+ All Categories
Home > Documents > Die Wahrschau am Rhein - Wasserbau und Wasserwirtschaft · Während der Wasserbau Exkursion am...

Die Wahrschau am Rhein - Wasserbau und Wasserwirtschaft · Während der Wasserbau Exkursion am...

Date post: 15-Nov-2020
Category:
Upload: others
View: 1 times
Download: 0 times
Share this document with a friend
20
Die Wahrschau am Rhein - Exkursionsbericht - Kurs „Wasserbau II“ – Wintersemester 2015/2016 Wahrschau-Station in St. Goar Institut für Wasserbau und Wasserwirtschaft Fachgebiet Wasserbau und Hydraulik Leiter: Prof. Dr.-Ing. habil. Boris Lehmann
Transcript
Page 1: Die Wahrschau am Rhein - Wasserbau und Wasserwirtschaft · Während der Wasserbau Exkursion am 15.01.2016 wurde das Lotsen-Museum in St. Goar besichtigt. Das Museum ist eine ehemalige

Die Wahrschau am Rhein

- Exkursionsbericht -

Kurs „Wasserbau II“ – Wintersemester 2015/2016

Wahrschau-Station in St. Goar

Institut für Wasserbau und Wasserwirtschaft

Fachgebiet Wasserbau und Hydraulik

Leiter: Prof. Dr.-Ing. habil. Boris Lehmann

Page 2: Die Wahrschau am Rhein - Wasserbau und Wasserwirtschaft · Während der Wasserbau Exkursion am 15.01.2016 wurde das Lotsen-Museum in St. Goar besichtigt. Das Museum ist eine ehemalige

Bearbeitung:

Mareike Walbrun

Vanessa Hirsch

Anna Bach

Markus Fleischer

Eva Grünewald

Thomas Liebig

Darmstadt, den 05.02.2016

Der vorliegende Exkursionsbericht wurde im Rahmen des Kurses „Wasserbau II“ im

Wintersemester 2015/2016 selbstständig durch die Studierenden verfasst. Ziel des Be-

richtes ist es, einen guten Überblick über das besichtigte Exkursionsziel zu vermitteln

und dabei die besichtigte Anlage und deren Komponenten und Funktionen zu dokumen-

tieren und zu erläutern.

Die dazu verwendeten Fotos, Abbildungen, Zeichnungen und Skizzen wurden von den

Autoren selber erstellt oder unter Angabe der Quellen aus der Fachliteratur, dem Inter-

net oder anderen öffentlichen Medien entnommen.

Page 3: Die Wahrschau am Rhein - Wasserbau und Wasserwirtschaft · Während der Wasserbau Exkursion am 15.01.2016 wurde das Lotsen-Museum in St. Goar besichtigt. Das Museum ist eine ehemalige

Technische Universität Darmstadt

Fachbereich Bau- und Umweltingenieurwissenschaften

Institut für Wasserwirtschaft und Wasserbau

Fachgebiet Wasserbau und Hydraulik

Franziska-Braun-Str. 7, Gebäude L5/01

64287 Darmstadt

Telefon: +49(0)6151/16-4067

Telefax: +49(0)6151/16-3223

www.wasserbau.tu-darmstadt.de

Page 4: Die Wahrschau am Rhein - Wasserbau und Wasserwirtschaft · Während der Wasserbau Exkursion am 15.01.2016 wurde das Lotsen-Museum in St. Goar besichtigt. Das Museum ist eine ehemalige

Die Wahrschau am Rhein

Gruppe F |Stand: Februar 2016 www.wasserbau.tu-darmstadt.de

i

Inhalt

1. Einleitung und Hintergründe ..................................................................................... 1

2. Grundlagen ................................................................................................................ 3

Komponenten und Funktionsmerkmale ....................................................................... 3

Erläuterung des Betriebs ............................................................................................... 4

3. Dokumentation ......................................................................................................... 7

4. Erfahrungen ..............................................................................................................11

5. Schadensfälle ............................................................................................................13

6. Conclusio ...................................................................................................................14

Page 5: Die Wahrschau am Rhein - Wasserbau und Wasserwirtschaft · Während der Wasserbau Exkursion am 15.01.2016 wurde das Lotsen-Museum in St. Goar besichtigt. Das Museum ist eine ehemalige

Die Wahrschau am Rhein

Gruppe F |Stand: Februar 2016 www.wasserbau.tu-darmstadt.de

1

1. Einleitung und Hintergründe

Während der Wasserbau Exkursion am 15.01.2016 wurde das Lotsen-Museum in St.

Goar besichtigt. Das Museum ist eine ehemalige Wahrschau-Station direkt am Rhein, die

heute von einem Förderverein als Museum geführt wird.

Die fünf Kilometer lange Rheinstrecke zwischen Oberwesel und St. Goar ist gekenn-

zeichnet durch einen sehr kurvigen und sehr engen Verlauf (siehe Abbildung 1) und

wird daher auch Gebirgsstrecke genannt. Durch die bergige Landschaft, zu der auch der

berühmte Loreleyfelsen gehört, ist die Sicht auf diesem Abschnitt des Rheins stark einge-

schränkt. Auch eine UKW-Sprechfunkverbindung zwischen Schiffen ist nur eingeschränkt

möglich. 2002 wurde dieser Teil des Mittelrheins zum UNESCO Weltkulturerbe erklärt,

was die Einzigartigkeit dieser Strecke noch einmal unterstreicht.

Abbildung 1: Rheinstrecke Oberwesel - St. Goar

Da der Rhein seit jeher als Transportweg für Güter genutzt wird, herrschte schon immer

reger Schiffsverkehr. Besonders mit Entwicklung der Dampfmaschine wurde auch die

Schifffahrt weiter angekurbelt. Um Kollisionen auf der kurvigen Strecke zu vermeiden

wurden die Stationen „ Am Betteck“, „Gegenüber der Loreley“, „An der Bank“ und

„Ochsenturm“ errichtet, die untereinander im Sichtkontakt standen und so mitteilen

Page 6: Die Wahrschau am Rhein - Wasserbau und Wasserwirtschaft · Während der Wasserbau Exkursion am 15.01.2016 wurde das Lotsen-Museum in St. Goar besichtigt. Das Museum ist eine ehemalige

Die Wahrschau am Rhein

Gruppe F |Stand: Februar 2016 www.wasserbau.tu-darmstadt.de

2

konnten, welche und wie viele Schiffe gerade bergab unterwegs waren. Durch verschie-

dene Flaggenzeichen konnten Schiffe in entgegengesetzter Richtung in Kenntnis gesetzt

werden und entsprechend reagieren. Da rheinabwärts fahrende Schiffe mit der Strö-

mung schlechter anhalten können haben sie stets Vorfahrt, während bergauf fahrende

Schiffe anhalten und warten. In jeder Station gab es Lotsen, die spezielle Kenntnisse

über den schwierigen Streckenabschnitt hatten.

Der Ausdruck „wahr schauen“ bedeutet so viel wie warnen und stammt von den alt-

hochdeutschen Wörtern „wara“ (Obacht) und „scihauen“ (schauen) ab. Gewahrschaut

wurde bei guten Sichtverhältnissen immer von einer halben Stunde vor Sonnenaufgang

bis eine halbe Stunde nach Sonnenuntergang. Außerhalb dieser Zeiten war nur die Fahrt

bergauf erlaubt.

Da bei regnerischem und trüben Wetter sowie bei starkem Wind die Flaggen schlecht zu

erkennen waren wurde ab 1961 versucht die Flaggenzeichen durch Lichtzeichen zu er-

setzen. Diese bewährten sich über die Jahre und wurden ab 1965 auf der ganzen Stre-

cke eingesetzt.

Mit der Zeit wurde auch die Fahrrinne immer breiter gebaut um es den immer breiter

und länger werdenden neuen Schiffstypen zu ermöglichen den Rhein zu passieren. Ende

der 1990er Jahre erreichte die Fahrrinne eine finale Breite von 120m, in den Kurven

teilweise auch 130m.

Mit der Weiterentwicklung der Technik gab es auch Innovationen im Wahrschaubetrieb,

so dass seit 1997 die Stationen, mit Ausnahme der Revierzentrale in Oberwesel, über-

flüssig geworden sind. Heute ist die Wahrschau 24 Stunden am Tag ganzjährig in Betrieb

und wird von Oberwesel aus zentral gesteuert. Über Radare kann die gesamte Strecke

auf Monitoren überwacht und die Lichtsignale geschaltet werden.

Page 7: Die Wahrschau am Rhein - Wasserbau und Wasserwirtschaft · Während der Wasserbau Exkursion am 15.01.2016 wurde das Lotsen-Museum in St. Goar besichtigt. Das Museum ist eine ehemalige

Die Wahrschau am Rhein

Gruppe F |Stand: Februar 2016 www.wasserbau.tu-darmstadt.de

3

2. Grundlagen

Komponenten und Funktionsmerkmale

Die Lichtwahrschau am Rhein besteht aus fünf Signalstellen entlang des 5 km langen

Rheinabschnitts zwischen Oberwesel und St. Goar. Die Signalstellen „An der Bank“, „Ge-

genüber der Loreley“, „Am Betteck“, „Am Kammereck“, und „Am Ochsenturm“ werden

rund um die Uhr von der Revierzentrale Oberwesel aus geschaltet. An allen Signalstellen

außer der Signalstelle „Am Kammereck“ wird durch die Wahrschau-Anzeigetafeln den

bergfahrenden Schiffen die Größe der zu Tal fahrenden Schiffe oder Schiffsverbände

angezeigt und per Ampelsignal ob die Bergfahrt aktuell gesperrt ist. Dies ist nötig, um je

nach Art der beteiligten Fahrzeuge eine Begegnung der berg- und talfahrenden Schiffe

in den sehr engen Kurven dieses Rheinabschnitts zu vermeiden.

Die Signalstellen „Am Kammereck“ und „Am Ochsenturm“ (vgl. Abbildung 4) enthalten

zudem eine Ampelanlage. Talfahrer werden dort mit einem weißen Blinklicht vor berg-

fahrenden Verbänden mit über 110 Metern Länge gewarnt und darüber informiert ob

die Talfahrt aktuell gesperrt ist.

Abbildung 2: Signalstelle "An der Bank" Eigene Fotografie

Page 8: Die Wahrschau am Rhein - Wasserbau und Wasserwirtschaft · Während der Wasserbau Exkursion am 15.01.2016 wurde das Lotsen-Museum in St. Goar besichtigt. Das Museum ist eine ehemalige

Die Wahrschau am Rhein

Gruppe F |Stand: Februar 2016 www.wasserbau.tu-darmstadt.de

4

In Abbildung 2 ist beispielhaft eine Wahrschau-Anzeigetafel zu sehen. Links neben den

in Dreiecksform angeordneten Lichtbalken ist die Ampelanzeige zu sehen, auf der je

nach Bedarf die Bergfahrt per Lichtsignal komplett gesperrt werden kann.

Die großen schwarzen Tafeln mit weiß leuchtenden Lichtbalken lösten die ehemals ge-

nutzten Signalflaggen ab.

Heute erfolgt die Absicherung des nicht einsehbaren Bereichs zudem mit Hilfe des Ra-

dars. Hierzu gibt es auf der Strecke vier Landradarstationen deren Radarbilder an die

Revierzentrale Oberwesel übermittelt und dort überwacht werden. So ist es möglich den

gesamten Streckenabschnitt auf Monitoren zu überwachen und jederzeit zu wissen wo

sich jedes talfahrende Schiff gerade befindet.

Seit 1980 sind entlang der 5km langen Rheinstrecke sogenannte Relaisstationen einge-

richtet welche einen direkten Funkverkehr von Schiff zu Schiff ermöglichen. Ohne diese

Funkanlagen an Land in Oberwesel und St. Goar wäre eine Funkverbindung in der kur-

venreichen Strecke nicht möglich. Die beiden Funkanlagen sind über ein Kabel verbun-

den. An einem Ende der Wahrschau Strecke können so die Funksprüche aufgenommen

und über das Kabel zum anderen Ende geleitet werden. Dort werden die Funksprüche

dann wieder ausgestrahlt und können von den Schiffen empfangen werden.

Erläuterung des Betriebs

Da aufgrund der Strömung nur bergfahrende Schiffe sicher anhalten und warten kön-

nen, wird diesen die genaue Lage und Größe eines talfahrenden Schiffes oder Schiffs-

verbands über die Signalstellen der Wahrschau entlang der Strecke angezeigt. Dazu war

die Strecke bis 30.11.2013 in vier genau festgelegte Bereiche eingeteilt. Seit 01.12.2013

wird zusätzlich die Strecke oberhalb des Bereichs „Jungferngrund“ gewahrschaut, da in

diesem stark kurvigen Bereich aufgrund der zunehmenden Anzahl von größeren Schif-

fen und Verbänden ein erhöhtes Kollisionsrisiko besteht. Die Wahrschaustrecke besteht

daher aktuell aus sieben Abschnitten (vgl. Abbildung 4).

Jedem der folgenden Streckenbereiche einer Signalstelle ist ein bestimmtes Feld der

schwarzen Anzeigetafel zugeordnet. Auf einer Tafel sind zwei oder drei Dreiecke über-

einander angeordnet (je nachdem wie viele Streckenabschnitte sich im Anschluss der

Signalstelle befinden, es werden jedoch maximal die drei folgenden Abschnitte ange-

zeigt). Die drei Seiten eines jeden Dreiecks bestehen aus Lichtbalken welche einzeln an-

geschaltet werden können.

Page 9: Die Wahrschau am Rhein - Wasserbau und Wasserwirtschaft · Während der Wasserbau Exkursion am 15.01.2016 wurde das Lotsen-Museum in St. Goar besichtigt. Das Museum ist eine ehemalige

Die Wahrschau am Rhein

Gruppe F |Stand: Februar 2016 www.wasserbau.tu-darmstadt.de

5

Dabei gibt es folgende vier Anzeigemöglichkeiten der Lichtbalken:

Abbildung 3: Anzeigemöglichkeiten der Lichtbalken Quelle: http://www.loreleyinfo.de/rhein/wahrschau.php

Page 10: Die Wahrschau am Rhein - Wasserbau und Wasserwirtschaft · Während der Wasserbau Exkursion am 15.01.2016 wurde das Lotsen-Museum in St. Goar besichtigt. Das Museum ist eine ehemalige

Die Wahrschau am Rhein

Gruppe F |Stand: Februar 2016 www.wasserbau.tu-darmstadt.de

6

Abbildung 4: Komponenten und Funktionsweise der Lichtwahrschau, Neue Wahrschau-Regelung für die Gebirgsstrecke ab 01.12.2013 Quelle: http://www.bonapart.de/nachrichten/beitrag/neue-wahrschau-regelungen-fuer-die-gebirgsstrecke.html

Page 11: Die Wahrschau am Rhein - Wasserbau und Wasserwirtschaft · Während der Wasserbau Exkursion am 15.01.2016 wurde das Lotsen-Museum in St. Goar besichtigt. Das Museum ist eine ehemalige

Die Wahrschau am Rhein

Gruppe F |Stand: Februar 2016 www.wasserbau.tu-darmstadt.de

7

3. Dokumentation

Abbildung 5: Lotsen-Schaluppe (Quelle: eigene Fotografie)

Bis zur Einführung moderner Schiffsführungstechnik sowie dem fortgeschrittenen Aus-

bau der Fahrrinnen bestimmter Abschnitte des Rheins waren die passierenden Schiffe

auf die besondere Streckenkenntnis der ansässigen Lotsen angewiesen. Mit Hilfe von

Lotsen-Schaluppen, wie sie exemplarisch in Abbildung 5 dargestellt ist, konnten die Lot-

sen von Land auf die vorbeisteuernden Schiffe übersetzen, um an Bord das Steuer zu

übernehmen. Von hieran manövrierten sie Schiffe durch den anspruchsvollen Rheinab-

schnitt. Anfänglich mussten die Lotsen unter Zuhilfenahme ihrer Muskelkraft zu den

Binnenschiffen rudern – erst später wurden die Schaluppen mit Außenbordmotoren

ausgestattet. Dies erleichterte die Überfahrt ungemein, da vor allem zu Zeiten der

Dampfschifffahrt besondere Gefahr durch die außenliegenden Schaufelräder ausging.

Die im Rahmen der Exkursion besichtigte Lotsen- und Wahrschaustation St. Goar war

eine der letzten sich in Betrieb befindenden Stationen. Von besonderer Bedeutung war

das Lotsen der vorbeifahrenden Schiffe in diesem Abschnitt aufgrund der bis auf etwa

113 m verengten und kurvenreichen Fahrrinne als auch der dadurch hohen Fließge-

schwindigkeiten, wodurch die Schiffe leicht abdriften konnten.

Page 12: Die Wahrschau am Rhein - Wasserbau und Wasserwirtschaft · Während der Wasserbau Exkursion am 15.01.2016 wurde das Lotsen-Museum in St. Goar besichtigt. Das Museum ist eine ehemalige

Die Wahrschau am Rhein

Gruppe F |Stand: Februar 2016 www.wasserbau.tu-darmstadt.de

8

Abbildung 6: Blick auf die Signalstelle „An der Bank“. Das Gebäude ist nun zum Museum um-

funktioniert. (Quelle: eigene Fotografie)

Ausgehend von der in Abbildung 6 dargestellten Wahrschau- und Lotsenstation in St.

Goar wurde den Bergfahrern durch Anzeigen unterschiedlicher Flaggen Auskunft über

die talfahrenden Schiffe gegeben. Durch Kombination unterschiedlicher Flaggenfarben

konnte so signalisiert werden ob es sich bei den talfahrenden Schiffen um ein einzelnes

Schiff oder einen Schiffsverbund handelte oder die stromaufwärts gelegenen Abschnitte

des Rheins für die Bergfahrer ohne Gegenverkehr befahrbar war. Die Station behielt ihre

Funktion bis zum Jahr 1997, nachdem

die Einführung moderner Radaranlagen

und ferngesteuerter Überwachungska-

meras die Signalgebung an die Schiff-

fahrt durch einzelne Stationen überflüs-

sig machte. Fortan wurde die Aufgabe

an eine zentrale Leitstelle in Oberwesel

übertragen. Diese überwacht die gefähr-

lichen Flussabschnitte und kann die vier

Lichtsignalanlagen fernsteuern. Die sie-

ben zu überwachenden Abschnitte

Abbildung 7: Innenansicht des Wahrschauer-und

Lotsenmuseums St. Goar. (Quelle: eigene

Fotografie)

Page 13: Die Wahrschau am Rhein - Wasserbau und Wasserwirtschaft · Während der Wasserbau Exkursion am 15.01.2016 wurde das Lotsen-Museum in St. Goar besichtigt. Das Museum ist eine ehemalige

Die Wahrschau am Rhein

Gruppe F |Stand: Februar 2016 www.wasserbau.tu-darmstadt.de

9

sowie die Stationierung der vier Signalanlagen sind in Abbildung 4 in Kapitel 2 darge-

stellt.

Das ausgediente Signalhäuschen übernimmt seither die Funktion des St. Goarer Wahr-

schau- und Lotsenmuseums, in dem durch den ehemaligen Lotsen Friedjo Goedert über

die Geschichte und Bedeutung der Signalstationen sowie das Lotsen großer Binnenschif-

fe informiert wird. In Abbildung 7 ist das Innere des zum Museum umfunktionierten

Signalhauses zu erkennen.

Abbildung 8: Signaltafel in St. Goar (1) Abbildung 9: Signaltafel in St. Goar (2) (Quelle: eigene Fotografie) (Quelle: eigene Fotografie) Die obenstehenden Abbildungen 8 und 9 zeigen die sich in St. Goar befindenden

Signaltafeln für die Abschnitte 6 (oben) und 7 (unten), die von der Revierzentrale in

Oberwesel geregelt werden. Im linken Bild weist die in der unteren Signaltafel nach

rechts geneigte weiße Lichtlinie gemäß §12.02 Nr. 4 (c) der Rheinschiff-

fahrtspolizeiverordnung auf einen zu Tal fahrenden Einzelfahrer mit einer Länge bis 110

m hin. Die waagerechte Linie in der oberen Signaltafel zeigt an, dass sich in Bereich 6

kein Talfahrer befindet.

Im rechten Bild hat sich die Situation in Teilabschnitt 6 verändert: Die drei weißen, ein

Dreieck bildenden Lichtlinien weisen auf mindestens einen zu Tal fahrenden Verband

mit einer Länge über 110 m hin. Für beide Fälle gilt, dass der bergfahrende Schifffahrts-

Page 14: Die Wahrschau am Rhein - Wasserbau und Wasserwirtschaft · Während der Wasserbau Exkursion am 15.01.2016 wurde das Lotsen-Museum in St. Goar besichtigt. Das Museum ist eine ehemalige

Die Wahrschau am Rhein

Gruppe F |Stand: Februar 2016 www.wasserbau.tu-darmstadt.de

10

verkehr halten muss, um den zu Tal fahrenden Schiffen Vorrang zu gewähren, da diese

aufgrund der Strömung nicht anhalten können.

Page 15: Die Wahrschau am Rhein - Wasserbau und Wasserwirtschaft · Während der Wasserbau Exkursion am 15.01.2016 wurde das Lotsen-Museum in St. Goar besichtigt. Das Museum ist eine ehemalige

Die Wahrschau am Rhein

Gruppe F |Stand: Februar 2016 www.wasserbau.tu-darmstadt.de

11

4. Erfahrungen

Die betrieblichen und persönlichen Erfahrungen des Museumbetreibers als „Wahrschau-

er“ zeigen, dass es auch noch heute Geschick und gute Ortskenntnis benötigt, um die

Gebirgsstrecke und besonders das sogenannte Binger-Riff (ein Quarzriff inmitten der

Schifffahrtrinne in Höhe des Loreley-Felsens) zu passieren. Früher jedoch, vor Ausbau

der Fahrrinne, war das Durchqueren des Streckenabschnitts wesentlich tückischer.

Dadurch, dass der Mittelrhein weitgehend natürlich belassen wurde, gibt es ständige

Veränderungen der Strömungen und Tiefen. Besonders tückisch waren die Untiefen

(z.B. das Binger Loch) und die Felsvorsprünge. Direkt an der Loreley befinden sich nicht

nur die geografisch ungünstigsten Gegebenheiten, sondern auch das stärkste Gefälle

und die stärkste Strömung. In diesem Kurvenbereich ist die Fahrrinne zudem am engs-

ten. Es gab zahlreiche Schiffsunfälle an dieser Stelle, bevor die Ortskundigen Lotsen das

Passieren dieser Abschnitte übernahmen. Die Anzahl der Unfälle ging zudem stetig mit

dem Ausbau der Fahrrinne, aber auch durch die Modernisierung der Schiffsführung zu-

rück. Bereits im 19. Jahrhundert wurden Streckenabschnitte verbreitert. Später wurden

eingetragener Sand und Kies ausgebaggert und behindernde Felsen gesprengt. Auf-

grund notwendiger Sprengungen, bestand die Gefahr der Wasserspiegelabsenkung im

Rheingau. Dem wurde mit Aufschüttungen unterhalb des Rheingaus entgegengewirkt.

Zudem war die Sprengung, aufgrund gefundener Bomben, besonders gefährlich. Nach

dem Ausbau des Mittelrheins sind die Kurvenbereiche zwischen 120 m und 130 m breit.

In der folgenden Abbildung ist der Kurvenbereich um den Loreleyfelsen dargestellt.

Abbildung 10: Kurvenabschnitt um die Loreley (linke Rheinseite). Hinten links an der Kurvenspit-

ze befindet sich die besichtigte Wahrschaustation (Quelle: Felix Koenig, 2005)

Trotz der Weiterentwicklung des Wahrschausignalsystems von Fahnen und Körben auf

zentralgesteuerte Lichtsignale müssen talfahrende Schiffe ein Radargerät und zusätzlich

zwei Funkgeräte an Bord haben, um den Kontakt mit der Zentrale zu garantieren. Be-

Page 16: Die Wahrschau am Rhein - Wasserbau und Wasserwirtschaft · Während der Wasserbau Exkursion am 15.01.2016 wurde das Lotsen-Museum in St. Goar besichtigt. Das Museum ist eine ehemalige

Die Wahrschau am Rhein

Gruppe F |Stand: Februar 2016 www.wasserbau.tu-darmstadt.de

12

sonders bei schlechten Wetter- und Sichtverhältnissen, zu denen die Lichtsignale evtl.

nicht deutlich erkennbar sind, sind Radar- und Funkgeräte unabdingbar. Prinzipiell ist

das Wahrschausystem mit seinen Lichtsignalen und der zentralen Steuerung, laut Anga-

ben des ehemaligen Wahrschauers, ein wartungsarmes und nicht sehr revisionsanfälli-

ges, gut funktionierendes System.

Page 17: Die Wahrschau am Rhein - Wasserbau und Wasserwirtschaft · Während der Wasserbau Exkursion am 15.01.2016 wurde das Lotsen-Museum in St. Goar besichtigt. Das Museum ist eine ehemalige

Die Wahrschau am Rhein

Gruppe F |Stand: Februar 2016 www.wasserbau.tu-darmstadt.de

13

5. Schadensfälle

Wie bereits in Kapitel 4 erwähnt, gab es vor der Einführung des Wahrschauerwarnsys-

tems viele Schadensfälle auf der Gebirgsstrecke. Schiffe die auf felsigem Grund aufge-

laufen sind oder durch starke Strömungsdiversitäten und Abdriften umkippten, mussten

aufwendig geborgen werden. Bei solchen Bergungsarbeiten entstanden flussabwärts

lange Schiffstaus, die wiederum zu weiteren kleineren Kollisionen führten. Die Talfahrt

wurde dabei ganz gesperrt.

Der jüngste Unfall auf der Gebirgsstrecke geschah am 13. Januar 2011. Das Schiff Wald-

hof, ein Tankmotorschiff beladen mit Säure, ist in der Höhe der besichtigten Wahrschau

„An der Bank“ auf der Talfahrt gekentert, d.h. das Schiff ist umgekippt und schwimmt

mehr oder weniger stabil auf der Seite (siehe Abbildung 11). Die gesamte Strecke muss-

te für mehrere Tage der Bergung gesperrt werden.

Abbildung 11: Gekentertes Tankmotorschiff Waldhof, 2011 (Quelle: Holger Weinandt, 2011)

Neben dem „Wahrschaudienst“ unterliegt der Zentrale auch das Melde- und Informati-

onssystem Binnenschifffahrt (MIB). Mit diesem werden wichtige Informationen wie

Transportdaten von Schiffen weitergeleitet. Diese Informationen sind bei Gefahren oder

Schadensfällen von besonderer Bedeutung und werden an zuständige Stellen weiterge-

geben. Schiffe, die Gefahrengut transportieren oder die zulässigen Abmessungen über-

schreiten, unterliegen der Meldepflicht.

Page 18: Die Wahrschau am Rhein - Wasserbau und Wasserwirtschaft · Während der Wasserbau Exkursion am 15.01.2016 wurde das Lotsen-Museum in St. Goar besichtigt. Das Museum ist eine ehemalige

Die Wahrschau am Rhein

Gruppe F |Stand: Februar 2016 www.wasserbau.tu-darmstadt.de

14

6. Conclusio

Die Besichtigung der Wahrschau (Signalstelle „An der Bank“) und des Wahrschau- und

Lotsenmuseums war die erste Station unserer Exkursion und bot uns einen überaus inte-

ressanten Einstieg in die Thematik. Bereits auf dem Weg dorthin konnten wir vom Ufer

aus das Abdriften und Manövrieren der zu Tal fahrenden Schiffe und das Verhalten der

zu Berg fahrenden Schiffe, angepasst an die Warnzeichen, gut beobachten. Besonders

erstaunlich für uns war das Passieren großer Schubverbände und Containerschiffe, die

die bergfahrenden Schiffe, aufgrund ihrer Überlänge gar zum Stehenbleiben zwangen.

Im Rahmen der Besichtigung des Museums und des Vortrags eines ehemaligen „Wahr-

schauers“, welcher nun ehrenamtlich im Förderverein des Museums tätig ist, wurde uns

ein detaillierter Überblick über die Entwicklung der Gebirgsstrecke und das Entstehen

des Wahrschausystems und deren Weiterentwicklung an Hand von vielen Bildern, Mo-

dellen, Erfahrungen und Erzählungen gegeben. Diese Exkursionsstation war für uns

nicht nur interessant sondern auch eindrucksvoll und anschaulich, da das Geschehen live

beobachtet werden konnte. Aus diesem Grund sind solche Exkursionen auch nicht nur

abwechslungsreich sondern erleichtern uns ebenfalls theoretisch angelerntes Wissen

besser zu verstehen und später umzusetzen.

Page 19: Die Wahrschau am Rhein - Wasserbau und Wasserwirtschaft · Während der Wasserbau Exkursion am 15.01.2016 wurde das Lotsen-Museum in St. Goar besichtigt. Das Museum ist eine ehemalige

Die Wahrschau am Rhein

Gruppe F |Stand: Februar 2016 www.wasserbau.tu-darmstadt.de

15

Abbildung 12: Unachtsame Matrosen steuern Richtung Loreley

Page 20: Die Wahrschau am Rhein - Wasserbau und Wasserwirtschaft · Während der Wasserbau Exkursion am 15.01.2016 wurde das Lotsen-Museum in St. Goar besichtigt. Das Museum ist eine ehemalige

Die Wahrschau am Rhein

Gruppe F |Stand: Februar 2016 www.wasserbau.tu-darmstadt.de

16

Quellen:

• Schneider: „Die Lichtwahrschau in der Gebirgsstrecke des Rheins“, Autor Petra

Schneider WSA Bingen, Zugriff am 01.02.2016

• Homepage: http://www.loreleyinfo.de/rhein/wahrschau.php, Zugriff am

03.01.2016

• Homepage: http://www.bonapart.de/nachrichten/beitrag/neue-wahrschau-

regelungen-fuer-die-gebirgsstrecke.html, Zugriff am 16.01.2016

• Pdf-Dokument „Seite-31-32-Lichtwahrschau“: http://www.wsv.de/wsd-

sw/wir_ueber_uns/veroeffentlichungen/oeffentlichkeitsarbeit/informationsschri

ft_2005/pdf/Seite-31-32-Lichtwahrschau.pdf, Zugriff am 03.01.2016


Recommended