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Dietrich Schlottmann Henrik Schnegas Auslegung von … · 2016. 7. 1. · VDI-Buch, DOI...

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Auslegung von Konstruktions- elementen Dietrich Schlottmann Henrik Schnegas Sicherheit, Lebensdauer und Zuverlässigkeit im Maschinenbau 3. Auflage
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Page 1: Dietrich Schlottmann Henrik Schnegas Auslegung von … · 2016. 7. 1. · VDI-Buch, DOI 10.1007/978-3-662-48807-2_1 Auslegung von Maschinen- und 1 Konstruktionselementen eine wesentliche

Auslegung von Konstruktionsshyelementen

Dietrich SchlottmannHenrik Schnegas

Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit im Maschinenbau

3 Auflage

VDI-Buch

Weitere Informationen zu dieser Reihe fi nden Sie unter httpwwwspringercomseries3482

Dietrich Schlottmann bull Henrik Schnegas

Auslegung von Konstruktionselementen Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit im Maschinenbau

3 Aufl age

Dietrich Schlottmann Rostock Deutschland

Henrik Schnegas FB Ingenieurwissenschaften Hochschule Wismar Wismar Deutschland

VDI-Buch ISBN 978-3-662-48806-5 ISBN 978-3-662-48807-2 (eBook) DOI 101007978-3-662-48807-2

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografi e detaillierte bibliografi sche Daten sind im Internet uumlber httpdnbd-nbde abrufbar

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Gedruckt auf saumlurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier

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Vorwort zur 3 Aufl age

Die Berechnung von Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit technischer Gebilde erweist sich immer wieder als wesentlicher aber auch anspruchsvoller Bestandteil der Arbeit des in der Konstruktion taumltigen Ingenieurs

Houmlhere Leistungsparameter Energie- und Ressourceneffi zienz bei verbesserter Ver-fuumlgbarkeit und einer nach Moumlglichkeit instandhaltungs- und reparaturoptimalen Nutzungszeit kennzeichnen zunehmend auch die Erzeugnisse des Maschinen- und Anlagenbaus Neue Produktsicherheitsgesetze und -richtlinien verlangen nach Ausle-gungsmethoden die zB die Forderung nach einer notwendigen Lebensdauer mit einer moumlglichst kalkulierbaren Ausfallwahrscheinlichkeit unter Beruumlcksichtigung von Kosten bereits im Produktentstehungsprozess beruumlcksichtigen

Das vorliegende Buch ist hervorgegangen aus Vorlesungen fuumlr Maschinenelemente Konstruktionslehre und Zuverlaumlssigkeit technischer Systeme aus praktischen Erfahrungen der Autoren in der Auslegungspraxis auf dem Gebiet des Schiffs- Maschinen- und Anlagenbaus sowie aus Forschungs- und Entwicklungsaufgaben am Institut fuumlr Konstruktionstechnik der Universitaumlt Rostock und der Fachgruppe Konstruktionstechnik der Hochschule Wismar Es erhebt keinen Anspruch neue Forschungsergebnisse zB auf Gebieten wie der Betriebsfestigkeitslehre oder der Tribologie zu verbreiten Es verfolgt das Anliegen multivalent und unkompliziert nutzbare Methoden fuumlr die Auslegung und zuverlaumlssigkeitstheoretische Bewertung von Maschinen- und Apparateelemente fuumlr die Konstruktionspraxis sowie fuumlr Studierende konstruktiv gepraumlgter Fachrichtungen zu ver-mitteln Neben Bruch und Ermuumldung stehen hierbei auch Verschleiszlig Korrosion und andere fl aumlchenabtragende Schaumldigungsprozesse im Fokus dieses Buches Fuumlr die statisti-sche und wahrscheinlichkeitstheoretische Auswertung und Beschreibung von technischen Schaumldigungsarten werden einfache Algorithmen und Werkzeuge zur Verfuumlgung gestellt Da auch die Produktkosten bereits im Konstruktionsprozess eine immer groumlszligere Rolle spielen runden Kostenbetrachtungen mit Bezug auf Lebensdauer Sicherheit und Zuver-laumlssigkeit das vorliegende Buch ab

vi

Ich gebe der Hoffnung Ausdruck dass die 3 Aufl age viele Leser und Interessenten erreichen wird Ein ganz groszliges Dankeschoumln gilt meiner Familie die mit viel Verstaumlndnis das abendliche Schreiben an diesem Buch ertragen hat und der Geduld und der Unterstuumltzung der Mitarbeiter des Lektorates des Springer-Verlages Gleichzeitig soll diese 3 Aufl age ein ehrendes Gedenken an Prof Dr sc techn Dietrich Schlottmann (27021936 ndash V17092012) sein der bereits in den 60er Jahren die Zuverlaumlssigkeit als bdquooptimalesldquo Auslegungskriterium erkannte mich waumlhrend des Studiums und spaumlter als Wissenschaftlicher Mitarbeiter fuumlr dieses Thema begeisterte und vielen Studenten und mir das notwendige Ruumlstzeug fuumlr die heutige Taumltigkeit mitgab

Henrik Schnegas

Vorwort zur 3 Aufl age

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Inhaltsverzeichnis

1 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche Aufgabe des Ingenieurs 1 11 Berechnung von Sicherheit Lebensdauer

und Zuverlaumlssigkeit als historisch gewachsene Auslegungsmethoden 1 12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen

und Maschinen in den Konstruktionsprozess 3 Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 6

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo 7 21 Auslegung dargestellt am klassischen Sicherheitsbegriff 7 22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen 9 23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch 12 24 Bestimmung der Sicherheit bei Schwingbeanspruchung 17

241 Uumlberlastfall 1 17 242 Uumlberlastfall 2 18 243 Uumlberlastfall 3 18 244 allgemeiner Fall 18

25 Oumlrtliche Spannungserhoumlhungen Konzept der Sicherheitsberechnung nach oumlrtlichen Spannungen 19

26 Einfl uumlsse auf die Schwingfestigkeit das Nennspannungskonzept 24 27 Zusammengesetzte oder kombinierte Beanspruchung

stabfoumlrmiger Bauteile Vergleichsspannung und Gesamtsicherheit 30 28 Vergleichsspannung und Sicherheitsnachweis fuumlr nichtstabfoumlrmige

Bauteile Grenzen des Konzeptes der oumlrtlichen Spannungen 35 29 Erforderliche Sicherheit Sicherheit unter

wahrscheinlichkeitstheoretischem Aspekt 37 210 Ermittlung der uumlbergeordneten Sicherheit Produktsicherheit 41 211 Anhang 46 Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 66

viii

3 Schaumldigung und Versagen technischer Gebilde 67 31 Ausfallverhalten statistische Grundlagen 67 32 Grundlagen der Zuverlaumlssigkeitstheorie 70

321 Mathematische Zusammenhaumlnge 70 322 Spezielle Verteilungsfunktionen und Anwendung 73 323 Verteilungsfunktionen Ermittlung charakteristischer Groumlszligen 76 324 Berechnung der Ausfallwahrscheinlichkeit und Zuverlaumlssigkeit 80 325 Systemzuverlaumlssigkeit 82

33 Mathematische Beschreibung von Schaumldigung und Versagen technischer Gebilde 86 331 Systematisierung von Schaumldigung und Versagen 86 332 Schaumldigung durch Ermuumldung 90 333 Schaumldigung durch Verschleiszlig 96 334 Schaumldigung durch Erosion Korrosion und andere

fl aumlchenabtragende Prozesse 104 335 Mehrfache Schaumldigung 106 336 Komplexe Schaumldigungen 107

34 Anhang 111 Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 122

4 Berechnung der Lebensdauer bei nomineller und variabler Zuverlaumlssigkeit 123 41 Allgemeine Grundlagen der Lebensdauerberechnung 123

411 Klassische Lebensdauerberechnung 123 412 Lebensdauerberechnung bei Kollektivbeanspruchung 126 413 Lebensdauerberechnung bei Aumlquivalenzbelastung 131 414 Lebensdauerberechnung mit Aumlquivalenzfaktor 133

42 Lebensdauerberechnung bei variabler Zuverlaumlssigkeit 135 421 Zuverlaumlssigkeitsbasierte Lebensdauerberechnung bei konstanter

Beanspruchung und Gauszligverteilung 136 422 Zuverlaumlssigkeitsbasierte Lebensdauerberechnung bei konstanter

Beanspruchung und Weibullverteilung 137 423 Zuverlaumlssigkeitsbasierte Lebensdauerberechnung bei variabler

Beanspruchung und Normpunkt 138 424 Zuverlaumlssigkeitsbasierte Lebensdauerberechnung bei

Kollektivbeanspruchung und Normpunkt 140 43 Anhang 141 Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 146

5 Zusammenhaumlnge zwischen Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit ndash eine neue Auslegungsphilosophie 147 51 Systematisierung und Zielstellung 147 52 Zusammenhang zwischen Lebensdauer und Sicherheit

im Zeitfestigkeitsbereich bei variabler Zuverlaumlssigkeit 147

Inhaltsverzeichnis

ix

53 Zusammenhang zwischen Lebensdauer und Sicherheit im Zeitfestigkeitsbereich bei gleichbleibender Zuverlaumlssigkeit 149

54 Zusammenhang zwischen Zuverlaumlssigkeit bzw Schadenswahrscheinlichkeit und Sicherheit bei gleichbleibender Lebensdauer 151

55 Aktuelle Zuverlaumlssigkeit von Waumllzlagern 154 56 Zuverlaumlssigkeit bzw Schadenswahrscheinlichkeit

bei Kollektivbeanspruchung 156 57 Zuverlaumlssigkeitstheoretische Interferenzmodelle 159

571 bdquoStatischesldquo Interferenzmodell 159 572 bdquoDynamischesldquo Interferenzmodell 161 573 Interferenzmodell fuumlr Verschleiszlig 162

58 Anforderungen an Zuverlaumlssigkeit und Ausfallwahrscheinlichkeit 164 59 Sicherheit Lebensdauer Zuverlaumlssigkeit und Ausfall-

wahrscheinlichkeit ndash eine neue Auslegungsphilosophie 165 Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 169

6 Kosten im Lebenszyklus technischer Gebilde ndash wie teuer duumlrfen Qualitaumlt und Zuverlaumlssigkeit sein 171 61 Kostenverantwortung bei der Entwicklung eines

technischen Gebildes 171 62 Lebenslaufkosten eines technischen Gebildes und Modelle

fuumlr ihre Berechnung 174 621 Lebenslaufkosten eines technischen Gebildes 174 622 Lebenslaufkostenmodell und Bestimmung der optimalen

Nutzungsdauer eines technischen Gebildes 174 63 Herstellerseitige Lebenslaufkosten und Zuverlaumlssigkeit 179

631 Allgemeine Kostenstruktur bei der Entwicklung und Herstellung technischer Gebilde 179

632 Kostenentwicklungsgesetze und Zuverlaumlssigkeit 181 633 Zusammenhang von Kosten Zuverlaumlssigkeit und

Bauteilgroumlszlige am Beispiel der Waumllzlagerauslegung 184 64 Anwenderseitige Lebenslaufkosten und Zuverlaumlssigkeit 187

641 Allgemeine Kostenstruktur bei der Nutzung technischer Gebilde 187

642 Kosten und Zuverlaumlssigkeit bei der Instandhaltung 189 65 Target Costing ndash ein Werkzeug fuumlr die retrograde Bestimmung

erlaubter Kosten ndash wie teuer duumlrfen Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit sein 193 651 Grundbegriffe des Target Costing 193 652 Aufteilung der Kosten auf die auszulegenden Systemkomponenten 195

Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 197

Inhaltsverzeichnis

x

7 Sicherheit ndash Lebensdauer ndash Zuverlaumlssigkeit Anwendungsfaumllle und Beispiele 199 Beispiel 1 Sicherheit gegen Streck- und Flieszliggrenzenuumlberschreitung Einfl uss der Vergleichsspannungshypothesen 200 Beispiel 2 Sicherheitsnachweis bei Schwingbeanspruchung fuumlr Dauer- Schwingfestigkeit (Nennspannungskonzept) Abschaumltzung der Ausfallwahrscheinlichkeit 201 Beispiel 3 Lebensdauernachweis und Sicherheit im Kurzlebigkeitsbereich (Zeitfestigkeit) bei einem Beanspruchungshorizont 203 Beispiel 4 Lebensdauerberechnung mittels linearer Schadensakkumulationshypothesen bei Ermuumldung (Kollektivbelastung) 206 Beispiel 5 Auswertung von Ermuumldungsversuchen (Gauszlig Weibull) Generieren eines Woumlhlerdiagramms Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeitsberechnung 209 Beispiel 6 Bestimmung von Verteilungsparametern (Weibull) aus einem Woumlhlerlinienfeld Generieren einer Woumlhlerliniengleichung Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeitsberechnung unter Kollektivbelastung 218 Beispiel 7 Auswertung von Verschleiszliggroumlszligen 223 Beispiel 8 Systemzuverlaumlssigkeit einer Zweikreisbremse 227 Beispiel 9 Waumllzlager mit erhoumlhter Einzelzuverlaumlssigkeit Systemzuverlaumlssigkeit fuumlr 4 Lager 228 Beispiel 10 Aktuelle Zuverlaumlssigkeit am Beispiel eines Zahnrades mit Evolvente 231 Beispiel 11 Zuverlaumlssigkeit und oumlkonomische Nutzungsdauer 235

Stichwortverzeichnis 237

Inhaltsverzeichnis

1copy Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016D Schlottmann H Schnegas Auslegung von Konstruktionselementen VDI-Buch DOI 101007978-3-662-48807-2_1

1 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche Aufgabe des Ingenieurs

11 Berechnung von Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit als historisch gewachsene Auslegungsmethoden

Bevor fuumlr den konstruktionstechnisch interessierten Leser die bdquoAuslegung von Konstruk-tionselementenldquo eine entsprechende Einordnung in den konstruktiven Gesamtprozess erfahren wird soll in einer historisch angelegten Darstellung verdeutlicht werden welchem wissenschaftlichen Anliegen und welchem Ziel das vorliegende Buch zuzu-ordnen ist

Bei der Auslegung von Maschinen Baugruppen und Elementen wird nach der Fest-legung der Prinziploumlsung uumlber Hauptabmessungen Topologie Form und Gestalt und damit uumlber Masse Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit entschieden Informations-verarbeitung und Rechentechnik haben das Taumltigkeitsbild des Konstruk teurs in den letzten Jahrzehntenveraumlndert

Neben den Moumlglichkeiten des Computer Aided Designs (CAD) lassen sich im Rahmen des Computer Aided Engineerings (CAE) Berechnungen durchfuumlhren die noch vor Jahren wegen des hohen Arbeits- und Zeitaufwandes nicht denkbar waren Natuumlrlich hat diese Entwicklung auch die bdquoAuslegungldquo von Konstruktionselementen beeinfl usst Denken wir nur an die Methoden der Finiten Elemente (FEM) die es gestattet die vorhandenen Spannungen in kompliziertesten Bauteilen zu berechnen oder deren Anwendung bei der Strukturoptimierung bei der Suche nach kleinstmoumlglichen Konstruktionselementen

Trotzdem bleibt die Rechentechnik fuumlr die Ermittlung von Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit ein Hilfsmittel da das Ausfallverhalten von Konstruktionselementen und Maschinen damit nur auf der Basis mathematischer Modelle simuliert werden kann

Das Problem des Ausfalles bzw des Versagens von Geraumlten und schlieszliglich auch Bauwerken duumlrfte so alt sein wie die Menschheit selbst Die Erfahrung des Menschen

2

lieferte jedoch offensichtlich ein relativ sicheres Gefuumlhl fuumlr die Belastbarkeit der beeindru-ckenden Bauwerke des Altertums

Erste wissenschaftliche Ansaumltze einer bdquoAuslegungsrechnungldquo gehen auf Galilei (1564ndash 1642) zuruumlck der den Methoden und Modellen der heutigen Festigkeitslehre bereits sehr nahe kam (vgl z B [ 107 108 ]) So verwendete er den Begriff der Spannung und berechnete diese fuumlr den Einspannungsquerschnitt eines Kragarmes Auch wenn die angenommene Spannungsverteilung und damit das Ergebnis falsch war erkannte er die Bedeutung der Spannung als Vergleichsgroumlszlige fuumlr das Eintreten des Bruches Mit Recht wird deshalb der Name Galilei mit der einfachsten Bruchtheorie naumlmlich der Hauptnor-malspannungshypothese in Verbindung gebracht (vgl Kap 3 )

Natuumlrlich war es bis zur Gestaltaumlnderungsenergiehypothese (1913) nach v Mises [ 103 ] noch ein weiter Weg Die v Misesrsquosche Hypothese duumlrfte fuumlr das Fliessen und den Bruch infolge statischer Beanspruchung insbesondere fuumlr metallische Werkstoffe der Realitaumlt am naumlchsten kommen

Neue Raumltsel gaben die sich immer schneller drehenden Maschinen ihren Schoumlpfern insbesondere bzgl ihrer Haltbarkeit auf Berechnungen mit Kraumlften analog den statischen Lasten erwiesen sich als voumlllig unzutreffend Es ist das bleibende Verdienst von Woumlhler das Ermuumldungsverhalten von Werkstoffen und Bauteilen mit dem nach ihm bezeichneten bdquoWoumlhlerdiagrammldquo anschaulich und zweckmaumlszligig beschrieben zu haben [ 110 ]

Ein Grundanliegen des vorliegenden Buches besteht darin der von Woumlhler fuumlr die Ermuumldung entwickelten Methodik auch fuumlr andere Versagensarten wie Verschleiszlig und Korrosion zu folgen

Die erstmals von Woumlhler entdeckte bdquoDauerfestigkeitldquo metallischer Werkstoffe d h ihre Unempfi ndlichkeit gegenuumlber schwingender Beanspruchung unterhalb eines bestimmten Beanspruchungsniveaus fuumlhrte zu relativ einfachen Berechnungsmethoden auch fuumlr den Ermuumldungsbereich Wie bei statischer Belastung werden bdquoSicherheitszahlenldquo als Quotient aus zum Versagen fuumlhrender und vorhandener Beanspruchung berechnet Obwohl diese einfache ingenieurmaumlszligige Methode in Kap 3 teilweise einer kritischen Betrachtung unter-zogen wird duumlrfte sie auch in Zukunft ihre Bedeutung behalten

Andererseits ist es gerade die Schaumldigung durch bdquoErmuumldungldquo die sich in den letzten Jahrzehnten durch eine hohe Forschungsdichte auszeichnet und als bdquoBetriebsfestig-keitslehreldquo zu einer selbststaumlndigen Teildisziplin der Festigkeitslehre geworden ist

Leider hat sich die Betriebsfestigkeitslehre bisher nicht von der Empirie loumlsen koumlnnen und es muss vielleicht gerade deshalb beklagt werden dass sie nicht in gebuumlhrendem Maszlige bei der Auslegung von Bauteilen des Maschinenbaus zur Anwendung gekommen ist Die Berechnungsstandards gehen bisher weitgehend davon aus dass eine Maschine auf bdquoDauerfestigkeitldquo ausgelegt wird ndash und das ist gleichbedeutend mit einer zumindest theoretisch unendlichen Lebensdauer

Die Erfahrung lehrt aber dass Maschinen nach endlichen Zeiten ausfallen ndash und dass nicht nur durch Gewalt- oder Ermuumldungsbruch sondern auch durch Verschleiszlig Korrosion und andere Versagensarten So gesehen stellt die von Palmgren [ 105 ] bereits 1924

2 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche

3

vorgeschlagene Methode der Lebensdauerberechnung von Waumllzlagern eine der Zeit vor-ausgehende Pionierleistung dar deren Entwicklung sich aufdraumlngte da Waumllzlager keinen Dauerfestigkeitsbereich aufweisen

Neben der Woumlhlerlinie wird die von Palmgren eingefuumlhrte und von Miner [ 102 ] verallgemeinerte Methode der Lebensdauerberechnung in der vorliegenden Publi-kation als eine ingenieurmaumlszligig zweckmaumlszligige Vorgehensweise angesehen die auch bei Schaumldigungsmechanismen wie Ermuumldung Verschleiszlig und Korrosion anzuwen-den ist

Auch wenn diese Schaumldigungen ursaumlchlich kaum Gemeinsamkeiten aufweisen soll der Versuch unternommen werden eine phaumlnomenologisch begruumlndete gleichartige Berech-nungsmethode zu entwickeln um eine ingenieurmaumlszligig einheitliche Berechnung von Schaumldigungen im Sinne der Auslegungsrechnung zu erreichen

Es sei hervorgehoben dass die vorgeschlagene Vorgehensweise nur aus der Sicht des Konstrukteurs ihre Begruumlndung fi ndet Sie erhebt keinen Anspruch auf den Teilgebieten wie der Ermuumldung des Verschleiszliges oder der Korrosion einen auf die Grundlagen gerich-teten Beitrag leisten zu wollen Trotzdem duumlrfte die integrative Betrachtungsweise auch fuumlr den Spezialisten der Teildisziplin Anregung bieten

Ein weiterer Aspekt des Buches besteht darin die aktuelle Zuverlaumlssigkeit bzw Ausfallwahrscheinlichkeit zu ermitteln um fuumlr eine vorgegebene Lebensdauer die Systemzuverlaumlssigkeit bzw Informationen zur Instandhaltung zu gewinnen Damit wird der Nachteil der Betriebsfestigkeitslehre eine Lebensdauer nur fuumlr eine nominelle Zuverlaumlssigkeit angeben zu koumlnnen uumlberwunden Es wird damit eine bdquogestufteldquo Auslegung mit den Teilschritten

bull Sicherheit gegen Ermuumldung (klassische Sicherheit in Beanspruchungen) bull Lebensdauer fuumlr Schaumldigung durch Ermuumldung und andere Versagensarten (auch

Sicherheit auf der Basis des Lebensdauerquotienten) und bull aktuelle Zuverlaumlssigkeit bzw Schadenswahrscheinlichkeit

moumlglich wobei die drei Stufen baukastenartig mit relativ elementaren Zusatz-informationen zu berechnen sind Die Ermittlung einer vorhandenen Systemzuver-laumlssigkeit ist gleichzeitig eine Moumlglichkeit im Rahmen aktuell geforderter Risikoanalysen eine Risikobewertung durchfuumlhren zu koumlnnen

12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen und Maschinen in den Konstruktionsprozess

Das Beduumlrfnis nach neuen Erzeugnissen wird durch die Entwicklung der Wirtschaft und das Entstehen von Marktluumlcken ausgeloumlst Fuumlr den Entwicklungsingenieur und Kon-strukteur beginnt der Konstruktionsprozess i d R mit einer entsprechend formulierten Aufgabe und endet mit der Produktdokumentation des angestrebten Erzeugnisses

12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen und Maschinen

4

Eine wissenschaftliche Analyse dieses Prozesses geht auf Hansen [ 101 ] sowie Muumlller [ 104 ] zuruumlck Aumlhnliche Darstellungen sind in [ 109 ] und [ 106 ] zu fi nden

Ohne die Struktur des Konstruktionsprozesses beschreiben zu wollen werden sieben Arbeitsphasen durchlaufen (vgl Abb 11 ) wie am Beispiel einer Getriebekonstruktion erlaumlutert wird

In Abb 11 wird deutlich dass im Arbeitsschritt 5 uumlber die wesentlichen Abmessungen des technischen Gebildes entschieden wird d h das Bauteil erfaumlhrt seine vorlaumlufi ge bdquoAuslegungldquo Bei genauer Betrachtung unterteilt sich dieser Prozess wiederum in 3 Teilschritte naumlmlich in

bull Entwurfsrechnung bull Gestaltung und bull Nachweisrechnung

wie am Beispiel Welle in Abb 11 zu erkennen ist [ 106 ]

Aufgabe

Klaumlren und praumlzisierender Aufgabenstellung

Suchen nachLoumlsungsprinzipien und

deren Strukturen

Gliedern inrealisierbare Module

Gestalten dermaszliggebenden Module

Gestalten desgesamten Produktes

Ausarbeiten derAusfuumlhrungs- undNutzungsangaben

weitere Realisierung

Ermitteln von Funktionenund deren Strukturen

Anforderungsliste

Funktionsstruktur

Prinzipielle Loumlsung

Modulare Struktur

Vorentwuumlrfe

Gesamtentwurf

Dokumentation

1

2

3

4

5

6

7

Getriebe

Stuumlckliste1 Stk

2 Stk1 Stk

2 Stk

1 Stk

2 Stk

2 Stk

2 Stk

Dokumentation

Zeichnung

GehaumluseWellenZahnraumlder Lager

WandelnLeiten Leiten

M1 M2

WF Anforderungen

F

F

W

ω1=

ω1ω2

1M =

+ +

Abb 11 Generelle Arbeitsschritte und Arbeitsergebnisse des Konstruktionsprozesses nach VDI 2221 [ 109 ] am Beispiel einer Getriebekonstruktion

2 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche

5

In der Entwurfsrechnung wird i d R auf weniger als 10 der fuumlr den spaumlteren Produktionsprozess erforderlichen geometrischen und stoffl ichen Informationen Einfl uss genommen

Nach der Gestaltung entscheidet erst der Funktionsnachweis uumlber das positive bzw negative Ergebnis dieses iterativen Auslegungsprozesses (Abb 12 )

Der klassische Funktionsnachweis besteht u a in der Bestimmung einer bdquo Sicherheits-zahlldquo die durch den Quotienten aus zum Versagen fuumlhrender und vorhandener Belastung oder Beanspruchung berechnet wird Sie laumlsst jedoch keine Aussage uumlber Aus-fallwahrscheinlichkeit und Lebensdauer des technischen Gebildes zu

Der Sicherheitsnachweis bleibt auszligerdem auf die festigkeitsmaumlszligig begruumlndeten Ver-sagensarten wie Gewaltbruch Streckgrenzenuumlberschreitung und Dauerschwingbruch beschraumlnkt

Ansaumltze zur Berechnung von Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit sind durch die Waumllz-lagerberechnung und die Betriebsfestigkeitslehre bekannt

Wie bereits in Abschn 11 dargestellt soll eine allgemeine ingenieurmaumlszligige Aus-legungsmethodik auf der Basis der Berechnung von Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit ent-wickelt werden die auch Schaumldigungen wie Verschleiszlig und andere fl aumlchenabtragende Schaumldigungsprozesse beruumlcksichtigt und dem Konstrukteur mit der Ausfallwahrschein-lichkeit eine echte Entscheidungsmoumlglichkeit bietet

Die klassische Auslegungsmethode durch den Sicherheitsnachweis wird jedoch auch ihre Anwendungsberechtigung behalten zumal eine Fuumllle von Standards und Vorschriften darauf basieren und letztendlich im vorliegenden Buc der Zusammenhang von Sicherheit und Ausfallwahrscheinlichkeit hergestellt werden konnte

Vorentwuumlrfe

Modulare Struktur

5Gestalten dermaszliggebenden

Module

Beispiel Welle

Entwurfsrechnung

Gestaltung

Nachweisrechnung I II III fuumlr die Schnitte III

d erf

positiver Nachweis

vollstaumlndige Strukturbeschreibung

Abb 12 Klassischer Iterationszyklus fuumlr Entwurfsrechnung Gestaltung und Nachweisrechnung bei der Auslegung von Konstruktionselementen

12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen und Maschinen

6

Quellen und weiterfuumlhrende Literatur

[101] Hansen Friedrich Konstruktionssystematik ndash Grundlagen fuumlr eine allgemeine Konstruk-tionslehre Verlag Technik Berlin 1968

[102] Miner N Anton Cumulative Damage in Fatigue In Journal of Appl Mech Trans ASME 12 159-164 1945

[103] v Mises Richard Mechanik der plastischen Formaumlnderung ZAMM 161 1928 [104] Muumlller Johannes Grundlagen der Systematischen Heuristik Dietz Verlag Berlin 1970 [105] Palmgren Arvid Die Lebensdauer von Kugellagern In VDI-Zeitschrift 58 339-341

1924 [106] Schlottmann Dietrich u a Konstruktionslehre ndash Grundlagen Technik Berlin 1970 [107] Szabo Istvaacuten Einfuumlhrung in die Technische Mechanik Springer Berlin Goumlttingen

Heidelberg 1961 [108] Szabo Istvaacuten Houmlhere Technische Mechanik Springer Berlin Goumlttingen Heidelberg 1960 [109] Verein Deutscher Ingenieure VDI 2221 - Methodik zum Entwickeln und Konstruieren

technischer Systeme und Produkte VDI Duumlsseldorf 1993 [110] Woumlhler August Uumlber die Festigkeitsversuche mit Eisen und Stahl In Zeitschrift fuumlr

Bauwesen XX 81ndash89 1870

2 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche

7copy Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016D Schlottmann H Schnegas Auslegung von Konstruktionselementen VDI-Buch DOI 101007978-3-662-48807-2_2

2Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

21 Auslegung dargestellt am klassischen Sicherheitsbegriff

Schon in dem 1862 erschienenen wohl ersten deutschsprachigem Lehrbuch der Konstruktionslehre von MollReuleaux [212] wird der Sicherheitsbegriff mit einer Zahl S gt1 in Verbindung gebracht die das unzulaumlssige Uumlberschreiten von Belastungen begrenshyzen soll Dem Text ist bereits sinngemaumlszlig zu entnehmen dass die beim bdquoGebrauch des Bauteils vorhandenen Belastungen immer kleiner sein muumlssen als die maximal moumlglishychen bzw zum Versagen fuumlhrendenldquo Es wird bereits das Versagen durch Flieszligen und Bruch unterschieden Allgemein koumlnnen wir schreiben

B Bvorhanden versagenlt (21)

Dabei sollen unter Belastungen B sowohl Kraumlfte als auch Momente verstanden werden (vgl Abb 21) Entsprechend der bereits in [213] getroffenen Definition der Sicherheit als Faktor S gt 1 kann fuumlr Gl (21) auch geschrieben werden

B S Bvorh vers sdot = (22)

und damit

S

B

Bvers

vorh

=

(23)

Fuumlr eine verallgemeinerte Sicherheitsberechnung (vgl ebenfalls [212]) erweist es sich als zweckmaumlszligig nicht Belastungen sondern zum Versagen fuumlhrende Spannungen σ im Weiteren auch Beanspruchungen genannt uumlber eine analoge Sicherheitszahl zu vergleichen

8

So gilt auch

S vers

vorh

=σσ

(24)

Der Vorteil einer Sicherheitsberechnung uumlber Spannungen wird bereits erkennbar wenn mehrere am Bauteil angreifende Belastungen an der gleichen Schnittflaumlche Spannungen hervorrufen Im Sinne der linearen Elastizitaumltstheorie gilt dann das Superpositionsprinzip

σ σ= sum i (25)

mit i = 123hellip welches wegen der oft unterschiedlichen schaumldigenden Wirkung spaumlter allerdings in

Frage zu stellen istIn der Praxis tritt dieser einfache Sonderfall jedoch nur selten auf Beispiele waumlren

bdquoscheibenartigeldquo Bauteile mit bdquolastfreienldquo Oberflaumlchen oder bdquoeinachsigldquo beanspruchte Staumlbe Haumlufig anzutreffen ist dagegen die Kombination einer Normalspannung σ mit einer Schubspannung τ wie spaumlter noch gezeigt wird

Fuumlr das allgemeine raumlumliche Bauteil muss an einem Element mit

3 Normalspannungen und6 Schubspannungen

gerechnet werden (vgl Abb 22) wobei die Schubspannungen sich wegen der bdquoGegenseitigkeitldquo auf drei reduzieren

Die Spannungen lassen sich anschaulich in Spannungstensoren darstellen wobei fuumlr homogene und isotrope Werkstoffe jeder Spannungstensor in einen Hauptspannungstensor uumlberfuumlhrt werden kann fuumlr den die Schubspannungen zu Null werden (vgl dazu elastizishytaumltstheoretische Fachbuumlcher wie z B [222 223])

σ

σ τ τ

τ σ τ

τ τ σ

σσ

σ

T

x xy xz

yx y yz

zx zy z

=

rarr

1

2

3

0 0

0 0

0 0

(26)

Abb 21 Scheibenfoumlrmiges Bauteil mit Belastungen Bi (FhellipKraumlfte M hellip Momente)

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

9

Auf die Berechnung dieser Spannungstensoren im Sinne vorhandener Spannungen soll in Abschnitt 22 uumlbersichtsmaumlszligig eingegangen werden

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

Die Berechnung der vorhandenen Spannungen ist die Aufgabe der Elastizitaumltstheorie daher soll hier nur ein systematischer Uumlberblick gegeben werden

Das einfachste Modell eines realen Bauteils wird durch den Stab realisiert Ausshygehend von aumluszligeren Belastungen werden zunaumlchst die Auflagerreaktionen des Systems bestimmt um dann die sogenannten Schnittgroumlszligen zu berechnen Diese Elementarkenntnisse werden vorausgesetzt In einer Schnittstelle x oder s (x i d R fuumlr den geraden s fuumlr den gekruumlmmten Stab) wirken die Schnittgroumlszligen Normalkraft Fn(s) Biegemoment Mb(s) Torsionsmoment Mt(s) und Querkraft Fq(s) (vgl Abb 23) aus denen sich die Spannungen σzd σb τt und τq nach den in Tab 21 angegebenen Formeln berechnen lassen

Auch hier gilt die Bemerkung dass im elastizitaumltstheoretischem Sinne σzd und σb sowie τt und τq bei Uumlbereinstimmung von Schnittflaumlchen und Richtung addiert werden duumlrfen was im Folgenden wegen der unterschiedlichen schaumldigenden Wirkung nur mit einer entshysprechenden Gewichtung zugelassen werden soll

Neben dem Stabmodell sind auch die Vollwelle unter Auszligendruck die Bohrung in der unendlichen Scheibe unter achsensymmetrischer radialer Pressung und der duumlnnwandige Kessel als bdquoelementareldquo Spannungszustaumlnde anzusehen (vgl Tafel II1 im Anhang) Querschnittsaumlnderungen insbesondere des Stabes und andere Formabweichungen der eleshymentaren Berechnungsmodelle werden in Abschn 25 noch ausfuumlhrlicher behandelt

Berechnungsmodelle der bdquohoumlheren technischen Mechanikldquo sind

bull Scheiben (ebener Spannungsshy bzw ebener Zustand)bull Plattenbull Schalenbull Torsion prismatischer Koumlrper undbull Kontaktaufgaben

σx

σz

σy

τyxτyz

τzx

τzy

a b

τxy

τxzσ3

σ1

σ2

Abb 22 (a) Normalshy Schubspannungen (b) Hauptspannungen am Bauteilelement

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

10

Mt(s)Mb(s)Fq(s)

yz xs

Fn(s)

a b c d

σn(s) σb(s) τt(s) τq(s)

Abb 23 Spannungen in stabfoumlrmigen Bauelementen (a) Spannung infolge Laumlngskraft Fn(s) (b) Spannung infolge Biegemoment Mb(s) (c) Spannung infolge Torsionsmoment Mt(s) (d) Spannung infolge Querkraft Fq(s)

Tab 21 Elementare Spannungszustaumlnde in stabfoumlrmigen Bauelementen

Schnittgroumlszlige Sinnbild Berechnung Spannungstensor

Normalkraft Fn(s)

Fn(s)σn

σ nnF s

A=

( ) σ1 0 0

0 0 0

0 0 0

σ σ1 = n

Biegemoment Mb(s)

Mb(s)σb

σ bb

z

M s

W=

( )

σ bb

z

M s

Iy=

( )sdot

σ1 0 0

0 0 0

0 0 0

σ σ1 = b

Torsionsmoment Mt(s)

Mt(s)τt τ t

t

t

M s

W=

( )

τ tt

p

M s

Ir=

( )sdot

σσ

1

2

0 0

0 0

0 0 0

σ τ σ1 2= = minusQuerkraft Fq(s)

Fq(s)

τq maxτ q

qF

Amax = χ σσ

1

2

0 0

0 0

0 0 0

σ τ σ1 2= = minus

A hellip QuerschnittsflaumlcheIz It hellip TraumlgheitsmomentWt hellip Widerstandsmomentχ hellip Flaumlchenbeiwert

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

11

Sie sind uumlbersichtsmaumlszligig ebenfalls im Anhang Tafel II1 zusammengestellt Abgeshysehen von Sonderfaumlllen werden diese Spannungszustaumlnde heute mit bdquoFiniteshyElementeshyMethodenldquo berechnet Diese Berechnungen liefern idR den vollstaumlndig besetzten Spannungstensor der sich aber an lastfreien Oberflaumlchen auf zweiachsige Spannungszustaumlnde reduziert

Wegen des gehaumluften Auftretens dieses bdquoebenenldquo Spannungszustandes sei noch ohne Ableitung auf die Formel zur Berechnung der Hauptspannungen

σσ σ σ minus σ

τ1 2

2

2

2 2 =+

plusmn

+x y x y

xy

(27)

und deren anschauliche Darstellung im Mohrschen Kreis (vgl Abb 24) sowie auf die Sonderfaumllle bdquoeinachsiger Spannungszustandldquo und bdquoreiner Schubspannungszustandldquo verwiesen

Wesentlich fuumlr die Werkstoffshy bzw Bauteilschaumldigung ist die Betrachtung und Kenntnis der Zeitfunktionen vorhandener Spannungen Waumlhrend die bdquoStatikldquo vorshyzugsweise von bdquostatischenldquo oder bdquoruhenden Belastungenldquo ausgeht sind Maschishynenbauteile meistens bdquoperiodisch schwingendldquo belastet und beansprucht Hingewiesen sei dabei auf den haumlufig auftretenden Sonderfall der sog bdquoUmlaufbiegungldquo bei dem ein konstantes Biegemoment der Welle eine bdquowechselndeldquo Beanspruchung hervorruft Besondere Betrachtung erfordern bdquostochastischeldquo Belastungen die natuumlrlich auch bdquostochastischeldquo Beanspruchungen mit sich bringen (vgl Abb 25) Diesen Belasshytungsshy und BeanspruchungsshybdquoKollektivenldquo wird in spaumlteren Abschnitten gebuumlhrender Raum zugemessen

σx +σy2

τ

σ2

σy

σx minusσy2

τxy

σ1σx σ

τ

σ2= 0

a

b c

σ1=σxσ σ

σ1=τ σ2=-σ1

τ

Abb 24 Ebener Spannungszustand im Mohrrsquoschen Kreis (a) allgemeiner ebener Spannungsshyzustand (b) einachsiger Spannungszustand (c) Schubspannungszustand

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

12

23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch

Der Konstruktionsprozess bringt eine unendliche Vielfalt technischer Gebilde mit untershyschiedlichster geometrischer Form und verschiedenartiger Werkstoffe hervor die auszligershydem unterschiedlichen Beanspruchungsarten und Belastungsfaumlllen unterliegen

Fuumlr den Sicherheitsnachweis bzgl der zum Versagen fuumlhrenden Belastungen hat es sich als oumlkonomisch und zweckmaumlszligig erwiesen die Belastungsgrenzen der Bauteile durch Vergleich mit dem Versagensverhalten einer uumlberschaubaren Menge idealisierter Pruumlfshykoumlrper die speziellen und in Pruumlfmaschinen realisierbaren Belastungen unterworfen wershyden zu ermitteln Solche Pruumlfkoumlrper sind z B die in Abb 26 dargestellten standardisierten Rundshy und Flachproben

Am einfachsten zu realisieren ist durch die Werkstoffpruumlfung der Zugversuch mit ruhender Belastung Die Belastung wird dabei zuumlgig d h mit konstanter elastischer und schlieszliglich plastischer Dehnungszunahme bis zum Eintreten des Bruches aufgebracht Nach der Form des Bruches sind drei charakteristische Arten von Werkstoffen (vgl Abb 27) zu unterscheiden

bull Werkstoffe die bei ruhender Beanspruchung zum sproumlden Trennbruch neigen (z B Glas Grauguss gehaumlrteter Stahl)

bull Versagen durch Gleitbruch (z B Aluminium Kupfer und Kupferlegierungen)bull Werkstoffe mit ausgepraumlgter Flieszligzone die erst nach Einschnuumlrung einen Trennbruch

zeigen (vorzugsweise Stahl)

Werden bei diesem Pruumlfvorgang die Spannungen uumlber der Dehnung aufgetragen so ergibt sich das aus der Werkstoffpruumlfung bekannte SpannungsshyDehnungsshyDiagramm das abhaumlngig von der Bruchart charakteristische Formen aufweist (vgl Abb 28)

Fuumlr die Auslegung von Bauteilen unter ruhender Belastung sind also nicht nur die vershyschiedenen Brucharten interessant Es muss insbesondere fuumlr Staumlhle mit ausgepraumlgtem Flieszligverhalten bereits von Versagen gesprochen werden wenn das Bauteil durch unzulaumlsshysige plastische Deformationen seine Funktionsfaumlhigkeit verliert

Ausgehend von den fuumlr Staumlben moumlglichen Beanspruchungsarten (s Abschn 22) ergeshyben sich bereits infolge ruhender Beanspruchung theoretisch zehn Werkstoffkennwerte die aus praktischen Gruumlnden auf vier eingeschraumlnkt werden (vgl Tab 22)

Bel

astu

ng b

zw

Bea

nspr

uchu

ng

e

c

b

Zeit

a dAbb 25 Belastungsshy und Beanspruchungsarten (a) ruhend (b) schwellend (c) wechselnd (d) allgemein (e) stochastisch

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

13

Nun sind die meisten Bauteile nicht ruhend sondern periodisch schwingend oder sogar stochastisch belastet bzw beansprucht (vgl Abb 25)

Es ist das Verdienst von August Woumlhler [227] im Jahre 1870 die Dauerschwingfestigkeit der metallischen Werkstoffe entdeckt und in einem noch heute uumlblichen nach ihm benannshyten Diagramm dargestellt zu haben (Abb 29)

Bei schwingender Beanspruchung nimmt die zum Schwingbruch fuumlhrende Lastshywechselzahl N fuumlr abnehmende Spannungshorizonte zu Bis 103hellip104 Lastwechsel spreshychen wir von Kurzzeitfestigkeit (LowshyCycleshyFatigue LCF) Bei Erreichen eines

a b

Abb 26 Pruumlfkoumlrper der Werkstoffpruumlfung (a) Rundprobe (b) Flachprobe

a cb

Abb 27 Brucharten beim Zugversuch (a) Trennbruch bei sproumldem Werkstoff (b) Gleitbruch (c) Trennbruch nach Einschnuumlrung und Verfestigung

23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch

14

Spannungshorizontes σD wird schlieszliglich eine gegen unendlich gehende Lastwechselzahl ertragen wir sprechen von Dauerfestigkeit (VeryshyHighshyCycleshyFatigue VHCF) Der Uumlbergang zur bdquoDauerschwingfestigkeitldquo wird bei NG = 106 hellip 107 Lastwechseln beobachshytet d h die meisten Maschinen wie Motoren und durch sie angetriebene Arbeitsmaschinen uumlberschreiten diese Grenzlastwechselzahl nach wenigen Tagen sie sind also nach bdquoDauerfestigkeitldquo auszulegen Dieses Dauerfestigkeitsverhalten der metallischen Werkstoffe welches durch abnehmende Ausschlagfestigkeiten bei zunehmender Mitshytelspannung gekennzeichnet ist laumlsst sich in sogenannten Dauerfestigkeitsschaubildern darstellen (vgl Abb 210)

Durch die Unterdruumlckung des Zeitparameters wird auch fuumlr diese Faumllle eine bdquoSicherheitsberechnungldquo moumlglich

Abb 28 Spannungsshy Dehnungsshy Diagramm fuumlr sproumlde und elastischshyplastische Werkstoffe (a) ausgepraumlgte Streckgrenze (b) nicht ausgepraumlgte Streckgrenze (c) sproumlde Werkstoffe

Beanspru-chungsart

Art des Versagens

Flieszligen Bruch

Zug Streckgrenzeoder

02 Dehngrenze

Re (oder σF bzw σS)Rp02 (oder σ02)

Zug- oderBruchfestigkeit Rm oder σB

Druck Quetschgrenze σdF Druckfestigkeit σdB

Biegung Biegeflieszliggrenze σbF Biegebruchfestigkeit σbB

Torsion Torsions-flieszliggrenze

τtF Torsionsbruch-festigkeit

τtB

Abscheren Scherflieszliggrenze τsF Scherfestigkeit τsB

vorzugsweise zu bestimmende Groumlszligen

Tab 22 Versagenskennwerte (Werkstofffestigkeiten) bei ruhender Belastung

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

Page 2: Dietrich Schlottmann Henrik Schnegas Auslegung von … · 2016. 7. 1. · VDI-Buch, DOI 10.1007/978-3-662-48807-2_1 Auslegung von Maschinen- und 1 Konstruktionselementen eine wesentliche

VDI-Buch

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Dietrich Schlottmann bull Henrik Schnegas

Auslegung von Konstruktionselementen Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit im Maschinenbau

3 Aufl age

Dietrich Schlottmann Rostock Deutschland

Henrik Schnegas FB Ingenieurwissenschaften Hochschule Wismar Wismar Deutschland

VDI-Buch ISBN 978-3-662-48806-5 ISBN 978-3-662-48807-2 (eBook) DOI 101007978-3-662-48807-2

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v

Vorwort zur 3 Aufl age

Die Berechnung von Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit technischer Gebilde erweist sich immer wieder als wesentlicher aber auch anspruchsvoller Bestandteil der Arbeit des in der Konstruktion taumltigen Ingenieurs

Houmlhere Leistungsparameter Energie- und Ressourceneffi zienz bei verbesserter Ver-fuumlgbarkeit und einer nach Moumlglichkeit instandhaltungs- und reparaturoptimalen Nutzungszeit kennzeichnen zunehmend auch die Erzeugnisse des Maschinen- und Anlagenbaus Neue Produktsicherheitsgesetze und -richtlinien verlangen nach Ausle-gungsmethoden die zB die Forderung nach einer notwendigen Lebensdauer mit einer moumlglichst kalkulierbaren Ausfallwahrscheinlichkeit unter Beruumlcksichtigung von Kosten bereits im Produktentstehungsprozess beruumlcksichtigen

Das vorliegende Buch ist hervorgegangen aus Vorlesungen fuumlr Maschinenelemente Konstruktionslehre und Zuverlaumlssigkeit technischer Systeme aus praktischen Erfahrungen der Autoren in der Auslegungspraxis auf dem Gebiet des Schiffs- Maschinen- und Anlagenbaus sowie aus Forschungs- und Entwicklungsaufgaben am Institut fuumlr Konstruktionstechnik der Universitaumlt Rostock und der Fachgruppe Konstruktionstechnik der Hochschule Wismar Es erhebt keinen Anspruch neue Forschungsergebnisse zB auf Gebieten wie der Betriebsfestigkeitslehre oder der Tribologie zu verbreiten Es verfolgt das Anliegen multivalent und unkompliziert nutzbare Methoden fuumlr die Auslegung und zuverlaumlssigkeitstheoretische Bewertung von Maschinen- und Apparateelemente fuumlr die Konstruktionspraxis sowie fuumlr Studierende konstruktiv gepraumlgter Fachrichtungen zu ver-mitteln Neben Bruch und Ermuumldung stehen hierbei auch Verschleiszlig Korrosion und andere fl aumlchenabtragende Schaumldigungsprozesse im Fokus dieses Buches Fuumlr die statisti-sche und wahrscheinlichkeitstheoretische Auswertung und Beschreibung von technischen Schaumldigungsarten werden einfache Algorithmen und Werkzeuge zur Verfuumlgung gestellt Da auch die Produktkosten bereits im Konstruktionsprozess eine immer groumlszligere Rolle spielen runden Kostenbetrachtungen mit Bezug auf Lebensdauer Sicherheit und Zuver-laumlssigkeit das vorliegende Buch ab

vi

Ich gebe der Hoffnung Ausdruck dass die 3 Aufl age viele Leser und Interessenten erreichen wird Ein ganz groszliges Dankeschoumln gilt meiner Familie die mit viel Verstaumlndnis das abendliche Schreiben an diesem Buch ertragen hat und der Geduld und der Unterstuumltzung der Mitarbeiter des Lektorates des Springer-Verlages Gleichzeitig soll diese 3 Aufl age ein ehrendes Gedenken an Prof Dr sc techn Dietrich Schlottmann (27021936 ndash V17092012) sein der bereits in den 60er Jahren die Zuverlaumlssigkeit als bdquooptimalesldquo Auslegungskriterium erkannte mich waumlhrend des Studiums und spaumlter als Wissenschaftlicher Mitarbeiter fuumlr dieses Thema begeisterte und vielen Studenten und mir das notwendige Ruumlstzeug fuumlr die heutige Taumltigkeit mitgab

Henrik Schnegas

Vorwort zur 3 Aufl age

vii

Inhaltsverzeichnis

1 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche Aufgabe des Ingenieurs 1 11 Berechnung von Sicherheit Lebensdauer

und Zuverlaumlssigkeit als historisch gewachsene Auslegungsmethoden 1 12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen

und Maschinen in den Konstruktionsprozess 3 Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 6

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo 7 21 Auslegung dargestellt am klassischen Sicherheitsbegriff 7 22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen 9 23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch 12 24 Bestimmung der Sicherheit bei Schwingbeanspruchung 17

241 Uumlberlastfall 1 17 242 Uumlberlastfall 2 18 243 Uumlberlastfall 3 18 244 allgemeiner Fall 18

25 Oumlrtliche Spannungserhoumlhungen Konzept der Sicherheitsberechnung nach oumlrtlichen Spannungen 19

26 Einfl uumlsse auf die Schwingfestigkeit das Nennspannungskonzept 24 27 Zusammengesetzte oder kombinierte Beanspruchung

stabfoumlrmiger Bauteile Vergleichsspannung und Gesamtsicherheit 30 28 Vergleichsspannung und Sicherheitsnachweis fuumlr nichtstabfoumlrmige

Bauteile Grenzen des Konzeptes der oumlrtlichen Spannungen 35 29 Erforderliche Sicherheit Sicherheit unter

wahrscheinlichkeitstheoretischem Aspekt 37 210 Ermittlung der uumlbergeordneten Sicherheit Produktsicherheit 41 211 Anhang 46 Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 66

viii

3 Schaumldigung und Versagen technischer Gebilde 67 31 Ausfallverhalten statistische Grundlagen 67 32 Grundlagen der Zuverlaumlssigkeitstheorie 70

321 Mathematische Zusammenhaumlnge 70 322 Spezielle Verteilungsfunktionen und Anwendung 73 323 Verteilungsfunktionen Ermittlung charakteristischer Groumlszligen 76 324 Berechnung der Ausfallwahrscheinlichkeit und Zuverlaumlssigkeit 80 325 Systemzuverlaumlssigkeit 82

33 Mathematische Beschreibung von Schaumldigung und Versagen technischer Gebilde 86 331 Systematisierung von Schaumldigung und Versagen 86 332 Schaumldigung durch Ermuumldung 90 333 Schaumldigung durch Verschleiszlig 96 334 Schaumldigung durch Erosion Korrosion und andere

fl aumlchenabtragende Prozesse 104 335 Mehrfache Schaumldigung 106 336 Komplexe Schaumldigungen 107

34 Anhang 111 Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 122

4 Berechnung der Lebensdauer bei nomineller und variabler Zuverlaumlssigkeit 123 41 Allgemeine Grundlagen der Lebensdauerberechnung 123

411 Klassische Lebensdauerberechnung 123 412 Lebensdauerberechnung bei Kollektivbeanspruchung 126 413 Lebensdauerberechnung bei Aumlquivalenzbelastung 131 414 Lebensdauerberechnung mit Aumlquivalenzfaktor 133

42 Lebensdauerberechnung bei variabler Zuverlaumlssigkeit 135 421 Zuverlaumlssigkeitsbasierte Lebensdauerberechnung bei konstanter

Beanspruchung und Gauszligverteilung 136 422 Zuverlaumlssigkeitsbasierte Lebensdauerberechnung bei konstanter

Beanspruchung und Weibullverteilung 137 423 Zuverlaumlssigkeitsbasierte Lebensdauerberechnung bei variabler

Beanspruchung und Normpunkt 138 424 Zuverlaumlssigkeitsbasierte Lebensdauerberechnung bei

Kollektivbeanspruchung und Normpunkt 140 43 Anhang 141 Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 146

5 Zusammenhaumlnge zwischen Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit ndash eine neue Auslegungsphilosophie 147 51 Systematisierung und Zielstellung 147 52 Zusammenhang zwischen Lebensdauer und Sicherheit

im Zeitfestigkeitsbereich bei variabler Zuverlaumlssigkeit 147

Inhaltsverzeichnis

ix

53 Zusammenhang zwischen Lebensdauer und Sicherheit im Zeitfestigkeitsbereich bei gleichbleibender Zuverlaumlssigkeit 149

54 Zusammenhang zwischen Zuverlaumlssigkeit bzw Schadenswahrscheinlichkeit und Sicherheit bei gleichbleibender Lebensdauer 151

55 Aktuelle Zuverlaumlssigkeit von Waumllzlagern 154 56 Zuverlaumlssigkeit bzw Schadenswahrscheinlichkeit

bei Kollektivbeanspruchung 156 57 Zuverlaumlssigkeitstheoretische Interferenzmodelle 159

571 bdquoStatischesldquo Interferenzmodell 159 572 bdquoDynamischesldquo Interferenzmodell 161 573 Interferenzmodell fuumlr Verschleiszlig 162

58 Anforderungen an Zuverlaumlssigkeit und Ausfallwahrscheinlichkeit 164 59 Sicherheit Lebensdauer Zuverlaumlssigkeit und Ausfall-

wahrscheinlichkeit ndash eine neue Auslegungsphilosophie 165 Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 169

6 Kosten im Lebenszyklus technischer Gebilde ndash wie teuer duumlrfen Qualitaumlt und Zuverlaumlssigkeit sein 171 61 Kostenverantwortung bei der Entwicklung eines

technischen Gebildes 171 62 Lebenslaufkosten eines technischen Gebildes und Modelle

fuumlr ihre Berechnung 174 621 Lebenslaufkosten eines technischen Gebildes 174 622 Lebenslaufkostenmodell und Bestimmung der optimalen

Nutzungsdauer eines technischen Gebildes 174 63 Herstellerseitige Lebenslaufkosten und Zuverlaumlssigkeit 179

631 Allgemeine Kostenstruktur bei der Entwicklung und Herstellung technischer Gebilde 179

632 Kostenentwicklungsgesetze und Zuverlaumlssigkeit 181 633 Zusammenhang von Kosten Zuverlaumlssigkeit und

Bauteilgroumlszlige am Beispiel der Waumllzlagerauslegung 184 64 Anwenderseitige Lebenslaufkosten und Zuverlaumlssigkeit 187

641 Allgemeine Kostenstruktur bei der Nutzung technischer Gebilde 187

642 Kosten und Zuverlaumlssigkeit bei der Instandhaltung 189 65 Target Costing ndash ein Werkzeug fuumlr die retrograde Bestimmung

erlaubter Kosten ndash wie teuer duumlrfen Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit sein 193 651 Grundbegriffe des Target Costing 193 652 Aufteilung der Kosten auf die auszulegenden Systemkomponenten 195

Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 197

Inhaltsverzeichnis

x

7 Sicherheit ndash Lebensdauer ndash Zuverlaumlssigkeit Anwendungsfaumllle und Beispiele 199 Beispiel 1 Sicherheit gegen Streck- und Flieszliggrenzenuumlberschreitung Einfl uss der Vergleichsspannungshypothesen 200 Beispiel 2 Sicherheitsnachweis bei Schwingbeanspruchung fuumlr Dauer- Schwingfestigkeit (Nennspannungskonzept) Abschaumltzung der Ausfallwahrscheinlichkeit 201 Beispiel 3 Lebensdauernachweis und Sicherheit im Kurzlebigkeitsbereich (Zeitfestigkeit) bei einem Beanspruchungshorizont 203 Beispiel 4 Lebensdauerberechnung mittels linearer Schadensakkumulationshypothesen bei Ermuumldung (Kollektivbelastung) 206 Beispiel 5 Auswertung von Ermuumldungsversuchen (Gauszlig Weibull) Generieren eines Woumlhlerdiagramms Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeitsberechnung 209 Beispiel 6 Bestimmung von Verteilungsparametern (Weibull) aus einem Woumlhlerlinienfeld Generieren einer Woumlhlerliniengleichung Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeitsberechnung unter Kollektivbelastung 218 Beispiel 7 Auswertung von Verschleiszliggroumlszligen 223 Beispiel 8 Systemzuverlaumlssigkeit einer Zweikreisbremse 227 Beispiel 9 Waumllzlager mit erhoumlhter Einzelzuverlaumlssigkeit Systemzuverlaumlssigkeit fuumlr 4 Lager 228 Beispiel 10 Aktuelle Zuverlaumlssigkeit am Beispiel eines Zahnrades mit Evolvente 231 Beispiel 11 Zuverlaumlssigkeit und oumlkonomische Nutzungsdauer 235

Stichwortverzeichnis 237

Inhaltsverzeichnis

1copy Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016D Schlottmann H Schnegas Auslegung von Konstruktionselementen VDI-Buch DOI 101007978-3-662-48807-2_1

1 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche Aufgabe des Ingenieurs

11 Berechnung von Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit als historisch gewachsene Auslegungsmethoden

Bevor fuumlr den konstruktionstechnisch interessierten Leser die bdquoAuslegung von Konstruk-tionselementenldquo eine entsprechende Einordnung in den konstruktiven Gesamtprozess erfahren wird soll in einer historisch angelegten Darstellung verdeutlicht werden welchem wissenschaftlichen Anliegen und welchem Ziel das vorliegende Buch zuzu-ordnen ist

Bei der Auslegung von Maschinen Baugruppen und Elementen wird nach der Fest-legung der Prinziploumlsung uumlber Hauptabmessungen Topologie Form und Gestalt und damit uumlber Masse Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit entschieden Informations-verarbeitung und Rechentechnik haben das Taumltigkeitsbild des Konstruk teurs in den letzten Jahrzehntenveraumlndert

Neben den Moumlglichkeiten des Computer Aided Designs (CAD) lassen sich im Rahmen des Computer Aided Engineerings (CAE) Berechnungen durchfuumlhren die noch vor Jahren wegen des hohen Arbeits- und Zeitaufwandes nicht denkbar waren Natuumlrlich hat diese Entwicklung auch die bdquoAuslegungldquo von Konstruktionselementen beeinfl usst Denken wir nur an die Methoden der Finiten Elemente (FEM) die es gestattet die vorhandenen Spannungen in kompliziertesten Bauteilen zu berechnen oder deren Anwendung bei der Strukturoptimierung bei der Suche nach kleinstmoumlglichen Konstruktionselementen

Trotzdem bleibt die Rechentechnik fuumlr die Ermittlung von Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit ein Hilfsmittel da das Ausfallverhalten von Konstruktionselementen und Maschinen damit nur auf der Basis mathematischer Modelle simuliert werden kann

Das Problem des Ausfalles bzw des Versagens von Geraumlten und schlieszliglich auch Bauwerken duumlrfte so alt sein wie die Menschheit selbst Die Erfahrung des Menschen

2

lieferte jedoch offensichtlich ein relativ sicheres Gefuumlhl fuumlr die Belastbarkeit der beeindru-ckenden Bauwerke des Altertums

Erste wissenschaftliche Ansaumltze einer bdquoAuslegungsrechnungldquo gehen auf Galilei (1564ndash 1642) zuruumlck der den Methoden und Modellen der heutigen Festigkeitslehre bereits sehr nahe kam (vgl z B [ 107 108 ]) So verwendete er den Begriff der Spannung und berechnete diese fuumlr den Einspannungsquerschnitt eines Kragarmes Auch wenn die angenommene Spannungsverteilung und damit das Ergebnis falsch war erkannte er die Bedeutung der Spannung als Vergleichsgroumlszlige fuumlr das Eintreten des Bruches Mit Recht wird deshalb der Name Galilei mit der einfachsten Bruchtheorie naumlmlich der Hauptnor-malspannungshypothese in Verbindung gebracht (vgl Kap 3 )

Natuumlrlich war es bis zur Gestaltaumlnderungsenergiehypothese (1913) nach v Mises [ 103 ] noch ein weiter Weg Die v Misesrsquosche Hypothese duumlrfte fuumlr das Fliessen und den Bruch infolge statischer Beanspruchung insbesondere fuumlr metallische Werkstoffe der Realitaumlt am naumlchsten kommen

Neue Raumltsel gaben die sich immer schneller drehenden Maschinen ihren Schoumlpfern insbesondere bzgl ihrer Haltbarkeit auf Berechnungen mit Kraumlften analog den statischen Lasten erwiesen sich als voumlllig unzutreffend Es ist das bleibende Verdienst von Woumlhler das Ermuumldungsverhalten von Werkstoffen und Bauteilen mit dem nach ihm bezeichneten bdquoWoumlhlerdiagrammldquo anschaulich und zweckmaumlszligig beschrieben zu haben [ 110 ]

Ein Grundanliegen des vorliegenden Buches besteht darin der von Woumlhler fuumlr die Ermuumldung entwickelten Methodik auch fuumlr andere Versagensarten wie Verschleiszlig und Korrosion zu folgen

Die erstmals von Woumlhler entdeckte bdquoDauerfestigkeitldquo metallischer Werkstoffe d h ihre Unempfi ndlichkeit gegenuumlber schwingender Beanspruchung unterhalb eines bestimmten Beanspruchungsniveaus fuumlhrte zu relativ einfachen Berechnungsmethoden auch fuumlr den Ermuumldungsbereich Wie bei statischer Belastung werden bdquoSicherheitszahlenldquo als Quotient aus zum Versagen fuumlhrender und vorhandener Beanspruchung berechnet Obwohl diese einfache ingenieurmaumlszligige Methode in Kap 3 teilweise einer kritischen Betrachtung unter-zogen wird duumlrfte sie auch in Zukunft ihre Bedeutung behalten

Andererseits ist es gerade die Schaumldigung durch bdquoErmuumldungldquo die sich in den letzten Jahrzehnten durch eine hohe Forschungsdichte auszeichnet und als bdquoBetriebsfestig-keitslehreldquo zu einer selbststaumlndigen Teildisziplin der Festigkeitslehre geworden ist

Leider hat sich die Betriebsfestigkeitslehre bisher nicht von der Empirie loumlsen koumlnnen und es muss vielleicht gerade deshalb beklagt werden dass sie nicht in gebuumlhrendem Maszlige bei der Auslegung von Bauteilen des Maschinenbaus zur Anwendung gekommen ist Die Berechnungsstandards gehen bisher weitgehend davon aus dass eine Maschine auf bdquoDauerfestigkeitldquo ausgelegt wird ndash und das ist gleichbedeutend mit einer zumindest theoretisch unendlichen Lebensdauer

Die Erfahrung lehrt aber dass Maschinen nach endlichen Zeiten ausfallen ndash und dass nicht nur durch Gewalt- oder Ermuumldungsbruch sondern auch durch Verschleiszlig Korrosion und andere Versagensarten So gesehen stellt die von Palmgren [ 105 ] bereits 1924

2 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche

3

vorgeschlagene Methode der Lebensdauerberechnung von Waumllzlagern eine der Zeit vor-ausgehende Pionierleistung dar deren Entwicklung sich aufdraumlngte da Waumllzlager keinen Dauerfestigkeitsbereich aufweisen

Neben der Woumlhlerlinie wird die von Palmgren eingefuumlhrte und von Miner [ 102 ] verallgemeinerte Methode der Lebensdauerberechnung in der vorliegenden Publi-kation als eine ingenieurmaumlszligig zweckmaumlszligige Vorgehensweise angesehen die auch bei Schaumldigungsmechanismen wie Ermuumldung Verschleiszlig und Korrosion anzuwen-den ist

Auch wenn diese Schaumldigungen ursaumlchlich kaum Gemeinsamkeiten aufweisen soll der Versuch unternommen werden eine phaumlnomenologisch begruumlndete gleichartige Berech-nungsmethode zu entwickeln um eine ingenieurmaumlszligig einheitliche Berechnung von Schaumldigungen im Sinne der Auslegungsrechnung zu erreichen

Es sei hervorgehoben dass die vorgeschlagene Vorgehensweise nur aus der Sicht des Konstrukteurs ihre Begruumlndung fi ndet Sie erhebt keinen Anspruch auf den Teilgebieten wie der Ermuumldung des Verschleiszliges oder der Korrosion einen auf die Grundlagen gerich-teten Beitrag leisten zu wollen Trotzdem duumlrfte die integrative Betrachtungsweise auch fuumlr den Spezialisten der Teildisziplin Anregung bieten

Ein weiterer Aspekt des Buches besteht darin die aktuelle Zuverlaumlssigkeit bzw Ausfallwahrscheinlichkeit zu ermitteln um fuumlr eine vorgegebene Lebensdauer die Systemzuverlaumlssigkeit bzw Informationen zur Instandhaltung zu gewinnen Damit wird der Nachteil der Betriebsfestigkeitslehre eine Lebensdauer nur fuumlr eine nominelle Zuverlaumlssigkeit angeben zu koumlnnen uumlberwunden Es wird damit eine bdquogestufteldquo Auslegung mit den Teilschritten

bull Sicherheit gegen Ermuumldung (klassische Sicherheit in Beanspruchungen) bull Lebensdauer fuumlr Schaumldigung durch Ermuumldung und andere Versagensarten (auch

Sicherheit auf der Basis des Lebensdauerquotienten) und bull aktuelle Zuverlaumlssigkeit bzw Schadenswahrscheinlichkeit

moumlglich wobei die drei Stufen baukastenartig mit relativ elementaren Zusatz-informationen zu berechnen sind Die Ermittlung einer vorhandenen Systemzuver-laumlssigkeit ist gleichzeitig eine Moumlglichkeit im Rahmen aktuell geforderter Risikoanalysen eine Risikobewertung durchfuumlhren zu koumlnnen

12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen und Maschinen in den Konstruktionsprozess

Das Beduumlrfnis nach neuen Erzeugnissen wird durch die Entwicklung der Wirtschaft und das Entstehen von Marktluumlcken ausgeloumlst Fuumlr den Entwicklungsingenieur und Kon-strukteur beginnt der Konstruktionsprozess i d R mit einer entsprechend formulierten Aufgabe und endet mit der Produktdokumentation des angestrebten Erzeugnisses

12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen und Maschinen

4

Eine wissenschaftliche Analyse dieses Prozesses geht auf Hansen [ 101 ] sowie Muumlller [ 104 ] zuruumlck Aumlhnliche Darstellungen sind in [ 109 ] und [ 106 ] zu fi nden

Ohne die Struktur des Konstruktionsprozesses beschreiben zu wollen werden sieben Arbeitsphasen durchlaufen (vgl Abb 11 ) wie am Beispiel einer Getriebekonstruktion erlaumlutert wird

In Abb 11 wird deutlich dass im Arbeitsschritt 5 uumlber die wesentlichen Abmessungen des technischen Gebildes entschieden wird d h das Bauteil erfaumlhrt seine vorlaumlufi ge bdquoAuslegungldquo Bei genauer Betrachtung unterteilt sich dieser Prozess wiederum in 3 Teilschritte naumlmlich in

bull Entwurfsrechnung bull Gestaltung und bull Nachweisrechnung

wie am Beispiel Welle in Abb 11 zu erkennen ist [ 106 ]

Aufgabe

Klaumlren und praumlzisierender Aufgabenstellung

Suchen nachLoumlsungsprinzipien und

deren Strukturen

Gliedern inrealisierbare Module

Gestalten dermaszliggebenden Module

Gestalten desgesamten Produktes

Ausarbeiten derAusfuumlhrungs- undNutzungsangaben

weitere Realisierung

Ermitteln von Funktionenund deren Strukturen

Anforderungsliste

Funktionsstruktur

Prinzipielle Loumlsung

Modulare Struktur

Vorentwuumlrfe

Gesamtentwurf

Dokumentation

1

2

3

4

5

6

7

Getriebe

Stuumlckliste1 Stk

2 Stk1 Stk

2 Stk

1 Stk

2 Stk

2 Stk

2 Stk

Dokumentation

Zeichnung

GehaumluseWellenZahnraumlder Lager

WandelnLeiten Leiten

M1 M2

WF Anforderungen

F

F

W

ω1=

ω1ω2

1M =

+ +

Abb 11 Generelle Arbeitsschritte und Arbeitsergebnisse des Konstruktionsprozesses nach VDI 2221 [ 109 ] am Beispiel einer Getriebekonstruktion

2 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche

5

In der Entwurfsrechnung wird i d R auf weniger als 10 der fuumlr den spaumlteren Produktionsprozess erforderlichen geometrischen und stoffl ichen Informationen Einfl uss genommen

Nach der Gestaltung entscheidet erst der Funktionsnachweis uumlber das positive bzw negative Ergebnis dieses iterativen Auslegungsprozesses (Abb 12 )

Der klassische Funktionsnachweis besteht u a in der Bestimmung einer bdquo Sicherheits-zahlldquo die durch den Quotienten aus zum Versagen fuumlhrender und vorhandener Belastung oder Beanspruchung berechnet wird Sie laumlsst jedoch keine Aussage uumlber Aus-fallwahrscheinlichkeit und Lebensdauer des technischen Gebildes zu

Der Sicherheitsnachweis bleibt auszligerdem auf die festigkeitsmaumlszligig begruumlndeten Ver-sagensarten wie Gewaltbruch Streckgrenzenuumlberschreitung und Dauerschwingbruch beschraumlnkt

Ansaumltze zur Berechnung von Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit sind durch die Waumllz-lagerberechnung und die Betriebsfestigkeitslehre bekannt

Wie bereits in Abschn 11 dargestellt soll eine allgemeine ingenieurmaumlszligige Aus-legungsmethodik auf der Basis der Berechnung von Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit ent-wickelt werden die auch Schaumldigungen wie Verschleiszlig und andere fl aumlchenabtragende Schaumldigungsprozesse beruumlcksichtigt und dem Konstrukteur mit der Ausfallwahrschein-lichkeit eine echte Entscheidungsmoumlglichkeit bietet

Die klassische Auslegungsmethode durch den Sicherheitsnachweis wird jedoch auch ihre Anwendungsberechtigung behalten zumal eine Fuumllle von Standards und Vorschriften darauf basieren und letztendlich im vorliegenden Buc der Zusammenhang von Sicherheit und Ausfallwahrscheinlichkeit hergestellt werden konnte

Vorentwuumlrfe

Modulare Struktur

5Gestalten dermaszliggebenden

Module

Beispiel Welle

Entwurfsrechnung

Gestaltung

Nachweisrechnung I II III fuumlr die Schnitte III

d erf

positiver Nachweis

vollstaumlndige Strukturbeschreibung

Abb 12 Klassischer Iterationszyklus fuumlr Entwurfsrechnung Gestaltung und Nachweisrechnung bei der Auslegung von Konstruktionselementen

12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen und Maschinen

6

Quellen und weiterfuumlhrende Literatur

[101] Hansen Friedrich Konstruktionssystematik ndash Grundlagen fuumlr eine allgemeine Konstruk-tionslehre Verlag Technik Berlin 1968

[102] Miner N Anton Cumulative Damage in Fatigue In Journal of Appl Mech Trans ASME 12 159-164 1945

[103] v Mises Richard Mechanik der plastischen Formaumlnderung ZAMM 161 1928 [104] Muumlller Johannes Grundlagen der Systematischen Heuristik Dietz Verlag Berlin 1970 [105] Palmgren Arvid Die Lebensdauer von Kugellagern In VDI-Zeitschrift 58 339-341

1924 [106] Schlottmann Dietrich u a Konstruktionslehre ndash Grundlagen Technik Berlin 1970 [107] Szabo Istvaacuten Einfuumlhrung in die Technische Mechanik Springer Berlin Goumlttingen

Heidelberg 1961 [108] Szabo Istvaacuten Houmlhere Technische Mechanik Springer Berlin Goumlttingen Heidelberg 1960 [109] Verein Deutscher Ingenieure VDI 2221 - Methodik zum Entwickeln und Konstruieren

technischer Systeme und Produkte VDI Duumlsseldorf 1993 [110] Woumlhler August Uumlber die Festigkeitsversuche mit Eisen und Stahl In Zeitschrift fuumlr

Bauwesen XX 81ndash89 1870

2 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche

7copy Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016D Schlottmann H Schnegas Auslegung von Konstruktionselementen VDI-Buch DOI 101007978-3-662-48807-2_2

2Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

21 Auslegung dargestellt am klassischen Sicherheitsbegriff

Schon in dem 1862 erschienenen wohl ersten deutschsprachigem Lehrbuch der Konstruktionslehre von MollReuleaux [212] wird der Sicherheitsbegriff mit einer Zahl S gt1 in Verbindung gebracht die das unzulaumlssige Uumlberschreiten von Belastungen begrenshyzen soll Dem Text ist bereits sinngemaumlszlig zu entnehmen dass die beim bdquoGebrauch des Bauteils vorhandenen Belastungen immer kleiner sein muumlssen als die maximal moumlglishychen bzw zum Versagen fuumlhrendenldquo Es wird bereits das Versagen durch Flieszligen und Bruch unterschieden Allgemein koumlnnen wir schreiben

B Bvorhanden versagenlt (21)

Dabei sollen unter Belastungen B sowohl Kraumlfte als auch Momente verstanden werden (vgl Abb 21) Entsprechend der bereits in [213] getroffenen Definition der Sicherheit als Faktor S gt 1 kann fuumlr Gl (21) auch geschrieben werden

B S Bvorh vers sdot = (22)

und damit

S

B

Bvers

vorh

=

(23)

Fuumlr eine verallgemeinerte Sicherheitsberechnung (vgl ebenfalls [212]) erweist es sich als zweckmaumlszligig nicht Belastungen sondern zum Versagen fuumlhrende Spannungen σ im Weiteren auch Beanspruchungen genannt uumlber eine analoge Sicherheitszahl zu vergleichen

8

So gilt auch

S vers

vorh

=σσ

(24)

Der Vorteil einer Sicherheitsberechnung uumlber Spannungen wird bereits erkennbar wenn mehrere am Bauteil angreifende Belastungen an der gleichen Schnittflaumlche Spannungen hervorrufen Im Sinne der linearen Elastizitaumltstheorie gilt dann das Superpositionsprinzip

σ σ= sum i (25)

mit i = 123hellip welches wegen der oft unterschiedlichen schaumldigenden Wirkung spaumlter allerdings in

Frage zu stellen istIn der Praxis tritt dieser einfache Sonderfall jedoch nur selten auf Beispiele waumlren

bdquoscheibenartigeldquo Bauteile mit bdquolastfreienldquo Oberflaumlchen oder bdquoeinachsigldquo beanspruchte Staumlbe Haumlufig anzutreffen ist dagegen die Kombination einer Normalspannung σ mit einer Schubspannung τ wie spaumlter noch gezeigt wird

Fuumlr das allgemeine raumlumliche Bauteil muss an einem Element mit

3 Normalspannungen und6 Schubspannungen

gerechnet werden (vgl Abb 22) wobei die Schubspannungen sich wegen der bdquoGegenseitigkeitldquo auf drei reduzieren

Die Spannungen lassen sich anschaulich in Spannungstensoren darstellen wobei fuumlr homogene und isotrope Werkstoffe jeder Spannungstensor in einen Hauptspannungstensor uumlberfuumlhrt werden kann fuumlr den die Schubspannungen zu Null werden (vgl dazu elastizishytaumltstheoretische Fachbuumlcher wie z B [222 223])

σ

σ τ τ

τ σ τ

τ τ σ

σσ

σ

T

x xy xz

yx y yz

zx zy z

=

rarr

1

2

3

0 0

0 0

0 0

(26)

Abb 21 Scheibenfoumlrmiges Bauteil mit Belastungen Bi (FhellipKraumlfte M hellip Momente)

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

9

Auf die Berechnung dieser Spannungstensoren im Sinne vorhandener Spannungen soll in Abschnitt 22 uumlbersichtsmaumlszligig eingegangen werden

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

Die Berechnung der vorhandenen Spannungen ist die Aufgabe der Elastizitaumltstheorie daher soll hier nur ein systematischer Uumlberblick gegeben werden

Das einfachste Modell eines realen Bauteils wird durch den Stab realisiert Ausshygehend von aumluszligeren Belastungen werden zunaumlchst die Auflagerreaktionen des Systems bestimmt um dann die sogenannten Schnittgroumlszligen zu berechnen Diese Elementarkenntnisse werden vorausgesetzt In einer Schnittstelle x oder s (x i d R fuumlr den geraden s fuumlr den gekruumlmmten Stab) wirken die Schnittgroumlszligen Normalkraft Fn(s) Biegemoment Mb(s) Torsionsmoment Mt(s) und Querkraft Fq(s) (vgl Abb 23) aus denen sich die Spannungen σzd σb τt und τq nach den in Tab 21 angegebenen Formeln berechnen lassen

Auch hier gilt die Bemerkung dass im elastizitaumltstheoretischem Sinne σzd und σb sowie τt und τq bei Uumlbereinstimmung von Schnittflaumlchen und Richtung addiert werden duumlrfen was im Folgenden wegen der unterschiedlichen schaumldigenden Wirkung nur mit einer entshysprechenden Gewichtung zugelassen werden soll

Neben dem Stabmodell sind auch die Vollwelle unter Auszligendruck die Bohrung in der unendlichen Scheibe unter achsensymmetrischer radialer Pressung und der duumlnnwandige Kessel als bdquoelementareldquo Spannungszustaumlnde anzusehen (vgl Tafel II1 im Anhang) Querschnittsaumlnderungen insbesondere des Stabes und andere Formabweichungen der eleshymentaren Berechnungsmodelle werden in Abschn 25 noch ausfuumlhrlicher behandelt

Berechnungsmodelle der bdquohoumlheren technischen Mechanikldquo sind

bull Scheiben (ebener Spannungsshy bzw ebener Zustand)bull Plattenbull Schalenbull Torsion prismatischer Koumlrper undbull Kontaktaufgaben

σx

σz

σy

τyxτyz

τzx

τzy

a b

τxy

τxzσ3

σ1

σ2

Abb 22 (a) Normalshy Schubspannungen (b) Hauptspannungen am Bauteilelement

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

10

Mt(s)Mb(s)Fq(s)

yz xs

Fn(s)

a b c d

σn(s) σb(s) τt(s) τq(s)

Abb 23 Spannungen in stabfoumlrmigen Bauelementen (a) Spannung infolge Laumlngskraft Fn(s) (b) Spannung infolge Biegemoment Mb(s) (c) Spannung infolge Torsionsmoment Mt(s) (d) Spannung infolge Querkraft Fq(s)

Tab 21 Elementare Spannungszustaumlnde in stabfoumlrmigen Bauelementen

Schnittgroumlszlige Sinnbild Berechnung Spannungstensor

Normalkraft Fn(s)

Fn(s)σn

σ nnF s

A=

( ) σ1 0 0

0 0 0

0 0 0

σ σ1 = n

Biegemoment Mb(s)

Mb(s)σb

σ bb

z

M s

W=

( )

σ bb

z

M s

Iy=

( )sdot

σ1 0 0

0 0 0

0 0 0

σ σ1 = b

Torsionsmoment Mt(s)

Mt(s)τt τ t

t

t

M s

W=

( )

τ tt

p

M s

Ir=

( )sdot

σσ

1

2

0 0

0 0

0 0 0

σ τ σ1 2= = minusQuerkraft Fq(s)

Fq(s)

τq maxτ q

qF

Amax = χ σσ

1

2

0 0

0 0

0 0 0

σ τ σ1 2= = minus

A hellip QuerschnittsflaumlcheIz It hellip TraumlgheitsmomentWt hellip Widerstandsmomentχ hellip Flaumlchenbeiwert

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

11

Sie sind uumlbersichtsmaumlszligig ebenfalls im Anhang Tafel II1 zusammengestellt Abgeshysehen von Sonderfaumlllen werden diese Spannungszustaumlnde heute mit bdquoFiniteshyElementeshyMethodenldquo berechnet Diese Berechnungen liefern idR den vollstaumlndig besetzten Spannungstensor der sich aber an lastfreien Oberflaumlchen auf zweiachsige Spannungszustaumlnde reduziert

Wegen des gehaumluften Auftretens dieses bdquoebenenldquo Spannungszustandes sei noch ohne Ableitung auf die Formel zur Berechnung der Hauptspannungen

σσ σ σ minus σ

τ1 2

2

2

2 2 =+

plusmn

+x y x y

xy

(27)

und deren anschauliche Darstellung im Mohrschen Kreis (vgl Abb 24) sowie auf die Sonderfaumllle bdquoeinachsiger Spannungszustandldquo und bdquoreiner Schubspannungszustandldquo verwiesen

Wesentlich fuumlr die Werkstoffshy bzw Bauteilschaumldigung ist die Betrachtung und Kenntnis der Zeitfunktionen vorhandener Spannungen Waumlhrend die bdquoStatikldquo vorshyzugsweise von bdquostatischenldquo oder bdquoruhenden Belastungenldquo ausgeht sind Maschishynenbauteile meistens bdquoperiodisch schwingendldquo belastet und beansprucht Hingewiesen sei dabei auf den haumlufig auftretenden Sonderfall der sog bdquoUmlaufbiegungldquo bei dem ein konstantes Biegemoment der Welle eine bdquowechselndeldquo Beanspruchung hervorruft Besondere Betrachtung erfordern bdquostochastischeldquo Belastungen die natuumlrlich auch bdquostochastischeldquo Beanspruchungen mit sich bringen (vgl Abb 25) Diesen Belasshytungsshy und BeanspruchungsshybdquoKollektivenldquo wird in spaumlteren Abschnitten gebuumlhrender Raum zugemessen

σx +σy2

τ

σ2

σy

σx minusσy2

τxy

σ1σx σ

τ

σ2= 0

a

b c

σ1=σxσ σ

σ1=τ σ2=-σ1

τ

Abb 24 Ebener Spannungszustand im Mohrrsquoschen Kreis (a) allgemeiner ebener Spannungsshyzustand (b) einachsiger Spannungszustand (c) Schubspannungszustand

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

12

23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch

Der Konstruktionsprozess bringt eine unendliche Vielfalt technischer Gebilde mit untershyschiedlichster geometrischer Form und verschiedenartiger Werkstoffe hervor die auszligershydem unterschiedlichen Beanspruchungsarten und Belastungsfaumlllen unterliegen

Fuumlr den Sicherheitsnachweis bzgl der zum Versagen fuumlhrenden Belastungen hat es sich als oumlkonomisch und zweckmaumlszligig erwiesen die Belastungsgrenzen der Bauteile durch Vergleich mit dem Versagensverhalten einer uumlberschaubaren Menge idealisierter Pruumlfshykoumlrper die speziellen und in Pruumlfmaschinen realisierbaren Belastungen unterworfen wershyden zu ermitteln Solche Pruumlfkoumlrper sind z B die in Abb 26 dargestellten standardisierten Rundshy und Flachproben

Am einfachsten zu realisieren ist durch die Werkstoffpruumlfung der Zugversuch mit ruhender Belastung Die Belastung wird dabei zuumlgig d h mit konstanter elastischer und schlieszliglich plastischer Dehnungszunahme bis zum Eintreten des Bruches aufgebracht Nach der Form des Bruches sind drei charakteristische Arten von Werkstoffen (vgl Abb 27) zu unterscheiden

bull Werkstoffe die bei ruhender Beanspruchung zum sproumlden Trennbruch neigen (z B Glas Grauguss gehaumlrteter Stahl)

bull Versagen durch Gleitbruch (z B Aluminium Kupfer und Kupferlegierungen)bull Werkstoffe mit ausgepraumlgter Flieszligzone die erst nach Einschnuumlrung einen Trennbruch

zeigen (vorzugsweise Stahl)

Werden bei diesem Pruumlfvorgang die Spannungen uumlber der Dehnung aufgetragen so ergibt sich das aus der Werkstoffpruumlfung bekannte SpannungsshyDehnungsshyDiagramm das abhaumlngig von der Bruchart charakteristische Formen aufweist (vgl Abb 28)

Fuumlr die Auslegung von Bauteilen unter ruhender Belastung sind also nicht nur die vershyschiedenen Brucharten interessant Es muss insbesondere fuumlr Staumlhle mit ausgepraumlgtem Flieszligverhalten bereits von Versagen gesprochen werden wenn das Bauteil durch unzulaumlsshysige plastische Deformationen seine Funktionsfaumlhigkeit verliert

Ausgehend von den fuumlr Staumlben moumlglichen Beanspruchungsarten (s Abschn 22) ergeshyben sich bereits infolge ruhender Beanspruchung theoretisch zehn Werkstoffkennwerte die aus praktischen Gruumlnden auf vier eingeschraumlnkt werden (vgl Tab 22)

Bel

astu

ng b

zw

Bea

nspr

uchu

ng

e

c

b

Zeit

a dAbb 25 Belastungsshy und Beanspruchungsarten (a) ruhend (b) schwellend (c) wechselnd (d) allgemein (e) stochastisch

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

13

Nun sind die meisten Bauteile nicht ruhend sondern periodisch schwingend oder sogar stochastisch belastet bzw beansprucht (vgl Abb 25)

Es ist das Verdienst von August Woumlhler [227] im Jahre 1870 die Dauerschwingfestigkeit der metallischen Werkstoffe entdeckt und in einem noch heute uumlblichen nach ihm benannshyten Diagramm dargestellt zu haben (Abb 29)

Bei schwingender Beanspruchung nimmt die zum Schwingbruch fuumlhrende Lastshywechselzahl N fuumlr abnehmende Spannungshorizonte zu Bis 103hellip104 Lastwechsel spreshychen wir von Kurzzeitfestigkeit (LowshyCycleshyFatigue LCF) Bei Erreichen eines

a b

Abb 26 Pruumlfkoumlrper der Werkstoffpruumlfung (a) Rundprobe (b) Flachprobe

a cb

Abb 27 Brucharten beim Zugversuch (a) Trennbruch bei sproumldem Werkstoff (b) Gleitbruch (c) Trennbruch nach Einschnuumlrung und Verfestigung

23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch

14

Spannungshorizontes σD wird schlieszliglich eine gegen unendlich gehende Lastwechselzahl ertragen wir sprechen von Dauerfestigkeit (VeryshyHighshyCycleshyFatigue VHCF) Der Uumlbergang zur bdquoDauerschwingfestigkeitldquo wird bei NG = 106 hellip 107 Lastwechseln beobachshytet d h die meisten Maschinen wie Motoren und durch sie angetriebene Arbeitsmaschinen uumlberschreiten diese Grenzlastwechselzahl nach wenigen Tagen sie sind also nach bdquoDauerfestigkeitldquo auszulegen Dieses Dauerfestigkeitsverhalten der metallischen Werkstoffe welches durch abnehmende Ausschlagfestigkeiten bei zunehmender Mitshytelspannung gekennzeichnet ist laumlsst sich in sogenannten Dauerfestigkeitsschaubildern darstellen (vgl Abb 210)

Durch die Unterdruumlckung des Zeitparameters wird auch fuumlr diese Faumllle eine bdquoSicherheitsberechnungldquo moumlglich

Abb 28 Spannungsshy Dehnungsshy Diagramm fuumlr sproumlde und elastischshyplastische Werkstoffe (a) ausgepraumlgte Streckgrenze (b) nicht ausgepraumlgte Streckgrenze (c) sproumlde Werkstoffe

Beanspru-chungsart

Art des Versagens

Flieszligen Bruch

Zug Streckgrenzeoder

02 Dehngrenze

Re (oder σF bzw σS)Rp02 (oder σ02)

Zug- oderBruchfestigkeit Rm oder σB

Druck Quetschgrenze σdF Druckfestigkeit σdB

Biegung Biegeflieszliggrenze σbF Biegebruchfestigkeit σbB

Torsion Torsions-flieszliggrenze

τtF Torsionsbruch-festigkeit

τtB

Abscheren Scherflieszliggrenze τsF Scherfestigkeit τsB

vorzugsweise zu bestimmende Groumlszligen

Tab 22 Versagenskennwerte (Werkstofffestigkeiten) bei ruhender Belastung

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

Page 3: Dietrich Schlottmann Henrik Schnegas Auslegung von … · 2016. 7. 1. · VDI-Buch, DOI 10.1007/978-3-662-48807-2_1 Auslegung von Maschinen- und 1 Konstruktionselementen eine wesentliche

Dietrich Schlottmann bull Henrik Schnegas

Auslegung von Konstruktionselementen Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit im Maschinenbau

3 Aufl age

Dietrich Schlottmann Rostock Deutschland

Henrik Schnegas FB Ingenieurwissenschaften Hochschule Wismar Wismar Deutschland

VDI-Buch ISBN 978-3-662-48806-5 ISBN 978-3-662-48807-2 (eBook) DOI 101007978-3-662-48807-2

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v

Vorwort zur 3 Aufl age

Die Berechnung von Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit technischer Gebilde erweist sich immer wieder als wesentlicher aber auch anspruchsvoller Bestandteil der Arbeit des in der Konstruktion taumltigen Ingenieurs

Houmlhere Leistungsparameter Energie- und Ressourceneffi zienz bei verbesserter Ver-fuumlgbarkeit und einer nach Moumlglichkeit instandhaltungs- und reparaturoptimalen Nutzungszeit kennzeichnen zunehmend auch die Erzeugnisse des Maschinen- und Anlagenbaus Neue Produktsicherheitsgesetze und -richtlinien verlangen nach Ausle-gungsmethoden die zB die Forderung nach einer notwendigen Lebensdauer mit einer moumlglichst kalkulierbaren Ausfallwahrscheinlichkeit unter Beruumlcksichtigung von Kosten bereits im Produktentstehungsprozess beruumlcksichtigen

Das vorliegende Buch ist hervorgegangen aus Vorlesungen fuumlr Maschinenelemente Konstruktionslehre und Zuverlaumlssigkeit technischer Systeme aus praktischen Erfahrungen der Autoren in der Auslegungspraxis auf dem Gebiet des Schiffs- Maschinen- und Anlagenbaus sowie aus Forschungs- und Entwicklungsaufgaben am Institut fuumlr Konstruktionstechnik der Universitaumlt Rostock und der Fachgruppe Konstruktionstechnik der Hochschule Wismar Es erhebt keinen Anspruch neue Forschungsergebnisse zB auf Gebieten wie der Betriebsfestigkeitslehre oder der Tribologie zu verbreiten Es verfolgt das Anliegen multivalent und unkompliziert nutzbare Methoden fuumlr die Auslegung und zuverlaumlssigkeitstheoretische Bewertung von Maschinen- und Apparateelemente fuumlr die Konstruktionspraxis sowie fuumlr Studierende konstruktiv gepraumlgter Fachrichtungen zu ver-mitteln Neben Bruch und Ermuumldung stehen hierbei auch Verschleiszlig Korrosion und andere fl aumlchenabtragende Schaumldigungsprozesse im Fokus dieses Buches Fuumlr die statisti-sche und wahrscheinlichkeitstheoretische Auswertung und Beschreibung von technischen Schaumldigungsarten werden einfache Algorithmen und Werkzeuge zur Verfuumlgung gestellt Da auch die Produktkosten bereits im Konstruktionsprozess eine immer groumlszligere Rolle spielen runden Kostenbetrachtungen mit Bezug auf Lebensdauer Sicherheit und Zuver-laumlssigkeit das vorliegende Buch ab

vi

Ich gebe der Hoffnung Ausdruck dass die 3 Aufl age viele Leser und Interessenten erreichen wird Ein ganz groszliges Dankeschoumln gilt meiner Familie die mit viel Verstaumlndnis das abendliche Schreiben an diesem Buch ertragen hat und der Geduld und der Unterstuumltzung der Mitarbeiter des Lektorates des Springer-Verlages Gleichzeitig soll diese 3 Aufl age ein ehrendes Gedenken an Prof Dr sc techn Dietrich Schlottmann (27021936 ndash V17092012) sein der bereits in den 60er Jahren die Zuverlaumlssigkeit als bdquooptimalesldquo Auslegungskriterium erkannte mich waumlhrend des Studiums und spaumlter als Wissenschaftlicher Mitarbeiter fuumlr dieses Thema begeisterte und vielen Studenten und mir das notwendige Ruumlstzeug fuumlr die heutige Taumltigkeit mitgab

Henrik Schnegas

Vorwort zur 3 Aufl age

vii

Inhaltsverzeichnis

1 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche Aufgabe des Ingenieurs 1 11 Berechnung von Sicherheit Lebensdauer

und Zuverlaumlssigkeit als historisch gewachsene Auslegungsmethoden 1 12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen

und Maschinen in den Konstruktionsprozess 3 Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 6

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo 7 21 Auslegung dargestellt am klassischen Sicherheitsbegriff 7 22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen 9 23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch 12 24 Bestimmung der Sicherheit bei Schwingbeanspruchung 17

241 Uumlberlastfall 1 17 242 Uumlberlastfall 2 18 243 Uumlberlastfall 3 18 244 allgemeiner Fall 18

25 Oumlrtliche Spannungserhoumlhungen Konzept der Sicherheitsberechnung nach oumlrtlichen Spannungen 19

26 Einfl uumlsse auf die Schwingfestigkeit das Nennspannungskonzept 24 27 Zusammengesetzte oder kombinierte Beanspruchung

stabfoumlrmiger Bauteile Vergleichsspannung und Gesamtsicherheit 30 28 Vergleichsspannung und Sicherheitsnachweis fuumlr nichtstabfoumlrmige

Bauteile Grenzen des Konzeptes der oumlrtlichen Spannungen 35 29 Erforderliche Sicherheit Sicherheit unter

wahrscheinlichkeitstheoretischem Aspekt 37 210 Ermittlung der uumlbergeordneten Sicherheit Produktsicherheit 41 211 Anhang 46 Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 66

viii

3 Schaumldigung und Versagen technischer Gebilde 67 31 Ausfallverhalten statistische Grundlagen 67 32 Grundlagen der Zuverlaumlssigkeitstheorie 70

321 Mathematische Zusammenhaumlnge 70 322 Spezielle Verteilungsfunktionen und Anwendung 73 323 Verteilungsfunktionen Ermittlung charakteristischer Groumlszligen 76 324 Berechnung der Ausfallwahrscheinlichkeit und Zuverlaumlssigkeit 80 325 Systemzuverlaumlssigkeit 82

33 Mathematische Beschreibung von Schaumldigung und Versagen technischer Gebilde 86 331 Systematisierung von Schaumldigung und Versagen 86 332 Schaumldigung durch Ermuumldung 90 333 Schaumldigung durch Verschleiszlig 96 334 Schaumldigung durch Erosion Korrosion und andere

fl aumlchenabtragende Prozesse 104 335 Mehrfache Schaumldigung 106 336 Komplexe Schaumldigungen 107

34 Anhang 111 Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 122

4 Berechnung der Lebensdauer bei nomineller und variabler Zuverlaumlssigkeit 123 41 Allgemeine Grundlagen der Lebensdauerberechnung 123

411 Klassische Lebensdauerberechnung 123 412 Lebensdauerberechnung bei Kollektivbeanspruchung 126 413 Lebensdauerberechnung bei Aumlquivalenzbelastung 131 414 Lebensdauerberechnung mit Aumlquivalenzfaktor 133

42 Lebensdauerberechnung bei variabler Zuverlaumlssigkeit 135 421 Zuverlaumlssigkeitsbasierte Lebensdauerberechnung bei konstanter

Beanspruchung und Gauszligverteilung 136 422 Zuverlaumlssigkeitsbasierte Lebensdauerberechnung bei konstanter

Beanspruchung und Weibullverteilung 137 423 Zuverlaumlssigkeitsbasierte Lebensdauerberechnung bei variabler

Beanspruchung und Normpunkt 138 424 Zuverlaumlssigkeitsbasierte Lebensdauerberechnung bei

Kollektivbeanspruchung und Normpunkt 140 43 Anhang 141 Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 146

5 Zusammenhaumlnge zwischen Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit ndash eine neue Auslegungsphilosophie 147 51 Systematisierung und Zielstellung 147 52 Zusammenhang zwischen Lebensdauer und Sicherheit

im Zeitfestigkeitsbereich bei variabler Zuverlaumlssigkeit 147

Inhaltsverzeichnis

ix

53 Zusammenhang zwischen Lebensdauer und Sicherheit im Zeitfestigkeitsbereich bei gleichbleibender Zuverlaumlssigkeit 149

54 Zusammenhang zwischen Zuverlaumlssigkeit bzw Schadenswahrscheinlichkeit und Sicherheit bei gleichbleibender Lebensdauer 151

55 Aktuelle Zuverlaumlssigkeit von Waumllzlagern 154 56 Zuverlaumlssigkeit bzw Schadenswahrscheinlichkeit

bei Kollektivbeanspruchung 156 57 Zuverlaumlssigkeitstheoretische Interferenzmodelle 159

571 bdquoStatischesldquo Interferenzmodell 159 572 bdquoDynamischesldquo Interferenzmodell 161 573 Interferenzmodell fuumlr Verschleiszlig 162

58 Anforderungen an Zuverlaumlssigkeit und Ausfallwahrscheinlichkeit 164 59 Sicherheit Lebensdauer Zuverlaumlssigkeit und Ausfall-

wahrscheinlichkeit ndash eine neue Auslegungsphilosophie 165 Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 169

6 Kosten im Lebenszyklus technischer Gebilde ndash wie teuer duumlrfen Qualitaumlt und Zuverlaumlssigkeit sein 171 61 Kostenverantwortung bei der Entwicklung eines

technischen Gebildes 171 62 Lebenslaufkosten eines technischen Gebildes und Modelle

fuumlr ihre Berechnung 174 621 Lebenslaufkosten eines technischen Gebildes 174 622 Lebenslaufkostenmodell und Bestimmung der optimalen

Nutzungsdauer eines technischen Gebildes 174 63 Herstellerseitige Lebenslaufkosten und Zuverlaumlssigkeit 179

631 Allgemeine Kostenstruktur bei der Entwicklung und Herstellung technischer Gebilde 179

632 Kostenentwicklungsgesetze und Zuverlaumlssigkeit 181 633 Zusammenhang von Kosten Zuverlaumlssigkeit und

Bauteilgroumlszlige am Beispiel der Waumllzlagerauslegung 184 64 Anwenderseitige Lebenslaufkosten und Zuverlaumlssigkeit 187

641 Allgemeine Kostenstruktur bei der Nutzung technischer Gebilde 187

642 Kosten und Zuverlaumlssigkeit bei der Instandhaltung 189 65 Target Costing ndash ein Werkzeug fuumlr die retrograde Bestimmung

erlaubter Kosten ndash wie teuer duumlrfen Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit sein 193 651 Grundbegriffe des Target Costing 193 652 Aufteilung der Kosten auf die auszulegenden Systemkomponenten 195

Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 197

Inhaltsverzeichnis

x

7 Sicherheit ndash Lebensdauer ndash Zuverlaumlssigkeit Anwendungsfaumllle und Beispiele 199 Beispiel 1 Sicherheit gegen Streck- und Flieszliggrenzenuumlberschreitung Einfl uss der Vergleichsspannungshypothesen 200 Beispiel 2 Sicherheitsnachweis bei Schwingbeanspruchung fuumlr Dauer- Schwingfestigkeit (Nennspannungskonzept) Abschaumltzung der Ausfallwahrscheinlichkeit 201 Beispiel 3 Lebensdauernachweis und Sicherheit im Kurzlebigkeitsbereich (Zeitfestigkeit) bei einem Beanspruchungshorizont 203 Beispiel 4 Lebensdauerberechnung mittels linearer Schadensakkumulationshypothesen bei Ermuumldung (Kollektivbelastung) 206 Beispiel 5 Auswertung von Ermuumldungsversuchen (Gauszlig Weibull) Generieren eines Woumlhlerdiagramms Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeitsberechnung 209 Beispiel 6 Bestimmung von Verteilungsparametern (Weibull) aus einem Woumlhlerlinienfeld Generieren einer Woumlhlerliniengleichung Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeitsberechnung unter Kollektivbelastung 218 Beispiel 7 Auswertung von Verschleiszliggroumlszligen 223 Beispiel 8 Systemzuverlaumlssigkeit einer Zweikreisbremse 227 Beispiel 9 Waumllzlager mit erhoumlhter Einzelzuverlaumlssigkeit Systemzuverlaumlssigkeit fuumlr 4 Lager 228 Beispiel 10 Aktuelle Zuverlaumlssigkeit am Beispiel eines Zahnrades mit Evolvente 231 Beispiel 11 Zuverlaumlssigkeit und oumlkonomische Nutzungsdauer 235

Stichwortverzeichnis 237

Inhaltsverzeichnis

1copy Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016D Schlottmann H Schnegas Auslegung von Konstruktionselementen VDI-Buch DOI 101007978-3-662-48807-2_1

1 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche Aufgabe des Ingenieurs

11 Berechnung von Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit als historisch gewachsene Auslegungsmethoden

Bevor fuumlr den konstruktionstechnisch interessierten Leser die bdquoAuslegung von Konstruk-tionselementenldquo eine entsprechende Einordnung in den konstruktiven Gesamtprozess erfahren wird soll in einer historisch angelegten Darstellung verdeutlicht werden welchem wissenschaftlichen Anliegen und welchem Ziel das vorliegende Buch zuzu-ordnen ist

Bei der Auslegung von Maschinen Baugruppen und Elementen wird nach der Fest-legung der Prinziploumlsung uumlber Hauptabmessungen Topologie Form und Gestalt und damit uumlber Masse Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit entschieden Informations-verarbeitung und Rechentechnik haben das Taumltigkeitsbild des Konstruk teurs in den letzten Jahrzehntenveraumlndert

Neben den Moumlglichkeiten des Computer Aided Designs (CAD) lassen sich im Rahmen des Computer Aided Engineerings (CAE) Berechnungen durchfuumlhren die noch vor Jahren wegen des hohen Arbeits- und Zeitaufwandes nicht denkbar waren Natuumlrlich hat diese Entwicklung auch die bdquoAuslegungldquo von Konstruktionselementen beeinfl usst Denken wir nur an die Methoden der Finiten Elemente (FEM) die es gestattet die vorhandenen Spannungen in kompliziertesten Bauteilen zu berechnen oder deren Anwendung bei der Strukturoptimierung bei der Suche nach kleinstmoumlglichen Konstruktionselementen

Trotzdem bleibt die Rechentechnik fuumlr die Ermittlung von Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit ein Hilfsmittel da das Ausfallverhalten von Konstruktionselementen und Maschinen damit nur auf der Basis mathematischer Modelle simuliert werden kann

Das Problem des Ausfalles bzw des Versagens von Geraumlten und schlieszliglich auch Bauwerken duumlrfte so alt sein wie die Menschheit selbst Die Erfahrung des Menschen

2

lieferte jedoch offensichtlich ein relativ sicheres Gefuumlhl fuumlr die Belastbarkeit der beeindru-ckenden Bauwerke des Altertums

Erste wissenschaftliche Ansaumltze einer bdquoAuslegungsrechnungldquo gehen auf Galilei (1564ndash 1642) zuruumlck der den Methoden und Modellen der heutigen Festigkeitslehre bereits sehr nahe kam (vgl z B [ 107 108 ]) So verwendete er den Begriff der Spannung und berechnete diese fuumlr den Einspannungsquerschnitt eines Kragarmes Auch wenn die angenommene Spannungsverteilung und damit das Ergebnis falsch war erkannte er die Bedeutung der Spannung als Vergleichsgroumlszlige fuumlr das Eintreten des Bruches Mit Recht wird deshalb der Name Galilei mit der einfachsten Bruchtheorie naumlmlich der Hauptnor-malspannungshypothese in Verbindung gebracht (vgl Kap 3 )

Natuumlrlich war es bis zur Gestaltaumlnderungsenergiehypothese (1913) nach v Mises [ 103 ] noch ein weiter Weg Die v Misesrsquosche Hypothese duumlrfte fuumlr das Fliessen und den Bruch infolge statischer Beanspruchung insbesondere fuumlr metallische Werkstoffe der Realitaumlt am naumlchsten kommen

Neue Raumltsel gaben die sich immer schneller drehenden Maschinen ihren Schoumlpfern insbesondere bzgl ihrer Haltbarkeit auf Berechnungen mit Kraumlften analog den statischen Lasten erwiesen sich als voumlllig unzutreffend Es ist das bleibende Verdienst von Woumlhler das Ermuumldungsverhalten von Werkstoffen und Bauteilen mit dem nach ihm bezeichneten bdquoWoumlhlerdiagrammldquo anschaulich und zweckmaumlszligig beschrieben zu haben [ 110 ]

Ein Grundanliegen des vorliegenden Buches besteht darin der von Woumlhler fuumlr die Ermuumldung entwickelten Methodik auch fuumlr andere Versagensarten wie Verschleiszlig und Korrosion zu folgen

Die erstmals von Woumlhler entdeckte bdquoDauerfestigkeitldquo metallischer Werkstoffe d h ihre Unempfi ndlichkeit gegenuumlber schwingender Beanspruchung unterhalb eines bestimmten Beanspruchungsniveaus fuumlhrte zu relativ einfachen Berechnungsmethoden auch fuumlr den Ermuumldungsbereich Wie bei statischer Belastung werden bdquoSicherheitszahlenldquo als Quotient aus zum Versagen fuumlhrender und vorhandener Beanspruchung berechnet Obwohl diese einfache ingenieurmaumlszligige Methode in Kap 3 teilweise einer kritischen Betrachtung unter-zogen wird duumlrfte sie auch in Zukunft ihre Bedeutung behalten

Andererseits ist es gerade die Schaumldigung durch bdquoErmuumldungldquo die sich in den letzten Jahrzehnten durch eine hohe Forschungsdichte auszeichnet und als bdquoBetriebsfestig-keitslehreldquo zu einer selbststaumlndigen Teildisziplin der Festigkeitslehre geworden ist

Leider hat sich die Betriebsfestigkeitslehre bisher nicht von der Empirie loumlsen koumlnnen und es muss vielleicht gerade deshalb beklagt werden dass sie nicht in gebuumlhrendem Maszlige bei der Auslegung von Bauteilen des Maschinenbaus zur Anwendung gekommen ist Die Berechnungsstandards gehen bisher weitgehend davon aus dass eine Maschine auf bdquoDauerfestigkeitldquo ausgelegt wird ndash und das ist gleichbedeutend mit einer zumindest theoretisch unendlichen Lebensdauer

Die Erfahrung lehrt aber dass Maschinen nach endlichen Zeiten ausfallen ndash und dass nicht nur durch Gewalt- oder Ermuumldungsbruch sondern auch durch Verschleiszlig Korrosion und andere Versagensarten So gesehen stellt die von Palmgren [ 105 ] bereits 1924

2 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche

3

vorgeschlagene Methode der Lebensdauerberechnung von Waumllzlagern eine der Zeit vor-ausgehende Pionierleistung dar deren Entwicklung sich aufdraumlngte da Waumllzlager keinen Dauerfestigkeitsbereich aufweisen

Neben der Woumlhlerlinie wird die von Palmgren eingefuumlhrte und von Miner [ 102 ] verallgemeinerte Methode der Lebensdauerberechnung in der vorliegenden Publi-kation als eine ingenieurmaumlszligig zweckmaumlszligige Vorgehensweise angesehen die auch bei Schaumldigungsmechanismen wie Ermuumldung Verschleiszlig und Korrosion anzuwen-den ist

Auch wenn diese Schaumldigungen ursaumlchlich kaum Gemeinsamkeiten aufweisen soll der Versuch unternommen werden eine phaumlnomenologisch begruumlndete gleichartige Berech-nungsmethode zu entwickeln um eine ingenieurmaumlszligig einheitliche Berechnung von Schaumldigungen im Sinne der Auslegungsrechnung zu erreichen

Es sei hervorgehoben dass die vorgeschlagene Vorgehensweise nur aus der Sicht des Konstrukteurs ihre Begruumlndung fi ndet Sie erhebt keinen Anspruch auf den Teilgebieten wie der Ermuumldung des Verschleiszliges oder der Korrosion einen auf die Grundlagen gerich-teten Beitrag leisten zu wollen Trotzdem duumlrfte die integrative Betrachtungsweise auch fuumlr den Spezialisten der Teildisziplin Anregung bieten

Ein weiterer Aspekt des Buches besteht darin die aktuelle Zuverlaumlssigkeit bzw Ausfallwahrscheinlichkeit zu ermitteln um fuumlr eine vorgegebene Lebensdauer die Systemzuverlaumlssigkeit bzw Informationen zur Instandhaltung zu gewinnen Damit wird der Nachteil der Betriebsfestigkeitslehre eine Lebensdauer nur fuumlr eine nominelle Zuverlaumlssigkeit angeben zu koumlnnen uumlberwunden Es wird damit eine bdquogestufteldquo Auslegung mit den Teilschritten

bull Sicherheit gegen Ermuumldung (klassische Sicherheit in Beanspruchungen) bull Lebensdauer fuumlr Schaumldigung durch Ermuumldung und andere Versagensarten (auch

Sicherheit auf der Basis des Lebensdauerquotienten) und bull aktuelle Zuverlaumlssigkeit bzw Schadenswahrscheinlichkeit

moumlglich wobei die drei Stufen baukastenartig mit relativ elementaren Zusatz-informationen zu berechnen sind Die Ermittlung einer vorhandenen Systemzuver-laumlssigkeit ist gleichzeitig eine Moumlglichkeit im Rahmen aktuell geforderter Risikoanalysen eine Risikobewertung durchfuumlhren zu koumlnnen

12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen und Maschinen in den Konstruktionsprozess

Das Beduumlrfnis nach neuen Erzeugnissen wird durch die Entwicklung der Wirtschaft und das Entstehen von Marktluumlcken ausgeloumlst Fuumlr den Entwicklungsingenieur und Kon-strukteur beginnt der Konstruktionsprozess i d R mit einer entsprechend formulierten Aufgabe und endet mit der Produktdokumentation des angestrebten Erzeugnisses

12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen und Maschinen

4

Eine wissenschaftliche Analyse dieses Prozesses geht auf Hansen [ 101 ] sowie Muumlller [ 104 ] zuruumlck Aumlhnliche Darstellungen sind in [ 109 ] und [ 106 ] zu fi nden

Ohne die Struktur des Konstruktionsprozesses beschreiben zu wollen werden sieben Arbeitsphasen durchlaufen (vgl Abb 11 ) wie am Beispiel einer Getriebekonstruktion erlaumlutert wird

In Abb 11 wird deutlich dass im Arbeitsschritt 5 uumlber die wesentlichen Abmessungen des technischen Gebildes entschieden wird d h das Bauteil erfaumlhrt seine vorlaumlufi ge bdquoAuslegungldquo Bei genauer Betrachtung unterteilt sich dieser Prozess wiederum in 3 Teilschritte naumlmlich in

bull Entwurfsrechnung bull Gestaltung und bull Nachweisrechnung

wie am Beispiel Welle in Abb 11 zu erkennen ist [ 106 ]

Aufgabe

Klaumlren und praumlzisierender Aufgabenstellung

Suchen nachLoumlsungsprinzipien und

deren Strukturen

Gliedern inrealisierbare Module

Gestalten dermaszliggebenden Module

Gestalten desgesamten Produktes

Ausarbeiten derAusfuumlhrungs- undNutzungsangaben

weitere Realisierung

Ermitteln von Funktionenund deren Strukturen

Anforderungsliste

Funktionsstruktur

Prinzipielle Loumlsung

Modulare Struktur

Vorentwuumlrfe

Gesamtentwurf

Dokumentation

1

2

3

4

5

6

7

Getriebe

Stuumlckliste1 Stk

2 Stk1 Stk

2 Stk

1 Stk

2 Stk

2 Stk

2 Stk

Dokumentation

Zeichnung

GehaumluseWellenZahnraumlder Lager

WandelnLeiten Leiten

M1 M2

WF Anforderungen

F

F

W

ω1=

ω1ω2

1M =

+ +

Abb 11 Generelle Arbeitsschritte und Arbeitsergebnisse des Konstruktionsprozesses nach VDI 2221 [ 109 ] am Beispiel einer Getriebekonstruktion

2 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche

5

In der Entwurfsrechnung wird i d R auf weniger als 10 der fuumlr den spaumlteren Produktionsprozess erforderlichen geometrischen und stoffl ichen Informationen Einfl uss genommen

Nach der Gestaltung entscheidet erst der Funktionsnachweis uumlber das positive bzw negative Ergebnis dieses iterativen Auslegungsprozesses (Abb 12 )

Der klassische Funktionsnachweis besteht u a in der Bestimmung einer bdquo Sicherheits-zahlldquo die durch den Quotienten aus zum Versagen fuumlhrender und vorhandener Belastung oder Beanspruchung berechnet wird Sie laumlsst jedoch keine Aussage uumlber Aus-fallwahrscheinlichkeit und Lebensdauer des technischen Gebildes zu

Der Sicherheitsnachweis bleibt auszligerdem auf die festigkeitsmaumlszligig begruumlndeten Ver-sagensarten wie Gewaltbruch Streckgrenzenuumlberschreitung und Dauerschwingbruch beschraumlnkt

Ansaumltze zur Berechnung von Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit sind durch die Waumllz-lagerberechnung und die Betriebsfestigkeitslehre bekannt

Wie bereits in Abschn 11 dargestellt soll eine allgemeine ingenieurmaumlszligige Aus-legungsmethodik auf der Basis der Berechnung von Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit ent-wickelt werden die auch Schaumldigungen wie Verschleiszlig und andere fl aumlchenabtragende Schaumldigungsprozesse beruumlcksichtigt und dem Konstrukteur mit der Ausfallwahrschein-lichkeit eine echte Entscheidungsmoumlglichkeit bietet

Die klassische Auslegungsmethode durch den Sicherheitsnachweis wird jedoch auch ihre Anwendungsberechtigung behalten zumal eine Fuumllle von Standards und Vorschriften darauf basieren und letztendlich im vorliegenden Buc der Zusammenhang von Sicherheit und Ausfallwahrscheinlichkeit hergestellt werden konnte

Vorentwuumlrfe

Modulare Struktur

5Gestalten dermaszliggebenden

Module

Beispiel Welle

Entwurfsrechnung

Gestaltung

Nachweisrechnung I II III fuumlr die Schnitte III

d erf

positiver Nachweis

vollstaumlndige Strukturbeschreibung

Abb 12 Klassischer Iterationszyklus fuumlr Entwurfsrechnung Gestaltung und Nachweisrechnung bei der Auslegung von Konstruktionselementen

12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen und Maschinen

6

Quellen und weiterfuumlhrende Literatur

[101] Hansen Friedrich Konstruktionssystematik ndash Grundlagen fuumlr eine allgemeine Konstruk-tionslehre Verlag Technik Berlin 1968

[102] Miner N Anton Cumulative Damage in Fatigue In Journal of Appl Mech Trans ASME 12 159-164 1945

[103] v Mises Richard Mechanik der plastischen Formaumlnderung ZAMM 161 1928 [104] Muumlller Johannes Grundlagen der Systematischen Heuristik Dietz Verlag Berlin 1970 [105] Palmgren Arvid Die Lebensdauer von Kugellagern In VDI-Zeitschrift 58 339-341

1924 [106] Schlottmann Dietrich u a Konstruktionslehre ndash Grundlagen Technik Berlin 1970 [107] Szabo Istvaacuten Einfuumlhrung in die Technische Mechanik Springer Berlin Goumlttingen

Heidelberg 1961 [108] Szabo Istvaacuten Houmlhere Technische Mechanik Springer Berlin Goumlttingen Heidelberg 1960 [109] Verein Deutscher Ingenieure VDI 2221 - Methodik zum Entwickeln und Konstruieren

technischer Systeme und Produkte VDI Duumlsseldorf 1993 [110] Woumlhler August Uumlber die Festigkeitsversuche mit Eisen und Stahl In Zeitschrift fuumlr

Bauwesen XX 81ndash89 1870

2 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche

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2Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

21 Auslegung dargestellt am klassischen Sicherheitsbegriff

Schon in dem 1862 erschienenen wohl ersten deutschsprachigem Lehrbuch der Konstruktionslehre von MollReuleaux [212] wird der Sicherheitsbegriff mit einer Zahl S gt1 in Verbindung gebracht die das unzulaumlssige Uumlberschreiten von Belastungen begrenshyzen soll Dem Text ist bereits sinngemaumlszlig zu entnehmen dass die beim bdquoGebrauch des Bauteils vorhandenen Belastungen immer kleiner sein muumlssen als die maximal moumlglishychen bzw zum Versagen fuumlhrendenldquo Es wird bereits das Versagen durch Flieszligen und Bruch unterschieden Allgemein koumlnnen wir schreiben

B Bvorhanden versagenlt (21)

Dabei sollen unter Belastungen B sowohl Kraumlfte als auch Momente verstanden werden (vgl Abb 21) Entsprechend der bereits in [213] getroffenen Definition der Sicherheit als Faktor S gt 1 kann fuumlr Gl (21) auch geschrieben werden

B S Bvorh vers sdot = (22)

und damit

S

B

Bvers

vorh

=

(23)

Fuumlr eine verallgemeinerte Sicherheitsberechnung (vgl ebenfalls [212]) erweist es sich als zweckmaumlszligig nicht Belastungen sondern zum Versagen fuumlhrende Spannungen σ im Weiteren auch Beanspruchungen genannt uumlber eine analoge Sicherheitszahl zu vergleichen

8

So gilt auch

S vers

vorh

=σσ

(24)

Der Vorteil einer Sicherheitsberechnung uumlber Spannungen wird bereits erkennbar wenn mehrere am Bauteil angreifende Belastungen an der gleichen Schnittflaumlche Spannungen hervorrufen Im Sinne der linearen Elastizitaumltstheorie gilt dann das Superpositionsprinzip

σ σ= sum i (25)

mit i = 123hellip welches wegen der oft unterschiedlichen schaumldigenden Wirkung spaumlter allerdings in

Frage zu stellen istIn der Praxis tritt dieser einfache Sonderfall jedoch nur selten auf Beispiele waumlren

bdquoscheibenartigeldquo Bauteile mit bdquolastfreienldquo Oberflaumlchen oder bdquoeinachsigldquo beanspruchte Staumlbe Haumlufig anzutreffen ist dagegen die Kombination einer Normalspannung σ mit einer Schubspannung τ wie spaumlter noch gezeigt wird

Fuumlr das allgemeine raumlumliche Bauteil muss an einem Element mit

3 Normalspannungen und6 Schubspannungen

gerechnet werden (vgl Abb 22) wobei die Schubspannungen sich wegen der bdquoGegenseitigkeitldquo auf drei reduzieren

Die Spannungen lassen sich anschaulich in Spannungstensoren darstellen wobei fuumlr homogene und isotrope Werkstoffe jeder Spannungstensor in einen Hauptspannungstensor uumlberfuumlhrt werden kann fuumlr den die Schubspannungen zu Null werden (vgl dazu elastizishytaumltstheoretische Fachbuumlcher wie z B [222 223])

σ

σ τ τ

τ σ τ

τ τ σ

σσ

σ

T

x xy xz

yx y yz

zx zy z

=

rarr

1

2

3

0 0

0 0

0 0

(26)

Abb 21 Scheibenfoumlrmiges Bauteil mit Belastungen Bi (FhellipKraumlfte M hellip Momente)

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

9

Auf die Berechnung dieser Spannungstensoren im Sinne vorhandener Spannungen soll in Abschnitt 22 uumlbersichtsmaumlszligig eingegangen werden

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

Die Berechnung der vorhandenen Spannungen ist die Aufgabe der Elastizitaumltstheorie daher soll hier nur ein systematischer Uumlberblick gegeben werden

Das einfachste Modell eines realen Bauteils wird durch den Stab realisiert Ausshygehend von aumluszligeren Belastungen werden zunaumlchst die Auflagerreaktionen des Systems bestimmt um dann die sogenannten Schnittgroumlszligen zu berechnen Diese Elementarkenntnisse werden vorausgesetzt In einer Schnittstelle x oder s (x i d R fuumlr den geraden s fuumlr den gekruumlmmten Stab) wirken die Schnittgroumlszligen Normalkraft Fn(s) Biegemoment Mb(s) Torsionsmoment Mt(s) und Querkraft Fq(s) (vgl Abb 23) aus denen sich die Spannungen σzd σb τt und τq nach den in Tab 21 angegebenen Formeln berechnen lassen

Auch hier gilt die Bemerkung dass im elastizitaumltstheoretischem Sinne σzd und σb sowie τt und τq bei Uumlbereinstimmung von Schnittflaumlchen und Richtung addiert werden duumlrfen was im Folgenden wegen der unterschiedlichen schaumldigenden Wirkung nur mit einer entshysprechenden Gewichtung zugelassen werden soll

Neben dem Stabmodell sind auch die Vollwelle unter Auszligendruck die Bohrung in der unendlichen Scheibe unter achsensymmetrischer radialer Pressung und der duumlnnwandige Kessel als bdquoelementareldquo Spannungszustaumlnde anzusehen (vgl Tafel II1 im Anhang) Querschnittsaumlnderungen insbesondere des Stabes und andere Formabweichungen der eleshymentaren Berechnungsmodelle werden in Abschn 25 noch ausfuumlhrlicher behandelt

Berechnungsmodelle der bdquohoumlheren technischen Mechanikldquo sind

bull Scheiben (ebener Spannungsshy bzw ebener Zustand)bull Plattenbull Schalenbull Torsion prismatischer Koumlrper undbull Kontaktaufgaben

σx

σz

σy

τyxτyz

τzx

τzy

a b

τxy

τxzσ3

σ1

σ2

Abb 22 (a) Normalshy Schubspannungen (b) Hauptspannungen am Bauteilelement

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

10

Mt(s)Mb(s)Fq(s)

yz xs

Fn(s)

a b c d

σn(s) σb(s) τt(s) τq(s)

Abb 23 Spannungen in stabfoumlrmigen Bauelementen (a) Spannung infolge Laumlngskraft Fn(s) (b) Spannung infolge Biegemoment Mb(s) (c) Spannung infolge Torsionsmoment Mt(s) (d) Spannung infolge Querkraft Fq(s)

Tab 21 Elementare Spannungszustaumlnde in stabfoumlrmigen Bauelementen

Schnittgroumlszlige Sinnbild Berechnung Spannungstensor

Normalkraft Fn(s)

Fn(s)σn

σ nnF s

A=

( ) σ1 0 0

0 0 0

0 0 0

σ σ1 = n

Biegemoment Mb(s)

Mb(s)σb

σ bb

z

M s

W=

( )

σ bb

z

M s

Iy=

( )sdot

σ1 0 0

0 0 0

0 0 0

σ σ1 = b

Torsionsmoment Mt(s)

Mt(s)τt τ t

t

t

M s

W=

( )

τ tt

p

M s

Ir=

( )sdot

σσ

1

2

0 0

0 0

0 0 0

σ τ σ1 2= = minusQuerkraft Fq(s)

Fq(s)

τq maxτ q

qF

Amax = χ σσ

1

2

0 0

0 0

0 0 0

σ τ σ1 2= = minus

A hellip QuerschnittsflaumlcheIz It hellip TraumlgheitsmomentWt hellip Widerstandsmomentχ hellip Flaumlchenbeiwert

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

11

Sie sind uumlbersichtsmaumlszligig ebenfalls im Anhang Tafel II1 zusammengestellt Abgeshysehen von Sonderfaumlllen werden diese Spannungszustaumlnde heute mit bdquoFiniteshyElementeshyMethodenldquo berechnet Diese Berechnungen liefern idR den vollstaumlndig besetzten Spannungstensor der sich aber an lastfreien Oberflaumlchen auf zweiachsige Spannungszustaumlnde reduziert

Wegen des gehaumluften Auftretens dieses bdquoebenenldquo Spannungszustandes sei noch ohne Ableitung auf die Formel zur Berechnung der Hauptspannungen

σσ σ σ minus σ

τ1 2

2

2

2 2 =+

plusmn

+x y x y

xy

(27)

und deren anschauliche Darstellung im Mohrschen Kreis (vgl Abb 24) sowie auf die Sonderfaumllle bdquoeinachsiger Spannungszustandldquo und bdquoreiner Schubspannungszustandldquo verwiesen

Wesentlich fuumlr die Werkstoffshy bzw Bauteilschaumldigung ist die Betrachtung und Kenntnis der Zeitfunktionen vorhandener Spannungen Waumlhrend die bdquoStatikldquo vorshyzugsweise von bdquostatischenldquo oder bdquoruhenden Belastungenldquo ausgeht sind Maschishynenbauteile meistens bdquoperiodisch schwingendldquo belastet und beansprucht Hingewiesen sei dabei auf den haumlufig auftretenden Sonderfall der sog bdquoUmlaufbiegungldquo bei dem ein konstantes Biegemoment der Welle eine bdquowechselndeldquo Beanspruchung hervorruft Besondere Betrachtung erfordern bdquostochastischeldquo Belastungen die natuumlrlich auch bdquostochastischeldquo Beanspruchungen mit sich bringen (vgl Abb 25) Diesen Belasshytungsshy und BeanspruchungsshybdquoKollektivenldquo wird in spaumlteren Abschnitten gebuumlhrender Raum zugemessen

σx +σy2

τ

σ2

σy

σx minusσy2

τxy

σ1σx σ

τ

σ2= 0

a

b c

σ1=σxσ σ

σ1=τ σ2=-σ1

τ

Abb 24 Ebener Spannungszustand im Mohrrsquoschen Kreis (a) allgemeiner ebener Spannungsshyzustand (b) einachsiger Spannungszustand (c) Schubspannungszustand

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

12

23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch

Der Konstruktionsprozess bringt eine unendliche Vielfalt technischer Gebilde mit untershyschiedlichster geometrischer Form und verschiedenartiger Werkstoffe hervor die auszligershydem unterschiedlichen Beanspruchungsarten und Belastungsfaumlllen unterliegen

Fuumlr den Sicherheitsnachweis bzgl der zum Versagen fuumlhrenden Belastungen hat es sich als oumlkonomisch und zweckmaumlszligig erwiesen die Belastungsgrenzen der Bauteile durch Vergleich mit dem Versagensverhalten einer uumlberschaubaren Menge idealisierter Pruumlfshykoumlrper die speziellen und in Pruumlfmaschinen realisierbaren Belastungen unterworfen wershyden zu ermitteln Solche Pruumlfkoumlrper sind z B die in Abb 26 dargestellten standardisierten Rundshy und Flachproben

Am einfachsten zu realisieren ist durch die Werkstoffpruumlfung der Zugversuch mit ruhender Belastung Die Belastung wird dabei zuumlgig d h mit konstanter elastischer und schlieszliglich plastischer Dehnungszunahme bis zum Eintreten des Bruches aufgebracht Nach der Form des Bruches sind drei charakteristische Arten von Werkstoffen (vgl Abb 27) zu unterscheiden

bull Werkstoffe die bei ruhender Beanspruchung zum sproumlden Trennbruch neigen (z B Glas Grauguss gehaumlrteter Stahl)

bull Versagen durch Gleitbruch (z B Aluminium Kupfer und Kupferlegierungen)bull Werkstoffe mit ausgepraumlgter Flieszligzone die erst nach Einschnuumlrung einen Trennbruch

zeigen (vorzugsweise Stahl)

Werden bei diesem Pruumlfvorgang die Spannungen uumlber der Dehnung aufgetragen so ergibt sich das aus der Werkstoffpruumlfung bekannte SpannungsshyDehnungsshyDiagramm das abhaumlngig von der Bruchart charakteristische Formen aufweist (vgl Abb 28)

Fuumlr die Auslegung von Bauteilen unter ruhender Belastung sind also nicht nur die vershyschiedenen Brucharten interessant Es muss insbesondere fuumlr Staumlhle mit ausgepraumlgtem Flieszligverhalten bereits von Versagen gesprochen werden wenn das Bauteil durch unzulaumlsshysige plastische Deformationen seine Funktionsfaumlhigkeit verliert

Ausgehend von den fuumlr Staumlben moumlglichen Beanspruchungsarten (s Abschn 22) ergeshyben sich bereits infolge ruhender Beanspruchung theoretisch zehn Werkstoffkennwerte die aus praktischen Gruumlnden auf vier eingeschraumlnkt werden (vgl Tab 22)

Bel

astu

ng b

zw

Bea

nspr

uchu

ng

e

c

b

Zeit

a dAbb 25 Belastungsshy und Beanspruchungsarten (a) ruhend (b) schwellend (c) wechselnd (d) allgemein (e) stochastisch

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

13

Nun sind die meisten Bauteile nicht ruhend sondern periodisch schwingend oder sogar stochastisch belastet bzw beansprucht (vgl Abb 25)

Es ist das Verdienst von August Woumlhler [227] im Jahre 1870 die Dauerschwingfestigkeit der metallischen Werkstoffe entdeckt und in einem noch heute uumlblichen nach ihm benannshyten Diagramm dargestellt zu haben (Abb 29)

Bei schwingender Beanspruchung nimmt die zum Schwingbruch fuumlhrende Lastshywechselzahl N fuumlr abnehmende Spannungshorizonte zu Bis 103hellip104 Lastwechsel spreshychen wir von Kurzzeitfestigkeit (LowshyCycleshyFatigue LCF) Bei Erreichen eines

a b

Abb 26 Pruumlfkoumlrper der Werkstoffpruumlfung (a) Rundprobe (b) Flachprobe

a cb

Abb 27 Brucharten beim Zugversuch (a) Trennbruch bei sproumldem Werkstoff (b) Gleitbruch (c) Trennbruch nach Einschnuumlrung und Verfestigung

23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch

14

Spannungshorizontes σD wird schlieszliglich eine gegen unendlich gehende Lastwechselzahl ertragen wir sprechen von Dauerfestigkeit (VeryshyHighshyCycleshyFatigue VHCF) Der Uumlbergang zur bdquoDauerschwingfestigkeitldquo wird bei NG = 106 hellip 107 Lastwechseln beobachshytet d h die meisten Maschinen wie Motoren und durch sie angetriebene Arbeitsmaschinen uumlberschreiten diese Grenzlastwechselzahl nach wenigen Tagen sie sind also nach bdquoDauerfestigkeitldquo auszulegen Dieses Dauerfestigkeitsverhalten der metallischen Werkstoffe welches durch abnehmende Ausschlagfestigkeiten bei zunehmender Mitshytelspannung gekennzeichnet ist laumlsst sich in sogenannten Dauerfestigkeitsschaubildern darstellen (vgl Abb 210)

Durch die Unterdruumlckung des Zeitparameters wird auch fuumlr diese Faumllle eine bdquoSicherheitsberechnungldquo moumlglich

Abb 28 Spannungsshy Dehnungsshy Diagramm fuumlr sproumlde und elastischshyplastische Werkstoffe (a) ausgepraumlgte Streckgrenze (b) nicht ausgepraumlgte Streckgrenze (c) sproumlde Werkstoffe

Beanspru-chungsart

Art des Versagens

Flieszligen Bruch

Zug Streckgrenzeoder

02 Dehngrenze

Re (oder σF bzw σS)Rp02 (oder σ02)

Zug- oderBruchfestigkeit Rm oder σB

Druck Quetschgrenze σdF Druckfestigkeit σdB

Biegung Biegeflieszliggrenze σbF Biegebruchfestigkeit σbB

Torsion Torsions-flieszliggrenze

τtF Torsionsbruch-festigkeit

τtB

Abscheren Scherflieszliggrenze τsF Scherfestigkeit τsB

vorzugsweise zu bestimmende Groumlszligen

Tab 22 Versagenskennwerte (Werkstofffestigkeiten) bei ruhender Belastung

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

Page 4: Dietrich Schlottmann Henrik Schnegas Auslegung von … · 2016. 7. 1. · VDI-Buch, DOI 10.1007/978-3-662-48807-2_1 Auslegung von Maschinen- und 1 Konstruktionselementen eine wesentliche

Dietrich Schlottmann Rostock Deutschland

Henrik Schnegas FB Ingenieurwissenschaften Hochschule Wismar Wismar Deutschland

VDI-Buch ISBN 978-3-662-48806-5 ISBN 978-3-662-48807-2 (eBook) DOI 101007978-3-662-48807-2

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v

Vorwort zur 3 Aufl age

Die Berechnung von Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit technischer Gebilde erweist sich immer wieder als wesentlicher aber auch anspruchsvoller Bestandteil der Arbeit des in der Konstruktion taumltigen Ingenieurs

Houmlhere Leistungsparameter Energie- und Ressourceneffi zienz bei verbesserter Ver-fuumlgbarkeit und einer nach Moumlglichkeit instandhaltungs- und reparaturoptimalen Nutzungszeit kennzeichnen zunehmend auch die Erzeugnisse des Maschinen- und Anlagenbaus Neue Produktsicherheitsgesetze und -richtlinien verlangen nach Ausle-gungsmethoden die zB die Forderung nach einer notwendigen Lebensdauer mit einer moumlglichst kalkulierbaren Ausfallwahrscheinlichkeit unter Beruumlcksichtigung von Kosten bereits im Produktentstehungsprozess beruumlcksichtigen

Das vorliegende Buch ist hervorgegangen aus Vorlesungen fuumlr Maschinenelemente Konstruktionslehre und Zuverlaumlssigkeit technischer Systeme aus praktischen Erfahrungen der Autoren in der Auslegungspraxis auf dem Gebiet des Schiffs- Maschinen- und Anlagenbaus sowie aus Forschungs- und Entwicklungsaufgaben am Institut fuumlr Konstruktionstechnik der Universitaumlt Rostock und der Fachgruppe Konstruktionstechnik der Hochschule Wismar Es erhebt keinen Anspruch neue Forschungsergebnisse zB auf Gebieten wie der Betriebsfestigkeitslehre oder der Tribologie zu verbreiten Es verfolgt das Anliegen multivalent und unkompliziert nutzbare Methoden fuumlr die Auslegung und zuverlaumlssigkeitstheoretische Bewertung von Maschinen- und Apparateelemente fuumlr die Konstruktionspraxis sowie fuumlr Studierende konstruktiv gepraumlgter Fachrichtungen zu ver-mitteln Neben Bruch und Ermuumldung stehen hierbei auch Verschleiszlig Korrosion und andere fl aumlchenabtragende Schaumldigungsprozesse im Fokus dieses Buches Fuumlr die statisti-sche und wahrscheinlichkeitstheoretische Auswertung und Beschreibung von technischen Schaumldigungsarten werden einfache Algorithmen und Werkzeuge zur Verfuumlgung gestellt Da auch die Produktkosten bereits im Konstruktionsprozess eine immer groumlszligere Rolle spielen runden Kostenbetrachtungen mit Bezug auf Lebensdauer Sicherheit und Zuver-laumlssigkeit das vorliegende Buch ab

vi

Ich gebe der Hoffnung Ausdruck dass die 3 Aufl age viele Leser und Interessenten erreichen wird Ein ganz groszliges Dankeschoumln gilt meiner Familie die mit viel Verstaumlndnis das abendliche Schreiben an diesem Buch ertragen hat und der Geduld und der Unterstuumltzung der Mitarbeiter des Lektorates des Springer-Verlages Gleichzeitig soll diese 3 Aufl age ein ehrendes Gedenken an Prof Dr sc techn Dietrich Schlottmann (27021936 ndash V17092012) sein der bereits in den 60er Jahren die Zuverlaumlssigkeit als bdquooptimalesldquo Auslegungskriterium erkannte mich waumlhrend des Studiums und spaumlter als Wissenschaftlicher Mitarbeiter fuumlr dieses Thema begeisterte und vielen Studenten und mir das notwendige Ruumlstzeug fuumlr die heutige Taumltigkeit mitgab

Henrik Schnegas

Vorwort zur 3 Aufl age

vii

Inhaltsverzeichnis

1 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche Aufgabe des Ingenieurs 1 11 Berechnung von Sicherheit Lebensdauer

und Zuverlaumlssigkeit als historisch gewachsene Auslegungsmethoden 1 12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen

und Maschinen in den Konstruktionsprozess 3 Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 6

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo 7 21 Auslegung dargestellt am klassischen Sicherheitsbegriff 7 22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen 9 23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch 12 24 Bestimmung der Sicherheit bei Schwingbeanspruchung 17

241 Uumlberlastfall 1 17 242 Uumlberlastfall 2 18 243 Uumlberlastfall 3 18 244 allgemeiner Fall 18

25 Oumlrtliche Spannungserhoumlhungen Konzept der Sicherheitsberechnung nach oumlrtlichen Spannungen 19

26 Einfl uumlsse auf die Schwingfestigkeit das Nennspannungskonzept 24 27 Zusammengesetzte oder kombinierte Beanspruchung

stabfoumlrmiger Bauteile Vergleichsspannung und Gesamtsicherheit 30 28 Vergleichsspannung und Sicherheitsnachweis fuumlr nichtstabfoumlrmige

Bauteile Grenzen des Konzeptes der oumlrtlichen Spannungen 35 29 Erforderliche Sicherheit Sicherheit unter

wahrscheinlichkeitstheoretischem Aspekt 37 210 Ermittlung der uumlbergeordneten Sicherheit Produktsicherheit 41 211 Anhang 46 Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 66

viii

3 Schaumldigung und Versagen technischer Gebilde 67 31 Ausfallverhalten statistische Grundlagen 67 32 Grundlagen der Zuverlaumlssigkeitstheorie 70

321 Mathematische Zusammenhaumlnge 70 322 Spezielle Verteilungsfunktionen und Anwendung 73 323 Verteilungsfunktionen Ermittlung charakteristischer Groumlszligen 76 324 Berechnung der Ausfallwahrscheinlichkeit und Zuverlaumlssigkeit 80 325 Systemzuverlaumlssigkeit 82

33 Mathematische Beschreibung von Schaumldigung und Versagen technischer Gebilde 86 331 Systematisierung von Schaumldigung und Versagen 86 332 Schaumldigung durch Ermuumldung 90 333 Schaumldigung durch Verschleiszlig 96 334 Schaumldigung durch Erosion Korrosion und andere

fl aumlchenabtragende Prozesse 104 335 Mehrfache Schaumldigung 106 336 Komplexe Schaumldigungen 107

34 Anhang 111 Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 122

4 Berechnung der Lebensdauer bei nomineller und variabler Zuverlaumlssigkeit 123 41 Allgemeine Grundlagen der Lebensdauerberechnung 123

411 Klassische Lebensdauerberechnung 123 412 Lebensdauerberechnung bei Kollektivbeanspruchung 126 413 Lebensdauerberechnung bei Aumlquivalenzbelastung 131 414 Lebensdauerberechnung mit Aumlquivalenzfaktor 133

42 Lebensdauerberechnung bei variabler Zuverlaumlssigkeit 135 421 Zuverlaumlssigkeitsbasierte Lebensdauerberechnung bei konstanter

Beanspruchung und Gauszligverteilung 136 422 Zuverlaumlssigkeitsbasierte Lebensdauerberechnung bei konstanter

Beanspruchung und Weibullverteilung 137 423 Zuverlaumlssigkeitsbasierte Lebensdauerberechnung bei variabler

Beanspruchung und Normpunkt 138 424 Zuverlaumlssigkeitsbasierte Lebensdauerberechnung bei

Kollektivbeanspruchung und Normpunkt 140 43 Anhang 141 Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 146

5 Zusammenhaumlnge zwischen Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit ndash eine neue Auslegungsphilosophie 147 51 Systematisierung und Zielstellung 147 52 Zusammenhang zwischen Lebensdauer und Sicherheit

im Zeitfestigkeitsbereich bei variabler Zuverlaumlssigkeit 147

Inhaltsverzeichnis

ix

53 Zusammenhang zwischen Lebensdauer und Sicherheit im Zeitfestigkeitsbereich bei gleichbleibender Zuverlaumlssigkeit 149

54 Zusammenhang zwischen Zuverlaumlssigkeit bzw Schadenswahrscheinlichkeit und Sicherheit bei gleichbleibender Lebensdauer 151

55 Aktuelle Zuverlaumlssigkeit von Waumllzlagern 154 56 Zuverlaumlssigkeit bzw Schadenswahrscheinlichkeit

bei Kollektivbeanspruchung 156 57 Zuverlaumlssigkeitstheoretische Interferenzmodelle 159

571 bdquoStatischesldquo Interferenzmodell 159 572 bdquoDynamischesldquo Interferenzmodell 161 573 Interferenzmodell fuumlr Verschleiszlig 162

58 Anforderungen an Zuverlaumlssigkeit und Ausfallwahrscheinlichkeit 164 59 Sicherheit Lebensdauer Zuverlaumlssigkeit und Ausfall-

wahrscheinlichkeit ndash eine neue Auslegungsphilosophie 165 Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 169

6 Kosten im Lebenszyklus technischer Gebilde ndash wie teuer duumlrfen Qualitaumlt und Zuverlaumlssigkeit sein 171 61 Kostenverantwortung bei der Entwicklung eines

technischen Gebildes 171 62 Lebenslaufkosten eines technischen Gebildes und Modelle

fuumlr ihre Berechnung 174 621 Lebenslaufkosten eines technischen Gebildes 174 622 Lebenslaufkostenmodell und Bestimmung der optimalen

Nutzungsdauer eines technischen Gebildes 174 63 Herstellerseitige Lebenslaufkosten und Zuverlaumlssigkeit 179

631 Allgemeine Kostenstruktur bei der Entwicklung und Herstellung technischer Gebilde 179

632 Kostenentwicklungsgesetze und Zuverlaumlssigkeit 181 633 Zusammenhang von Kosten Zuverlaumlssigkeit und

Bauteilgroumlszlige am Beispiel der Waumllzlagerauslegung 184 64 Anwenderseitige Lebenslaufkosten und Zuverlaumlssigkeit 187

641 Allgemeine Kostenstruktur bei der Nutzung technischer Gebilde 187

642 Kosten und Zuverlaumlssigkeit bei der Instandhaltung 189 65 Target Costing ndash ein Werkzeug fuumlr die retrograde Bestimmung

erlaubter Kosten ndash wie teuer duumlrfen Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit sein 193 651 Grundbegriffe des Target Costing 193 652 Aufteilung der Kosten auf die auszulegenden Systemkomponenten 195

Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 197

Inhaltsverzeichnis

x

7 Sicherheit ndash Lebensdauer ndash Zuverlaumlssigkeit Anwendungsfaumllle und Beispiele 199 Beispiel 1 Sicherheit gegen Streck- und Flieszliggrenzenuumlberschreitung Einfl uss der Vergleichsspannungshypothesen 200 Beispiel 2 Sicherheitsnachweis bei Schwingbeanspruchung fuumlr Dauer- Schwingfestigkeit (Nennspannungskonzept) Abschaumltzung der Ausfallwahrscheinlichkeit 201 Beispiel 3 Lebensdauernachweis und Sicherheit im Kurzlebigkeitsbereich (Zeitfestigkeit) bei einem Beanspruchungshorizont 203 Beispiel 4 Lebensdauerberechnung mittels linearer Schadensakkumulationshypothesen bei Ermuumldung (Kollektivbelastung) 206 Beispiel 5 Auswertung von Ermuumldungsversuchen (Gauszlig Weibull) Generieren eines Woumlhlerdiagramms Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeitsberechnung 209 Beispiel 6 Bestimmung von Verteilungsparametern (Weibull) aus einem Woumlhlerlinienfeld Generieren einer Woumlhlerliniengleichung Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeitsberechnung unter Kollektivbelastung 218 Beispiel 7 Auswertung von Verschleiszliggroumlszligen 223 Beispiel 8 Systemzuverlaumlssigkeit einer Zweikreisbremse 227 Beispiel 9 Waumllzlager mit erhoumlhter Einzelzuverlaumlssigkeit Systemzuverlaumlssigkeit fuumlr 4 Lager 228 Beispiel 10 Aktuelle Zuverlaumlssigkeit am Beispiel eines Zahnrades mit Evolvente 231 Beispiel 11 Zuverlaumlssigkeit und oumlkonomische Nutzungsdauer 235

Stichwortverzeichnis 237

Inhaltsverzeichnis

1copy Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016D Schlottmann H Schnegas Auslegung von Konstruktionselementen VDI-Buch DOI 101007978-3-662-48807-2_1

1 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche Aufgabe des Ingenieurs

11 Berechnung von Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit als historisch gewachsene Auslegungsmethoden

Bevor fuumlr den konstruktionstechnisch interessierten Leser die bdquoAuslegung von Konstruk-tionselementenldquo eine entsprechende Einordnung in den konstruktiven Gesamtprozess erfahren wird soll in einer historisch angelegten Darstellung verdeutlicht werden welchem wissenschaftlichen Anliegen und welchem Ziel das vorliegende Buch zuzu-ordnen ist

Bei der Auslegung von Maschinen Baugruppen und Elementen wird nach der Fest-legung der Prinziploumlsung uumlber Hauptabmessungen Topologie Form und Gestalt und damit uumlber Masse Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit entschieden Informations-verarbeitung und Rechentechnik haben das Taumltigkeitsbild des Konstruk teurs in den letzten Jahrzehntenveraumlndert

Neben den Moumlglichkeiten des Computer Aided Designs (CAD) lassen sich im Rahmen des Computer Aided Engineerings (CAE) Berechnungen durchfuumlhren die noch vor Jahren wegen des hohen Arbeits- und Zeitaufwandes nicht denkbar waren Natuumlrlich hat diese Entwicklung auch die bdquoAuslegungldquo von Konstruktionselementen beeinfl usst Denken wir nur an die Methoden der Finiten Elemente (FEM) die es gestattet die vorhandenen Spannungen in kompliziertesten Bauteilen zu berechnen oder deren Anwendung bei der Strukturoptimierung bei der Suche nach kleinstmoumlglichen Konstruktionselementen

Trotzdem bleibt die Rechentechnik fuumlr die Ermittlung von Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit ein Hilfsmittel da das Ausfallverhalten von Konstruktionselementen und Maschinen damit nur auf der Basis mathematischer Modelle simuliert werden kann

Das Problem des Ausfalles bzw des Versagens von Geraumlten und schlieszliglich auch Bauwerken duumlrfte so alt sein wie die Menschheit selbst Die Erfahrung des Menschen

2

lieferte jedoch offensichtlich ein relativ sicheres Gefuumlhl fuumlr die Belastbarkeit der beeindru-ckenden Bauwerke des Altertums

Erste wissenschaftliche Ansaumltze einer bdquoAuslegungsrechnungldquo gehen auf Galilei (1564ndash 1642) zuruumlck der den Methoden und Modellen der heutigen Festigkeitslehre bereits sehr nahe kam (vgl z B [ 107 108 ]) So verwendete er den Begriff der Spannung und berechnete diese fuumlr den Einspannungsquerschnitt eines Kragarmes Auch wenn die angenommene Spannungsverteilung und damit das Ergebnis falsch war erkannte er die Bedeutung der Spannung als Vergleichsgroumlszlige fuumlr das Eintreten des Bruches Mit Recht wird deshalb der Name Galilei mit der einfachsten Bruchtheorie naumlmlich der Hauptnor-malspannungshypothese in Verbindung gebracht (vgl Kap 3 )

Natuumlrlich war es bis zur Gestaltaumlnderungsenergiehypothese (1913) nach v Mises [ 103 ] noch ein weiter Weg Die v Misesrsquosche Hypothese duumlrfte fuumlr das Fliessen und den Bruch infolge statischer Beanspruchung insbesondere fuumlr metallische Werkstoffe der Realitaumlt am naumlchsten kommen

Neue Raumltsel gaben die sich immer schneller drehenden Maschinen ihren Schoumlpfern insbesondere bzgl ihrer Haltbarkeit auf Berechnungen mit Kraumlften analog den statischen Lasten erwiesen sich als voumlllig unzutreffend Es ist das bleibende Verdienst von Woumlhler das Ermuumldungsverhalten von Werkstoffen und Bauteilen mit dem nach ihm bezeichneten bdquoWoumlhlerdiagrammldquo anschaulich und zweckmaumlszligig beschrieben zu haben [ 110 ]

Ein Grundanliegen des vorliegenden Buches besteht darin der von Woumlhler fuumlr die Ermuumldung entwickelten Methodik auch fuumlr andere Versagensarten wie Verschleiszlig und Korrosion zu folgen

Die erstmals von Woumlhler entdeckte bdquoDauerfestigkeitldquo metallischer Werkstoffe d h ihre Unempfi ndlichkeit gegenuumlber schwingender Beanspruchung unterhalb eines bestimmten Beanspruchungsniveaus fuumlhrte zu relativ einfachen Berechnungsmethoden auch fuumlr den Ermuumldungsbereich Wie bei statischer Belastung werden bdquoSicherheitszahlenldquo als Quotient aus zum Versagen fuumlhrender und vorhandener Beanspruchung berechnet Obwohl diese einfache ingenieurmaumlszligige Methode in Kap 3 teilweise einer kritischen Betrachtung unter-zogen wird duumlrfte sie auch in Zukunft ihre Bedeutung behalten

Andererseits ist es gerade die Schaumldigung durch bdquoErmuumldungldquo die sich in den letzten Jahrzehnten durch eine hohe Forschungsdichte auszeichnet und als bdquoBetriebsfestig-keitslehreldquo zu einer selbststaumlndigen Teildisziplin der Festigkeitslehre geworden ist

Leider hat sich die Betriebsfestigkeitslehre bisher nicht von der Empirie loumlsen koumlnnen und es muss vielleicht gerade deshalb beklagt werden dass sie nicht in gebuumlhrendem Maszlige bei der Auslegung von Bauteilen des Maschinenbaus zur Anwendung gekommen ist Die Berechnungsstandards gehen bisher weitgehend davon aus dass eine Maschine auf bdquoDauerfestigkeitldquo ausgelegt wird ndash und das ist gleichbedeutend mit einer zumindest theoretisch unendlichen Lebensdauer

Die Erfahrung lehrt aber dass Maschinen nach endlichen Zeiten ausfallen ndash und dass nicht nur durch Gewalt- oder Ermuumldungsbruch sondern auch durch Verschleiszlig Korrosion und andere Versagensarten So gesehen stellt die von Palmgren [ 105 ] bereits 1924

2 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche

3

vorgeschlagene Methode der Lebensdauerberechnung von Waumllzlagern eine der Zeit vor-ausgehende Pionierleistung dar deren Entwicklung sich aufdraumlngte da Waumllzlager keinen Dauerfestigkeitsbereich aufweisen

Neben der Woumlhlerlinie wird die von Palmgren eingefuumlhrte und von Miner [ 102 ] verallgemeinerte Methode der Lebensdauerberechnung in der vorliegenden Publi-kation als eine ingenieurmaumlszligig zweckmaumlszligige Vorgehensweise angesehen die auch bei Schaumldigungsmechanismen wie Ermuumldung Verschleiszlig und Korrosion anzuwen-den ist

Auch wenn diese Schaumldigungen ursaumlchlich kaum Gemeinsamkeiten aufweisen soll der Versuch unternommen werden eine phaumlnomenologisch begruumlndete gleichartige Berech-nungsmethode zu entwickeln um eine ingenieurmaumlszligig einheitliche Berechnung von Schaumldigungen im Sinne der Auslegungsrechnung zu erreichen

Es sei hervorgehoben dass die vorgeschlagene Vorgehensweise nur aus der Sicht des Konstrukteurs ihre Begruumlndung fi ndet Sie erhebt keinen Anspruch auf den Teilgebieten wie der Ermuumldung des Verschleiszliges oder der Korrosion einen auf die Grundlagen gerich-teten Beitrag leisten zu wollen Trotzdem duumlrfte die integrative Betrachtungsweise auch fuumlr den Spezialisten der Teildisziplin Anregung bieten

Ein weiterer Aspekt des Buches besteht darin die aktuelle Zuverlaumlssigkeit bzw Ausfallwahrscheinlichkeit zu ermitteln um fuumlr eine vorgegebene Lebensdauer die Systemzuverlaumlssigkeit bzw Informationen zur Instandhaltung zu gewinnen Damit wird der Nachteil der Betriebsfestigkeitslehre eine Lebensdauer nur fuumlr eine nominelle Zuverlaumlssigkeit angeben zu koumlnnen uumlberwunden Es wird damit eine bdquogestufteldquo Auslegung mit den Teilschritten

bull Sicherheit gegen Ermuumldung (klassische Sicherheit in Beanspruchungen) bull Lebensdauer fuumlr Schaumldigung durch Ermuumldung und andere Versagensarten (auch

Sicherheit auf der Basis des Lebensdauerquotienten) und bull aktuelle Zuverlaumlssigkeit bzw Schadenswahrscheinlichkeit

moumlglich wobei die drei Stufen baukastenartig mit relativ elementaren Zusatz-informationen zu berechnen sind Die Ermittlung einer vorhandenen Systemzuver-laumlssigkeit ist gleichzeitig eine Moumlglichkeit im Rahmen aktuell geforderter Risikoanalysen eine Risikobewertung durchfuumlhren zu koumlnnen

12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen und Maschinen in den Konstruktionsprozess

Das Beduumlrfnis nach neuen Erzeugnissen wird durch die Entwicklung der Wirtschaft und das Entstehen von Marktluumlcken ausgeloumlst Fuumlr den Entwicklungsingenieur und Kon-strukteur beginnt der Konstruktionsprozess i d R mit einer entsprechend formulierten Aufgabe und endet mit der Produktdokumentation des angestrebten Erzeugnisses

12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen und Maschinen

4

Eine wissenschaftliche Analyse dieses Prozesses geht auf Hansen [ 101 ] sowie Muumlller [ 104 ] zuruumlck Aumlhnliche Darstellungen sind in [ 109 ] und [ 106 ] zu fi nden

Ohne die Struktur des Konstruktionsprozesses beschreiben zu wollen werden sieben Arbeitsphasen durchlaufen (vgl Abb 11 ) wie am Beispiel einer Getriebekonstruktion erlaumlutert wird

In Abb 11 wird deutlich dass im Arbeitsschritt 5 uumlber die wesentlichen Abmessungen des technischen Gebildes entschieden wird d h das Bauteil erfaumlhrt seine vorlaumlufi ge bdquoAuslegungldquo Bei genauer Betrachtung unterteilt sich dieser Prozess wiederum in 3 Teilschritte naumlmlich in

bull Entwurfsrechnung bull Gestaltung und bull Nachweisrechnung

wie am Beispiel Welle in Abb 11 zu erkennen ist [ 106 ]

Aufgabe

Klaumlren und praumlzisierender Aufgabenstellung

Suchen nachLoumlsungsprinzipien und

deren Strukturen

Gliedern inrealisierbare Module

Gestalten dermaszliggebenden Module

Gestalten desgesamten Produktes

Ausarbeiten derAusfuumlhrungs- undNutzungsangaben

weitere Realisierung

Ermitteln von Funktionenund deren Strukturen

Anforderungsliste

Funktionsstruktur

Prinzipielle Loumlsung

Modulare Struktur

Vorentwuumlrfe

Gesamtentwurf

Dokumentation

1

2

3

4

5

6

7

Getriebe

Stuumlckliste1 Stk

2 Stk1 Stk

2 Stk

1 Stk

2 Stk

2 Stk

2 Stk

Dokumentation

Zeichnung

GehaumluseWellenZahnraumlder Lager

WandelnLeiten Leiten

M1 M2

WF Anforderungen

F

F

W

ω1=

ω1ω2

1M =

+ +

Abb 11 Generelle Arbeitsschritte und Arbeitsergebnisse des Konstruktionsprozesses nach VDI 2221 [ 109 ] am Beispiel einer Getriebekonstruktion

2 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche

5

In der Entwurfsrechnung wird i d R auf weniger als 10 der fuumlr den spaumlteren Produktionsprozess erforderlichen geometrischen und stoffl ichen Informationen Einfl uss genommen

Nach der Gestaltung entscheidet erst der Funktionsnachweis uumlber das positive bzw negative Ergebnis dieses iterativen Auslegungsprozesses (Abb 12 )

Der klassische Funktionsnachweis besteht u a in der Bestimmung einer bdquo Sicherheits-zahlldquo die durch den Quotienten aus zum Versagen fuumlhrender und vorhandener Belastung oder Beanspruchung berechnet wird Sie laumlsst jedoch keine Aussage uumlber Aus-fallwahrscheinlichkeit und Lebensdauer des technischen Gebildes zu

Der Sicherheitsnachweis bleibt auszligerdem auf die festigkeitsmaumlszligig begruumlndeten Ver-sagensarten wie Gewaltbruch Streckgrenzenuumlberschreitung und Dauerschwingbruch beschraumlnkt

Ansaumltze zur Berechnung von Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit sind durch die Waumllz-lagerberechnung und die Betriebsfestigkeitslehre bekannt

Wie bereits in Abschn 11 dargestellt soll eine allgemeine ingenieurmaumlszligige Aus-legungsmethodik auf der Basis der Berechnung von Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit ent-wickelt werden die auch Schaumldigungen wie Verschleiszlig und andere fl aumlchenabtragende Schaumldigungsprozesse beruumlcksichtigt und dem Konstrukteur mit der Ausfallwahrschein-lichkeit eine echte Entscheidungsmoumlglichkeit bietet

Die klassische Auslegungsmethode durch den Sicherheitsnachweis wird jedoch auch ihre Anwendungsberechtigung behalten zumal eine Fuumllle von Standards und Vorschriften darauf basieren und letztendlich im vorliegenden Buc der Zusammenhang von Sicherheit und Ausfallwahrscheinlichkeit hergestellt werden konnte

Vorentwuumlrfe

Modulare Struktur

5Gestalten dermaszliggebenden

Module

Beispiel Welle

Entwurfsrechnung

Gestaltung

Nachweisrechnung I II III fuumlr die Schnitte III

d erf

positiver Nachweis

vollstaumlndige Strukturbeschreibung

Abb 12 Klassischer Iterationszyklus fuumlr Entwurfsrechnung Gestaltung und Nachweisrechnung bei der Auslegung von Konstruktionselementen

12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen und Maschinen

6

Quellen und weiterfuumlhrende Literatur

[101] Hansen Friedrich Konstruktionssystematik ndash Grundlagen fuumlr eine allgemeine Konstruk-tionslehre Verlag Technik Berlin 1968

[102] Miner N Anton Cumulative Damage in Fatigue In Journal of Appl Mech Trans ASME 12 159-164 1945

[103] v Mises Richard Mechanik der plastischen Formaumlnderung ZAMM 161 1928 [104] Muumlller Johannes Grundlagen der Systematischen Heuristik Dietz Verlag Berlin 1970 [105] Palmgren Arvid Die Lebensdauer von Kugellagern In VDI-Zeitschrift 58 339-341

1924 [106] Schlottmann Dietrich u a Konstruktionslehre ndash Grundlagen Technik Berlin 1970 [107] Szabo Istvaacuten Einfuumlhrung in die Technische Mechanik Springer Berlin Goumlttingen

Heidelberg 1961 [108] Szabo Istvaacuten Houmlhere Technische Mechanik Springer Berlin Goumlttingen Heidelberg 1960 [109] Verein Deutscher Ingenieure VDI 2221 - Methodik zum Entwickeln und Konstruieren

technischer Systeme und Produkte VDI Duumlsseldorf 1993 [110] Woumlhler August Uumlber die Festigkeitsversuche mit Eisen und Stahl In Zeitschrift fuumlr

Bauwesen XX 81ndash89 1870

2 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche

7copy Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016D Schlottmann H Schnegas Auslegung von Konstruktionselementen VDI-Buch DOI 101007978-3-662-48807-2_2

2Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

21 Auslegung dargestellt am klassischen Sicherheitsbegriff

Schon in dem 1862 erschienenen wohl ersten deutschsprachigem Lehrbuch der Konstruktionslehre von MollReuleaux [212] wird der Sicherheitsbegriff mit einer Zahl S gt1 in Verbindung gebracht die das unzulaumlssige Uumlberschreiten von Belastungen begrenshyzen soll Dem Text ist bereits sinngemaumlszlig zu entnehmen dass die beim bdquoGebrauch des Bauteils vorhandenen Belastungen immer kleiner sein muumlssen als die maximal moumlglishychen bzw zum Versagen fuumlhrendenldquo Es wird bereits das Versagen durch Flieszligen und Bruch unterschieden Allgemein koumlnnen wir schreiben

B Bvorhanden versagenlt (21)

Dabei sollen unter Belastungen B sowohl Kraumlfte als auch Momente verstanden werden (vgl Abb 21) Entsprechend der bereits in [213] getroffenen Definition der Sicherheit als Faktor S gt 1 kann fuumlr Gl (21) auch geschrieben werden

B S Bvorh vers sdot = (22)

und damit

S

B

Bvers

vorh

=

(23)

Fuumlr eine verallgemeinerte Sicherheitsberechnung (vgl ebenfalls [212]) erweist es sich als zweckmaumlszligig nicht Belastungen sondern zum Versagen fuumlhrende Spannungen σ im Weiteren auch Beanspruchungen genannt uumlber eine analoge Sicherheitszahl zu vergleichen

8

So gilt auch

S vers

vorh

=σσ

(24)

Der Vorteil einer Sicherheitsberechnung uumlber Spannungen wird bereits erkennbar wenn mehrere am Bauteil angreifende Belastungen an der gleichen Schnittflaumlche Spannungen hervorrufen Im Sinne der linearen Elastizitaumltstheorie gilt dann das Superpositionsprinzip

σ σ= sum i (25)

mit i = 123hellip welches wegen der oft unterschiedlichen schaumldigenden Wirkung spaumlter allerdings in

Frage zu stellen istIn der Praxis tritt dieser einfache Sonderfall jedoch nur selten auf Beispiele waumlren

bdquoscheibenartigeldquo Bauteile mit bdquolastfreienldquo Oberflaumlchen oder bdquoeinachsigldquo beanspruchte Staumlbe Haumlufig anzutreffen ist dagegen die Kombination einer Normalspannung σ mit einer Schubspannung τ wie spaumlter noch gezeigt wird

Fuumlr das allgemeine raumlumliche Bauteil muss an einem Element mit

3 Normalspannungen und6 Schubspannungen

gerechnet werden (vgl Abb 22) wobei die Schubspannungen sich wegen der bdquoGegenseitigkeitldquo auf drei reduzieren

Die Spannungen lassen sich anschaulich in Spannungstensoren darstellen wobei fuumlr homogene und isotrope Werkstoffe jeder Spannungstensor in einen Hauptspannungstensor uumlberfuumlhrt werden kann fuumlr den die Schubspannungen zu Null werden (vgl dazu elastizishytaumltstheoretische Fachbuumlcher wie z B [222 223])

σ

σ τ τ

τ σ τ

τ τ σ

σσ

σ

T

x xy xz

yx y yz

zx zy z

=

rarr

1

2

3

0 0

0 0

0 0

(26)

Abb 21 Scheibenfoumlrmiges Bauteil mit Belastungen Bi (FhellipKraumlfte M hellip Momente)

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

9

Auf die Berechnung dieser Spannungstensoren im Sinne vorhandener Spannungen soll in Abschnitt 22 uumlbersichtsmaumlszligig eingegangen werden

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

Die Berechnung der vorhandenen Spannungen ist die Aufgabe der Elastizitaumltstheorie daher soll hier nur ein systematischer Uumlberblick gegeben werden

Das einfachste Modell eines realen Bauteils wird durch den Stab realisiert Ausshygehend von aumluszligeren Belastungen werden zunaumlchst die Auflagerreaktionen des Systems bestimmt um dann die sogenannten Schnittgroumlszligen zu berechnen Diese Elementarkenntnisse werden vorausgesetzt In einer Schnittstelle x oder s (x i d R fuumlr den geraden s fuumlr den gekruumlmmten Stab) wirken die Schnittgroumlszligen Normalkraft Fn(s) Biegemoment Mb(s) Torsionsmoment Mt(s) und Querkraft Fq(s) (vgl Abb 23) aus denen sich die Spannungen σzd σb τt und τq nach den in Tab 21 angegebenen Formeln berechnen lassen

Auch hier gilt die Bemerkung dass im elastizitaumltstheoretischem Sinne σzd und σb sowie τt und τq bei Uumlbereinstimmung von Schnittflaumlchen und Richtung addiert werden duumlrfen was im Folgenden wegen der unterschiedlichen schaumldigenden Wirkung nur mit einer entshysprechenden Gewichtung zugelassen werden soll

Neben dem Stabmodell sind auch die Vollwelle unter Auszligendruck die Bohrung in der unendlichen Scheibe unter achsensymmetrischer radialer Pressung und der duumlnnwandige Kessel als bdquoelementareldquo Spannungszustaumlnde anzusehen (vgl Tafel II1 im Anhang) Querschnittsaumlnderungen insbesondere des Stabes und andere Formabweichungen der eleshymentaren Berechnungsmodelle werden in Abschn 25 noch ausfuumlhrlicher behandelt

Berechnungsmodelle der bdquohoumlheren technischen Mechanikldquo sind

bull Scheiben (ebener Spannungsshy bzw ebener Zustand)bull Plattenbull Schalenbull Torsion prismatischer Koumlrper undbull Kontaktaufgaben

σx

σz

σy

τyxτyz

τzx

τzy

a b

τxy

τxzσ3

σ1

σ2

Abb 22 (a) Normalshy Schubspannungen (b) Hauptspannungen am Bauteilelement

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

10

Mt(s)Mb(s)Fq(s)

yz xs

Fn(s)

a b c d

σn(s) σb(s) τt(s) τq(s)

Abb 23 Spannungen in stabfoumlrmigen Bauelementen (a) Spannung infolge Laumlngskraft Fn(s) (b) Spannung infolge Biegemoment Mb(s) (c) Spannung infolge Torsionsmoment Mt(s) (d) Spannung infolge Querkraft Fq(s)

Tab 21 Elementare Spannungszustaumlnde in stabfoumlrmigen Bauelementen

Schnittgroumlszlige Sinnbild Berechnung Spannungstensor

Normalkraft Fn(s)

Fn(s)σn

σ nnF s

A=

( ) σ1 0 0

0 0 0

0 0 0

σ σ1 = n

Biegemoment Mb(s)

Mb(s)σb

σ bb

z

M s

W=

( )

σ bb

z

M s

Iy=

( )sdot

σ1 0 0

0 0 0

0 0 0

σ σ1 = b

Torsionsmoment Mt(s)

Mt(s)τt τ t

t

t

M s

W=

( )

τ tt

p

M s

Ir=

( )sdot

σσ

1

2

0 0

0 0

0 0 0

σ τ σ1 2= = minusQuerkraft Fq(s)

Fq(s)

τq maxτ q

qF

Amax = χ σσ

1

2

0 0

0 0

0 0 0

σ τ σ1 2= = minus

A hellip QuerschnittsflaumlcheIz It hellip TraumlgheitsmomentWt hellip Widerstandsmomentχ hellip Flaumlchenbeiwert

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

11

Sie sind uumlbersichtsmaumlszligig ebenfalls im Anhang Tafel II1 zusammengestellt Abgeshysehen von Sonderfaumlllen werden diese Spannungszustaumlnde heute mit bdquoFiniteshyElementeshyMethodenldquo berechnet Diese Berechnungen liefern idR den vollstaumlndig besetzten Spannungstensor der sich aber an lastfreien Oberflaumlchen auf zweiachsige Spannungszustaumlnde reduziert

Wegen des gehaumluften Auftretens dieses bdquoebenenldquo Spannungszustandes sei noch ohne Ableitung auf die Formel zur Berechnung der Hauptspannungen

σσ σ σ minus σ

τ1 2

2

2

2 2 =+

plusmn

+x y x y

xy

(27)

und deren anschauliche Darstellung im Mohrschen Kreis (vgl Abb 24) sowie auf die Sonderfaumllle bdquoeinachsiger Spannungszustandldquo und bdquoreiner Schubspannungszustandldquo verwiesen

Wesentlich fuumlr die Werkstoffshy bzw Bauteilschaumldigung ist die Betrachtung und Kenntnis der Zeitfunktionen vorhandener Spannungen Waumlhrend die bdquoStatikldquo vorshyzugsweise von bdquostatischenldquo oder bdquoruhenden Belastungenldquo ausgeht sind Maschishynenbauteile meistens bdquoperiodisch schwingendldquo belastet und beansprucht Hingewiesen sei dabei auf den haumlufig auftretenden Sonderfall der sog bdquoUmlaufbiegungldquo bei dem ein konstantes Biegemoment der Welle eine bdquowechselndeldquo Beanspruchung hervorruft Besondere Betrachtung erfordern bdquostochastischeldquo Belastungen die natuumlrlich auch bdquostochastischeldquo Beanspruchungen mit sich bringen (vgl Abb 25) Diesen Belasshytungsshy und BeanspruchungsshybdquoKollektivenldquo wird in spaumlteren Abschnitten gebuumlhrender Raum zugemessen

σx +σy2

τ

σ2

σy

σx minusσy2

τxy

σ1σx σ

τ

σ2= 0

a

b c

σ1=σxσ σ

σ1=τ σ2=-σ1

τ

Abb 24 Ebener Spannungszustand im Mohrrsquoschen Kreis (a) allgemeiner ebener Spannungsshyzustand (b) einachsiger Spannungszustand (c) Schubspannungszustand

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

12

23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch

Der Konstruktionsprozess bringt eine unendliche Vielfalt technischer Gebilde mit untershyschiedlichster geometrischer Form und verschiedenartiger Werkstoffe hervor die auszligershydem unterschiedlichen Beanspruchungsarten und Belastungsfaumlllen unterliegen

Fuumlr den Sicherheitsnachweis bzgl der zum Versagen fuumlhrenden Belastungen hat es sich als oumlkonomisch und zweckmaumlszligig erwiesen die Belastungsgrenzen der Bauteile durch Vergleich mit dem Versagensverhalten einer uumlberschaubaren Menge idealisierter Pruumlfshykoumlrper die speziellen und in Pruumlfmaschinen realisierbaren Belastungen unterworfen wershyden zu ermitteln Solche Pruumlfkoumlrper sind z B die in Abb 26 dargestellten standardisierten Rundshy und Flachproben

Am einfachsten zu realisieren ist durch die Werkstoffpruumlfung der Zugversuch mit ruhender Belastung Die Belastung wird dabei zuumlgig d h mit konstanter elastischer und schlieszliglich plastischer Dehnungszunahme bis zum Eintreten des Bruches aufgebracht Nach der Form des Bruches sind drei charakteristische Arten von Werkstoffen (vgl Abb 27) zu unterscheiden

bull Werkstoffe die bei ruhender Beanspruchung zum sproumlden Trennbruch neigen (z B Glas Grauguss gehaumlrteter Stahl)

bull Versagen durch Gleitbruch (z B Aluminium Kupfer und Kupferlegierungen)bull Werkstoffe mit ausgepraumlgter Flieszligzone die erst nach Einschnuumlrung einen Trennbruch

zeigen (vorzugsweise Stahl)

Werden bei diesem Pruumlfvorgang die Spannungen uumlber der Dehnung aufgetragen so ergibt sich das aus der Werkstoffpruumlfung bekannte SpannungsshyDehnungsshyDiagramm das abhaumlngig von der Bruchart charakteristische Formen aufweist (vgl Abb 28)

Fuumlr die Auslegung von Bauteilen unter ruhender Belastung sind also nicht nur die vershyschiedenen Brucharten interessant Es muss insbesondere fuumlr Staumlhle mit ausgepraumlgtem Flieszligverhalten bereits von Versagen gesprochen werden wenn das Bauteil durch unzulaumlsshysige plastische Deformationen seine Funktionsfaumlhigkeit verliert

Ausgehend von den fuumlr Staumlben moumlglichen Beanspruchungsarten (s Abschn 22) ergeshyben sich bereits infolge ruhender Beanspruchung theoretisch zehn Werkstoffkennwerte die aus praktischen Gruumlnden auf vier eingeschraumlnkt werden (vgl Tab 22)

Bel

astu

ng b

zw

Bea

nspr

uchu

ng

e

c

b

Zeit

a dAbb 25 Belastungsshy und Beanspruchungsarten (a) ruhend (b) schwellend (c) wechselnd (d) allgemein (e) stochastisch

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

13

Nun sind die meisten Bauteile nicht ruhend sondern periodisch schwingend oder sogar stochastisch belastet bzw beansprucht (vgl Abb 25)

Es ist das Verdienst von August Woumlhler [227] im Jahre 1870 die Dauerschwingfestigkeit der metallischen Werkstoffe entdeckt und in einem noch heute uumlblichen nach ihm benannshyten Diagramm dargestellt zu haben (Abb 29)

Bei schwingender Beanspruchung nimmt die zum Schwingbruch fuumlhrende Lastshywechselzahl N fuumlr abnehmende Spannungshorizonte zu Bis 103hellip104 Lastwechsel spreshychen wir von Kurzzeitfestigkeit (LowshyCycleshyFatigue LCF) Bei Erreichen eines

a b

Abb 26 Pruumlfkoumlrper der Werkstoffpruumlfung (a) Rundprobe (b) Flachprobe

a cb

Abb 27 Brucharten beim Zugversuch (a) Trennbruch bei sproumldem Werkstoff (b) Gleitbruch (c) Trennbruch nach Einschnuumlrung und Verfestigung

23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch

14

Spannungshorizontes σD wird schlieszliglich eine gegen unendlich gehende Lastwechselzahl ertragen wir sprechen von Dauerfestigkeit (VeryshyHighshyCycleshyFatigue VHCF) Der Uumlbergang zur bdquoDauerschwingfestigkeitldquo wird bei NG = 106 hellip 107 Lastwechseln beobachshytet d h die meisten Maschinen wie Motoren und durch sie angetriebene Arbeitsmaschinen uumlberschreiten diese Grenzlastwechselzahl nach wenigen Tagen sie sind also nach bdquoDauerfestigkeitldquo auszulegen Dieses Dauerfestigkeitsverhalten der metallischen Werkstoffe welches durch abnehmende Ausschlagfestigkeiten bei zunehmender Mitshytelspannung gekennzeichnet ist laumlsst sich in sogenannten Dauerfestigkeitsschaubildern darstellen (vgl Abb 210)

Durch die Unterdruumlckung des Zeitparameters wird auch fuumlr diese Faumllle eine bdquoSicherheitsberechnungldquo moumlglich

Abb 28 Spannungsshy Dehnungsshy Diagramm fuumlr sproumlde und elastischshyplastische Werkstoffe (a) ausgepraumlgte Streckgrenze (b) nicht ausgepraumlgte Streckgrenze (c) sproumlde Werkstoffe

Beanspru-chungsart

Art des Versagens

Flieszligen Bruch

Zug Streckgrenzeoder

02 Dehngrenze

Re (oder σF bzw σS)Rp02 (oder σ02)

Zug- oderBruchfestigkeit Rm oder σB

Druck Quetschgrenze σdF Druckfestigkeit σdB

Biegung Biegeflieszliggrenze σbF Biegebruchfestigkeit σbB

Torsion Torsions-flieszliggrenze

τtF Torsionsbruch-festigkeit

τtB

Abscheren Scherflieszliggrenze τsF Scherfestigkeit τsB

vorzugsweise zu bestimmende Groumlszligen

Tab 22 Versagenskennwerte (Werkstofffestigkeiten) bei ruhender Belastung

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

Page 5: Dietrich Schlottmann Henrik Schnegas Auslegung von … · 2016. 7. 1. · VDI-Buch, DOI 10.1007/978-3-662-48807-2_1 Auslegung von Maschinen- und 1 Konstruktionselementen eine wesentliche

v

Vorwort zur 3 Aufl age

Die Berechnung von Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit technischer Gebilde erweist sich immer wieder als wesentlicher aber auch anspruchsvoller Bestandteil der Arbeit des in der Konstruktion taumltigen Ingenieurs

Houmlhere Leistungsparameter Energie- und Ressourceneffi zienz bei verbesserter Ver-fuumlgbarkeit und einer nach Moumlglichkeit instandhaltungs- und reparaturoptimalen Nutzungszeit kennzeichnen zunehmend auch die Erzeugnisse des Maschinen- und Anlagenbaus Neue Produktsicherheitsgesetze und -richtlinien verlangen nach Ausle-gungsmethoden die zB die Forderung nach einer notwendigen Lebensdauer mit einer moumlglichst kalkulierbaren Ausfallwahrscheinlichkeit unter Beruumlcksichtigung von Kosten bereits im Produktentstehungsprozess beruumlcksichtigen

Das vorliegende Buch ist hervorgegangen aus Vorlesungen fuumlr Maschinenelemente Konstruktionslehre und Zuverlaumlssigkeit technischer Systeme aus praktischen Erfahrungen der Autoren in der Auslegungspraxis auf dem Gebiet des Schiffs- Maschinen- und Anlagenbaus sowie aus Forschungs- und Entwicklungsaufgaben am Institut fuumlr Konstruktionstechnik der Universitaumlt Rostock und der Fachgruppe Konstruktionstechnik der Hochschule Wismar Es erhebt keinen Anspruch neue Forschungsergebnisse zB auf Gebieten wie der Betriebsfestigkeitslehre oder der Tribologie zu verbreiten Es verfolgt das Anliegen multivalent und unkompliziert nutzbare Methoden fuumlr die Auslegung und zuverlaumlssigkeitstheoretische Bewertung von Maschinen- und Apparateelemente fuumlr die Konstruktionspraxis sowie fuumlr Studierende konstruktiv gepraumlgter Fachrichtungen zu ver-mitteln Neben Bruch und Ermuumldung stehen hierbei auch Verschleiszlig Korrosion und andere fl aumlchenabtragende Schaumldigungsprozesse im Fokus dieses Buches Fuumlr die statisti-sche und wahrscheinlichkeitstheoretische Auswertung und Beschreibung von technischen Schaumldigungsarten werden einfache Algorithmen und Werkzeuge zur Verfuumlgung gestellt Da auch die Produktkosten bereits im Konstruktionsprozess eine immer groumlszligere Rolle spielen runden Kostenbetrachtungen mit Bezug auf Lebensdauer Sicherheit und Zuver-laumlssigkeit das vorliegende Buch ab

vi

Ich gebe der Hoffnung Ausdruck dass die 3 Aufl age viele Leser und Interessenten erreichen wird Ein ganz groszliges Dankeschoumln gilt meiner Familie die mit viel Verstaumlndnis das abendliche Schreiben an diesem Buch ertragen hat und der Geduld und der Unterstuumltzung der Mitarbeiter des Lektorates des Springer-Verlages Gleichzeitig soll diese 3 Aufl age ein ehrendes Gedenken an Prof Dr sc techn Dietrich Schlottmann (27021936 ndash V17092012) sein der bereits in den 60er Jahren die Zuverlaumlssigkeit als bdquooptimalesldquo Auslegungskriterium erkannte mich waumlhrend des Studiums und spaumlter als Wissenschaftlicher Mitarbeiter fuumlr dieses Thema begeisterte und vielen Studenten und mir das notwendige Ruumlstzeug fuumlr die heutige Taumltigkeit mitgab

Henrik Schnegas

Vorwort zur 3 Aufl age

vii

Inhaltsverzeichnis

1 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche Aufgabe des Ingenieurs 1 11 Berechnung von Sicherheit Lebensdauer

und Zuverlaumlssigkeit als historisch gewachsene Auslegungsmethoden 1 12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen

und Maschinen in den Konstruktionsprozess 3 Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 6

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo 7 21 Auslegung dargestellt am klassischen Sicherheitsbegriff 7 22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen 9 23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch 12 24 Bestimmung der Sicherheit bei Schwingbeanspruchung 17

241 Uumlberlastfall 1 17 242 Uumlberlastfall 2 18 243 Uumlberlastfall 3 18 244 allgemeiner Fall 18

25 Oumlrtliche Spannungserhoumlhungen Konzept der Sicherheitsberechnung nach oumlrtlichen Spannungen 19

26 Einfl uumlsse auf die Schwingfestigkeit das Nennspannungskonzept 24 27 Zusammengesetzte oder kombinierte Beanspruchung

stabfoumlrmiger Bauteile Vergleichsspannung und Gesamtsicherheit 30 28 Vergleichsspannung und Sicherheitsnachweis fuumlr nichtstabfoumlrmige

Bauteile Grenzen des Konzeptes der oumlrtlichen Spannungen 35 29 Erforderliche Sicherheit Sicherheit unter

wahrscheinlichkeitstheoretischem Aspekt 37 210 Ermittlung der uumlbergeordneten Sicherheit Produktsicherheit 41 211 Anhang 46 Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 66

viii

3 Schaumldigung und Versagen technischer Gebilde 67 31 Ausfallverhalten statistische Grundlagen 67 32 Grundlagen der Zuverlaumlssigkeitstheorie 70

321 Mathematische Zusammenhaumlnge 70 322 Spezielle Verteilungsfunktionen und Anwendung 73 323 Verteilungsfunktionen Ermittlung charakteristischer Groumlszligen 76 324 Berechnung der Ausfallwahrscheinlichkeit und Zuverlaumlssigkeit 80 325 Systemzuverlaumlssigkeit 82

33 Mathematische Beschreibung von Schaumldigung und Versagen technischer Gebilde 86 331 Systematisierung von Schaumldigung und Versagen 86 332 Schaumldigung durch Ermuumldung 90 333 Schaumldigung durch Verschleiszlig 96 334 Schaumldigung durch Erosion Korrosion und andere

fl aumlchenabtragende Prozesse 104 335 Mehrfache Schaumldigung 106 336 Komplexe Schaumldigungen 107

34 Anhang 111 Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 122

4 Berechnung der Lebensdauer bei nomineller und variabler Zuverlaumlssigkeit 123 41 Allgemeine Grundlagen der Lebensdauerberechnung 123

411 Klassische Lebensdauerberechnung 123 412 Lebensdauerberechnung bei Kollektivbeanspruchung 126 413 Lebensdauerberechnung bei Aumlquivalenzbelastung 131 414 Lebensdauerberechnung mit Aumlquivalenzfaktor 133

42 Lebensdauerberechnung bei variabler Zuverlaumlssigkeit 135 421 Zuverlaumlssigkeitsbasierte Lebensdauerberechnung bei konstanter

Beanspruchung und Gauszligverteilung 136 422 Zuverlaumlssigkeitsbasierte Lebensdauerberechnung bei konstanter

Beanspruchung und Weibullverteilung 137 423 Zuverlaumlssigkeitsbasierte Lebensdauerberechnung bei variabler

Beanspruchung und Normpunkt 138 424 Zuverlaumlssigkeitsbasierte Lebensdauerberechnung bei

Kollektivbeanspruchung und Normpunkt 140 43 Anhang 141 Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 146

5 Zusammenhaumlnge zwischen Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit ndash eine neue Auslegungsphilosophie 147 51 Systematisierung und Zielstellung 147 52 Zusammenhang zwischen Lebensdauer und Sicherheit

im Zeitfestigkeitsbereich bei variabler Zuverlaumlssigkeit 147

Inhaltsverzeichnis

ix

53 Zusammenhang zwischen Lebensdauer und Sicherheit im Zeitfestigkeitsbereich bei gleichbleibender Zuverlaumlssigkeit 149

54 Zusammenhang zwischen Zuverlaumlssigkeit bzw Schadenswahrscheinlichkeit und Sicherheit bei gleichbleibender Lebensdauer 151

55 Aktuelle Zuverlaumlssigkeit von Waumllzlagern 154 56 Zuverlaumlssigkeit bzw Schadenswahrscheinlichkeit

bei Kollektivbeanspruchung 156 57 Zuverlaumlssigkeitstheoretische Interferenzmodelle 159

571 bdquoStatischesldquo Interferenzmodell 159 572 bdquoDynamischesldquo Interferenzmodell 161 573 Interferenzmodell fuumlr Verschleiszlig 162

58 Anforderungen an Zuverlaumlssigkeit und Ausfallwahrscheinlichkeit 164 59 Sicherheit Lebensdauer Zuverlaumlssigkeit und Ausfall-

wahrscheinlichkeit ndash eine neue Auslegungsphilosophie 165 Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 169

6 Kosten im Lebenszyklus technischer Gebilde ndash wie teuer duumlrfen Qualitaumlt und Zuverlaumlssigkeit sein 171 61 Kostenverantwortung bei der Entwicklung eines

technischen Gebildes 171 62 Lebenslaufkosten eines technischen Gebildes und Modelle

fuumlr ihre Berechnung 174 621 Lebenslaufkosten eines technischen Gebildes 174 622 Lebenslaufkostenmodell und Bestimmung der optimalen

Nutzungsdauer eines technischen Gebildes 174 63 Herstellerseitige Lebenslaufkosten und Zuverlaumlssigkeit 179

631 Allgemeine Kostenstruktur bei der Entwicklung und Herstellung technischer Gebilde 179

632 Kostenentwicklungsgesetze und Zuverlaumlssigkeit 181 633 Zusammenhang von Kosten Zuverlaumlssigkeit und

Bauteilgroumlszlige am Beispiel der Waumllzlagerauslegung 184 64 Anwenderseitige Lebenslaufkosten und Zuverlaumlssigkeit 187

641 Allgemeine Kostenstruktur bei der Nutzung technischer Gebilde 187

642 Kosten und Zuverlaumlssigkeit bei der Instandhaltung 189 65 Target Costing ndash ein Werkzeug fuumlr die retrograde Bestimmung

erlaubter Kosten ndash wie teuer duumlrfen Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit sein 193 651 Grundbegriffe des Target Costing 193 652 Aufteilung der Kosten auf die auszulegenden Systemkomponenten 195

Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 197

Inhaltsverzeichnis

x

7 Sicherheit ndash Lebensdauer ndash Zuverlaumlssigkeit Anwendungsfaumllle und Beispiele 199 Beispiel 1 Sicherheit gegen Streck- und Flieszliggrenzenuumlberschreitung Einfl uss der Vergleichsspannungshypothesen 200 Beispiel 2 Sicherheitsnachweis bei Schwingbeanspruchung fuumlr Dauer- Schwingfestigkeit (Nennspannungskonzept) Abschaumltzung der Ausfallwahrscheinlichkeit 201 Beispiel 3 Lebensdauernachweis und Sicherheit im Kurzlebigkeitsbereich (Zeitfestigkeit) bei einem Beanspruchungshorizont 203 Beispiel 4 Lebensdauerberechnung mittels linearer Schadensakkumulationshypothesen bei Ermuumldung (Kollektivbelastung) 206 Beispiel 5 Auswertung von Ermuumldungsversuchen (Gauszlig Weibull) Generieren eines Woumlhlerdiagramms Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeitsberechnung 209 Beispiel 6 Bestimmung von Verteilungsparametern (Weibull) aus einem Woumlhlerlinienfeld Generieren einer Woumlhlerliniengleichung Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeitsberechnung unter Kollektivbelastung 218 Beispiel 7 Auswertung von Verschleiszliggroumlszligen 223 Beispiel 8 Systemzuverlaumlssigkeit einer Zweikreisbremse 227 Beispiel 9 Waumllzlager mit erhoumlhter Einzelzuverlaumlssigkeit Systemzuverlaumlssigkeit fuumlr 4 Lager 228 Beispiel 10 Aktuelle Zuverlaumlssigkeit am Beispiel eines Zahnrades mit Evolvente 231 Beispiel 11 Zuverlaumlssigkeit und oumlkonomische Nutzungsdauer 235

Stichwortverzeichnis 237

Inhaltsverzeichnis

1copy Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016D Schlottmann H Schnegas Auslegung von Konstruktionselementen VDI-Buch DOI 101007978-3-662-48807-2_1

1 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche Aufgabe des Ingenieurs

11 Berechnung von Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit als historisch gewachsene Auslegungsmethoden

Bevor fuumlr den konstruktionstechnisch interessierten Leser die bdquoAuslegung von Konstruk-tionselementenldquo eine entsprechende Einordnung in den konstruktiven Gesamtprozess erfahren wird soll in einer historisch angelegten Darstellung verdeutlicht werden welchem wissenschaftlichen Anliegen und welchem Ziel das vorliegende Buch zuzu-ordnen ist

Bei der Auslegung von Maschinen Baugruppen und Elementen wird nach der Fest-legung der Prinziploumlsung uumlber Hauptabmessungen Topologie Form und Gestalt und damit uumlber Masse Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit entschieden Informations-verarbeitung und Rechentechnik haben das Taumltigkeitsbild des Konstruk teurs in den letzten Jahrzehntenveraumlndert

Neben den Moumlglichkeiten des Computer Aided Designs (CAD) lassen sich im Rahmen des Computer Aided Engineerings (CAE) Berechnungen durchfuumlhren die noch vor Jahren wegen des hohen Arbeits- und Zeitaufwandes nicht denkbar waren Natuumlrlich hat diese Entwicklung auch die bdquoAuslegungldquo von Konstruktionselementen beeinfl usst Denken wir nur an die Methoden der Finiten Elemente (FEM) die es gestattet die vorhandenen Spannungen in kompliziertesten Bauteilen zu berechnen oder deren Anwendung bei der Strukturoptimierung bei der Suche nach kleinstmoumlglichen Konstruktionselementen

Trotzdem bleibt die Rechentechnik fuumlr die Ermittlung von Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit ein Hilfsmittel da das Ausfallverhalten von Konstruktionselementen und Maschinen damit nur auf der Basis mathematischer Modelle simuliert werden kann

Das Problem des Ausfalles bzw des Versagens von Geraumlten und schlieszliglich auch Bauwerken duumlrfte so alt sein wie die Menschheit selbst Die Erfahrung des Menschen

2

lieferte jedoch offensichtlich ein relativ sicheres Gefuumlhl fuumlr die Belastbarkeit der beeindru-ckenden Bauwerke des Altertums

Erste wissenschaftliche Ansaumltze einer bdquoAuslegungsrechnungldquo gehen auf Galilei (1564ndash 1642) zuruumlck der den Methoden und Modellen der heutigen Festigkeitslehre bereits sehr nahe kam (vgl z B [ 107 108 ]) So verwendete er den Begriff der Spannung und berechnete diese fuumlr den Einspannungsquerschnitt eines Kragarmes Auch wenn die angenommene Spannungsverteilung und damit das Ergebnis falsch war erkannte er die Bedeutung der Spannung als Vergleichsgroumlszlige fuumlr das Eintreten des Bruches Mit Recht wird deshalb der Name Galilei mit der einfachsten Bruchtheorie naumlmlich der Hauptnor-malspannungshypothese in Verbindung gebracht (vgl Kap 3 )

Natuumlrlich war es bis zur Gestaltaumlnderungsenergiehypothese (1913) nach v Mises [ 103 ] noch ein weiter Weg Die v Misesrsquosche Hypothese duumlrfte fuumlr das Fliessen und den Bruch infolge statischer Beanspruchung insbesondere fuumlr metallische Werkstoffe der Realitaumlt am naumlchsten kommen

Neue Raumltsel gaben die sich immer schneller drehenden Maschinen ihren Schoumlpfern insbesondere bzgl ihrer Haltbarkeit auf Berechnungen mit Kraumlften analog den statischen Lasten erwiesen sich als voumlllig unzutreffend Es ist das bleibende Verdienst von Woumlhler das Ermuumldungsverhalten von Werkstoffen und Bauteilen mit dem nach ihm bezeichneten bdquoWoumlhlerdiagrammldquo anschaulich und zweckmaumlszligig beschrieben zu haben [ 110 ]

Ein Grundanliegen des vorliegenden Buches besteht darin der von Woumlhler fuumlr die Ermuumldung entwickelten Methodik auch fuumlr andere Versagensarten wie Verschleiszlig und Korrosion zu folgen

Die erstmals von Woumlhler entdeckte bdquoDauerfestigkeitldquo metallischer Werkstoffe d h ihre Unempfi ndlichkeit gegenuumlber schwingender Beanspruchung unterhalb eines bestimmten Beanspruchungsniveaus fuumlhrte zu relativ einfachen Berechnungsmethoden auch fuumlr den Ermuumldungsbereich Wie bei statischer Belastung werden bdquoSicherheitszahlenldquo als Quotient aus zum Versagen fuumlhrender und vorhandener Beanspruchung berechnet Obwohl diese einfache ingenieurmaumlszligige Methode in Kap 3 teilweise einer kritischen Betrachtung unter-zogen wird duumlrfte sie auch in Zukunft ihre Bedeutung behalten

Andererseits ist es gerade die Schaumldigung durch bdquoErmuumldungldquo die sich in den letzten Jahrzehnten durch eine hohe Forschungsdichte auszeichnet und als bdquoBetriebsfestig-keitslehreldquo zu einer selbststaumlndigen Teildisziplin der Festigkeitslehre geworden ist

Leider hat sich die Betriebsfestigkeitslehre bisher nicht von der Empirie loumlsen koumlnnen und es muss vielleicht gerade deshalb beklagt werden dass sie nicht in gebuumlhrendem Maszlige bei der Auslegung von Bauteilen des Maschinenbaus zur Anwendung gekommen ist Die Berechnungsstandards gehen bisher weitgehend davon aus dass eine Maschine auf bdquoDauerfestigkeitldquo ausgelegt wird ndash und das ist gleichbedeutend mit einer zumindest theoretisch unendlichen Lebensdauer

Die Erfahrung lehrt aber dass Maschinen nach endlichen Zeiten ausfallen ndash und dass nicht nur durch Gewalt- oder Ermuumldungsbruch sondern auch durch Verschleiszlig Korrosion und andere Versagensarten So gesehen stellt die von Palmgren [ 105 ] bereits 1924

2 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche

3

vorgeschlagene Methode der Lebensdauerberechnung von Waumllzlagern eine der Zeit vor-ausgehende Pionierleistung dar deren Entwicklung sich aufdraumlngte da Waumllzlager keinen Dauerfestigkeitsbereich aufweisen

Neben der Woumlhlerlinie wird die von Palmgren eingefuumlhrte und von Miner [ 102 ] verallgemeinerte Methode der Lebensdauerberechnung in der vorliegenden Publi-kation als eine ingenieurmaumlszligig zweckmaumlszligige Vorgehensweise angesehen die auch bei Schaumldigungsmechanismen wie Ermuumldung Verschleiszlig und Korrosion anzuwen-den ist

Auch wenn diese Schaumldigungen ursaumlchlich kaum Gemeinsamkeiten aufweisen soll der Versuch unternommen werden eine phaumlnomenologisch begruumlndete gleichartige Berech-nungsmethode zu entwickeln um eine ingenieurmaumlszligig einheitliche Berechnung von Schaumldigungen im Sinne der Auslegungsrechnung zu erreichen

Es sei hervorgehoben dass die vorgeschlagene Vorgehensweise nur aus der Sicht des Konstrukteurs ihre Begruumlndung fi ndet Sie erhebt keinen Anspruch auf den Teilgebieten wie der Ermuumldung des Verschleiszliges oder der Korrosion einen auf die Grundlagen gerich-teten Beitrag leisten zu wollen Trotzdem duumlrfte die integrative Betrachtungsweise auch fuumlr den Spezialisten der Teildisziplin Anregung bieten

Ein weiterer Aspekt des Buches besteht darin die aktuelle Zuverlaumlssigkeit bzw Ausfallwahrscheinlichkeit zu ermitteln um fuumlr eine vorgegebene Lebensdauer die Systemzuverlaumlssigkeit bzw Informationen zur Instandhaltung zu gewinnen Damit wird der Nachteil der Betriebsfestigkeitslehre eine Lebensdauer nur fuumlr eine nominelle Zuverlaumlssigkeit angeben zu koumlnnen uumlberwunden Es wird damit eine bdquogestufteldquo Auslegung mit den Teilschritten

bull Sicherheit gegen Ermuumldung (klassische Sicherheit in Beanspruchungen) bull Lebensdauer fuumlr Schaumldigung durch Ermuumldung und andere Versagensarten (auch

Sicherheit auf der Basis des Lebensdauerquotienten) und bull aktuelle Zuverlaumlssigkeit bzw Schadenswahrscheinlichkeit

moumlglich wobei die drei Stufen baukastenartig mit relativ elementaren Zusatz-informationen zu berechnen sind Die Ermittlung einer vorhandenen Systemzuver-laumlssigkeit ist gleichzeitig eine Moumlglichkeit im Rahmen aktuell geforderter Risikoanalysen eine Risikobewertung durchfuumlhren zu koumlnnen

12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen und Maschinen in den Konstruktionsprozess

Das Beduumlrfnis nach neuen Erzeugnissen wird durch die Entwicklung der Wirtschaft und das Entstehen von Marktluumlcken ausgeloumlst Fuumlr den Entwicklungsingenieur und Kon-strukteur beginnt der Konstruktionsprozess i d R mit einer entsprechend formulierten Aufgabe und endet mit der Produktdokumentation des angestrebten Erzeugnisses

12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen und Maschinen

4

Eine wissenschaftliche Analyse dieses Prozesses geht auf Hansen [ 101 ] sowie Muumlller [ 104 ] zuruumlck Aumlhnliche Darstellungen sind in [ 109 ] und [ 106 ] zu fi nden

Ohne die Struktur des Konstruktionsprozesses beschreiben zu wollen werden sieben Arbeitsphasen durchlaufen (vgl Abb 11 ) wie am Beispiel einer Getriebekonstruktion erlaumlutert wird

In Abb 11 wird deutlich dass im Arbeitsschritt 5 uumlber die wesentlichen Abmessungen des technischen Gebildes entschieden wird d h das Bauteil erfaumlhrt seine vorlaumlufi ge bdquoAuslegungldquo Bei genauer Betrachtung unterteilt sich dieser Prozess wiederum in 3 Teilschritte naumlmlich in

bull Entwurfsrechnung bull Gestaltung und bull Nachweisrechnung

wie am Beispiel Welle in Abb 11 zu erkennen ist [ 106 ]

Aufgabe

Klaumlren und praumlzisierender Aufgabenstellung

Suchen nachLoumlsungsprinzipien und

deren Strukturen

Gliedern inrealisierbare Module

Gestalten dermaszliggebenden Module

Gestalten desgesamten Produktes

Ausarbeiten derAusfuumlhrungs- undNutzungsangaben

weitere Realisierung

Ermitteln von Funktionenund deren Strukturen

Anforderungsliste

Funktionsstruktur

Prinzipielle Loumlsung

Modulare Struktur

Vorentwuumlrfe

Gesamtentwurf

Dokumentation

1

2

3

4

5

6

7

Getriebe

Stuumlckliste1 Stk

2 Stk1 Stk

2 Stk

1 Stk

2 Stk

2 Stk

2 Stk

Dokumentation

Zeichnung

GehaumluseWellenZahnraumlder Lager

WandelnLeiten Leiten

M1 M2

WF Anforderungen

F

F

W

ω1=

ω1ω2

1M =

+ +

Abb 11 Generelle Arbeitsschritte und Arbeitsergebnisse des Konstruktionsprozesses nach VDI 2221 [ 109 ] am Beispiel einer Getriebekonstruktion

2 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche

5

In der Entwurfsrechnung wird i d R auf weniger als 10 der fuumlr den spaumlteren Produktionsprozess erforderlichen geometrischen und stoffl ichen Informationen Einfl uss genommen

Nach der Gestaltung entscheidet erst der Funktionsnachweis uumlber das positive bzw negative Ergebnis dieses iterativen Auslegungsprozesses (Abb 12 )

Der klassische Funktionsnachweis besteht u a in der Bestimmung einer bdquo Sicherheits-zahlldquo die durch den Quotienten aus zum Versagen fuumlhrender und vorhandener Belastung oder Beanspruchung berechnet wird Sie laumlsst jedoch keine Aussage uumlber Aus-fallwahrscheinlichkeit und Lebensdauer des technischen Gebildes zu

Der Sicherheitsnachweis bleibt auszligerdem auf die festigkeitsmaumlszligig begruumlndeten Ver-sagensarten wie Gewaltbruch Streckgrenzenuumlberschreitung und Dauerschwingbruch beschraumlnkt

Ansaumltze zur Berechnung von Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit sind durch die Waumllz-lagerberechnung und die Betriebsfestigkeitslehre bekannt

Wie bereits in Abschn 11 dargestellt soll eine allgemeine ingenieurmaumlszligige Aus-legungsmethodik auf der Basis der Berechnung von Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit ent-wickelt werden die auch Schaumldigungen wie Verschleiszlig und andere fl aumlchenabtragende Schaumldigungsprozesse beruumlcksichtigt und dem Konstrukteur mit der Ausfallwahrschein-lichkeit eine echte Entscheidungsmoumlglichkeit bietet

Die klassische Auslegungsmethode durch den Sicherheitsnachweis wird jedoch auch ihre Anwendungsberechtigung behalten zumal eine Fuumllle von Standards und Vorschriften darauf basieren und letztendlich im vorliegenden Buc der Zusammenhang von Sicherheit und Ausfallwahrscheinlichkeit hergestellt werden konnte

Vorentwuumlrfe

Modulare Struktur

5Gestalten dermaszliggebenden

Module

Beispiel Welle

Entwurfsrechnung

Gestaltung

Nachweisrechnung I II III fuumlr die Schnitte III

d erf

positiver Nachweis

vollstaumlndige Strukturbeschreibung

Abb 12 Klassischer Iterationszyklus fuumlr Entwurfsrechnung Gestaltung und Nachweisrechnung bei der Auslegung von Konstruktionselementen

12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen und Maschinen

6

Quellen und weiterfuumlhrende Literatur

[101] Hansen Friedrich Konstruktionssystematik ndash Grundlagen fuumlr eine allgemeine Konstruk-tionslehre Verlag Technik Berlin 1968

[102] Miner N Anton Cumulative Damage in Fatigue In Journal of Appl Mech Trans ASME 12 159-164 1945

[103] v Mises Richard Mechanik der plastischen Formaumlnderung ZAMM 161 1928 [104] Muumlller Johannes Grundlagen der Systematischen Heuristik Dietz Verlag Berlin 1970 [105] Palmgren Arvid Die Lebensdauer von Kugellagern In VDI-Zeitschrift 58 339-341

1924 [106] Schlottmann Dietrich u a Konstruktionslehre ndash Grundlagen Technik Berlin 1970 [107] Szabo Istvaacuten Einfuumlhrung in die Technische Mechanik Springer Berlin Goumlttingen

Heidelberg 1961 [108] Szabo Istvaacuten Houmlhere Technische Mechanik Springer Berlin Goumlttingen Heidelberg 1960 [109] Verein Deutscher Ingenieure VDI 2221 - Methodik zum Entwickeln und Konstruieren

technischer Systeme und Produkte VDI Duumlsseldorf 1993 [110] Woumlhler August Uumlber die Festigkeitsversuche mit Eisen und Stahl In Zeitschrift fuumlr

Bauwesen XX 81ndash89 1870

2 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche

7copy Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016D Schlottmann H Schnegas Auslegung von Konstruktionselementen VDI-Buch DOI 101007978-3-662-48807-2_2

2Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

21 Auslegung dargestellt am klassischen Sicherheitsbegriff

Schon in dem 1862 erschienenen wohl ersten deutschsprachigem Lehrbuch der Konstruktionslehre von MollReuleaux [212] wird der Sicherheitsbegriff mit einer Zahl S gt1 in Verbindung gebracht die das unzulaumlssige Uumlberschreiten von Belastungen begrenshyzen soll Dem Text ist bereits sinngemaumlszlig zu entnehmen dass die beim bdquoGebrauch des Bauteils vorhandenen Belastungen immer kleiner sein muumlssen als die maximal moumlglishychen bzw zum Versagen fuumlhrendenldquo Es wird bereits das Versagen durch Flieszligen und Bruch unterschieden Allgemein koumlnnen wir schreiben

B Bvorhanden versagenlt (21)

Dabei sollen unter Belastungen B sowohl Kraumlfte als auch Momente verstanden werden (vgl Abb 21) Entsprechend der bereits in [213] getroffenen Definition der Sicherheit als Faktor S gt 1 kann fuumlr Gl (21) auch geschrieben werden

B S Bvorh vers sdot = (22)

und damit

S

B

Bvers

vorh

=

(23)

Fuumlr eine verallgemeinerte Sicherheitsberechnung (vgl ebenfalls [212]) erweist es sich als zweckmaumlszligig nicht Belastungen sondern zum Versagen fuumlhrende Spannungen σ im Weiteren auch Beanspruchungen genannt uumlber eine analoge Sicherheitszahl zu vergleichen

8

So gilt auch

S vers

vorh

=σσ

(24)

Der Vorteil einer Sicherheitsberechnung uumlber Spannungen wird bereits erkennbar wenn mehrere am Bauteil angreifende Belastungen an der gleichen Schnittflaumlche Spannungen hervorrufen Im Sinne der linearen Elastizitaumltstheorie gilt dann das Superpositionsprinzip

σ σ= sum i (25)

mit i = 123hellip welches wegen der oft unterschiedlichen schaumldigenden Wirkung spaumlter allerdings in

Frage zu stellen istIn der Praxis tritt dieser einfache Sonderfall jedoch nur selten auf Beispiele waumlren

bdquoscheibenartigeldquo Bauteile mit bdquolastfreienldquo Oberflaumlchen oder bdquoeinachsigldquo beanspruchte Staumlbe Haumlufig anzutreffen ist dagegen die Kombination einer Normalspannung σ mit einer Schubspannung τ wie spaumlter noch gezeigt wird

Fuumlr das allgemeine raumlumliche Bauteil muss an einem Element mit

3 Normalspannungen und6 Schubspannungen

gerechnet werden (vgl Abb 22) wobei die Schubspannungen sich wegen der bdquoGegenseitigkeitldquo auf drei reduzieren

Die Spannungen lassen sich anschaulich in Spannungstensoren darstellen wobei fuumlr homogene und isotrope Werkstoffe jeder Spannungstensor in einen Hauptspannungstensor uumlberfuumlhrt werden kann fuumlr den die Schubspannungen zu Null werden (vgl dazu elastizishytaumltstheoretische Fachbuumlcher wie z B [222 223])

σ

σ τ τ

τ σ τ

τ τ σ

σσ

σ

T

x xy xz

yx y yz

zx zy z

=

rarr

1

2

3

0 0

0 0

0 0

(26)

Abb 21 Scheibenfoumlrmiges Bauteil mit Belastungen Bi (FhellipKraumlfte M hellip Momente)

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

9

Auf die Berechnung dieser Spannungstensoren im Sinne vorhandener Spannungen soll in Abschnitt 22 uumlbersichtsmaumlszligig eingegangen werden

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

Die Berechnung der vorhandenen Spannungen ist die Aufgabe der Elastizitaumltstheorie daher soll hier nur ein systematischer Uumlberblick gegeben werden

Das einfachste Modell eines realen Bauteils wird durch den Stab realisiert Ausshygehend von aumluszligeren Belastungen werden zunaumlchst die Auflagerreaktionen des Systems bestimmt um dann die sogenannten Schnittgroumlszligen zu berechnen Diese Elementarkenntnisse werden vorausgesetzt In einer Schnittstelle x oder s (x i d R fuumlr den geraden s fuumlr den gekruumlmmten Stab) wirken die Schnittgroumlszligen Normalkraft Fn(s) Biegemoment Mb(s) Torsionsmoment Mt(s) und Querkraft Fq(s) (vgl Abb 23) aus denen sich die Spannungen σzd σb τt und τq nach den in Tab 21 angegebenen Formeln berechnen lassen

Auch hier gilt die Bemerkung dass im elastizitaumltstheoretischem Sinne σzd und σb sowie τt und τq bei Uumlbereinstimmung von Schnittflaumlchen und Richtung addiert werden duumlrfen was im Folgenden wegen der unterschiedlichen schaumldigenden Wirkung nur mit einer entshysprechenden Gewichtung zugelassen werden soll

Neben dem Stabmodell sind auch die Vollwelle unter Auszligendruck die Bohrung in der unendlichen Scheibe unter achsensymmetrischer radialer Pressung und der duumlnnwandige Kessel als bdquoelementareldquo Spannungszustaumlnde anzusehen (vgl Tafel II1 im Anhang) Querschnittsaumlnderungen insbesondere des Stabes und andere Formabweichungen der eleshymentaren Berechnungsmodelle werden in Abschn 25 noch ausfuumlhrlicher behandelt

Berechnungsmodelle der bdquohoumlheren technischen Mechanikldquo sind

bull Scheiben (ebener Spannungsshy bzw ebener Zustand)bull Plattenbull Schalenbull Torsion prismatischer Koumlrper undbull Kontaktaufgaben

σx

σz

σy

τyxτyz

τzx

τzy

a b

τxy

τxzσ3

σ1

σ2

Abb 22 (a) Normalshy Schubspannungen (b) Hauptspannungen am Bauteilelement

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

10

Mt(s)Mb(s)Fq(s)

yz xs

Fn(s)

a b c d

σn(s) σb(s) τt(s) τq(s)

Abb 23 Spannungen in stabfoumlrmigen Bauelementen (a) Spannung infolge Laumlngskraft Fn(s) (b) Spannung infolge Biegemoment Mb(s) (c) Spannung infolge Torsionsmoment Mt(s) (d) Spannung infolge Querkraft Fq(s)

Tab 21 Elementare Spannungszustaumlnde in stabfoumlrmigen Bauelementen

Schnittgroumlszlige Sinnbild Berechnung Spannungstensor

Normalkraft Fn(s)

Fn(s)σn

σ nnF s

A=

( ) σ1 0 0

0 0 0

0 0 0

σ σ1 = n

Biegemoment Mb(s)

Mb(s)σb

σ bb

z

M s

W=

( )

σ bb

z

M s

Iy=

( )sdot

σ1 0 0

0 0 0

0 0 0

σ σ1 = b

Torsionsmoment Mt(s)

Mt(s)τt τ t

t

t

M s

W=

( )

τ tt

p

M s

Ir=

( )sdot

σσ

1

2

0 0

0 0

0 0 0

σ τ σ1 2= = minusQuerkraft Fq(s)

Fq(s)

τq maxτ q

qF

Amax = χ σσ

1

2

0 0

0 0

0 0 0

σ τ σ1 2= = minus

A hellip QuerschnittsflaumlcheIz It hellip TraumlgheitsmomentWt hellip Widerstandsmomentχ hellip Flaumlchenbeiwert

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

11

Sie sind uumlbersichtsmaumlszligig ebenfalls im Anhang Tafel II1 zusammengestellt Abgeshysehen von Sonderfaumlllen werden diese Spannungszustaumlnde heute mit bdquoFiniteshyElementeshyMethodenldquo berechnet Diese Berechnungen liefern idR den vollstaumlndig besetzten Spannungstensor der sich aber an lastfreien Oberflaumlchen auf zweiachsige Spannungszustaumlnde reduziert

Wegen des gehaumluften Auftretens dieses bdquoebenenldquo Spannungszustandes sei noch ohne Ableitung auf die Formel zur Berechnung der Hauptspannungen

σσ σ σ minus σ

τ1 2

2

2

2 2 =+

plusmn

+x y x y

xy

(27)

und deren anschauliche Darstellung im Mohrschen Kreis (vgl Abb 24) sowie auf die Sonderfaumllle bdquoeinachsiger Spannungszustandldquo und bdquoreiner Schubspannungszustandldquo verwiesen

Wesentlich fuumlr die Werkstoffshy bzw Bauteilschaumldigung ist die Betrachtung und Kenntnis der Zeitfunktionen vorhandener Spannungen Waumlhrend die bdquoStatikldquo vorshyzugsweise von bdquostatischenldquo oder bdquoruhenden Belastungenldquo ausgeht sind Maschishynenbauteile meistens bdquoperiodisch schwingendldquo belastet und beansprucht Hingewiesen sei dabei auf den haumlufig auftretenden Sonderfall der sog bdquoUmlaufbiegungldquo bei dem ein konstantes Biegemoment der Welle eine bdquowechselndeldquo Beanspruchung hervorruft Besondere Betrachtung erfordern bdquostochastischeldquo Belastungen die natuumlrlich auch bdquostochastischeldquo Beanspruchungen mit sich bringen (vgl Abb 25) Diesen Belasshytungsshy und BeanspruchungsshybdquoKollektivenldquo wird in spaumlteren Abschnitten gebuumlhrender Raum zugemessen

σx +σy2

τ

σ2

σy

σx minusσy2

τxy

σ1σx σ

τ

σ2= 0

a

b c

σ1=σxσ σ

σ1=τ σ2=-σ1

τ

Abb 24 Ebener Spannungszustand im Mohrrsquoschen Kreis (a) allgemeiner ebener Spannungsshyzustand (b) einachsiger Spannungszustand (c) Schubspannungszustand

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

12

23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch

Der Konstruktionsprozess bringt eine unendliche Vielfalt technischer Gebilde mit untershyschiedlichster geometrischer Form und verschiedenartiger Werkstoffe hervor die auszligershydem unterschiedlichen Beanspruchungsarten und Belastungsfaumlllen unterliegen

Fuumlr den Sicherheitsnachweis bzgl der zum Versagen fuumlhrenden Belastungen hat es sich als oumlkonomisch und zweckmaumlszligig erwiesen die Belastungsgrenzen der Bauteile durch Vergleich mit dem Versagensverhalten einer uumlberschaubaren Menge idealisierter Pruumlfshykoumlrper die speziellen und in Pruumlfmaschinen realisierbaren Belastungen unterworfen wershyden zu ermitteln Solche Pruumlfkoumlrper sind z B die in Abb 26 dargestellten standardisierten Rundshy und Flachproben

Am einfachsten zu realisieren ist durch die Werkstoffpruumlfung der Zugversuch mit ruhender Belastung Die Belastung wird dabei zuumlgig d h mit konstanter elastischer und schlieszliglich plastischer Dehnungszunahme bis zum Eintreten des Bruches aufgebracht Nach der Form des Bruches sind drei charakteristische Arten von Werkstoffen (vgl Abb 27) zu unterscheiden

bull Werkstoffe die bei ruhender Beanspruchung zum sproumlden Trennbruch neigen (z B Glas Grauguss gehaumlrteter Stahl)

bull Versagen durch Gleitbruch (z B Aluminium Kupfer und Kupferlegierungen)bull Werkstoffe mit ausgepraumlgter Flieszligzone die erst nach Einschnuumlrung einen Trennbruch

zeigen (vorzugsweise Stahl)

Werden bei diesem Pruumlfvorgang die Spannungen uumlber der Dehnung aufgetragen so ergibt sich das aus der Werkstoffpruumlfung bekannte SpannungsshyDehnungsshyDiagramm das abhaumlngig von der Bruchart charakteristische Formen aufweist (vgl Abb 28)

Fuumlr die Auslegung von Bauteilen unter ruhender Belastung sind also nicht nur die vershyschiedenen Brucharten interessant Es muss insbesondere fuumlr Staumlhle mit ausgepraumlgtem Flieszligverhalten bereits von Versagen gesprochen werden wenn das Bauteil durch unzulaumlsshysige plastische Deformationen seine Funktionsfaumlhigkeit verliert

Ausgehend von den fuumlr Staumlben moumlglichen Beanspruchungsarten (s Abschn 22) ergeshyben sich bereits infolge ruhender Beanspruchung theoretisch zehn Werkstoffkennwerte die aus praktischen Gruumlnden auf vier eingeschraumlnkt werden (vgl Tab 22)

Bel

astu

ng b

zw

Bea

nspr

uchu

ng

e

c

b

Zeit

a dAbb 25 Belastungsshy und Beanspruchungsarten (a) ruhend (b) schwellend (c) wechselnd (d) allgemein (e) stochastisch

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

13

Nun sind die meisten Bauteile nicht ruhend sondern periodisch schwingend oder sogar stochastisch belastet bzw beansprucht (vgl Abb 25)

Es ist das Verdienst von August Woumlhler [227] im Jahre 1870 die Dauerschwingfestigkeit der metallischen Werkstoffe entdeckt und in einem noch heute uumlblichen nach ihm benannshyten Diagramm dargestellt zu haben (Abb 29)

Bei schwingender Beanspruchung nimmt die zum Schwingbruch fuumlhrende Lastshywechselzahl N fuumlr abnehmende Spannungshorizonte zu Bis 103hellip104 Lastwechsel spreshychen wir von Kurzzeitfestigkeit (LowshyCycleshyFatigue LCF) Bei Erreichen eines

a b

Abb 26 Pruumlfkoumlrper der Werkstoffpruumlfung (a) Rundprobe (b) Flachprobe

a cb

Abb 27 Brucharten beim Zugversuch (a) Trennbruch bei sproumldem Werkstoff (b) Gleitbruch (c) Trennbruch nach Einschnuumlrung und Verfestigung

23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch

14

Spannungshorizontes σD wird schlieszliglich eine gegen unendlich gehende Lastwechselzahl ertragen wir sprechen von Dauerfestigkeit (VeryshyHighshyCycleshyFatigue VHCF) Der Uumlbergang zur bdquoDauerschwingfestigkeitldquo wird bei NG = 106 hellip 107 Lastwechseln beobachshytet d h die meisten Maschinen wie Motoren und durch sie angetriebene Arbeitsmaschinen uumlberschreiten diese Grenzlastwechselzahl nach wenigen Tagen sie sind also nach bdquoDauerfestigkeitldquo auszulegen Dieses Dauerfestigkeitsverhalten der metallischen Werkstoffe welches durch abnehmende Ausschlagfestigkeiten bei zunehmender Mitshytelspannung gekennzeichnet ist laumlsst sich in sogenannten Dauerfestigkeitsschaubildern darstellen (vgl Abb 210)

Durch die Unterdruumlckung des Zeitparameters wird auch fuumlr diese Faumllle eine bdquoSicherheitsberechnungldquo moumlglich

Abb 28 Spannungsshy Dehnungsshy Diagramm fuumlr sproumlde und elastischshyplastische Werkstoffe (a) ausgepraumlgte Streckgrenze (b) nicht ausgepraumlgte Streckgrenze (c) sproumlde Werkstoffe

Beanspru-chungsart

Art des Versagens

Flieszligen Bruch

Zug Streckgrenzeoder

02 Dehngrenze

Re (oder σF bzw σS)Rp02 (oder σ02)

Zug- oderBruchfestigkeit Rm oder σB

Druck Quetschgrenze σdF Druckfestigkeit σdB

Biegung Biegeflieszliggrenze σbF Biegebruchfestigkeit σbB

Torsion Torsions-flieszliggrenze

τtF Torsionsbruch-festigkeit

τtB

Abscheren Scherflieszliggrenze τsF Scherfestigkeit τsB

vorzugsweise zu bestimmende Groumlszligen

Tab 22 Versagenskennwerte (Werkstofffestigkeiten) bei ruhender Belastung

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

Page 6: Dietrich Schlottmann Henrik Schnegas Auslegung von … · 2016. 7. 1. · VDI-Buch, DOI 10.1007/978-3-662-48807-2_1 Auslegung von Maschinen- und 1 Konstruktionselementen eine wesentliche

vi

Ich gebe der Hoffnung Ausdruck dass die 3 Aufl age viele Leser und Interessenten erreichen wird Ein ganz groszliges Dankeschoumln gilt meiner Familie die mit viel Verstaumlndnis das abendliche Schreiben an diesem Buch ertragen hat und der Geduld und der Unterstuumltzung der Mitarbeiter des Lektorates des Springer-Verlages Gleichzeitig soll diese 3 Aufl age ein ehrendes Gedenken an Prof Dr sc techn Dietrich Schlottmann (27021936 ndash V17092012) sein der bereits in den 60er Jahren die Zuverlaumlssigkeit als bdquooptimalesldquo Auslegungskriterium erkannte mich waumlhrend des Studiums und spaumlter als Wissenschaftlicher Mitarbeiter fuumlr dieses Thema begeisterte und vielen Studenten und mir das notwendige Ruumlstzeug fuumlr die heutige Taumltigkeit mitgab

Henrik Schnegas

Vorwort zur 3 Aufl age

vii

Inhaltsverzeichnis

1 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche Aufgabe des Ingenieurs 1 11 Berechnung von Sicherheit Lebensdauer

und Zuverlaumlssigkeit als historisch gewachsene Auslegungsmethoden 1 12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen

und Maschinen in den Konstruktionsprozess 3 Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 6

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo 7 21 Auslegung dargestellt am klassischen Sicherheitsbegriff 7 22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen 9 23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch 12 24 Bestimmung der Sicherheit bei Schwingbeanspruchung 17

241 Uumlberlastfall 1 17 242 Uumlberlastfall 2 18 243 Uumlberlastfall 3 18 244 allgemeiner Fall 18

25 Oumlrtliche Spannungserhoumlhungen Konzept der Sicherheitsberechnung nach oumlrtlichen Spannungen 19

26 Einfl uumlsse auf die Schwingfestigkeit das Nennspannungskonzept 24 27 Zusammengesetzte oder kombinierte Beanspruchung

stabfoumlrmiger Bauteile Vergleichsspannung und Gesamtsicherheit 30 28 Vergleichsspannung und Sicherheitsnachweis fuumlr nichtstabfoumlrmige

Bauteile Grenzen des Konzeptes der oumlrtlichen Spannungen 35 29 Erforderliche Sicherheit Sicherheit unter

wahrscheinlichkeitstheoretischem Aspekt 37 210 Ermittlung der uumlbergeordneten Sicherheit Produktsicherheit 41 211 Anhang 46 Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 66

viii

3 Schaumldigung und Versagen technischer Gebilde 67 31 Ausfallverhalten statistische Grundlagen 67 32 Grundlagen der Zuverlaumlssigkeitstheorie 70

321 Mathematische Zusammenhaumlnge 70 322 Spezielle Verteilungsfunktionen und Anwendung 73 323 Verteilungsfunktionen Ermittlung charakteristischer Groumlszligen 76 324 Berechnung der Ausfallwahrscheinlichkeit und Zuverlaumlssigkeit 80 325 Systemzuverlaumlssigkeit 82

33 Mathematische Beschreibung von Schaumldigung und Versagen technischer Gebilde 86 331 Systematisierung von Schaumldigung und Versagen 86 332 Schaumldigung durch Ermuumldung 90 333 Schaumldigung durch Verschleiszlig 96 334 Schaumldigung durch Erosion Korrosion und andere

fl aumlchenabtragende Prozesse 104 335 Mehrfache Schaumldigung 106 336 Komplexe Schaumldigungen 107

34 Anhang 111 Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 122

4 Berechnung der Lebensdauer bei nomineller und variabler Zuverlaumlssigkeit 123 41 Allgemeine Grundlagen der Lebensdauerberechnung 123

411 Klassische Lebensdauerberechnung 123 412 Lebensdauerberechnung bei Kollektivbeanspruchung 126 413 Lebensdauerberechnung bei Aumlquivalenzbelastung 131 414 Lebensdauerberechnung mit Aumlquivalenzfaktor 133

42 Lebensdauerberechnung bei variabler Zuverlaumlssigkeit 135 421 Zuverlaumlssigkeitsbasierte Lebensdauerberechnung bei konstanter

Beanspruchung und Gauszligverteilung 136 422 Zuverlaumlssigkeitsbasierte Lebensdauerberechnung bei konstanter

Beanspruchung und Weibullverteilung 137 423 Zuverlaumlssigkeitsbasierte Lebensdauerberechnung bei variabler

Beanspruchung und Normpunkt 138 424 Zuverlaumlssigkeitsbasierte Lebensdauerberechnung bei

Kollektivbeanspruchung und Normpunkt 140 43 Anhang 141 Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 146

5 Zusammenhaumlnge zwischen Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit ndash eine neue Auslegungsphilosophie 147 51 Systematisierung und Zielstellung 147 52 Zusammenhang zwischen Lebensdauer und Sicherheit

im Zeitfestigkeitsbereich bei variabler Zuverlaumlssigkeit 147

Inhaltsverzeichnis

ix

53 Zusammenhang zwischen Lebensdauer und Sicherheit im Zeitfestigkeitsbereich bei gleichbleibender Zuverlaumlssigkeit 149

54 Zusammenhang zwischen Zuverlaumlssigkeit bzw Schadenswahrscheinlichkeit und Sicherheit bei gleichbleibender Lebensdauer 151

55 Aktuelle Zuverlaumlssigkeit von Waumllzlagern 154 56 Zuverlaumlssigkeit bzw Schadenswahrscheinlichkeit

bei Kollektivbeanspruchung 156 57 Zuverlaumlssigkeitstheoretische Interferenzmodelle 159

571 bdquoStatischesldquo Interferenzmodell 159 572 bdquoDynamischesldquo Interferenzmodell 161 573 Interferenzmodell fuumlr Verschleiszlig 162

58 Anforderungen an Zuverlaumlssigkeit und Ausfallwahrscheinlichkeit 164 59 Sicherheit Lebensdauer Zuverlaumlssigkeit und Ausfall-

wahrscheinlichkeit ndash eine neue Auslegungsphilosophie 165 Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 169

6 Kosten im Lebenszyklus technischer Gebilde ndash wie teuer duumlrfen Qualitaumlt und Zuverlaumlssigkeit sein 171 61 Kostenverantwortung bei der Entwicklung eines

technischen Gebildes 171 62 Lebenslaufkosten eines technischen Gebildes und Modelle

fuumlr ihre Berechnung 174 621 Lebenslaufkosten eines technischen Gebildes 174 622 Lebenslaufkostenmodell und Bestimmung der optimalen

Nutzungsdauer eines technischen Gebildes 174 63 Herstellerseitige Lebenslaufkosten und Zuverlaumlssigkeit 179

631 Allgemeine Kostenstruktur bei der Entwicklung und Herstellung technischer Gebilde 179

632 Kostenentwicklungsgesetze und Zuverlaumlssigkeit 181 633 Zusammenhang von Kosten Zuverlaumlssigkeit und

Bauteilgroumlszlige am Beispiel der Waumllzlagerauslegung 184 64 Anwenderseitige Lebenslaufkosten und Zuverlaumlssigkeit 187

641 Allgemeine Kostenstruktur bei der Nutzung technischer Gebilde 187

642 Kosten und Zuverlaumlssigkeit bei der Instandhaltung 189 65 Target Costing ndash ein Werkzeug fuumlr die retrograde Bestimmung

erlaubter Kosten ndash wie teuer duumlrfen Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit sein 193 651 Grundbegriffe des Target Costing 193 652 Aufteilung der Kosten auf die auszulegenden Systemkomponenten 195

Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 197

Inhaltsverzeichnis

x

7 Sicherheit ndash Lebensdauer ndash Zuverlaumlssigkeit Anwendungsfaumllle und Beispiele 199 Beispiel 1 Sicherheit gegen Streck- und Flieszliggrenzenuumlberschreitung Einfl uss der Vergleichsspannungshypothesen 200 Beispiel 2 Sicherheitsnachweis bei Schwingbeanspruchung fuumlr Dauer- Schwingfestigkeit (Nennspannungskonzept) Abschaumltzung der Ausfallwahrscheinlichkeit 201 Beispiel 3 Lebensdauernachweis und Sicherheit im Kurzlebigkeitsbereich (Zeitfestigkeit) bei einem Beanspruchungshorizont 203 Beispiel 4 Lebensdauerberechnung mittels linearer Schadensakkumulationshypothesen bei Ermuumldung (Kollektivbelastung) 206 Beispiel 5 Auswertung von Ermuumldungsversuchen (Gauszlig Weibull) Generieren eines Woumlhlerdiagramms Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeitsberechnung 209 Beispiel 6 Bestimmung von Verteilungsparametern (Weibull) aus einem Woumlhlerlinienfeld Generieren einer Woumlhlerliniengleichung Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeitsberechnung unter Kollektivbelastung 218 Beispiel 7 Auswertung von Verschleiszliggroumlszligen 223 Beispiel 8 Systemzuverlaumlssigkeit einer Zweikreisbremse 227 Beispiel 9 Waumllzlager mit erhoumlhter Einzelzuverlaumlssigkeit Systemzuverlaumlssigkeit fuumlr 4 Lager 228 Beispiel 10 Aktuelle Zuverlaumlssigkeit am Beispiel eines Zahnrades mit Evolvente 231 Beispiel 11 Zuverlaumlssigkeit und oumlkonomische Nutzungsdauer 235

Stichwortverzeichnis 237

Inhaltsverzeichnis

1copy Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016D Schlottmann H Schnegas Auslegung von Konstruktionselementen VDI-Buch DOI 101007978-3-662-48807-2_1

1 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche Aufgabe des Ingenieurs

11 Berechnung von Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit als historisch gewachsene Auslegungsmethoden

Bevor fuumlr den konstruktionstechnisch interessierten Leser die bdquoAuslegung von Konstruk-tionselementenldquo eine entsprechende Einordnung in den konstruktiven Gesamtprozess erfahren wird soll in einer historisch angelegten Darstellung verdeutlicht werden welchem wissenschaftlichen Anliegen und welchem Ziel das vorliegende Buch zuzu-ordnen ist

Bei der Auslegung von Maschinen Baugruppen und Elementen wird nach der Fest-legung der Prinziploumlsung uumlber Hauptabmessungen Topologie Form und Gestalt und damit uumlber Masse Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit entschieden Informations-verarbeitung und Rechentechnik haben das Taumltigkeitsbild des Konstruk teurs in den letzten Jahrzehntenveraumlndert

Neben den Moumlglichkeiten des Computer Aided Designs (CAD) lassen sich im Rahmen des Computer Aided Engineerings (CAE) Berechnungen durchfuumlhren die noch vor Jahren wegen des hohen Arbeits- und Zeitaufwandes nicht denkbar waren Natuumlrlich hat diese Entwicklung auch die bdquoAuslegungldquo von Konstruktionselementen beeinfl usst Denken wir nur an die Methoden der Finiten Elemente (FEM) die es gestattet die vorhandenen Spannungen in kompliziertesten Bauteilen zu berechnen oder deren Anwendung bei der Strukturoptimierung bei der Suche nach kleinstmoumlglichen Konstruktionselementen

Trotzdem bleibt die Rechentechnik fuumlr die Ermittlung von Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit ein Hilfsmittel da das Ausfallverhalten von Konstruktionselementen und Maschinen damit nur auf der Basis mathematischer Modelle simuliert werden kann

Das Problem des Ausfalles bzw des Versagens von Geraumlten und schlieszliglich auch Bauwerken duumlrfte so alt sein wie die Menschheit selbst Die Erfahrung des Menschen

2

lieferte jedoch offensichtlich ein relativ sicheres Gefuumlhl fuumlr die Belastbarkeit der beeindru-ckenden Bauwerke des Altertums

Erste wissenschaftliche Ansaumltze einer bdquoAuslegungsrechnungldquo gehen auf Galilei (1564ndash 1642) zuruumlck der den Methoden und Modellen der heutigen Festigkeitslehre bereits sehr nahe kam (vgl z B [ 107 108 ]) So verwendete er den Begriff der Spannung und berechnete diese fuumlr den Einspannungsquerschnitt eines Kragarmes Auch wenn die angenommene Spannungsverteilung und damit das Ergebnis falsch war erkannte er die Bedeutung der Spannung als Vergleichsgroumlszlige fuumlr das Eintreten des Bruches Mit Recht wird deshalb der Name Galilei mit der einfachsten Bruchtheorie naumlmlich der Hauptnor-malspannungshypothese in Verbindung gebracht (vgl Kap 3 )

Natuumlrlich war es bis zur Gestaltaumlnderungsenergiehypothese (1913) nach v Mises [ 103 ] noch ein weiter Weg Die v Misesrsquosche Hypothese duumlrfte fuumlr das Fliessen und den Bruch infolge statischer Beanspruchung insbesondere fuumlr metallische Werkstoffe der Realitaumlt am naumlchsten kommen

Neue Raumltsel gaben die sich immer schneller drehenden Maschinen ihren Schoumlpfern insbesondere bzgl ihrer Haltbarkeit auf Berechnungen mit Kraumlften analog den statischen Lasten erwiesen sich als voumlllig unzutreffend Es ist das bleibende Verdienst von Woumlhler das Ermuumldungsverhalten von Werkstoffen und Bauteilen mit dem nach ihm bezeichneten bdquoWoumlhlerdiagrammldquo anschaulich und zweckmaumlszligig beschrieben zu haben [ 110 ]

Ein Grundanliegen des vorliegenden Buches besteht darin der von Woumlhler fuumlr die Ermuumldung entwickelten Methodik auch fuumlr andere Versagensarten wie Verschleiszlig und Korrosion zu folgen

Die erstmals von Woumlhler entdeckte bdquoDauerfestigkeitldquo metallischer Werkstoffe d h ihre Unempfi ndlichkeit gegenuumlber schwingender Beanspruchung unterhalb eines bestimmten Beanspruchungsniveaus fuumlhrte zu relativ einfachen Berechnungsmethoden auch fuumlr den Ermuumldungsbereich Wie bei statischer Belastung werden bdquoSicherheitszahlenldquo als Quotient aus zum Versagen fuumlhrender und vorhandener Beanspruchung berechnet Obwohl diese einfache ingenieurmaumlszligige Methode in Kap 3 teilweise einer kritischen Betrachtung unter-zogen wird duumlrfte sie auch in Zukunft ihre Bedeutung behalten

Andererseits ist es gerade die Schaumldigung durch bdquoErmuumldungldquo die sich in den letzten Jahrzehnten durch eine hohe Forschungsdichte auszeichnet und als bdquoBetriebsfestig-keitslehreldquo zu einer selbststaumlndigen Teildisziplin der Festigkeitslehre geworden ist

Leider hat sich die Betriebsfestigkeitslehre bisher nicht von der Empirie loumlsen koumlnnen und es muss vielleicht gerade deshalb beklagt werden dass sie nicht in gebuumlhrendem Maszlige bei der Auslegung von Bauteilen des Maschinenbaus zur Anwendung gekommen ist Die Berechnungsstandards gehen bisher weitgehend davon aus dass eine Maschine auf bdquoDauerfestigkeitldquo ausgelegt wird ndash und das ist gleichbedeutend mit einer zumindest theoretisch unendlichen Lebensdauer

Die Erfahrung lehrt aber dass Maschinen nach endlichen Zeiten ausfallen ndash und dass nicht nur durch Gewalt- oder Ermuumldungsbruch sondern auch durch Verschleiszlig Korrosion und andere Versagensarten So gesehen stellt die von Palmgren [ 105 ] bereits 1924

2 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche

3

vorgeschlagene Methode der Lebensdauerberechnung von Waumllzlagern eine der Zeit vor-ausgehende Pionierleistung dar deren Entwicklung sich aufdraumlngte da Waumllzlager keinen Dauerfestigkeitsbereich aufweisen

Neben der Woumlhlerlinie wird die von Palmgren eingefuumlhrte und von Miner [ 102 ] verallgemeinerte Methode der Lebensdauerberechnung in der vorliegenden Publi-kation als eine ingenieurmaumlszligig zweckmaumlszligige Vorgehensweise angesehen die auch bei Schaumldigungsmechanismen wie Ermuumldung Verschleiszlig und Korrosion anzuwen-den ist

Auch wenn diese Schaumldigungen ursaumlchlich kaum Gemeinsamkeiten aufweisen soll der Versuch unternommen werden eine phaumlnomenologisch begruumlndete gleichartige Berech-nungsmethode zu entwickeln um eine ingenieurmaumlszligig einheitliche Berechnung von Schaumldigungen im Sinne der Auslegungsrechnung zu erreichen

Es sei hervorgehoben dass die vorgeschlagene Vorgehensweise nur aus der Sicht des Konstrukteurs ihre Begruumlndung fi ndet Sie erhebt keinen Anspruch auf den Teilgebieten wie der Ermuumldung des Verschleiszliges oder der Korrosion einen auf die Grundlagen gerich-teten Beitrag leisten zu wollen Trotzdem duumlrfte die integrative Betrachtungsweise auch fuumlr den Spezialisten der Teildisziplin Anregung bieten

Ein weiterer Aspekt des Buches besteht darin die aktuelle Zuverlaumlssigkeit bzw Ausfallwahrscheinlichkeit zu ermitteln um fuumlr eine vorgegebene Lebensdauer die Systemzuverlaumlssigkeit bzw Informationen zur Instandhaltung zu gewinnen Damit wird der Nachteil der Betriebsfestigkeitslehre eine Lebensdauer nur fuumlr eine nominelle Zuverlaumlssigkeit angeben zu koumlnnen uumlberwunden Es wird damit eine bdquogestufteldquo Auslegung mit den Teilschritten

bull Sicherheit gegen Ermuumldung (klassische Sicherheit in Beanspruchungen) bull Lebensdauer fuumlr Schaumldigung durch Ermuumldung und andere Versagensarten (auch

Sicherheit auf der Basis des Lebensdauerquotienten) und bull aktuelle Zuverlaumlssigkeit bzw Schadenswahrscheinlichkeit

moumlglich wobei die drei Stufen baukastenartig mit relativ elementaren Zusatz-informationen zu berechnen sind Die Ermittlung einer vorhandenen Systemzuver-laumlssigkeit ist gleichzeitig eine Moumlglichkeit im Rahmen aktuell geforderter Risikoanalysen eine Risikobewertung durchfuumlhren zu koumlnnen

12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen und Maschinen in den Konstruktionsprozess

Das Beduumlrfnis nach neuen Erzeugnissen wird durch die Entwicklung der Wirtschaft und das Entstehen von Marktluumlcken ausgeloumlst Fuumlr den Entwicklungsingenieur und Kon-strukteur beginnt der Konstruktionsprozess i d R mit einer entsprechend formulierten Aufgabe und endet mit der Produktdokumentation des angestrebten Erzeugnisses

12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen und Maschinen

4

Eine wissenschaftliche Analyse dieses Prozesses geht auf Hansen [ 101 ] sowie Muumlller [ 104 ] zuruumlck Aumlhnliche Darstellungen sind in [ 109 ] und [ 106 ] zu fi nden

Ohne die Struktur des Konstruktionsprozesses beschreiben zu wollen werden sieben Arbeitsphasen durchlaufen (vgl Abb 11 ) wie am Beispiel einer Getriebekonstruktion erlaumlutert wird

In Abb 11 wird deutlich dass im Arbeitsschritt 5 uumlber die wesentlichen Abmessungen des technischen Gebildes entschieden wird d h das Bauteil erfaumlhrt seine vorlaumlufi ge bdquoAuslegungldquo Bei genauer Betrachtung unterteilt sich dieser Prozess wiederum in 3 Teilschritte naumlmlich in

bull Entwurfsrechnung bull Gestaltung und bull Nachweisrechnung

wie am Beispiel Welle in Abb 11 zu erkennen ist [ 106 ]

Aufgabe

Klaumlren und praumlzisierender Aufgabenstellung

Suchen nachLoumlsungsprinzipien und

deren Strukturen

Gliedern inrealisierbare Module

Gestalten dermaszliggebenden Module

Gestalten desgesamten Produktes

Ausarbeiten derAusfuumlhrungs- undNutzungsangaben

weitere Realisierung

Ermitteln von Funktionenund deren Strukturen

Anforderungsliste

Funktionsstruktur

Prinzipielle Loumlsung

Modulare Struktur

Vorentwuumlrfe

Gesamtentwurf

Dokumentation

1

2

3

4

5

6

7

Getriebe

Stuumlckliste1 Stk

2 Stk1 Stk

2 Stk

1 Stk

2 Stk

2 Stk

2 Stk

Dokumentation

Zeichnung

GehaumluseWellenZahnraumlder Lager

WandelnLeiten Leiten

M1 M2

WF Anforderungen

F

F

W

ω1=

ω1ω2

1M =

+ +

Abb 11 Generelle Arbeitsschritte und Arbeitsergebnisse des Konstruktionsprozesses nach VDI 2221 [ 109 ] am Beispiel einer Getriebekonstruktion

2 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche

5

In der Entwurfsrechnung wird i d R auf weniger als 10 der fuumlr den spaumlteren Produktionsprozess erforderlichen geometrischen und stoffl ichen Informationen Einfl uss genommen

Nach der Gestaltung entscheidet erst der Funktionsnachweis uumlber das positive bzw negative Ergebnis dieses iterativen Auslegungsprozesses (Abb 12 )

Der klassische Funktionsnachweis besteht u a in der Bestimmung einer bdquo Sicherheits-zahlldquo die durch den Quotienten aus zum Versagen fuumlhrender und vorhandener Belastung oder Beanspruchung berechnet wird Sie laumlsst jedoch keine Aussage uumlber Aus-fallwahrscheinlichkeit und Lebensdauer des technischen Gebildes zu

Der Sicherheitsnachweis bleibt auszligerdem auf die festigkeitsmaumlszligig begruumlndeten Ver-sagensarten wie Gewaltbruch Streckgrenzenuumlberschreitung und Dauerschwingbruch beschraumlnkt

Ansaumltze zur Berechnung von Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit sind durch die Waumllz-lagerberechnung und die Betriebsfestigkeitslehre bekannt

Wie bereits in Abschn 11 dargestellt soll eine allgemeine ingenieurmaumlszligige Aus-legungsmethodik auf der Basis der Berechnung von Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit ent-wickelt werden die auch Schaumldigungen wie Verschleiszlig und andere fl aumlchenabtragende Schaumldigungsprozesse beruumlcksichtigt und dem Konstrukteur mit der Ausfallwahrschein-lichkeit eine echte Entscheidungsmoumlglichkeit bietet

Die klassische Auslegungsmethode durch den Sicherheitsnachweis wird jedoch auch ihre Anwendungsberechtigung behalten zumal eine Fuumllle von Standards und Vorschriften darauf basieren und letztendlich im vorliegenden Buc der Zusammenhang von Sicherheit und Ausfallwahrscheinlichkeit hergestellt werden konnte

Vorentwuumlrfe

Modulare Struktur

5Gestalten dermaszliggebenden

Module

Beispiel Welle

Entwurfsrechnung

Gestaltung

Nachweisrechnung I II III fuumlr die Schnitte III

d erf

positiver Nachweis

vollstaumlndige Strukturbeschreibung

Abb 12 Klassischer Iterationszyklus fuumlr Entwurfsrechnung Gestaltung und Nachweisrechnung bei der Auslegung von Konstruktionselementen

12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen und Maschinen

6

Quellen und weiterfuumlhrende Literatur

[101] Hansen Friedrich Konstruktionssystematik ndash Grundlagen fuumlr eine allgemeine Konstruk-tionslehre Verlag Technik Berlin 1968

[102] Miner N Anton Cumulative Damage in Fatigue In Journal of Appl Mech Trans ASME 12 159-164 1945

[103] v Mises Richard Mechanik der plastischen Formaumlnderung ZAMM 161 1928 [104] Muumlller Johannes Grundlagen der Systematischen Heuristik Dietz Verlag Berlin 1970 [105] Palmgren Arvid Die Lebensdauer von Kugellagern In VDI-Zeitschrift 58 339-341

1924 [106] Schlottmann Dietrich u a Konstruktionslehre ndash Grundlagen Technik Berlin 1970 [107] Szabo Istvaacuten Einfuumlhrung in die Technische Mechanik Springer Berlin Goumlttingen

Heidelberg 1961 [108] Szabo Istvaacuten Houmlhere Technische Mechanik Springer Berlin Goumlttingen Heidelberg 1960 [109] Verein Deutscher Ingenieure VDI 2221 - Methodik zum Entwickeln und Konstruieren

technischer Systeme und Produkte VDI Duumlsseldorf 1993 [110] Woumlhler August Uumlber die Festigkeitsversuche mit Eisen und Stahl In Zeitschrift fuumlr

Bauwesen XX 81ndash89 1870

2 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche

7copy Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016D Schlottmann H Schnegas Auslegung von Konstruktionselementen VDI-Buch DOI 101007978-3-662-48807-2_2

2Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

21 Auslegung dargestellt am klassischen Sicherheitsbegriff

Schon in dem 1862 erschienenen wohl ersten deutschsprachigem Lehrbuch der Konstruktionslehre von MollReuleaux [212] wird der Sicherheitsbegriff mit einer Zahl S gt1 in Verbindung gebracht die das unzulaumlssige Uumlberschreiten von Belastungen begrenshyzen soll Dem Text ist bereits sinngemaumlszlig zu entnehmen dass die beim bdquoGebrauch des Bauteils vorhandenen Belastungen immer kleiner sein muumlssen als die maximal moumlglishychen bzw zum Versagen fuumlhrendenldquo Es wird bereits das Versagen durch Flieszligen und Bruch unterschieden Allgemein koumlnnen wir schreiben

B Bvorhanden versagenlt (21)

Dabei sollen unter Belastungen B sowohl Kraumlfte als auch Momente verstanden werden (vgl Abb 21) Entsprechend der bereits in [213] getroffenen Definition der Sicherheit als Faktor S gt 1 kann fuumlr Gl (21) auch geschrieben werden

B S Bvorh vers sdot = (22)

und damit

S

B

Bvers

vorh

=

(23)

Fuumlr eine verallgemeinerte Sicherheitsberechnung (vgl ebenfalls [212]) erweist es sich als zweckmaumlszligig nicht Belastungen sondern zum Versagen fuumlhrende Spannungen σ im Weiteren auch Beanspruchungen genannt uumlber eine analoge Sicherheitszahl zu vergleichen

8

So gilt auch

S vers

vorh

=σσ

(24)

Der Vorteil einer Sicherheitsberechnung uumlber Spannungen wird bereits erkennbar wenn mehrere am Bauteil angreifende Belastungen an der gleichen Schnittflaumlche Spannungen hervorrufen Im Sinne der linearen Elastizitaumltstheorie gilt dann das Superpositionsprinzip

σ σ= sum i (25)

mit i = 123hellip welches wegen der oft unterschiedlichen schaumldigenden Wirkung spaumlter allerdings in

Frage zu stellen istIn der Praxis tritt dieser einfache Sonderfall jedoch nur selten auf Beispiele waumlren

bdquoscheibenartigeldquo Bauteile mit bdquolastfreienldquo Oberflaumlchen oder bdquoeinachsigldquo beanspruchte Staumlbe Haumlufig anzutreffen ist dagegen die Kombination einer Normalspannung σ mit einer Schubspannung τ wie spaumlter noch gezeigt wird

Fuumlr das allgemeine raumlumliche Bauteil muss an einem Element mit

3 Normalspannungen und6 Schubspannungen

gerechnet werden (vgl Abb 22) wobei die Schubspannungen sich wegen der bdquoGegenseitigkeitldquo auf drei reduzieren

Die Spannungen lassen sich anschaulich in Spannungstensoren darstellen wobei fuumlr homogene und isotrope Werkstoffe jeder Spannungstensor in einen Hauptspannungstensor uumlberfuumlhrt werden kann fuumlr den die Schubspannungen zu Null werden (vgl dazu elastizishytaumltstheoretische Fachbuumlcher wie z B [222 223])

σ

σ τ τ

τ σ τ

τ τ σ

σσ

σ

T

x xy xz

yx y yz

zx zy z

=

rarr

1

2

3

0 0

0 0

0 0

(26)

Abb 21 Scheibenfoumlrmiges Bauteil mit Belastungen Bi (FhellipKraumlfte M hellip Momente)

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

9

Auf die Berechnung dieser Spannungstensoren im Sinne vorhandener Spannungen soll in Abschnitt 22 uumlbersichtsmaumlszligig eingegangen werden

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

Die Berechnung der vorhandenen Spannungen ist die Aufgabe der Elastizitaumltstheorie daher soll hier nur ein systematischer Uumlberblick gegeben werden

Das einfachste Modell eines realen Bauteils wird durch den Stab realisiert Ausshygehend von aumluszligeren Belastungen werden zunaumlchst die Auflagerreaktionen des Systems bestimmt um dann die sogenannten Schnittgroumlszligen zu berechnen Diese Elementarkenntnisse werden vorausgesetzt In einer Schnittstelle x oder s (x i d R fuumlr den geraden s fuumlr den gekruumlmmten Stab) wirken die Schnittgroumlszligen Normalkraft Fn(s) Biegemoment Mb(s) Torsionsmoment Mt(s) und Querkraft Fq(s) (vgl Abb 23) aus denen sich die Spannungen σzd σb τt und τq nach den in Tab 21 angegebenen Formeln berechnen lassen

Auch hier gilt die Bemerkung dass im elastizitaumltstheoretischem Sinne σzd und σb sowie τt und τq bei Uumlbereinstimmung von Schnittflaumlchen und Richtung addiert werden duumlrfen was im Folgenden wegen der unterschiedlichen schaumldigenden Wirkung nur mit einer entshysprechenden Gewichtung zugelassen werden soll

Neben dem Stabmodell sind auch die Vollwelle unter Auszligendruck die Bohrung in der unendlichen Scheibe unter achsensymmetrischer radialer Pressung und der duumlnnwandige Kessel als bdquoelementareldquo Spannungszustaumlnde anzusehen (vgl Tafel II1 im Anhang) Querschnittsaumlnderungen insbesondere des Stabes und andere Formabweichungen der eleshymentaren Berechnungsmodelle werden in Abschn 25 noch ausfuumlhrlicher behandelt

Berechnungsmodelle der bdquohoumlheren technischen Mechanikldquo sind

bull Scheiben (ebener Spannungsshy bzw ebener Zustand)bull Plattenbull Schalenbull Torsion prismatischer Koumlrper undbull Kontaktaufgaben

σx

σz

σy

τyxτyz

τzx

τzy

a b

τxy

τxzσ3

σ1

σ2

Abb 22 (a) Normalshy Schubspannungen (b) Hauptspannungen am Bauteilelement

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

10

Mt(s)Mb(s)Fq(s)

yz xs

Fn(s)

a b c d

σn(s) σb(s) τt(s) τq(s)

Abb 23 Spannungen in stabfoumlrmigen Bauelementen (a) Spannung infolge Laumlngskraft Fn(s) (b) Spannung infolge Biegemoment Mb(s) (c) Spannung infolge Torsionsmoment Mt(s) (d) Spannung infolge Querkraft Fq(s)

Tab 21 Elementare Spannungszustaumlnde in stabfoumlrmigen Bauelementen

Schnittgroumlszlige Sinnbild Berechnung Spannungstensor

Normalkraft Fn(s)

Fn(s)σn

σ nnF s

A=

( ) σ1 0 0

0 0 0

0 0 0

σ σ1 = n

Biegemoment Mb(s)

Mb(s)σb

σ bb

z

M s

W=

( )

σ bb

z

M s

Iy=

( )sdot

σ1 0 0

0 0 0

0 0 0

σ σ1 = b

Torsionsmoment Mt(s)

Mt(s)τt τ t

t

t

M s

W=

( )

τ tt

p

M s

Ir=

( )sdot

σσ

1

2

0 0

0 0

0 0 0

σ τ σ1 2= = minusQuerkraft Fq(s)

Fq(s)

τq maxτ q

qF

Amax = χ σσ

1

2

0 0

0 0

0 0 0

σ τ σ1 2= = minus

A hellip QuerschnittsflaumlcheIz It hellip TraumlgheitsmomentWt hellip Widerstandsmomentχ hellip Flaumlchenbeiwert

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

11

Sie sind uumlbersichtsmaumlszligig ebenfalls im Anhang Tafel II1 zusammengestellt Abgeshysehen von Sonderfaumlllen werden diese Spannungszustaumlnde heute mit bdquoFiniteshyElementeshyMethodenldquo berechnet Diese Berechnungen liefern idR den vollstaumlndig besetzten Spannungstensor der sich aber an lastfreien Oberflaumlchen auf zweiachsige Spannungszustaumlnde reduziert

Wegen des gehaumluften Auftretens dieses bdquoebenenldquo Spannungszustandes sei noch ohne Ableitung auf die Formel zur Berechnung der Hauptspannungen

σσ σ σ minus σ

τ1 2

2

2

2 2 =+

plusmn

+x y x y

xy

(27)

und deren anschauliche Darstellung im Mohrschen Kreis (vgl Abb 24) sowie auf die Sonderfaumllle bdquoeinachsiger Spannungszustandldquo und bdquoreiner Schubspannungszustandldquo verwiesen

Wesentlich fuumlr die Werkstoffshy bzw Bauteilschaumldigung ist die Betrachtung und Kenntnis der Zeitfunktionen vorhandener Spannungen Waumlhrend die bdquoStatikldquo vorshyzugsweise von bdquostatischenldquo oder bdquoruhenden Belastungenldquo ausgeht sind Maschishynenbauteile meistens bdquoperiodisch schwingendldquo belastet und beansprucht Hingewiesen sei dabei auf den haumlufig auftretenden Sonderfall der sog bdquoUmlaufbiegungldquo bei dem ein konstantes Biegemoment der Welle eine bdquowechselndeldquo Beanspruchung hervorruft Besondere Betrachtung erfordern bdquostochastischeldquo Belastungen die natuumlrlich auch bdquostochastischeldquo Beanspruchungen mit sich bringen (vgl Abb 25) Diesen Belasshytungsshy und BeanspruchungsshybdquoKollektivenldquo wird in spaumlteren Abschnitten gebuumlhrender Raum zugemessen

σx +σy2

τ

σ2

σy

σx minusσy2

τxy

σ1σx σ

τ

σ2= 0

a

b c

σ1=σxσ σ

σ1=τ σ2=-σ1

τ

Abb 24 Ebener Spannungszustand im Mohrrsquoschen Kreis (a) allgemeiner ebener Spannungsshyzustand (b) einachsiger Spannungszustand (c) Schubspannungszustand

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

12

23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch

Der Konstruktionsprozess bringt eine unendliche Vielfalt technischer Gebilde mit untershyschiedlichster geometrischer Form und verschiedenartiger Werkstoffe hervor die auszligershydem unterschiedlichen Beanspruchungsarten und Belastungsfaumlllen unterliegen

Fuumlr den Sicherheitsnachweis bzgl der zum Versagen fuumlhrenden Belastungen hat es sich als oumlkonomisch und zweckmaumlszligig erwiesen die Belastungsgrenzen der Bauteile durch Vergleich mit dem Versagensverhalten einer uumlberschaubaren Menge idealisierter Pruumlfshykoumlrper die speziellen und in Pruumlfmaschinen realisierbaren Belastungen unterworfen wershyden zu ermitteln Solche Pruumlfkoumlrper sind z B die in Abb 26 dargestellten standardisierten Rundshy und Flachproben

Am einfachsten zu realisieren ist durch die Werkstoffpruumlfung der Zugversuch mit ruhender Belastung Die Belastung wird dabei zuumlgig d h mit konstanter elastischer und schlieszliglich plastischer Dehnungszunahme bis zum Eintreten des Bruches aufgebracht Nach der Form des Bruches sind drei charakteristische Arten von Werkstoffen (vgl Abb 27) zu unterscheiden

bull Werkstoffe die bei ruhender Beanspruchung zum sproumlden Trennbruch neigen (z B Glas Grauguss gehaumlrteter Stahl)

bull Versagen durch Gleitbruch (z B Aluminium Kupfer und Kupferlegierungen)bull Werkstoffe mit ausgepraumlgter Flieszligzone die erst nach Einschnuumlrung einen Trennbruch

zeigen (vorzugsweise Stahl)

Werden bei diesem Pruumlfvorgang die Spannungen uumlber der Dehnung aufgetragen so ergibt sich das aus der Werkstoffpruumlfung bekannte SpannungsshyDehnungsshyDiagramm das abhaumlngig von der Bruchart charakteristische Formen aufweist (vgl Abb 28)

Fuumlr die Auslegung von Bauteilen unter ruhender Belastung sind also nicht nur die vershyschiedenen Brucharten interessant Es muss insbesondere fuumlr Staumlhle mit ausgepraumlgtem Flieszligverhalten bereits von Versagen gesprochen werden wenn das Bauteil durch unzulaumlsshysige plastische Deformationen seine Funktionsfaumlhigkeit verliert

Ausgehend von den fuumlr Staumlben moumlglichen Beanspruchungsarten (s Abschn 22) ergeshyben sich bereits infolge ruhender Beanspruchung theoretisch zehn Werkstoffkennwerte die aus praktischen Gruumlnden auf vier eingeschraumlnkt werden (vgl Tab 22)

Bel

astu

ng b

zw

Bea

nspr

uchu

ng

e

c

b

Zeit

a dAbb 25 Belastungsshy und Beanspruchungsarten (a) ruhend (b) schwellend (c) wechselnd (d) allgemein (e) stochastisch

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

13

Nun sind die meisten Bauteile nicht ruhend sondern periodisch schwingend oder sogar stochastisch belastet bzw beansprucht (vgl Abb 25)

Es ist das Verdienst von August Woumlhler [227] im Jahre 1870 die Dauerschwingfestigkeit der metallischen Werkstoffe entdeckt und in einem noch heute uumlblichen nach ihm benannshyten Diagramm dargestellt zu haben (Abb 29)

Bei schwingender Beanspruchung nimmt die zum Schwingbruch fuumlhrende Lastshywechselzahl N fuumlr abnehmende Spannungshorizonte zu Bis 103hellip104 Lastwechsel spreshychen wir von Kurzzeitfestigkeit (LowshyCycleshyFatigue LCF) Bei Erreichen eines

a b

Abb 26 Pruumlfkoumlrper der Werkstoffpruumlfung (a) Rundprobe (b) Flachprobe

a cb

Abb 27 Brucharten beim Zugversuch (a) Trennbruch bei sproumldem Werkstoff (b) Gleitbruch (c) Trennbruch nach Einschnuumlrung und Verfestigung

23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch

14

Spannungshorizontes σD wird schlieszliglich eine gegen unendlich gehende Lastwechselzahl ertragen wir sprechen von Dauerfestigkeit (VeryshyHighshyCycleshyFatigue VHCF) Der Uumlbergang zur bdquoDauerschwingfestigkeitldquo wird bei NG = 106 hellip 107 Lastwechseln beobachshytet d h die meisten Maschinen wie Motoren und durch sie angetriebene Arbeitsmaschinen uumlberschreiten diese Grenzlastwechselzahl nach wenigen Tagen sie sind also nach bdquoDauerfestigkeitldquo auszulegen Dieses Dauerfestigkeitsverhalten der metallischen Werkstoffe welches durch abnehmende Ausschlagfestigkeiten bei zunehmender Mitshytelspannung gekennzeichnet ist laumlsst sich in sogenannten Dauerfestigkeitsschaubildern darstellen (vgl Abb 210)

Durch die Unterdruumlckung des Zeitparameters wird auch fuumlr diese Faumllle eine bdquoSicherheitsberechnungldquo moumlglich

Abb 28 Spannungsshy Dehnungsshy Diagramm fuumlr sproumlde und elastischshyplastische Werkstoffe (a) ausgepraumlgte Streckgrenze (b) nicht ausgepraumlgte Streckgrenze (c) sproumlde Werkstoffe

Beanspru-chungsart

Art des Versagens

Flieszligen Bruch

Zug Streckgrenzeoder

02 Dehngrenze

Re (oder σF bzw σS)Rp02 (oder σ02)

Zug- oderBruchfestigkeit Rm oder σB

Druck Quetschgrenze σdF Druckfestigkeit σdB

Biegung Biegeflieszliggrenze σbF Biegebruchfestigkeit σbB

Torsion Torsions-flieszliggrenze

τtF Torsionsbruch-festigkeit

τtB

Abscheren Scherflieszliggrenze τsF Scherfestigkeit τsB

vorzugsweise zu bestimmende Groumlszligen

Tab 22 Versagenskennwerte (Werkstofffestigkeiten) bei ruhender Belastung

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

Page 7: Dietrich Schlottmann Henrik Schnegas Auslegung von … · 2016. 7. 1. · VDI-Buch, DOI 10.1007/978-3-662-48807-2_1 Auslegung von Maschinen- und 1 Konstruktionselementen eine wesentliche

vii

Inhaltsverzeichnis

1 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche Aufgabe des Ingenieurs 1 11 Berechnung von Sicherheit Lebensdauer

und Zuverlaumlssigkeit als historisch gewachsene Auslegungsmethoden 1 12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen

und Maschinen in den Konstruktionsprozess 3 Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 6

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo 7 21 Auslegung dargestellt am klassischen Sicherheitsbegriff 7 22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen 9 23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch 12 24 Bestimmung der Sicherheit bei Schwingbeanspruchung 17

241 Uumlberlastfall 1 17 242 Uumlberlastfall 2 18 243 Uumlberlastfall 3 18 244 allgemeiner Fall 18

25 Oumlrtliche Spannungserhoumlhungen Konzept der Sicherheitsberechnung nach oumlrtlichen Spannungen 19

26 Einfl uumlsse auf die Schwingfestigkeit das Nennspannungskonzept 24 27 Zusammengesetzte oder kombinierte Beanspruchung

stabfoumlrmiger Bauteile Vergleichsspannung und Gesamtsicherheit 30 28 Vergleichsspannung und Sicherheitsnachweis fuumlr nichtstabfoumlrmige

Bauteile Grenzen des Konzeptes der oumlrtlichen Spannungen 35 29 Erforderliche Sicherheit Sicherheit unter

wahrscheinlichkeitstheoretischem Aspekt 37 210 Ermittlung der uumlbergeordneten Sicherheit Produktsicherheit 41 211 Anhang 46 Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 66

viii

3 Schaumldigung und Versagen technischer Gebilde 67 31 Ausfallverhalten statistische Grundlagen 67 32 Grundlagen der Zuverlaumlssigkeitstheorie 70

321 Mathematische Zusammenhaumlnge 70 322 Spezielle Verteilungsfunktionen und Anwendung 73 323 Verteilungsfunktionen Ermittlung charakteristischer Groumlszligen 76 324 Berechnung der Ausfallwahrscheinlichkeit und Zuverlaumlssigkeit 80 325 Systemzuverlaumlssigkeit 82

33 Mathematische Beschreibung von Schaumldigung und Versagen technischer Gebilde 86 331 Systematisierung von Schaumldigung und Versagen 86 332 Schaumldigung durch Ermuumldung 90 333 Schaumldigung durch Verschleiszlig 96 334 Schaumldigung durch Erosion Korrosion und andere

fl aumlchenabtragende Prozesse 104 335 Mehrfache Schaumldigung 106 336 Komplexe Schaumldigungen 107

34 Anhang 111 Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 122

4 Berechnung der Lebensdauer bei nomineller und variabler Zuverlaumlssigkeit 123 41 Allgemeine Grundlagen der Lebensdauerberechnung 123

411 Klassische Lebensdauerberechnung 123 412 Lebensdauerberechnung bei Kollektivbeanspruchung 126 413 Lebensdauerberechnung bei Aumlquivalenzbelastung 131 414 Lebensdauerberechnung mit Aumlquivalenzfaktor 133

42 Lebensdauerberechnung bei variabler Zuverlaumlssigkeit 135 421 Zuverlaumlssigkeitsbasierte Lebensdauerberechnung bei konstanter

Beanspruchung und Gauszligverteilung 136 422 Zuverlaumlssigkeitsbasierte Lebensdauerberechnung bei konstanter

Beanspruchung und Weibullverteilung 137 423 Zuverlaumlssigkeitsbasierte Lebensdauerberechnung bei variabler

Beanspruchung und Normpunkt 138 424 Zuverlaumlssigkeitsbasierte Lebensdauerberechnung bei

Kollektivbeanspruchung und Normpunkt 140 43 Anhang 141 Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 146

5 Zusammenhaumlnge zwischen Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit ndash eine neue Auslegungsphilosophie 147 51 Systematisierung und Zielstellung 147 52 Zusammenhang zwischen Lebensdauer und Sicherheit

im Zeitfestigkeitsbereich bei variabler Zuverlaumlssigkeit 147

Inhaltsverzeichnis

ix

53 Zusammenhang zwischen Lebensdauer und Sicherheit im Zeitfestigkeitsbereich bei gleichbleibender Zuverlaumlssigkeit 149

54 Zusammenhang zwischen Zuverlaumlssigkeit bzw Schadenswahrscheinlichkeit und Sicherheit bei gleichbleibender Lebensdauer 151

55 Aktuelle Zuverlaumlssigkeit von Waumllzlagern 154 56 Zuverlaumlssigkeit bzw Schadenswahrscheinlichkeit

bei Kollektivbeanspruchung 156 57 Zuverlaumlssigkeitstheoretische Interferenzmodelle 159

571 bdquoStatischesldquo Interferenzmodell 159 572 bdquoDynamischesldquo Interferenzmodell 161 573 Interferenzmodell fuumlr Verschleiszlig 162

58 Anforderungen an Zuverlaumlssigkeit und Ausfallwahrscheinlichkeit 164 59 Sicherheit Lebensdauer Zuverlaumlssigkeit und Ausfall-

wahrscheinlichkeit ndash eine neue Auslegungsphilosophie 165 Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 169

6 Kosten im Lebenszyklus technischer Gebilde ndash wie teuer duumlrfen Qualitaumlt und Zuverlaumlssigkeit sein 171 61 Kostenverantwortung bei der Entwicklung eines

technischen Gebildes 171 62 Lebenslaufkosten eines technischen Gebildes und Modelle

fuumlr ihre Berechnung 174 621 Lebenslaufkosten eines technischen Gebildes 174 622 Lebenslaufkostenmodell und Bestimmung der optimalen

Nutzungsdauer eines technischen Gebildes 174 63 Herstellerseitige Lebenslaufkosten und Zuverlaumlssigkeit 179

631 Allgemeine Kostenstruktur bei der Entwicklung und Herstellung technischer Gebilde 179

632 Kostenentwicklungsgesetze und Zuverlaumlssigkeit 181 633 Zusammenhang von Kosten Zuverlaumlssigkeit und

Bauteilgroumlszlige am Beispiel der Waumllzlagerauslegung 184 64 Anwenderseitige Lebenslaufkosten und Zuverlaumlssigkeit 187

641 Allgemeine Kostenstruktur bei der Nutzung technischer Gebilde 187

642 Kosten und Zuverlaumlssigkeit bei der Instandhaltung 189 65 Target Costing ndash ein Werkzeug fuumlr die retrograde Bestimmung

erlaubter Kosten ndash wie teuer duumlrfen Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit sein 193 651 Grundbegriffe des Target Costing 193 652 Aufteilung der Kosten auf die auszulegenden Systemkomponenten 195

Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 197

Inhaltsverzeichnis

x

7 Sicherheit ndash Lebensdauer ndash Zuverlaumlssigkeit Anwendungsfaumllle und Beispiele 199 Beispiel 1 Sicherheit gegen Streck- und Flieszliggrenzenuumlberschreitung Einfl uss der Vergleichsspannungshypothesen 200 Beispiel 2 Sicherheitsnachweis bei Schwingbeanspruchung fuumlr Dauer- Schwingfestigkeit (Nennspannungskonzept) Abschaumltzung der Ausfallwahrscheinlichkeit 201 Beispiel 3 Lebensdauernachweis und Sicherheit im Kurzlebigkeitsbereich (Zeitfestigkeit) bei einem Beanspruchungshorizont 203 Beispiel 4 Lebensdauerberechnung mittels linearer Schadensakkumulationshypothesen bei Ermuumldung (Kollektivbelastung) 206 Beispiel 5 Auswertung von Ermuumldungsversuchen (Gauszlig Weibull) Generieren eines Woumlhlerdiagramms Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeitsberechnung 209 Beispiel 6 Bestimmung von Verteilungsparametern (Weibull) aus einem Woumlhlerlinienfeld Generieren einer Woumlhlerliniengleichung Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeitsberechnung unter Kollektivbelastung 218 Beispiel 7 Auswertung von Verschleiszliggroumlszligen 223 Beispiel 8 Systemzuverlaumlssigkeit einer Zweikreisbremse 227 Beispiel 9 Waumllzlager mit erhoumlhter Einzelzuverlaumlssigkeit Systemzuverlaumlssigkeit fuumlr 4 Lager 228 Beispiel 10 Aktuelle Zuverlaumlssigkeit am Beispiel eines Zahnrades mit Evolvente 231 Beispiel 11 Zuverlaumlssigkeit und oumlkonomische Nutzungsdauer 235

Stichwortverzeichnis 237

Inhaltsverzeichnis

1copy Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016D Schlottmann H Schnegas Auslegung von Konstruktionselementen VDI-Buch DOI 101007978-3-662-48807-2_1

1 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche Aufgabe des Ingenieurs

11 Berechnung von Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit als historisch gewachsene Auslegungsmethoden

Bevor fuumlr den konstruktionstechnisch interessierten Leser die bdquoAuslegung von Konstruk-tionselementenldquo eine entsprechende Einordnung in den konstruktiven Gesamtprozess erfahren wird soll in einer historisch angelegten Darstellung verdeutlicht werden welchem wissenschaftlichen Anliegen und welchem Ziel das vorliegende Buch zuzu-ordnen ist

Bei der Auslegung von Maschinen Baugruppen und Elementen wird nach der Fest-legung der Prinziploumlsung uumlber Hauptabmessungen Topologie Form und Gestalt und damit uumlber Masse Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit entschieden Informations-verarbeitung und Rechentechnik haben das Taumltigkeitsbild des Konstruk teurs in den letzten Jahrzehntenveraumlndert

Neben den Moumlglichkeiten des Computer Aided Designs (CAD) lassen sich im Rahmen des Computer Aided Engineerings (CAE) Berechnungen durchfuumlhren die noch vor Jahren wegen des hohen Arbeits- und Zeitaufwandes nicht denkbar waren Natuumlrlich hat diese Entwicklung auch die bdquoAuslegungldquo von Konstruktionselementen beeinfl usst Denken wir nur an die Methoden der Finiten Elemente (FEM) die es gestattet die vorhandenen Spannungen in kompliziertesten Bauteilen zu berechnen oder deren Anwendung bei der Strukturoptimierung bei der Suche nach kleinstmoumlglichen Konstruktionselementen

Trotzdem bleibt die Rechentechnik fuumlr die Ermittlung von Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit ein Hilfsmittel da das Ausfallverhalten von Konstruktionselementen und Maschinen damit nur auf der Basis mathematischer Modelle simuliert werden kann

Das Problem des Ausfalles bzw des Versagens von Geraumlten und schlieszliglich auch Bauwerken duumlrfte so alt sein wie die Menschheit selbst Die Erfahrung des Menschen

2

lieferte jedoch offensichtlich ein relativ sicheres Gefuumlhl fuumlr die Belastbarkeit der beeindru-ckenden Bauwerke des Altertums

Erste wissenschaftliche Ansaumltze einer bdquoAuslegungsrechnungldquo gehen auf Galilei (1564ndash 1642) zuruumlck der den Methoden und Modellen der heutigen Festigkeitslehre bereits sehr nahe kam (vgl z B [ 107 108 ]) So verwendete er den Begriff der Spannung und berechnete diese fuumlr den Einspannungsquerschnitt eines Kragarmes Auch wenn die angenommene Spannungsverteilung und damit das Ergebnis falsch war erkannte er die Bedeutung der Spannung als Vergleichsgroumlszlige fuumlr das Eintreten des Bruches Mit Recht wird deshalb der Name Galilei mit der einfachsten Bruchtheorie naumlmlich der Hauptnor-malspannungshypothese in Verbindung gebracht (vgl Kap 3 )

Natuumlrlich war es bis zur Gestaltaumlnderungsenergiehypothese (1913) nach v Mises [ 103 ] noch ein weiter Weg Die v Misesrsquosche Hypothese duumlrfte fuumlr das Fliessen und den Bruch infolge statischer Beanspruchung insbesondere fuumlr metallische Werkstoffe der Realitaumlt am naumlchsten kommen

Neue Raumltsel gaben die sich immer schneller drehenden Maschinen ihren Schoumlpfern insbesondere bzgl ihrer Haltbarkeit auf Berechnungen mit Kraumlften analog den statischen Lasten erwiesen sich als voumlllig unzutreffend Es ist das bleibende Verdienst von Woumlhler das Ermuumldungsverhalten von Werkstoffen und Bauteilen mit dem nach ihm bezeichneten bdquoWoumlhlerdiagrammldquo anschaulich und zweckmaumlszligig beschrieben zu haben [ 110 ]

Ein Grundanliegen des vorliegenden Buches besteht darin der von Woumlhler fuumlr die Ermuumldung entwickelten Methodik auch fuumlr andere Versagensarten wie Verschleiszlig und Korrosion zu folgen

Die erstmals von Woumlhler entdeckte bdquoDauerfestigkeitldquo metallischer Werkstoffe d h ihre Unempfi ndlichkeit gegenuumlber schwingender Beanspruchung unterhalb eines bestimmten Beanspruchungsniveaus fuumlhrte zu relativ einfachen Berechnungsmethoden auch fuumlr den Ermuumldungsbereich Wie bei statischer Belastung werden bdquoSicherheitszahlenldquo als Quotient aus zum Versagen fuumlhrender und vorhandener Beanspruchung berechnet Obwohl diese einfache ingenieurmaumlszligige Methode in Kap 3 teilweise einer kritischen Betrachtung unter-zogen wird duumlrfte sie auch in Zukunft ihre Bedeutung behalten

Andererseits ist es gerade die Schaumldigung durch bdquoErmuumldungldquo die sich in den letzten Jahrzehnten durch eine hohe Forschungsdichte auszeichnet und als bdquoBetriebsfestig-keitslehreldquo zu einer selbststaumlndigen Teildisziplin der Festigkeitslehre geworden ist

Leider hat sich die Betriebsfestigkeitslehre bisher nicht von der Empirie loumlsen koumlnnen und es muss vielleicht gerade deshalb beklagt werden dass sie nicht in gebuumlhrendem Maszlige bei der Auslegung von Bauteilen des Maschinenbaus zur Anwendung gekommen ist Die Berechnungsstandards gehen bisher weitgehend davon aus dass eine Maschine auf bdquoDauerfestigkeitldquo ausgelegt wird ndash und das ist gleichbedeutend mit einer zumindest theoretisch unendlichen Lebensdauer

Die Erfahrung lehrt aber dass Maschinen nach endlichen Zeiten ausfallen ndash und dass nicht nur durch Gewalt- oder Ermuumldungsbruch sondern auch durch Verschleiszlig Korrosion und andere Versagensarten So gesehen stellt die von Palmgren [ 105 ] bereits 1924

2 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche

3

vorgeschlagene Methode der Lebensdauerberechnung von Waumllzlagern eine der Zeit vor-ausgehende Pionierleistung dar deren Entwicklung sich aufdraumlngte da Waumllzlager keinen Dauerfestigkeitsbereich aufweisen

Neben der Woumlhlerlinie wird die von Palmgren eingefuumlhrte und von Miner [ 102 ] verallgemeinerte Methode der Lebensdauerberechnung in der vorliegenden Publi-kation als eine ingenieurmaumlszligig zweckmaumlszligige Vorgehensweise angesehen die auch bei Schaumldigungsmechanismen wie Ermuumldung Verschleiszlig und Korrosion anzuwen-den ist

Auch wenn diese Schaumldigungen ursaumlchlich kaum Gemeinsamkeiten aufweisen soll der Versuch unternommen werden eine phaumlnomenologisch begruumlndete gleichartige Berech-nungsmethode zu entwickeln um eine ingenieurmaumlszligig einheitliche Berechnung von Schaumldigungen im Sinne der Auslegungsrechnung zu erreichen

Es sei hervorgehoben dass die vorgeschlagene Vorgehensweise nur aus der Sicht des Konstrukteurs ihre Begruumlndung fi ndet Sie erhebt keinen Anspruch auf den Teilgebieten wie der Ermuumldung des Verschleiszliges oder der Korrosion einen auf die Grundlagen gerich-teten Beitrag leisten zu wollen Trotzdem duumlrfte die integrative Betrachtungsweise auch fuumlr den Spezialisten der Teildisziplin Anregung bieten

Ein weiterer Aspekt des Buches besteht darin die aktuelle Zuverlaumlssigkeit bzw Ausfallwahrscheinlichkeit zu ermitteln um fuumlr eine vorgegebene Lebensdauer die Systemzuverlaumlssigkeit bzw Informationen zur Instandhaltung zu gewinnen Damit wird der Nachteil der Betriebsfestigkeitslehre eine Lebensdauer nur fuumlr eine nominelle Zuverlaumlssigkeit angeben zu koumlnnen uumlberwunden Es wird damit eine bdquogestufteldquo Auslegung mit den Teilschritten

bull Sicherheit gegen Ermuumldung (klassische Sicherheit in Beanspruchungen) bull Lebensdauer fuumlr Schaumldigung durch Ermuumldung und andere Versagensarten (auch

Sicherheit auf der Basis des Lebensdauerquotienten) und bull aktuelle Zuverlaumlssigkeit bzw Schadenswahrscheinlichkeit

moumlglich wobei die drei Stufen baukastenartig mit relativ elementaren Zusatz-informationen zu berechnen sind Die Ermittlung einer vorhandenen Systemzuver-laumlssigkeit ist gleichzeitig eine Moumlglichkeit im Rahmen aktuell geforderter Risikoanalysen eine Risikobewertung durchfuumlhren zu koumlnnen

12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen und Maschinen in den Konstruktionsprozess

Das Beduumlrfnis nach neuen Erzeugnissen wird durch die Entwicklung der Wirtschaft und das Entstehen von Marktluumlcken ausgeloumlst Fuumlr den Entwicklungsingenieur und Kon-strukteur beginnt der Konstruktionsprozess i d R mit einer entsprechend formulierten Aufgabe und endet mit der Produktdokumentation des angestrebten Erzeugnisses

12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen und Maschinen

4

Eine wissenschaftliche Analyse dieses Prozesses geht auf Hansen [ 101 ] sowie Muumlller [ 104 ] zuruumlck Aumlhnliche Darstellungen sind in [ 109 ] und [ 106 ] zu fi nden

Ohne die Struktur des Konstruktionsprozesses beschreiben zu wollen werden sieben Arbeitsphasen durchlaufen (vgl Abb 11 ) wie am Beispiel einer Getriebekonstruktion erlaumlutert wird

In Abb 11 wird deutlich dass im Arbeitsschritt 5 uumlber die wesentlichen Abmessungen des technischen Gebildes entschieden wird d h das Bauteil erfaumlhrt seine vorlaumlufi ge bdquoAuslegungldquo Bei genauer Betrachtung unterteilt sich dieser Prozess wiederum in 3 Teilschritte naumlmlich in

bull Entwurfsrechnung bull Gestaltung und bull Nachweisrechnung

wie am Beispiel Welle in Abb 11 zu erkennen ist [ 106 ]

Aufgabe

Klaumlren und praumlzisierender Aufgabenstellung

Suchen nachLoumlsungsprinzipien und

deren Strukturen

Gliedern inrealisierbare Module

Gestalten dermaszliggebenden Module

Gestalten desgesamten Produktes

Ausarbeiten derAusfuumlhrungs- undNutzungsangaben

weitere Realisierung

Ermitteln von Funktionenund deren Strukturen

Anforderungsliste

Funktionsstruktur

Prinzipielle Loumlsung

Modulare Struktur

Vorentwuumlrfe

Gesamtentwurf

Dokumentation

1

2

3

4

5

6

7

Getriebe

Stuumlckliste1 Stk

2 Stk1 Stk

2 Stk

1 Stk

2 Stk

2 Stk

2 Stk

Dokumentation

Zeichnung

GehaumluseWellenZahnraumlder Lager

WandelnLeiten Leiten

M1 M2

WF Anforderungen

F

F

W

ω1=

ω1ω2

1M =

+ +

Abb 11 Generelle Arbeitsschritte und Arbeitsergebnisse des Konstruktionsprozesses nach VDI 2221 [ 109 ] am Beispiel einer Getriebekonstruktion

2 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche

5

In der Entwurfsrechnung wird i d R auf weniger als 10 der fuumlr den spaumlteren Produktionsprozess erforderlichen geometrischen und stoffl ichen Informationen Einfl uss genommen

Nach der Gestaltung entscheidet erst der Funktionsnachweis uumlber das positive bzw negative Ergebnis dieses iterativen Auslegungsprozesses (Abb 12 )

Der klassische Funktionsnachweis besteht u a in der Bestimmung einer bdquo Sicherheits-zahlldquo die durch den Quotienten aus zum Versagen fuumlhrender und vorhandener Belastung oder Beanspruchung berechnet wird Sie laumlsst jedoch keine Aussage uumlber Aus-fallwahrscheinlichkeit und Lebensdauer des technischen Gebildes zu

Der Sicherheitsnachweis bleibt auszligerdem auf die festigkeitsmaumlszligig begruumlndeten Ver-sagensarten wie Gewaltbruch Streckgrenzenuumlberschreitung und Dauerschwingbruch beschraumlnkt

Ansaumltze zur Berechnung von Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit sind durch die Waumllz-lagerberechnung und die Betriebsfestigkeitslehre bekannt

Wie bereits in Abschn 11 dargestellt soll eine allgemeine ingenieurmaumlszligige Aus-legungsmethodik auf der Basis der Berechnung von Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit ent-wickelt werden die auch Schaumldigungen wie Verschleiszlig und andere fl aumlchenabtragende Schaumldigungsprozesse beruumlcksichtigt und dem Konstrukteur mit der Ausfallwahrschein-lichkeit eine echte Entscheidungsmoumlglichkeit bietet

Die klassische Auslegungsmethode durch den Sicherheitsnachweis wird jedoch auch ihre Anwendungsberechtigung behalten zumal eine Fuumllle von Standards und Vorschriften darauf basieren und letztendlich im vorliegenden Buc der Zusammenhang von Sicherheit und Ausfallwahrscheinlichkeit hergestellt werden konnte

Vorentwuumlrfe

Modulare Struktur

5Gestalten dermaszliggebenden

Module

Beispiel Welle

Entwurfsrechnung

Gestaltung

Nachweisrechnung I II III fuumlr die Schnitte III

d erf

positiver Nachweis

vollstaumlndige Strukturbeschreibung

Abb 12 Klassischer Iterationszyklus fuumlr Entwurfsrechnung Gestaltung und Nachweisrechnung bei der Auslegung von Konstruktionselementen

12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen und Maschinen

6

Quellen und weiterfuumlhrende Literatur

[101] Hansen Friedrich Konstruktionssystematik ndash Grundlagen fuumlr eine allgemeine Konstruk-tionslehre Verlag Technik Berlin 1968

[102] Miner N Anton Cumulative Damage in Fatigue In Journal of Appl Mech Trans ASME 12 159-164 1945

[103] v Mises Richard Mechanik der plastischen Formaumlnderung ZAMM 161 1928 [104] Muumlller Johannes Grundlagen der Systematischen Heuristik Dietz Verlag Berlin 1970 [105] Palmgren Arvid Die Lebensdauer von Kugellagern In VDI-Zeitschrift 58 339-341

1924 [106] Schlottmann Dietrich u a Konstruktionslehre ndash Grundlagen Technik Berlin 1970 [107] Szabo Istvaacuten Einfuumlhrung in die Technische Mechanik Springer Berlin Goumlttingen

Heidelberg 1961 [108] Szabo Istvaacuten Houmlhere Technische Mechanik Springer Berlin Goumlttingen Heidelberg 1960 [109] Verein Deutscher Ingenieure VDI 2221 - Methodik zum Entwickeln und Konstruieren

technischer Systeme und Produkte VDI Duumlsseldorf 1993 [110] Woumlhler August Uumlber die Festigkeitsversuche mit Eisen und Stahl In Zeitschrift fuumlr

Bauwesen XX 81ndash89 1870

2 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche

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2Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

21 Auslegung dargestellt am klassischen Sicherheitsbegriff

Schon in dem 1862 erschienenen wohl ersten deutschsprachigem Lehrbuch der Konstruktionslehre von MollReuleaux [212] wird der Sicherheitsbegriff mit einer Zahl S gt1 in Verbindung gebracht die das unzulaumlssige Uumlberschreiten von Belastungen begrenshyzen soll Dem Text ist bereits sinngemaumlszlig zu entnehmen dass die beim bdquoGebrauch des Bauteils vorhandenen Belastungen immer kleiner sein muumlssen als die maximal moumlglishychen bzw zum Versagen fuumlhrendenldquo Es wird bereits das Versagen durch Flieszligen und Bruch unterschieden Allgemein koumlnnen wir schreiben

B Bvorhanden versagenlt (21)

Dabei sollen unter Belastungen B sowohl Kraumlfte als auch Momente verstanden werden (vgl Abb 21) Entsprechend der bereits in [213] getroffenen Definition der Sicherheit als Faktor S gt 1 kann fuumlr Gl (21) auch geschrieben werden

B S Bvorh vers sdot = (22)

und damit

S

B

Bvers

vorh

=

(23)

Fuumlr eine verallgemeinerte Sicherheitsberechnung (vgl ebenfalls [212]) erweist es sich als zweckmaumlszligig nicht Belastungen sondern zum Versagen fuumlhrende Spannungen σ im Weiteren auch Beanspruchungen genannt uumlber eine analoge Sicherheitszahl zu vergleichen

8

So gilt auch

S vers

vorh

=σσ

(24)

Der Vorteil einer Sicherheitsberechnung uumlber Spannungen wird bereits erkennbar wenn mehrere am Bauteil angreifende Belastungen an der gleichen Schnittflaumlche Spannungen hervorrufen Im Sinne der linearen Elastizitaumltstheorie gilt dann das Superpositionsprinzip

σ σ= sum i (25)

mit i = 123hellip welches wegen der oft unterschiedlichen schaumldigenden Wirkung spaumlter allerdings in

Frage zu stellen istIn der Praxis tritt dieser einfache Sonderfall jedoch nur selten auf Beispiele waumlren

bdquoscheibenartigeldquo Bauteile mit bdquolastfreienldquo Oberflaumlchen oder bdquoeinachsigldquo beanspruchte Staumlbe Haumlufig anzutreffen ist dagegen die Kombination einer Normalspannung σ mit einer Schubspannung τ wie spaumlter noch gezeigt wird

Fuumlr das allgemeine raumlumliche Bauteil muss an einem Element mit

3 Normalspannungen und6 Schubspannungen

gerechnet werden (vgl Abb 22) wobei die Schubspannungen sich wegen der bdquoGegenseitigkeitldquo auf drei reduzieren

Die Spannungen lassen sich anschaulich in Spannungstensoren darstellen wobei fuumlr homogene und isotrope Werkstoffe jeder Spannungstensor in einen Hauptspannungstensor uumlberfuumlhrt werden kann fuumlr den die Schubspannungen zu Null werden (vgl dazu elastizishytaumltstheoretische Fachbuumlcher wie z B [222 223])

σ

σ τ τ

τ σ τ

τ τ σ

σσ

σ

T

x xy xz

yx y yz

zx zy z

=

rarr

1

2

3

0 0

0 0

0 0

(26)

Abb 21 Scheibenfoumlrmiges Bauteil mit Belastungen Bi (FhellipKraumlfte M hellip Momente)

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

9

Auf die Berechnung dieser Spannungstensoren im Sinne vorhandener Spannungen soll in Abschnitt 22 uumlbersichtsmaumlszligig eingegangen werden

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

Die Berechnung der vorhandenen Spannungen ist die Aufgabe der Elastizitaumltstheorie daher soll hier nur ein systematischer Uumlberblick gegeben werden

Das einfachste Modell eines realen Bauteils wird durch den Stab realisiert Ausshygehend von aumluszligeren Belastungen werden zunaumlchst die Auflagerreaktionen des Systems bestimmt um dann die sogenannten Schnittgroumlszligen zu berechnen Diese Elementarkenntnisse werden vorausgesetzt In einer Schnittstelle x oder s (x i d R fuumlr den geraden s fuumlr den gekruumlmmten Stab) wirken die Schnittgroumlszligen Normalkraft Fn(s) Biegemoment Mb(s) Torsionsmoment Mt(s) und Querkraft Fq(s) (vgl Abb 23) aus denen sich die Spannungen σzd σb τt und τq nach den in Tab 21 angegebenen Formeln berechnen lassen

Auch hier gilt die Bemerkung dass im elastizitaumltstheoretischem Sinne σzd und σb sowie τt und τq bei Uumlbereinstimmung von Schnittflaumlchen und Richtung addiert werden duumlrfen was im Folgenden wegen der unterschiedlichen schaumldigenden Wirkung nur mit einer entshysprechenden Gewichtung zugelassen werden soll

Neben dem Stabmodell sind auch die Vollwelle unter Auszligendruck die Bohrung in der unendlichen Scheibe unter achsensymmetrischer radialer Pressung und der duumlnnwandige Kessel als bdquoelementareldquo Spannungszustaumlnde anzusehen (vgl Tafel II1 im Anhang) Querschnittsaumlnderungen insbesondere des Stabes und andere Formabweichungen der eleshymentaren Berechnungsmodelle werden in Abschn 25 noch ausfuumlhrlicher behandelt

Berechnungsmodelle der bdquohoumlheren technischen Mechanikldquo sind

bull Scheiben (ebener Spannungsshy bzw ebener Zustand)bull Plattenbull Schalenbull Torsion prismatischer Koumlrper undbull Kontaktaufgaben

σx

σz

σy

τyxτyz

τzx

τzy

a b

τxy

τxzσ3

σ1

σ2

Abb 22 (a) Normalshy Schubspannungen (b) Hauptspannungen am Bauteilelement

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

10

Mt(s)Mb(s)Fq(s)

yz xs

Fn(s)

a b c d

σn(s) σb(s) τt(s) τq(s)

Abb 23 Spannungen in stabfoumlrmigen Bauelementen (a) Spannung infolge Laumlngskraft Fn(s) (b) Spannung infolge Biegemoment Mb(s) (c) Spannung infolge Torsionsmoment Mt(s) (d) Spannung infolge Querkraft Fq(s)

Tab 21 Elementare Spannungszustaumlnde in stabfoumlrmigen Bauelementen

Schnittgroumlszlige Sinnbild Berechnung Spannungstensor

Normalkraft Fn(s)

Fn(s)σn

σ nnF s

A=

( ) σ1 0 0

0 0 0

0 0 0

σ σ1 = n

Biegemoment Mb(s)

Mb(s)σb

σ bb

z

M s

W=

( )

σ bb

z

M s

Iy=

( )sdot

σ1 0 0

0 0 0

0 0 0

σ σ1 = b

Torsionsmoment Mt(s)

Mt(s)τt τ t

t

t

M s

W=

( )

τ tt

p

M s

Ir=

( )sdot

σσ

1

2

0 0

0 0

0 0 0

σ τ σ1 2= = minusQuerkraft Fq(s)

Fq(s)

τq maxτ q

qF

Amax = χ σσ

1

2

0 0

0 0

0 0 0

σ τ σ1 2= = minus

A hellip QuerschnittsflaumlcheIz It hellip TraumlgheitsmomentWt hellip Widerstandsmomentχ hellip Flaumlchenbeiwert

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

11

Sie sind uumlbersichtsmaumlszligig ebenfalls im Anhang Tafel II1 zusammengestellt Abgeshysehen von Sonderfaumlllen werden diese Spannungszustaumlnde heute mit bdquoFiniteshyElementeshyMethodenldquo berechnet Diese Berechnungen liefern idR den vollstaumlndig besetzten Spannungstensor der sich aber an lastfreien Oberflaumlchen auf zweiachsige Spannungszustaumlnde reduziert

Wegen des gehaumluften Auftretens dieses bdquoebenenldquo Spannungszustandes sei noch ohne Ableitung auf die Formel zur Berechnung der Hauptspannungen

σσ σ σ minus σ

τ1 2

2

2

2 2 =+

plusmn

+x y x y

xy

(27)

und deren anschauliche Darstellung im Mohrschen Kreis (vgl Abb 24) sowie auf die Sonderfaumllle bdquoeinachsiger Spannungszustandldquo und bdquoreiner Schubspannungszustandldquo verwiesen

Wesentlich fuumlr die Werkstoffshy bzw Bauteilschaumldigung ist die Betrachtung und Kenntnis der Zeitfunktionen vorhandener Spannungen Waumlhrend die bdquoStatikldquo vorshyzugsweise von bdquostatischenldquo oder bdquoruhenden Belastungenldquo ausgeht sind Maschishynenbauteile meistens bdquoperiodisch schwingendldquo belastet und beansprucht Hingewiesen sei dabei auf den haumlufig auftretenden Sonderfall der sog bdquoUmlaufbiegungldquo bei dem ein konstantes Biegemoment der Welle eine bdquowechselndeldquo Beanspruchung hervorruft Besondere Betrachtung erfordern bdquostochastischeldquo Belastungen die natuumlrlich auch bdquostochastischeldquo Beanspruchungen mit sich bringen (vgl Abb 25) Diesen Belasshytungsshy und BeanspruchungsshybdquoKollektivenldquo wird in spaumlteren Abschnitten gebuumlhrender Raum zugemessen

σx +σy2

τ

σ2

σy

σx minusσy2

τxy

σ1σx σ

τ

σ2= 0

a

b c

σ1=σxσ σ

σ1=τ σ2=-σ1

τ

Abb 24 Ebener Spannungszustand im Mohrrsquoschen Kreis (a) allgemeiner ebener Spannungsshyzustand (b) einachsiger Spannungszustand (c) Schubspannungszustand

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

12

23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch

Der Konstruktionsprozess bringt eine unendliche Vielfalt technischer Gebilde mit untershyschiedlichster geometrischer Form und verschiedenartiger Werkstoffe hervor die auszligershydem unterschiedlichen Beanspruchungsarten und Belastungsfaumlllen unterliegen

Fuumlr den Sicherheitsnachweis bzgl der zum Versagen fuumlhrenden Belastungen hat es sich als oumlkonomisch und zweckmaumlszligig erwiesen die Belastungsgrenzen der Bauteile durch Vergleich mit dem Versagensverhalten einer uumlberschaubaren Menge idealisierter Pruumlfshykoumlrper die speziellen und in Pruumlfmaschinen realisierbaren Belastungen unterworfen wershyden zu ermitteln Solche Pruumlfkoumlrper sind z B die in Abb 26 dargestellten standardisierten Rundshy und Flachproben

Am einfachsten zu realisieren ist durch die Werkstoffpruumlfung der Zugversuch mit ruhender Belastung Die Belastung wird dabei zuumlgig d h mit konstanter elastischer und schlieszliglich plastischer Dehnungszunahme bis zum Eintreten des Bruches aufgebracht Nach der Form des Bruches sind drei charakteristische Arten von Werkstoffen (vgl Abb 27) zu unterscheiden

bull Werkstoffe die bei ruhender Beanspruchung zum sproumlden Trennbruch neigen (z B Glas Grauguss gehaumlrteter Stahl)

bull Versagen durch Gleitbruch (z B Aluminium Kupfer und Kupferlegierungen)bull Werkstoffe mit ausgepraumlgter Flieszligzone die erst nach Einschnuumlrung einen Trennbruch

zeigen (vorzugsweise Stahl)

Werden bei diesem Pruumlfvorgang die Spannungen uumlber der Dehnung aufgetragen so ergibt sich das aus der Werkstoffpruumlfung bekannte SpannungsshyDehnungsshyDiagramm das abhaumlngig von der Bruchart charakteristische Formen aufweist (vgl Abb 28)

Fuumlr die Auslegung von Bauteilen unter ruhender Belastung sind also nicht nur die vershyschiedenen Brucharten interessant Es muss insbesondere fuumlr Staumlhle mit ausgepraumlgtem Flieszligverhalten bereits von Versagen gesprochen werden wenn das Bauteil durch unzulaumlsshysige plastische Deformationen seine Funktionsfaumlhigkeit verliert

Ausgehend von den fuumlr Staumlben moumlglichen Beanspruchungsarten (s Abschn 22) ergeshyben sich bereits infolge ruhender Beanspruchung theoretisch zehn Werkstoffkennwerte die aus praktischen Gruumlnden auf vier eingeschraumlnkt werden (vgl Tab 22)

Bel

astu

ng b

zw

Bea

nspr

uchu

ng

e

c

b

Zeit

a dAbb 25 Belastungsshy und Beanspruchungsarten (a) ruhend (b) schwellend (c) wechselnd (d) allgemein (e) stochastisch

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

13

Nun sind die meisten Bauteile nicht ruhend sondern periodisch schwingend oder sogar stochastisch belastet bzw beansprucht (vgl Abb 25)

Es ist das Verdienst von August Woumlhler [227] im Jahre 1870 die Dauerschwingfestigkeit der metallischen Werkstoffe entdeckt und in einem noch heute uumlblichen nach ihm benannshyten Diagramm dargestellt zu haben (Abb 29)

Bei schwingender Beanspruchung nimmt die zum Schwingbruch fuumlhrende Lastshywechselzahl N fuumlr abnehmende Spannungshorizonte zu Bis 103hellip104 Lastwechsel spreshychen wir von Kurzzeitfestigkeit (LowshyCycleshyFatigue LCF) Bei Erreichen eines

a b

Abb 26 Pruumlfkoumlrper der Werkstoffpruumlfung (a) Rundprobe (b) Flachprobe

a cb

Abb 27 Brucharten beim Zugversuch (a) Trennbruch bei sproumldem Werkstoff (b) Gleitbruch (c) Trennbruch nach Einschnuumlrung und Verfestigung

23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch

14

Spannungshorizontes σD wird schlieszliglich eine gegen unendlich gehende Lastwechselzahl ertragen wir sprechen von Dauerfestigkeit (VeryshyHighshyCycleshyFatigue VHCF) Der Uumlbergang zur bdquoDauerschwingfestigkeitldquo wird bei NG = 106 hellip 107 Lastwechseln beobachshytet d h die meisten Maschinen wie Motoren und durch sie angetriebene Arbeitsmaschinen uumlberschreiten diese Grenzlastwechselzahl nach wenigen Tagen sie sind also nach bdquoDauerfestigkeitldquo auszulegen Dieses Dauerfestigkeitsverhalten der metallischen Werkstoffe welches durch abnehmende Ausschlagfestigkeiten bei zunehmender Mitshytelspannung gekennzeichnet ist laumlsst sich in sogenannten Dauerfestigkeitsschaubildern darstellen (vgl Abb 210)

Durch die Unterdruumlckung des Zeitparameters wird auch fuumlr diese Faumllle eine bdquoSicherheitsberechnungldquo moumlglich

Abb 28 Spannungsshy Dehnungsshy Diagramm fuumlr sproumlde und elastischshyplastische Werkstoffe (a) ausgepraumlgte Streckgrenze (b) nicht ausgepraumlgte Streckgrenze (c) sproumlde Werkstoffe

Beanspru-chungsart

Art des Versagens

Flieszligen Bruch

Zug Streckgrenzeoder

02 Dehngrenze

Re (oder σF bzw σS)Rp02 (oder σ02)

Zug- oderBruchfestigkeit Rm oder σB

Druck Quetschgrenze σdF Druckfestigkeit σdB

Biegung Biegeflieszliggrenze σbF Biegebruchfestigkeit σbB

Torsion Torsions-flieszliggrenze

τtF Torsionsbruch-festigkeit

τtB

Abscheren Scherflieszliggrenze τsF Scherfestigkeit τsB

vorzugsweise zu bestimmende Groumlszligen

Tab 22 Versagenskennwerte (Werkstofffestigkeiten) bei ruhender Belastung

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

Page 8: Dietrich Schlottmann Henrik Schnegas Auslegung von … · 2016. 7. 1. · VDI-Buch, DOI 10.1007/978-3-662-48807-2_1 Auslegung von Maschinen- und 1 Konstruktionselementen eine wesentliche

viii

3 Schaumldigung und Versagen technischer Gebilde 67 31 Ausfallverhalten statistische Grundlagen 67 32 Grundlagen der Zuverlaumlssigkeitstheorie 70

321 Mathematische Zusammenhaumlnge 70 322 Spezielle Verteilungsfunktionen und Anwendung 73 323 Verteilungsfunktionen Ermittlung charakteristischer Groumlszligen 76 324 Berechnung der Ausfallwahrscheinlichkeit und Zuverlaumlssigkeit 80 325 Systemzuverlaumlssigkeit 82

33 Mathematische Beschreibung von Schaumldigung und Versagen technischer Gebilde 86 331 Systematisierung von Schaumldigung und Versagen 86 332 Schaumldigung durch Ermuumldung 90 333 Schaumldigung durch Verschleiszlig 96 334 Schaumldigung durch Erosion Korrosion und andere

fl aumlchenabtragende Prozesse 104 335 Mehrfache Schaumldigung 106 336 Komplexe Schaumldigungen 107

34 Anhang 111 Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 122

4 Berechnung der Lebensdauer bei nomineller und variabler Zuverlaumlssigkeit 123 41 Allgemeine Grundlagen der Lebensdauerberechnung 123

411 Klassische Lebensdauerberechnung 123 412 Lebensdauerberechnung bei Kollektivbeanspruchung 126 413 Lebensdauerberechnung bei Aumlquivalenzbelastung 131 414 Lebensdauerberechnung mit Aumlquivalenzfaktor 133

42 Lebensdauerberechnung bei variabler Zuverlaumlssigkeit 135 421 Zuverlaumlssigkeitsbasierte Lebensdauerberechnung bei konstanter

Beanspruchung und Gauszligverteilung 136 422 Zuverlaumlssigkeitsbasierte Lebensdauerberechnung bei konstanter

Beanspruchung und Weibullverteilung 137 423 Zuverlaumlssigkeitsbasierte Lebensdauerberechnung bei variabler

Beanspruchung und Normpunkt 138 424 Zuverlaumlssigkeitsbasierte Lebensdauerberechnung bei

Kollektivbeanspruchung und Normpunkt 140 43 Anhang 141 Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 146

5 Zusammenhaumlnge zwischen Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit ndash eine neue Auslegungsphilosophie 147 51 Systematisierung und Zielstellung 147 52 Zusammenhang zwischen Lebensdauer und Sicherheit

im Zeitfestigkeitsbereich bei variabler Zuverlaumlssigkeit 147

Inhaltsverzeichnis

ix

53 Zusammenhang zwischen Lebensdauer und Sicherheit im Zeitfestigkeitsbereich bei gleichbleibender Zuverlaumlssigkeit 149

54 Zusammenhang zwischen Zuverlaumlssigkeit bzw Schadenswahrscheinlichkeit und Sicherheit bei gleichbleibender Lebensdauer 151

55 Aktuelle Zuverlaumlssigkeit von Waumllzlagern 154 56 Zuverlaumlssigkeit bzw Schadenswahrscheinlichkeit

bei Kollektivbeanspruchung 156 57 Zuverlaumlssigkeitstheoretische Interferenzmodelle 159

571 bdquoStatischesldquo Interferenzmodell 159 572 bdquoDynamischesldquo Interferenzmodell 161 573 Interferenzmodell fuumlr Verschleiszlig 162

58 Anforderungen an Zuverlaumlssigkeit und Ausfallwahrscheinlichkeit 164 59 Sicherheit Lebensdauer Zuverlaumlssigkeit und Ausfall-

wahrscheinlichkeit ndash eine neue Auslegungsphilosophie 165 Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 169

6 Kosten im Lebenszyklus technischer Gebilde ndash wie teuer duumlrfen Qualitaumlt und Zuverlaumlssigkeit sein 171 61 Kostenverantwortung bei der Entwicklung eines

technischen Gebildes 171 62 Lebenslaufkosten eines technischen Gebildes und Modelle

fuumlr ihre Berechnung 174 621 Lebenslaufkosten eines technischen Gebildes 174 622 Lebenslaufkostenmodell und Bestimmung der optimalen

Nutzungsdauer eines technischen Gebildes 174 63 Herstellerseitige Lebenslaufkosten und Zuverlaumlssigkeit 179

631 Allgemeine Kostenstruktur bei der Entwicklung und Herstellung technischer Gebilde 179

632 Kostenentwicklungsgesetze und Zuverlaumlssigkeit 181 633 Zusammenhang von Kosten Zuverlaumlssigkeit und

Bauteilgroumlszlige am Beispiel der Waumllzlagerauslegung 184 64 Anwenderseitige Lebenslaufkosten und Zuverlaumlssigkeit 187

641 Allgemeine Kostenstruktur bei der Nutzung technischer Gebilde 187

642 Kosten und Zuverlaumlssigkeit bei der Instandhaltung 189 65 Target Costing ndash ein Werkzeug fuumlr die retrograde Bestimmung

erlaubter Kosten ndash wie teuer duumlrfen Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit sein 193 651 Grundbegriffe des Target Costing 193 652 Aufteilung der Kosten auf die auszulegenden Systemkomponenten 195

Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 197

Inhaltsverzeichnis

x

7 Sicherheit ndash Lebensdauer ndash Zuverlaumlssigkeit Anwendungsfaumllle und Beispiele 199 Beispiel 1 Sicherheit gegen Streck- und Flieszliggrenzenuumlberschreitung Einfl uss der Vergleichsspannungshypothesen 200 Beispiel 2 Sicherheitsnachweis bei Schwingbeanspruchung fuumlr Dauer- Schwingfestigkeit (Nennspannungskonzept) Abschaumltzung der Ausfallwahrscheinlichkeit 201 Beispiel 3 Lebensdauernachweis und Sicherheit im Kurzlebigkeitsbereich (Zeitfestigkeit) bei einem Beanspruchungshorizont 203 Beispiel 4 Lebensdauerberechnung mittels linearer Schadensakkumulationshypothesen bei Ermuumldung (Kollektivbelastung) 206 Beispiel 5 Auswertung von Ermuumldungsversuchen (Gauszlig Weibull) Generieren eines Woumlhlerdiagramms Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeitsberechnung 209 Beispiel 6 Bestimmung von Verteilungsparametern (Weibull) aus einem Woumlhlerlinienfeld Generieren einer Woumlhlerliniengleichung Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeitsberechnung unter Kollektivbelastung 218 Beispiel 7 Auswertung von Verschleiszliggroumlszligen 223 Beispiel 8 Systemzuverlaumlssigkeit einer Zweikreisbremse 227 Beispiel 9 Waumllzlager mit erhoumlhter Einzelzuverlaumlssigkeit Systemzuverlaumlssigkeit fuumlr 4 Lager 228 Beispiel 10 Aktuelle Zuverlaumlssigkeit am Beispiel eines Zahnrades mit Evolvente 231 Beispiel 11 Zuverlaumlssigkeit und oumlkonomische Nutzungsdauer 235

Stichwortverzeichnis 237

Inhaltsverzeichnis

1copy Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016D Schlottmann H Schnegas Auslegung von Konstruktionselementen VDI-Buch DOI 101007978-3-662-48807-2_1

1 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche Aufgabe des Ingenieurs

11 Berechnung von Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit als historisch gewachsene Auslegungsmethoden

Bevor fuumlr den konstruktionstechnisch interessierten Leser die bdquoAuslegung von Konstruk-tionselementenldquo eine entsprechende Einordnung in den konstruktiven Gesamtprozess erfahren wird soll in einer historisch angelegten Darstellung verdeutlicht werden welchem wissenschaftlichen Anliegen und welchem Ziel das vorliegende Buch zuzu-ordnen ist

Bei der Auslegung von Maschinen Baugruppen und Elementen wird nach der Fest-legung der Prinziploumlsung uumlber Hauptabmessungen Topologie Form und Gestalt und damit uumlber Masse Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit entschieden Informations-verarbeitung und Rechentechnik haben das Taumltigkeitsbild des Konstruk teurs in den letzten Jahrzehntenveraumlndert

Neben den Moumlglichkeiten des Computer Aided Designs (CAD) lassen sich im Rahmen des Computer Aided Engineerings (CAE) Berechnungen durchfuumlhren die noch vor Jahren wegen des hohen Arbeits- und Zeitaufwandes nicht denkbar waren Natuumlrlich hat diese Entwicklung auch die bdquoAuslegungldquo von Konstruktionselementen beeinfl usst Denken wir nur an die Methoden der Finiten Elemente (FEM) die es gestattet die vorhandenen Spannungen in kompliziertesten Bauteilen zu berechnen oder deren Anwendung bei der Strukturoptimierung bei der Suche nach kleinstmoumlglichen Konstruktionselementen

Trotzdem bleibt die Rechentechnik fuumlr die Ermittlung von Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit ein Hilfsmittel da das Ausfallverhalten von Konstruktionselementen und Maschinen damit nur auf der Basis mathematischer Modelle simuliert werden kann

Das Problem des Ausfalles bzw des Versagens von Geraumlten und schlieszliglich auch Bauwerken duumlrfte so alt sein wie die Menschheit selbst Die Erfahrung des Menschen

2

lieferte jedoch offensichtlich ein relativ sicheres Gefuumlhl fuumlr die Belastbarkeit der beeindru-ckenden Bauwerke des Altertums

Erste wissenschaftliche Ansaumltze einer bdquoAuslegungsrechnungldquo gehen auf Galilei (1564ndash 1642) zuruumlck der den Methoden und Modellen der heutigen Festigkeitslehre bereits sehr nahe kam (vgl z B [ 107 108 ]) So verwendete er den Begriff der Spannung und berechnete diese fuumlr den Einspannungsquerschnitt eines Kragarmes Auch wenn die angenommene Spannungsverteilung und damit das Ergebnis falsch war erkannte er die Bedeutung der Spannung als Vergleichsgroumlszlige fuumlr das Eintreten des Bruches Mit Recht wird deshalb der Name Galilei mit der einfachsten Bruchtheorie naumlmlich der Hauptnor-malspannungshypothese in Verbindung gebracht (vgl Kap 3 )

Natuumlrlich war es bis zur Gestaltaumlnderungsenergiehypothese (1913) nach v Mises [ 103 ] noch ein weiter Weg Die v Misesrsquosche Hypothese duumlrfte fuumlr das Fliessen und den Bruch infolge statischer Beanspruchung insbesondere fuumlr metallische Werkstoffe der Realitaumlt am naumlchsten kommen

Neue Raumltsel gaben die sich immer schneller drehenden Maschinen ihren Schoumlpfern insbesondere bzgl ihrer Haltbarkeit auf Berechnungen mit Kraumlften analog den statischen Lasten erwiesen sich als voumlllig unzutreffend Es ist das bleibende Verdienst von Woumlhler das Ermuumldungsverhalten von Werkstoffen und Bauteilen mit dem nach ihm bezeichneten bdquoWoumlhlerdiagrammldquo anschaulich und zweckmaumlszligig beschrieben zu haben [ 110 ]

Ein Grundanliegen des vorliegenden Buches besteht darin der von Woumlhler fuumlr die Ermuumldung entwickelten Methodik auch fuumlr andere Versagensarten wie Verschleiszlig und Korrosion zu folgen

Die erstmals von Woumlhler entdeckte bdquoDauerfestigkeitldquo metallischer Werkstoffe d h ihre Unempfi ndlichkeit gegenuumlber schwingender Beanspruchung unterhalb eines bestimmten Beanspruchungsniveaus fuumlhrte zu relativ einfachen Berechnungsmethoden auch fuumlr den Ermuumldungsbereich Wie bei statischer Belastung werden bdquoSicherheitszahlenldquo als Quotient aus zum Versagen fuumlhrender und vorhandener Beanspruchung berechnet Obwohl diese einfache ingenieurmaumlszligige Methode in Kap 3 teilweise einer kritischen Betrachtung unter-zogen wird duumlrfte sie auch in Zukunft ihre Bedeutung behalten

Andererseits ist es gerade die Schaumldigung durch bdquoErmuumldungldquo die sich in den letzten Jahrzehnten durch eine hohe Forschungsdichte auszeichnet und als bdquoBetriebsfestig-keitslehreldquo zu einer selbststaumlndigen Teildisziplin der Festigkeitslehre geworden ist

Leider hat sich die Betriebsfestigkeitslehre bisher nicht von der Empirie loumlsen koumlnnen und es muss vielleicht gerade deshalb beklagt werden dass sie nicht in gebuumlhrendem Maszlige bei der Auslegung von Bauteilen des Maschinenbaus zur Anwendung gekommen ist Die Berechnungsstandards gehen bisher weitgehend davon aus dass eine Maschine auf bdquoDauerfestigkeitldquo ausgelegt wird ndash und das ist gleichbedeutend mit einer zumindest theoretisch unendlichen Lebensdauer

Die Erfahrung lehrt aber dass Maschinen nach endlichen Zeiten ausfallen ndash und dass nicht nur durch Gewalt- oder Ermuumldungsbruch sondern auch durch Verschleiszlig Korrosion und andere Versagensarten So gesehen stellt die von Palmgren [ 105 ] bereits 1924

2 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche

3

vorgeschlagene Methode der Lebensdauerberechnung von Waumllzlagern eine der Zeit vor-ausgehende Pionierleistung dar deren Entwicklung sich aufdraumlngte da Waumllzlager keinen Dauerfestigkeitsbereich aufweisen

Neben der Woumlhlerlinie wird die von Palmgren eingefuumlhrte und von Miner [ 102 ] verallgemeinerte Methode der Lebensdauerberechnung in der vorliegenden Publi-kation als eine ingenieurmaumlszligig zweckmaumlszligige Vorgehensweise angesehen die auch bei Schaumldigungsmechanismen wie Ermuumldung Verschleiszlig und Korrosion anzuwen-den ist

Auch wenn diese Schaumldigungen ursaumlchlich kaum Gemeinsamkeiten aufweisen soll der Versuch unternommen werden eine phaumlnomenologisch begruumlndete gleichartige Berech-nungsmethode zu entwickeln um eine ingenieurmaumlszligig einheitliche Berechnung von Schaumldigungen im Sinne der Auslegungsrechnung zu erreichen

Es sei hervorgehoben dass die vorgeschlagene Vorgehensweise nur aus der Sicht des Konstrukteurs ihre Begruumlndung fi ndet Sie erhebt keinen Anspruch auf den Teilgebieten wie der Ermuumldung des Verschleiszliges oder der Korrosion einen auf die Grundlagen gerich-teten Beitrag leisten zu wollen Trotzdem duumlrfte die integrative Betrachtungsweise auch fuumlr den Spezialisten der Teildisziplin Anregung bieten

Ein weiterer Aspekt des Buches besteht darin die aktuelle Zuverlaumlssigkeit bzw Ausfallwahrscheinlichkeit zu ermitteln um fuumlr eine vorgegebene Lebensdauer die Systemzuverlaumlssigkeit bzw Informationen zur Instandhaltung zu gewinnen Damit wird der Nachteil der Betriebsfestigkeitslehre eine Lebensdauer nur fuumlr eine nominelle Zuverlaumlssigkeit angeben zu koumlnnen uumlberwunden Es wird damit eine bdquogestufteldquo Auslegung mit den Teilschritten

bull Sicherheit gegen Ermuumldung (klassische Sicherheit in Beanspruchungen) bull Lebensdauer fuumlr Schaumldigung durch Ermuumldung und andere Versagensarten (auch

Sicherheit auf der Basis des Lebensdauerquotienten) und bull aktuelle Zuverlaumlssigkeit bzw Schadenswahrscheinlichkeit

moumlglich wobei die drei Stufen baukastenartig mit relativ elementaren Zusatz-informationen zu berechnen sind Die Ermittlung einer vorhandenen Systemzuver-laumlssigkeit ist gleichzeitig eine Moumlglichkeit im Rahmen aktuell geforderter Risikoanalysen eine Risikobewertung durchfuumlhren zu koumlnnen

12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen und Maschinen in den Konstruktionsprozess

Das Beduumlrfnis nach neuen Erzeugnissen wird durch die Entwicklung der Wirtschaft und das Entstehen von Marktluumlcken ausgeloumlst Fuumlr den Entwicklungsingenieur und Kon-strukteur beginnt der Konstruktionsprozess i d R mit einer entsprechend formulierten Aufgabe und endet mit der Produktdokumentation des angestrebten Erzeugnisses

12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen und Maschinen

4

Eine wissenschaftliche Analyse dieses Prozesses geht auf Hansen [ 101 ] sowie Muumlller [ 104 ] zuruumlck Aumlhnliche Darstellungen sind in [ 109 ] und [ 106 ] zu fi nden

Ohne die Struktur des Konstruktionsprozesses beschreiben zu wollen werden sieben Arbeitsphasen durchlaufen (vgl Abb 11 ) wie am Beispiel einer Getriebekonstruktion erlaumlutert wird

In Abb 11 wird deutlich dass im Arbeitsschritt 5 uumlber die wesentlichen Abmessungen des technischen Gebildes entschieden wird d h das Bauteil erfaumlhrt seine vorlaumlufi ge bdquoAuslegungldquo Bei genauer Betrachtung unterteilt sich dieser Prozess wiederum in 3 Teilschritte naumlmlich in

bull Entwurfsrechnung bull Gestaltung und bull Nachweisrechnung

wie am Beispiel Welle in Abb 11 zu erkennen ist [ 106 ]

Aufgabe

Klaumlren und praumlzisierender Aufgabenstellung

Suchen nachLoumlsungsprinzipien und

deren Strukturen

Gliedern inrealisierbare Module

Gestalten dermaszliggebenden Module

Gestalten desgesamten Produktes

Ausarbeiten derAusfuumlhrungs- undNutzungsangaben

weitere Realisierung

Ermitteln von Funktionenund deren Strukturen

Anforderungsliste

Funktionsstruktur

Prinzipielle Loumlsung

Modulare Struktur

Vorentwuumlrfe

Gesamtentwurf

Dokumentation

1

2

3

4

5

6

7

Getriebe

Stuumlckliste1 Stk

2 Stk1 Stk

2 Stk

1 Stk

2 Stk

2 Stk

2 Stk

Dokumentation

Zeichnung

GehaumluseWellenZahnraumlder Lager

WandelnLeiten Leiten

M1 M2

WF Anforderungen

F

F

W

ω1=

ω1ω2

1M =

+ +

Abb 11 Generelle Arbeitsschritte und Arbeitsergebnisse des Konstruktionsprozesses nach VDI 2221 [ 109 ] am Beispiel einer Getriebekonstruktion

2 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche

5

In der Entwurfsrechnung wird i d R auf weniger als 10 der fuumlr den spaumlteren Produktionsprozess erforderlichen geometrischen und stoffl ichen Informationen Einfl uss genommen

Nach der Gestaltung entscheidet erst der Funktionsnachweis uumlber das positive bzw negative Ergebnis dieses iterativen Auslegungsprozesses (Abb 12 )

Der klassische Funktionsnachweis besteht u a in der Bestimmung einer bdquo Sicherheits-zahlldquo die durch den Quotienten aus zum Versagen fuumlhrender und vorhandener Belastung oder Beanspruchung berechnet wird Sie laumlsst jedoch keine Aussage uumlber Aus-fallwahrscheinlichkeit und Lebensdauer des technischen Gebildes zu

Der Sicherheitsnachweis bleibt auszligerdem auf die festigkeitsmaumlszligig begruumlndeten Ver-sagensarten wie Gewaltbruch Streckgrenzenuumlberschreitung und Dauerschwingbruch beschraumlnkt

Ansaumltze zur Berechnung von Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit sind durch die Waumllz-lagerberechnung und die Betriebsfestigkeitslehre bekannt

Wie bereits in Abschn 11 dargestellt soll eine allgemeine ingenieurmaumlszligige Aus-legungsmethodik auf der Basis der Berechnung von Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit ent-wickelt werden die auch Schaumldigungen wie Verschleiszlig und andere fl aumlchenabtragende Schaumldigungsprozesse beruumlcksichtigt und dem Konstrukteur mit der Ausfallwahrschein-lichkeit eine echte Entscheidungsmoumlglichkeit bietet

Die klassische Auslegungsmethode durch den Sicherheitsnachweis wird jedoch auch ihre Anwendungsberechtigung behalten zumal eine Fuumllle von Standards und Vorschriften darauf basieren und letztendlich im vorliegenden Buc der Zusammenhang von Sicherheit und Ausfallwahrscheinlichkeit hergestellt werden konnte

Vorentwuumlrfe

Modulare Struktur

5Gestalten dermaszliggebenden

Module

Beispiel Welle

Entwurfsrechnung

Gestaltung

Nachweisrechnung I II III fuumlr die Schnitte III

d erf

positiver Nachweis

vollstaumlndige Strukturbeschreibung

Abb 12 Klassischer Iterationszyklus fuumlr Entwurfsrechnung Gestaltung und Nachweisrechnung bei der Auslegung von Konstruktionselementen

12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen und Maschinen

6

Quellen und weiterfuumlhrende Literatur

[101] Hansen Friedrich Konstruktionssystematik ndash Grundlagen fuumlr eine allgemeine Konstruk-tionslehre Verlag Technik Berlin 1968

[102] Miner N Anton Cumulative Damage in Fatigue In Journal of Appl Mech Trans ASME 12 159-164 1945

[103] v Mises Richard Mechanik der plastischen Formaumlnderung ZAMM 161 1928 [104] Muumlller Johannes Grundlagen der Systematischen Heuristik Dietz Verlag Berlin 1970 [105] Palmgren Arvid Die Lebensdauer von Kugellagern In VDI-Zeitschrift 58 339-341

1924 [106] Schlottmann Dietrich u a Konstruktionslehre ndash Grundlagen Technik Berlin 1970 [107] Szabo Istvaacuten Einfuumlhrung in die Technische Mechanik Springer Berlin Goumlttingen

Heidelberg 1961 [108] Szabo Istvaacuten Houmlhere Technische Mechanik Springer Berlin Goumlttingen Heidelberg 1960 [109] Verein Deutscher Ingenieure VDI 2221 - Methodik zum Entwickeln und Konstruieren

technischer Systeme und Produkte VDI Duumlsseldorf 1993 [110] Woumlhler August Uumlber die Festigkeitsversuche mit Eisen und Stahl In Zeitschrift fuumlr

Bauwesen XX 81ndash89 1870

2 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche

7copy Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016D Schlottmann H Schnegas Auslegung von Konstruktionselementen VDI-Buch DOI 101007978-3-662-48807-2_2

2Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

21 Auslegung dargestellt am klassischen Sicherheitsbegriff

Schon in dem 1862 erschienenen wohl ersten deutschsprachigem Lehrbuch der Konstruktionslehre von MollReuleaux [212] wird der Sicherheitsbegriff mit einer Zahl S gt1 in Verbindung gebracht die das unzulaumlssige Uumlberschreiten von Belastungen begrenshyzen soll Dem Text ist bereits sinngemaumlszlig zu entnehmen dass die beim bdquoGebrauch des Bauteils vorhandenen Belastungen immer kleiner sein muumlssen als die maximal moumlglishychen bzw zum Versagen fuumlhrendenldquo Es wird bereits das Versagen durch Flieszligen und Bruch unterschieden Allgemein koumlnnen wir schreiben

B Bvorhanden versagenlt (21)

Dabei sollen unter Belastungen B sowohl Kraumlfte als auch Momente verstanden werden (vgl Abb 21) Entsprechend der bereits in [213] getroffenen Definition der Sicherheit als Faktor S gt 1 kann fuumlr Gl (21) auch geschrieben werden

B S Bvorh vers sdot = (22)

und damit

S

B

Bvers

vorh

=

(23)

Fuumlr eine verallgemeinerte Sicherheitsberechnung (vgl ebenfalls [212]) erweist es sich als zweckmaumlszligig nicht Belastungen sondern zum Versagen fuumlhrende Spannungen σ im Weiteren auch Beanspruchungen genannt uumlber eine analoge Sicherheitszahl zu vergleichen

8

So gilt auch

S vers

vorh

=σσ

(24)

Der Vorteil einer Sicherheitsberechnung uumlber Spannungen wird bereits erkennbar wenn mehrere am Bauteil angreifende Belastungen an der gleichen Schnittflaumlche Spannungen hervorrufen Im Sinne der linearen Elastizitaumltstheorie gilt dann das Superpositionsprinzip

σ σ= sum i (25)

mit i = 123hellip welches wegen der oft unterschiedlichen schaumldigenden Wirkung spaumlter allerdings in

Frage zu stellen istIn der Praxis tritt dieser einfache Sonderfall jedoch nur selten auf Beispiele waumlren

bdquoscheibenartigeldquo Bauteile mit bdquolastfreienldquo Oberflaumlchen oder bdquoeinachsigldquo beanspruchte Staumlbe Haumlufig anzutreffen ist dagegen die Kombination einer Normalspannung σ mit einer Schubspannung τ wie spaumlter noch gezeigt wird

Fuumlr das allgemeine raumlumliche Bauteil muss an einem Element mit

3 Normalspannungen und6 Schubspannungen

gerechnet werden (vgl Abb 22) wobei die Schubspannungen sich wegen der bdquoGegenseitigkeitldquo auf drei reduzieren

Die Spannungen lassen sich anschaulich in Spannungstensoren darstellen wobei fuumlr homogene und isotrope Werkstoffe jeder Spannungstensor in einen Hauptspannungstensor uumlberfuumlhrt werden kann fuumlr den die Schubspannungen zu Null werden (vgl dazu elastizishytaumltstheoretische Fachbuumlcher wie z B [222 223])

σ

σ τ τ

τ σ τ

τ τ σ

σσ

σ

T

x xy xz

yx y yz

zx zy z

=

rarr

1

2

3

0 0

0 0

0 0

(26)

Abb 21 Scheibenfoumlrmiges Bauteil mit Belastungen Bi (FhellipKraumlfte M hellip Momente)

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

9

Auf die Berechnung dieser Spannungstensoren im Sinne vorhandener Spannungen soll in Abschnitt 22 uumlbersichtsmaumlszligig eingegangen werden

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

Die Berechnung der vorhandenen Spannungen ist die Aufgabe der Elastizitaumltstheorie daher soll hier nur ein systematischer Uumlberblick gegeben werden

Das einfachste Modell eines realen Bauteils wird durch den Stab realisiert Ausshygehend von aumluszligeren Belastungen werden zunaumlchst die Auflagerreaktionen des Systems bestimmt um dann die sogenannten Schnittgroumlszligen zu berechnen Diese Elementarkenntnisse werden vorausgesetzt In einer Schnittstelle x oder s (x i d R fuumlr den geraden s fuumlr den gekruumlmmten Stab) wirken die Schnittgroumlszligen Normalkraft Fn(s) Biegemoment Mb(s) Torsionsmoment Mt(s) und Querkraft Fq(s) (vgl Abb 23) aus denen sich die Spannungen σzd σb τt und τq nach den in Tab 21 angegebenen Formeln berechnen lassen

Auch hier gilt die Bemerkung dass im elastizitaumltstheoretischem Sinne σzd und σb sowie τt und τq bei Uumlbereinstimmung von Schnittflaumlchen und Richtung addiert werden duumlrfen was im Folgenden wegen der unterschiedlichen schaumldigenden Wirkung nur mit einer entshysprechenden Gewichtung zugelassen werden soll

Neben dem Stabmodell sind auch die Vollwelle unter Auszligendruck die Bohrung in der unendlichen Scheibe unter achsensymmetrischer radialer Pressung und der duumlnnwandige Kessel als bdquoelementareldquo Spannungszustaumlnde anzusehen (vgl Tafel II1 im Anhang) Querschnittsaumlnderungen insbesondere des Stabes und andere Formabweichungen der eleshymentaren Berechnungsmodelle werden in Abschn 25 noch ausfuumlhrlicher behandelt

Berechnungsmodelle der bdquohoumlheren technischen Mechanikldquo sind

bull Scheiben (ebener Spannungsshy bzw ebener Zustand)bull Plattenbull Schalenbull Torsion prismatischer Koumlrper undbull Kontaktaufgaben

σx

σz

σy

τyxτyz

τzx

τzy

a b

τxy

τxzσ3

σ1

σ2

Abb 22 (a) Normalshy Schubspannungen (b) Hauptspannungen am Bauteilelement

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

10

Mt(s)Mb(s)Fq(s)

yz xs

Fn(s)

a b c d

σn(s) σb(s) τt(s) τq(s)

Abb 23 Spannungen in stabfoumlrmigen Bauelementen (a) Spannung infolge Laumlngskraft Fn(s) (b) Spannung infolge Biegemoment Mb(s) (c) Spannung infolge Torsionsmoment Mt(s) (d) Spannung infolge Querkraft Fq(s)

Tab 21 Elementare Spannungszustaumlnde in stabfoumlrmigen Bauelementen

Schnittgroumlszlige Sinnbild Berechnung Spannungstensor

Normalkraft Fn(s)

Fn(s)σn

σ nnF s

A=

( ) σ1 0 0

0 0 0

0 0 0

σ σ1 = n

Biegemoment Mb(s)

Mb(s)σb

σ bb

z

M s

W=

( )

σ bb

z

M s

Iy=

( )sdot

σ1 0 0

0 0 0

0 0 0

σ σ1 = b

Torsionsmoment Mt(s)

Mt(s)τt τ t

t

t

M s

W=

( )

τ tt

p

M s

Ir=

( )sdot

σσ

1

2

0 0

0 0

0 0 0

σ τ σ1 2= = minusQuerkraft Fq(s)

Fq(s)

τq maxτ q

qF

Amax = χ σσ

1

2

0 0

0 0

0 0 0

σ τ σ1 2= = minus

A hellip QuerschnittsflaumlcheIz It hellip TraumlgheitsmomentWt hellip Widerstandsmomentχ hellip Flaumlchenbeiwert

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

11

Sie sind uumlbersichtsmaumlszligig ebenfalls im Anhang Tafel II1 zusammengestellt Abgeshysehen von Sonderfaumlllen werden diese Spannungszustaumlnde heute mit bdquoFiniteshyElementeshyMethodenldquo berechnet Diese Berechnungen liefern idR den vollstaumlndig besetzten Spannungstensor der sich aber an lastfreien Oberflaumlchen auf zweiachsige Spannungszustaumlnde reduziert

Wegen des gehaumluften Auftretens dieses bdquoebenenldquo Spannungszustandes sei noch ohne Ableitung auf die Formel zur Berechnung der Hauptspannungen

σσ σ σ minus σ

τ1 2

2

2

2 2 =+

plusmn

+x y x y

xy

(27)

und deren anschauliche Darstellung im Mohrschen Kreis (vgl Abb 24) sowie auf die Sonderfaumllle bdquoeinachsiger Spannungszustandldquo und bdquoreiner Schubspannungszustandldquo verwiesen

Wesentlich fuumlr die Werkstoffshy bzw Bauteilschaumldigung ist die Betrachtung und Kenntnis der Zeitfunktionen vorhandener Spannungen Waumlhrend die bdquoStatikldquo vorshyzugsweise von bdquostatischenldquo oder bdquoruhenden Belastungenldquo ausgeht sind Maschishynenbauteile meistens bdquoperiodisch schwingendldquo belastet und beansprucht Hingewiesen sei dabei auf den haumlufig auftretenden Sonderfall der sog bdquoUmlaufbiegungldquo bei dem ein konstantes Biegemoment der Welle eine bdquowechselndeldquo Beanspruchung hervorruft Besondere Betrachtung erfordern bdquostochastischeldquo Belastungen die natuumlrlich auch bdquostochastischeldquo Beanspruchungen mit sich bringen (vgl Abb 25) Diesen Belasshytungsshy und BeanspruchungsshybdquoKollektivenldquo wird in spaumlteren Abschnitten gebuumlhrender Raum zugemessen

σx +σy2

τ

σ2

σy

σx minusσy2

τxy

σ1σx σ

τ

σ2= 0

a

b c

σ1=σxσ σ

σ1=τ σ2=-σ1

τ

Abb 24 Ebener Spannungszustand im Mohrrsquoschen Kreis (a) allgemeiner ebener Spannungsshyzustand (b) einachsiger Spannungszustand (c) Schubspannungszustand

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

12

23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch

Der Konstruktionsprozess bringt eine unendliche Vielfalt technischer Gebilde mit untershyschiedlichster geometrischer Form und verschiedenartiger Werkstoffe hervor die auszligershydem unterschiedlichen Beanspruchungsarten und Belastungsfaumlllen unterliegen

Fuumlr den Sicherheitsnachweis bzgl der zum Versagen fuumlhrenden Belastungen hat es sich als oumlkonomisch und zweckmaumlszligig erwiesen die Belastungsgrenzen der Bauteile durch Vergleich mit dem Versagensverhalten einer uumlberschaubaren Menge idealisierter Pruumlfshykoumlrper die speziellen und in Pruumlfmaschinen realisierbaren Belastungen unterworfen wershyden zu ermitteln Solche Pruumlfkoumlrper sind z B die in Abb 26 dargestellten standardisierten Rundshy und Flachproben

Am einfachsten zu realisieren ist durch die Werkstoffpruumlfung der Zugversuch mit ruhender Belastung Die Belastung wird dabei zuumlgig d h mit konstanter elastischer und schlieszliglich plastischer Dehnungszunahme bis zum Eintreten des Bruches aufgebracht Nach der Form des Bruches sind drei charakteristische Arten von Werkstoffen (vgl Abb 27) zu unterscheiden

bull Werkstoffe die bei ruhender Beanspruchung zum sproumlden Trennbruch neigen (z B Glas Grauguss gehaumlrteter Stahl)

bull Versagen durch Gleitbruch (z B Aluminium Kupfer und Kupferlegierungen)bull Werkstoffe mit ausgepraumlgter Flieszligzone die erst nach Einschnuumlrung einen Trennbruch

zeigen (vorzugsweise Stahl)

Werden bei diesem Pruumlfvorgang die Spannungen uumlber der Dehnung aufgetragen so ergibt sich das aus der Werkstoffpruumlfung bekannte SpannungsshyDehnungsshyDiagramm das abhaumlngig von der Bruchart charakteristische Formen aufweist (vgl Abb 28)

Fuumlr die Auslegung von Bauteilen unter ruhender Belastung sind also nicht nur die vershyschiedenen Brucharten interessant Es muss insbesondere fuumlr Staumlhle mit ausgepraumlgtem Flieszligverhalten bereits von Versagen gesprochen werden wenn das Bauteil durch unzulaumlsshysige plastische Deformationen seine Funktionsfaumlhigkeit verliert

Ausgehend von den fuumlr Staumlben moumlglichen Beanspruchungsarten (s Abschn 22) ergeshyben sich bereits infolge ruhender Beanspruchung theoretisch zehn Werkstoffkennwerte die aus praktischen Gruumlnden auf vier eingeschraumlnkt werden (vgl Tab 22)

Bel

astu

ng b

zw

Bea

nspr

uchu

ng

e

c

b

Zeit

a dAbb 25 Belastungsshy und Beanspruchungsarten (a) ruhend (b) schwellend (c) wechselnd (d) allgemein (e) stochastisch

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

13

Nun sind die meisten Bauteile nicht ruhend sondern periodisch schwingend oder sogar stochastisch belastet bzw beansprucht (vgl Abb 25)

Es ist das Verdienst von August Woumlhler [227] im Jahre 1870 die Dauerschwingfestigkeit der metallischen Werkstoffe entdeckt und in einem noch heute uumlblichen nach ihm benannshyten Diagramm dargestellt zu haben (Abb 29)

Bei schwingender Beanspruchung nimmt die zum Schwingbruch fuumlhrende Lastshywechselzahl N fuumlr abnehmende Spannungshorizonte zu Bis 103hellip104 Lastwechsel spreshychen wir von Kurzzeitfestigkeit (LowshyCycleshyFatigue LCF) Bei Erreichen eines

a b

Abb 26 Pruumlfkoumlrper der Werkstoffpruumlfung (a) Rundprobe (b) Flachprobe

a cb

Abb 27 Brucharten beim Zugversuch (a) Trennbruch bei sproumldem Werkstoff (b) Gleitbruch (c) Trennbruch nach Einschnuumlrung und Verfestigung

23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch

14

Spannungshorizontes σD wird schlieszliglich eine gegen unendlich gehende Lastwechselzahl ertragen wir sprechen von Dauerfestigkeit (VeryshyHighshyCycleshyFatigue VHCF) Der Uumlbergang zur bdquoDauerschwingfestigkeitldquo wird bei NG = 106 hellip 107 Lastwechseln beobachshytet d h die meisten Maschinen wie Motoren und durch sie angetriebene Arbeitsmaschinen uumlberschreiten diese Grenzlastwechselzahl nach wenigen Tagen sie sind also nach bdquoDauerfestigkeitldquo auszulegen Dieses Dauerfestigkeitsverhalten der metallischen Werkstoffe welches durch abnehmende Ausschlagfestigkeiten bei zunehmender Mitshytelspannung gekennzeichnet ist laumlsst sich in sogenannten Dauerfestigkeitsschaubildern darstellen (vgl Abb 210)

Durch die Unterdruumlckung des Zeitparameters wird auch fuumlr diese Faumllle eine bdquoSicherheitsberechnungldquo moumlglich

Abb 28 Spannungsshy Dehnungsshy Diagramm fuumlr sproumlde und elastischshyplastische Werkstoffe (a) ausgepraumlgte Streckgrenze (b) nicht ausgepraumlgte Streckgrenze (c) sproumlde Werkstoffe

Beanspru-chungsart

Art des Versagens

Flieszligen Bruch

Zug Streckgrenzeoder

02 Dehngrenze

Re (oder σF bzw σS)Rp02 (oder σ02)

Zug- oderBruchfestigkeit Rm oder σB

Druck Quetschgrenze σdF Druckfestigkeit σdB

Biegung Biegeflieszliggrenze σbF Biegebruchfestigkeit σbB

Torsion Torsions-flieszliggrenze

τtF Torsionsbruch-festigkeit

τtB

Abscheren Scherflieszliggrenze τsF Scherfestigkeit τsB

vorzugsweise zu bestimmende Groumlszligen

Tab 22 Versagenskennwerte (Werkstofffestigkeiten) bei ruhender Belastung

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

Page 9: Dietrich Schlottmann Henrik Schnegas Auslegung von … · 2016. 7. 1. · VDI-Buch, DOI 10.1007/978-3-662-48807-2_1 Auslegung von Maschinen- und 1 Konstruktionselementen eine wesentliche

ix

53 Zusammenhang zwischen Lebensdauer und Sicherheit im Zeitfestigkeitsbereich bei gleichbleibender Zuverlaumlssigkeit 149

54 Zusammenhang zwischen Zuverlaumlssigkeit bzw Schadenswahrscheinlichkeit und Sicherheit bei gleichbleibender Lebensdauer 151

55 Aktuelle Zuverlaumlssigkeit von Waumllzlagern 154 56 Zuverlaumlssigkeit bzw Schadenswahrscheinlichkeit

bei Kollektivbeanspruchung 156 57 Zuverlaumlssigkeitstheoretische Interferenzmodelle 159

571 bdquoStatischesldquo Interferenzmodell 159 572 bdquoDynamischesldquo Interferenzmodell 161 573 Interferenzmodell fuumlr Verschleiszlig 162

58 Anforderungen an Zuverlaumlssigkeit und Ausfallwahrscheinlichkeit 164 59 Sicherheit Lebensdauer Zuverlaumlssigkeit und Ausfall-

wahrscheinlichkeit ndash eine neue Auslegungsphilosophie 165 Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 169

6 Kosten im Lebenszyklus technischer Gebilde ndash wie teuer duumlrfen Qualitaumlt und Zuverlaumlssigkeit sein 171 61 Kostenverantwortung bei der Entwicklung eines

technischen Gebildes 171 62 Lebenslaufkosten eines technischen Gebildes und Modelle

fuumlr ihre Berechnung 174 621 Lebenslaufkosten eines technischen Gebildes 174 622 Lebenslaufkostenmodell und Bestimmung der optimalen

Nutzungsdauer eines technischen Gebildes 174 63 Herstellerseitige Lebenslaufkosten und Zuverlaumlssigkeit 179

631 Allgemeine Kostenstruktur bei der Entwicklung und Herstellung technischer Gebilde 179

632 Kostenentwicklungsgesetze und Zuverlaumlssigkeit 181 633 Zusammenhang von Kosten Zuverlaumlssigkeit und

Bauteilgroumlszlige am Beispiel der Waumllzlagerauslegung 184 64 Anwenderseitige Lebenslaufkosten und Zuverlaumlssigkeit 187

641 Allgemeine Kostenstruktur bei der Nutzung technischer Gebilde 187

642 Kosten und Zuverlaumlssigkeit bei der Instandhaltung 189 65 Target Costing ndash ein Werkzeug fuumlr die retrograde Bestimmung

erlaubter Kosten ndash wie teuer duumlrfen Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit sein 193 651 Grundbegriffe des Target Costing 193 652 Aufteilung der Kosten auf die auszulegenden Systemkomponenten 195

Quellen und weiterfuumlhrende Literatur 197

Inhaltsverzeichnis

x

7 Sicherheit ndash Lebensdauer ndash Zuverlaumlssigkeit Anwendungsfaumllle und Beispiele 199 Beispiel 1 Sicherheit gegen Streck- und Flieszliggrenzenuumlberschreitung Einfl uss der Vergleichsspannungshypothesen 200 Beispiel 2 Sicherheitsnachweis bei Schwingbeanspruchung fuumlr Dauer- Schwingfestigkeit (Nennspannungskonzept) Abschaumltzung der Ausfallwahrscheinlichkeit 201 Beispiel 3 Lebensdauernachweis und Sicherheit im Kurzlebigkeitsbereich (Zeitfestigkeit) bei einem Beanspruchungshorizont 203 Beispiel 4 Lebensdauerberechnung mittels linearer Schadensakkumulationshypothesen bei Ermuumldung (Kollektivbelastung) 206 Beispiel 5 Auswertung von Ermuumldungsversuchen (Gauszlig Weibull) Generieren eines Woumlhlerdiagramms Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeitsberechnung 209 Beispiel 6 Bestimmung von Verteilungsparametern (Weibull) aus einem Woumlhlerlinienfeld Generieren einer Woumlhlerliniengleichung Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeitsberechnung unter Kollektivbelastung 218 Beispiel 7 Auswertung von Verschleiszliggroumlszligen 223 Beispiel 8 Systemzuverlaumlssigkeit einer Zweikreisbremse 227 Beispiel 9 Waumllzlager mit erhoumlhter Einzelzuverlaumlssigkeit Systemzuverlaumlssigkeit fuumlr 4 Lager 228 Beispiel 10 Aktuelle Zuverlaumlssigkeit am Beispiel eines Zahnrades mit Evolvente 231 Beispiel 11 Zuverlaumlssigkeit und oumlkonomische Nutzungsdauer 235

Stichwortverzeichnis 237

Inhaltsverzeichnis

1copy Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016D Schlottmann H Schnegas Auslegung von Konstruktionselementen VDI-Buch DOI 101007978-3-662-48807-2_1

1 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche Aufgabe des Ingenieurs

11 Berechnung von Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit als historisch gewachsene Auslegungsmethoden

Bevor fuumlr den konstruktionstechnisch interessierten Leser die bdquoAuslegung von Konstruk-tionselementenldquo eine entsprechende Einordnung in den konstruktiven Gesamtprozess erfahren wird soll in einer historisch angelegten Darstellung verdeutlicht werden welchem wissenschaftlichen Anliegen und welchem Ziel das vorliegende Buch zuzu-ordnen ist

Bei der Auslegung von Maschinen Baugruppen und Elementen wird nach der Fest-legung der Prinziploumlsung uumlber Hauptabmessungen Topologie Form und Gestalt und damit uumlber Masse Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit entschieden Informations-verarbeitung und Rechentechnik haben das Taumltigkeitsbild des Konstruk teurs in den letzten Jahrzehntenveraumlndert

Neben den Moumlglichkeiten des Computer Aided Designs (CAD) lassen sich im Rahmen des Computer Aided Engineerings (CAE) Berechnungen durchfuumlhren die noch vor Jahren wegen des hohen Arbeits- und Zeitaufwandes nicht denkbar waren Natuumlrlich hat diese Entwicklung auch die bdquoAuslegungldquo von Konstruktionselementen beeinfl usst Denken wir nur an die Methoden der Finiten Elemente (FEM) die es gestattet die vorhandenen Spannungen in kompliziertesten Bauteilen zu berechnen oder deren Anwendung bei der Strukturoptimierung bei der Suche nach kleinstmoumlglichen Konstruktionselementen

Trotzdem bleibt die Rechentechnik fuumlr die Ermittlung von Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit ein Hilfsmittel da das Ausfallverhalten von Konstruktionselementen und Maschinen damit nur auf der Basis mathematischer Modelle simuliert werden kann

Das Problem des Ausfalles bzw des Versagens von Geraumlten und schlieszliglich auch Bauwerken duumlrfte so alt sein wie die Menschheit selbst Die Erfahrung des Menschen

2

lieferte jedoch offensichtlich ein relativ sicheres Gefuumlhl fuumlr die Belastbarkeit der beeindru-ckenden Bauwerke des Altertums

Erste wissenschaftliche Ansaumltze einer bdquoAuslegungsrechnungldquo gehen auf Galilei (1564ndash 1642) zuruumlck der den Methoden und Modellen der heutigen Festigkeitslehre bereits sehr nahe kam (vgl z B [ 107 108 ]) So verwendete er den Begriff der Spannung und berechnete diese fuumlr den Einspannungsquerschnitt eines Kragarmes Auch wenn die angenommene Spannungsverteilung und damit das Ergebnis falsch war erkannte er die Bedeutung der Spannung als Vergleichsgroumlszlige fuumlr das Eintreten des Bruches Mit Recht wird deshalb der Name Galilei mit der einfachsten Bruchtheorie naumlmlich der Hauptnor-malspannungshypothese in Verbindung gebracht (vgl Kap 3 )

Natuumlrlich war es bis zur Gestaltaumlnderungsenergiehypothese (1913) nach v Mises [ 103 ] noch ein weiter Weg Die v Misesrsquosche Hypothese duumlrfte fuumlr das Fliessen und den Bruch infolge statischer Beanspruchung insbesondere fuumlr metallische Werkstoffe der Realitaumlt am naumlchsten kommen

Neue Raumltsel gaben die sich immer schneller drehenden Maschinen ihren Schoumlpfern insbesondere bzgl ihrer Haltbarkeit auf Berechnungen mit Kraumlften analog den statischen Lasten erwiesen sich als voumlllig unzutreffend Es ist das bleibende Verdienst von Woumlhler das Ermuumldungsverhalten von Werkstoffen und Bauteilen mit dem nach ihm bezeichneten bdquoWoumlhlerdiagrammldquo anschaulich und zweckmaumlszligig beschrieben zu haben [ 110 ]

Ein Grundanliegen des vorliegenden Buches besteht darin der von Woumlhler fuumlr die Ermuumldung entwickelten Methodik auch fuumlr andere Versagensarten wie Verschleiszlig und Korrosion zu folgen

Die erstmals von Woumlhler entdeckte bdquoDauerfestigkeitldquo metallischer Werkstoffe d h ihre Unempfi ndlichkeit gegenuumlber schwingender Beanspruchung unterhalb eines bestimmten Beanspruchungsniveaus fuumlhrte zu relativ einfachen Berechnungsmethoden auch fuumlr den Ermuumldungsbereich Wie bei statischer Belastung werden bdquoSicherheitszahlenldquo als Quotient aus zum Versagen fuumlhrender und vorhandener Beanspruchung berechnet Obwohl diese einfache ingenieurmaumlszligige Methode in Kap 3 teilweise einer kritischen Betrachtung unter-zogen wird duumlrfte sie auch in Zukunft ihre Bedeutung behalten

Andererseits ist es gerade die Schaumldigung durch bdquoErmuumldungldquo die sich in den letzten Jahrzehnten durch eine hohe Forschungsdichte auszeichnet und als bdquoBetriebsfestig-keitslehreldquo zu einer selbststaumlndigen Teildisziplin der Festigkeitslehre geworden ist

Leider hat sich die Betriebsfestigkeitslehre bisher nicht von der Empirie loumlsen koumlnnen und es muss vielleicht gerade deshalb beklagt werden dass sie nicht in gebuumlhrendem Maszlige bei der Auslegung von Bauteilen des Maschinenbaus zur Anwendung gekommen ist Die Berechnungsstandards gehen bisher weitgehend davon aus dass eine Maschine auf bdquoDauerfestigkeitldquo ausgelegt wird ndash und das ist gleichbedeutend mit einer zumindest theoretisch unendlichen Lebensdauer

Die Erfahrung lehrt aber dass Maschinen nach endlichen Zeiten ausfallen ndash und dass nicht nur durch Gewalt- oder Ermuumldungsbruch sondern auch durch Verschleiszlig Korrosion und andere Versagensarten So gesehen stellt die von Palmgren [ 105 ] bereits 1924

2 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche

3

vorgeschlagene Methode der Lebensdauerberechnung von Waumllzlagern eine der Zeit vor-ausgehende Pionierleistung dar deren Entwicklung sich aufdraumlngte da Waumllzlager keinen Dauerfestigkeitsbereich aufweisen

Neben der Woumlhlerlinie wird die von Palmgren eingefuumlhrte und von Miner [ 102 ] verallgemeinerte Methode der Lebensdauerberechnung in der vorliegenden Publi-kation als eine ingenieurmaumlszligig zweckmaumlszligige Vorgehensweise angesehen die auch bei Schaumldigungsmechanismen wie Ermuumldung Verschleiszlig und Korrosion anzuwen-den ist

Auch wenn diese Schaumldigungen ursaumlchlich kaum Gemeinsamkeiten aufweisen soll der Versuch unternommen werden eine phaumlnomenologisch begruumlndete gleichartige Berech-nungsmethode zu entwickeln um eine ingenieurmaumlszligig einheitliche Berechnung von Schaumldigungen im Sinne der Auslegungsrechnung zu erreichen

Es sei hervorgehoben dass die vorgeschlagene Vorgehensweise nur aus der Sicht des Konstrukteurs ihre Begruumlndung fi ndet Sie erhebt keinen Anspruch auf den Teilgebieten wie der Ermuumldung des Verschleiszliges oder der Korrosion einen auf die Grundlagen gerich-teten Beitrag leisten zu wollen Trotzdem duumlrfte die integrative Betrachtungsweise auch fuumlr den Spezialisten der Teildisziplin Anregung bieten

Ein weiterer Aspekt des Buches besteht darin die aktuelle Zuverlaumlssigkeit bzw Ausfallwahrscheinlichkeit zu ermitteln um fuumlr eine vorgegebene Lebensdauer die Systemzuverlaumlssigkeit bzw Informationen zur Instandhaltung zu gewinnen Damit wird der Nachteil der Betriebsfestigkeitslehre eine Lebensdauer nur fuumlr eine nominelle Zuverlaumlssigkeit angeben zu koumlnnen uumlberwunden Es wird damit eine bdquogestufteldquo Auslegung mit den Teilschritten

bull Sicherheit gegen Ermuumldung (klassische Sicherheit in Beanspruchungen) bull Lebensdauer fuumlr Schaumldigung durch Ermuumldung und andere Versagensarten (auch

Sicherheit auf der Basis des Lebensdauerquotienten) und bull aktuelle Zuverlaumlssigkeit bzw Schadenswahrscheinlichkeit

moumlglich wobei die drei Stufen baukastenartig mit relativ elementaren Zusatz-informationen zu berechnen sind Die Ermittlung einer vorhandenen Systemzuver-laumlssigkeit ist gleichzeitig eine Moumlglichkeit im Rahmen aktuell geforderter Risikoanalysen eine Risikobewertung durchfuumlhren zu koumlnnen

12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen und Maschinen in den Konstruktionsprozess

Das Beduumlrfnis nach neuen Erzeugnissen wird durch die Entwicklung der Wirtschaft und das Entstehen von Marktluumlcken ausgeloumlst Fuumlr den Entwicklungsingenieur und Kon-strukteur beginnt der Konstruktionsprozess i d R mit einer entsprechend formulierten Aufgabe und endet mit der Produktdokumentation des angestrebten Erzeugnisses

12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen und Maschinen

4

Eine wissenschaftliche Analyse dieses Prozesses geht auf Hansen [ 101 ] sowie Muumlller [ 104 ] zuruumlck Aumlhnliche Darstellungen sind in [ 109 ] und [ 106 ] zu fi nden

Ohne die Struktur des Konstruktionsprozesses beschreiben zu wollen werden sieben Arbeitsphasen durchlaufen (vgl Abb 11 ) wie am Beispiel einer Getriebekonstruktion erlaumlutert wird

In Abb 11 wird deutlich dass im Arbeitsschritt 5 uumlber die wesentlichen Abmessungen des technischen Gebildes entschieden wird d h das Bauteil erfaumlhrt seine vorlaumlufi ge bdquoAuslegungldquo Bei genauer Betrachtung unterteilt sich dieser Prozess wiederum in 3 Teilschritte naumlmlich in

bull Entwurfsrechnung bull Gestaltung und bull Nachweisrechnung

wie am Beispiel Welle in Abb 11 zu erkennen ist [ 106 ]

Aufgabe

Klaumlren und praumlzisierender Aufgabenstellung

Suchen nachLoumlsungsprinzipien und

deren Strukturen

Gliedern inrealisierbare Module

Gestalten dermaszliggebenden Module

Gestalten desgesamten Produktes

Ausarbeiten derAusfuumlhrungs- undNutzungsangaben

weitere Realisierung

Ermitteln von Funktionenund deren Strukturen

Anforderungsliste

Funktionsstruktur

Prinzipielle Loumlsung

Modulare Struktur

Vorentwuumlrfe

Gesamtentwurf

Dokumentation

1

2

3

4

5

6

7

Getriebe

Stuumlckliste1 Stk

2 Stk1 Stk

2 Stk

1 Stk

2 Stk

2 Stk

2 Stk

Dokumentation

Zeichnung

GehaumluseWellenZahnraumlder Lager

WandelnLeiten Leiten

M1 M2

WF Anforderungen

F

F

W

ω1=

ω1ω2

1M =

+ +

Abb 11 Generelle Arbeitsschritte und Arbeitsergebnisse des Konstruktionsprozesses nach VDI 2221 [ 109 ] am Beispiel einer Getriebekonstruktion

2 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche

5

In der Entwurfsrechnung wird i d R auf weniger als 10 der fuumlr den spaumlteren Produktionsprozess erforderlichen geometrischen und stoffl ichen Informationen Einfl uss genommen

Nach der Gestaltung entscheidet erst der Funktionsnachweis uumlber das positive bzw negative Ergebnis dieses iterativen Auslegungsprozesses (Abb 12 )

Der klassische Funktionsnachweis besteht u a in der Bestimmung einer bdquo Sicherheits-zahlldquo die durch den Quotienten aus zum Versagen fuumlhrender und vorhandener Belastung oder Beanspruchung berechnet wird Sie laumlsst jedoch keine Aussage uumlber Aus-fallwahrscheinlichkeit und Lebensdauer des technischen Gebildes zu

Der Sicherheitsnachweis bleibt auszligerdem auf die festigkeitsmaumlszligig begruumlndeten Ver-sagensarten wie Gewaltbruch Streckgrenzenuumlberschreitung und Dauerschwingbruch beschraumlnkt

Ansaumltze zur Berechnung von Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit sind durch die Waumllz-lagerberechnung und die Betriebsfestigkeitslehre bekannt

Wie bereits in Abschn 11 dargestellt soll eine allgemeine ingenieurmaumlszligige Aus-legungsmethodik auf der Basis der Berechnung von Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit ent-wickelt werden die auch Schaumldigungen wie Verschleiszlig und andere fl aumlchenabtragende Schaumldigungsprozesse beruumlcksichtigt und dem Konstrukteur mit der Ausfallwahrschein-lichkeit eine echte Entscheidungsmoumlglichkeit bietet

Die klassische Auslegungsmethode durch den Sicherheitsnachweis wird jedoch auch ihre Anwendungsberechtigung behalten zumal eine Fuumllle von Standards und Vorschriften darauf basieren und letztendlich im vorliegenden Buc der Zusammenhang von Sicherheit und Ausfallwahrscheinlichkeit hergestellt werden konnte

Vorentwuumlrfe

Modulare Struktur

5Gestalten dermaszliggebenden

Module

Beispiel Welle

Entwurfsrechnung

Gestaltung

Nachweisrechnung I II III fuumlr die Schnitte III

d erf

positiver Nachweis

vollstaumlndige Strukturbeschreibung

Abb 12 Klassischer Iterationszyklus fuumlr Entwurfsrechnung Gestaltung und Nachweisrechnung bei der Auslegung von Konstruktionselementen

12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen und Maschinen

6

Quellen und weiterfuumlhrende Literatur

[101] Hansen Friedrich Konstruktionssystematik ndash Grundlagen fuumlr eine allgemeine Konstruk-tionslehre Verlag Technik Berlin 1968

[102] Miner N Anton Cumulative Damage in Fatigue In Journal of Appl Mech Trans ASME 12 159-164 1945

[103] v Mises Richard Mechanik der plastischen Formaumlnderung ZAMM 161 1928 [104] Muumlller Johannes Grundlagen der Systematischen Heuristik Dietz Verlag Berlin 1970 [105] Palmgren Arvid Die Lebensdauer von Kugellagern In VDI-Zeitschrift 58 339-341

1924 [106] Schlottmann Dietrich u a Konstruktionslehre ndash Grundlagen Technik Berlin 1970 [107] Szabo Istvaacuten Einfuumlhrung in die Technische Mechanik Springer Berlin Goumlttingen

Heidelberg 1961 [108] Szabo Istvaacuten Houmlhere Technische Mechanik Springer Berlin Goumlttingen Heidelberg 1960 [109] Verein Deutscher Ingenieure VDI 2221 - Methodik zum Entwickeln und Konstruieren

technischer Systeme und Produkte VDI Duumlsseldorf 1993 [110] Woumlhler August Uumlber die Festigkeitsversuche mit Eisen und Stahl In Zeitschrift fuumlr

Bauwesen XX 81ndash89 1870

2 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche

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2Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

21 Auslegung dargestellt am klassischen Sicherheitsbegriff

Schon in dem 1862 erschienenen wohl ersten deutschsprachigem Lehrbuch der Konstruktionslehre von MollReuleaux [212] wird der Sicherheitsbegriff mit einer Zahl S gt1 in Verbindung gebracht die das unzulaumlssige Uumlberschreiten von Belastungen begrenshyzen soll Dem Text ist bereits sinngemaumlszlig zu entnehmen dass die beim bdquoGebrauch des Bauteils vorhandenen Belastungen immer kleiner sein muumlssen als die maximal moumlglishychen bzw zum Versagen fuumlhrendenldquo Es wird bereits das Versagen durch Flieszligen und Bruch unterschieden Allgemein koumlnnen wir schreiben

B Bvorhanden versagenlt (21)

Dabei sollen unter Belastungen B sowohl Kraumlfte als auch Momente verstanden werden (vgl Abb 21) Entsprechend der bereits in [213] getroffenen Definition der Sicherheit als Faktor S gt 1 kann fuumlr Gl (21) auch geschrieben werden

B S Bvorh vers sdot = (22)

und damit

S

B

Bvers

vorh

=

(23)

Fuumlr eine verallgemeinerte Sicherheitsberechnung (vgl ebenfalls [212]) erweist es sich als zweckmaumlszligig nicht Belastungen sondern zum Versagen fuumlhrende Spannungen σ im Weiteren auch Beanspruchungen genannt uumlber eine analoge Sicherheitszahl zu vergleichen

8

So gilt auch

S vers

vorh

=σσ

(24)

Der Vorteil einer Sicherheitsberechnung uumlber Spannungen wird bereits erkennbar wenn mehrere am Bauteil angreifende Belastungen an der gleichen Schnittflaumlche Spannungen hervorrufen Im Sinne der linearen Elastizitaumltstheorie gilt dann das Superpositionsprinzip

σ σ= sum i (25)

mit i = 123hellip welches wegen der oft unterschiedlichen schaumldigenden Wirkung spaumlter allerdings in

Frage zu stellen istIn der Praxis tritt dieser einfache Sonderfall jedoch nur selten auf Beispiele waumlren

bdquoscheibenartigeldquo Bauteile mit bdquolastfreienldquo Oberflaumlchen oder bdquoeinachsigldquo beanspruchte Staumlbe Haumlufig anzutreffen ist dagegen die Kombination einer Normalspannung σ mit einer Schubspannung τ wie spaumlter noch gezeigt wird

Fuumlr das allgemeine raumlumliche Bauteil muss an einem Element mit

3 Normalspannungen und6 Schubspannungen

gerechnet werden (vgl Abb 22) wobei die Schubspannungen sich wegen der bdquoGegenseitigkeitldquo auf drei reduzieren

Die Spannungen lassen sich anschaulich in Spannungstensoren darstellen wobei fuumlr homogene und isotrope Werkstoffe jeder Spannungstensor in einen Hauptspannungstensor uumlberfuumlhrt werden kann fuumlr den die Schubspannungen zu Null werden (vgl dazu elastizishytaumltstheoretische Fachbuumlcher wie z B [222 223])

σ

σ τ τ

τ σ τ

τ τ σ

σσ

σ

T

x xy xz

yx y yz

zx zy z

=

rarr

1

2

3

0 0

0 0

0 0

(26)

Abb 21 Scheibenfoumlrmiges Bauteil mit Belastungen Bi (FhellipKraumlfte M hellip Momente)

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

9

Auf die Berechnung dieser Spannungstensoren im Sinne vorhandener Spannungen soll in Abschnitt 22 uumlbersichtsmaumlszligig eingegangen werden

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

Die Berechnung der vorhandenen Spannungen ist die Aufgabe der Elastizitaumltstheorie daher soll hier nur ein systematischer Uumlberblick gegeben werden

Das einfachste Modell eines realen Bauteils wird durch den Stab realisiert Ausshygehend von aumluszligeren Belastungen werden zunaumlchst die Auflagerreaktionen des Systems bestimmt um dann die sogenannten Schnittgroumlszligen zu berechnen Diese Elementarkenntnisse werden vorausgesetzt In einer Schnittstelle x oder s (x i d R fuumlr den geraden s fuumlr den gekruumlmmten Stab) wirken die Schnittgroumlszligen Normalkraft Fn(s) Biegemoment Mb(s) Torsionsmoment Mt(s) und Querkraft Fq(s) (vgl Abb 23) aus denen sich die Spannungen σzd σb τt und τq nach den in Tab 21 angegebenen Formeln berechnen lassen

Auch hier gilt die Bemerkung dass im elastizitaumltstheoretischem Sinne σzd und σb sowie τt und τq bei Uumlbereinstimmung von Schnittflaumlchen und Richtung addiert werden duumlrfen was im Folgenden wegen der unterschiedlichen schaumldigenden Wirkung nur mit einer entshysprechenden Gewichtung zugelassen werden soll

Neben dem Stabmodell sind auch die Vollwelle unter Auszligendruck die Bohrung in der unendlichen Scheibe unter achsensymmetrischer radialer Pressung und der duumlnnwandige Kessel als bdquoelementareldquo Spannungszustaumlnde anzusehen (vgl Tafel II1 im Anhang) Querschnittsaumlnderungen insbesondere des Stabes und andere Formabweichungen der eleshymentaren Berechnungsmodelle werden in Abschn 25 noch ausfuumlhrlicher behandelt

Berechnungsmodelle der bdquohoumlheren technischen Mechanikldquo sind

bull Scheiben (ebener Spannungsshy bzw ebener Zustand)bull Plattenbull Schalenbull Torsion prismatischer Koumlrper undbull Kontaktaufgaben

σx

σz

σy

τyxτyz

τzx

τzy

a b

τxy

τxzσ3

σ1

σ2

Abb 22 (a) Normalshy Schubspannungen (b) Hauptspannungen am Bauteilelement

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

10

Mt(s)Mb(s)Fq(s)

yz xs

Fn(s)

a b c d

σn(s) σb(s) τt(s) τq(s)

Abb 23 Spannungen in stabfoumlrmigen Bauelementen (a) Spannung infolge Laumlngskraft Fn(s) (b) Spannung infolge Biegemoment Mb(s) (c) Spannung infolge Torsionsmoment Mt(s) (d) Spannung infolge Querkraft Fq(s)

Tab 21 Elementare Spannungszustaumlnde in stabfoumlrmigen Bauelementen

Schnittgroumlszlige Sinnbild Berechnung Spannungstensor

Normalkraft Fn(s)

Fn(s)σn

σ nnF s

A=

( ) σ1 0 0

0 0 0

0 0 0

σ σ1 = n

Biegemoment Mb(s)

Mb(s)σb

σ bb

z

M s

W=

( )

σ bb

z

M s

Iy=

( )sdot

σ1 0 0

0 0 0

0 0 0

σ σ1 = b

Torsionsmoment Mt(s)

Mt(s)τt τ t

t

t

M s

W=

( )

τ tt

p

M s

Ir=

( )sdot

σσ

1

2

0 0

0 0

0 0 0

σ τ σ1 2= = minusQuerkraft Fq(s)

Fq(s)

τq maxτ q

qF

Amax = χ σσ

1

2

0 0

0 0

0 0 0

σ τ σ1 2= = minus

A hellip QuerschnittsflaumlcheIz It hellip TraumlgheitsmomentWt hellip Widerstandsmomentχ hellip Flaumlchenbeiwert

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

11

Sie sind uumlbersichtsmaumlszligig ebenfalls im Anhang Tafel II1 zusammengestellt Abgeshysehen von Sonderfaumlllen werden diese Spannungszustaumlnde heute mit bdquoFiniteshyElementeshyMethodenldquo berechnet Diese Berechnungen liefern idR den vollstaumlndig besetzten Spannungstensor der sich aber an lastfreien Oberflaumlchen auf zweiachsige Spannungszustaumlnde reduziert

Wegen des gehaumluften Auftretens dieses bdquoebenenldquo Spannungszustandes sei noch ohne Ableitung auf die Formel zur Berechnung der Hauptspannungen

σσ σ σ minus σ

τ1 2

2

2

2 2 =+

plusmn

+x y x y

xy

(27)

und deren anschauliche Darstellung im Mohrschen Kreis (vgl Abb 24) sowie auf die Sonderfaumllle bdquoeinachsiger Spannungszustandldquo und bdquoreiner Schubspannungszustandldquo verwiesen

Wesentlich fuumlr die Werkstoffshy bzw Bauteilschaumldigung ist die Betrachtung und Kenntnis der Zeitfunktionen vorhandener Spannungen Waumlhrend die bdquoStatikldquo vorshyzugsweise von bdquostatischenldquo oder bdquoruhenden Belastungenldquo ausgeht sind Maschishynenbauteile meistens bdquoperiodisch schwingendldquo belastet und beansprucht Hingewiesen sei dabei auf den haumlufig auftretenden Sonderfall der sog bdquoUmlaufbiegungldquo bei dem ein konstantes Biegemoment der Welle eine bdquowechselndeldquo Beanspruchung hervorruft Besondere Betrachtung erfordern bdquostochastischeldquo Belastungen die natuumlrlich auch bdquostochastischeldquo Beanspruchungen mit sich bringen (vgl Abb 25) Diesen Belasshytungsshy und BeanspruchungsshybdquoKollektivenldquo wird in spaumlteren Abschnitten gebuumlhrender Raum zugemessen

σx +σy2

τ

σ2

σy

σx minusσy2

τxy

σ1σx σ

τ

σ2= 0

a

b c

σ1=σxσ σ

σ1=τ σ2=-σ1

τ

Abb 24 Ebener Spannungszustand im Mohrrsquoschen Kreis (a) allgemeiner ebener Spannungsshyzustand (b) einachsiger Spannungszustand (c) Schubspannungszustand

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

12

23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch

Der Konstruktionsprozess bringt eine unendliche Vielfalt technischer Gebilde mit untershyschiedlichster geometrischer Form und verschiedenartiger Werkstoffe hervor die auszligershydem unterschiedlichen Beanspruchungsarten und Belastungsfaumlllen unterliegen

Fuumlr den Sicherheitsnachweis bzgl der zum Versagen fuumlhrenden Belastungen hat es sich als oumlkonomisch und zweckmaumlszligig erwiesen die Belastungsgrenzen der Bauteile durch Vergleich mit dem Versagensverhalten einer uumlberschaubaren Menge idealisierter Pruumlfshykoumlrper die speziellen und in Pruumlfmaschinen realisierbaren Belastungen unterworfen wershyden zu ermitteln Solche Pruumlfkoumlrper sind z B die in Abb 26 dargestellten standardisierten Rundshy und Flachproben

Am einfachsten zu realisieren ist durch die Werkstoffpruumlfung der Zugversuch mit ruhender Belastung Die Belastung wird dabei zuumlgig d h mit konstanter elastischer und schlieszliglich plastischer Dehnungszunahme bis zum Eintreten des Bruches aufgebracht Nach der Form des Bruches sind drei charakteristische Arten von Werkstoffen (vgl Abb 27) zu unterscheiden

bull Werkstoffe die bei ruhender Beanspruchung zum sproumlden Trennbruch neigen (z B Glas Grauguss gehaumlrteter Stahl)

bull Versagen durch Gleitbruch (z B Aluminium Kupfer und Kupferlegierungen)bull Werkstoffe mit ausgepraumlgter Flieszligzone die erst nach Einschnuumlrung einen Trennbruch

zeigen (vorzugsweise Stahl)

Werden bei diesem Pruumlfvorgang die Spannungen uumlber der Dehnung aufgetragen so ergibt sich das aus der Werkstoffpruumlfung bekannte SpannungsshyDehnungsshyDiagramm das abhaumlngig von der Bruchart charakteristische Formen aufweist (vgl Abb 28)

Fuumlr die Auslegung von Bauteilen unter ruhender Belastung sind also nicht nur die vershyschiedenen Brucharten interessant Es muss insbesondere fuumlr Staumlhle mit ausgepraumlgtem Flieszligverhalten bereits von Versagen gesprochen werden wenn das Bauteil durch unzulaumlsshysige plastische Deformationen seine Funktionsfaumlhigkeit verliert

Ausgehend von den fuumlr Staumlben moumlglichen Beanspruchungsarten (s Abschn 22) ergeshyben sich bereits infolge ruhender Beanspruchung theoretisch zehn Werkstoffkennwerte die aus praktischen Gruumlnden auf vier eingeschraumlnkt werden (vgl Tab 22)

Bel

astu

ng b

zw

Bea

nspr

uchu

ng

e

c

b

Zeit

a dAbb 25 Belastungsshy und Beanspruchungsarten (a) ruhend (b) schwellend (c) wechselnd (d) allgemein (e) stochastisch

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

13

Nun sind die meisten Bauteile nicht ruhend sondern periodisch schwingend oder sogar stochastisch belastet bzw beansprucht (vgl Abb 25)

Es ist das Verdienst von August Woumlhler [227] im Jahre 1870 die Dauerschwingfestigkeit der metallischen Werkstoffe entdeckt und in einem noch heute uumlblichen nach ihm benannshyten Diagramm dargestellt zu haben (Abb 29)

Bei schwingender Beanspruchung nimmt die zum Schwingbruch fuumlhrende Lastshywechselzahl N fuumlr abnehmende Spannungshorizonte zu Bis 103hellip104 Lastwechsel spreshychen wir von Kurzzeitfestigkeit (LowshyCycleshyFatigue LCF) Bei Erreichen eines

a b

Abb 26 Pruumlfkoumlrper der Werkstoffpruumlfung (a) Rundprobe (b) Flachprobe

a cb

Abb 27 Brucharten beim Zugversuch (a) Trennbruch bei sproumldem Werkstoff (b) Gleitbruch (c) Trennbruch nach Einschnuumlrung und Verfestigung

23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch

14

Spannungshorizontes σD wird schlieszliglich eine gegen unendlich gehende Lastwechselzahl ertragen wir sprechen von Dauerfestigkeit (VeryshyHighshyCycleshyFatigue VHCF) Der Uumlbergang zur bdquoDauerschwingfestigkeitldquo wird bei NG = 106 hellip 107 Lastwechseln beobachshytet d h die meisten Maschinen wie Motoren und durch sie angetriebene Arbeitsmaschinen uumlberschreiten diese Grenzlastwechselzahl nach wenigen Tagen sie sind also nach bdquoDauerfestigkeitldquo auszulegen Dieses Dauerfestigkeitsverhalten der metallischen Werkstoffe welches durch abnehmende Ausschlagfestigkeiten bei zunehmender Mitshytelspannung gekennzeichnet ist laumlsst sich in sogenannten Dauerfestigkeitsschaubildern darstellen (vgl Abb 210)

Durch die Unterdruumlckung des Zeitparameters wird auch fuumlr diese Faumllle eine bdquoSicherheitsberechnungldquo moumlglich

Abb 28 Spannungsshy Dehnungsshy Diagramm fuumlr sproumlde und elastischshyplastische Werkstoffe (a) ausgepraumlgte Streckgrenze (b) nicht ausgepraumlgte Streckgrenze (c) sproumlde Werkstoffe

Beanspru-chungsart

Art des Versagens

Flieszligen Bruch

Zug Streckgrenzeoder

02 Dehngrenze

Re (oder σF bzw σS)Rp02 (oder σ02)

Zug- oderBruchfestigkeit Rm oder σB

Druck Quetschgrenze σdF Druckfestigkeit σdB

Biegung Biegeflieszliggrenze σbF Biegebruchfestigkeit σbB

Torsion Torsions-flieszliggrenze

τtF Torsionsbruch-festigkeit

τtB

Abscheren Scherflieszliggrenze τsF Scherfestigkeit τsB

vorzugsweise zu bestimmende Groumlszligen

Tab 22 Versagenskennwerte (Werkstofffestigkeiten) bei ruhender Belastung

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

Page 10: Dietrich Schlottmann Henrik Schnegas Auslegung von … · 2016. 7. 1. · VDI-Buch, DOI 10.1007/978-3-662-48807-2_1 Auslegung von Maschinen- und 1 Konstruktionselementen eine wesentliche

x

7 Sicherheit ndash Lebensdauer ndash Zuverlaumlssigkeit Anwendungsfaumllle und Beispiele 199 Beispiel 1 Sicherheit gegen Streck- und Flieszliggrenzenuumlberschreitung Einfl uss der Vergleichsspannungshypothesen 200 Beispiel 2 Sicherheitsnachweis bei Schwingbeanspruchung fuumlr Dauer- Schwingfestigkeit (Nennspannungskonzept) Abschaumltzung der Ausfallwahrscheinlichkeit 201 Beispiel 3 Lebensdauernachweis und Sicherheit im Kurzlebigkeitsbereich (Zeitfestigkeit) bei einem Beanspruchungshorizont 203 Beispiel 4 Lebensdauerberechnung mittels linearer Schadensakkumulationshypothesen bei Ermuumldung (Kollektivbelastung) 206 Beispiel 5 Auswertung von Ermuumldungsversuchen (Gauszlig Weibull) Generieren eines Woumlhlerdiagramms Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeitsberechnung 209 Beispiel 6 Bestimmung von Verteilungsparametern (Weibull) aus einem Woumlhlerlinienfeld Generieren einer Woumlhlerliniengleichung Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeitsberechnung unter Kollektivbelastung 218 Beispiel 7 Auswertung von Verschleiszliggroumlszligen 223 Beispiel 8 Systemzuverlaumlssigkeit einer Zweikreisbremse 227 Beispiel 9 Waumllzlager mit erhoumlhter Einzelzuverlaumlssigkeit Systemzuverlaumlssigkeit fuumlr 4 Lager 228 Beispiel 10 Aktuelle Zuverlaumlssigkeit am Beispiel eines Zahnrades mit Evolvente 231 Beispiel 11 Zuverlaumlssigkeit und oumlkonomische Nutzungsdauer 235

Stichwortverzeichnis 237

Inhaltsverzeichnis

1copy Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016D Schlottmann H Schnegas Auslegung von Konstruktionselementen VDI-Buch DOI 101007978-3-662-48807-2_1

1 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche Aufgabe des Ingenieurs

11 Berechnung von Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit als historisch gewachsene Auslegungsmethoden

Bevor fuumlr den konstruktionstechnisch interessierten Leser die bdquoAuslegung von Konstruk-tionselementenldquo eine entsprechende Einordnung in den konstruktiven Gesamtprozess erfahren wird soll in einer historisch angelegten Darstellung verdeutlicht werden welchem wissenschaftlichen Anliegen und welchem Ziel das vorliegende Buch zuzu-ordnen ist

Bei der Auslegung von Maschinen Baugruppen und Elementen wird nach der Fest-legung der Prinziploumlsung uumlber Hauptabmessungen Topologie Form und Gestalt und damit uumlber Masse Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit entschieden Informations-verarbeitung und Rechentechnik haben das Taumltigkeitsbild des Konstruk teurs in den letzten Jahrzehntenveraumlndert

Neben den Moumlglichkeiten des Computer Aided Designs (CAD) lassen sich im Rahmen des Computer Aided Engineerings (CAE) Berechnungen durchfuumlhren die noch vor Jahren wegen des hohen Arbeits- und Zeitaufwandes nicht denkbar waren Natuumlrlich hat diese Entwicklung auch die bdquoAuslegungldquo von Konstruktionselementen beeinfl usst Denken wir nur an die Methoden der Finiten Elemente (FEM) die es gestattet die vorhandenen Spannungen in kompliziertesten Bauteilen zu berechnen oder deren Anwendung bei der Strukturoptimierung bei der Suche nach kleinstmoumlglichen Konstruktionselementen

Trotzdem bleibt die Rechentechnik fuumlr die Ermittlung von Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit ein Hilfsmittel da das Ausfallverhalten von Konstruktionselementen und Maschinen damit nur auf der Basis mathematischer Modelle simuliert werden kann

Das Problem des Ausfalles bzw des Versagens von Geraumlten und schlieszliglich auch Bauwerken duumlrfte so alt sein wie die Menschheit selbst Die Erfahrung des Menschen

2

lieferte jedoch offensichtlich ein relativ sicheres Gefuumlhl fuumlr die Belastbarkeit der beeindru-ckenden Bauwerke des Altertums

Erste wissenschaftliche Ansaumltze einer bdquoAuslegungsrechnungldquo gehen auf Galilei (1564ndash 1642) zuruumlck der den Methoden und Modellen der heutigen Festigkeitslehre bereits sehr nahe kam (vgl z B [ 107 108 ]) So verwendete er den Begriff der Spannung und berechnete diese fuumlr den Einspannungsquerschnitt eines Kragarmes Auch wenn die angenommene Spannungsverteilung und damit das Ergebnis falsch war erkannte er die Bedeutung der Spannung als Vergleichsgroumlszlige fuumlr das Eintreten des Bruches Mit Recht wird deshalb der Name Galilei mit der einfachsten Bruchtheorie naumlmlich der Hauptnor-malspannungshypothese in Verbindung gebracht (vgl Kap 3 )

Natuumlrlich war es bis zur Gestaltaumlnderungsenergiehypothese (1913) nach v Mises [ 103 ] noch ein weiter Weg Die v Misesrsquosche Hypothese duumlrfte fuumlr das Fliessen und den Bruch infolge statischer Beanspruchung insbesondere fuumlr metallische Werkstoffe der Realitaumlt am naumlchsten kommen

Neue Raumltsel gaben die sich immer schneller drehenden Maschinen ihren Schoumlpfern insbesondere bzgl ihrer Haltbarkeit auf Berechnungen mit Kraumlften analog den statischen Lasten erwiesen sich als voumlllig unzutreffend Es ist das bleibende Verdienst von Woumlhler das Ermuumldungsverhalten von Werkstoffen und Bauteilen mit dem nach ihm bezeichneten bdquoWoumlhlerdiagrammldquo anschaulich und zweckmaumlszligig beschrieben zu haben [ 110 ]

Ein Grundanliegen des vorliegenden Buches besteht darin der von Woumlhler fuumlr die Ermuumldung entwickelten Methodik auch fuumlr andere Versagensarten wie Verschleiszlig und Korrosion zu folgen

Die erstmals von Woumlhler entdeckte bdquoDauerfestigkeitldquo metallischer Werkstoffe d h ihre Unempfi ndlichkeit gegenuumlber schwingender Beanspruchung unterhalb eines bestimmten Beanspruchungsniveaus fuumlhrte zu relativ einfachen Berechnungsmethoden auch fuumlr den Ermuumldungsbereich Wie bei statischer Belastung werden bdquoSicherheitszahlenldquo als Quotient aus zum Versagen fuumlhrender und vorhandener Beanspruchung berechnet Obwohl diese einfache ingenieurmaumlszligige Methode in Kap 3 teilweise einer kritischen Betrachtung unter-zogen wird duumlrfte sie auch in Zukunft ihre Bedeutung behalten

Andererseits ist es gerade die Schaumldigung durch bdquoErmuumldungldquo die sich in den letzten Jahrzehnten durch eine hohe Forschungsdichte auszeichnet und als bdquoBetriebsfestig-keitslehreldquo zu einer selbststaumlndigen Teildisziplin der Festigkeitslehre geworden ist

Leider hat sich die Betriebsfestigkeitslehre bisher nicht von der Empirie loumlsen koumlnnen und es muss vielleicht gerade deshalb beklagt werden dass sie nicht in gebuumlhrendem Maszlige bei der Auslegung von Bauteilen des Maschinenbaus zur Anwendung gekommen ist Die Berechnungsstandards gehen bisher weitgehend davon aus dass eine Maschine auf bdquoDauerfestigkeitldquo ausgelegt wird ndash und das ist gleichbedeutend mit einer zumindest theoretisch unendlichen Lebensdauer

Die Erfahrung lehrt aber dass Maschinen nach endlichen Zeiten ausfallen ndash und dass nicht nur durch Gewalt- oder Ermuumldungsbruch sondern auch durch Verschleiszlig Korrosion und andere Versagensarten So gesehen stellt die von Palmgren [ 105 ] bereits 1924

2 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche

3

vorgeschlagene Methode der Lebensdauerberechnung von Waumllzlagern eine der Zeit vor-ausgehende Pionierleistung dar deren Entwicklung sich aufdraumlngte da Waumllzlager keinen Dauerfestigkeitsbereich aufweisen

Neben der Woumlhlerlinie wird die von Palmgren eingefuumlhrte und von Miner [ 102 ] verallgemeinerte Methode der Lebensdauerberechnung in der vorliegenden Publi-kation als eine ingenieurmaumlszligig zweckmaumlszligige Vorgehensweise angesehen die auch bei Schaumldigungsmechanismen wie Ermuumldung Verschleiszlig und Korrosion anzuwen-den ist

Auch wenn diese Schaumldigungen ursaumlchlich kaum Gemeinsamkeiten aufweisen soll der Versuch unternommen werden eine phaumlnomenologisch begruumlndete gleichartige Berech-nungsmethode zu entwickeln um eine ingenieurmaumlszligig einheitliche Berechnung von Schaumldigungen im Sinne der Auslegungsrechnung zu erreichen

Es sei hervorgehoben dass die vorgeschlagene Vorgehensweise nur aus der Sicht des Konstrukteurs ihre Begruumlndung fi ndet Sie erhebt keinen Anspruch auf den Teilgebieten wie der Ermuumldung des Verschleiszliges oder der Korrosion einen auf die Grundlagen gerich-teten Beitrag leisten zu wollen Trotzdem duumlrfte die integrative Betrachtungsweise auch fuumlr den Spezialisten der Teildisziplin Anregung bieten

Ein weiterer Aspekt des Buches besteht darin die aktuelle Zuverlaumlssigkeit bzw Ausfallwahrscheinlichkeit zu ermitteln um fuumlr eine vorgegebene Lebensdauer die Systemzuverlaumlssigkeit bzw Informationen zur Instandhaltung zu gewinnen Damit wird der Nachteil der Betriebsfestigkeitslehre eine Lebensdauer nur fuumlr eine nominelle Zuverlaumlssigkeit angeben zu koumlnnen uumlberwunden Es wird damit eine bdquogestufteldquo Auslegung mit den Teilschritten

bull Sicherheit gegen Ermuumldung (klassische Sicherheit in Beanspruchungen) bull Lebensdauer fuumlr Schaumldigung durch Ermuumldung und andere Versagensarten (auch

Sicherheit auf der Basis des Lebensdauerquotienten) und bull aktuelle Zuverlaumlssigkeit bzw Schadenswahrscheinlichkeit

moumlglich wobei die drei Stufen baukastenartig mit relativ elementaren Zusatz-informationen zu berechnen sind Die Ermittlung einer vorhandenen Systemzuver-laumlssigkeit ist gleichzeitig eine Moumlglichkeit im Rahmen aktuell geforderter Risikoanalysen eine Risikobewertung durchfuumlhren zu koumlnnen

12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen und Maschinen in den Konstruktionsprozess

Das Beduumlrfnis nach neuen Erzeugnissen wird durch die Entwicklung der Wirtschaft und das Entstehen von Marktluumlcken ausgeloumlst Fuumlr den Entwicklungsingenieur und Kon-strukteur beginnt der Konstruktionsprozess i d R mit einer entsprechend formulierten Aufgabe und endet mit der Produktdokumentation des angestrebten Erzeugnisses

12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen und Maschinen

4

Eine wissenschaftliche Analyse dieses Prozesses geht auf Hansen [ 101 ] sowie Muumlller [ 104 ] zuruumlck Aumlhnliche Darstellungen sind in [ 109 ] und [ 106 ] zu fi nden

Ohne die Struktur des Konstruktionsprozesses beschreiben zu wollen werden sieben Arbeitsphasen durchlaufen (vgl Abb 11 ) wie am Beispiel einer Getriebekonstruktion erlaumlutert wird

In Abb 11 wird deutlich dass im Arbeitsschritt 5 uumlber die wesentlichen Abmessungen des technischen Gebildes entschieden wird d h das Bauteil erfaumlhrt seine vorlaumlufi ge bdquoAuslegungldquo Bei genauer Betrachtung unterteilt sich dieser Prozess wiederum in 3 Teilschritte naumlmlich in

bull Entwurfsrechnung bull Gestaltung und bull Nachweisrechnung

wie am Beispiel Welle in Abb 11 zu erkennen ist [ 106 ]

Aufgabe

Klaumlren und praumlzisierender Aufgabenstellung

Suchen nachLoumlsungsprinzipien und

deren Strukturen

Gliedern inrealisierbare Module

Gestalten dermaszliggebenden Module

Gestalten desgesamten Produktes

Ausarbeiten derAusfuumlhrungs- undNutzungsangaben

weitere Realisierung

Ermitteln von Funktionenund deren Strukturen

Anforderungsliste

Funktionsstruktur

Prinzipielle Loumlsung

Modulare Struktur

Vorentwuumlrfe

Gesamtentwurf

Dokumentation

1

2

3

4

5

6

7

Getriebe

Stuumlckliste1 Stk

2 Stk1 Stk

2 Stk

1 Stk

2 Stk

2 Stk

2 Stk

Dokumentation

Zeichnung

GehaumluseWellenZahnraumlder Lager

WandelnLeiten Leiten

M1 M2

WF Anforderungen

F

F

W

ω1=

ω1ω2

1M =

+ +

Abb 11 Generelle Arbeitsschritte und Arbeitsergebnisse des Konstruktionsprozesses nach VDI 2221 [ 109 ] am Beispiel einer Getriebekonstruktion

2 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche

5

In der Entwurfsrechnung wird i d R auf weniger als 10 der fuumlr den spaumlteren Produktionsprozess erforderlichen geometrischen und stoffl ichen Informationen Einfl uss genommen

Nach der Gestaltung entscheidet erst der Funktionsnachweis uumlber das positive bzw negative Ergebnis dieses iterativen Auslegungsprozesses (Abb 12 )

Der klassische Funktionsnachweis besteht u a in der Bestimmung einer bdquo Sicherheits-zahlldquo die durch den Quotienten aus zum Versagen fuumlhrender und vorhandener Belastung oder Beanspruchung berechnet wird Sie laumlsst jedoch keine Aussage uumlber Aus-fallwahrscheinlichkeit und Lebensdauer des technischen Gebildes zu

Der Sicherheitsnachweis bleibt auszligerdem auf die festigkeitsmaumlszligig begruumlndeten Ver-sagensarten wie Gewaltbruch Streckgrenzenuumlberschreitung und Dauerschwingbruch beschraumlnkt

Ansaumltze zur Berechnung von Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit sind durch die Waumllz-lagerberechnung und die Betriebsfestigkeitslehre bekannt

Wie bereits in Abschn 11 dargestellt soll eine allgemeine ingenieurmaumlszligige Aus-legungsmethodik auf der Basis der Berechnung von Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit ent-wickelt werden die auch Schaumldigungen wie Verschleiszlig und andere fl aumlchenabtragende Schaumldigungsprozesse beruumlcksichtigt und dem Konstrukteur mit der Ausfallwahrschein-lichkeit eine echte Entscheidungsmoumlglichkeit bietet

Die klassische Auslegungsmethode durch den Sicherheitsnachweis wird jedoch auch ihre Anwendungsberechtigung behalten zumal eine Fuumllle von Standards und Vorschriften darauf basieren und letztendlich im vorliegenden Buc der Zusammenhang von Sicherheit und Ausfallwahrscheinlichkeit hergestellt werden konnte

Vorentwuumlrfe

Modulare Struktur

5Gestalten dermaszliggebenden

Module

Beispiel Welle

Entwurfsrechnung

Gestaltung

Nachweisrechnung I II III fuumlr die Schnitte III

d erf

positiver Nachweis

vollstaumlndige Strukturbeschreibung

Abb 12 Klassischer Iterationszyklus fuumlr Entwurfsrechnung Gestaltung und Nachweisrechnung bei der Auslegung von Konstruktionselementen

12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen und Maschinen

6

Quellen und weiterfuumlhrende Literatur

[101] Hansen Friedrich Konstruktionssystematik ndash Grundlagen fuumlr eine allgemeine Konstruk-tionslehre Verlag Technik Berlin 1968

[102] Miner N Anton Cumulative Damage in Fatigue In Journal of Appl Mech Trans ASME 12 159-164 1945

[103] v Mises Richard Mechanik der plastischen Formaumlnderung ZAMM 161 1928 [104] Muumlller Johannes Grundlagen der Systematischen Heuristik Dietz Verlag Berlin 1970 [105] Palmgren Arvid Die Lebensdauer von Kugellagern In VDI-Zeitschrift 58 339-341

1924 [106] Schlottmann Dietrich u a Konstruktionslehre ndash Grundlagen Technik Berlin 1970 [107] Szabo Istvaacuten Einfuumlhrung in die Technische Mechanik Springer Berlin Goumlttingen

Heidelberg 1961 [108] Szabo Istvaacuten Houmlhere Technische Mechanik Springer Berlin Goumlttingen Heidelberg 1960 [109] Verein Deutscher Ingenieure VDI 2221 - Methodik zum Entwickeln und Konstruieren

technischer Systeme und Produkte VDI Duumlsseldorf 1993 [110] Woumlhler August Uumlber die Festigkeitsversuche mit Eisen und Stahl In Zeitschrift fuumlr

Bauwesen XX 81ndash89 1870

2 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche

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2Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

21 Auslegung dargestellt am klassischen Sicherheitsbegriff

Schon in dem 1862 erschienenen wohl ersten deutschsprachigem Lehrbuch der Konstruktionslehre von MollReuleaux [212] wird der Sicherheitsbegriff mit einer Zahl S gt1 in Verbindung gebracht die das unzulaumlssige Uumlberschreiten von Belastungen begrenshyzen soll Dem Text ist bereits sinngemaumlszlig zu entnehmen dass die beim bdquoGebrauch des Bauteils vorhandenen Belastungen immer kleiner sein muumlssen als die maximal moumlglishychen bzw zum Versagen fuumlhrendenldquo Es wird bereits das Versagen durch Flieszligen und Bruch unterschieden Allgemein koumlnnen wir schreiben

B Bvorhanden versagenlt (21)

Dabei sollen unter Belastungen B sowohl Kraumlfte als auch Momente verstanden werden (vgl Abb 21) Entsprechend der bereits in [213] getroffenen Definition der Sicherheit als Faktor S gt 1 kann fuumlr Gl (21) auch geschrieben werden

B S Bvorh vers sdot = (22)

und damit

S

B

Bvers

vorh

=

(23)

Fuumlr eine verallgemeinerte Sicherheitsberechnung (vgl ebenfalls [212]) erweist es sich als zweckmaumlszligig nicht Belastungen sondern zum Versagen fuumlhrende Spannungen σ im Weiteren auch Beanspruchungen genannt uumlber eine analoge Sicherheitszahl zu vergleichen

8

So gilt auch

S vers

vorh

=σσ

(24)

Der Vorteil einer Sicherheitsberechnung uumlber Spannungen wird bereits erkennbar wenn mehrere am Bauteil angreifende Belastungen an der gleichen Schnittflaumlche Spannungen hervorrufen Im Sinne der linearen Elastizitaumltstheorie gilt dann das Superpositionsprinzip

σ σ= sum i (25)

mit i = 123hellip welches wegen der oft unterschiedlichen schaumldigenden Wirkung spaumlter allerdings in

Frage zu stellen istIn der Praxis tritt dieser einfache Sonderfall jedoch nur selten auf Beispiele waumlren

bdquoscheibenartigeldquo Bauteile mit bdquolastfreienldquo Oberflaumlchen oder bdquoeinachsigldquo beanspruchte Staumlbe Haumlufig anzutreffen ist dagegen die Kombination einer Normalspannung σ mit einer Schubspannung τ wie spaumlter noch gezeigt wird

Fuumlr das allgemeine raumlumliche Bauteil muss an einem Element mit

3 Normalspannungen und6 Schubspannungen

gerechnet werden (vgl Abb 22) wobei die Schubspannungen sich wegen der bdquoGegenseitigkeitldquo auf drei reduzieren

Die Spannungen lassen sich anschaulich in Spannungstensoren darstellen wobei fuumlr homogene und isotrope Werkstoffe jeder Spannungstensor in einen Hauptspannungstensor uumlberfuumlhrt werden kann fuumlr den die Schubspannungen zu Null werden (vgl dazu elastizishytaumltstheoretische Fachbuumlcher wie z B [222 223])

σ

σ τ τ

τ σ τ

τ τ σ

σσ

σ

T

x xy xz

yx y yz

zx zy z

=

rarr

1

2

3

0 0

0 0

0 0

(26)

Abb 21 Scheibenfoumlrmiges Bauteil mit Belastungen Bi (FhellipKraumlfte M hellip Momente)

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

9

Auf die Berechnung dieser Spannungstensoren im Sinne vorhandener Spannungen soll in Abschnitt 22 uumlbersichtsmaumlszligig eingegangen werden

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

Die Berechnung der vorhandenen Spannungen ist die Aufgabe der Elastizitaumltstheorie daher soll hier nur ein systematischer Uumlberblick gegeben werden

Das einfachste Modell eines realen Bauteils wird durch den Stab realisiert Ausshygehend von aumluszligeren Belastungen werden zunaumlchst die Auflagerreaktionen des Systems bestimmt um dann die sogenannten Schnittgroumlszligen zu berechnen Diese Elementarkenntnisse werden vorausgesetzt In einer Schnittstelle x oder s (x i d R fuumlr den geraden s fuumlr den gekruumlmmten Stab) wirken die Schnittgroumlszligen Normalkraft Fn(s) Biegemoment Mb(s) Torsionsmoment Mt(s) und Querkraft Fq(s) (vgl Abb 23) aus denen sich die Spannungen σzd σb τt und τq nach den in Tab 21 angegebenen Formeln berechnen lassen

Auch hier gilt die Bemerkung dass im elastizitaumltstheoretischem Sinne σzd und σb sowie τt und τq bei Uumlbereinstimmung von Schnittflaumlchen und Richtung addiert werden duumlrfen was im Folgenden wegen der unterschiedlichen schaumldigenden Wirkung nur mit einer entshysprechenden Gewichtung zugelassen werden soll

Neben dem Stabmodell sind auch die Vollwelle unter Auszligendruck die Bohrung in der unendlichen Scheibe unter achsensymmetrischer radialer Pressung und der duumlnnwandige Kessel als bdquoelementareldquo Spannungszustaumlnde anzusehen (vgl Tafel II1 im Anhang) Querschnittsaumlnderungen insbesondere des Stabes und andere Formabweichungen der eleshymentaren Berechnungsmodelle werden in Abschn 25 noch ausfuumlhrlicher behandelt

Berechnungsmodelle der bdquohoumlheren technischen Mechanikldquo sind

bull Scheiben (ebener Spannungsshy bzw ebener Zustand)bull Plattenbull Schalenbull Torsion prismatischer Koumlrper undbull Kontaktaufgaben

σx

σz

σy

τyxτyz

τzx

τzy

a b

τxy

τxzσ3

σ1

σ2

Abb 22 (a) Normalshy Schubspannungen (b) Hauptspannungen am Bauteilelement

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

10

Mt(s)Mb(s)Fq(s)

yz xs

Fn(s)

a b c d

σn(s) σb(s) τt(s) τq(s)

Abb 23 Spannungen in stabfoumlrmigen Bauelementen (a) Spannung infolge Laumlngskraft Fn(s) (b) Spannung infolge Biegemoment Mb(s) (c) Spannung infolge Torsionsmoment Mt(s) (d) Spannung infolge Querkraft Fq(s)

Tab 21 Elementare Spannungszustaumlnde in stabfoumlrmigen Bauelementen

Schnittgroumlszlige Sinnbild Berechnung Spannungstensor

Normalkraft Fn(s)

Fn(s)σn

σ nnF s

A=

( ) σ1 0 0

0 0 0

0 0 0

σ σ1 = n

Biegemoment Mb(s)

Mb(s)σb

σ bb

z

M s

W=

( )

σ bb

z

M s

Iy=

( )sdot

σ1 0 0

0 0 0

0 0 0

σ σ1 = b

Torsionsmoment Mt(s)

Mt(s)τt τ t

t

t

M s

W=

( )

τ tt

p

M s

Ir=

( )sdot

σσ

1

2

0 0

0 0

0 0 0

σ τ σ1 2= = minusQuerkraft Fq(s)

Fq(s)

τq maxτ q

qF

Amax = χ σσ

1

2

0 0

0 0

0 0 0

σ τ σ1 2= = minus

A hellip QuerschnittsflaumlcheIz It hellip TraumlgheitsmomentWt hellip Widerstandsmomentχ hellip Flaumlchenbeiwert

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

11

Sie sind uumlbersichtsmaumlszligig ebenfalls im Anhang Tafel II1 zusammengestellt Abgeshysehen von Sonderfaumlllen werden diese Spannungszustaumlnde heute mit bdquoFiniteshyElementeshyMethodenldquo berechnet Diese Berechnungen liefern idR den vollstaumlndig besetzten Spannungstensor der sich aber an lastfreien Oberflaumlchen auf zweiachsige Spannungszustaumlnde reduziert

Wegen des gehaumluften Auftretens dieses bdquoebenenldquo Spannungszustandes sei noch ohne Ableitung auf die Formel zur Berechnung der Hauptspannungen

σσ σ σ minus σ

τ1 2

2

2

2 2 =+

plusmn

+x y x y

xy

(27)

und deren anschauliche Darstellung im Mohrschen Kreis (vgl Abb 24) sowie auf die Sonderfaumllle bdquoeinachsiger Spannungszustandldquo und bdquoreiner Schubspannungszustandldquo verwiesen

Wesentlich fuumlr die Werkstoffshy bzw Bauteilschaumldigung ist die Betrachtung und Kenntnis der Zeitfunktionen vorhandener Spannungen Waumlhrend die bdquoStatikldquo vorshyzugsweise von bdquostatischenldquo oder bdquoruhenden Belastungenldquo ausgeht sind Maschishynenbauteile meistens bdquoperiodisch schwingendldquo belastet und beansprucht Hingewiesen sei dabei auf den haumlufig auftretenden Sonderfall der sog bdquoUmlaufbiegungldquo bei dem ein konstantes Biegemoment der Welle eine bdquowechselndeldquo Beanspruchung hervorruft Besondere Betrachtung erfordern bdquostochastischeldquo Belastungen die natuumlrlich auch bdquostochastischeldquo Beanspruchungen mit sich bringen (vgl Abb 25) Diesen Belasshytungsshy und BeanspruchungsshybdquoKollektivenldquo wird in spaumlteren Abschnitten gebuumlhrender Raum zugemessen

σx +σy2

τ

σ2

σy

σx minusσy2

τxy

σ1σx σ

τ

σ2= 0

a

b c

σ1=σxσ σ

σ1=τ σ2=-σ1

τ

Abb 24 Ebener Spannungszustand im Mohrrsquoschen Kreis (a) allgemeiner ebener Spannungsshyzustand (b) einachsiger Spannungszustand (c) Schubspannungszustand

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

12

23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch

Der Konstruktionsprozess bringt eine unendliche Vielfalt technischer Gebilde mit untershyschiedlichster geometrischer Form und verschiedenartiger Werkstoffe hervor die auszligershydem unterschiedlichen Beanspruchungsarten und Belastungsfaumlllen unterliegen

Fuumlr den Sicherheitsnachweis bzgl der zum Versagen fuumlhrenden Belastungen hat es sich als oumlkonomisch und zweckmaumlszligig erwiesen die Belastungsgrenzen der Bauteile durch Vergleich mit dem Versagensverhalten einer uumlberschaubaren Menge idealisierter Pruumlfshykoumlrper die speziellen und in Pruumlfmaschinen realisierbaren Belastungen unterworfen wershyden zu ermitteln Solche Pruumlfkoumlrper sind z B die in Abb 26 dargestellten standardisierten Rundshy und Flachproben

Am einfachsten zu realisieren ist durch die Werkstoffpruumlfung der Zugversuch mit ruhender Belastung Die Belastung wird dabei zuumlgig d h mit konstanter elastischer und schlieszliglich plastischer Dehnungszunahme bis zum Eintreten des Bruches aufgebracht Nach der Form des Bruches sind drei charakteristische Arten von Werkstoffen (vgl Abb 27) zu unterscheiden

bull Werkstoffe die bei ruhender Beanspruchung zum sproumlden Trennbruch neigen (z B Glas Grauguss gehaumlrteter Stahl)

bull Versagen durch Gleitbruch (z B Aluminium Kupfer und Kupferlegierungen)bull Werkstoffe mit ausgepraumlgter Flieszligzone die erst nach Einschnuumlrung einen Trennbruch

zeigen (vorzugsweise Stahl)

Werden bei diesem Pruumlfvorgang die Spannungen uumlber der Dehnung aufgetragen so ergibt sich das aus der Werkstoffpruumlfung bekannte SpannungsshyDehnungsshyDiagramm das abhaumlngig von der Bruchart charakteristische Formen aufweist (vgl Abb 28)

Fuumlr die Auslegung von Bauteilen unter ruhender Belastung sind also nicht nur die vershyschiedenen Brucharten interessant Es muss insbesondere fuumlr Staumlhle mit ausgepraumlgtem Flieszligverhalten bereits von Versagen gesprochen werden wenn das Bauteil durch unzulaumlsshysige plastische Deformationen seine Funktionsfaumlhigkeit verliert

Ausgehend von den fuumlr Staumlben moumlglichen Beanspruchungsarten (s Abschn 22) ergeshyben sich bereits infolge ruhender Beanspruchung theoretisch zehn Werkstoffkennwerte die aus praktischen Gruumlnden auf vier eingeschraumlnkt werden (vgl Tab 22)

Bel

astu

ng b

zw

Bea

nspr

uchu

ng

e

c

b

Zeit

a dAbb 25 Belastungsshy und Beanspruchungsarten (a) ruhend (b) schwellend (c) wechselnd (d) allgemein (e) stochastisch

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

13

Nun sind die meisten Bauteile nicht ruhend sondern periodisch schwingend oder sogar stochastisch belastet bzw beansprucht (vgl Abb 25)

Es ist das Verdienst von August Woumlhler [227] im Jahre 1870 die Dauerschwingfestigkeit der metallischen Werkstoffe entdeckt und in einem noch heute uumlblichen nach ihm benannshyten Diagramm dargestellt zu haben (Abb 29)

Bei schwingender Beanspruchung nimmt die zum Schwingbruch fuumlhrende Lastshywechselzahl N fuumlr abnehmende Spannungshorizonte zu Bis 103hellip104 Lastwechsel spreshychen wir von Kurzzeitfestigkeit (LowshyCycleshyFatigue LCF) Bei Erreichen eines

a b

Abb 26 Pruumlfkoumlrper der Werkstoffpruumlfung (a) Rundprobe (b) Flachprobe

a cb

Abb 27 Brucharten beim Zugversuch (a) Trennbruch bei sproumldem Werkstoff (b) Gleitbruch (c) Trennbruch nach Einschnuumlrung und Verfestigung

23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch

14

Spannungshorizontes σD wird schlieszliglich eine gegen unendlich gehende Lastwechselzahl ertragen wir sprechen von Dauerfestigkeit (VeryshyHighshyCycleshyFatigue VHCF) Der Uumlbergang zur bdquoDauerschwingfestigkeitldquo wird bei NG = 106 hellip 107 Lastwechseln beobachshytet d h die meisten Maschinen wie Motoren und durch sie angetriebene Arbeitsmaschinen uumlberschreiten diese Grenzlastwechselzahl nach wenigen Tagen sie sind also nach bdquoDauerfestigkeitldquo auszulegen Dieses Dauerfestigkeitsverhalten der metallischen Werkstoffe welches durch abnehmende Ausschlagfestigkeiten bei zunehmender Mitshytelspannung gekennzeichnet ist laumlsst sich in sogenannten Dauerfestigkeitsschaubildern darstellen (vgl Abb 210)

Durch die Unterdruumlckung des Zeitparameters wird auch fuumlr diese Faumllle eine bdquoSicherheitsberechnungldquo moumlglich

Abb 28 Spannungsshy Dehnungsshy Diagramm fuumlr sproumlde und elastischshyplastische Werkstoffe (a) ausgepraumlgte Streckgrenze (b) nicht ausgepraumlgte Streckgrenze (c) sproumlde Werkstoffe

Beanspru-chungsart

Art des Versagens

Flieszligen Bruch

Zug Streckgrenzeoder

02 Dehngrenze

Re (oder σF bzw σS)Rp02 (oder σ02)

Zug- oderBruchfestigkeit Rm oder σB

Druck Quetschgrenze σdF Druckfestigkeit σdB

Biegung Biegeflieszliggrenze σbF Biegebruchfestigkeit σbB

Torsion Torsions-flieszliggrenze

τtF Torsionsbruch-festigkeit

τtB

Abscheren Scherflieszliggrenze τsF Scherfestigkeit τsB

vorzugsweise zu bestimmende Groumlszligen

Tab 22 Versagenskennwerte (Werkstofffestigkeiten) bei ruhender Belastung

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

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1 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche Aufgabe des Ingenieurs

11 Berechnung von Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit als historisch gewachsene Auslegungsmethoden

Bevor fuumlr den konstruktionstechnisch interessierten Leser die bdquoAuslegung von Konstruk-tionselementenldquo eine entsprechende Einordnung in den konstruktiven Gesamtprozess erfahren wird soll in einer historisch angelegten Darstellung verdeutlicht werden welchem wissenschaftlichen Anliegen und welchem Ziel das vorliegende Buch zuzu-ordnen ist

Bei der Auslegung von Maschinen Baugruppen und Elementen wird nach der Fest-legung der Prinziploumlsung uumlber Hauptabmessungen Topologie Form und Gestalt und damit uumlber Masse Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit entschieden Informations-verarbeitung und Rechentechnik haben das Taumltigkeitsbild des Konstruk teurs in den letzten Jahrzehntenveraumlndert

Neben den Moumlglichkeiten des Computer Aided Designs (CAD) lassen sich im Rahmen des Computer Aided Engineerings (CAE) Berechnungen durchfuumlhren die noch vor Jahren wegen des hohen Arbeits- und Zeitaufwandes nicht denkbar waren Natuumlrlich hat diese Entwicklung auch die bdquoAuslegungldquo von Konstruktionselementen beeinfl usst Denken wir nur an die Methoden der Finiten Elemente (FEM) die es gestattet die vorhandenen Spannungen in kompliziertesten Bauteilen zu berechnen oder deren Anwendung bei der Strukturoptimierung bei der Suche nach kleinstmoumlglichen Konstruktionselementen

Trotzdem bleibt die Rechentechnik fuumlr die Ermittlung von Sicherheit Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit ein Hilfsmittel da das Ausfallverhalten von Konstruktionselementen und Maschinen damit nur auf der Basis mathematischer Modelle simuliert werden kann

Das Problem des Ausfalles bzw des Versagens von Geraumlten und schlieszliglich auch Bauwerken duumlrfte so alt sein wie die Menschheit selbst Die Erfahrung des Menschen

2

lieferte jedoch offensichtlich ein relativ sicheres Gefuumlhl fuumlr die Belastbarkeit der beeindru-ckenden Bauwerke des Altertums

Erste wissenschaftliche Ansaumltze einer bdquoAuslegungsrechnungldquo gehen auf Galilei (1564ndash 1642) zuruumlck der den Methoden und Modellen der heutigen Festigkeitslehre bereits sehr nahe kam (vgl z B [ 107 108 ]) So verwendete er den Begriff der Spannung und berechnete diese fuumlr den Einspannungsquerschnitt eines Kragarmes Auch wenn die angenommene Spannungsverteilung und damit das Ergebnis falsch war erkannte er die Bedeutung der Spannung als Vergleichsgroumlszlige fuumlr das Eintreten des Bruches Mit Recht wird deshalb der Name Galilei mit der einfachsten Bruchtheorie naumlmlich der Hauptnor-malspannungshypothese in Verbindung gebracht (vgl Kap 3 )

Natuumlrlich war es bis zur Gestaltaumlnderungsenergiehypothese (1913) nach v Mises [ 103 ] noch ein weiter Weg Die v Misesrsquosche Hypothese duumlrfte fuumlr das Fliessen und den Bruch infolge statischer Beanspruchung insbesondere fuumlr metallische Werkstoffe der Realitaumlt am naumlchsten kommen

Neue Raumltsel gaben die sich immer schneller drehenden Maschinen ihren Schoumlpfern insbesondere bzgl ihrer Haltbarkeit auf Berechnungen mit Kraumlften analog den statischen Lasten erwiesen sich als voumlllig unzutreffend Es ist das bleibende Verdienst von Woumlhler das Ermuumldungsverhalten von Werkstoffen und Bauteilen mit dem nach ihm bezeichneten bdquoWoumlhlerdiagrammldquo anschaulich und zweckmaumlszligig beschrieben zu haben [ 110 ]

Ein Grundanliegen des vorliegenden Buches besteht darin der von Woumlhler fuumlr die Ermuumldung entwickelten Methodik auch fuumlr andere Versagensarten wie Verschleiszlig und Korrosion zu folgen

Die erstmals von Woumlhler entdeckte bdquoDauerfestigkeitldquo metallischer Werkstoffe d h ihre Unempfi ndlichkeit gegenuumlber schwingender Beanspruchung unterhalb eines bestimmten Beanspruchungsniveaus fuumlhrte zu relativ einfachen Berechnungsmethoden auch fuumlr den Ermuumldungsbereich Wie bei statischer Belastung werden bdquoSicherheitszahlenldquo als Quotient aus zum Versagen fuumlhrender und vorhandener Beanspruchung berechnet Obwohl diese einfache ingenieurmaumlszligige Methode in Kap 3 teilweise einer kritischen Betrachtung unter-zogen wird duumlrfte sie auch in Zukunft ihre Bedeutung behalten

Andererseits ist es gerade die Schaumldigung durch bdquoErmuumldungldquo die sich in den letzten Jahrzehnten durch eine hohe Forschungsdichte auszeichnet und als bdquoBetriebsfestig-keitslehreldquo zu einer selbststaumlndigen Teildisziplin der Festigkeitslehre geworden ist

Leider hat sich die Betriebsfestigkeitslehre bisher nicht von der Empirie loumlsen koumlnnen und es muss vielleicht gerade deshalb beklagt werden dass sie nicht in gebuumlhrendem Maszlige bei der Auslegung von Bauteilen des Maschinenbaus zur Anwendung gekommen ist Die Berechnungsstandards gehen bisher weitgehend davon aus dass eine Maschine auf bdquoDauerfestigkeitldquo ausgelegt wird ndash und das ist gleichbedeutend mit einer zumindest theoretisch unendlichen Lebensdauer

Die Erfahrung lehrt aber dass Maschinen nach endlichen Zeiten ausfallen ndash und dass nicht nur durch Gewalt- oder Ermuumldungsbruch sondern auch durch Verschleiszlig Korrosion und andere Versagensarten So gesehen stellt die von Palmgren [ 105 ] bereits 1924

2 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche

3

vorgeschlagene Methode der Lebensdauerberechnung von Waumllzlagern eine der Zeit vor-ausgehende Pionierleistung dar deren Entwicklung sich aufdraumlngte da Waumllzlager keinen Dauerfestigkeitsbereich aufweisen

Neben der Woumlhlerlinie wird die von Palmgren eingefuumlhrte und von Miner [ 102 ] verallgemeinerte Methode der Lebensdauerberechnung in der vorliegenden Publi-kation als eine ingenieurmaumlszligig zweckmaumlszligige Vorgehensweise angesehen die auch bei Schaumldigungsmechanismen wie Ermuumldung Verschleiszlig und Korrosion anzuwen-den ist

Auch wenn diese Schaumldigungen ursaumlchlich kaum Gemeinsamkeiten aufweisen soll der Versuch unternommen werden eine phaumlnomenologisch begruumlndete gleichartige Berech-nungsmethode zu entwickeln um eine ingenieurmaumlszligig einheitliche Berechnung von Schaumldigungen im Sinne der Auslegungsrechnung zu erreichen

Es sei hervorgehoben dass die vorgeschlagene Vorgehensweise nur aus der Sicht des Konstrukteurs ihre Begruumlndung fi ndet Sie erhebt keinen Anspruch auf den Teilgebieten wie der Ermuumldung des Verschleiszliges oder der Korrosion einen auf die Grundlagen gerich-teten Beitrag leisten zu wollen Trotzdem duumlrfte die integrative Betrachtungsweise auch fuumlr den Spezialisten der Teildisziplin Anregung bieten

Ein weiterer Aspekt des Buches besteht darin die aktuelle Zuverlaumlssigkeit bzw Ausfallwahrscheinlichkeit zu ermitteln um fuumlr eine vorgegebene Lebensdauer die Systemzuverlaumlssigkeit bzw Informationen zur Instandhaltung zu gewinnen Damit wird der Nachteil der Betriebsfestigkeitslehre eine Lebensdauer nur fuumlr eine nominelle Zuverlaumlssigkeit angeben zu koumlnnen uumlberwunden Es wird damit eine bdquogestufteldquo Auslegung mit den Teilschritten

bull Sicherheit gegen Ermuumldung (klassische Sicherheit in Beanspruchungen) bull Lebensdauer fuumlr Schaumldigung durch Ermuumldung und andere Versagensarten (auch

Sicherheit auf der Basis des Lebensdauerquotienten) und bull aktuelle Zuverlaumlssigkeit bzw Schadenswahrscheinlichkeit

moumlglich wobei die drei Stufen baukastenartig mit relativ elementaren Zusatz-informationen zu berechnen sind Die Ermittlung einer vorhandenen Systemzuver-laumlssigkeit ist gleichzeitig eine Moumlglichkeit im Rahmen aktuell geforderter Risikoanalysen eine Risikobewertung durchfuumlhren zu koumlnnen

12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen und Maschinen in den Konstruktionsprozess

Das Beduumlrfnis nach neuen Erzeugnissen wird durch die Entwicklung der Wirtschaft und das Entstehen von Marktluumlcken ausgeloumlst Fuumlr den Entwicklungsingenieur und Kon-strukteur beginnt der Konstruktionsprozess i d R mit einer entsprechend formulierten Aufgabe und endet mit der Produktdokumentation des angestrebten Erzeugnisses

12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen und Maschinen

4

Eine wissenschaftliche Analyse dieses Prozesses geht auf Hansen [ 101 ] sowie Muumlller [ 104 ] zuruumlck Aumlhnliche Darstellungen sind in [ 109 ] und [ 106 ] zu fi nden

Ohne die Struktur des Konstruktionsprozesses beschreiben zu wollen werden sieben Arbeitsphasen durchlaufen (vgl Abb 11 ) wie am Beispiel einer Getriebekonstruktion erlaumlutert wird

In Abb 11 wird deutlich dass im Arbeitsschritt 5 uumlber die wesentlichen Abmessungen des technischen Gebildes entschieden wird d h das Bauteil erfaumlhrt seine vorlaumlufi ge bdquoAuslegungldquo Bei genauer Betrachtung unterteilt sich dieser Prozess wiederum in 3 Teilschritte naumlmlich in

bull Entwurfsrechnung bull Gestaltung und bull Nachweisrechnung

wie am Beispiel Welle in Abb 11 zu erkennen ist [ 106 ]

Aufgabe

Klaumlren und praumlzisierender Aufgabenstellung

Suchen nachLoumlsungsprinzipien und

deren Strukturen

Gliedern inrealisierbare Module

Gestalten dermaszliggebenden Module

Gestalten desgesamten Produktes

Ausarbeiten derAusfuumlhrungs- undNutzungsangaben

weitere Realisierung

Ermitteln von Funktionenund deren Strukturen

Anforderungsliste

Funktionsstruktur

Prinzipielle Loumlsung

Modulare Struktur

Vorentwuumlrfe

Gesamtentwurf

Dokumentation

1

2

3

4

5

6

7

Getriebe

Stuumlckliste1 Stk

2 Stk1 Stk

2 Stk

1 Stk

2 Stk

2 Stk

2 Stk

Dokumentation

Zeichnung

GehaumluseWellenZahnraumlder Lager

WandelnLeiten Leiten

M1 M2

WF Anforderungen

F

F

W

ω1=

ω1ω2

1M =

+ +

Abb 11 Generelle Arbeitsschritte und Arbeitsergebnisse des Konstruktionsprozesses nach VDI 2221 [ 109 ] am Beispiel einer Getriebekonstruktion

2 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche

5

In der Entwurfsrechnung wird i d R auf weniger als 10 der fuumlr den spaumlteren Produktionsprozess erforderlichen geometrischen und stoffl ichen Informationen Einfl uss genommen

Nach der Gestaltung entscheidet erst der Funktionsnachweis uumlber das positive bzw negative Ergebnis dieses iterativen Auslegungsprozesses (Abb 12 )

Der klassische Funktionsnachweis besteht u a in der Bestimmung einer bdquo Sicherheits-zahlldquo die durch den Quotienten aus zum Versagen fuumlhrender und vorhandener Belastung oder Beanspruchung berechnet wird Sie laumlsst jedoch keine Aussage uumlber Aus-fallwahrscheinlichkeit und Lebensdauer des technischen Gebildes zu

Der Sicherheitsnachweis bleibt auszligerdem auf die festigkeitsmaumlszligig begruumlndeten Ver-sagensarten wie Gewaltbruch Streckgrenzenuumlberschreitung und Dauerschwingbruch beschraumlnkt

Ansaumltze zur Berechnung von Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit sind durch die Waumllz-lagerberechnung und die Betriebsfestigkeitslehre bekannt

Wie bereits in Abschn 11 dargestellt soll eine allgemeine ingenieurmaumlszligige Aus-legungsmethodik auf der Basis der Berechnung von Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit ent-wickelt werden die auch Schaumldigungen wie Verschleiszlig und andere fl aumlchenabtragende Schaumldigungsprozesse beruumlcksichtigt und dem Konstrukteur mit der Ausfallwahrschein-lichkeit eine echte Entscheidungsmoumlglichkeit bietet

Die klassische Auslegungsmethode durch den Sicherheitsnachweis wird jedoch auch ihre Anwendungsberechtigung behalten zumal eine Fuumllle von Standards und Vorschriften darauf basieren und letztendlich im vorliegenden Buc der Zusammenhang von Sicherheit und Ausfallwahrscheinlichkeit hergestellt werden konnte

Vorentwuumlrfe

Modulare Struktur

5Gestalten dermaszliggebenden

Module

Beispiel Welle

Entwurfsrechnung

Gestaltung

Nachweisrechnung I II III fuumlr die Schnitte III

d erf

positiver Nachweis

vollstaumlndige Strukturbeschreibung

Abb 12 Klassischer Iterationszyklus fuumlr Entwurfsrechnung Gestaltung und Nachweisrechnung bei der Auslegung von Konstruktionselementen

12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen und Maschinen

6

Quellen und weiterfuumlhrende Literatur

[101] Hansen Friedrich Konstruktionssystematik ndash Grundlagen fuumlr eine allgemeine Konstruk-tionslehre Verlag Technik Berlin 1968

[102] Miner N Anton Cumulative Damage in Fatigue In Journal of Appl Mech Trans ASME 12 159-164 1945

[103] v Mises Richard Mechanik der plastischen Formaumlnderung ZAMM 161 1928 [104] Muumlller Johannes Grundlagen der Systematischen Heuristik Dietz Verlag Berlin 1970 [105] Palmgren Arvid Die Lebensdauer von Kugellagern In VDI-Zeitschrift 58 339-341

1924 [106] Schlottmann Dietrich u a Konstruktionslehre ndash Grundlagen Technik Berlin 1970 [107] Szabo Istvaacuten Einfuumlhrung in die Technische Mechanik Springer Berlin Goumlttingen

Heidelberg 1961 [108] Szabo Istvaacuten Houmlhere Technische Mechanik Springer Berlin Goumlttingen Heidelberg 1960 [109] Verein Deutscher Ingenieure VDI 2221 - Methodik zum Entwickeln und Konstruieren

technischer Systeme und Produkte VDI Duumlsseldorf 1993 [110] Woumlhler August Uumlber die Festigkeitsversuche mit Eisen und Stahl In Zeitschrift fuumlr

Bauwesen XX 81ndash89 1870

2 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche

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2Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

21 Auslegung dargestellt am klassischen Sicherheitsbegriff

Schon in dem 1862 erschienenen wohl ersten deutschsprachigem Lehrbuch der Konstruktionslehre von MollReuleaux [212] wird der Sicherheitsbegriff mit einer Zahl S gt1 in Verbindung gebracht die das unzulaumlssige Uumlberschreiten von Belastungen begrenshyzen soll Dem Text ist bereits sinngemaumlszlig zu entnehmen dass die beim bdquoGebrauch des Bauteils vorhandenen Belastungen immer kleiner sein muumlssen als die maximal moumlglishychen bzw zum Versagen fuumlhrendenldquo Es wird bereits das Versagen durch Flieszligen und Bruch unterschieden Allgemein koumlnnen wir schreiben

B Bvorhanden versagenlt (21)

Dabei sollen unter Belastungen B sowohl Kraumlfte als auch Momente verstanden werden (vgl Abb 21) Entsprechend der bereits in [213] getroffenen Definition der Sicherheit als Faktor S gt 1 kann fuumlr Gl (21) auch geschrieben werden

B S Bvorh vers sdot = (22)

und damit

S

B

Bvers

vorh

=

(23)

Fuumlr eine verallgemeinerte Sicherheitsberechnung (vgl ebenfalls [212]) erweist es sich als zweckmaumlszligig nicht Belastungen sondern zum Versagen fuumlhrende Spannungen σ im Weiteren auch Beanspruchungen genannt uumlber eine analoge Sicherheitszahl zu vergleichen

8

So gilt auch

S vers

vorh

=σσ

(24)

Der Vorteil einer Sicherheitsberechnung uumlber Spannungen wird bereits erkennbar wenn mehrere am Bauteil angreifende Belastungen an der gleichen Schnittflaumlche Spannungen hervorrufen Im Sinne der linearen Elastizitaumltstheorie gilt dann das Superpositionsprinzip

σ σ= sum i (25)

mit i = 123hellip welches wegen der oft unterschiedlichen schaumldigenden Wirkung spaumlter allerdings in

Frage zu stellen istIn der Praxis tritt dieser einfache Sonderfall jedoch nur selten auf Beispiele waumlren

bdquoscheibenartigeldquo Bauteile mit bdquolastfreienldquo Oberflaumlchen oder bdquoeinachsigldquo beanspruchte Staumlbe Haumlufig anzutreffen ist dagegen die Kombination einer Normalspannung σ mit einer Schubspannung τ wie spaumlter noch gezeigt wird

Fuumlr das allgemeine raumlumliche Bauteil muss an einem Element mit

3 Normalspannungen und6 Schubspannungen

gerechnet werden (vgl Abb 22) wobei die Schubspannungen sich wegen der bdquoGegenseitigkeitldquo auf drei reduzieren

Die Spannungen lassen sich anschaulich in Spannungstensoren darstellen wobei fuumlr homogene und isotrope Werkstoffe jeder Spannungstensor in einen Hauptspannungstensor uumlberfuumlhrt werden kann fuumlr den die Schubspannungen zu Null werden (vgl dazu elastizishytaumltstheoretische Fachbuumlcher wie z B [222 223])

σ

σ τ τ

τ σ τ

τ τ σ

σσ

σ

T

x xy xz

yx y yz

zx zy z

=

rarr

1

2

3

0 0

0 0

0 0

(26)

Abb 21 Scheibenfoumlrmiges Bauteil mit Belastungen Bi (FhellipKraumlfte M hellip Momente)

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

9

Auf die Berechnung dieser Spannungstensoren im Sinne vorhandener Spannungen soll in Abschnitt 22 uumlbersichtsmaumlszligig eingegangen werden

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

Die Berechnung der vorhandenen Spannungen ist die Aufgabe der Elastizitaumltstheorie daher soll hier nur ein systematischer Uumlberblick gegeben werden

Das einfachste Modell eines realen Bauteils wird durch den Stab realisiert Ausshygehend von aumluszligeren Belastungen werden zunaumlchst die Auflagerreaktionen des Systems bestimmt um dann die sogenannten Schnittgroumlszligen zu berechnen Diese Elementarkenntnisse werden vorausgesetzt In einer Schnittstelle x oder s (x i d R fuumlr den geraden s fuumlr den gekruumlmmten Stab) wirken die Schnittgroumlszligen Normalkraft Fn(s) Biegemoment Mb(s) Torsionsmoment Mt(s) und Querkraft Fq(s) (vgl Abb 23) aus denen sich die Spannungen σzd σb τt und τq nach den in Tab 21 angegebenen Formeln berechnen lassen

Auch hier gilt die Bemerkung dass im elastizitaumltstheoretischem Sinne σzd und σb sowie τt und τq bei Uumlbereinstimmung von Schnittflaumlchen und Richtung addiert werden duumlrfen was im Folgenden wegen der unterschiedlichen schaumldigenden Wirkung nur mit einer entshysprechenden Gewichtung zugelassen werden soll

Neben dem Stabmodell sind auch die Vollwelle unter Auszligendruck die Bohrung in der unendlichen Scheibe unter achsensymmetrischer radialer Pressung und der duumlnnwandige Kessel als bdquoelementareldquo Spannungszustaumlnde anzusehen (vgl Tafel II1 im Anhang) Querschnittsaumlnderungen insbesondere des Stabes und andere Formabweichungen der eleshymentaren Berechnungsmodelle werden in Abschn 25 noch ausfuumlhrlicher behandelt

Berechnungsmodelle der bdquohoumlheren technischen Mechanikldquo sind

bull Scheiben (ebener Spannungsshy bzw ebener Zustand)bull Plattenbull Schalenbull Torsion prismatischer Koumlrper undbull Kontaktaufgaben

σx

σz

σy

τyxτyz

τzx

τzy

a b

τxy

τxzσ3

σ1

σ2

Abb 22 (a) Normalshy Schubspannungen (b) Hauptspannungen am Bauteilelement

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

10

Mt(s)Mb(s)Fq(s)

yz xs

Fn(s)

a b c d

σn(s) σb(s) τt(s) τq(s)

Abb 23 Spannungen in stabfoumlrmigen Bauelementen (a) Spannung infolge Laumlngskraft Fn(s) (b) Spannung infolge Biegemoment Mb(s) (c) Spannung infolge Torsionsmoment Mt(s) (d) Spannung infolge Querkraft Fq(s)

Tab 21 Elementare Spannungszustaumlnde in stabfoumlrmigen Bauelementen

Schnittgroumlszlige Sinnbild Berechnung Spannungstensor

Normalkraft Fn(s)

Fn(s)σn

σ nnF s

A=

( ) σ1 0 0

0 0 0

0 0 0

σ σ1 = n

Biegemoment Mb(s)

Mb(s)σb

σ bb

z

M s

W=

( )

σ bb

z

M s

Iy=

( )sdot

σ1 0 0

0 0 0

0 0 0

σ σ1 = b

Torsionsmoment Mt(s)

Mt(s)τt τ t

t

t

M s

W=

( )

τ tt

p

M s

Ir=

( )sdot

σσ

1

2

0 0

0 0

0 0 0

σ τ σ1 2= = minusQuerkraft Fq(s)

Fq(s)

τq maxτ q

qF

Amax = χ σσ

1

2

0 0

0 0

0 0 0

σ τ σ1 2= = minus

A hellip QuerschnittsflaumlcheIz It hellip TraumlgheitsmomentWt hellip Widerstandsmomentχ hellip Flaumlchenbeiwert

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

11

Sie sind uumlbersichtsmaumlszligig ebenfalls im Anhang Tafel II1 zusammengestellt Abgeshysehen von Sonderfaumlllen werden diese Spannungszustaumlnde heute mit bdquoFiniteshyElementeshyMethodenldquo berechnet Diese Berechnungen liefern idR den vollstaumlndig besetzten Spannungstensor der sich aber an lastfreien Oberflaumlchen auf zweiachsige Spannungszustaumlnde reduziert

Wegen des gehaumluften Auftretens dieses bdquoebenenldquo Spannungszustandes sei noch ohne Ableitung auf die Formel zur Berechnung der Hauptspannungen

σσ σ σ minus σ

τ1 2

2

2

2 2 =+

plusmn

+x y x y

xy

(27)

und deren anschauliche Darstellung im Mohrschen Kreis (vgl Abb 24) sowie auf die Sonderfaumllle bdquoeinachsiger Spannungszustandldquo und bdquoreiner Schubspannungszustandldquo verwiesen

Wesentlich fuumlr die Werkstoffshy bzw Bauteilschaumldigung ist die Betrachtung und Kenntnis der Zeitfunktionen vorhandener Spannungen Waumlhrend die bdquoStatikldquo vorshyzugsweise von bdquostatischenldquo oder bdquoruhenden Belastungenldquo ausgeht sind Maschishynenbauteile meistens bdquoperiodisch schwingendldquo belastet und beansprucht Hingewiesen sei dabei auf den haumlufig auftretenden Sonderfall der sog bdquoUmlaufbiegungldquo bei dem ein konstantes Biegemoment der Welle eine bdquowechselndeldquo Beanspruchung hervorruft Besondere Betrachtung erfordern bdquostochastischeldquo Belastungen die natuumlrlich auch bdquostochastischeldquo Beanspruchungen mit sich bringen (vgl Abb 25) Diesen Belasshytungsshy und BeanspruchungsshybdquoKollektivenldquo wird in spaumlteren Abschnitten gebuumlhrender Raum zugemessen

σx +σy2

τ

σ2

σy

σx minusσy2

τxy

σ1σx σ

τ

σ2= 0

a

b c

σ1=σxσ σ

σ1=τ σ2=-σ1

τ

Abb 24 Ebener Spannungszustand im Mohrrsquoschen Kreis (a) allgemeiner ebener Spannungsshyzustand (b) einachsiger Spannungszustand (c) Schubspannungszustand

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

12

23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch

Der Konstruktionsprozess bringt eine unendliche Vielfalt technischer Gebilde mit untershyschiedlichster geometrischer Form und verschiedenartiger Werkstoffe hervor die auszligershydem unterschiedlichen Beanspruchungsarten und Belastungsfaumlllen unterliegen

Fuumlr den Sicherheitsnachweis bzgl der zum Versagen fuumlhrenden Belastungen hat es sich als oumlkonomisch und zweckmaumlszligig erwiesen die Belastungsgrenzen der Bauteile durch Vergleich mit dem Versagensverhalten einer uumlberschaubaren Menge idealisierter Pruumlfshykoumlrper die speziellen und in Pruumlfmaschinen realisierbaren Belastungen unterworfen wershyden zu ermitteln Solche Pruumlfkoumlrper sind z B die in Abb 26 dargestellten standardisierten Rundshy und Flachproben

Am einfachsten zu realisieren ist durch die Werkstoffpruumlfung der Zugversuch mit ruhender Belastung Die Belastung wird dabei zuumlgig d h mit konstanter elastischer und schlieszliglich plastischer Dehnungszunahme bis zum Eintreten des Bruches aufgebracht Nach der Form des Bruches sind drei charakteristische Arten von Werkstoffen (vgl Abb 27) zu unterscheiden

bull Werkstoffe die bei ruhender Beanspruchung zum sproumlden Trennbruch neigen (z B Glas Grauguss gehaumlrteter Stahl)

bull Versagen durch Gleitbruch (z B Aluminium Kupfer und Kupferlegierungen)bull Werkstoffe mit ausgepraumlgter Flieszligzone die erst nach Einschnuumlrung einen Trennbruch

zeigen (vorzugsweise Stahl)

Werden bei diesem Pruumlfvorgang die Spannungen uumlber der Dehnung aufgetragen so ergibt sich das aus der Werkstoffpruumlfung bekannte SpannungsshyDehnungsshyDiagramm das abhaumlngig von der Bruchart charakteristische Formen aufweist (vgl Abb 28)

Fuumlr die Auslegung von Bauteilen unter ruhender Belastung sind also nicht nur die vershyschiedenen Brucharten interessant Es muss insbesondere fuumlr Staumlhle mit ausgepraumlgtem Flieszligverhalten bereits von Versagen gesprochen werden wenn das Bauteil durch unzulaumlsshysige plastische Deformationen seine Funktionsfaumlhigkeit verliert

Ausgehend von den fuumlr Staumlben moumlglichen Beanspruchungsarten (s Abschn 22) ergeshyben sich bereits infolge ruhender Beanspruchung theoretisch zehn Werkstoffkennwerte die aus praktischen Gruumlnden auf vier eingeschraumlnkt werden (vgl Tab 22)

Bel

astu

ng b

zw

Bea

nspr

uchu

ng

e

c

b

Zeit

a dAbb 25 Belastungsshy und Beanspruchungsarten (a) ruhend (b) schwellend (c) wechselnd (d) allgemein (e) stochastisch

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

13

Nun sind die meisten Bauteile nicht ruhend sondern periodisch schwingend oder sogar stochastisch belastet bzw beansprucht (vgl Abb 25)

Es ist das Verdienst von August Woumlhler [227] im Jahre 1870 die Dauerschwingfestigkeit der metallischen Werkstoffe entdeckt und in einem noch heute uumlblichen nach ihm benannshyten Diagramm dargestellt zu haben (Abb 29)

Bei schwingender Beanspruchung nimmt die zum Schwingbruch fuumlhrende Lastshywechselzahl N fuumlr abnehmende Spannungshorizonte zu Bis 103hellip104 Lastwechsel spreshychen wir von Kurzzeitfestigkeit (LowshyCycleshyFatigue LCF) Bei Erreichen eines

a b

Abb 26 Pruumlfkoumlrper der Werkstoffpruumlfung (a) Rundprobe (b) Flachprobe

a cb

Abb 27 Brucharten beim Zugversuch (a) Trennbruch bei sproumldem Werkstoff (b) Gleitbruch (c) Trennbruch nach Einschnuumlrung und Verfestigung

23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch

14

Spannungshorizontes σD wird schlieszliglich eine gegen unendlich gehende Lastwechselzahl ertragen wir sprechen von Dauerfestigkeit (VeryshyHighshyCycleshyFatigue VHCF) Der Uumlbergang zur bdquoDauerschwingfestigkeitldquo wird bei NG = 106 hellip 107 Lastwechseln beobachshytet d h die meisten Maschinen wie Motoren und durch sie angetriebene Arbeitsmaschinen uumlberschreiten diese Grenzlastwechselzahl nach wenigen Tagen sie sind also nach bdquoDauerfestigkeitldquo auszulegen Dieses Dauerfestigkeitsverhalten der metallischen Werkstoffe welches durch abnehmende Ausschlagfestigkeiten bei zunehmender Mitshytelspannung gekennzeichnet ist laumlsst sich in sogenannten Dauerfestigkeitsschaubildern darstellen (vgl Abb 210)

Durch die Unterdruumlckung des Zeitparameters wird auch fuumlr diese Faumllle eine bdquoSicherheitsberechnungldquo moumlglich

Abb 28 Spannungsshy Dehnungsshy Diagramm fuumlr sproumlde und elastischshyplastische Werkstoffe (a) ausgepraumlgte Streckgrenze (b) nicht ausgepraumlgte Streckgrenze (c) sproumlde Werkstoffe

Beanspru-chungsart

Art des Versagens

Flieszligen Bruch

Zug Streckgrenzeoder

02 Dehngrenze

Re (oder σF bzw σS)Rp02 (oder σ02)

Zug- oderBruchfestigkeit Rm oder σB

Druck Quetschgrenze σdF Druckfestigkeit σdB

Biegung Biegeflieszliggrenze σbF Biegebruchfestigkeit σbB

Torsion Torsions-flieszliggrenze

τtF Torsionsbruch-festigkeit

τtB

Abscheren Scherflieszliggrenze τsF Scherfestigkeit τsB

vorzugsweise zu bestimmende Groumlszligen

Tab 22 Versagenskennwerte (Werkstofffestigkeiten) bei ruhender Belastung

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

Page 12: Dietrich Schlottmann Henrik Schnegas Auslegung von … · 2016. 7. 1. · VDI-Buch, DOI 10.1007/978-3-662-48807-2_1 Auslegung von Maschinen- und 1 Konstruktionselementen eine wesentliche

2

lieferte jedoch offensichtlich ein relativ sicheres Gefuumlhl fuumlr die Belastbarkeit der beeindru-ckenden Bauwerke des Altertums

Erste wissenschaftliche Ansaumltze einer bdquoAuslegungsrechnungldquo gehen auf Galilei (1564ndash 1642) zuruumlck der den Methoden und Modellen der heutigen Festigkeitslehre bereits sehr nahe kam (vgl z B [ 107 108 ]) So verwendete er den Begriff der Spannung und berechnete diese fuumlr den Einspannungsquerschnitt eines Kragarmes Auch wenn die angenommene Spannungsverteilung und damit das Ergebnis falsch war erkannte er die Bedeutung der Spannung als Vergleichsgroumlszlige fuumlr das Eintreten des Bruches Mit Recht wird deshalb der Name Galilei mit der einfachsten Bruchtheorie naumlmlich der Hauptnor-malspannungshypothese in Verbindung gebracht (vgl Kap 3 )

Natuumlrlich war es bis zur Gestaltaumlnderungsenergiehypothese (1913) nach v Mises [ 103 ] noch ein weiter Weg Die v Misesrsquosche Hypothese duumlrfte fuumlr das Fliessen und den Bruch infolge statischer Beanspruchung insbesondere fuumlr metallische Werkstoffe der Realitaumlt am naumlchsten kommen

Neue Raumltsel gaben die sich immer schneller drehenden Maschinen ihren Schoumlpfern insbesondere bzgl ihrer Haltbarkeit auf Berechnungen mit Kraumlften analog den statischen Lasten erwiesen sich als voumlllig unzutreffend Es ist das bleibende Verdienst von Woumlhler das Ermuumldungsverhalten von Werkstoffen und Bauteilen mit dem nach ihm bezeichneten bdquoWoumlhlerdiagrammldquo anschaulich und zweckmaumlszligig beschrieben zu haben [ 110 ]

Ein Grundanliegen des vorliegenden Buches besteht darin der von Woumlhler fuumlr die Ermuumldung entwickelten Methodik auch fuumlr andere Versagensarten wie Verschleiszlig und Korrosion zu folgen

Die erstmals von Woumlhler entdeckte bdquoDauerfestigkeitldquo metallischer Werkstoffe d h ihre Unempfi ndlichkeit gegenuumlber schwingender Beanspruchung unterhalb eines bestimmten Beanspruchungsniveaus fuumlhrte zu relativ einfachen Berechnungsmethoden auch fuumlr den Ermuumldungsbereich Wie bei statischer Belastung werden bdquoSicherheitszahlenldquo als Quotient aus zum Versagen fuumlhrender und vorhandener Beanspruchung berechnet Obwohl diese einfache ingenieurmaumlszligige Methode in Kap 3 teilweise einer kritischen Betrachtung unter-zogen wird duumlrfte sie auch in Zukunft ihre Bedeutung behalten

Andererseits ist es gerade die Schaumldigung durch bdquoErmuumldungldquo die sich in den letzten Jahrzehnten durch eine hohe Forschungsdichte auszeichnet und als bdquoBetriebsfestig-keitslehreldquo zu einer selbststaumlndigen Teildisziplin der Festigkeitslehre geworden ist

Leider hat sich die Betriebsfestigkeitslehre bisher nicht von der Empirie loumlsen koumlnnen und es muss vielleicht gerade deshalb beklagt werden dass sie nicht in gebuumlhrendem Maszlige bei der Auslegung von Bauteilen des Maschinenbaus zur Anwendung gekommen ist Die Berechnungsstandards gehen bisher weitgehend davon aus dass eine Maschine auf bdquoDauerfestigkeitldquo ausgelegt wird ndash und das ist gleichbedeutend mit einer zumindest theoretisch unendlichen Lebensdauer

Die Erfahrung lehrt aber dass Maschinen nach endlichen Zeiten ausfallen ndash und dass nicht nur durch Gewalt- oder Ermuumldungsbruch sondern auch durch Verschleiszlig Korrosion und andere Versagensarten So gesehen stellt die von Palmgren [ 105 ] bereits 1924

2 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche

3

vorgeschlagene Methode der Lebensdauerberechnung von Waumllzlagern eine der Zeit vor-ausgehende Pionierleistung dar deren Entwicklung sich aufdraumlngte da Waumllzlager keinen Dauerfestigkeitsbereich aufweisen

Neben der Woumlhlerlinie wird die von Palmgren eingefuumlhrte und von Miner [ 102 ] verallgemeinerte Methode der Lebensdauerberechnung in der vorliegenden Publi-kation als eine ingenieurmaumlszligig zweckmaumlszligige Vorgehensweise angesehen die auch bei Schaumldigungsmechanismen wie Ermuumldung Verschleiszlig und Korrosion anzuwen-den ist

Auch wenn diese Schaumldigungen ursaumlchlich kaum Gemeinsamkeiten aufweisen soll der Versuch unternommen werden eine phaumlnomenologisch begruumlndete gleichartige Berech-nungsmethode zu entwickeln um eine ingenieurmaumlszligig einheitliche Berechnung von Schaumldigungen im Sinne der Auslegungsrechnung zu erreichen

Es sei hervorgehoben dass die vorgeschlagene Vorgehensweise nur aus der Sicht des Konstrukteurs ihre Begruumlndung fi ndet Sie erhebt keinen Anspruch auf den Teilgebieten wie der Ermuumldung des Verschleiszliges oder der Korrosion einen auf die Grundlagen gerich-teten Beitrag leisten zu wollen Trotzdem duumlrfte die integrative Betrachtungsweise auch fuumlr den Spezialisten der Teildisziplin Anregung bieten

Ein weiterer Aspekt des Buches besteht darin die aktuelle Zuverlaumlssigkeit bzw Ausfallwahrscheinlichkeit zu ermitteln um fuumlr eine vorgegebene Lebensdauer die Systemzuverlaumlssigkeit bzw Informationen zur Instandhaltung zu gewinnen Damit wird der Nachteil der Betriebsfestigkeitslehre eine Lebensdauer nur fuumlr eine nominelle Zuverlaumlssigkeit angeben zu koumlnnen uumlberwunden Es wird damit eine bdquogestufteldquo Auslegung mit den Teilschritten

bull Sicherheit gegen Ermuumldung (klassische Sicherheit in Beanspruchungen) bull Lebensdauer fuumlr Schaumldigung durch Ermuumldung und andere Versagensarten (auch

Sicherheit auf der Basis des Lebensdauerquotienten) und bull aktuelle Zuverlaumlssigkeit bzw Schadenswahrscheinlichkeit

moumlglich wobei die drei Stufen baukastenartig mit relativ elementaren Zusatz-informationen zu berechnen sind Die Ermittlung einer vorhandenen Systemzuver-laumlssigkeit ist gleichzeitig eine Moumlglichkeit im Rahmen aktuell geforderter Risikoanalysen eine Risikobewertung durchfuumlhren zu koumlnnen

12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen und Maschinen in den Konstruktionsprozess

Das Beduumlrfnis nach neuen Erzeugnissen wird durch die Entwicklung der Wirtschaft und das Entstehen von Marktluumlcken ausgeloumlst Fuumlr den Entwicklungsingenieur und Kon-strukteur beginnt der Konstruktionsprozess i d R mit einer entsprechend formulierten Aufgabe und endet mit der Produktdokumentation des angestrebten Erzeugnisses

12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen und Maschinen

4

Eine wissenschaftliche Analyse dieses Prozesses geht auf Hansen [ 101 ] sowie Muumlller [ 104 ] zuruumlck Aumlhnliche Darstellungen sind in [ 109 ] und [ 106 ] zu fi nden

Ohne die Struktur des Konstruktionsprozesses beschreiben zu wollen werden sieben Arbeitsphasen durchlaufen (vgl Abb 11 ) wie am Beispiel einer Getriebekonstruktion erlaumlutert wird

In Abb 11 wird deutlich dass im Arbeitsschritt 5 uumlber die wesentlichen Abmessungen des technischen Gebildes entschieden wird d h das Bauteil erfaumlhrt seine vorlaumlufi ge bdquoAuslegungldquo Bei genauer Betrachtung unterteilt sich dieser Prozess wiederum in 3 Teilschritte naumlmlich in

bull Entwurfsrechnung bull Gestaltung und bull Nachweisrechnung

wie am Beispiel Welle in Abb 11 zu erkennen ist [ 106 ]

Aufgabe

Klaumlren und praumlzisierender Aufgabenstellung

Suchen nachLoumlsungsprinzipien und

deren Strukturen

Gliedern inrealisierbare Module

Gestalten dermaszliggebenden Module

Gestalten desgesamten Produktes

Ausarbeiten derAusfuumlhrungs- undNutzungsangaben

weitere Realisierung

Ermitteln von Funktionenund deren Strukturen

Anforderungsliste

Funktionsstruktur

Prinzipielle Loumlsung

Modulare Struktur

Vorentwuumlrfe

Gesamtentwurf

Dokumentation

1

2

3

4

5

6

7

Getriebe

Stuumlckliste1 Stk

2 Stk1 Stk

2 Stk

1 Stk

2 Stk

2 Stk

2 Stk

Dokumentation

Zeichnung

GehaumluseWellenZahnraumlder Lager

WandelnLeiten Leiten

M1 M2

WF Anforderungen

F

F

W

ω1=

ω1ω2

1M =

+ +

Abb 11 Generelle Arbeitsschritte und Arbeitsergebnisse des Konstruktionsprozesses nach VDI 2221 [ 109 ] am Beispiel einer Getriebekonstruktion

2 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche

5

In der Entwurfsrechnung wird i d R auf weniger als 10 der fuumlr den spaumlteren Produktionsprozess erforderlichen geometrischen und stoffl ichen Informationen Einfl uss genommen

Nach der Gestaltung entscheidet erst der Funktionsnachweis uumlber das positive bzw negative Ergebnis dieses iterativen Auslegungsprozesses (Abb 12 )

Der klassische Funktionsnachweis besteht u a in der Bestimmung einer bdquo Sicherheits-zahlldquo die durch den Quotienten aus zum Versagen fuumlhrender und vorhandener Belastung oder Beanspruchung berechnet wird Sie laumlsst jedoch keine Aussage uumlber Aus-fallwahrscheinlichkeit und Lebensdauer des technischen Gebildes zu

Der Sicherheitsnachweis bleibt auszligerdem auf die festigkeitsmaumlszligig begruumlndeten Ver-sagensarten wie Gewaltbruch Streckgrenzenuumlberschreitung und Dauerschwingbruch beschraumlnkt

Ansaumltze zur Berechnung von Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit sind durch die Waumllz-lagerberechnung und die Betriebsfestigkeitslehre bekannt

Wie bereits in Abschn 11 dargestellt soll eine allgemeine ingenieurmaumlszligige Aus-legungsmethodik auf der Basis der Berechnung von Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit ent-wickelt werden die auch Schaumldigungen wie Verschleiszlig und andere fl aumlchenabtragende Schaumldigungsprozesse beruumlcksichtigt und dem Konstrukteur mit der Ausfallwahrschein-lichkeit eine echte Entscheidungsmoumlglichkeit bietet

Die klassische Auslegungsmethode durch den Sicherheitsnachweis wird jedoch auch ihre Anwendungsberechtigung behalten zumal eine Fuumllle von Standards und Vorschriften darauf basieren und letztendlich im vorliegenden Buc der Zusammenhang von Sicherheit und Ausfallwahrscheinlichkeit hergestellt werden konnte

Vorentwuumlrfe

Modulare Struktur

5Gestalten dermaszliggebenden

Module

Beispiel Welle

Entwurfsrechnung

Gestaltung

Nachweisrechnung I II III fuumlr die Schnitte III

d erf

positiver Nachweis

vollstaumlndige Strukturbeschreibung

Abb 12 Klassischer Iterationszyklus fuumlr Entwurfsrechnung Gestaltung und Nachweisrechnung bei der Auslegung von Konstruktionselementen

12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen und Maschinen

6

Quellen und weiterfuumlhrende Literatur

[101] Hansen Friedrich Konstruktionssystematik ndash Grundlagen fuumlr eine allgemeine Konstruk-tionslehre Verlag Technik Berlin 1968

[102] Miner N Anton Cumulative Damage in Fatigue In Journal of Appl Mech Trans ASME 12 159-164 1945

[103] v Mises Richard Mechanik der plastischen Formaumlnderung ZAMM 161 1928 [104] Muumlller Johannes Grundlagen der Systematischen Heuristik Dietz Verlag Berlin 1970 [105] Palmgren Arvid Die Lebensdauer von Kugellagern In VDI-Zeitschrift 58 339-341

1924 [106] Schlottmann Dietrich u a Konstruktionslehre ndash Grundlagen Technik Berlin 1970 [107] Szabo Istvaacuten Einfuumlhrung in die Technische Mechanik Springer Berlin Goumlttingen

Heidelberg 1961 [108] Szabo Istvaacuten Houmlhere Technische Mechanik Springer Berlin Goumlttingen Heidelberg 1960 [109] Verein Deutscher Ingenieure VDI 2221 - Methodik zum Entwickeln und Konstruieren

technischer Systeme und Produkte VDI Duumlsseldorf 1993 [110] Woumlhler August Uumlber die Festigkeitsversuche mit Eisen und Stahl In Zeitschrift fuumlr

Bauwesen XX 81ndash89 1870

2 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche

7copy Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016D Schlottmann H Schnegas Auslegung von Konstruktionselementen VDI-Buch DOI 101007978-3-662-48807-2_2

2Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

21 Auslegung dargestellt am klassischen Sicherheitsbegriff

Schon in dem 1862 erschienenen wohl ersten deutschsprachigem Lehrbuch der Konstruktionslehre von MollReuleaux [212] wird der Sicherheitsbegriff mit einer Zahl S gt1 in Verbindung gebracht die das unzulaumlssige Uumlberschreiten von Belastungen begrenshyzen soll Dem Text ist bereits sinngemaumlszlig zu entnehmen dass die beim bdquoGebrauch des Bauteils vorhandenen Belastungen immer kleiner sein muumlssen als die maximal moumlglishychen bzw zum Versagen fuumlhrendenldquo Es wird bereits das Versagen durch Flieszligen und Bruch unterschieden Allgemein koumlnnen wir schreiben

B Bvorhanden versagenlt (21)

Dabei sollen unter Belastungen B sowohl Kraumlfte als auch Momente verstanden werden (vgl Abb 21) Entsprechend der bereits in [213] getroffenen Definition der Sicherheit als Faktor S gt 1 kann fuumlr Gl (21) auch geschrieben werden

B S Bvorh vers sdot = (22)

und damit

S

B

Bvers

vorh

=

(23)

Fuumlr eine verallgemeinerte Sicherheitsberechnung (vgl ebenfalls [212]) erweist es sich als zweckmaumlszligig nicht Belastungen sondern zum Versagen fuumlhrende Spannungen σ im Weiteren auch Beanspruchungen genannt uumlber eine analoge Sicherheitszahl zu vergleichen

8

So gilt auch

S vers

vorh

=σσ

(24)

Der Vorteil einer Sicherheitsberechnung uumlber Spannungen wird bereits erkennbar wenn mehrere am Bauteil angreifende Belastungen an der gleichen Schnittflaumlche Spannungen hervorrufen Im Sinne der linearen Elastizitaumltstheorie gilt dann das Superpositionsprinzip

σ σ= sum i (25)

mit i = 123hellip welches wegen der oft unterschiedlichen schaumldigenden Wirkung spaumlter allerdings in

Frage zu stellen istIn der Praxis tritt dieser einfache Sonderfall jedoch nur selten auf Beispiele waumlren

bdquoscheibenartigeldquo Bauteile mit bdquolastfreienldquo Oberflaumlchen oder bdquoeinachsigldquo beanspruchte Staumlbe Haumlufig anzutreffen ist dagegen die Kombination einer Normalspannung σ mit einer Schubspannung τ wie spaumlter noch gezeigt wird

Fuumlr das allgemeine raumlumliche Bauteil muss an einem Element mit

3 Normalspannungen und6 Schubspannungen

gerechnet werden (vgl Abb 22) wobei die Schubspannungen sich wegen der bdquoGegenseitigkeitldquo auf drei reduzieren

Die Spannungen lassen sich anschaulich in Spannungstensoren darstellen wobei fuumlr homogene und isotrope Werkstoffe jeder Spannungstensor in einen Hauptspannungstensor uumlberfuumlhrt werden kann fuumlr den die Schubspannungen zu Null werden (vgl dazu elastizishytaumltstheoretische Fachbuumlcher wie z B [222 223])

σ

σ τ τ

τ σ τ

τ τ σ

σσ

σ

T

x xy xz

yx y yz

zx zy z

=

rarr

1

2

3

0 0

0 0

0 0

(26)

Abb 21 Scheibenfoumlrmiges Bauteil mit Belastungen Bi (FhellipKraumlfte M hellip Momente)

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

9

Auf die Berechnung dieser Spannungstensoren im Sinne vorhandener Spannungen soll in Abschnitt 22 uumlbersichtsmaumlszligig eingegangen werden

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

Die Berechnung der vorhandenen Spannungen ist die Aufgabe der Elastizitaumltstheorie daher soll hier nur ein systematischer Uumlberblick gegeben werden

Das einfachste Modell eines realen Bauteils wird durch den Stab realisiert Ausshygehend von aumluszligeren Belastungen werden zunaumlchst die Auflagerreaktionen des Systems bestimmt um dann die sogenannten Schnittgroumlszligen zu berechnen Diese Elementarkenntnisse werden vorausgesetzt In einer Schnittstelle x oder s (x i d R fuumlr den geraden s fuumlr den gekruumlmmten Stab) wirken die Schnittgroumlszligen Normalkraft Fn(s) Biegemoment Mb(s) Torsionsmoment Mt(s) und Querkraft Fq(s) (vgl Abb 23) aus denen sich die Spannungen σzd σb τt und τq nach den in Tab 21 angegebenen Formeln berechnen lassen

Auch hier gilt die Bemerkung dass im elastizitaumltstheoretischem Sinne σzd und σb sowie τt und τq bei Uumlbereinstimmung von Schnittflaumlchen und Richtung addiert werden duumlrfen was im Folgenden wegen der unterschiedlichen schaumldigenden Wirkung nur mit einer entshysprechenden Gewichtung zugelassen werden soll

Neben dem Stabmodell sind auch die Vollwelle unter Auszligendruck die Bohrung in der unendlichen Scheibe unter achsensymmetrischer radialer Pressung und der duumlnnwandige Kessel als bdquoelementareldquo Spannungszustaumlnde anzusehen (vgl Tafel II1 im Anhang) Querschnittsaumlnderungen insbesondere des Stabes und andere Formabweichungen der eleshymentaren Berechnungsmodelle werden in Abschn 25 noch ausfuumlhrlicher behandelt

Berechnungsmodelle der bdquohoumlheren technischen Mechanikldquo sind

bull Scheiben (ebener Spannungsshy bzw ebener Zustand)bull Plattenbull Schalenbull Torsion prismatischer Koumlrper undbull Kontaktaufgaben

σx

σz

σy

τyxτyz

τzx

τzy

a b

τxy

τxzσ3

σ1

σ2

Abb 22 (a) Normalshy Schubspannungen (b) Hauptspannungen am Bauteilelement

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

10

Mt(s)Mb(s)Fq(s)

yz xs

Fn(s)

a b c d

σn(s) σb(s) τt(s) τq(s)

Abb 23 Spannungen in stabfoumlrmigen Bauelementen (a) Spannung infolge Laumlngskraft Fn(s) (b) Spannung infolge Biegemoment Mb(s) (c) Spannung infolge Torsionsmoment Mt(s) (d) Spannung infolge Querkraft Fq(s)

Tab 21 Elementare Spannungszustaumlnde in stabfoumlrmigen Bauelementen

Schnittgroumlszlige Sinnbild Berechnung Spannungstensor

Normalkraft Fn(s)

Fn(s)σn

σ nnF s

A=

( ) σ1 0 0

0 0 0

0 0 0

σ σ1 = n

Biegemoment Mb(s)

Mb(s)σb

σ bb

z

M s

W=

( )

σ bb

z

M s

Iy=

( )sdot

σ1 0 0

0 0 0

0 0 0

σ σ1 = b

Torsionsmoment Mt(s)

Mt(s)τt τ t

t

t

M s

W=

( )

τ tt

p

M s

Ir=

( )sdot

σσ

1

2

0 0

0 0

0 0 0

σ τ σ1 2= = minusQuerkraft Fq(s)

Fq(s)

τq maxτ q

qF

Amax = χ σσ

1

2

0 0

0 0

0 0 0

σ τ σ1 2= = minus

A hellip QuerschnittsflaumlcheIz It hellip TraumlgheitsmomentWt hellip Widerstandsmomentχ hellip Flaumlchenbeiwert

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

11

Sie sind uumlbersichtsmaumlszligig ebenfalls im Anhang Tafel II1 zusammengestellt Abgeshysehen von Sonderfaumlllen werden diese Spannungszustaumlnde heute mit bdquoFiniteshyElementeshyMethodenldquo berechnet Diese Berechnungen liefern idR den vollstaumlndig besetzten Spannungstensor der sich aber an lastfreien Oberflaumlchen auf zweiachsige Spannungszustaumlnde reduziert

Wegen des gehaumluften Auftretens dieses bdquoebenenldquo Spannungszustandes sei noch ohne Ableitung auf die Formel zur Berechnung der Hauptspannungen

σσ σ σ minus σ

τ1 2

2

2

2 2 =+

plusmn

+x y x y

xy

(27)

und deren anschauliche Darstellung im Mohrschen Kreis (vgl Abb 24) sowie auf die Sonderfaumllle bdquoeinachsiger Spannungszustandldquo und bdquoreiner Schubspannungszustandldquo verwiesen

Wesentlich fuumlr die Werkstoffshy bzw Bauteilschaumldigung ist die Betrachtung und Kenntnis der Zeitfunktionen vorhandener Spannungen Waumlhrend die bdquoStatikldquo vorshyzugsweise von bdquostatischenldquo oder bdquoruhenden Belastungenldquo ausgeht sind Maschishynenbauteile meistens bdquoperiodisch schwingendldquo belastet und beansprucht Hingewiesen sei dabei auf den haumlufig auftretenden Sonderfall der sog bdquoUmlaufbiegungldquo bei dem ein konstantes Biegemoment der Welle eine bdquowechselndeldquo Beanspruchung hervorruft Besondere Betrachtung erfordern bdquostochastischeldquo Belastungen die natuumlrlich auch bdquostochastischeldquo Beanspruchungen mit sich bringen (vgl Abb 25) Diesen Belasshytungsshy und BeanspruchungsshybdquoKollektivenldquo wird in spaumlteren Abschnitten gebuumlhrender Raum zugemessen

σx +σy2

τ

σ2

σy

σx minusσy2

τxy

σ1σx σ

τ

σ2= 0

a

b c

σ1=σxσ σ

σ1=τ σ2=-σ1

τ

Abb 24 Ebener Spannungszustand im Mohrrsquoschen Kreis (a) allgemeiner ebener Spannungsshyzustand (b) einachsiger Spannungszustand (c) Schubspannungszustand

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

12

23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch

Der Konstruktionsprozess bringt eine unendliche Vielfalt technischer Gebilde mit untershyschiedlichster geometrischer Form und verschiedenartiger Werkstoffe hervor die auszligershydem unterschiedlichen Beanspruchungsarten und Belastungsfaumlllen unterliegen

Fuumlr den Sicherheitsnachweis bzgl der zum Versagen fuumlhrenden Belastungen hat es sich als oumlkonomisch und zweckmaumlszligig erwiesen die Belastungsgrenzen der Bauteile durch Vergleich mit dem Versagensverhalten einer uumlberschaubaren Menge idealisierter Pruumlfshykoumlrper die speziellen und in Pruumlfmaschinen realisierbaren Belastungen unterworfen wershyden zu ermitteln Solche Pruumlfkoumlrper sind z B die in Abb 26 dargestellten standardisierten Rundshy und Flachproben

Am einfachsten zu realisieren ist durch die Werkstoffpruumlfung der Zugversuch mit ruhender Belastung Die Belastung wird dabei zuumlgig d h mit konstanter elastischer und schlieszliglich plastischer Dehnungszunahme bis zum Eintreten des Bruches aufgebracht Nach der Form des Bruches sind drei charakteristische Arten von Werkstoffen (vgl Abb 27) zu unterscheiden

bull Werkstoffe die bei ruhender Beanspruchung zum sproumlden Trennbruch neigen (z B Glas Grauguss gehaumlrteter Stahl)

bull Versagen durch Gleitbruch (z B Aluminium Kupfer und Kupferlegierungen)bull Werkstoffe mit ausgepraumlgter Flieszligzone die erst nach Einschnuumlrung einen Trennbruch

zeigen (vorzugsweise Stahl)

Werden bei diesem Pruumlfvorgang die Spannungen uumlber der Dehnung aufgetragen so ergibt sich das aus der Werkstoffpruumlfung bekannte SpannungsshyDehnungsshyDiagramm das abhaumlngig von der Bruchart charakteristische Formen aufweist (vgl Abb 28)

Fuumlr die Auslegung von Bauteilen unter ruhender Belastung sind also nicht nur die vershyschiedenen Brucharten interessant Es muss insbesondere fuumlr Staumlhle mit ausgepraumlgtem Flieszligverhalten bereits von Versagen gesprochen werden wenn das Bauteil durch unzulaumlsshysige plastische Deformationen seine Funktionsfaumlhigkeit verliert

Ausgehend von den fuumlr Staumlben moumlglichen Beanspruchungsarten (s Abschn 22) ergeshyben sich bereits infolge ruhender Beanspruchung theoretisch zehn Werkstoffkennwerte die aus praktischen Gruumlnden auf vier eingeschraumlnkt werden (vgl Tab 22)

Bel

astu

ng b

zw

Bea

nspr

uchu

ng

e

c

b

Zeit

a dAbb 25 Belastungsshy und Beanspruchungsarten (a) ruhend (b) schwellend (c) wechselnd (d) allgemein (e) stochastisch

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

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Nun sind die meisten Bauteile nicht ruhend sondern periodisch schwingend oder sogar stochastisch belastet bzw beansprucht (vgl Abb 25)

Es ist das Verdienst von August Woumlhler [227] im Jahre 1870 die Dauerschwingfestigkeit der metallischen Werkstoffe entdeckt und in einem noch heute uumlblichen nach ihm benannshyten Diagramm dargestellt zu haben (Abb 29)

Bei schwingender Beanspruchung nimmt die zum Schwingbruch fuumlhrende Lastshywechselzahl N fuumlr abnehmende Spannungshorizonte zu Bis 103hellip104 Lastwechsel spreshychen wir von Kurzzeitfestigkeit (LowshyCycleshyFatigue LCF) Bei Erreichen eines

a b

Abb 26 Pruumlfkoumlrper der Werkstoffpruumlfung (a) Rundprobe (b) Flachprobe

a cb

Abb 27 Brucharten beim Zugversuch (a) Trennbruch bei sproumldem Werkstoff (b) Gleitbruch (c) Trennbruch nach Einschnuumlrung und Verfestigung

23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch

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Spannungshorizontes σD wird schlieszliglich eine gegen unendlich gehende Lastwechselzahl ertragen wir sprechen von Dauerfestigkeit (VeryshyHighshyCycleshyFatigue VHCF) Der Uumlbergang zur bdquoDauerschwingfestigkeitldquo wird bei NG = 106 hellip 107 Lastwechseln beobachshytet d h die meisten Maschinen wie Motoren und durch sie angetriebene Arbeitsmaschinen uumlberschreiten diese Grenzlastwechselzahl nach wenigen Tagen sie sind also nach bdquoDauerfestigkeitldquo auszulegen Dieses Dauerfestigkeitsverhalten der metallischen Werkstoffe welches durch abnehmende Ausschlagfestigkeiten bei zunehmender Mitshytelspannung gekennzeichnet ist laumlsst sich in sogenannten Dauerfestigkeitsschaubildern darstellen (vgl Abb 210)

Durch die Unterdruumlckung des Zeitparameters wird auch fuumlr diese Faumllle eine bdquoSicherheitsberechnungldquo moumlglich

Abb 28 Spannungsshy Dehnungsshy Diagramm fuumlr sproumlde und elastischshyplastische Werkstoffe (a) ausgepraumlgte Streckgrenze (b) nicht ausgepraumlgte Streckgrenze (c) sproumlde Werkstoffe

Beanspru-chungsart

Art des Versagens

Flieszligen Bruch

Zug Streckgrenzeoder

02 Dehngrenze

Re (oder σF bzw σS)Rp02 (oder σ02)

Zug- oderBruchfestigkeit Rm oder σB

Druck Quetschgrenze σdF Druckfestigkeit σdB

Biegung Biegeflieszliggrenze σbF Biegebruchfestigkeit σbB

Torsion Torsions-flieszliggrenze

τtF Torsionsbruch-festigkeit

τtB

Abscheren Scherflieszliggrenze τsF Scherfestigkeit τsB

vorzugsweise zu bestimmende Groumlszligen

Tab 22 Versagenskennwerte (Werkstofffestigkeiten) bei ruhender Belastung

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

Page 13: Dietrich Schlottmann Henrik Schnegas Auslegung von … · 2016. 7. 1. · VDI-Buch, DOI 10.1007/978-3-662-48807-2_1 Auslegung von Maschinen- und 1 Konstruktionselementen eine wesentliche

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vorgeschlagene Methode der Lebensdauerberechnung von Waumllzlagern eine der Zeit vor-ausgehende Pionierleistung dar deren Entwicklung sich aufdraumlngte da Waumllzlager keinen Dauerfestigkeitsbereich aufweisen

Neben der Woumlhlerlinie wird die von Palmgren eingefuumlhrte und von Miner [ 102 ] verallgemeinerte Methode der Lebensdauerberechnung in der vorliegenden Publi-kation als eine ingenieurmaumlszligig zweckmaumlszligige Vorgehensweise angesehen die auch bei Schaumldigungsmechanismen wie Ermuumldung Verschleiszlig und Korrosion anzuwen-den ist

Auch wenn diese Schaumldigungen ursaumlchlich kaum Gemeinsamkeiten aufweisen soll der Versuch unternommen werden eine phaumlnomenologisch begruumlndete gleichartige Berech-nungsmethode zu entwickeln um eine ingenieurmaumlszligig einheitliche Berechnung von Schaumldigungen im Sinne der Auslegungsrechnung zu erreichen

Es sei hervorgehoben dass die vorgeschlagene Vorgehensweise nur aus der Sicht des Konstrukteurs ihre Begruumlndung fi ndet Sie erhebt keinen Anspruch auf den Teilgebieten wie der Ermuumldung des Verschleiszliges oder der Korrosion einen auf die Grundlagen gerich-teten Beitrag leisten zu wollen Trotzdem duumlrfte die integrative Betrachtungsweise auch fuumlr den Spezialisten der Teildisziplin Anregung bieten

Ein weiterer Aspekt des Buches besteht darin die aktuelle Zuverlaumlssigkeit bzw Ausfallwahrscheinlichkeit zu ermitteln um fuumlr eine vorgegebene Lebensdauer die Systemzuverlaumlssigkeit bzw Informationen zur Instandhaltung zu gewinnen Damit wird der Nachteil der Betriebsfestigkeitslehre eine Lebensdauer nur fuumlr eine nominelle Zuverlaumlssigkeit angeben zu koumlnnen uumlberwunden Es wird damit eine bdquogestufteldquo Auslegung mit den Teilschritten

bull Sicherheit gegen Ermuumldung (klassische Sicherheit in Beanspruchungen) bull Lebensdauer fuumlr Schaumldigung durch Ermuumldung und andere Versagensarten (auch

Sicherheit auf der Basis des Lebensdauerquotienten) und bull aktuelle Zuverlaumlssigkeit bzw Schadenswahrscheinlichkeit

moumlglich wobei die drei Stufen baukastenartig mit relativ elementaren Zusatz-informationen zu berechnen sind Die Ermittlung einer vorhandenen Systemzuver-laumlssigkeit ist gleichzeitig eine Moumlglichkeit im Rahmen aktuell geforderter Risikoanalysen eine Risikobewertung durchfuumlhren zu koumlnnen

12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen und Maschinen in den Konstruktionsprozess

Das Beduumlrfnis nach neuen Erzeugnissen wird durch die Entwicklung der Wirtschaft und das Entstehen von Marktluumlcken ausgeloumlst Fuumlr den Entwicklungsingenieur und Kon-strukteur beginnt der Konstruktionsprozess i d R mit einer entsprechend formulierten Aufgabe und endet mit der Produktdokumentation des angestrebten Erzeugnisses

12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen und Maschinen

4

Eine wissenschaftliche Analyse dieses Prozesses geht auf Hansen [ 101 ] sowie Muumlller [ 104 ] zuruumlck Aumlhnliche Darstellungen sind in [ 109 ] und [ 106 ] zu fi nden

Ohne die Struktur des Konstruktionsprozesses beschreiben zu wollen werden sieben Arbeitsphasen durchlaufen (vgl Abb 11 ) wie am Beispiel einer Getriebekonstruktion erlaumlutert wird

In Abb 11 wird deutlich dass im Arbeitsschritt 5 uumlber die wesentlichen Abmessungen des technischen Gebildes entschieden wird d h das Bauteil erfaumlhrt seine vorlaumlufi ge bdquoAuslegungldquo Bei genauer Betrachtung unterteilt sich dieser Prozess wiederum in 3 Teilschritte naumlmlich in

bull Entwurfsrechnung bull Gestaltung und bull Nachweisrechnung

wie am Beispiel Welle in Abb 11 zu erkennen ist [ 106 ]

Aufgabe

Klaumlren und praumlzisierender Aufgabenstellung

Suchen nachLoumlsungsprinzipien und

deren Strukturen

Gliedern inrealisierbare Module

Gestalten dermaszliggebenden Module

Gestalten desgesamten Produktes

Ausarbeiten derAusfuumlhrungs- undNutzungsangaben

weitere Realisierung

Ermitteln von Funktionenund deren Strukturen

Anforderungsliste

Funktionsstruktur

Prinzipielle Loumlsung

Modulare Struktur

Vorentwuumlrfe

Gesamtentwurf

Dokumentation

1

2

3

4

5

6

7

Getriebe

Stuumlckliste1 Stk

2 Stk1 Stk

2 Stk

1 Stk

2 Stk

2 Stk

2 Stk

Dokumentation

Zeichnung

GehaumluseWellenZahnraumlder Lager

WandelnLeiten Leiten

M1 M2

WF Anforderungen

F

F

W

ω1=

ω1ω2

1M =

+ +

Abb 11 Generelle Arbeitsschritte und Arbeitsergebnisse des Konstruktionsprozesses nach VDI 2221 [ 109 ] am Beispiel einer Getriebekonstruktion

2 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche

5

In der Entwurfsrechnung wird i d R auf weniger als 10 der fuumlr den spaumlteren Produktionsprozess erforderlichen geometrischen und stoffl ichen Informationen Einfl uss genommen

Nach der Gestaltung entscheidet erst der Funktionsnachweis uumlber das positive bzw negative Ergebnis dieses iterativen Auslegungsprozesses (Abb 12 )

Der klassische Funktionsnachweis besteht u a in der Bestimmung einer bdquo Sicherheits-zahlldquo die durch den Quotienten aus zum Versagen fuumlhrender und vorhandener Belastung oder Beanspruchung berechnet wird Sie laumlsst jedoch keine Aussage uumlber Aus-fallwahrscheinlichkeit und Lebensdauer des technischen Gebildes zu

Der Sicherheitsnachweis bleibt auszligerdem auf die festigkeitsmaumlszligig begruumlndeten Ver-sagensarten wie Gewaltbruch Streckgrenzenuumlberschreitung und Dauerschwingbruch beschraumlnkt

Ansaumltze zur Berechnung von Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit sind durch die Waumllz-lagerberechnung und die Betriebsfestigkeitslehre bekannt

Wie bereits in Abschn 11 dargestellt soll eine allgemeine ingenieurmaumlszligige Aus-legungsmethodik auf der Basis der Berechnung von Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit ent-wickelt werden die auch Schaumldigungen wie Verschleiszlig und andere fl aumlchenabtragende Schaumldigungsprozesse beruumlcksichtigt und dem Konstrukteur mit der Ausfallwahrschein-lichkeit eine echte Entscheidungsmoumlglichkeit bietet

Die klassische Auslegungsmethode durch den Sicherheitsnachweis wird jedoch auch ihre Anwendungsberechtigung behalten zumal eine Fuumllle von Standards und Vorschriften darauf basieren und letztendlich im vorliegenden Buc der Zusammenhang von Sicherheit und Ausfallwahrscheinlichkeit hergestellt werden konnte

Vorentwuumlrfe

Modulare Struktur

5Gestalten dermaszliggebenden

Module

Beispiel Welle

Entwurfsrechnung

Gestaltung

Nachweisrechnung I II III fuumlr die Schnitte III

d erf

positiver Nachweis

vollstaumlndige Strukturbeschreibung

Abb 12 Klassischer Iterationszyklus fuumlr Entwurfsrechnung Gestaltung und Nachweisrechnung bei der Auslegung von Konstruktionselementen

12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen und Maschinen

6

Quellen und weiterfuumlhrende Literatur

[101] Hansen Friedrich Konstruktionssystematik ndash Grundlagen fuumlr eine allgemeine Konstruk-tionslehre Verlag Technik Berlin 1968

[102] Miner N Anton Cumulative Damage in Fatigue In Journal of Appl Mech Trans ASME 12 159-164 1945

[103] v Mises Richard Mechanik der plastischen Formaumlnderung ZAMM 161 1928 [104] Muumlller Johannes Grundlagen der Systematischen Heuristik Dietz Verlag Berlin 1970 [105] Palmgren Arvid Die Lebensdauer von Kugellagern In VDI-Zeitschrift 58 339-341

1924 [106] Schlottmann Dietrich u a Konstruktionslehre ndash Grundlagen Technik Berlin 1970 [107] Szabo Istvaacuten Einfuumlhrung in die Technische Mechanik Springer Berlin Goumlttingen

Heidelberg 1961 [108] Szabo Istvaacuten Houmlhere Technische Mechanik Springer Berlin Goumlttingen Heidelberg 1960 [109] Verein Deutscher Ingenieure VDI 2221 - Methodik zum Entwickeln und Konstruieren

technischer Systeme und Produkte VDI Duumlsseldorf 1993 [110] Woumlhler August Uumlber die Festigkeitsversuche mit Eisen und Stahl In Zeitschrift fuumlr

Bauwesen XX 81ndash89 1870

2 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche

7copy Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016D Schlottmann H Schnegas Auslegung von Konstruktionselementen VDI-Buch DOI 101007978-3-662-48807-2_2

2Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

21 Auslegung dargestellt am klassischen Sicherheitsbegriff

Schon in dem 1862 erschienenen wohl ersten deutschsprachigem Lehrbuch der Konstruktionslehre von MollReuleaux [212] wird der Sicherheitsbegriff mit einer Zahl S gt1 in Verbindung gebracht die das unzulaumlssige Uumlberschreiten von Belastungen begrenshyzen soll Dem Text ist bereits sinngemaumlszlig zu entnehmen dass die beim bdquoGebrauch des Bauteils vorhandenen Belastungen immer kleiner sein muumlssen als die maximal moumlglishychen bzw zum Versagen fuumlhrendenldquo Es wird bereits das Versagen durch Flieszligen und Bruch unterschieden Allgemein koumlnnen wir schreiben

B Bvorhanden versagenlt (21)

Dabei sollen unter Belastungen B sowohl Kraumlfte als auch Momente verstanden werden (vgl Abb 21) Entsprechend der bereits in [213] getroffenen Definition der Sicherheit als Faktor S gt 1 kann fuumlr Gl (21) auch geschrieben werden

B S Bvorh vers sdot = (22)

und damit

S

B

Bvers

vorh

=

(23)

Fuumlr eine verallgemeinerte Sicherheitsberechnung (vgl ebenfalls [212]) erweist es sich als zweckmaumlszligig nicht Belastungen sondern zum Versagen fuumlhrende Spannungen σ im Weiteren auch Beanspruchungen genannt uumlber eine analoge Sicherheitszahl zu vergleichen

8

So gilt auch

S vers

vorh

=σσ

(24)

Der Vorteil einer Sicherheitsberechnung uumlber Spannungen wird bereits erkennbar wenn mehrere am Bauteil angreifende Belastungen an der gleichen Schnittflaumlche Spannungen hervorrufen Im Sinne der linearen Elastizitaumltstheorie gilt dann das Superpositionsprinzip

σ σ= sum i (25)

mit i = 123hellip welches wegen der oft unterschiedlichen schaumldigenden Wirkung spaumlter allerdings in

Frage zu stellen istIn der Praxis tritt dieser einfache Sonderfall jedoch nur selten auf Beispiele waumlren

bdquoscheibenartigeldquo Bauteile mit bdquolastfreienldquo Oberflaumlchen oder bdquoeinachsigldquo beanspruchte Staumlbe Haumlufig anzutreffen ist dagegen die Kombination einer Normalspannung σ mit einer Schubspannung τ wie spaumlter noch gezeigt wird

Fuumlr das allgemeine raumlumliche Bauteil muss an einem Element mit

3 Normalspannungen und6 Schubspannungen

gerechnet werden (vgl Abb 22) wobei die Schubspannungen sich wegen der bdquoGegenseitigkeitldquo auf drei reduzieren

Die Spannungen lassen sich anschaulich in Spannungstensoren darstellen wobei fuumlr homogene und isotrope Werkstoffe jeder Spannungstensor in einen Hauptspannungstensor uumlberfuumlhrt werden kann fuumlr den die Schubspannungen zu Null werden (vgl dazu elastizishytaumltstheoretische Fachbuumlcher wie z B [222 223])

σ

σ τ τ

τ σ τ

τ τ σ

σσ

σ

T

x xy xz

yx y yz

zx zy z

=

rarr

1

2

3

0 0

0 0

0 0

(26)

Abb 21 Scheibenfoumlrmiges Bauteil mit Belastungen Bi (FhellipKraumlfte M hellip Momente)

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

9

Auf die Berechnung dieser Spannungstensoren im Sinne vorhandener Spannungen soll in Abschnitt 22 uumlbersichtsmaumlszligig eingegangen werden

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

Die Berechnung der vorhandenen Spannungen ist die Aufgabe der Elastizitaumltstheorie daher soll hier nur ein systematischer Uumlberblick gegeben werden

Das einfachste Modell eines realen Bauteils wird durch den Stab realisiert Ausshygehend von aumluszligeren Belastungen werden zunaumlchst die Auflagerreaktionen des Systems bestimmt um dann die sogenannten Schnittgroumlszligen zu berechnen Diese Elementarkenntnisse werden vorausgesetzt In einer Schnittstelle x oder s (x i d R fuumlr den geraden s fuumlr den gekruumlmmten Stab) wirken die Schnittgroumlszligen Normalkraft Fn(s) Biegemoment Mb(s) Torsionsmoment Mt(s) und Querkraft Fq(s) (vgl Abb 23) aus denen sich die Spannungen σzd σb τt und τq nach den in Tab 21 angegebenen Formeln berechnen lassen

Auch hier gilt die Bemerkung dass im elastizitaumltstheoretischem Sinne σzd und σb sowie τt und τq bei Uumlbereinstimmung von Schnittflaumlchen und Richtung addiert werden duumlrfen was im Folgenden wegen der unterschiedlichen schaumldigenden Wirkung nur mit einer entshysprechenden Gewichtung zugelassen werden soll

Neben dem Stabmodell sind auch die Vollwelle unter Auszligendruck die Bohrung in der unendlichen Scheibe unter achsensymmetrischer radialer Pressung und der duumlnnwandige Kessel als bdquoelementareldquo Spannungszustaumlnde anzusehen (vgl Tafel II1 im Anhang) Querschnittsaumlnderungen insbesondere des Stabes und andere Formabweichungen der eleshymentaren Berechnungsmodelle werden in Abschn 25 noch ausfuumlhrlicher behandelt

Berechnungsmodelle der bdquohoumlheren technischen Mechanikldquo sind

bull Scheiben (ebener Spannungsshy bzw ebener Zustand)bull Plattenbull Schalenbull Torsion prismatischer Koumlrper undbull Kontaktaufgaben

σx

σz

σy

τyxτyz

τzx

τzy

a b

τxy

τxzσ3

σ1

σ2

Abb 22 (a) Normalshy Schubspannungen (b) Hauptspannungen am Bauteilelement

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

10

Mt(s)Mb(s)Fq(s)

yz xs

Fn(s)

a b c d

σn(s) σb(s) τt(s) τq(s)

Abb 23 Spannungen in stabfoumlrmigen Bauelementen (a) Spannung infolge Laumlngskraft Fn(s) (b) Spannung infolge Biegemoment Mb(s) (c) Spannung infolge Torsionsmoment Mt(s) (d) Spannung infolge Querkraft Fq(s)

Tab 21 Elementare Spannungszustaumlnde in stabfoumlrmigen Bauelementen

Schnittgroumlszlige Sinnbild Berechnung Spannungstensor

Normalkraft Fn(s)

Fn(s)σn

σ nnF s

A=

( ) σ1 0 0

0 0 0

0 0 0

σ σ1 = n

Biegemoment Mb(s)

Mb(s)σb

σ bb

z

M s

W=

( )

σ bb

z

M s

Iy=

( )sdot

σ1 0 0

0 0 0

0 0 0

σ σ1 = b

Torsionsmoment Mt(s)

Mt(s)τt τ t

t

t

M s

W=

( )

τ tt

p

M s

Ir=

( )sdot

σσ

1

2

0 0

0 0

0 0 0

σ τ σ1 2= = minusQuerkraft Fq(s)

Fq(s)

τq maxτ q

qF

Amax = χ σσ

1

2

0 0

0 0

0 0 0

σ τ σ1 2= = minus

A hellip QuerschnittsflaumlcheIz It hellip TraumlgheitsmomentWt hellip Widerstandsmomentχ hellip Flaumlchenbeiwert

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

11

Sie sind uumlbersichtsmaumlszligig ebenfalls im Anhang Tafel II1 zusammengestellt Abgeshysehen von Sonderfaumlllen werden diese Spannungszustaumlnde heute mit bdquoFiniteshyElementeshyMethodenldquo berechnet Diese Berechnungen liefern idR den vollstaumlndig besetzten Spannungstensor der sich aber an lastfreien Oberflaumlchen auf zweiachsige Spannungszustaumlnde reduziert

Wegen des gehaumluften Auftretens dieses bdquoebenenldquo Spannungszustandes sei noch ohne Ableitung auf die Formel zur Berechnung der Hauptspannungen

σσ σ σ minus σ

τ1 2

2

2

2 2 =+

plusmn

+x y x y

xy

(27)

und deren anschauliche Darstellung im Mohrschen Kreis (vgl Abb 24) sowie auf die Sonderfaumllle bdquoeinachsiger Spannungszustandldquo und bdquoreiner Schubspannungszustandldquo verwiesen

Wesentlich fuumlr die Werkstoffshy bzw Bauteilschaumldigung ist die Betrachtung und Kenntnis der Zeitfunktionen vorhandener Spannungen Waumlhrend die bdquoStatikldquo vorshyzugsweise von bdquostatischenldquo oder bdquoruhenden Belastungenldquo ausgeht sind Maschishynenbauteile meistens bdquoperiodisch schwingendldquo belastet und beansprucht Hingewiesen sei dabei auf den haumlufig auftretenden Sonderfall der sog bdquoUmlaufbiegungldquo bei dem ein konstantes Biegemoment der Welle eine bdquowechselndeldquo Beanspruchung hervorruft Besondere Betrachtung erfordern bdquostochastischeldquo Belastungen die natuumlrlich auch bdquostochastischeldquo Beanspruchungen mit sich bringen (vgl Abb 25) Diesen Belasshytungsshy und BeanspruchungsshybdquoKollektivenldquo wird in spaumlteren Abschnitten gebuumlhrender Raum zugemessen

σx +σy2

τ

σ2

σy

σx minusσy2

τxy

σ1σx σ

τ

σ2= 0

a

b c

σ1=σxσ σ

σ1=τ σ2=-σ1

τ

Abb 24 Ebener Spannungszustand im Mohrrsquoschen Kreis (a) allgemeiner ebener Spannungsshyzustand (b) einachsiger Spannungszustand (c) Schubspannungszustand

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

12

23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch

Der Konstruktionsprozess bringt eine unendliche Vielfalt technischer Gebilde mit untershyschiedlichster geometrischer Form und verschiedenartiger Werkstoffe hervor die auszligershydem unterschiedlichen Beanspruchungsarten und Belastungsfaumlllen unterliegen

Fuumlr den Sicherheitsnachweis bzgl der zum Versagen fuumlhrenden Belastungen hat es sich als oumlkonomisch und zweckmaumlszligig erwiesen die Belastungsgrenzen der Bauteile durch Vergleich mit dem Versagensverhalten einer uumlberschaubaren Menge idealisierter Pruumlfshykoumlrper die speziellen und in Pruumlfmaschinen realisierbaren Belastungen unterworfen wershyden zu ermitteln Solche Pruumlfkoumlrper sind z B die in Abb 26 dargestellten standardisierten Rundshy und Flachproben

Am einfachsten zu realisieren ist durch die Werkstoffpruumlfung der Zugversuch mit ruhender Belastung Die Belastung wird dabei zuumlgig d h mit konstanter elastischer und schlieszliglich plastischer Dehnungszunahme bis zum Eintreten des Bruches aufgebracht Nach der Form des Bruches sind drei charakteristische Arten von Werkstoffen (vgl Abb 27) zu unterscheiden

bull Werkstoffe die bei ruhender Beanspruchung zum sproumlden Trennbruch neigen (z B Glas Grauguss gehaumlrteter Stahl)

bull Versagen durch Gleitbruch (z B Aluminium Kupfer und Kupferlegierungen)bull Werkstoffe mit ausgepraumlgter Flieszligzone die erst nach Einschnuumlrung einen Trennbruch

zeigen (vorzugsweise Stahl)

Werden bei diesem Pruumlfvorgang die Spannungen uumlber der Dehnung aufgetragen so ergibt sich das aus der Werkstoffpruumlfung bekannte SpannungsshyDehnungsshyDiagramm das abhaumlngig von der Bruchart charakteristische Formen aufweist (vgl Abb 28)

Fuumlr die Auslegung von Bauteilen unter ruhender Belastung sind also nicht nur die vershyschiedenen Brucharten interessant Es muss insbesondere fuumlr Staumlhle mit ausgepraumlgtem Flieszligverhalten bereits von Versagen gesprochen werden wenn das Bauteil durch unzulaumlsshysige plastische Deformationen seine Funktionsfaumlhigkeit verliert

Ausgehend von den fuumlr Staumlben moumlglichen Beanspruchungsarten (s Abschn 22) ergeshyben sich bereits infolge ruhender Beanspruchung theoretisch zehn Werkstoffkennwerte die aus praktischen Gruumlnden auf vier eingeschraumlnkt werden (vgl Tab 22)

Bel

astu

ng b

zw

Bea

nspr

uchu

ng

e

c

b

Zeit

a dAbb 25 Belastungsshy und Beanspruchungsarten (a) ruhend (b) schwellend (c) wechselnd (d) allgemein (e) stochastisch

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

13

Nun sind die meisten Bauteile nicht ruhend sondern periodisch schwingend oder sogar stochastisch belastet bzw beansprucht (vgl Abb 25)

Es ist das Verdienst von August Woumlhler [227] im Jahre 1870 die Dauerschwingfestigkeit der metallischen Werkstoffe entdeckt und in einem noch heute uumlblichen nach ihm benannshyten Diagramm dargestellt zu haben (Abb 29)

Bei schwingender Beanspruchung nimmt die zum Schwingbruch fuumlhrende Lastshywechselzahl N fuumlr abnehmende Spannungshorizonte zu Bis 103hellip104 Lastwechsel spreshychen wir von Kurzzeitfestigkeit (LowshyCycleshyFatigue LCF) Bei Erreichen eines

a b

Abb 26 Pruumlfkoumlrper der Werkstoffpruumlfung (a) Rundprobe (b) Flachprobe

a cb

Abb 27 Brucharten beim Zugversuch (a) Trennbruch bei sproumldem Werkstoff (b) Gleitbruch (c) Trennbruch nach Einschnuumlrung und Verfestigung

23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch

14

Spannungshorizontes σD wird schlieszliglich eine gegen unendlich gehende Lastwechselzahl ertragen wir sprechen von Dauerfestigkeit (VeryshyHighshyCycleshyFatigue VHCF) Der Uumlbergang zur bdquoDauerschwingfestigkeitldquo wird bei NG = 106 hellip 107 Lastwechseln beobachshytet d h die meisten Maschinen wie Motoren und durch sie angetriebene Arbeitsmaschinen uumlberschreiten diese Grenzlastwechselzahl nach wenigen Tagen sie sind also nach bdquoDauerfestigkeitldquo auszulegen Dieses Dauerfestigkeitsverhalten der metallischen Werkstoffe welches durch abnehmende Ausschlagfestigkeiten bei zunehmender Mitshytelspannung gekennzeichnet ist laumlsst sich in sogenannten Dauerfestigkeitsschaubildern darstellen (vgl Abb 210)

Durch die Unterdruumlckung des Zeitparameters wird auch fuumlr diese Faumllle eine bdquoSicherheitsberechnungldquo moumlglich

Abb 28 Spannungsshy Dehnungsshy Diagramm fuumlr sproumlde und elastischshyplastische Werkstoffe (a) ausgepraumlgte Streckgrenze (b) nicht ausgepraumlgte Streckgrenze (c) sproumlde Werkstoffe

Beanspru-chungsart

Art des Versagens

Flieszligen Bruch

Zug Streckgrenzeoder

02 Dehngrenze

Re (oder σF bzw σS)Rp02 (oder σ02)

Zug- oderBruchfestigkeit Rm oder σB

Druck Quetschgrenze σdF Druckfestigkeit σdB

Biegung Biegeflieszliggrenze σbF Biegebruchfestigkeit σbB

Torsion Torsions-flieszliggrenze

τtF Torsionsbruch-festigkeit

τtB

Abscheren Scherflieszliggrenze τsF Scherfestigkeit τsB

vorzugsweise zu bestimmende Groumlszligen

Tab 22 Versagenskennwerte (Werkstofffestigkeiten) bei ruhender Belastung

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

Page 14: Dietrich Schlottmann Henrik Schnegas Auslegung von … · 2016. 7. 1. · VDI-Buch, DOI 10.1007/978-3-662-48807-2_1 Auslegung von Maschinen- und 1 Konstruktionselementen eine wesentliche

4

Eine wissenschaftliche Analyse dieses Prozesses geht auf Hansen [ 101 ] sowie Muumlller [ 104 ] zuruumlck Aumlhnliche Darstellungen sind in [ 109 ] und [ 106 ] zu fi nden

Ohne die Struktur des Konstruktionsprozesses beschreiben zu wollen werden sieben Arbeitsphasen durchlaufen (vgl Abb 11 ) wie am Beispiel einer Getriebekonstruktion erlaumlutert wird

In Abb 11 wird deutlich dass im Arbeitsschritt 5 uumlber die wesentlichen Abmessungen des technischen Gebildes entschieden wird d h das Bauteil erfaumlhrt seine vorlaumlufi ge bdquoAuslegungldquo Bei genauer Betrachtung unterteilt sich dieser Prozess wiederum in 3 Teilschritte naumlmlich in

bull Entwurfsrechnung bull Gestaltung und bull Nachweisrechnung

wie am Beispiel Welle in Abb 11 zu erkennen ist [ 106 ]

Aufgabe

Klaumlren und praumlzisierender Aufgabenstellung

Suchen nachLoumlsungsprinzipien und

deren Strukturen

Gliedern inrealisierbare Module

Gestalten dermaszliggebenden Module

Gestalten desgesamten Produktes

Ausarbeiten derAusfuumlhrungs- undNutzungsangaben

weitere Realisierung

Ermitteln von Funktionenund deren Strukturen

Anforderungsliste

Funktionsstruktur

Prinzipielle Loumlsung

Modulare Struktur

Vorentwuumlrfe

Gesamtentwurf

Dokumentation

1

2

3

4

5

6

7

Getriebe

Stuumlckliste1 Stk

2 Stk1 Stk

2 Stk

1 Stk

2 Stk

2 Stk

2 Stk

Dokumentation

Zeichnung

GehaumluseWellenZahnraumlder Lager

WandelnLeiten Leiten

M1 M2

WF Anforderungen

F

F

W

ω1=

ω1ω2

1M =

+ +

Abb 11 Generelle Arbeitsschritte und Arbeitsergebnisse des Konstruktionsprozesses nach VDI 2221 [ 109 ] am Beispiel einer Getriebekonstruktion

2 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche

5

In der Entwurfsrechnung wird i d R auf weniger als 10 der fuumlr den spaumlteren Produktionsprozess erforderlichen geometrischen und stoffl ichen Informationen Einfl uss genommen

Nach der Gestaltung entscheidet erst der Funktionsnachweis uumlber das positive bzw negative Ergebnis dieses iterativen Auslegungsprozesses (Abb 12 )

Der klassische Funktionsnachweis besteht u a in der Bestimmung einer bdquo Sicherheits-zahlldquo die durch den Quotienten aus zum Versagen fuumlhrender und vorhandener Belastung oder Beanspruchung berechnet wird Sie laumlsst jedoch keine Aussage uumlber Aus-fallwahrscheinlichkeit und Lebensdauer des technischen Gebildes zu

Der Sicherheitsnachweis bleibt auszligerdem auf die festigkeitsmaumlszligig begruumlndeten Ver-sagensarten wie Gewaltbruch Streckgrenzenuumlberschreitung und Dauerschwingbruch beschraumlnkt

Ansaumltze zur Berechnung von Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit sind durch die Waumllz-lagerberechnung und die Betriebsfestigkeitslehre bekannt

Wie bereits in Abschn 11 dargestellt soll eine allgemeine ingenieurmaumlszligige Aus-legungsmethodik auf der Basis der Berechnung von Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit ent-wickelt werden die auch Schaumldigungen wie Verschleiszlig und andere fl aumlchenabtragende Schaumldigungsprozesse beruumlcksichtigt und dem Konstrukteur mit der Ausfallwahrschein-lichkeit eine echte Entscheidungsmoumlglichkeit bietet

Die klassische Auslegungsmethode durch den Sicherheitsnachweis wird jedoch auch ihre Anwendungsberechtigung behalten zumal eine Fuumllle von Standards und Vorschriften darauf basieren und letztendlich im vorliegenden Buc der Zusammenhang von Sicherheit und Ausfallwahrscheinlichkeit hergestellt werden konnte

Vorentwuumlrfe

Modulare Struktur

5Gestalten dermaszliggebenden

Module

Beispiel Welle

Entwurfsrechnung

Gestaltung

Nachweisrechnung I II III fuumlr die Schnitte III

d erf

positiver Nachweis

vollstaumlndige Strukturbeschreibung

Abb 12 Klassischer Iterationszyklus fuumlr Entwurfsrechnung Gestaltung und Nachweisrechnung bei der Auslegung von Konstruktionselementen

12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen und Maschinen

6

Quellen und weiterfuumlhrende Literatur

[101] Hansen Friedrich Konstruktionssystematik ndash Grundlagen fuumlr eine allgemeine Konstruk-tionslehre Verlag Technik Berlin 1968

[102] Miner N Anton Cumulative Damage in Fatigue In Journal of Appl Mech Trans ASME 12 159-164 1945

[103] v Mises Richard Mechanik der plastischen Formaumlnderung ZAMM 161 1928 [104] Muumlller Johannes Grundlagen der Systematischen Heuristik Dietz Verlag Berlin 1970 [105] Palmgren Arvid Die Lebensdauer von Kugellagern In VDI-Zeitschrift 58 339-341

1924 [106] Schlottmann Dietrich u a Konstruktionslehre ndash Grundlagen Technik Berlin 1970 [107] Szabo Istvaacuten Einfuumlhrung in die Technische Mechanik Springer Berlin Goumlttingen

Heidelberg 1961 [108] Szabo Istvaacuten Houmlhere Technische Mechanik Springer Berlin Goumlttingen Heidelberg 1960 [109] Verein Deutscher Ingenieure VDI 2221 - Methodik zum Entwickeln und Konstruieren

technischer Systeme und Produkte VDI Duumlsseldorf 1993 [110] Woumlhler August Uumlber die Festigkeitsversuche mit Eisen und Stahl In Zeitschrift fuumlr

Bauwesen XX 81ndash89 1870

2 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche

7copy Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016D Schlottmann H Schnegas Auslegung von Konstruktionselementen VDI-Buch DOI 101007978-3-662-48807-2_2

2Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

21 Auslegung dargestellt am klassischen Sicherheitsbegriff

Schon in dem 1862 erschienenen wohl ersten deutschsprachigem Lehrbuch der Konstruktionslehre von MollReuleaux [212] wird der Sicherheitsbegriff mit einer Zahl S gt1 in Verbindung gebracht die das unzulaumlssige Uumlberschreiten von Belastungen begrenshyzen soll Dem Text ist bereits sinngemaumlszlig zu entnehmen dass die beim bdquoGebrauch des Bauteils vorhandenen Belastungen immer kleiner sein muumlssen als die maximal moumlglishychen bzw zum Versagen fuumlhrendenldquo Es wird bereits das Versagen durch Flieszligen und Bruch unterschieden Allgemein koumlnnen wir schreiben

B Bvorhanden versagenlt (21)

Dabei sollen unter Belastungen B sowohl Kraumlfte als auch Momente verstanden werden (vgl Abb 21) Entsprechend der bereits in [213] getroffenen Definition der Sicherheit als Faktor S gt 1 kann fuumlr Gl (21) auch geschrieben werden

B S Bvorh vers sdot = (22)

und damit

S

B

Bvers

vorh

=

(23)

Fuumlr eine verallgemeinerte Sicherheitsberechnung (vgl ebenfalls [212]) erweist es sich als zweckmaumlszligig nicht Belastungen sondern zum Versagen fuumlhrende Spannungen σ im Weiteren auch Beanspruchungen genannt uumlber eine analoge Sicherheitszahl zu vergleichen

8

So gilt auch

S vers

vorh

=σσ

(24)

Der Vorteil einer Sicherheitsberechnung uumlber Spannungen wird bereits erkennbar wenn mehrere am Bauteil angreifende Belastungen an der gleichen Schnittflaumlche Spannungen hervorrufen Im Sinne der linearen Elastizitaumltstheorie gilt dann das Superpositionsprinzip

σ σ= sum i (25)

mit i = 123hellip welches wegen der oft unterschiedlichen schaumldigenden Wirkung spaumlter allerdings in

Frage zu stellen istIn der Praxis tritt dieser einfache Sonderfall jedoch nur selten auf Beispiele waumlren

bdquoscheibenartigeldquo Bauteile mit bdquolastfreienldquo Oberflaumlchen oder bdquoeinachsigldquo beanspruchte Staumlbe Haumlufig anzutreffen ist dagegen die Kombination einer Normalspannung σ mit einer Schubspannung τ wie spaumlter noch gezeigt wird

Fuumlr das allgemeine raumlumliche Bauteil muss an einem Element mit

3 Normalspannungen und6 Schubspannungen

gerechnet werden (vgl Abb 22) wobei die Schubspannungen sich wegen der bdquoGegenseitigkeitldquo auf drei reduzieren

Die Spannungen lassen sich anschaulich in Spannungstensoren darstellen wobei fuumlr homogene und isotrope Werkstoffe jeder Spannungstensor in einen Hauptspannungstensor uumlberfuumlhrt werden kann fuumlr den die Schubspannungen zu Null werden (vgl dazu elastizishytaumltstheoretische Fachbuumlcher wie z B [222 223])

σ

σ τ τ

τ σ τ

τ τ σ

σσ

σ

T

x xy xz

yx y yz

zx zy z

=

rarr

1

2

3

0 0

0 0

0 0

(26)

Abb 21 Scheibenfoumlrmiges Bauteil mit Belastungen Bi (FhellipKraumlfte M hellip Momente)

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

9

Auf die Berechnung dieser Spannungstensoren im Sinne vorhandener Spannungen soll in Abschnitt 22 uumlbersichtsmaumlszligig eingegangen werden

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

Die Berechnung der vorhandenen Spannungen ist die Aufgabe der Elastizitaumltstheorie daher soll hier nur ein systematischer Uumlberblick gegeben werden

Das einfachste Modell eines realen Bauteils wird durch den Stab realisiert Ausshygehend von aumluszligeren Belastungen werden zunaumlchst die Auflagerreaktionen des Systems bestimmt um dann die sogenannten Schnittgroumlszligen zu berechnen Diese Elementarkenntnisse werden vorausgesetzt In einer Schnittstelle x oder s (x i d R fuumlr den geraden s fuumlr den gekruumlmmten Stab) wirken die Schnittgroumlszligen Normalkraft Fn(s) Biegemoment Mb(s) Torsionsmoment Mt(s) und Querkraft Fq(s) (vgl Abb 23) aus denen sich die Spannungen σzd σb τt und τq nach den in Tab 21 angegebenen Formeln berechnen lassen

Auch hier gilt die Bemerkung dass im elastizitaumltstheoretischem Sinne σzd und σb sowie τt und τq bei Uumlbereinstimmung von Schnittflaumlchen und Richtung addiert werden duumlrfen was im Folgenden wegen der unterschiedlichen schaumldigenden Wirkung nur mit einer entshysprechenden Gewichtung zugelassen werden soll

Neben dem Stabmodell sind auch die Vollwelle unter Auszligendruck die Bohrung in der unendlichen Scheibe unter achsensymmetrischer radialer Pressung und der duumlnnwandige Kessel als bdquoelementareldquo Spannungszustaumlnde anzusehen (vgl Tafel II1 im Anhang) Querschnittsaumlnderungen insbesondere des Stabes und andere Formabweichungen der eleshymentaren Berechnungsmodelle werden in Abschn 25 noch ausfuumlhrlicher behandelt

Berechnungsmodelle der bdquohoumlheren technischen Mechanikldquo sind

bull Scheiben (ebener Spannungsshy bzw ebener Zustand)bull Plattenbull Schalenbull Torsion prismatischer Koumlrper undbull Kontaktaufgaben

σx

σz

σy

τyxτyz

τzx

τzy

a b

τxy

τxzσ3

σ1

σ2

Abb 22 (a) Normalshy Schubspannungen (b) Hauptspannungen am Bauteilelement

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

10

Mt(s)Mb(s)Fq(s)

yz xs

Fn(s)

a b c d

σn(s) σb(s) τt(s) τq(s)

Abb 23 Spannungen in stabfoumlrmigen Bauelementen (a) Spannung infolge Laumlngskraft Fn(s) (b) Spannung infolge Biegemoment Mb(s) (c) Spannung infolge Torsionsmoment Mt(s) (d) Spannung infolge Querkraft Fq(s)

Tab 21 Elementare Spannungszustaumlnde in stabfoumlrmigen Bauelementen

Schnittgroumlszlige Sinnbild Berechnung Spannungstensor

Normalkraft Fn(s)

Fn(s)σn

σ nnF s

A=

( ) σ1 0 0

0 0 0

0 0 0

σ σ1 = n

Biegemoment Mb(s)

Mb(s)σb

σ bb

z

M s

W=

( )

σ bb

z

M s

Iy=

( )sdot

σ1 0 0

0 0 0

0 0 0

σ σ1 = b

Torsionsmoment Mt(s)

Mt(s)τt τ t

t

t

M s

W=

( )

τ tt

p

M s

Ir=

( )sdot

σσ

1

2

0 0

0 0

0 0 0

σ τ σ1 2= = minusQuerkraft Fq(s)

Fq(s)

τq maxτ q

qF

Amax = χ σσ

1

2

0 0

0 0

0 0 0

σ τ σ1 2= = minus

A hellip QuerschnittsflaumlcheIz It hellip TraumlgheitsmomentWt hellip Widerstandsmomentχ hellip Flaumlchenbeiwert

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

11

Sie sind uumlbersichtsmaumlszligig ebenfalls im Anhang Tafel II1 zusammengestellt Abgeshysehen von Sonderfaumlllen werden diese Spannungszustaumlnde heute mit bdquoFiniteshyElementeshyMethodenldquo berechnet Diese Berechnungen liefern idR den vollstaumlndig besetzten Spannungstensor der sich aber an lastfreien Oberflaumlchen auf zweiachsige Spannungszustaumlnde reduziert

Wegen des gehaumluften Auftretens dieses bdquoebenenldquo Spannungszustandes sei noch ohne Ableitung auf die Formel zur Berechnung der Hauptspannungen

σσ σ σ minus σ

τ1 2

2

2

2 2 =+

plusmn

+x y x y

xy

(27)

und deren anschauliche Darstellung im Mohrschen Kreis (vgl Abb 24) sowie auf die Sonderfaumllle bdquoeinachsiger Spannungszustandldquo und bdquoreiner Schubspannungszustandldquo verwiesen

Wesentlich fuumlr die Werkstoffshy bzw Bauteilschaumldigung ist die Betrachtung und Kenntnis der Zeitfunktionen vorhandener Spannungen Waumlhrend die bdquoStatikldquo vorshyzugsweise von bdquostatischenldquo oder bdquoruhenden Belastungenldquo ausgeht sind Maschishynenbauteile meistens bdquoperiodisch schwingendldquo belastet und beansprucht Hingewiesen sei dabei auf den haumlufig auftretenden Sonderfall der sog bdquoUmlaufbiegungldquo bei dem ein konstantes Biegemoment der Welle eine bdquowechselndeldquo Beanspruchung hervorruft Besondere Betrachtung erfordern bdquostochastischeldquo Belastungen die natuumlrlich auch bdquostochastischeldquo Beanspruchungen mit sich bringen (vgl Abb 25) Diesen Belasshytungsshy und BeanspruchungsshybdquoKollektivenldquo wird in spaumlteren Abschnitten gebuumlhrender Raum zugemessen

σx +σy2

τ

σ2

σy

σx minusσy2

τxy

σ1σx σ

τ

σ2= 0

a

b c

σ1=σxσ σ

σ1=τ σ2=-σ1

τ

Abb 24 Ebener Spannungszustand im Mohrrsquoschen Kreis (a) allgemeiner ebener Spannungsshyzustand (b) einachsiger Spannungszustand (c) Schubspannungszustand

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

12

23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch

Der Konstruktionsprozess bringt eine unendliche Vielfalt technischer Gebilde mit untershyschiedlichster geometrischer Form und verschiedenartiger Werkstoffe hervor die auszligershydem unterschiedlichen Beanspruchungsarten und Belastungsfaumlllen unterliegen

Fuumlr den Sicherheitsnachweis bzgl der zum Versagen fuumlhrenden Belastungen hat es sich als oumlkonomisch und zweckmaumlszligig erwiesen die Belastungsgrenzen der Bauteile durch Vergleich mit dem Versagensverhalten einer uumlberschaubaren Menge idealisierter Pruumlfshykoumlrper die speziellen und in Pruumlfmaschinen realisierbaren Belastungen unterworfen wershyden zu ermitteln Solche Pruumlfkoumlrper sind z B die in Abb 26 dargestellten standardisierten Rundshy und Flachproben

Am einfachsten zu realisieren ist durch die Werkstoffpruumlfung der Zugversuch mit ruhender Belastung Die Belastung wird dabei zuumlgig d h mit konstanter elastischer und schlieszliglich plastischer Dehnungszunahme bis zum Eintreten des Bruches aufgebracht Nach der Form des Bruches sind drei charakteristische Arten von Werkstoffen (vgl Abb 27) zu unterscheiden

bull Werkstoffe die bei ruhender Beanspruchung zum sproumlden Trennbruch neigen (z B Glas Grauguss gehaumlrteter Stahl)

bull Versagen durch Gleitbruch (z B Aluminium Kupfer und Kupferlegierungen)bull Werkstoffe mit ausgepraumlgter Flieszligzone die erst nach Einschnuumlrung einen Trennbruch

zeigen (vorzugsweise Stahl)

Werden bei diesem Pruumlfvorgang die Spannungen uumlber der Dehnung aufgetragen so ergibt sich das aus der Werkstoffpruumlfung bekannte SpannungsshyDehnungsshyDiagramm das abhaumlngig von der Bruchart charakteristische Formen aufweist (vgl Abb 28)

Fuumlr die Auslegung von Bauteilen unter ruhender Belastung sind also nicht nur die vershyschiedenen Brucharten interessant Es muss insbesondere fuumlr Staumlhle mit ausgepraumlgtem Flieszligverhalten bereits von Versagen gesprochen werden wenn das Bauteil durch unzulaumlsshysige plastische Deformationen seine Funktionsfaumlhigkeit verliert

Ausgehend von den fuumlr Staumlben moumlglichen Beanspruchungsarten (s Abschn 22) ergeshyben sich bereits infolge ruhender Beanspruchung theoretisch zehn Werkstoffkennwerte die aus praktischen Gruumlnden auf vier eingeschraumlnkt werden (vgl Tab 22)

Bel

astu

ng b

zw

Bea

nspr

uchu

ng

e

c

b

Zeit

a dAbb 25 Belastungsshy und Beanspruchungsarten (a) ruhend (b) schwellend (c) wechselnd (d) allgemein (e) stochastisch

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

13

Nun sind die meisten Bauteile nicht ruhend sondern periodisch schwingend oder sogar stochastisch belastet bzw beansprucht (vgl Abb 25)

Es ist das Verdienst von August Woumlhler [227] im Jahre 1870 die Dauerschwingfestigkeit der metallischen Werkstoffe entdeckt und in einem noch heute uumlblichen nach ihm benannshyten Diagramm dargestellt zu haben (Abb 29)

Bei schwingender Beanspruchung nimmt die zum Schwingbruch fuumlhrende Lastshywechselzahl N fuumlr abnehmende Spannungshorizonte zu Bis 103hellip104 Lastwechsel spreshychen wir von Kurzzeitfestigkeit (LowshyCycleshyFatigue LCF) Bei Erreichen eines

a b

Abb 26 Pruumlfkoumlrper der Werkstoffpruumlfung (a) Rundprobe (b) Flachprobe

a cb

Abb 27 Brucharten beim Zugversuch (a) Trennbruch bei sproumldem Werkstoff (b) Gleitbruch (c) Trennbruch nach Einschnuumlrung und Verfestigung

23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch

14

Spannungshorizontes σD wird schlieszliglich eine gegen unendlich gehende Lastwechselzahl ertragen wir sprechen von Dauerfestigkeit (VeryshyHighshyCycleshyFatigue VHCF) Der Uumlbergang zur bdquoDauerschwingfestigkeitldquo wird bei NG = 106 hellip 107 Lastwechseln beobachshytet d h die meisten Maschinen wie Motoren und durch sie angetriebene Arbeitsmaschinen uumlberschreiten diese Grenzlastwechselzahl nach wenigen Tagen sie sind also nach bdquoDauerfestigkeitldquo auszulegen Dieses Dauerfestigkeitsverhalten der metallischen Werkstoffe welches durch abnehmende Ausschlagfestigkeiten bei zunehmender Mitshytelspannung gekennzeichnet ist laumlsst sich in sogenannten Dauerfestigkeitsschaubildern darstellen (vgl Abb 210)

Durch die Unterdruumlckung des Zeitparameters wird auch fuumlr diese Faumllle eine bdquoSicherheitsberechnungldquo moumlglich

Abb 28 Spannungsshy Dehnungsshy Diagramm fuumlr sproumlde und elastischshyplastische Werkstoffe (a) ausgepraumlgte Streckgrenze (b) nicht ausgepraumlgte Streckgrenze (c) sproumlde Werkstoffe

Beanspru-chungsart

Art des Versagens

Flieszligen Bruch

Zug Streckgrenzeoder

02 Dehngrenze

Re (oder σF bzw σS)Rp02 (oder σ02)

Zug- oderBruchfestigkeit Rm oder σB

Druck Quetschgrenze σdF Druckfestigkeit σdB

Biegung Biegeflieszliggrenze σbF Biegebruchfestigkeit σbB

Torsion Torsions-flieszliggrenze

τtF Torsionsbruch-festigkeit

τtB

Abscheren Scherflieszliggrenze τsF Scherfestigkeit τsB

vorzugsweise zu bestimmende Groumlszligen

Tab 22 Versagenskennwerte (Werkstofffestigkeiten) bei ruhender Belastung

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

Page 15: Dietrich Schlottmann Henrik Schnegas Auslegung von … · 2016. 7. 1. · VDI-Buch, DOI 10.1007/978-3-662-48807-2_1 Auslegung von Maschinen- und 1 Konstruktionselementen eine wesentliche

5

In der Entwurfsrechnung wird i d R auf weniger als 10 der fuumlr den spaumlteren Produktionsprozess erforderlichen geometrischen und stoffl ichen Informationen Einfl uss genommen

Nach der Gestaltung entscheidet erst der Funktionsnachweis uumlber das positive bzw negative Ergebnis dieses iterativen Auslegungsprozesses (Abb 12 )

Der klassische Funktionsnachweis besteht u a in der Bestimmung einer bdquo Sicherheits-zahlldquo die durch den Quotienten aus zum Versagen fuumlhrender und vorhandener Belastung oder Beanspruchung berechnet wird Sie laumlsst jedoch keine Aussage uumlber Aus-fallwahrscheinlichkeit und Lebensdauer des technischen Gebildes zu

Der Sicherheitsnachweis bleibt auszligerdem auf die festigkeitsmaumlszligig begruumlndeten Ver-sagensarten wie Gewaltbruch Streckgrenzenuumlberschreitung und Dauerschwingbruch beschraumlnkt

Ansaumltze zur Berechnung von Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit sind durch die Waumllz-lagerberechnung und die Betriebsfestigkeitslehre bekannt

Wie bereits in Abschn 11 dargestellt soll eine allgemeine ingenieurmaumlszligige Aus-legungsmethodik auf der Basis der Berechnung von Lebensdauer und Zuverlaumlssigkeit ent-wickelt werden die auch Schaumldigungen wie Verschleiszlig und andere fl aumlchenabtragende Schaumldigungsprozesse beruumlcksichtigt und dem Konstrukteur mit der Ausfallwahrschein-lichkeit eine echte Entscheidungsmoumlglichkeit bietet

Die klassische Auslegungsmethode durch den Sicherheitsnachweis wird jedoch auch ihre Anwendungsberechtigung behalten zumal eine Fuumllle von Standards und Vorschriften darauf basieren und letztendlich im vorliegenden Buc der Zusammenhang von Sicherheit und Ausfallwahrscheinlichkeit hergestellt werden konnte

Vorentwuumlrfe

Modulare Struktur

5Gestalten dermaszliggebenden

Module

Beispiel Welle

Entwurfsrechnung

Gestaltung

Nachweisrechnung I II III fuumlr die Schnitte III

d erf

positiver Nachweis

vollstaumlndige Strukturbeschreibung

Abb 12 Klassischer Iterationszyklus fuumlr Entwurfsrechnung Gestaltung und Nachweisrechnung bei der Auslegung von Konstruktionselementen

12 Einordnung der Auslegung von Konstruktionselementen und Maschinen

6

Quellen und weiterfuumlhrende Literatur

[101] Hansen Friedrich Konstruktionssystematik ndash Grundlagen fuumlr eine allgemeine Konstruk-tionslehre Verlag Technik Berlin 1968

[102] Miner N Anton Cumulative Damage in Fatigue In Journal of Appl Mech Trans ASME 12 159-164 1945

[103] v Mises Richard Mechanik der plastischen Formaumlnderung ZAMM 161 1928 [104] Muumlller Johannes Grundlagen der Systematischen Heuristik Dietz Verlag Berlin 1970 [105] Palmgren Arvid Die Lebensdauer von Kugellagern In VDI-Zeitschrift 58 339-341

1924 [106] Schlottmann Dietrich u a Konstruktionslehre ndash Grundlagen Technik Berlin 1970 [107] Szabo Istvaacuten Einfuumlhrung in die Technische Mechanik Springer Berlin Goumlttingen

Heidelberg 1961 [108] Szabo Istvaacuten Houmlhere Technische Mechanik Springer Berlin Goumlttingen Heidelberg 1960 [109] Verein Deutscher Ingenieure VDI 2221 - Methodik zum Entwickeln und Konstruieren

technischer Systeme und Produkte VDI Duumlsseldorf 1993 [110] Woumlhler August Uumlber die Festigkeitsversuche mit Eisen und Stahl In Zeitschrift fuumlr

Bauwesen XX 81ndash89 1870

2 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche

7copy Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016D Schlottmann H Schnegas Auslegung von Konstruktionselementen VDI-Buch DOI 101007978-3-662-48807-2_2

2Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

21 Auslegung dargestellt am klassischen Sicherheitsbegriff

Schon in dem 1862 erschienenen wohl ersten deutschsprachigem Lehrbuch der Konstruktionslehre von MollReuleaux [212] wird der Sicherheitsbegriff mit einer Zahl S gt1 in Verbindung gebracht die das unzulaumlssige Uumlberschreiten von Belastungen begrenshyzen soll Dem Text ist bereits sinngemaumlszlig zu entnehmen dass die beim bdquoGebrauch des Bauteils vorhandenen Belastungen immer kleiner sein muumlssen als die maximal moumlglishychen bzw zum Versagen fuumlhrendenldquo Es wird bereits das Versagen durch Flieszligen und Bruch unterschieden Allgemein koumlnnen wir schreiben

B Bvorhanden versagenlt (21)

Dabei sollen unter Belastungen B sowohl Kraumlfte als auch Momente verstanden werden (vgl Abb 21) Entsprechend der bereits in [213] getroffenen Definition der Sicherheit als Faktor S gt 1 kann fuumlr Gl (21) auch geschrieben werden

B S Bvorh vers sdot = (22)

und damit

S

B

Bvers

vorh

=

(23)

Fuumlr eine verallgemeinerte Sicherheitsberechnung (vgl ebenfalls [212]) erweist es sich als zweckmaumlszligig nicht Belastungen sondern zum Versagen fuumlhrende Spannungen σ im Weiteren auch Beanspruchungen genannt uumlber eine analoge Sicherheitszahl zu vergleichen

8

So gilt auch

S vers

vorh

=σσ

(24)

Der Vorteil einer Sicherheitsberechnung uumlber Spannungen wird bereits erkennbar wenn mehrere am Bauteil angreifende Belastungen an der gleichen Schnittflaumlche Spannungen hervorrufen Im Sinne der linearen Elastizitaumltstheorie gilt dann das Superpositionsprinzip

σ σ= sum i (25)

mit i = 123hellip welches wegen der oft unterschiedlichen schaumldigenden Wirkung spaumlter allerdings in

Frage zu stellen istIn der Praxis tritt dieser einfache Sonderfall jedoch nur selten auf Beispiele waumlren

bdquoscheibenartigeldquo Bauteile mit bdquolastfreienldquo Oberflaumlchen oder bdquoeinachsigldquo beanspruchte Staumlbe Haumlufig anzutreffen ist dagegen die Kombination einer Normalspannung σ mit einer Schubspannung τ wie spaumlter noch gezeigt wird

Fuumlr das allgemeine raumlumliche Bauteil muss an einem Element mit

3 Normalspannungen und6 Schubspannungen

gerechnet werden (vgl Abb 22) wobei die Schubspannungen sich wegen der bdquoGegenseitigkeitldquo auf drei reduzieren

Die Spannungen lassen sich anschaulich in Spannungstensoren darstellen wobei fuumlr homogene und isotrope Werkstoffe jeder Spannungstensor in einen Hauptspannungstensor uumlberfuumlhrt werden kann fuumlr den die Schubspannungen zu Null werden (vgl dazu elastizishytaumltstheoretische Fachbuumlcher wie z B [222 223])

σ

σ τ τ

τ σ τ

τ τ σ

σσ

σ

T

x xy xz

yx y yz

zx zy z

=

rarr

1

2

3

0 0

0 0

0 0

(26)

Abb 21 Scheibenfoumlrmiges Bauteil mit Belastungen Bi (FhellipKraumlfte M hellip Momente)

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

9

Auf die Berechnung dieser Spannungstensoren im Sinne vorhandener Spannungen soll in Abschnitt 22 uumlbersichtsmaumlszligig eingegangen werden

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

Die Berechnung der vorhandenen Spannungen ist die Aufgabe der Elastizitaumltstheorie daher soll hier nur ein systematischer Uumlberblick gegeben werden

Das einfachste Modell eines realen Bauteils wird durch den Stab realisiert Ausshygehend von aumluszligeren Belastungen werden zunaumlchst die Auflagerreaktionen des Systems bestimmt um dann die sogenannten Schnittgroumlszligen zu berechnen Diese Elementarkenntnisse werden vorausgesetzt In einer Schnittstelle x oder s (x i d R fuumlr den geraden s fuumlr den gekruumlmmten Stab) wirken die Schnittgroumlszligen Normalkraft Fn(s) Biegemoment Mb(s) Torsionsmoment Mt(s) und Querkraft Fq(s) (vgl Abb 23) aus denen sich die Spannungen σzd σb τt und τq nach den in Tab 21 angegebenen Formeln berechnen lassen

Auch hier gilt die Bemerkung dass im elastizitaumltstheoretischem Sinne σzd und σb sowie τt und τq bei Uumlbereinstimmung von Schnittflaumlchen und Richtung addiert werden duumlrfen was im Folgenden wegen der unterschiedlichen schaumldigenden Wirkung nur mit einer entshysprechenden Gewichtung zugelassen werden soll

Neben dem Stabmodell sind auch die Vollwelle unter Auszligendruck die Bohrung in der unendlichen Scheibe unter achsensymmetrischer radialer Pressung und der duumlnnwandige Kessel als bdquoelementareldquo Spannungszustaumlnde anzusehen (vgl Tafel II1 im Anhang) Querschnittsaumlnderungen insbesondere des Stabes und andere Formabweichungen der eleshymentaren Berechnungsmodelle werden in Abschn 25 noch ausfuumlhrlicher behandelt

Berechnungsmodelle der bdquohoumlheren technischen Mechanikldquo sind

bull Scheiben (ebener Spannungsshy bzw ebener Zustand)bull Plattenbull Schalenbull Torsion prismatischer Koumlrper undbull Kontaktaufgaben

σx

σz

σy

τyxτyz

τzx

τzy

a b

τxy

τxzσ3

σ1

σ2

Abb 22 (a) Normalshy Schubspannungen (b) Hauptspannungen am Bauteilelement

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

10

Mt(s)Mb(s)Fq(s)

yz xs

Fn(s)

a b c d

σn(s) σb(s) τt(s) τq(s)

Abb 23 Spannungen in stabfoumlrmigen Bauelementen (a) Spannung infolge Laumlngskraft Fn(s) (b) Spannung infolge Biegemoment Mb(s) (c) Spannung infolge Torsionsmoment Mt(s) (d) Spannung infolge Querkraft Fq(s)

Tab 21 Elementare Spannungszustaumlnde in stabfoumlrmigen Bauelementen

Schnittgroumlszlige Sinnbild Berechnung Spannungstensor

Normalkraft Fn(s)

Fn(s)σn

σ nnF s

A=

( ) σ1 0 0

0 0 0

0 0 0

σ σ1 = n

Biegemoment Mb(s)

Mb(s)σb

σ bb

z

M s

W=

( )

σ bb

z

M s

Iy=

( )sdot

σ1 0 0

0 0 0

0 0 0

σ σ1 = b

Torsionsmoment Mt(s)

Mt(s)τt τ t

t

t

M s

W=

( )

τ tt

p

M s

Ir=

( )sdot

σσ

1

2

0 0

0 0

0 0 0

σ τ σ1 2= = minusQuerkraft Fq(s)

Fq(s)

τq maxτ q

qF

Amax = χ σσ

1

2

0 0

0 0

0 0 0

σ τ σ1 2= = minus

A hellip QuerschnittsflaumlcheIz It hellip TraumlgheitsmomentWt hellip Widerstandsmomentχ hellip Flaumlchenbeiwert

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

11

Sie sind uumlbersichtsmaumlszligig ebenfalls im Anhang Tafel II1 zusammengestellt Abgeshysehen von Sonderfaumlllen werden diese Spannungszustaumlnde heute mit bdquoFiniteshyElementeshyMethodenldquo berechnet Diese Berechnungen liefern idR den vollstaumlndig besetzten Spannungstensor der sich aber an lastfreien Oberflaumlchen auf zweiachsige Spannungszustaumlnde reduziert

Wegen des gehaumluften Auftretens dieses bdquoebenenldquo Spannungszustandes sei noch ohne Ableitung auf die Formel zur Berechnung der Hauptspannungen

σσ σ σ minus σ

τ1 2

2

2

2 2 =+

plusmn

+x y x y

xy

(27)

und deren anschauliche Darstellung im Mohrschen Kreis (vgl Abb 24) sowie auf die Sonderfaumllle bdquoeinachsiger Spannungszustandldquo und bdquoreiner Schubspannungszustandldquo verwiesen

Wesentlich fuumlr die Werkstoffshy bzw Bauteilschaumldigung ist die Betrachtung und Kenntnis der Zeitfunktionen vorhandener Spannungen Waumlhrend die bdquoStatikldquo vorshyzugsweise von bdquostatischenldquo oder bdquoruhenden Belastungenldquo ausgeht sind Maschishynenbauteile meistens bdquoperiodisch schwingendldquo belastet und beansprucht Hingewiesen sei dabei auf den haumlufig auftretenden Sonderfall der sog bdquoUmlaufbiegungldquo bei dem ein konstantes Biegemoment der Welle eine bdquowechselndeldquo Beanspruchung hervorruft Besondere Betrachtung erfordern bdquostochastischeldquo Belastungen die natuumlrlich auch bdquostochastischeldquo Beanspruchungen mit sich bringen (vgl Abb 25) Diesen Belasshytungsshy und BeanspruchungsshybdquoKollektivenldquo wird in spaumlteren Abschnitten gebuumlhrender Raum zugemessen

σx +σy2

τ

σ2

σy

σx minusσy2

τxy

σ1σx σ

τ

σ2= 0

a

b c

σ1=σxσ σ

σ1=τ σ2=-σ1

τ

Abb 24 Ebener Spannungszustand im Mohrrsquoschen Kreis (a) allgemeiner ebener Spannungsshyzustand (b) einachsiger Spannungszustand (c) Schubspannungszustand

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

12

23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch

Der Konstruktionsprozess bringt eine unendliche Vielfalt technischer Gebilde mit untershyschiedlichster geometrischer Form und verschiedenartiger Werkstoffe hervor die auszligershydem unterschiedlichen Beanspruchungsarten und Belastungsfaumlllen unterliegen

Fuumlr den Sicherheitsnachweis bzgl der zum Versagen fuumlhrenden Belastungen hat es sich als oumlkonomisch und zweckmaumlszligig erwiesen die Belastungsgrenzen der Bauteile durch Vergleich mit dem Versagensverhalten einer uumlberschaubaren Menge idealisierter Pruumlfshykoumlrper die speziellen und in Pruumlfmaschinen realisierbaren Belastungen unterworfen wershyden zu ermitteln Solche Pruumlfkoumlrper sind z B die in Abb 26 dargestellten standardisierten Rundshy und Flachproben

Am einfachsten zu realisieren ist durch die Werkstoffpruumlfung der Zugversuch mit ruhender Belastung Die Belastung wird dabei zuumlgig d h mit konstanter elastischer und schlieszliglich plastischer Dehnungszunahme bis zum Eintreten des Bruches aufgebracht Nach der Form des Bruches sind drei charakteristische Arten von Werkstoffen (vgl Abb 27) zu unterscheiden

bull Werkstoffe die bei ruhender Beanspruchung zum sproumlden Trennbruch neigen (z B Glas Grauguss gehaumlrteter Stahl)

bull Versagen durch Gleitbruch (z B Aluminium Kupfer und Kupferlegierungen)bull Werkstoffe mit ausgepraumlgter Flieszligzone die erst nach Einschnuumlrung einen Trennbruch

zeigen (vorzugsweise Stahl)

Werden bei diesem Pruumlfvorgang die Spannungen uumlber der Dehnung aufgetragen so ergibt sich das aus der Werkstoffpruumlfung bekannte SpannungsshyDehnungsshyDiagramm das abhaumlngig von der Bruchart charakteristische Formen aufweist (vgl Abb 28)

Fuumlr die Auslegung von Bauteilen unter ruhender Belastung sind also nicht nur die vershyschiedenen Brucharten interessant Es muss insbesondere fuumlr Staumlhle mit ausgepraumlgtem Flieszligverhalten bereits von Versagen gesprochen werden wenn das Bauteil durch unzulaumlsshysige plastische Deformationen seine Funktionsfaumlhigkeit verliert

Ausgehend von den fuumlr Staumlben moumlglichen Beanspruchungsarten (s Abschn 22) ergeshyben sich bereits infolge ruhender Beanspruchung theoretisch zehn Werkstoffkennwerte die aus praktischen Gruumlnden auf vier eingeschraumlnkt werden (vgl Tab 22)

Bel

astu

ng b

zw

Bea

nspr

uchu

ng

e

c

b

Zeit

a dAbb 25 Belastungsshy und Beanspruchungsarten (a) ruhend (b) schwellend (c) wechselnd (d) allgemein (e) stochastisch

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

13

Nun sind die meisten Bauteile nicht ruhend sondern periodisch schwingend oder sogar stochastisch belastet bzw beansprucht (vgl Abb 25)

Es ist das Verdienst von August Woumlhler [227] im Jahre 1870 die Dauerschwingfestigkeit der metallischen Werkstoffe entdeckt und in einem noch heute uumlblichen nach ihm benannshyten Diagramm dargestellt zu haben (Abb 29)

Bei schwingender Beanspruchung nimmt die zum Schwingbruch fuumlhrende Lastshywechselzahl N fuumlr abnehmende Spannungshorizonte zu Bis 103hellip104 Lastwechsel spreshychen wir von Kurzzeitfestigkeit (LowshyCycleshyFatigue LCF) Bei Erreichen eines

a b

Abb 26 Pruumlfkoumlrper der Werkstoffpruumlfung (a) Rundprobe (b) Flachprobe

a cb

Abb 27 Brucharten beim Zugversuch (a) Trennbruch bei sproumldem Werkstoff (b) Gleitbruch (c) Trennbruch nach Einschnuumlrung und Verfestigung

23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch

14

Spannungshorizontes σD wird schlieszliglich eine gegen unendlich gehende Lastwechselzahl ertragen wir sprechen von Dauerfestigkeit (VeryshyHighshyCycleshyFatigue VHCF) Der Uumlbergang zur bdquoDauerschwingfestigkeitldquo wird bei NG = 106 hellip 107 Lastwechseln beobachshytet d h die meisten Maschinen wie Motoren und durch sie angetriebene Arbeitsmaschinen uumlberschreiten diese Grenzlastwechselzahl nach wenigen Tagen sie sind also nach bdquoDauerfestigkeitldquo auszulegen Dieses Dauerfestigkeitsverhalten der metallischen Werkstoffe welches durch abnehmende Ausschlagfestigkeiten bei zunehmender Mitshytelspannung gekennzeichnet ist laumlsst sich in sogenannten Dauerfestigkeitsschaubildern darstellen (vgl Abb 210)

Durch die Unterdruumlckung des Zeitparameters wird auch fuumlr diese Faumllle eine bdquoSicherheitsberechnungldquo moumlglich

Abb 28 Spannungsshy Dehnungsshy Diagramm fuumlr sproumlde und elastischshyplastische Werkstoffe (a) ausgepraumlgte Streckgrenze (b) nicht ausgepraumlgte Streckgrenze (c) sproumlde Werkstoffe

Beanspru-chungsart

Art des Versagens

Flieszligen Bruch

Zug Streckgrenzeoder

02 Dehngrenze

Re (oder σF bzw σS)Rp02 (oder σ02)

Zug- oderBruchfestigkeit Rm oder σB

Druck Quetschgrenze σdF Druckfestigkeit σdB

Biegung Biegeflieszliggrenze σbF Biegebruchfestigkeit σbB

Torsion Torsions-flieszliggrenze

τtF Torsionsbruch-festigkeit

τtB

Abscheren Scherflieszliggrenze τsF Scherfestigkeit τsB

vorzugsweise zu bestimmende Groumlszligen

Tab 22 Versagenskennwerte (Werkstofffestigkeiten) bei ruhender Belastung

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

Page 16: Dietrich Schlottmann Henrik Schnegas Auslegung von … · 2016. 7. 1. · VDI-Buch, DOI 10.1007/978-3-662-48807-2_1 Auslegung von Maschinen- und 1 Konstruktionselementen eine wesentliche

6

Quellen und weiterfuumlhrende Literatur

[101] Hansen Friedrich Konstruktionssystematik ndash Grundlagen fuumlr eine allgemeine Konstruk-tionslehre Verlag Technik Berlin 1968

[102] Miner N Anton Cumulative Damage in Fatigue In Journal of Appl Mech Trans ASME 12 159-164 1945

[103] v Mises Richard Mechanik der plastischen Formaumlnderung ZAMM 161 1928 [104] Muumlller Johannes Grundlagen der Systematischen Heuristik Dietz Verlag Berlin 1970 [105] Palmgren Arvid Die Lebensdauer von Kugellagern In VDI-Zeitschrift 58 339-341

1924 [106] Schlottmann Dietrich u a Konstruktionslehre ndash Grundlagen Technik Berlin 1970 [107] Szabo Istvaacuten Einfuumlhrung in die Technische Mechanik Springer Berlin Goumlttingen

Heidelberg 1961 [108] Szabo Istvaacuten Houmlhere Technische Mechanik Springer Berlin Goumlttingen Heidelberg 1960 [109] Verein Deutscher Ingenieure VDI 2221 - Methodik zum Entwickeln und Konstruieren

technischer Systeme und Produkte VDI Duumlsseldorf 1993 [110] Woumlhler August Uumlber die Festigkeitsversuche mit Eisen und Stahl In Zeitschrift fuumlr

Bauwesen XX 81ndash89 1870

2 Auslegung von Maschinen- und Konstruktionselementen ndash eine wesentliche

7copy Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016D Schlottmann H Schnegas Auslegung von Konstruktionselementen VDI-Buch DOI 101007978-3-662-48807-2_2

2Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

21 Auslegung dargestellt am klassischen Sicherheitsbegriff

Schon in dem 1862 erschienenen wohl ersten deutschsprachigem Lehrbuch der Konstruktionslehre von MollReuleaux [212] wird der Sicherheitsbegriff mit einer Zahl S gt1 in Verbindung gebracht die das unzulaumlssige Uumlberschreiten von Belastungen begrenshyzen soll Dem Text ist bereits sinngemaumlszlig zu entnehmen dass die beim bdquoGebrauch des Bauteils vorhandenen Belastungen immer kleiner sein muumlssen als die maximal moumlglishychen bzw zum Versagen fuumlhrendenldquo Es wird bereits das Versagen durch Flieszligen und Bruch unterschieden Allgemein koumlnnen wir schreiben

B Bvorhanden versagenlt (21)

Dabei sollen unter Belastungen B sowohl Kraumlfte als auch Momente verstanden werden (vgl Abb 21) Entsprechend der bereits in [213] getroffenen Definition der Sicherheit als Faktor S gt 1 kann fuumlr Gl (21) auch geschrieben werden

B S Bvorh vers sdot = (22)

und damit

S

B

Bvers

vorh

=

(23)

Fuumlr eine verallgemeinerte Sicherheitsberechnung (vgl ebenfalls [212]) erweist es sich als zweckmaumlszligig nicht Belastungen sondern zum Versagen fuumlhrende Spannungen σ im Weiteren auch Beanspruchungen genannt uumlber eine analoge Sicherheitszahl zu vergleichen

8

So gilt auch

S vers

vorh

=σσ

(24)

Der Vorteil einer Sicherheitsberechnung uumlber Spannungen wird bereits erkennbar wenn mehrere am Bauteil angreifende Belastungen an der gleichen Schnittflaumlche Spannungen hervorrufen Im Sinne der linearen Elastizitaumltstheorie gilt dann das Superpositionsprinzip

σ σ= sum i (25)

mit i = 123hellip welches wegen der oft unterschiedlichen schaumldigenden Wirkung spaumlter allerdings in

Frage zu stellen istIn der Praxis tritt dieser einfache Sonderfall jedoch nur selten auf Beispiele waumlren

bdquoscheibenartigeldquo Bauteile mit bdquolastfreienldquo Oberflaumlchen oder bdquoeinachsigldquo beanspruchte Staumlbe Haumlufig anzutreffen ist dagegen die Kombination einer Normalspannung σ mit einer Schubspannung τ wie spaumlter noch gezeigt wird

Fuumlr das allgemeine raumlumliche Bauteil muss an einem Element mit

3 Normalspannungen und6 Schubspannungen

gerechnet werden (vgl Abb 22) wobei die Schubspannungen sich wegen der bdquoGegenseitigkeitldquo auf drei reduzieren

Die Spannungen lassen sich anschaulich in Spannungstensoren darstellen wobei fuumlr homogene und isotrope Werkstoffe jeder Spannungstensor in einen Hauptspannungstensor uumlberfuumlhrt werden kann fuumlr den die Schubspannungen zu Null werden (vgl dazu elastizishytaumltstheoretische Fachbuumlcher wie z B [222 223])

σ

σ τ τ

τ σ τ

τ τ σ

σσ

σ

T

x xy xz

yx y yz

zx zy z

=

rarr

1

2

3

0 0

0 0

0 0

(26)

Abb 21 Scheibenfoumlrmiges Bauteil mit Belastungen Bi (FhellipKraumlfte M hellip Momente)

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

9

Auf die Berechnung dieser Spannungstensoren im Sinne vorhandener Spannungen soll in Abschnitt 22 uumlbersichtsmaumlszligig eingegangen werden

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

Die Berechnung der vorhandenen Spannungen ist die Aufgabe der Elastizitaumltstheorie daher soll hier nur ein systematischer Uumlberblick gegeben werden

Das einfachste Modell eines realen Bauteils wird durch den Stab realisiert Ausshygehend von aumluszligeren Belastungen werden zunaumlchst die Auflagerreaktionen des Systems bestimmt um dann die sogenannten Schnittgroumlszligen zu berechnen Diese Elementarkenntnisse werden vorausgesetzt In einer Schnittstelle x oder s (x i d R fuumlr den geraden s fuumlr den gekruumlmmten Stab) wirken die Schnittgroumlszligen Normalkraft Fn(s) Biegemoment Mb(s) Torsionsmoment Mt(s) und Querkraft Fq(s) (vgl Abb 23) aus denen sich die Spannungen σzd σb τt und τq nach den in Tab 21 angegebenen Formeln berechnen lassen

Auch hier gilt die Bemerkung dass im elastizitaumltstheoretischem Sinne σzd und σb sowie τt und τq bei Uumlbereinstimmung von Schnittflaumlchen und Richtung addiert werden duumlrfen was im Folgenden wegen der unterschiedlichen schaumldigenden Wirkung nur mit einer entshysprechenden Gewichtung zugelassen werden soll

Neben dem Stabmodell sind auch die Vollwelle unter Auszligendruck die Bohrung in der unendlichen Scheibe unter achsensymmetrischer radialer Pressung und der duumlnnwandige Kessel als bdquoelementareldquo Spannungszustaumlnde anzusehen (vgl Tafel II1 im Anhang) Querschnittsaumlnderungen insbesondere des Stabes und andere Formabweichungen der eleshymentaren Berechnungsmodelle werden in Abschn 25 noch ausfuumlhrlicher behandelt

Berechnungsmodelle der bdquohoumlheren technischen Mechanikldquo sind

bull Scheiben (ebener Spannungsshy bzw ebener Zustand)bull Plattenbull Schalenbull Torsion prismatischer Koumlrper undbull Kontaktaufgaben

σx

σz

σy

τyxτyz

τzx

τzy

a b

τxy

τxzσ3

σ1

σ2

Abb 22 (a) Normalshy Schubspannungen (b) Hauptspannungen am Bauteilelement

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

10

Mt(s)Mb(s)Fq(s)

yz xs

Fn(s)

a b c d

σn(s) σb(s) τt(s) τq(s)

Abb 23 Spannungen in stabfoumlrmigen Bauelementen (a) Spannung infolge Laumlngskraft Fn(s) (b) Spannung infolge Biegemoment Mb(s) (c) Spannung infolge Torsionsmoment Mt(s) (d) Spannung infolge Querkraft Fq(s)

Tab 21 Elementare Spannungszustaumlnde in stabfoumlrmigen Bauelementen

Schnittgroumlszlige Sinnbild Berechnung Spannungstensor

Normalkraft Fn(s)

Fn(s)σn

σ nnF s

A=

( ) σ1 0 0

0 0 0

0 0 0

σ σ1 = n

Biegemoment Mb(s)

Mb(s)σb

σ bb

z

M s

W=

( )

σ bb

z

M s

Iy=

( )sdot

σ1 0 0

0 0 0

0 0 0

σ σ1 = b

Torsionsmoment Mt(s)

Mt(s)τt τ t

t

t

M s

W=

( )

τ tt

p

M s

Ir=

( )sdot

σσ

1

2

0 0

0 0

0 0 0

σ τ σ1 2= = minusQuerkraft Fq(s)

Fq(s)

τq maxτ q

qF

Amax = χ σσ

1

2

0 0

0 0

0 0 0

σ τ σ1 2= = minus

A hellip QuerschnittsflaumlcheIz It hellip TraumlgheitsmomentWt hellip Widerstandsmomentχ hellip Flaumlchenbeiwert

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

11

Sie sind uumlbersichtsmaumlszligig ebenfalls im Anhang Tafel II1 zusammengestellt Abgeshysehen von Sonderfaumlllen werden diese Spannungszustaumlnde heute mit bdquoFiniteshyElementeshyMethodenldquo berechnet Diese Berechnungen liefern idR den vollstaumlndig besetzten Spannungstensor der sich aber an lastfreien Oberflaumlchen auf zweiachsige Spannungszustaumlnde reduziert

Wegen des gehaumluften Auftretens dieses bdquoebenenldquo Spannungszustandes sei noch ohne Ableitung auf die Formel zur Berechnung der Hauptspannungen

σσ σ σ minus σ

τ1 2

2

2

2 2 =+

plusmn

+x y x y

xy

(27)

und deren anschauliche Darstellung im Mohrschen Kreis (vgl Abb 24) sowie auf die Sonderfaumllle bdquoeinachsiger Spannungszustandldquo und bdquoreiner Schubspannungszustandldquo verwiesen

Wesentlich fuumlr die Werkstoffshy bzw Bauteilschaumldigung ist die Betrachtung und Kenntnis der Zeitfunktionen vorhandener Spannungen Waumlhrend die bdquoStatikldquo vorshyzugsweise von bdquostatischenldquo oder bdquoruhenden Belastungenldquo ausgeht sind Maschishynenbauteile meistens bdquoperiodisch schwingendldquo belastet und beansprucht Hingewiesen sei dabei auf den haumlufig auftretenden Sonderfall der sog bdquoUmlaufbiegungldquo bei dem ein konstantes Biegemoment der Welle eine bdquowechselndeldquo Beanspruchung hervorruft Besondere Betrachtung erfordern bdquostochastischeldquo Belastungen die natuumlrlich auch bdquostochastischeldquo Beanspruchungen mit sich bringen (vgl Abb 25) Diesen Belasshytungsshy und BeanspruchungsshybdquoKollektivenldquo wird in spaumlteren Abschnitten gebuumlhrender Raum zugemessen

σx +σy2

τ

σ2

σy

σx minusσy2

τxy

σ1σx σ

τ

σ2= 0

a

b c

σ1=σxσ σ

σ1=τ σ2=-σ1

τ

Abb 24 Ebener Spannungszustand im Mohrrsquoschen Kreis (a) allgemeiner ebener Spannungsshyzustand (b) einachsiger Spannungszustand (c) Schubspannungszustand

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

12

23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch

Der Konstruktionsprozess bringt eine unendliche Vielfalt technischer Gebilde mit untershyschiedlichster geometrischer Form und verschiedenartiger Werkstoffe hervor die auszligershydem unterschiedlichen Beanspruchungsarten und Belastungsfaumlllen unterliegen

Fuumlr den Sicherheitsnachweis bzgl der zum Versagen fuumlhrenden Belastungen hat es sich als oumlkonomisch und zweckmaumlszligig erwiesen die Belastungsgrenzen der Bauteile durch Vergleich mit dem Versagensverhalten einer uumlberschaubaren Menge idealisierter Pruumlfshykoumlrper die speziellen und in Pruumlfmaschinen realisierbaren Belastungen unterworfen wershyden zu ermitteln Solche Pruumlfkoumlrper sind z B die in Abb 26 dargestellten standardisierten Rundshy und Flachproben

Am einfachsten zu realisieren ist durch die Werkstoffpruumlfung der Zugversuch mit ruhender Belastung Die Belastung wird dabei zuumlgig d h mit konstanter elastischer und schlieszliglich plastischer Dehnungszunahme bis zum Eintreten des Bruches aufgebracht Nach der Form des Bruches sind drei charakteristische Arten von Werkstoffen (vgl Abb 27) zu unterscheiden

bull Werkstoffe die bei ruhender Beanspruchung zum sproumlden Trennbruch neigen (z B Glas Grauguss gehaumlrteter Stahl)

bull Versagen durch Gleitbruch (z B Aluminium Kupfer und Kupferlegierungen)bull Werkstoffe mit ausgepraumlgter Flieszligzone die erst nach Einschnuumlrung einen Trennbruch

zeigen (vorzugsweise Stahl)

Werden bei diesem Pruumlfvorgang die Spannungen uumlber der Dehnung aufgetragen so ergibt sich das aus der Werkstoffpruumlfung bekannte SpannungsshyDehnungsshyDiagramm das abhaumlngig von der Bruchart charakteristische Formen aufweist (vgl Abb 28)

Fuumlr die Auslegung von Bauteilen unter ruhender Belastung sind also nicht nur die vershyschiedenen Brucharten interessant Es muss insbesondere fuumlr Staumlhle mit ausgepraumlgtem Flieszligverhalten bereits von Versagen gesprochen werden wenn das Bauteil durch unzulaumlsshysige plastische Deformationen seine Funktionsfaumlhigkeit verliert

Ausgehend von den fuumlr Staumlben moumlglichen Beanspruchungsarten (s Abschn 22) ergeshyben sich bereits infolge ruhender Beanspruchung theoretisch zehn Werkstoffkennwerte die aus praktischen Gruumlnden auf vier eingeschraumlnkt werden (vgl Tab 22)

Bel

astu

ng b

zw

Bea

nspr

uchu

ng

e

c

b

Zeit

a dAbb 25 Belastungsshy und Beanspruchungsarten (a) ruhend (b) schwellend (c) wechselnd (d) allgemein (e) stochastisch

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

13

Nun sind die meisten Bauteile nicht ruhend sondern periodisch schwingend oder sogar stochastisch belastet bzw beansprucht (vgl Abb 25)

Es ist das Verdienst von August Woumlhler [227] im Jahre 1870 die Dauerschwingfestigkeit der metallischen Werkstoffe entdeckt und in einem noch heute uumlblichen nach ihm benannshyten Diagramm dargestellt zu haben (Abb 29)

Bei schwingender Beanspruchung nimmt die zum Schwingbruch fuumlhrende Lastshywechselzahl N fuumlr abnehmende Spannungshorizonte zu Bis 103hellip104 Lastwechsel spreshychen wir von Kurzzeitfestigkeit (LowshyCycleshyFatigue LCF) Bei Erreichen eines

a b

Abb 26 Pruumlfkoumlrper der Werkstoffpruumlfung (a) Rundprobe (b) Flachprobe

a cb

Abb 27 Brucharten beim Zugversuch (a) Trennbruch bei sproumldem Werkstoff (b) Gleitbruch (c) Trennbruch nach Einschnuumlrung und Verfestigung

23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch

14

Spannungshorizontes σD wird schlieszliglich eine gegen unendlich gehende Lastwechselzahl ertragen wir sprechen von Dauerfestigkeit (VeryshyHighshyCycleshyFatigue VHCF) Der Uumlbergang zur bdquoDauerschwingfestigkeitldquo wird bei NG = 106 hellip 107 Lastwechseln beobachshytet d h die meisten Maschinen wie Motoren und durch sie angetriebene Arbeitsmaschinen uumlberschreiten diese Grenzlastwechselzahl nach wenigen Tagen sie sind also nach bdquoDauerfestigkeitldquo auszulegen Dieses Dauerfestigkeitsverhalten der metallischen Werkstoffe welches durch abnehmende Ausschlagfestigkeiten bei zunehmender Mitshytelspannung gekennzeichnet ist laumlsst sich in sogenannten Dauerfestigkeitsschaubildern darstellen (vgl Abb 210)

Durch die Unterdruumlckung des Zeitparameters wird auch fuumlr diese Faumllle eine bdquoSicherheitsberechnungldquo moumlglich

Abb 28 Spannungsshy Dehnungsshy Diagramm fuumlr sproumlde und elastischshyplastische Werkstoffe (a) ausgepraumlgte Streckgrenze (b) nicht ausgepraumlgte Streckgrenze (c) sproumlde Werkstoffe

Beanspru-chungsart

Art des Versagens

Flieszligen Bruch

Zug Streckgrenzeoder

02 Dehngrenze

Re (oder σF bzw σS)Rp02 (oder σ02)

Zug- oderBruchfestigkeit Rm oder σB

Druck Quetschgrenze σdF Druckfestigkeit σdB

Biegung Biegeflieszliggrenze σbF Biegebruchfestigkeit σbB

Torsion Torsions-flieszliggrenze

τtF Torsionsbruch-festigkeit

τtB

Abscheren Scherflieszliggrenze τsF Scherfestigkeit τsB

vorzugsweise zu bestimmende Groumlszligen

Tab 22 Versagenskennwerte (Werkstofffestigkeiten) bei ruhender Belastung

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

Page 17: Dietrich Schlottmann Henrik Schnegas Auslegung von … · 2016. 7. 1. · VDI-Buch, DOI 10.1007/978-3-662-48807-2_1 Auslegung von Maschinen- und 1 Konstruktionselementen eine wesentliche

7copy Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016D Schlottmann H Schnegas Auslegung von Konstruktionselementen VDI-Buch DOI 101007978-3-662-48807-2_2

2Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

21 Auslegung dargestellt am klassischen Sicherheitsbegriff

Schon in dem 1862 erschienenen wohl ersten deutschsprachigem Lehrbuch der Konstruktionslehre von MollReuleaux [212] wird der Sicherheitsbegriff mit einer Zahl S gt1 in Verbindung gebracht die das unzulaumlssige Uumlberschreiten von Belastungen begrenshyzen soll Dem Text ist bereits sinngemaumlszlig zu entnehmen dass die beim bdquoGebrauch des Bauteils vorhandenen Belastungen immer kleiner sein muumlssen als die maximal moumlglishychen bzw zum Versagen fuumlhrendenldquo Es wird bereits das Versagen durch Flieszligen und Bruch unterschieden Allgemein koumlnnen wir schreiben

B Bvorhanden versagenlt (21)

Dabei sollen unter Belastungen B sowohl Kraumlfte als auch Momente verstanden werden (vgl Abb 21) Entsprechend der bereits in [213] getroffenen Definition der Sicherheit als Faktor S gt 1 kann fuumlr Gl (21) auch geschrieben werden

B S Bvorh vers sdot = (22)

und damit

S

B

Bvers

vorh

=

(23)

Fuumlr eine verallgemeinerte Sicherheitsberechnung (vgl ebenfalls [212]) erweist es sich als zweckmaumlszligig nicht Belastungen sondern zum Versagen fuumlhrende Spannungen σ im Weiteren auch Beanspruchungen genannt uumlber eine analoge Sicherheitszahl zu vergleichen

8

So gilt auch

S vers

vorh

=σσ

(24)

Der Vorteil einer Sicherheitsberechnung uumlber Spannungen wird bereits erkennbar wenn mehrere am Bauteil angreifende Belastungen an der gleichen Schnittflaumlche Spannungen hervorrufen Im Sinne der linearen Elastizitaumltstheorie gilt dann das Superpositionsprinzip

σ σ= sum i (25)

mit i = 123hellip welches wegen der oft unterschiedlichen schaumldigenden Wirkung spaumlter allerdings in

Frage zu stellen istIn der Praxis tritt dieser einfache Sonderfall jedoch nur selten auf Beispiele waumlren

bdquoscheibenartigeldquo Bauteile mit bdquolastfreienldquo Oberflaumlchen oder bdquoeinachsigldquo beanspruchte Staumlbe Haumlufig anzutreffen ist dagegen die Kombination einer Normalspannung σ mit einer Schubspannung τ wie spaumlter noch gezeigt wird

Fuumlr das allgemeine raumlumliche Bauteil muss an einem Element mit

3 Normalspannungen und6 Schubspannungen

gerechnet werden (vgl Abb 22) wobei die Schubspannungen sich wegen der bdquoGegenseitigkeitldquo auf drei reduzieren

Die Spannungen lassen sich anschaulich in Spannungstensoren darstellen wobei fuumlr homogene und isotrope Werkstoffe jeder Spannungstensor in einen Hauptspannungstensor uumlberfuumlhrt werden kann fuumlr den die Schubspannungen zu Null werden (vgl dazu elastizishytaumltstheoretische Fachbuumlcher wie z B [222 223])

σ

σ τ τ

τ σ τ

τ τ σ

σσ

σ

T

x xy xz

yx y yz

zx zy z

=

rarr

1

2

3

0 0

0 0

0 0

(26)

Abb 21 Scheibenfoumlrmiges Bauteil mit Belastungen Bi (FhellipKraumlfte M hellip Momente)

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

9

Auf die Berechnung dieser Spannungstensoren im Sinne vorhandener Spannungen soll in Abschnitt 22 uumlbersichtsmaumlszligig eingegangen werden

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

Die Berechnung der vorhandenen Spannungen ist die Aufgabe der Elastizitaumltstheorie daher soll hier nur ein systematischer Uumlberblick gegeben werden

Das einfachste Modell eines realen Bauteils wird durch den Stab realisiert Ausshygehend von aumluszligeren Belastungen werden zunaumlchst die Auflagerreaktionen des Systems bestimmt um dann die sogenannten Schnittgroumlszligen zu berechnen Diese Elementarkenntnisse werden vorausgesetzt In einer Schnittstelle x oder s (x i d R fuumlr den geraden s fuumlr den gekruumlmmten Stab) wirken die Schnittgroumlszligen Normalkraft Fn(s) Biegemoment Mb(s) Torsionsmoment Mt(s) und Querkraft Fq(s) (vgl Abb 23) aus denen sich die Spannungen σzd σb τt und τq nach den in Tab 21 angegebenen Formeln berechnen lassen

Auch hier gilt die Bemerkung dass im elastizitaumltstheoretischem Sinne σzd und σb sowie τt und τq bei Uumlbereinstimmung von Schnittflaumlchen und Richtung addiert werden duumlrfen was im Folgenden wegen der unterschiedlichen schaumldigenden Wirkung nur mit einer entshysprechenden Gewichtung zugelassen werden soll

Neben dem Stabmodell sind auch die Vollwelle unter Auszligendruck die Bohrung in der unendlichen Scheibe unter achsensymmetrischer radialer Pressung und der duumlnnwandige Kessel als bdquoelementareldquo Spannungszustaumlnde anzusehen (vgl Tafel II1 im Anhang) Querschnittsaumlnderungen insbesondere des Stabes und andere Formabweichungen der eleshymentaren Berechnungsmodelle werden in Abschn 25 noch ausfuumlhrlicher behandelt

Berechnungsmodelle der bdquohoumlheren technischen Mechanikldquo sind

bull Scheiben (ebener Spannungsshy bzw ebener Zustand)bull Plattenbull Schalenbull Torsion prismatischer Koumlrper undbull Kontaktaufgaben

σx

σz

σy

τyxτyz

τzx

τzy

a b

τxy

τxzσ3

σ1

σ2

Abb 22 (a) Normalshy Schubspannungen (b) Hauptspannungen am Bauteilelement

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

10

Mt(s)Mb(s)Fq(s)

yz xs

Fn(s)

a b c d

σn(s) σb(s) τt(s) τq(s)

Abb 23 Spannungen in stabfoumlrmigen Bauelementen (a) Spannung infolge Laumlngskraft Fn(s) (b) Spannung infolge Biegemoment Mb(s) (c) Spannung infolge Torsionsmoment Mt(s) (d) Spannung infolge Querkraft Fq(s)

Tab 21 Elementare Spannungszustaumlnde in stabfoumlrmigen Bauelementen

Schnittgroumlszlige Sinnbild Berechnung Spannungstensor

Normalkraft Fn(s)

Fn(s)σn

σ nnF s

A=

( ) σ1 0 0

0 0 0

0 0 0

σ σ1 = n

Biegemoment Mb(s)

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Fq(s)

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Amax = χ σσ

1

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σ τ σ1 2= = minus

A hellip QuerschnittsflaumlcheIz It hellip TraumlgheitsmomentWt hellip Widerstandsmomentχ hellip Flaumlchenbeiwert

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

11

Sie sind uumlbersichtsmaumlszligig ebenfalls im Anhang Tafel II1 zusammengestellt Abgeshysehen von Sonderfaumlllen werden diese Spannungszustaumlnde heute mit bdquoFiniteshyElementeshyMethodenldquo berechnet Diese Berechnungen liefern idR den vollstaumlndig besetzten Spannungstensor der sich aber an lastfreien Oberflaumlchen auf zweiachsige Spannungszustaumlnde reduziert

Wegen des gehaumluften Auftretens dieses bdquoebenenldquo Spannungszustandes sei noch ohne Ableitung auf die Formel zur Berechnung der Hauptspannungen

σσ σ σ minus σ

τ1 2

2

2

2 2 =+

plusmn

+x y x y

xy

(27)

und deren anschauliche Darstellung im Mohrschen Kreis (vgl Abb 24) sowie auf die Sonderfaumllle bdquoeinachsiger Spannungszustandldquo und bdquoreiner Schubspannungszustandldquo verwiesen

Wesentlich fuumlr die Werkstoffshy bzw Bauteilschaumldigung ist die Betrachtung und Kenntnis der Zeitfunktionen vorhandener Spannungen Waumlhrend die bdquoStatikldquo vorshyzugsweise von bdquostatischenldquo oder bdquoruhenden Belastungenldquo ausgeht sind Maschishynenbauteile meistens bdquoperiodisch schwingendldquo belastet und beansprucht Hingewiesen sei dabei auf den haumlufig auftretenden Sonderfall der sog bdquoUmlaufbiegungldquo bei dem ein konstantes Biegemoment der Welle eine bdquowechselndeldquo Beanspruchung hervorruft Besondere Betrachtung erfordern bdquostochastischeldquo Belastungen die natuumlrlich auch bdquostochastischeldquo Beanspruchungen mit sich bringen (vgl Abb 25) Diesen Belasshytungsshy und BeanspruchungsshybdquoKollektivenldquo wird in spaumlteren Abschnitten gebuumlhrender Raum zugemessen

σx +σy2

τ

σ2

σy

σx minusσy2

τxy

σ1σx σ

τ

σ2= 0

a

b c

σ1=σxσ σ

σ1=τ σ2=-σ1

τ

Abb 24 Ebener Spannungszustand im Mohrrsquoschen Kreis (a) allgemeiner ebener Spannungsshyzustand (b) einachsiger Spannungszustand (c) Schubspannungszustand

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

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23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch

Der Konstruktionsprozess bringt eine unendliche Vielfalt technischer Gebilde mit untershyschiedlichster geometrischer Form und verschiedenartiger Werkstoffe hervor die auszligershydem unterschiedlichen Beanspruchungsarten und Belastungsfaumlllen unterliegen

Fuumlr den Sicherheitsnachweis bzgl der zum Versagen fuumlhrenden Belastungen hat es sich als oumlkonomisch und zweckmaumlszligig erwiesen die Belastungsgrenzen der Bauteile durch Vergleich mit dem Versagensverhalten einer uumlberschaubaren Menge idealisierter Pruumlfshykoumlrper die speziellen und in Pruumlfmaschinen realisierbaren Belastungen unterworfen wershyden zu ermitteln Solche Pruumlfkoumlrper sind z B die in Abb 26 dargestellten standardisierten Rundshy und Flachproben

Am einfachsten zu realisieren ist durch die Werkstoffpruumlfung der Zugversuch mit ruhender Belastung Die Belastung wird dabei zuumlgig d h mit konstanter elastischer und schlieszliglich plastischer Dehnungszunahme bis zum Eintreten des Bruches aufgebracht Nach der Form des Bruches sind drei charakteristische Arten von Werkstoffen (vgl Abb 27) zu unterscheiden

bull Werkstoffe die bei ruhender Beanspruchung zum sproumlden Trennbruch neigen (z B Glas Grauguss gehaumlrteter Stahl)

bull Versagen durch Gleitbruch (z B Aluminium Kupfer und Kupferlegierungen)bull Werkstoffe mit ausgepraumlgter Flieszligzone die erst nach Einschnuumlrung einen Trennbruch

zeigen (vorzugsweise Stahl)

Werden bei diesem Pruumlfvorgang die Spannungen uumlber der Dehnung aufgetragen so ergibt sich das aus der Werkstoffpruumlfung bekannte SpannungsshyDehnungsshyDiagramm das abhaumlngig von der Bruchart charakteristische Formen aufweist (vgl Abb 28)

Fuumlr die Auslegung von Bauteilen unter ruhender Belastung sind also nicht nur die vershyschiedenen Brucharten interessant Es muss insbesondere fuumlr Staumlhle mit ausgepraumlgtem Flieszligverhalten bereits von Versagen gesprochen werden wenn das Bauteil durch unzulaumlsshysige plastische Deformationen seine Funktionsfaumlhigkeit verliert

Ausgehend von den fuumlr Staumlben moumlglichen Beanspruchungsarten (s Abschn 22) ergeshyben sich bereits infolge ruhender Beanspruchung theoretisch zehn Werkstoffkennwerte die aus praktischen Gruumlnden auf vier eingeschraumlnkt werden (vgl Tab 22)

Bel

astu

ng b

zw

Bea

nspr

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Zeit

a dAbb 25 Belastungsshy und Beanspruchungsarten (a) ruhend (b) schwellend (c) wechselnd (d) allgemein (e) stochastisch

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

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Nun sind die meisten Bauteile nicht ruhend sondern periodisch schwingend oder sogar stochastisch belastet bzw beansprucht (vgl Abb 25)

Es ist das Verdienst von August Woumlhler [227] im Jahre 1870 die Dauerschwingfestigkeit der metallischen Werkstoffe entdeckt und in einem noch heute uumlblichen nach ihm benannshyten Diagramm dargestellt zu haben (Abb 29)

Bei schwingender Beanspruchung nimmt die zum Schwingbruch fuumlhrende Lastshywechselzahl N fuumlr abnehmende Spannungshorizonte zu Bis 103hellip104 Lastwechsel spreshychen wir von Kurzzeitfestigkeit (LowshyCycleshyFatigue LCF) Bei Erreichen eines

a b

Abb 26 Pruumlfkoumlrper der Werkstoffpruumlfung (a) Rundprobe (b) Flachprobe

a cb

Abb 27 Brucharten beim Zugversuch (a) Trennbruch bei sproumldem Werkstoff (b) Gleitbruch (c) Trennbruch nach Einschnuumlrung und Verfestigung

23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch

14

Spannungshorizontes σD wird schlieszliglich eine gegen unendlich gehende Lastwechselzahl ertragen wir sprechen von Dauerfestigkeit (VeryshyHighshyCycleshyFatigue VHCF) Der Uumlbergang zur bdquoDauerschwingfestigkeitldquo wird bei NG = 106 hellip 107 Lastwechseln beobachshytet d h die meisten Maschinen wie Motoren und durch sie angetriebene Arbeitsmaschinen uumlberschreiten diese Grenzlastwechselzahl nach wenigen Tagen sie sind also nach bdquoDauerfestigkeitldquo auszulegen Dieses Dauerfestigkeitsverhalten der metallischen Werkstoffe welches durch abnehmende Ausschlagfestigkeiten bei zunehmender Mitshytelspannung gekennzeichnet ist laumlsst sich in sogenannten Dauerfestigkeitsschaubildern darstellen (vgl Abb 210)

Durch die Unterdruumlckung des Zeitparameters wird auch fuumlr diese Faumllle eine bdquoSicherheitsberechnungldquo moumlglich

Abb 28 Spannungsshy Dehnungsshy Diagramm fuumlr sproumlde und elastischshyplastische Werkstoffe (a) ausgepraumlgte Streckgrenze (b) nicht ausgepraumlgte Streckgrenze (c) sproumlde Werkstoffe

Beanspru-chungsart

Art des Versagens

Flieszligen Bruch

Zug Streckgrenzeoder

02 Dehngrenze

Re (oder σF bzw σS)Rp02 (oder σ02)

Zug- oderBruchfestigkeit Rm oder σB

Druck Quetschgrenze σdF Druckfestigkeit σdB

Biegung Biegeflieszliggrenze σbF Biegebruchfestigkeit σbB

Torsion Torsions-flieszliggrenze

τtF Torsionsbruch-festigkeit

τtB

Abscheren Scherflieszliggrenze τsF Scherfestigkeit τsB

vorzugsweise zu bestimmende Groumlszligen

Tab 22 Versagenskennwerte (Werkstofffestigkeiten) bei ruhender Belastung

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

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8

So gilt auch

S vers

vorh

=σσ

(24)

Der Vorteil einer Sicherheitsberechnung uumlber Spannungen wird bereits erkennbar wenn mehrere am Bauteil angreifende Belastungen an der gleichen Schnittflaumlche Spannungen hervorrufen Im Sinne der linearen Elastizitaumltstheorie gilt dann das Superpositionsprinzip

σ σ= sum i (25)

mit i = 123hellip welches wegen der oft unterschiedlichen schaumldigenden Wirkung spaumlter allerdings in

Frage zu stellen istIn der Praxis tritt dieser einfache Sonderfall jedoch nur selten auf Beispiele waumlren

bdquoscheibenartigeldquo Bauteile mit bdquolastfreienldquo Oberflaumlchen oder bdquoeinachsigldquo beanspruchte Staumlbe Haumlufig anzutreffen ist dagegen die Kombination einer Normalspannung σ mit einer Schubspannung τ wie spaumlter noch gezeigt wird

Fuumlr das allgemeine raumlumliche Bauteil muss an einem Element mit

3 Normalspannungen und6 Schubspannungen

gerechnet werden (vgl Abb 22) wobei die Schubspannungen sich wegen der bdquoGegenseitigkeitldquo auf drei reduzieren

Die Spannungen lassen sich anschaulich in Spannungstensoren darstellen wobei fuumlr homogene und isotrope Werkstoffe jeder Spannungstensor in einen Hauptspannungstensor uumlberfuumlhrt werden kann fuumlr den die Schubspannungen zu Null werden (vgl dazu elastizishytaumltstheoretische Fachbuumlcher wie z B [222 223])

σ

σ τ τ

τ σ τ

τ τ σ

σσ

σ

T

x xy xz

yx y yz

zx zy z

=

rarr

1

2

3

0 0

0 0

0 0

(26)

Abb 21 Scheibenfoumlrmiges Bauteil mit Belastungen Bi (FhellipKraumlfte M hellip Momente)

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

9

Auf die Berechnung dieser Spannungstensoren im Sinne vorhandener Spannungen soll in Abschnitt 22 uumlbersichtsmaumlszligig eingegangen werden

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

Die Berechnung der vorhandenen Spannungen ist die Aufgabe der Elastizitaumltstheorie daher soll hier nur ein systematischer Uumlberblick gegeben werden

Das einfachste Modell eines realen Bauteils wird durch den Stab realisiert Ausshygehend von aumluszligeren Belastungen werden zunaumlchst die Auflagerreaktionen des Systems bestimmt um dann die sogenannten Schnittgroumlszligen zu berechnen Diese Elementarkenntnisse werden vorausgesetzt In einer Schnittstelle x oder s (x i d R fuumlr den geraden s fuumlr den gekruumlmmten Stab) wirken die Schnittgroumlszligen Normalkraft Fn(s) Biegemoment Mb(s) Torsionsmoment Mt(s) und Querkraft Fq(s) (vgl Abb 23) aus denen sich die Spannungen σzd σb τt und τq nach den in Tab 21 angegebenen Formeln berechnen lassen

Auch hier gilt die Bemerkung dass im elastizitaumltstheoretischem Sinne σzd und σb sowie τt und τq bei Uumlbereinstimmung von Schnittflaumlchen und Richtung addiert werden duumlrfen was im Folgenden wegen der unterschiedlichen schaumldigenden Wirkung nur mit einer entshysprechenden Gewichtung zugelassen werden soll

Neben dem Stabmodell sind auch die Vollwelle unter Auszligendruck die Bohrung in der unendlichen Scheibe unter achsensymmetrischer radialer Pressung und der duumlnnwandige Kessel als bdquoelementareldquo Spannungszustaumlnde anzusehen (vgl Tafel II1 im Anhang) Querschnittsaumlnderungen insbesondere des Stabes und andere Formabweichungen der eleshymentaren Berechnungsmodelle werden in Abschn 25 noch ausfuumlhrlicher behandelt

Berechnungsmodelle der bdquohoumlheren technischen Mechanikldquo sind

bull Scheiben (ebener Spannungsshy bzw ebener Zustand)bull Plattenbull Schalenbull Torsion prismatischer Koumlrper undbull Kontaktaufgaben

σx

σz

σy

τyxτyz

τzx

τzy

a b

τxy

τxzσ3

σ1

σ2

Abb 22 (a) Normalshy Schubspannungen (b) Hauptspannungen am Bauteilelement

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

10

Mt(s)Mb(s)Fq(s)

yz xs

Fn(s)

a b c d

σn(s) σb(s) τt(s) τq(s)

Abb 23 Spannungen in stabfoumlrmigen Bauelementen (a) Spannung infolge Laumlngskraft Fn(s) (b) Spannung infolge Biegemoment Mb(s) (c) Spannung infolge Torsionsmoment Mt(s) (d) Spannung infolge Querkraft Fq(s)

Tab 21 Elementare Spannungszustaumlnde in stabfoumlrmigen Bauelementen

Schnittgroumlszlige Sinnbild Berechnung Spannungstensor

Normalkraft Fn(s)

Fn(s)σn

σ nnF s

A=

( ) σ1 0 0

0 0 0

0 0 0

σ σ1 = n

Biegemoment Mb(s)

Mb(s)σb

σ bb

z

M s

W=

( )

σ bb

z

M s

Iy=

( )sdot

σ1 0 0

0 0 0

0 0 0

σ σ1 = b

Torsionsmoment Mt(s)

Mt(s)τt τ t

t

t

M s

W=

( )

τ tt

p

M s

Ir=

( )sdot

σσ

1

2

0 0

0 0

0 0 0

σ τ σ1 2= = minusQuerkraft Fq(s)

Fq(s)

τq maxτ q

qF

Amax = χ σσ

1

2

0 0

0 0

0 0 0

σ τ σ1 2= = minus

A hellip QuerschnittsflaumlcheIz It hellip TraumlgheitsmomentWt hellip Widerstandsmomentχ hellip Flaumlchenbeiwert

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

11

Sie sind uumlbersichtsmaumlszligig ebenfalls im Anhang Tafel II1 zusammengestellt Abgeshysehen von Sonderfaumlllen werden diese Spannungszustaumlnde heute mit bdquoFiniteshyElementeshyMethodenldquo berechnet Diese Berechnungen liefern idR den vollstaumlndig besetzten Spannungstensor der sich aber an lastfreien Oberflaumlchen auf zweiachsige Spannungszustaumlnde reduziert

Wegen des gehaumluften Auftretens dieses bdquoebenenldquo Spannungszustandes sei noch ohne Ableitung auf die Formel zur Berechnung der Hauptspannungen

σσ σ σ minus σ

τ1 2

2

2

2 2 =+

plusmn

+x y x y

xy

(27)

und deren anschauliche Darstellung im Mohrschen Kreis (vgl Abb 24) sowie auf die Sonderfaumllle bdquoeinachsiger Spannungszustandldquo und bdquoreiner Schubspannungszustandldquo verwiesen

Wesentlich fuumlr die Werkstoffshy bzw Bauteilschaumldigung ist die Betrachtung und Kenntnis der Zeitfunktionen vorhandener Spannungen Waumlhrend die bdquoStatikldquo vorshyzugsweise von bdquostatischenldquo oder bdquoruhenden Belastungenldquo ausgeht sind Maschishynenbauteile meistens bdquoperiodisch schwingendldquo belastet und beansprucht Hingewiesen sei dabei auf den haumlufig auftretenden Sonderfall der sog bdquoUmlaufbiegungldquo bei dem ein konstantes Biegemoment der Welle eine bdquowechselndeldquo Beanspruchung hervorruft Besondere Betrachtung erfordern bdquostochastischeldquo Belastungen die natuumlrlich auch bdquostochastischeldquo Beanspruchungen mit sich bringen (vgl Abb 25) Diesen Belasshytungsshy und BeanspruchungsshybdquoKollektivenldquo wird in spaumlteren Abschnitten gebuumlhrender Raum zugemessen

σx +σy2

τ

σ2

σy

σx minusσy2

τxy

σ1σx σ

τ

σ2= 0

a

b c

σ1=σxσ σ

σ1=τ σ2=-σ1

τ

Abb 24 Ebener Spannungszustand im Mohrrsquoschen Kreis (a) allgemeiner ebener Spannungsshyzustand (b) einachsiger Spannungszustand (c) Schubspannungszustand

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

12

23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch

Der Konstruktionsprozess bringt eine unendliche Vielfalt technischer Gebilde mit untershyschiedlichster geometrischer Form und verschiedenartiger Werkstoffe hervor die auszligershydem unterschiedlichen Beanspruchungsarten und Belastungsfaumlllen unterliegen

Fuumlr den Sicherheitsnachweis bzgl der zum Versagen fuumlhrenden Belastungen hat es sich als oumlkonomisch und zweckmaumlszligig erwiesen die Belastungsgrenzen der Bauteile durch Vergleich mit dem Versagensverhalten einer uumlberschaubaren Menge idealisierter Pruumlfshykoumlrper die speziellen und in Pruumlfmaschinen realisierbaren Belastungen unterworfen wershyden zu ermitteln Solche Pruumlfkoumlrper sind z B die in Abb 26 dargestellten standardisierten Rundshy und Flachproben

Am einfachsten zu realisieren ist durch die Werkstoffpruumlfung der Zugversuch mit ruhender Belastung Die Belastung wird dabei zuumlgig d h mit konstanter elastischer und schlieszliglich plastischer Dehnungszunahme bis zum Eintreten des Bruches aufgebracht Nach der Form des Bruches sind drei charakteristische Arten von Werkstoffen (vgl Abb 27) zu unterscheiden

bull Werkstoffe die bei ruhender Beanspruchung zum sproumlden Trennbruch neigen (z B Glas Grauguss gehaumlrteter Stahl)

bull Versagen durch Gleitbruch (z B Aluminium Kupfer und Kupferlegierungen)bull Werkstoffe mit ausgepraumlgter Flieszligzone die erst nach Einschnuumlrung einen Trennbruch

zeigen (vorzugsweise Stahl)

Werden bei diesem Pruumlfvorgang die Spannungen uumlber der Dehnung aufgetragen so ergibt sich das aus der Werkstoffpruumlfung bekannte SpannungsshyDehnungsshyDiagramm das abhaumlngig von der Bruchart charakteristische Formen aufweist (vgl Abb 28)

Fuumlr die Auslegung von Bauteilen unter ruhender Belastung sind also nicht nur die vershyschiedenen Brucharten interessant Es muss insbesondere fuumlr Staumlhle mit ausgepraumlgtem Flieszligverhalten bereits von Versagen gesprochen werden wenn das Bauteil durch unzulaumlsshysige plastische Deformationen seine Funktionsfaumlhigkeit verliert

Ausgehend von den fuumlr Staumlben moumlglichen Beanspruchungsarten (s Abschn 22) ergeshyben sich bereits infolge ruhender Beanspruchung theoretisch zehn Werkstoffkennwerte die aus praktischen Gruumlnden auf vier eingeschraumlnkt werden (vgl Tab 22)

Bel

astu

ng b

zw

Bea

nspr

uchu

ng

e

c

b

Zeit

a dAbb 25 Belastungsshy und Beanspruchungsarten (a) ruhend (b) schwellend (c) wechselnd (d) allgemein (e) stochastisch

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

13

Nun sind die meisten Bauteile nicht ruhend sondern periodisch schwingend oder sogar stochastisch belastet bzw beansprucht (vgl Abb 25)

Es ist das Verdienst von August Woumlhler [227] im Jahre 1870 die Dauerschwingfestigkeit der metallischen Werkstoffe entdeckt und in einem noch heute uumlblichen nach ihm benannshyten Diagramm dargestellt zu haben (Abb 29)

Bei schwingender Beanspruchung nimmt die zum Schwingbruch fuumlhrende Lastshywechselzahl N fuumlr abnehmende Spannungshorizonte zu Bis 103hellip104 Lastwechsel spreshychen wir von Kurzzeitfestigkeit (LowshyCycleshyFatigue LCF) Bei Erreichen eines

a b

Abb 26 Pruumlfkoumlrper der Werkstoffpruumlfung (a) Rundprobe (b) Flachprobe

a cb

Abb 27 Brucharten beim Zugversuch (a) Trennbruch bei sproumldem Werkstoff (b) Gleitbruch (c) Trennbruch nach Einschnuumlrung und Verfestigung

23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch

14

Spannungshorizontes σD wird schlieszliglich eine gegen unendlich gehende Lastwechselzahl ertragen wir sprechen von Dauerfestigkeit (VeryshyHighshyCycleshyFatigue VHCF) Der Uumlbergang zur bdquoDauerschwingfestigkeitldquo wird bei NG = 106 hellip 107 Lastwechseln beobachshytet d h die meisten Maschinen wie Motoren und durch sie angetriebene Arbeitsmaschinen uumlberschreiten diese Grenzlastwechselzahl nach wenigen Tagen sie sind also nach bdquoDauerfestigkeitldquo auszulegen Dieses Dauerfestigkeitsverhalten der metallischen Werkstoffe welches durch abnehmende Ausschlagfestigkeiten bei zunehmender Mitshytelspannung gekennzeichnet ist laumlsst sich in sogenannten Dauerfestigkeitsschaubildern darstellen (vgl Abb 210)

Durch die Unterdruumlckung des Zeitparameters wird auch fuumlr diese Faumllle eine bdquoSicherheitsberechnungldquo moumlglich

Abb 28 Spannungsshy Dehnungsshy Diagramm fuumlr sproumlde und elastischshyplastische Werkstoffe (a) ausgepraumlgte Streckgrenze (b) nicht ausgepraumlgte Streckgrenze (c) sproumlde Werkstoffe

Beanspru-chungsart

Art des Versagens

Flieszligen Bruch

Zug Streckgrenzeoder

02 Dehngrenze

Re (oder σF bzw σS)Rp02 (oder σ02)

Zug- oderBruchfestigkeit Rm oder σB

Druck Quetschgrenze σdF Druckfestigkeit σdB

Biegung Biegeflieszliggrenze σbF Biegebruchfestigkeit σbB

Torsion Torsions-flieszliggrenze

τtF Torsionsbruch-festigkeit

τtB

Abscheren Scherflieszliggrenze τsF Scherfestigkeit τsB

vorzugsweise zu bestimmende Groumlszligen

Tab 22 Versagenskennwerte (Werkstofffestigkeiten) bei ruhender Belastung

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

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9

Auf die Berechnung dieser Spannungstensoren im Sinne vorhandener Spannungen soll in Abschnitt 22 uumlbersichtsmaumlszligig eingegangen werden

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

Die Berechnung der vorhandenen Spannungen ist die Aufgabe der Elastizitaumltstheorie daher soll hier nur ein systematischer Uumlberblick gegeben werden

Das einfachste Modell eines realen Bauteils wird durch den Stab realisiert Ausshygehend von aumluszligeren Belastungen werden zunaumlchst die Auflagerreaktionen des Systems bestimmt um dann die sogenannten Schnittgroumlszligen zu berechnen Diese Elementarkenntnisse werden vorausgesetzt In einer Schnittstelle x oder s (x i d R fuumlr den geraden s fuumlr den gekruumlmmten Stab) wirken die Schnittgroumlszligen Normalkraft Fn(s) Biegemoment Mb(s) Torsionsmoment Mt(s) und Querkraft Fq(s) (vgl Abb 23) aus denen sich die Spannungen σzd σb τt und τq nach den in Tab 21 angegebenen Formeln berechnen lassen

Auch hier gilt die Bemerkung dass im elastizitaumltstheoretischem Sinne σzd und σb sowie τt und τq bei Uumlbereinstimmung von Schnittflaumlchen und Richtung addiert werden duumlrfen was im Folgenden wegen der unterschiedlichen schaumldigenden Wirkung nur mit einer entshysprechenden Gewichtung zugelassen werden soll

Neben dem Stabmodell sind auch die Vollwelle unter Auszligendruck die Bohrung in der unendlichen Scheibe unter achsensymmetrischer radialer Pressung und der duumlnnwandige Kessel als bdquoelementareldquo Spannungszustaumlnde anzusehen (vgl Tafel II1 im Anhang) Querschnittsaumlnderungen insbesondere des Stabes und andere Formabweichungen der eleshymentaren Berechnungsmodelle werden in Abschn 25 noch ausfuumlhrlicher behandelt

Berechnungsmodelle der bdquohoumlheren technischen Mechanikldquo sind

bull Scheiben (ebener Spannungsshy bzw ebener Zustand)bull Plattenbull Schalenbull Torsion prismatischer Koumlrper undbull Kontaktaufgaben

σx

σz

σy

τyxτyz

τzx

τzy

a b

τxy

τxzσ3

σ1

σ2

Abb 22 (a) Normalshy Schubspannungen (b) Hauptspannungen am Bauteilelement

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

10

Mt(s)Mb(s)Fq(s)

yz xs

Fn(s)

a b c d

σn(s) σb(s) τt(s) τq(s)

Abb 23 Spannungen in stabfoumlrmigen Bauelementen (a) Spannung infolge Laumlngskraft Fn(s) (b) Spannung infolge Biegemoment Mb(s) (c) Spannung infolge Torsionsmoment Mt(s) (d) Spannung infolge Querkraft Fq(s)

Tab 21 Elementare Spannungszustaumlnde in stabfoumlrmigen Bauelementen

Schnittgroumlszlige Sinnbild Berechnung Spannungstensor

Normalkraft Fn(s)

Fn(s)σn

σ nnF s

A=

( ) σ1 0 0

0 0 0

0 0 0

σ σ1 = n

Biegemoment Mb(s)

Mb(s)σb

σ bb

z

M s

W=

( )

σ bb

z

M s

Iy=

( )sdot

σ1 0 0

0 0 0

0 0 0

σ σ1 = b

Torsionsmoment Mt(s)

Mt(s)τt τ t

t

t

M s

W=

( )

τ tt

p

M s

Ir=

( )sdot

σσ

1

2

0 0

0 0

0 0 0

σ τ σ1 2= = minusQuerkraft Fq(s)

Fq(s)

τq maxτ q

qF

Amax = χ σσ

1

2

0 0

0 0

0 0 0

σ τ σ1 2= = minus

A hellip QuerschnittsflaumlcheIz It hellip TraumlgheitsmomentWt hellip Widerstandsmomentχ hellip Flaumlchenbeiwert

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

11

Sie sind uumlbersichtsmaumlszligig ebenfalls im Anhang Tafel II1 zusammengestellt Abgeshysehen von Sonderfaumlllen werden diese Spannungszustaumlnde heute mit bdquoFiniteshyElementeshyMethodenldquo berechnet Diese Berechnungen liefern idR den vollstaumlndig besetzten Spannungstensor der sich aber an lastfreien Oberflaumlchen auf zweiachsige Spannungszustaumlnde reduziert

Wegen des gehaumluften Auftretens dieses bdquoebenenldquo Spannungszustandes sei noch ohne Ableitung auf die Formel zur Berechnung der Hauptspannungen

σσ σ σ minus σ

τ1 2

2

2

2 2 =+

plusmn

+x y x y

xy

(27)

und deren anschauliche Darstellung im Mohrschen Kreis (vgl Abb 24) sowie auf die Sonderfaumllle bdquoeinachsiger Spannungszustandldquo und bdquoreiner Schubspannungszustandldquo verwiesen

Wesentlich fuumlr die Werkstoffshy bzw Bauteilschaumldigung ist die Betrachtung und Kenntnis der Zeitfunktionen vorhandener Spannungen Waumlhrend die bdquoStatikldquo vorshyzugsweise von bdquostatischenldquo oder bdquoruhenden Belastungenldquo ausgeht sind Maschishynenbauteile meistens bdquoperiodisch schwingendldquo belastet und beansprucht Hingewiesen sei dabei auf den haumlufig auftretenden Sonderfall der sog bdquoUmlaufbiegungldquo bei dem ein konstantes Biegemoment der Welle eine bdquowechselndeldquo Beanspruchung hervorruft Besondere Betrachtung erfordern bdquostochastischeldquo Belastungen die natuumlrlich auch bdquostochastischeldquo Beanspruchungen mit sich bringen (vgl Abb 25) Diesen Belasshytungsshy und BeanspruchungsshybdquoKollektivenldquo wird in spaumlteren Abschnitten gebuumlhrender Raum zugemessen

σx +σy2

τ

σ2

σy

σx minusσy2

τxy

σ1σx σ

τ

σ2= 0

a

b c

σ1=σxσ σ

σ1=τ σ2=-σ1

τ

Abb 24 Ebener Spannungszustand im Mohrrsquoschen Kreis (a) allgemeiner ebener Spannungsshyzustand (b) einachsiger Spannungszustand (c) Schubspannungszustand

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

12

23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch

Der Konstruktionsprozess bringt eine unendliche Vielfalt technischer Gebilde mit untershyschiedlichster geometrischer Form und verschiedenartiger Werkstoffe hervor die auszligershydem unterschiedlichen Beanspruchungsarten und Belastungsfaumlllen unterliegen

Fuumlr den Sicherheitsnachweis bzgl der zum Versagen fuumlhrenden Belastungen hat es sich als oumlkonomisch und zweckmaumlszligig erwiesen die Belastungsgrenzen der Bauteile durch Vergleich mit dem Versagensverhalten einer uumlberschaubaren Menge idealisierter Pruumlfshykoumlrper die speziellen und in Pruumlfmaschinen realisierbaren Belastungen unterworfen wershyden zu ermitteln Solche Pruumlfkoumlrper sind z B die in Abb 26 dargestellten standardisierten Rundshy und Flachproben

Am einfachsten zu realisieren ist durch die Werkstoffpruumlfung der Zugversuch mit ruhender Belastung Die Belastung wird dabei zuumlgig d h mit konstanter elastischer und schlieszliglich plastischer Dehnungszunahme bis zum Eintreten des Bruches aufgebracht Nach der Form des Bruches sind drei charakteristische Arten von Werkstoffen (vgl Abb 27) zu unterscheiden

bull Werkstoffe die bei ruhender Beanspruchung zum sproumlden Trennbruch neigen (z B Glas Grauguss gehaumlrteter Stahl)

bull Versagen durch Gleitbruch (z B Aluminium Kupfer und Kupferlegierungen)bull Werkstoffe mit ausgepraumlgter Flieszligzone die erst nach Einschnuumlrung einen Trennbruch

zeigen (vorzugsweise Stahl)

Werden bei diesem Pruumlfvorgang die Spannungen uumlber der Dehnung aufgetragen so ergibt sich das aus der Werkstoffpruumlfung bekannte SpannungsshyDehnungsshyDiagramm das abhaumlngig von der Bruchart charakteristische Formen aufweist (vgl Abb 28)

Fuumlr die Auslegung von Bauteilen unter ruhender Belastung sind also nicht nur die vershyschiedenen Brucharten interessant Es muss insbesondere fuumlr Staumlhle mit ausgepraumlgtem Flieszligverhalten bereits von Versagen gesprochen werden wenn das Bauteil durch unzulaumlsshysige plastische Deformationen seine Funktionsfaumlhigkeit verliert

Ausgehend von den fuumlr Staumlben moumlglichen Beanspruchungsarten (s Abschn 22) ergeshyben sich bereits infolge ruhender Beanspruchung theoretisch zehn Werkstoffkennwerte die aus praktischen Gruumlnden auf vier eingeschraumlnkt werden (vgl Tab 22)

Bel

astu

ng b

zw

Bea

nspr

uchu

ng

e

c

b

Zeit

a dAbb 25 Belastungsshy und Beanspruchungsarten (a) ruhend (b) schwellend (c) wechselnd (d) allgemein (e) stochastisch

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

13

Nun sind die meisten Bauteile nicht ruhend sondern periodisch schwingend oder sogar stochastisch belastet bzw beansprucht (vgl Abb 25)

Es ist das Verdienst von August Woumlhler [227] im Jahre 1870 die Dauerschwingfestigkeit der metallischen Werkstoffe entdeckt und in einem noch heute uumlblichen nach ihm benannshyten Diagramm dargestellt zu haben (Abb 29)

Bei schwingender Beanspruchung nimmt die zum Schwingbruch fuumlhrende Lastshywechselzahl N fuumlr abnehmende Spannungshorizonte zu Bis 103hellip104 Lastwechsel spreshychen wir von Kurzzeitfestigkeit (LowshyCycleshyFatigue LCF) Bei Erreichen eines

a b

Abb 26 Pruumlfkoumlrper der Werkstoffpruumlfung (a) Rundprobe (b) Flachprobe

a cb

Abb 27 Brucharten beim Zugversuch (a) Trennbruch bei sproumldem Werkstoff (b) Gleitbruch (c) Trennbruch nach Einschnuumlrung und Verfestigung

23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch

14

Spannungshorizontes σD wird schlieszliglich eine gegen unendlich gehende Lastwechselzahl ertragen wir sprechen von Dauerfestigkeit (VeryshyHighshyCycleshyFatigue VHCF) Der Uumlbergang zur bdquoDauerschwingfestigkeitldquo wird bei NG = 106 hellip 107 Lastwechseln beobachshytet d h die meisten Maschinen wie Motoren und durch sie angetriebene Arbeitsmaschinen uumlberschreiten diese Grenzlastwechselzahl nach wenigen Tagen sie sind also nach bdquoDauerfestigkeitldquo auszulegen Dieses Dauerfestigkeitsverhalten der metallischen Werkstoffe welches durch abnehmende Ausschlagfestigkeiten bei zunehmender Mitshytelspannung gekennzeichnet ist laumlsst sich in sogenannten Dauerfestigkeitsschaubildern darstellen (vgl Abb 210)

Durch die Unterdruumlckung des Zeitparameters wird auch fuumlr diese Faumllle eine bdquoSicherheitsberechnungldquo moumlglich

Abb 28 Spannungsshy Dehnungsshy Diagramm fuumlr sproumlde und elastischshyplastische Werkstoffe (a) ausgepraumlgte Streckgrenze (b) nicht ausgepraumlgte Streckgrenze (c) sproumlde Werkstoffe

Beanspru-chungsart

Art des Versagens

Flieszligen Bruch

Zug Streckgrenzeoder

02 Dehngrenze

Re (oder σF bzw σS)Rp02 (oder σ02)

Zug- oderBruchfestigkeit Rm oder σB

Druck Quetschgrenze σdF Druckfestigkeit σdB

Biegung Biegeflieszliggrenze σbF Biegebruchfestigkeit σbB

Torsion Torsions-flieszliggrenze

τtF Torsionsbruch-festigkeit

τtB

Abscheren Scherflieszliggrenze τsF Scherfestigkeit τsB

vorzugsweise zu bestimmende Groumlszligen

Tab 22 Versagenskennwerte (Werkstofffestigkeiten) bei ruhender Belastung

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

Page 20: Dietrich Schlottmann Henrik Schnegas Auslegung von … · 2016. 7. 1. · VDI-Buch, DOI 10.1007/978-3-662-48807-2_1 Auslegung von Maschinen- und 1 Konstruktionselementen eine wesentliche

10

Mt(s)Mb(s)Fq(s)

yz xs

Fn(s)

a b c d

σn(s) σb(s) τt(s) τq(s)

Abb 23 Spannungen in stabfoumlrmigen Bauelementen (a) Spannung infolge Laumlngskraft Fn(s) (b) Spannung infolge Biegemoment Mb(s) (c) Spannung infolge Torsionsmoment Mt(s) (d) Spannung infolge Querkraft Fq(s)

Tab 21 Elementare Spannungszustaumlnde in stabfoumlrmigen Bauelementen

Schnittgroumlszlige Sinnbild Berechnung Spannungstensor

Normalkraft Fn(s)

Fn(s)σn

σ nnF s

A=

( ) σ1 0 0

0 0 0

0 0 0

σ σ1 = n

Biegemoment Mb(s)

Mb(s)σb

σ bb

z

M s

W=

( )

σ bb

z

M s

Iy=

( )sdot

σ1 0 0

0 0 0

0 0 0

σ σ1 = b

Torsionsmoment Mt(s)

Mt(s)τt τ t

t

t

M s

W=

( )

τ tt

p

M s

Ir=

( )sdot

σσ

1

2

0 0

0 0

0 0 0

σ τ σ1 2= = minusQuerkraft Fq(s)

Fq(s)

τq maxτ q

qF

Amax = χ σσ

1

2

0 0

0 0

0 0 0

σ τ σ1 2= = minus

A hellip QuerschnittsflaumlcheIz It hellip TraumlgheitsmomentWt hellip Widerstandsmomentχ hellip Flaumlchenbeiwert

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

11

Sie sind uumlbersichtsmaumlszligig ebenfalls im Anhang Tafel II1 zusammengestellt Abgeshysehen von Sonderfaumlllen werden diese Spannungszustaumlnde heute mit bdquoFiniteshyElementeshyMethodenldquo berechnet Diese Berechnungen liefern idR den vollstaumlndig besetzten Spannungstensor der sich aber an lastfreien Oberflaumlchen auf zweiachsige Spannungszustaumlnde reduziert

Wegen des gehaumluften Auftretens dieses bdquoebenenldquo Spannungszustandes sei noch ohne Ableitung auf die Formel zur Berechnung der Hauptspannungen

σσ σ σ minus σ

τ1 2

2

2

2 2 =+

plusmn

+x y x y

xy

(27)

und deren anschauliche Darstellung im Mohrschen Kreis (vgl Abb 24) sowie auf die Sonderfaumllle bdquoeinachsiger Spannungszustandldquo und bdquoreiner Schubspannungszustandldquo verwiesen

Wesentlich fuumlr die Werkstoffshy bzw Bauteilschaumldigung ist die Betrachtung und Kenntnis der Zeitfunktionen vorhandener Spannungen Waumlhrend die bdquoStatikldquo vorshyzugsweise von bdquostatischenldquo oder bdquoruhenden Belastungenldquo ausgeht sind Maschishynenbauteile meistens bdquoperiodisch schwingendldquo belastet und beansprucht Hingewiesen sei dabei auf den haumlufig auftretenden Sonderfall der sog bdquoUmlaufbiegungldquo bei dem ein konstantes Biegemoment der Welle eine bdquowechselndeldquo Beanspruchung hervorruft Besondere Betrachtung erfordern bdquostochastischeldquo Belastungen die natuumlrlich auch bdquostochastischeldquo Beanspruchungen mit sich bringen (vgl Abb 25) Diesen Belasshytungsshy und BeanspruchungsshybdquoKollektivenldquo wird in spaumlteren Abschnitten gebuumlhrender Raum zugemessen

σx +σy2

τ

σ2

σy

σx minusσy2

τxy

σ1σx σ

τ

σ2= 0

a

b c

σ1=σxσ σ

σ1=τ σ2=-σ1

τ

Abb 24 Ebener Spannungszustand im Mohrrsquoschen Kreis (a) allgemeiner ebener Spannungsshyzustand (b) einachsiger Spannungszustand (c) Schubspannungszustand

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

12

23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch

Der Konstruktionsprozess bringt eine unendliche Vielfalt technischer Gebilde mit untershyschiedlichster geometrischer Form und verschiedenartiger Werkstoffe hervor die auszligershydem unterschiedlichen Beanspruchungsarten und Belastungsfaumlllen unterliegen

Fuumlr den Sicherheitsnachweis bzgl der zum Versagen fuumlhrenden Belastungen hat es sich als oumlkonomisch und zweckmaumlszligig erwiesen die Belastungsgrenzen der Bauteile durch Vergleich mit dem Versagensverhalten einer uumlberschaubaren Menge idealisierter Pruumlfshykoumlrper die speziellen und in Pruumlfmaschinen realisierbaren Belastungen unterworfen wershyden zu ermitteln Solche Pruumlfkoumlrper sind z B die in Abb 26 dargestellten standardisierten Rundshy und Flachproben

Am einfachsten zu realisieren ist durch die Werkstoffpruumlfung der Zugversuch mit ruhender Belastung Die Belastung wird dabei zuumlgig d h mit konstanter elastischer und schlieszliglich plastischer Dehnungszunahme bis zum Eintreten des Bruches aufgebracht Nach der Form des Bruches sind drei charakteristische Arten von Werkstoffen (vgl Abb 27) zu unterscheiden

bull Werkstoffe die bei ruhender Beanspruchung zum sproumlden Trennbruch neigen (z B Glas Grauguss gehaumlrteter Stahl)

bull Versagen durch Gleitbruch (z B Aluminium Kupfer und Kupferlegierungen)bull Werkstoffe mit ausgepraumlgter Flieszligzone die erst nach Einschnuumlrung einen Trennbruch

zeigen (vorzugsweise Stahl)

Werden bei diesem Pruumlfvorgang die Spannungen uumlber der Dehnung aufgetragen so ergibt sich das aus der Werkstoffpruumlfung bekannte SpannungsshyDehnungsshyDiagramm das abhaumlngig von der Bruchart charakteristische Formen aufweist (vgl Abb 28)

Fuumlr die Auslegung von Bauteilen unter ruhender Belastung sind also nicht nur die vershyschiedenen Brucharten interessant Es muss insbesondere fuumlr Staumlhle mit ausgepraumlgtem Flieszligverhalten bereits von Versagen gesprochen werden wenn das Bauteil durch unzulaumlsshysige plastische Deformationen seine Funktionsfaumlhigkeit verliert

Ausgehend von den fuumlr Staumlben moumlglichen Beanspruchungsarten (s Abschn 22) ergeshyben sich bereits infolge ruhender Beanspruchung theoretisch zehn Werkstoffkennwerte die aus praktischen Gruumlnden auf vier eingeschraumlnkt werden (vgl Tab 22)

Bel

astu

ng b

zw

Bea

nspr

uchu

ng

e

c

b

Zeit

a dAbb 25 Belastungsshy und Beanspruchungsarten (a) ruhend (b) schwellend (c) wechselnd (d) allgemein (e) stochastisch

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

13

Nun sind die meisten Bauteile nicht ruhend sondern periodisch schwingend oder sogar stochastisch belastet bzw beansprucht (vgl Abb 25)

Es ist das Verdienst von August Woumlhler [227] im Jahre 1870 die Dauerschwingfestigkeit der metallischen Werkstoffe entdeckt und in einem noch heute uumlblichen nach ihm benannshyten Diagramm dargestellt zu haben (Abb 29)

Bei schwingender Beanspruchung nimmt die zum Schwingbruch fuumlhrende Lastshywechselzahl N fuumlr abnehmende Spannungshorizonte zu Bis 103hellip104 Lastwechsel spreshychen wir von Kurzzeitfestigkeit (LowshyCycleshyFatigue LCF) Bei Erreichen eines

a b

Abb 26 Pruumlfkoumlrper der Werkstoffpruumlfung (a) Rundprobe (b) Flachprobe

a cb

Abb 27 Brucharten beim Zugversuch (a) Trennbruch bei sproumldem Werkstoff (b) Gleitbruch (c) Trennbruch nach Einschnuumlrung und Verfestigung

23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch

14

Spannungshorizontes σD wird schlieszliglich eine gegen unendlich gehende Lastwechselzahl ertragen wir sprechen von Dauerfestigkeit (VeryshyHighshyCycleshyFatigue VHCF) Der Uumlbergang zur bdquoDauerschwingfestigkeitldquo wird bei NG = 106 hellip 107 Lastwechseln beobachshytet d h die meisten Maschinen wie Motoren und durch sie angetriebene Arbeitsmaschinen uumlberschreiten diese Grenzlastwechselzahl nach wenigen Tagen sie sind also nach bdquoDauerfestigkeitldquo auszulegen Dieses Dauerfestigkeitsverhalten der metallischen Werkstoffe welches durch abnehmende Ausschlagfestigkeiten bei zunehmender Mitshytelspannung gekennzeichnet ist laumlsst sich in sogenannten Dauerfestigkeitsschaubildern darstellen (vgl Abb 210)

Durch die Unterdruumlckung des Zeitparameters wird auch fuumlr diese Faumllle eine bdquoSicherheitsberechnungldquo moumlglich

Abb 28 Spannungsshy Dehnungsshy Diagramm fuumlr sproumlde und elastischshyplastische Werkstoffe (a) ausgepraumlgte Streckgrenze (b) nicht ausgepraumlgte Streckgrenze (c) sproumlde Werkstoffe

Beanspru-chungsart

Art des Versagens

Flieszligen Bruch

Zug Streckgrenzeoder

02 Dehngrenze

Re (oder σF bzw σS)Rp02 (oder σ02)

Zug- oderBruchfestigkeit Rm oder σB

Druck Quetschgrenze σdF Druckfestigkeit σdB

Biegung Biegeflieszliggrenze σbF Biegebruchfestigkeit σbB

Torsion Torsions-flieszliggrenze

τtF Torsionsbruch-festigkeit

τtB

Abscheren Scherflieszliggrenze τsF Scherfestigkeit τsB

vorzugsweise zu bestimmende Groumlszligen

Tab 22 Versagenskennwerte (Werkstofffestigkeiten) bei ruhender Belastung

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

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11

Sie sind uumlbersichtsmaumlszligig ebenfalls im Anhang Tafel II1 zusammengestellt Abgeshysehen von Sonderfaumlllen werden diese Spannungszustaumlnde heute mit bdquoFiniteshyElementeshyMethodenldquo berechnet Diese Berechnungen liefern idR den vollstaumlndig besetzten Spannungstensor der sich aber an lastfreien Oberflaumlchen auf zweiachsige Spannungszustaumlnde reduziert

Wegen des gehaumluften Auftretens dieses bdquoebenenldquo Spannungszustandes sei noch ohne Ableitung auf die Formel zur Berechnung der Hauptspannungen

σσ σ σ minus σ

τ1 2

2

2

2 2 =+

plusmn

+x y x y

xy

(27)

und deren anschauliche Darstellung im Mohrschen Kreis (vgl Abb 24) sowie auf die Sonderfaumllle bdquoeinachsiger Spannungszustandldquo und bdquoreiner Schubspannungszustandldquo verwiesen

Wesentlich fuumlr die Werkstoffshy bzw Bauteilschaumldigung ist die Betrachtung und Kenntnis der Zeitfunktionen vorhandener Spannungen Waumlhrend die bdquoStatikldquo vorshyzugsweise von bdquostatischenldquo oder bdquoruhenden Belastungenldquo ausgeht sind Maschishynenbauteile meistens bdquoperiodisch schwingendldquo belastet und beansprucht Hingewiesen sei dabei auf den haumlufig auftretenden Sonderfall der sog bdquoUmlaufbiegungldquo bei dem ein konstantes Biegemoment der Welle eine bdquowechselndeldquo Beanspruchung hervorruft Besondere Betrachtung erfordern bdquostochastischeldquo Belastungen die natuumlrlich auch bdquostochastischeldquo Beanspruchungen mit sich bringen (vgl Abb 25) Diesen Belasshytungsshy und BeanspruchungsshybdquoKollektivenldquo wird in spaumlteren Abschnitten gebuumlhrender Raum zugemessen

σx +σy2

τ

σ2

σy

σx minusσy2

τxy

σ1σx σ

τ

σ2= 0

a

b c

σ1=σxσ σ

σ1=τ σ2=-σ1

τ

Abb 24 Ebener Spannungszustand im Mohrrsquoschen Kreis (a) allgemeiner ebener Spannungsshyzustand (b) einachsiger Spannungszustand (c) Schubspannungszustand

22 Berechnung der bdquovorhandenenldquo Spannungen

12

23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch

Der Konstruktionsprozess bringt eine unendliche Vielfalt technischer Gebilde mit untershyschiedlichster geometrischer Form und verschiedenartiger Werkstoffe hervor die auszligershydem unterschiedlichen Beanspruchungsarten und Belastungsfaumlllen unterliegen

Fuumlr den Sicherheitsnachweis bzgl der zum Versagen fuumlhrenden Belastungen hat es sich als oumlkonomisch und zweckmaumlszligig erwiesen die Belastungsgrenzen der Bauteile durch Vergleich mit dem Versagensverhalten einer uumlberschaubaren Menge idealisierter Pruumlfshykoumlrper die speziellen und in Pruumlfmaschinen realisierbaren Belastungen unterworfen wershyden zu ermitteln Solche Pruumlfkoumlrper sind z B die in Abb 26 dargestellten standardisierten Rundshy und Flachproben

Am einfachsten zu realisieren ist durch die Werkstoffpruumlfung der Zugversuch mit ruhender Belastung Die Belastung wird dabei zuumlgig d h mit konstanter elastischer und schlieszliglich plastischer Dehnungszunahme bis zum Eintreten des Bruches aufgebracht Nach der Form des Bruches sind drei charakteristische Arten von Werkstoffen (vgl Abb 27) zu unterscheiden

bull Werkstoffe die bei ruhender Beanspruchung zum sproumlden Trennbruch neigen (z B Glas Grauguss gehaumlrteter Stahl)

bull Versagen durch Gleitbruch (z B Aluminium Kupfer und Kupferlegierungen)bull Werkstoffe mit ausgepraumlgter Flieszligzone die erst nach Einschnuumlrung einen Trennbruch

zeigen (vorzugsweise Stahl)

Werden bei diesem Pruumlfvorgang die Spannungen uumlber der Dehnung aufgetragen so ergibt sich das aus der Werkstoffpruumlfung bekannte SpannungsshyDehnungsshyDiagramm das abhaumlngig von der Bruchart charakteristische Formen aufweist (vgl Abb 28)

Fuumlr die Auslegung von Bauteilen unter ruhender Belastung sind also nicht nur die vershyschiedenen Brucharten interessant Es muss insbesondere fuumlr Staumlhle mit ausgepraumlgtem Flieszligverhalten bereits von Versagen gesprochen werden wenn das Bauteil durch unzulaumlsshysige plastische Deformationen seine Funktionsfaumlhigkeit verliert

Ausgehend von den fuumlr Staumlben moumlglichen Beanspruchungsarten (s Abschn 22) ergeshyben sich bereits infolge ruhender Beanspruchung theoretisch zehn Werkstoffkennwerte die aus praktischen Gruumlnden auf vier eingeschraumlnkt werden (vgl Tab 22)

Bel

astu

ng b

zw

Bea

nspr

uchu

ng

e

c

b

Zeit

a dAbb 25 Belastungsshy und Beanspruchungsarten (a) ruhend (b) schwellend (c) wechselnd (d) allgemein (e) stochastisch

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

13

Nun sind die meisten Bauteile nicht ruhend sondern periodisch schwingend oder sogar stochastisch belastet bzw beansprucht (vgl Abb 25)

Es ist das Verdienst von August Woumlhler [227] im Jahre 1870 die Dauerschwingfestigkeit der metallischen Werkstoffe entdeckt und in einem noch heute uumlblichen nach ihm benannshyten Diagramm dargestellt zu haben (Abb 29)

Bei schwingender Beanspruchung nimmt die zum Schwingbruch fuumlhrende Lastshywechselzahl N fuumlr abnehmende Spannungshorizonte zu Bis 103hellip104 Lastwechsel spreshychen wir von Kurzzeitfestigkeit (LowshyCycleshyFatigue LCF) Bei Erreichen eines

a b

Abb 26 Pruumlfkoumlrper der Werkstoffpruumlfung (a) Rundprobe (b) Flachprobe

a cb

Abb 27 Brucharten beim Zugversuch (a) Trennbruch bei sproumldem Werkstoff (b) Gleitbruch (c) Trennbruch nach Einschnuumlrung und Verfestigung

23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch

14

Spannungshorizontes σD wird schlieszliglich eine gegen unendlich gehende Lastwechselzahl ertragen wir sprechen von Dauerfestigkeit (VeryshyHighshyCycleshyFatigue VHCF) Der Uumlbergang zur bdquoDauerschwingfestigkeitldquo wird bei NG = 106 hellip 107 Lastwechseln beobachshytet d h die meisten Maschinen wie Motoren und durch sie angetriebene Arbeitsmaschinen uumlberschreiten diese Grenzlastwechselzahl nach wenigen Tagen sie sind also nach bdquoDauerfestigkeitldquo auszulegen Dieses Dauerfestigkeitsverhalten der metallischen Werkstoffe welches durch abnehmende Ausschlagfestigkeiten bei zunehmender Mitshytelspannung gekennzeichnet ist laumlsst sich in sogenannten Dauerfestigkeitsschaubildern darstellen (vgl Abb 210)

Durch die Unterdruumlckung des Zeitparameters wird auch fuumlr diese Faumllle eine bdquoSicherheitsberechnungldquo moumlglich

Abb 28 Spannungsshy Dehnungsshy Diagramm fuumlr sproumlde und elastischshyplastische Werkstoffe (a) ausgepraumlgte Streckgrenze (b) nicht ausgepraumlgte Streckgrenze (c) sproumlde Werkstoffe

Beanspru-chungsart

Art des Versagens

Flieszligen Bruch

Zug Streckgrenzeoder

02 Dehngrenze

Re (oder σF bzw σS)Rp02 (oder σ02)

Zug- oderBruchfestigkeit Rm oder σB

Druck Quetschgrenze σdF Druckfestigkeit σdB

Biegung Biegeflieszliggrenze σbF Biegebruchfestigkeit σbB

Torsion Torsions-flieszliggrenze

τtF Torsionsbruch-festigkeit

τtB

Abscheren Scherflieszliggrenze τsF Scherfestigkeit τsB

vorzugsweise zu bestimmende Groumlszligen

Tab 22 Versagenskennwerte (Werkstofffestigkeiten) bei ruhender Belastung

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

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12

23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch

Der Konstruktionsprozess bringt eine unendliche Vielfalt technischer Gebilde mit untershyschiedlichster geometrischer Form und verschiedenartiger Werkstoffe hervor die auszligershydem unterschiedlichen Beanspruchungsarten und Belastungsfaumlllen unterliegen

Fuumlr den Sicherheitsnachweis bzgl der zum Versagen fuumlhrenden Belastungen hat es sich als oumlkonomisch und zweckmaumlszligig erwiesen die Belastungsgrenzen der Bauteile durch Vergleich mit dem Versagensverhalten einer uumlberschaubaren Menge idealisierter Pruumlfshykoumlrper die speziellen und in Pruumlfmaschinen realisierbaren Belastungen unterworfen wershyden zu ermitteln Solche Pruumlfkoumlrper sind z B die in Abb 26 dargestellten standardisierten Rundshy und Flachproben

Am einfachsten zu realisieren ist durch die Werkstoffpruumlfung der Zugversuch mit ruhender Belastung Die Belastung wird dabei zuumlgig d h mit konstanter elastischer und schlieszliglich plastischer Dehnungszunahme bis zum Eintreten des Bruches aufgebracht Nach der Form des Bruches sind drei charakteristische Arten von Werkstoffen (vgl Abb 27) zu unterscheiden

bull Werkstoffe die bei ruhender Beanspruchung zum sproumlden Trennbruch neigen (z B Glas Grauguss gehaumlrteter Stahl)

bull Versagen durch Gleitbruch (z B Aluminium Kupfer und Kupferlegierungen)bull Werkstoffe mit ausgepraumlgter Flieszligzone die erst nach Einschnuumlrung einen Trennbruch

zeigen (vorzugsweise Stahl)

Werden bei diesem Pruumlfvorgang die Spannungen uumlber der Dehnung aufgetragen so ergibt sich das aus der Werkstoffpruumlfung bekannte SpannungsshyDehnungsshyDiagramm das abhaumlngig von der Bruchart charakteristische Formen aufweist (vgl Abb 28)

Fuumlr die Auslegung von Bauteilen unter ruhender Belastung sind also nicht nur die vershyschiedenen Brucharten interessant Es muss insbesondere fuumlr Staumlhle mit ausgepraumlgtem Flieszligverhalten bereits von Versagen gesprochen werden wenn das Bauteil durch unzulaumlsshysige plastische Deformationen seine Funktionsfaumlhigkeit verliert

Ausgehend von den fuumlr Staumlben moumlglichen Beanspruchungsarten (s Abschn 22) ergeshyben sich bereits infolge ruhender Beanspruchung theoretisch zehn Werkstoffkennwerte die aus praktischen Gruumlnden auf vier eingeschraumlnkt werden (vgl Tab 22)

Bel

astu

ng b

zw

Bea

nspr

uchu

ng

e

c

b

Zeit

a dAbb 25 Belastungsshy und Beanspruchungsarten (a) ruhend (b) schwellend (c) wechselnd (d) allgemein (e) stochastisch

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

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Nun sind die meisten Bauteile nicht ruhend sondern periodisch schwingend oder sogar stochastisch belastet bzw beansprucht (vgl Abb 25)

Es ist das Verdienst von August Woumlhler [227] im Jahre 1870 die Dauerschwingfestigkeit der metallischen Werkstoffe entdeckt und in einem noch heute uumlblichen nach ihm benannshyten Diagramm dargestellt zu haben (Abb 29)

Bei schwingender Beanspruchung nimmt die zum Schwingbruch fuumlhrende Lastshywechselzahl N fuumlr abnehmende Spannungshorizonte zu Bis 103hellip104 Lastwechsel spreshychen wir von Kurzzeitfestigkeit (LowshyCycleshyFatigue LCF) Bei Erreichen eines

a b

Abb 26 Pruumlfkoumlrper der Werkstoffpruumlfung (a) Rundprobe (b) Flachprobe

a cb

Abb 27 Brucharten beim Zugversuch (a) Trennbruch bei sproumldem Werkstoff (b) Gleitbruch (c) Trennbruch nach Einschnuumlrung und Verfestigung

23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch

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Spannungshorizontes σD wird schlieszliglich eine gegen unendlich gehende Lastwechselzahl ertragen wir sprechen von Dauerfestigkeit (VeryshyHighshyCycleshyFatigue VHCF) Der Uumlbergang zur bdquoDauerschwingfestigkeitldquo wird bei NG = 106 hellip 107 Lastwechseln beobachshytet d h die meisten Maschinen wie Motoren und durch sie angetriebene Arbeitsmaschinen uumlberschreiten diese Grenzlastwechselzahl nach wenigen Tagen sie sind also nach bdquoDauerfestigkeitldquo auszulegen Dieses Dauerfestigkeitsverhalten der metallischen Werkstoffe welches durch abnehmende Ausschlagfestigkeiten bei zunehmender Mitshytelspannung gekennzeichnet ist laumlsst sich in sogenannten Dauerfestigkeitsschaubildern darstellen (vgl Abb 210)

Durch die Unterdruumlckung des Zeitparameters wird auch fuumlr diese Faumllle eine bdquoSicherheitsberechnungldquo moumlglich

Abb 28 Spannungsshy Dehnungsshy Diagramm fuumlr sproumlde und elastischshyplastische Werkstoffe (a) ausgepraumlgte Streckgrenze (b) nicht ausgepraumlgte Streckgrenze (c) sproumlde Werkstoffe

Beanspru-chungsart

Art des Versagens

Flieszligen Bruch

Zug Streckgrenzeoder

02 Dehngrenze

Re (oder σF bzw σS)Rp02 (oder σ02)

Zug- oderBruchfestigkeit Rm oder σB

Druck Quetschgrenze σdF Druckfestigkeit σdB

Biegung Biegeflieszliggrenze σbF Biegebruchfestigkeit σbB

Torsion Torsions-flieszliggrenze

τtF Torsionsbruch-festigkeit

τtB

Abscheren Scherflieszliggrenze τsF Scherfestigkeit τsB

vorzugsweise zu bestimmende Groumlszligen

Tab 22 Versagenskennwerte (Werkstofffestigkeiten) bei ruhender Belastung

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

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Nun sind die meisten Bauteile nicht ruhend sondern periodisch schwingend oder sogar stochastisch belastet bzw beansprucht (vgl Abb 25)

Es ist das Verdienst von August Woumlhler [227] im Jahre 1870 die Dauerschwingfestigkeit der metallischen Werkstoffe entdeckt und in einem noch heute uumlblichen nach ihm benannshyten Diagramm dargestellt zu haben (Abb 29)

Bei schwingender Beanspruchung nimmt die zum Schwingbruch fuumlhrende Lastshywechselzahl N fuumlr abnehmende Spannungshorizonte zu Bis 103hellip104 Lastwechsel spreshychen wir von Kurzzeitfestigkeit (LowshyCycleshyFatigue LCF) Bei Erreichen eines

a b

Abb 26 Pruumlfkoumlrper der Werkstoffpruumlfung (a) Rundprobe (b) Flachprobe

a cb

Abb 27 Brucharten beim Zugversuch (a) Trennbruch bei sproumldem Werkstoff (b) Gleitbruch (c) Trennbruch nach Einschnuumlrung und Verfestigung

23 Versagen durch bleibende Verformung Gewalt- und Schwingbruch

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Spannungshorizontes σD wird schlieszliglich eine gegen unendlich gehende Lastwechselzahl ertragen wir sprechen von Dauerfestigkeit (VeryshyHighshyCycleshyFatigue VHCF) Der Uumlbergang zur bdquoDauerschwingfestigkeitldquo wird bei NG = 106 hellip 107 Lastwechseln beobachshytet d h die meisten Maschinen wie Motoren und durch sie angetriebene Arbeitsmaschinen uumlberschreiten diese Grenzlastwechselzahl nach wenigen Tagen sie sind also nach bdquoDauerfestigkeitldquo auszulegen Dieses Dauerfestigkeitsverhalten der metallischen Werkstoffe welches durch abnehmende Ausschlagfestigkeiten bei zunehmender Mitshytelspannung gekennzeichnet ist laumlsst sich in sogenannten Dauerfestigkeitsschaubildern darstellen (vgl Abb 210)

Durch die Unterdruumlckung des Zeitparameters wird auch fuumlr diese Faumllle eine bdquoSicherheitsberechnungldquo moumlglich

Abb 28 Spannungsshy Dehnungsshy Diagramm fuumlr sproumlde und elastischshyplastische Werkstoffe (a) ausgepraumlgte Streckgrenze (b) nicht ausgepraumlgte Streckgrenze (c) sproumlde Werkstoffe

Beanspru-chungsart

Art des Versagens

Flieszligen Bruch

Zug Streckgrenzeoder

02 Dehngrenze

Re (oder σF bzw σS)Rp02 (oder σ02)

Zug- oderBruchfestigkeit Rm oder σB

Druck Quetschgrenze σdF Druckfestigkeit σdB

Biegung Biegeflieszliggrenze σbF Biegebruchfestigkeit σbB

Torsion Torsions-flieszliggrenze

τtF Torsionsbruch-festigkeit

τtB

Abscheren Scherflieszliggrenze τsF Scherfestigkeit τsB

vorzugsweise zu bestimmende Groumlszligen

Tab 22 Versagenskennwerte (Werkstofffestigkeiten) bei ruhender Belastung

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo

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Spannungshorizontes σD wird schlieszliglich eine gegen unendlich gehende Lastwechselzahl ertragen wir sprechen von Dauerfestigkeit (VeryshyHighshyCycleshyFatigue VHCF) Der Uumlbergang zur bdquoDauerschwingfestigkeitldquo wird bei NG = 106 hellip 107 Lastwechseln beobachshytet d h die meisten Maschinen wie Motoren und durch sie angetriebene Arbeitsmaschinen uumlberschreiten diese Grenzlastwechselzahl nach wenigen Tagen sie sind also nach bdquoDauerfestigkeitldquo auszulegen Dieses Dauerfestigkeitsverhalten der metallischen Werkstoffe welches durch abnehmende Ausschlagfestigkeiten bei zunehmender Mitshytelspannung gekennzeichnet ist laumlsst sich in sogenannten Dauerfestigkeitsschaubildern darstellen (vgl Abb 210)

Durch die Unterdruumlckung des Zeitparameters wird auch fuumlr diese Faumllle eine bdquoSicherheitsberechnungldquo moumlglich

Abb 28 Spannungsshy Dehnungsshy Diagramm fuumlr sproumlde und elastischshyplastische Werkstoffe (a) ausgepraumlgte Streckgrenze (b) nicht ausgepraumlgte Streckgrenze (c) sproumlde Werkstoffe

Beanspru-chungsart

Art des Versagens

Flieszligen Bruch

Zug Streckgrenzeoder

02 Dehngrenze

Re (oder σF bzw σS)Rp02 (oder σ02)

Zug- oderBruchfestigkeit Rm oder σB

Druck Quetschgrenze σdF Druckfestigkeit σdB

Biegung Biegeflieszliggrenze σbF Biegebruchfestigkeit σbB

Torsion Torsions-flieszliggrenze

τtF Torsionsbruch-festigkeit

τtB

Abscheren Scherflieszliggrenze τsF Scherfestigkeit τsB

vorzugsweise zu bestimmende Groumlszligen

Tab 22 Versagenskennwerte (Werkstofffestigkeiten) bei ruhender Belastung

2 Auslegung von Konstruktionselementen durch Berechnung der bdquoSicherheitldquo


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