sind eine Gruppe von sieben Flüchtlingen. Ihr Leiter, ein ehemaliger Dozent für Geopolitik an der Universität Addis Abeba, arbeitet inzwischen im Rahmen einer halben Stelle. Die sechs ehrenamtlich tätigen Flüchtlinge wohnen in einer der drei Viernheimer Unterkünfte und fungieren als Ansprechpartner für die Bewohner. Ihre Anliegen werden dem Asylkreis überbracht, in dem Möglichkeiten der Unterstützung gesucht werden. In der Beratungsstelle wird auch Hilfe beim Ausfüllen von Formularen, bei Übersetzungen, bei der Wohnungssuche etc. geleistet, und es wird beraten, wie Viernheimer Bürgerinnen und Bürger helfend tätig werden können.
56
Streuobstwiesen:. Im Rahmen der Streuobstwiesenpflege im Main-Kinzig-Kreis wurden unter Betreuung einer Teilnehmerin am Freiwilligen Ökologischen Jahr Geflüchtete in die Naturschutzarbeit eingebunden. Geflüchtete kümmern sich um einen professionellen Baumschnitt, den sie zuvor in einem Kurs erlernt haben. Weiterhin pflanzen sie Bäume und helfen bei der Ernte. Frankenberg: Die Flüchtlinge sind stark in die regulären Aktivitäten der Naturschutzjugend Frankenberg eingebunden. Dabei geht es beispielsweise um Fledermausschutz, den Bau und das Aufhängen von Nistkästen, die Betreuung einer Rinderherde, Streuobstwiesenpflege und die Unter-stützung des Vereins im administrativen Bereich. Außerdem ist in den Burggärten in der Altstadt von Frankenberg das Anlegen von "Gärten des Nahen Ostens" mit Pflanzen aus der Heimat der Flüchtlinge geplant. Kleiderkammer: Gefördert von der Arbeitsgruppe "Zusammenleben in Felsberg" und der Freiwilligenagentur wurde mit Hilfe von Geflüchteten eine Kleiderkammer in einem Raum der Turnhalle aufgebaut, in der Kleiderspenden der Bevölkerung verkauft werden. Dabei findet der Verkauf nicht nur an Geflüchtete statt, sondern an jeden Interessierten. Die Geflüchteten halfen bei der Renovierung des Raumes und dem Einrichten der Kleiderkammer. Eventuell werden sich Geflüchtete zukünftig auch am Verkauf der Kleidung beteiligen.
59
1. z. B. durch die Entwicklung niederschwelliger Einsatzgebiete, z. B. in der Flüchtlingshilfe selbst, oder die Ermutigung ehrenamtlicher Flüchtlingshelfern zum aktiven Einbezug geflüchteter Menschen
2. z. B. durch spezialisierte Beratungs- und Unterstützungsangebote durch Freiwilligenagenturen oder durch Multiplikatoren im Bürgerschaftlichen Engagement 3. z. B. im Rahmen des Hessischen Qualifizierungsprogramms, durch geschulte Multiplikatoren oder Internetquellen
4. vorhandenen Schutz für Freiwillige kommunizieren, unabhängig vom Engagement Integration durch PHV erleichtern
5. allgemeine Öffentlichkeitsarbeit
61
Wir haben heute eindrucksvoll belegt gesehen, wie vielfältig das Format FDaG
eingesetzt werden kann. Vielfältig in Bezug auf die Einsatzbereiche, aber auch
vielfältig mit Blick auf die Freiwilligen. Die Freiwilligen müssen nicht unter 27
Jahren alt sein wie beim FSJ. Sie müssen sich nicht für einen Vollzeitdienst wie
beim FSJ oder beim BFD für unter 27-Jährige oder einen Halbtagsdienst wie beim
BFD für über 28-Jährige entscheiden. Die Mindestanzahl von 10 Stunden pro
Woche erlaubt es vielen, sich in diesem Format zu engagieren und dafür
qualifiziert und dabei begleitet zu werden. Eine win-win-Situation für Träger,
Einsatzstellen und die Freiwilligen.
Die Tatsache, dass alle Altersgruppen in der gleichen Flexibilität davon
profitieren können, zeichnet das Format im Vergleich zu allen anderen
Freiwilligendiensten aus.
Aktuell wäre das Format z.B. die Antwort auf die Problematik, das junge
Geflüchtete, die ein FSJ oder einen BFD machen, in diesen Diensten keine Zeit
haben für Sprach- und Integrationskurse, die aber neben den obligatorischen
Seminaren für alle notwendig und sinnvoll sind.
In allen Bereichen, die auf größtmögliche Verbindlichkeit des Engagements
angewiesen sind, ist der FDaG sehr gut geeignet. Dies gilt insbesondere für viele
ehrenamtlich organisierte Angebote im Umfeld von Pflege. Es wäre für die
Zukunft wünschenswert, wenn gerade in diesem Bereich eine neue Sortierung
erfolgen würde, die weniger als zurzeit Ehrenamt und bezahlte Arbeit vermischt
und damit einem grauen Arbeitsmarkt Vorschub leistet.
Das Hessische Ministerium für Soziales und Integration wird sich weiter dafür
einsetzen, dass sich das Format FDaG weiter verbreiten kann und politische
Unterstützung findet. Aus diesem Grund wird im Jahr 2017 ein Förderprojekt
zum FDaG ausgeschrieben, das drei Landkreisen die Erprobung des
Freiwilligendienstes aller Generationen ermöglichen wird.
Zusammenfassung und Ausblick
Elke Kiltz, Referatsleiterin
Bürgerschaftliches Engagement/
Ehrenamt im Hessischen Ministerium
für Soziales und Integration
65
Presse, Osthessen News: http://www.osthessen-
news.de/n11540717/sozialminister-gruettner-freiwilligendienst-ist-format-mit-
zukunft.html
68
Beratungsangebot und weitere Informationen zum Freiwilligendienst aller
Generationen durch das Mobile Kompetenzteam Hessen:
www.freiwilligendienst-Hessen.de
Ihre Ansprechpartnerinnen:
Nordhessen
Katrin Rehse
Deutsches Rotes Kreuz in Hessen Volunta gGmbH
Friedrichsstraße 14 34117 Kassel Telefon 0611 - 95 24 90 00 (Volunta-Service-Nr.) [email protected] Region Mittelhessen Katja Kirsch Freiwilligenagentur Marburg-Biedenkopf Am Grün 16 35037 Marburg Telefon 06421 - 27 05 16 [email protected] und
69
Sabine Fischer Landkreis Fulda Treffpunkt Aktiv Wörthstr.15 36037 Fulda Telefon 0661 - 6006-478 oder -499 [email protected] Region Südhessen Patricia Goetz Diakonisches Werk Offenbach-Dreieich-Rodgau Bereich Freiwilligen-, Seniorenarbeit und Flüchtlingshilfe An der Winkelsmühle 5 63303 Dreieich Telefon 06103 - 98 75-23 [email protected] www.diakonie-of.de Koordinationsstelle Katja Kirsch Freiwilligenagentur Marburg- Biedenkopf Am Grün 16 35037 Marburg Telefon 06421 - 27 05 16 [email protected]