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Die neue welt der unternehmenssteuerung - uni …...Die Ergebnisse der letzten zehn Jahre haben...

Date post: 23-Jun-2020
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Philip Loersch [ WIN WIN 2005] < benchmark 2005 > TECHN: Mischtechnik auf Glas Anlässlich des zehnjährigen Jubiläums der WIN-WIN-Kooperation stellen wir in dieser Ausgabe ein Werk aus der Geburtsstunde der Kooperation vor: Abgebildet ist < benchmark 2005 > von Philip Loersch. In dieser Arbeit, die der heute 35-jährige Loersch als junger Student in den Räumen der Managementbe- ratung präsentierte, reflektiert er das wirtschaftliche Handeln im Spiegel der Kunst. Das Werk interagiert mit den Personen und Elementen in den Büros und geht mit ihnen eine Symbiose ein. Heute lebt und arbeitet Loersch in Berlin und stellt seine Werke in Galerien von Los Angeles bis Peking aus. Unter dem Titel „WIN WIN“ pflegt Horváth & Partners seit 2005 eine Kooperation mit der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, deren Ziel die Förderung des Dialogs zwischen Wirtschaft und Kunst ist. Die Grundidee war und ist das Lernen voneinander: „Wir als Managementberater wollen die kreativschöpferische Dimension des künstlerischen Schaffens wenigstens erahnen. Auf der anderen Seite sollen die Studierenden eine Vorstellung von der Welt der Wirtschaft und des Managements gewinnen. Die Ergebnisse der letzten zehn Jahre haben gezeigt, dass dieser Dialog gelingt und für alle Beteiligten immer wieder befruchtend ist“, resümiert Ideengeber Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Péter Horváth die Kooperation. Teil des Kunstprojekts WIN WIN ist die temporäre Ausstellung im Stuttgarter Büro von Horváth & Partners, die nach Voranmeldung besucht werden kann. Die aktuellen Arbeiten von Philip Loersch finden Interes- sierte auf seiner Homepage www.philiploersch.de. SCHWERPUNKT DIGITALISIERUNG Die neue Welt der Unternehmenssteuerung Das Kundenmagazin von Horváth & Partners Ausgabe 2/2015
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Page 1: Die neue welt der unternehmenssteuerung - uni …...Die Ergebnisse der letzten zehn Jahre haben gezeigt, dass dieser Dialog gelingt und für alle Beteiligten immer wieder befruchtend

Philip Loersch

[WIN WIN 2005] < benchmark 2005 >

TECHN: Mischtechnik auf Glas

Anlässlich des zehnjährigen Jubiläums der WIN-WIN-Kooperation stellen wir in dieser Ausgabe ein Werk aus der Geburtsstunde der Kooperation vor: Abgebildet ist < benchmark 2005 > von Philip Loersch.

In dieser Arbeit, die der heute 35-jährige Loersch als junger Student in den Räumen der Managementbe-ratung präsentierte, reflektiert er das wirtschaftliche Handeln im Spiegel der Kunst. Das Werk interagiert mit den Personen und Elementen in den Büros und geht mit ihnen eine Symbiose ein. Heute lebt und arbeitet Loersch in Berlin und stellt seine Werke in Galerien von Los Angeles bis Peking aus.

Unter dem Titel „WIN WIN“ pflegt Horváth & Partners seit 2005 eine Kooperation mit der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, deren Ziel die Förderung des Dialogs zwischen Wirtschaft und Kunst ist. Die Grundidee war und ist das Lernen voneinander: „Wir als Managementberater wollen die kreativschöpferische Dimension des künstlerischen Schaffens wenigstens erahnen. Auf der anderen Seite sollen die Studierenden eine Vorstellung von der Welt der Wirtschaft und des Managements gewinnen. Die Ergebnisse der letzten zehn Jahre haben gezeigt, dass dieser Dialog gelingt und für alle Beteiligten immer wieder befruchtend ist“, resümiert Ideengeber Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Péter Horváth die Kooperation.

Teil des Kunstprojekts WIN WIN ist die temporäre Ausstellung im Stuttgarter Büro von Horváth & Partners, die nach Voranmeldung besucht werden kann. Die aktuellen Arbeiten von Philip Loersch finden Interes-sierte auf seiner Homepage www.philiploersch.de.

S c h w e r p u n k t D I g I t a l I S I e r u n g

Die neue welt der unternehmenssteuerung

Das Kundenmagazin von Horváth & PartnersAusgabe 2/2015

Page 2: Die neue welt der unternehmenssteuerung - uni …...Die Ergebnisse der letzten zehn Jahre haben gezeigt, dass dieser Dialog gelingt und für alle Beteiligten immer wieder befruchtend

n vermutlich allen Strategieabteilungen und Chefetagen besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass die Digitalisierung kein

Hype ist, sondern das Potenzial hat, Geschäftsmodelle, Prozesse, aber auch die Unternehmenssteuerung fundamental zu verändern. Welche Chancen und Risiken die Digitalisierung in welchen Berei-chen des Unternehmens mit sich bringt, und wie der individuelle Weg in die digitale Welt zu gestalten ist, sind die Fragen, die viele Entscheider derzeit beantworten müssen – und für die wir in der aktuellen Ausgabe dieses Magazins eine Reihe von Anregungen geben möchten.

Was der Digitalisierung ihren Einfluss auf nahezu jedes Unter-nehmen gibt, ist ihre enorme Wirkungsbreite. Sie kann neue Ge-schäftsmodelle hervorbringen und bewährte Geschäftsmodelle in ihrer Existenz bedrohen. Uber im Taxigewerbe und Airbnb für das Hotelgewerbe sind zwei aktuelle Beispiele, wie sich Märkte rapide verändern. Sobald ein Angreifer einen Weg findet, etablierte Kun-denschnittstellen digital auszuhebeln und einen für den Kunden attraktiven Service anzubieten, werden die Karten neu gemischt. Big Data und Co. eröffnen auch neue Effizienzpotenziale. Algorith-men durchforsten die Daten z. B. mit Korrelations- und Kausalmo-dellen permanent nach Optimierungsmöglichkeiten und treffen im vorgegebenen Rahmen selbst Optimierungsentscheidungen. Für produzierende Unternehmen ergeben sich vielfältige Chancen für neue Formen der Produktion, Stichwort Industrie 4.0. Mathe-matisch-statistische Modelle nutzen Big Data zur Ausweitung der quantitativen Entscheidungsunterstützung und ermöglichen so sehr viel präzisere Steuerungssysteme. Was unmittelbar die Fragen aufwirft, welche Kompetenzen für die digitale Welt erforderlich sind, ob mehr oder weniger Mitarbeiter benötigt werden oder wie die optimale Organisation dieser neuen Welt aussehen sollte. Kurzum, Digitalisierung kann Unternehmen vom Geschäftsmodell bis zu einzelnen Prozessen verändern, und an irgendeiner Stelle ist damit jedes Unternehmen davon betroffen.

Horváth & Partners arbeitet intensiv daran, die Chancen digi-taler Möglichkeiten in unseren Kompetenzfeldern Unternehmens-steuerung und Performanceoptimierung für unsere Kunden nutz-bar zu machen. Einige Aspekte greifen wir in dieser Ausgabe unseres

Magazins auf. In der Titelstory zeichnen Walid Mehanna, Stefan Tobias und Rainer Zierhofer das Bild eines Finanzbereichs des digi-talen Zeitalters, das sich von den heutigen Best-Practice-Stan-dards sehr deutlich unterscheiden wird. Auf dem Weg dahin wer-den sich viele Details erst herauskristallisieren, aber die Richtung der Veränderung ist heute schon klar erkennbar. Ein Beispiel dafür sind neue Kompetenzen, die zur Beherrschung und Nutzung von Big Data erforderlich sind. Eine ganze Reihe von Unternehmen ist be-reits dabei, „Data Scientists“ einzustellen, um diese Kompetenzen ins Unternehmen zu holen. Mein Partnerkollege Alexander Vocelka gibt einen Einblick, wie wir bei Horváth & Partners diese Kompe-tenzen im eigenen „Steering Lab“ aufgebaut haben.

Wie steinig der Weg vom Potenzial zur praktischen Realisie-rung sein kann, veranschaulicht Professor Schocke am Beispiel der Supply Chain im „Wissenschaftsforum“. Seine Botschaft, nach der viele Voraussetzungen stimmen oder geschaffen werden müssen, damit die digitalen Daten den erwünschten Mehrwert bringen, greifen wir auch in der Rubrik „Fokus“ auf. Auf zwei Seiten mehr als sonst widmen wir uns hier den Anforderungen, die sich durch die neuen technischen Möglichkeiten ergeben. An die Unternehmens-führung, aber auch ganz besonders an den CIO. Und wie in jeder Ausgabe stellen wir Ihnen Beispiele aus der Unternehmenspraxis vor, diesmal vom pfälzischen Maschinenbauer KSB und der spani-schen Bankengruppe BBVA.

Die Digitalisierung macht auch vor unserem Kundenmagazin nicht halt. In mehreren Rubriken bieten wir Ihnen von nun an einen virtuellen Mehrwert. Passend zu den jeweiligen Texten finden Sie online weiterführende Informationen, die Sie aus dem Lese-PDF direkt ansteuern können. Für alle Leser der Printausgabe haben wir bedienfreundliche URLs angegeben.

Wir hoffen, dass Ihnen dieses digitale Add-on genauso gut gefällt wie uns, und freuen uns auf Ihr Feedback.

Wir wünschen viel Spaß beim Lesen!Herzlichst Ihr

Dr. Michael Kieninger(Sprecher des Vorstands der Horváth AG)und die Partner der Horváth & Partners-Gruppe

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Verändern oder verändert werden Schwerpunkt Digitalisierung

4 News

18 Studien aktuell

Erfolgsmodelle im Group Reporting und der Konsolidierung

Supply Chain Management – Noch viel Luft nach oben

E-Mobilität: Mehr Reichweite bei geringeren Anschaffungskosten

30 Terminplaner

6 Titel

Die neue Welt der Unternehmenssteuerung von Walid Mehanna, Stefan Tobias und Rainer Zierhofer

Interview: „Die Versicherungswirtschaft mit digitalem Geschäftsmodell verändern“ mit Dr. Marco Adelt

Interview: „Wetter-Apps stecken noch in den Kinderschuhen“

mit Prof. Dr. Mojib Latif

14 Wissenschaftsforum

Mittendrin, aber nicht dabei: Der lange Weg zum Supply Chain Champion

von Prof. Dr. Kai-Oliver Schocke

16 Einblick Was wäre, wenn …? – Einblicke ins Steering Lab

Interview: „Big Data zum Anfassen“ mit Alexander Vocelka

20 Projekte & Profile

Groß denken, um zu überleben: Wie die Banco Bilbao Vizcaya Argentaria den Bankensektor revolutioniert

Effizienz, die sich sehen und hören lassen kann – Die Digitalisierungsinitiativen der KSB AG

24 Fokus

SAP S/4 HANA: Neue Möglichkeiten für die operative Steuerung

Talk: „Operative Steuerung digital“ mit René Linsner

Der CIO auf dem Weg in die Zukunft

Inhalt

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Neue Chancen ergrei-fen: Bei dem rasanten Tempo, mit dem die Digitalisierung Unter-nehmen erfasst, ist es nicht immer leicht, die Orientierung zu behalten. Ideen und Beispiele für den Auf-bruch in die digitale Welt stellen wir Ihnen in der neuen Ausgabe vor.

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Neue App: Leistungsvergleiche und Einblicke in CFO-Trends

Green-Controlling-Preis 2015 für Telekom, VAUDE und Voith

News

Mit der Deutschen Telekom AG, VAUDE Sport GmbH & Co. KG sowie der Voith GmbH sind erstmalig drei Unternehmen die ak-tuellen Träger des Green-Controlling-Preises. Der von der Péter Horváth-Stiftung mit 10.000 Euro dotierte Preis wurde aus die-sem Grund um 5.000 Euro aufgestockt und im Rahmen des 29. Stuttgarter Controller-Forums am 23. September im Haus der Wirtschaft verliehen. Die Telekom wurde für ihr SAP-gestütztes Klimaschutz-Monitoring ausgezeichnet. VAUDE überzeugte mit

Mit der Fachkonferenz Reporting bietet Horváth & Partners seit 10 Jahren ein Ex-pertenforum zum branchenübergreifenden Austausch innerhalb der Reporting Com-munity. Um auch darüber hinaus Impulse für die tägliche Arbeit zu geben, wurde nun das Horváth-Reporting-Netzwerk ins Leben gerufen. Im Vordergrund steht der regelmä-ßige persönliche Austausch zwischen den

Horváth & Partners wurde beim Berater-preis „Best of Consulting 2015“ des Maga-zins WirtschaftsWoche erneut für seine ex-zellente Projektarbeit ausgezeichnet. In der

Mit der neuen CFO-Panel Web App von Horváth & Partners können Fi-nanzverantwortliche schnell und kom-fortabel Benchmarks und Einschätzun-

Top-KPIs nur für diejenigen Organisationen anzeigen zu lassen, die dem eigenen Unter-nehmen sehr ähnlich sind.

Der Zugriff auf die CFO-Panel Web App ist von jedem mobilen Endgerät und Desk-top aus möglich. Voraussetzung für den Zugriff ist eine Registrierung durch den Interessenten.

Horváth & Partners wurde auf dem Deutschen Mittelstands-Summit im Juni erneut als eines der innovativsten Unternehmen im deutschen Mittelstand ausgezeichnet. „Top 100“-Mentor Ranga

Ausgezeichnet innovativ: Horváth & Partners erneut Top-Innovator

Best of Consulting: Zweifach prämiert

Spitze in Controlling & Finanzen:

Zum fünften Mal in Folge Hidden Champion

Zwei neue Netzwerke aus der Taufe gehoben

www.horvath-reporting-netzwerk.com

www.horvath-sapex-netzwerk.com

Yogeshwar überreichte Stephan Haller und Dr. Uwe Michel von Horváth & Partners das „Top 100“-Siegel. In einem zweistufigen wissenschaftlichen Analyseverfahren überzeugten die Consultants u. a. mit ihren internen Innovationsprozessen und dem Innovations-klima. Dazu gehört etwa das hauseigene „Innovation Lab“, in dem neue Konzepte vorangetrieben werden.

Um Innovationsklima und -erfolg weiter zu fördern, stellt das Unternehmen seinen Mitarbeitern im Schnitt zwölf Weiterbil-dungstage pro Jahr zur Verfügung. Im letzten Jahr nutzten die Beschäftigten rund 20 Prozent ihrer Arbeitszeit für Innovations-tätigkeiten. Dabei entstanden mehr als 3.700 Ideen für Kunden und Produkte. Etwa 90 Prozent davon wurden bereits umgesetzt.

Nach 2005 und 2010 darf sich Horváth & Partners nun zum dritten Mal Top-Innovator nennen.

Mitgliedern zu aktuellen Themen aus der Praxis, beispielsweise über das interne Mit-gliederportal im Web oder im Rahmen der moderierten Netzwerktreffen.

Den gleichen Nutzen bietet auch das neue Sales-Performance-Excellence-Netz-werk (SAPEX), das ebenfalls aus einer Fach-konferenz heraus entstanden ist. Es rich-tet sich an Topmanager im Vertrieb aller

Branchen und dient als Plattform zum Aus-tausch über Methoden, Prozesse und Erfah-rungen zur Steigerung des Vertriebserfolgs.

Wenn es um Beratung im Bereich Control-ling & Finanzen geht, gilt Horváth & Part-ners bei Deutschlands Topmanagern wei-terhin als erste Adresse. Dies bestätigt die aktuelle Studie der Wissenschaftlichen Ge-sellschaft für Management und Beratung unter der Leitung von Prof. Dr. Dietmar Fink. Nach den Vorgängerstudien aus den Jah-ren 2003, 2006, 2009 und 2012 belegen die Consultants bereits zum fünften Mal in

Folge Platz 1. Weitere Top-Platzierungen wurden bei den für die Auswahl von Managementberatern wichtigen Kriterien „Fach-wissen“ (Rang 1) und „Umsetzungsfähigkeit“ (Rang 2) erreicht.

In der Studie mit dem Titel „Hidden Champions des Bera-tungsmarktes 2015“ untersuchte Professor Fink die Kompe-tenz von ausgewählten Managementberatern mittlerer Größe im Vergleich zu den Marktführern McKinsey, Roland Berger und Boston Consulting Group. Die Ergebnisse beruhen auf den Aussagen von 469 Führungskräften deutscher Großunter-nehmen.

einem komplett im Unternehmenssteuerungsprozess integrier-ten Green Controlling. Und die Voith GmbH erhielt den Preis für erzielte Einsparungen von jährlich 6,5 Mio. Euro im Bereich Energie-, Wasser- und Materialeffizienz.

gen zu aktuellen Trends im CFO-Bereich erhalten. Basis hierfür bilden ausgewählte Kennzahlen und Ergebnisse aus dem Hor-váth & Partners CFO-Panel und der Anfang 2015 veröffentlichten CFO-Studie, die für die Anwendung grafisch übersichtlich auf-bereitet wurden. Der Nutzwert der App liegt vor allem im Leistungsvergleich zwi-schen dem eigenen CFO-Bereich und dem anderer Finanzorganisationen. Über das sogenannte „dynamische Charting“ ist es möglich, die Prozessleistung und andere

Kategorie „Wettbewerbsstrategie“ erran-gen die Consultants mit einem Projekt beim westfälischen Hersteller elektrotech-nischer Verbindungstechnik Phoenix Con-

tact den begehrten Preis. In der Kategorie „Marketing & Vertrieb“ standen sie mit ei-nem Projekt beim schwäbischen Hersteller von Fenster- und Türtechnologie Roto auf dem Siegertreppchen. Dies sind bereits die Auszeichnungen Nummer sechs und sie-ben in dem seit 2010 bestehenden Wett-bewerb.

Die Preisverleihung fand am 27. Oktober 2015 in Düsseldorf statt. Dr. Oliver Greiner, Christiane Wilkins und Thorsten Lips nah-men die Auszeichnung entgegen. In bei-den Kategorien waren die Consultants be-reits in den Jahren 2010 bzw. 2012 unter den Siegern.

www.cfo-panel-app.com

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Schwerpunkt Digitalisierung

Die neue Welt der Unternehmens-steuerung

Mit Sensoren ausgestattete Autos übertragen Betriebs-

daten an den Hersteller, um eine vorsorgliche Wartung zu

empfehlen. Die Unternehmensbereiche Finanzen und Con-

trolling betrachten zentrale Kenngrößen wie die sogenann-

ten KPIs nicht mehr nur allein in Form von verdichteten

Informationen ex post und zu einem bestimmten Zeitpunkt,

sondern je nach Anforderung auch in aktuellen Reports und

Analysen, die auf Echtzeitdaten beruhen und in aktuelle

Geschäftsprozesse eingreifen. Und in der Fertigung werden

die Abläufe über die Vernetzung von Produktionsabläufen

und die Sensorik optimiert oder die Qualitätszustände von

Produkten festgestellt.

Die digitale Revolution läuft auf Hochtouren. Wir reden

längst nicht mehr nur über ihre Zukunft – wir stecken mit-

tendrin. Aber nicht nur das, was alle sehen und miterleben,

ändert sich gerade. Auch in der Unternehmenssteuerung

liegen wichtige Treiber der Veränderung.

Von Walid Mehanna, Stefan Tobias und Rainer Zierhofer

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er Übergang in eine digitale Zu-kunft beeinflusst die Unternehmen

unabhängig von der Branchenzugehörig-keit. Es ergeben sich zahlreiche Chancen für die Weiterentwicklung des Geschäftsmo-dells, effektivere Operating Models und eine bessere Steuerung des Unternehmens – vor-ausgesetzt, das Management nimmt eine gestalterische Rolle ein, um die richtige Stra-tegie und die richtigen Fähigkeiten zu ent-wickeln.

So kann beispielsweise der Vertrieb von Konsumgütern Kunden unter Einbeziehung aller intern und extern verfügbaren Daten nach ihrer Relevanz analysieren und dar-aus Handlungsmuster ableiten, die für in-dividualisierte Ansprachen zu spezifischen – an Peers orientierten – Interessen verwendet werden. Die Nutzung von Predictive Ana-lytics ermöglicht es, zukünftige Anforde-rungen treffsicher vorherzusagen. Der Wir-kungsgrad von Vertriebsaktivitäten und Marketingmaßnahmen wird dadurch deut-lich erhöht.

In der Automobil- und Fertigungsindus-trie führen integrierte Planungsansätze, die Vertrieb, Produktion und Zulieferer ein-beziehen, zu einer deutlich verbesserten Planungs- und Steuerungsqualität sowie zu effizienteren Abläufen. Elemente wie die Re-duzierung der Lagerhaltung oder die Opti-mierung des Zusammenspiels mit Zuliefe-

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rern bilden die Grundlage für deutlich schnellere und treffsicherere Entscheidungen des Managements.

Banken und Versicherungen müssen ihre Vertriebsstrategie und die Kommunikation mit den Kunden infolge der Digitalisie-rung signifikant verändern. Denn die Kunden nutzen diverse Kanäle, traditionelle wie online, parallel. Sie zeigen sich gegen-über Selfservices aufgeschlossener und erhalten individualisierbare Produkte. Damit stellen diese Formen passgenauer Interaktion und Angebote, ermöglicht durch die neuen Technologien, den Kunden stärker ins Zentrum des Handelns.

Kurzum: Die Digitalisierung erfasst alle Branchen, wenn auch ganz unterschiedlich. Eines ist ihnen aber allen gemeinsam: eine völlig neue Sicht auf die Art, Unternehmen zu steuern. Wie sich die Rahmenbedingungen ändern, wie man darauf reagieren muss, um nicht zurückzufallen, und wie man sie nutzen kann, um Wettbewerbsvorsprünge zu erzielen, sind zentrale Fragen, die sich die Verantwortlichen in der Unternehmenssteuerung stellen müs-sen. Die folgenden zehn Thesen von Horváth & Partners sollen dazu eine Orientierung bieten.

Fundamentale Veränderungen: die ProzesseThese 1: In der Steuerung vollzieht sich der Paradigmenwechsel: von reaktiv-analytisch zu proaktiv-prognostizierend. Durch Big Data und Predictive Analytics werden aus granularen Daten automatisiert Forecasts generiert, die eine höhere Treff-sicherheit als traditionell erstellte Vorhersagen haben. Auf der Basis der mit hoher Wahrscheinlichkeit zutreffenden Forecasts können die Unternehmen nach vorne gerichtete Maßnahmen erarbeiten, um die erwartete Entwicklung positiv zu beeinflussen.

These 2: Quantifizierte Business- und Treibermodelle bilden das Fundament einer neuen Steuerung.Qualitative Ursache-Wirkungsketten werden durch datenbasierte, quantitativ-statistische Zusammenhänge ersetzt und kontinuier-lich auf Validität überprüft. Robuste regelbasierte Businessmodelle dienen als Grundlage für Szenario-Planungen, zur Quantifizierung von strategischen Optionen sowie zur Bewertung von Business Cases.

These 3: Steuerungszyklen und Optimierungen sind agil, geschehen in Echtzeit und basieren auf konkreten Verbesserungsvorschlägen durch Datenanalysen. Automatisierte Analysen verkürzen die Reaktionszeiten, ermögli-chen „Hochfrequenzentscheidungen“ und führen zu laufender Identifizierung von möglichen Optimierungsmaßnahmen. Deren laufende Umsetzung führt – unabhängig vom Planungszyklus – zu Produktivitäts- und Effizienzgewinnen.

These 4: Die Steuerung ist zunehmend automatisiert und berück-sichtigt funktionsübergreifende Abhängigkeiten.

Entscheidungen innerhalb festgelegter Wert- und Risikogrenzen werden auf der Basis der Wahrscheinlichkeiten von Prognose-ergebnissen automatisiert (zum Beispiel bei der Warendisposition im Handel oder bei Preisanpassungen). Grundsätzlich werden Entscheidungen auf der Grundlage quantitativer, differenzierter Erkenntnisse und Empfehlungen schneller getroffen. Dabei sind Risiken unter Berücksichtigung funktionsübergreifender Inter-dependenzen in die Analysemodelle integriert.

These 5: Prozesse werden unternehmens- und wertschöpfungs-übergreifend integriert gesteuert. Die Digitalisierung führt zu einer noch stärkeren unternehmens-übergreifenden Vernetzung, in deren Rahmen Informationen über die Organisationsgrenzen hinweg geteilt werden. Das Controlling muss zunehmend einen unternehmensinternen und -externen Prozess abdecken.

Erfolgsfaktoren: neue Rahmenbedingungen These 6: Die Datenanalytik ist ein eigenständiges Kompetenzfeld hochausgebildeter Spezialisten.Für die Nutzung der Big-Data-Potenziale werden neue Kompeten-zen benötigt: Modellierung, statistische Analysekompetenz und die Fähigkeit zum Mensch-Maschine-Dialog prägen das neue Anforde-rungsprofil. Data Science Center werden zu einem zentralen Be-standteil der Wertschöpfungskette, indem sie Big Data konsolidie-ren und analysieren. Über diese Data-Science-Center-Kompetenzen führt der Erhalt und Ausbau der Business-Partner-Funktion im Controlling-Bereich. Damit das aber alles funktioniert, benötigen die Unternehmen eine robuste Beurteilungskompetenz der Mitar-beiter für die neuen Analyseinstrumente – die absolute Mindestan-forderung bei der Einführung der Datenanalytik in Organisationen.

These 7: Die Rolle und die Organisation der Finanzfunktion ver-ändern sich – und damit auch die Profile der Mitarbeiter. Der CFO wird noch stärker Chief Performance Officer. Der Control-ler nutzt die analytischen Ergebnisse zur Optimierung operativer Prozesse und baut sukzessive seine Rolle als Business Partner weiter aus. Gleichzeitig wird der Finanzbereich konsequent nach transakti-onalen und analytischen Prozessen organisiert: Finance Factories und Data Science Center ergänzen sich.

These 8: Steuerung nach Wahrscheinlichkeiten: Die Qualität von Datengenerierung, -modellierung und -analyse bestimmt die Güte der Entscheidungsfindung. Ein entscheidender Wettbewerbsvorteil der neuen digitalen Steu-erungsinstrumente entsteht aus der Kombination von Fachwissen, Branchenwissen, Intuition und Unternehmergeist der interdiszipli-nären Fachexperten. Sie benötigen eine qualitativ hochwertige und harmonisierte Daten- und Methodenbasis.

These 9: Interne und externe Daten sind in größter Detailtiefe verfügbar und zentral für die Steuerung nutzbar. Die Grundlage der statistischen Modelle bilden maximal granulare Rohdaten, die zum Zeitpunkt des Informationsbedarfs bis zur Spitzenkennzahl verdichtet werden können. Erfolgsentscheidend ist die schnelle Verfügbarkeit von internen und externen sowie strukturierten und unstrukturierten Quellen, unter anderem auch von Markt- und Kundendaten, bevor sie integriert werden.

These 10: Eine starke, zentrale Governance für Daten und Modelle ist der alles ent-scheidende kritische Erfolgsfaktor für eine durchgängige und konsistente Steuerung. Unternehmen benötigen eine umfängliche und funktionierende Governance, um die Kompatibilität und Konsistenz der Daten und Analysemodelle sicherzustellen. Der Funktionsbereich Finanzen muss die Hoheit und die Verantwortlichkeiten transparent klären und organisieren. Die Governance entscheidet über Umfang, Qualität und Ver-fügbarkeit der Daten – und damit über die Ergebnisqualität der Analysemodelle. Weiter Seite 12

Vortrag von Dr. Uwe Michel zu den 10 Thesen dieses Beitrags www.horvath-partners.com/10thesen

Buchtipp: Controlling und Big Data, 2014, Haufe-Lexwarewww.horvath-partners.com/controlling-bigdata

Interview mit Prof. Dr. Ronald Gleich, Herausgeber von „Controlling und Big Data“ www.horvath-partners.com/interview-gleich

Walid Mehanna fragt: Quo vadis? Digitalisierung im Controlling am Beispiel von Big Data www.horvath-partners.com/digitalisierung-controlling

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Page 6: Die neue welt der unternehmenssteuerung - uni …...Die Ergebnisse der letzten zehn Jahre haben gezeigt, dass dieser Dialog gelingt und für alle Beteiligten immer wieder befruchtend

„Die Versicherungswirtschaft mit digitalem Geschäftsmodell verändern.“

FinTechs sind in aller Munde. Mit

hoher Kundenorientierung, Trans-

parenz und Einfachheit machen sie

den etablierten Finanzdienstleistern

Konkurrenz. Über die neue Welt der

Versicherungen und den Ansatz der

agilen Steuerung sprachen wir mit

jemandem, der bei Horváth & Part-

ners zum Finanz-Globetrotter avan-

cierte und sich mit einem eigenen

FinTech-Unternehmen selbstständig

gemacht hat.

Die Fragen stellte Stefan Hiendlmeier, Part-ner und Leiter Versicherungen bei Horváth & Partners.

Hiendlmeier: Marco, Clark setzt als Fin-Tech-Unternehmen voll auf digitale Ge-schäftsmodelle. Welche Besonderheiten weist Euer Geschäftsmodell auf, und was sind die spezifischen Erfolgsfaktoren?

Adelt: Unser Geschäftsmodell richtet sich an eine klar umrissene, webaffine Zielgrup-pe, die von der Versicherungsbranche derzeit nicht effektiv angesprochen wird: Die soge-nannte Generation Y hat 40 Prozent weni-ger Versicherungen als die entsprechende Altersgruppe vor zehn Jahren. Sie findet es altmodisch und zeitraubend, sich in einer Geschäftsstelle oder zu Hause mit einem Vermittler an einen Tisch zu setzen und über Vertragsinhalte zu sprechen. Das Gespräch über Vertragsinhalte ist in der Versiche-rungsberatung natürlich essenziell. Die Ge-schäftsstelle, der betont seriöse Auftritt und das Treffen vor Ort sind es aber nicht.

Interview mit Dr. Marco Adelt, Gründer und Geschäftsführer Clark Germany GmbH

analoge Kanäle. Diese Industrie wollen wir verändern. Unsere obersten Ziele haben wir in einer Vision und Mission definiert. Der Weg dorthin ist vor allem durch eines ge-prägt: Agilität. Wir erreichen zum Beispiel ein hohes Maß an Schnelligkeit und Flexi-bilität im Kapazitätseinsatz, indem wir un-sere Ziele in kleine Arbeitspakete zerlegen. Diese haben jeweils klar formulierte Ergeb-nistypen, Deadlines und Verantwortlich-keiten. Wenn etwas mal nicht funktioniert, können wir Dinge sehr schnell stoppen. Wenn etwas gut funktioniert, sind wir aber genauso schnell, es weiter voranzutreiben. Wir denken dabei eher in Wochen als in Quarta-len. Unsere Mitarbeiter wissen beispielweise zu Anfang einer jeden Woche, an welchen Zielen sie arbeiten werden und welche Ergeb-nisse zum Ende der Woche geplant sind. Der-art kurze Steuerungsfrequenzen funktionieren nur mit echter Transparenz und einer sehr of-fenen Fehlerkultur. Eine Kultur des Absicherns und Lamentierens über gelbe oder rote Am-peln – wie man sie oft in Konzernen beob-achtet – wäre eine Agilitätsbarriere.

Hiendlmeier: Welche Rolle spielen die un-terschiedlichen Stakeholder wie Kunden, Inkubatoren und Investoren für diese Form des Steuerungsmodells?

Adelt: Beim agilen Denken und Handeln gilt für uns ein bedingungsloses „customer first“. Wir hinterfragen stets sehr kritisch, welchen Kundennutzen die einzelnen Ar-beitspakete haben. Agile Steuerung ist kein Selbstzweck, sondern muss klar auf den Kunden und seine konkreten Bedürfnisse einzahlen. Für ein Start-up spielen außer-dem Inkubatoren und Investoren eine wich-tige Rolle. Durch Inkubatoren gewinnen junge Unternehmen wie wir gerade in der Anfangsphase massiv an Geschwindigkeit,

Hiendlmeier: Wie will Clark dem Kunden auch ohne eigenes Agenturnetz eine indivi-duelle Beratung und spezifische Angebote unterbreiten?

Adelt: Wir kombinieren Technologie mit persönlichem Service. Die Beratung erhal-ten unsere Kunden effizient über Internet, Telefon und Chat, was auch die Skalierbar-keit unseres Geschäftsmodells unterstützt. Die Kundenberater bei Clark sind bestens ausgebildet und haben mindestens eine Qualifikation als Versicherungskauffrau/ -mann. Einen wesentlichen Unterschied zu traditionellen „Playern“ gibt es dann aber doch: Unsere Berater sind nicht von Provisi-onen abhängig. Sie erhalten ein Fixgehalt und einen Bonus für Kundenzufriedenheit. Versicherungsberatung soll bei uns fair und ehrlich sein. Und wir wollen die kom-plexe Welt der Versicherungen für unsere Kunden so einfach und transparent wie möglich gestalten. Transparenz bleibt da-bei keine leere Worthülse: Kunden erfahren in ihrem Online Account beispielweise auf den Cent genau, welche Provisionen in den von uns betreuten, respektive vermittelten Produkten stecken.

Hiendlmeier: Clark ist ein junges Unter-nehmen, das in einem umkämpften Markt mit etablierten, großen Wettbewerbern an-tritt. Wie wollt Ihr Euer Geschäftsmodell durchsetzen und steuern?

Adelt: Der Versicherungsmarkt ist gigan-tisch groß – viereinhalb mal größer als das gesamte E-Commerce-Geschäft in Deutsch-land. Jeder Deutsche gibt rund 2.400 Euro pro Jahr für Versicherungen aus, was mehr als 10 Prozent des durchschnittlich verfüg-baren Einkommens ist. Etwa 95 Prozent dieses Geschäfts erfolgt immer noch über

indem etwa Zugang zu Spezial-Know-how wie Onlinemarketing ermöglicht wird oder auch administrative Tätigkeiten wie Ac-counting und HR abgenommen werden. Auch Investoren unterstützen ein hohes Tempo. Nicht allein durch das beigesteuer-te Kapital, sondern ebenfalls durch spezifi-sche Erfahrungen und Netzwerke.

Hiendlmeier: Welche Rolle kommt den ein-zelnen Mitarbeitern im Vergleich zu traditi-onellen Geschäftsmodellen zu?

Adelt: Mitarbeiter sind eine absolute Schlüs-selressource. Das ist bei digitalen Geschäfts-modellen nicht anders als bei analogen Ge-schäftsmodellen. Gerade im Start-up-Umfeld beobachte ich aber doch regelmäßig Be-sonderheiten: Mitarbeiter partizipieren dort häufig sehr viel stärker an der Idee und brennen für die gemeinsamen Ziele. Ihre Rol-le ist durch ein hohes Maß an Eigenverant-wortung geprägt. Sehr viel früher als in tra-ditionellen Geschäftsmodellen bekommen Mitarbeiter hier die Chance, sich zu bewei-sen. Hierarchien werden da zu einer Neben-sächlichkeit – Mitarbeiter und Management begegnen sich auf Augenhöhe. Transparenz ist dabei alles. Ein offener und transparenter Umgang mit der Strategie, den operativen KPI und deren Status wird da zu einer Selbstverständlichkeit.

Hiendlmeier: Was können Deiner Ansicht nach traditionelle Unternehmen für die agile Steuerung lernen?

Adelt: Strategie darf nicht nur einmal im Jahr im Rahmen einer Klausurtagung oder eines Offsites stattfinden. Strategie muss Tagesarbeit sein – durchgängig auf allen Hierarchieebenen. Eine damit im Einklang stehende agile Steuerung erfordert ein Um-

denken sowohl in den Steuerungssystemen als auch in der Unternehmenskultur. Zum ei-nen muss in immer kürzeren Zyklen gedacht und gehandelt werden, ohne den Kompass für das große Ganze zu verlieren. Dafür müs-sen Steuerungssysteme die notwendige Fle-xibilität ermöglichen. Zum anderen ist ein anderer kultureller Umgang mit Fehlern not-

wendig. Taktierendes Absichern lähmt jeden agilen Steuerungsansatz. Der Mut des Pro-bierens und die Inkaufnahme eventuellen Scheiterns muss vom Topmanagement aktiv vorgelebt und gefördert werden.

Hiendlmeier: Vielen Dank für die spannen-den Einblicke. Weiterhin viel Erfolg!

Dr. Marco Adelt hat das Assekuranzgeschäft als Versicherungskaufmann und -fachwirt von

Grund auf gelernt. Als Managementberater bei Horváth & Partners hat der Wirtschaftsjurist und

promovierte Betriebswirt Versicherer und Finanzvertriebe viele Jahre in ihrer strategischen

Weiterentwicklung begleitet. Nun ist Adelt Geschäftsführer des FinTech-Unternehmens Clark,

zu deren Mitgründern er zählt.

Der Onlineversicherungsmakler Clark wurde Mitte 2015 gegründet. Das Start-up hat die

Vision, dass sich Kunden mithilfe von moderner Technologie einfach und transparent versichern

und dabei Geld sparen können. Das Gründerteam wird vom Berliner FinTech-Inkubator FinLeap

unterstützt. Bereits jetzt konnte Clark namhafte Investoren aus dem In- und Ausland gewinnen.

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Page 7: Die neue welt der unternehmenssteuerung - uni …...Die Ergebnisse der letzten zehn Jahre haben gezeigt, dass dieser Dialog gelingt und für alle Beteiligten immer wieder befruchtend

„Wetter-Apps stecken noch in den Kinderschuhen“Wird über Big Data gesprochen, fallen einem in der Regel zuerst Unternehmensprozesse ein. Doch wie sehr jeder Einzelne von der Digitalisierung profitiert, zeigt das Bei-spiel der Meteorologie. Ein Gespräch mit jemand, der gern aus dem Fenster blickt.

TPA: Professor Latif, was bedeutet der Trend zur Digitalisierung und Nutzung von Big Data für die Wettervorhersage und die Klimaforschung? Dafür hat man doch schon seit den 1970ern Daten von Messstationen auf der Zugspitze und auf den Nord-seeinseln verwendet. Was ist heute anders, und was wird dadurch möglich?

Latif: Viele Prozesse im Erdsystem sind nicht oder nur ungenü-gend verstanden. Dazu gehört beispielsweise die Darstellung von Wolken. Die Simulation von Wolken ist eine der großen Unsi-cherheiten in den Wetter- und Klimamodellen. Um hier weiter voranzukommen, benötigen wir Messungen mit hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung, und das aus vielen Schichten der Atmo-sphäre bis hinauf in die Hochatmosphäre. Da helfen uns u. a. moderne Messmethoden mit Satelliten, die eine riesige Menge von Daten liefern, und das praktisch in Echtzeit.

Ähnliches gilt für die Meere, die maßgeblich die längerfristi-gen Wetterabläufe über viele Wochen, Monate und Jahre bestim-men. Es gibt einen eklatanten Mangel an Daten aus den Ozea-nen. Wenn wir Jahrzehnte nach vorne blicken möchten, benötigen wir auch Daten aus der Tiefsee, etwa über die Temperatur, den Salzgehalt oder die Strömungen. Hier haben die Meeresforscher autonome Messgeräte entwickelt, die die Ozeane bis in große Tiefen erkunden können. So treiben heute schon weltweit über 3.600 Bojen in den Weltmeeren und geben Auskunft über den dreidimensionalen Zustand der Ozeane in den oberen zwei Kilo-metern. Darunter gibt es bisher jedoch kaum Messungen.

TPA: Welcher praktische Nutzen eröffnet sich dadurch?

Latif: Die Vorhersagen werden dadurch genauer. Etwa wenn es um die längerfristige Vorhersage der Häufigkeit von Wetterextre-men geht. Gesellschaften sind gerade gegenüber diesen anfällig, besitzen sie doch ein großes Schadenspotenzial. Das gilt gleicher-maßen für die kurzfristige Wettervorhersage – und hierin steckt auch enormes Nutzenpotenzial für die Wirtschaft. Wenn ein Autohänd-ler zum Beispiel weiß, dass es hageln wird, kann er sich auf diesen Schauer vorbereiten. Es gibt Fälle, da gingen Autohäuser pleite, weil ihnen das Wetter einen bösen Streich gespielt hat. Aber auch Lebens-mittelgeschäfte, für die es wichtig ist zu wissen, wie viel Kaltge-tränke sie in Hitzeperioden vorhalten müssen, profitieren von den genaueren Prognosen.

TPA: Nutzen Sie denn auch eine Wetter-App für Ihre persönliche Tagesprognose?

Latif: Ich habe sogar mehrere! Aber Wetter-Apps stecken alle noch in den Kinderschuhen. Für einen sehr kurzfristigen Zeithori-zont mögen die Aussagen passen. Aber auch das nur annähernd. Apps täuschen mehr Informationen vor als sie tatsächlich haben. Das liegt daran, dass die Informationen räumlich nicht sonder-lich gut aufgelöst sind. Es mangelt vor allem an Informationen über die Beschaffenheit der Erdoberfläche oder der Wolken. Wir wissen noch zu wenig über Verdunstungsprozesse von Pflanzen und den Energieaustausch der Vegetation mit der Atmosphäre.

Das alles beeinflusst aber das lokale Wetter. Zudem gibt es ein-fach zu wenige Messstationen, um das richtige Startwetter zu erfassen. Und wenn das schon nicht stimmt, bleibt auch das Er-gebnis vage.

TPA: Überflutungen auf der einen, extreme Dürre auf der anderen Seite: Die Liste der Auswirkungen des Klimawandels ist lang. Wie verlässlich ist Big Data hinsichtlich der Vorhersagbarkeit solcher langfristigen Szenarien?

Latif: Trotz aller bereits erreichten und zukünftig zu erwartenden Fortschritte in der Wetter- und Klimaforschung sind der Vorher-sage Grenzen gesetzt. Wetter und Klima sind ein Stück weit chao-tisch, d. h. im wahrsten Sinne des Wortes unberechenbar. Ihre Vor-hersagbarkeit ist begrenzt. Besonders deutlich wird dies bei der Wettervorhersage, die über Zeiträume länger als zwei Wochen aus theoretischen Erwägungen heraus so gut wie nicht möglich ist.

Darüber hinaus hängen längerfristige Projektionen über meh-rere Jahrzehnte auch davon ab, wie sich die Menschen in der Zukunft verhalten werden. Das weiß niemand. Diese sogenannte Szenarien-Unsicherheit können wir nicht verringern. Kurzum: Big Data hilft, die Änderung der Häufigkeit des Auftretens von Wetter-extremen infolge des globalen Klimawandels zu verstehen und zu prognostizieren. Und wenn die Technik weiter ist, sind die immer genauer werdenden Kurzzeitprognosen auch ein Segen. Mit einem Unsicherheitsfaktor muss man beim Wetter aber heute und in Zukunft noch immer leben.

Prof. Dr. Mojib Latif ist Meteorologe und Klimaforscher am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und an der Universität Kiel. Seine Forschungen in den Bereichen Ozeanzirkulation und Klimadynamik wurden international vielfach diskutiert und ausgezeichnet. So ist er u.a. Träger des diesjährigen Deutschen Umweltpreises. Als Experte zum Thema Klimawandel ist Latif zudem bei verschiedenen deutschen Fernseh- und Hörfunksendern ein häufiger Studiogast.

Interview mit Prof. Dr. Mojib LatifDie Digitalisierung wird im Sinne der ge-nannten Thesen zu tiefgreifenden Verände-rungen der Unternehmenssteuerung führen. Die Unternehmen sollten sich darüber im Kla-ren sein, dass der erforderliche grundlegende Wandel nicht nur operative Einzelbereiche wie etwa die Produktion oder das Marketing betrifft, sondern – viel tiefer – eine signifikante Transformation in Mentalität und Selbstver-ständnis erfordert: in den Bereichen Control-ling und Finanzen, aber auch darüber hinaus im Management allgemein. Entscheider, die sich damit aktiv auseinandersetzen und den Wandel gestalten, sichern eine künftig mo-derne Steuerung der Organisation und somit auch des Unternehmenserfolgs.

Nutzenpotenziale erschließenIn allen Funktionsbereichen sind große Nut-zenpotenziale digitaler Technologien gege-ben, die es zu erschließen gilt. Eine Schlüssel-rolle werden dabei die prognostischen und analytischen Möglichkeiten spielen, die Big Data und die Digitalisierung der Wertschöp-fungsketten eröffnen. Wie die Nutzung der digitalen Möglichkeiten im Unternehmen mit seinem spezifischen Geschäftsmodell erfolgen kann, muss jedes Unternehmen für sich definie-ren. Verspricht z. B. die Optimierung des Span-nungsfelds zwischen Lagerhaltung, Lieferfähig-keit und Working Capital einen signifikanten Wertbeitrag, könnte die Frage lauten: Welchen Lagerbestand brauchen wir, um für diese oder jene Änderungen in der Produktion und im Vertrieb oder bei einer veränderten Kunden-nachfrage lieferfähig zu sein? Der Hamburger Versandkonzern Otto zum Beispiel nutzt die prognostischen Möglichkeiten digitaler Tech-nologien konsequent und spart nach eigenen Angaben durch die entsprechende Optimie-rung seines Working Capitals einen zweistelli-gen Millionenbetrag.

Eine derart praktische Nutzung der Digitali-sierung zur Optimierung der Organisation ist letztlich der Schlüssel für den Erfolg. Die Unter-nehmensführung muss sowohl technische Er-folgspfeiler wie Datenmanagement und Gover-nance schaffen als auch die unternehmerische Agilität sowie die Fähigkeiten und Kenntnisse der Mitarbeiter, die sogenannten weichen Fak-toren, gezielt fördern und entwickeln.

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enn es um den Unternehmenserfolg geht, kommt schnell die Frage nach der Optimierung operativer Prozesse auf,

meist umgesetzt mit Hilfe von IT. Nach einer aktuellen Umfrage der Bundesvereinigung Logistik e. V. steht die Digitalisierung der Logis-tik aktuell ganz oben auf der Agenda. Dies äußert sich auch in einem immer höheren Stellenwert von Logistik und Supply Chain Manage-ment (SCM) in Unternehmen. Diese verankern in der Konsequenz die Verantwortung für SCM beispielsweise direkt im Vorstand. Mit (noch) sehr unterschiedlichem Erfolg. Im Herbst 2014 war die Frank-furt University of Applied Sciences (FRA-UAS) an einer empirischen Untersuchung zur Supply-Chain-Leistungsfähigkeit beteiligt. Aus den Rückmeldungen konnten vier Evolutionsstufen auf dem Weg zum Supply Chain Champion abgeleitet werden:

1. Das Unternehmen ist funktional (Einkauf, Produktion …) organi-siert. Die einzelnen Abteilungen kommunizieren – insbesondere hinsichtlich der Datennutzung – in der Regel nicht strukturiert miteinander.

2. Das Unternehmen ist stärker prozessorientiert aufgestellt, und die Kommunikation zwischen den Abteilungen findet strukturier-ter und regelmäßiger statt.

3. Das Unternehmen erkennt den Nutzen einer offenen, partner-schaftlichen, kooperativen Einbindung von Kunden und Lieferan-ten in die eigenen Prozesse und lebt dieses Wissen.

4. Das Unternehmen hat sich ergänzend zu 3. noch erheblich stär-ker an die Erfordernisse der Kunden angepasst. Die Prozesse sind digitalisiert; das Unternehmen kann sehr schnell auf unterschied-lichste Kundenwünsche reagieren. Es zeichnet sich auch durch eine hohe operative Leistungsfähigkeit aus.

Die Unternehmen der vierten Evolutionsstufe nutzen die Chancen der Digitalisierung aktiv; sie werten Big Data aus, verfügen über in-tegrierte Planungsprozesse, sind fit für Industrie 4.0, können Los-größe 1 produzieren und haben deutlich geringere Bestände.

Doch wie viele Unternehmen befinden sich tatsächlich auf dieser Evolutionsstufe? Der Arbeitskreis „Fertigung“ innerhalb des Deut-schen SAP-Anwendergruppe e. V. führte dazu eine Befragung mit 80 Unternehmen unterschiedlichster Größe durch. Im Ergebnis verwei-len rund 80 Prozent noch auf der ersten Evolutionsstufe. Gerade einmal 12 Prozent der Befragten sind in digitalen Projekten aktiv, die Kriterien der vierten Stufe wurden lediglich von fünf Prozent der Unternehmen erfüllt. Ein ähnliches Bild zeichnen die ca. 100 be-treuten Abschlussarbeiten im Jahr 2014, die die Studierenden der FRA-UAS direkt in den Unternehmen erstellt haben. Lediglich vier Arbeiten beschäftigen sich davon mit Stufe 4; die meisten noch mit Stufe 1.

Wie unterschiedlich die Evolutionsstufen im Zeitalter der Digitali-sierung gelebt werden, veranschaulicht ein Beispiel aus der Luft-fracht: Während man den Status eines über einen Integrator versen-deten privaten Päckchens dank Tracking & Tracing-Funktionen übers Internet permanent verfolgen kann, ist der Versand eines Maschi-nenteils auf einer Euro-Palette weitaus weniger transparent. Der Unterschied zwischen den beiden Lieferketten besteht darin, dass bei kommerzieller Standard-Luftfracht die mindestens fünf am Ver-sand beteiligten Versandstufen (Spediteur – Handling Agent – Air-line – Handling Agent – Spediteur) in den allermeisten Fällen nicht digital miteinander kommunizieren, sondern vielmehr die Sendun-gen mit Papierbündeln begleiten, die bei jeder Stufe erneut im jewei-ligen ERP-System erfasst werden müssen. Die Integratoren hingegen wickeln den gleichen Vorgang über ein IT-System ab.

Dieser Vergleich zeigt die Spannweite der evolutionären Entwick-lung. Dabei sind digitale Daten grundsätzlich bei allen Unterneh-men verfügbar. Die Verwendung der Daten über Abteilungs- oder Unternehmensgrenzen hinweg ist jedoch oft nur rudimentär ausge-prägt. Wo Unternehmen den betriebswirtschaftlichen Nutzen der Digitalisierung (noch) nicht erkennen, setzt die FRA-UAS mit anwen-dungsnahen Forschungsprojekten an:

1. In der Cargo City des Flughafens Frankfurt wird seit 1. Januar 2015 im Echtbetrieb ein digitales Cargo-Community-System ein-gesetzt. Dies beinhaltet beispielsweise den digitalen Austausch von Frachtdaten. Handling Agents können damit wichtige Kenn-zahlen wie die Durchlaufzeit der Ware im Blick behalten. Das Community-System deckt allerdings gleichermaßen die Informa-tionsbedürfnisse von Controllern ab, die sich für gänzlich andere

Mittendrin, aber nicht dabei:

Der lange Weg zum Supply Chain Champion In den Diskussionen rund um Digitalisierung wird suggeriert, dass Daten jederzeit und in beliebigem Detaillie-

rungsgrad verfügbar sind; Big Data liegt vermeintlich auf der Straße und muss lediglich zur Verwendung

„aufgehoben“ werden. Untersuchungen ergeben jedoch ein anderes Bild: Die meisten Unternehmen nutzen

digitale Daten bislang nur unzureichend.

Prof. Dr. Kai-Oliver Schocke ist Geschäftsführender Direktor des Zentrums für Logistik, Mobi-

lität und Nachhaltigkeit (ZLMN) an der Frankfurt University of Applied Sciences. Als eine

von acht Partnerhochschulen weltweit setzt die FRA-UAS das SAP Industrie 4.0 Curriculum

für die SAP University Alliances Community ein, mit dem digitale Lösungen für die Wirt-

schaft simuliert werden. Und im House of Logistics and Mobility (HOLM) am Frankfurter

Flughafen macht der Professor für Logistik und Produktionsmanagement seine Disziplin für

Studierende und Unternehmen auch anfassbar.

KPIs, wie etwa der Gewinn pro Paket, interessieren. Neben dem gestiegenen Informationsaustausch werden nun auch Slots an den Rampen effizienter belegt, um schneller abgefertigt zu wer-den. Im Rahmen einer 36h-Vollerhebung konnte die FRA-UAS auf der Basis von 950 Interviews an den Rampen den Vorteil der elektronischen Datennutzung qualitativ nachweisen. Allein durch die Vermeidung von Medienbrüchen und den damit verbunde-nen Wartezeiten spart die Digitalisierung vier Millionen Euro im Jahr. Zum Jahresende wird das Projekt mit der Bestimmung des unternehmensspezifischen Nutzens der eSupply Chain enden.

2. In Zusammenarbeit mit einem Pumpenhersteller arbeitet die FRA-UAS an einem Geschäftsmodell zur vorbeugenden Instand-haltung: Die beim Anwender installierten Pumpen sollen künftig nicht nur Daten an den Leitstand liefern, vielmehr wird digitale Intelligenz diese auch hinsichtlich der Ausfall-Relevanz prüfen. Im Notfall wird der Hersteller automatisiert benachrichtigt und kann Ersatz liefern; im Normalfall kann der Anwender die Pumpe aufgrund der digitalen Informationen rechtzeitig warten und so-mit einem Stillstand entgegenwirken. Die gemeinsame Daten-basis des Systems ermöglicht es auch hier, jedem Anwender Ant-worten auf seine individuellen Fragen zu liefern. Vom Controller, der sich mehr für den Stromverbrauch je Kostenstelle interessiert, über den Instandhalter, der die Pumpen rechtzeitig warten muss, bis hin zum Produktionsplaner, für den relevant ist, zu welchem Zeitpunkt die Pumpen für welchen Auftrag einsatzbereit sind.

Die Digitalisierung von Prozessen wird von einzelnen Unterneh-men bereits heute vorbildhaft betrieben; viele Unternehmen stecken aber noch in den Kinderschuhen. Was es braucht, sind zum einen Big Data Scientists, die etwa den Detaillierungsgrad der ERP-Systeme einstellen und interpretieren können. Unabhängig von den Spezialis-ten benötigen Unternehmen aber auch geschulte Mitarbeiter, die die richtigen Zusammenhänge erkennen können. Denn Digitalisie-rung kann dem Unternehmen nur mit entsprechend fachkundigen Mitarbeitern nutzen. Es ist ein umwälzender Prozess, bei dem an-wendungsnahe Forschung wichtige Geburtshilfe leisten kann.

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Von Prof. Dr. Kai-Oliver Schocke

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Was wäre, wenn …? Einblicke ins Steering Lab

TPA: Herr Vocelka, warum hat Horváth & Partners ein Steering Lab aufgebaut? Vocelka: Für die meisten Unternehmen ist die Nutzung von Big Data in der Unternehmenssteuerung ein sehr neues Kompetenzfeld. Noch sind es einzelne Innovatoren oder ganz kleine Teams in den Unternehmen, die sich mit dem Thema auseinandersetzen. Allein in diesem Jahr haben wir hunderte Gespräche mit Kunden und externen Partnern zu dem Thema Wertschöpfung mit Big Data geführt. Sie alle stoßen dabei in der Praxis auf die gleichen Herausforderungen. Diese rasch steigende Nachfrage unserer Kunden nach professionellen Big-Data-Lösungen zur Steuerung und Optimierung ihrer Unternehmen hat uns veranlasst, die Kompetenz dafür gebündelt über unser Steering Lab anzubieten.

TPA: Welche Leistungen kann das Steering Lab erbringen?

Vocelka: Sofern Frage- oder Problemstellungen klar spezifiziert sind und die erfor-derlichen Daten dazu vorliegen bzw. beschafft werden können, kann das Steering Lab Lösungen aus vielen Bereichen erarbeiten: etwa für die strategische Steue-rung, das Forecasting, die Produktoptimierung, die Logistikoptimierung oder das Risikomanagement. Daneben entwickeln wir aber auch neue Methoden zur Lösung bestehender und neuer Problemstellungen, insbesondere im Bereich Machine Learning.

TPA: Wie arbeitet das Steering Lab mit den Kunden zusammen?

Vocelka: Zum einen in Form von Pilot- oder Speziallösungen, die das Lab für ausgewählte „Use Cases“ von Unternehmen erarbeitet. Gerade mittelständische Kunden wollen das Potenzial von Big Data erst mal abschätzen und an für sie relevanten Beispielen testen, wie groß die Nutzenpotenziale sind. Für Großunter-nehmen, die vielleicht schon über eigene „Data Scientists“ verfügen, können unsere Experten vom Steering Lab komplexe Fragestellungen lösen, für die bestimmte Spezialkompetenzen erforderlich sind. Außerdem arbeiten die Kol-legen des Steering Labs in Beratungsprojekten z. B. zur Modellierung digitali-sierter Forecasts mit. Im Steering Lab haben wir sowohl die Kompetenzen als auch die notwendige technische Infrastruktur, um etwa prognostizierende Algo-rithmen in die Lösung einzubringen. Manche Kunden sind aber auch interes-siert, in unserem Steering Lab in München gemeinsam herausfordernde Problemstellungen zu bewältigen. Das Training der Kundenexperten erfolgt dabei sozusagen als hochwillkommener Nebeneffekt. Um Dinge wirklich zu verstehen, müssen sie anfassbar und begreifbar gemacht werden. Und genau das ist die Aufgabe des Steering Labs.

„Big Data zum Anfassen“

Drei Fragen an Alexander Vocelka, Partner und Leiter des Steering Lab

nformation gilt unter Ökonomen als der neue, der vierte Produktionsfaktor.

Auf Dauer erfolgreich werden künftig nur solche Unternehmen sein, die über umfas-sende Informationen zu allen Aspekten ihres Wirtschaftens – seien es Kunden, Lie-ferketten, Wettbewerber bis hin zu relevan-ten Umweltdaten – verfügen und diese auch intelligent zu nutzen wissen. Big Data ist der Stoff, aus dem diese Informa-tionen gewonnen werden können. Doch wie lassen sich Abermillionen, häufig völ-lig unstrukturierte Daten, die permanent auf der ganzen Welt erzeugt werden, in wertvolle Informationen verwandeln? Wel-che Werkzeuge und Methoden, welche Kompetenzen benötigt ein Unternehmen, um ein digitales Steuerungssystem zu schaffen und durch laufende Prozessopti-

mierungen auf Basis von automatisierten Datenanalysen die Effizienz stärker als die Wettbewerber zu verbessern?

Die Beantwortung solcher Fragen ist die Aufgabe des Steering Lab von Horváth & Partners. Wir helfen unseren Kunden bei der Entwicklung von Big-Data-basierten Steuerungsmodellen, bei Aufbau und Nut-zung quantitativer Modelle oder beim Auf-setzen eigener Big Data Labs. Und es wäre kein Labor, wenn es nicht selbst tüftelt und Anwendungsfelder entwickelt, die spezifi-sche und komplexe Fragestellungen unse-rer Kunden lösen können. Dazu modellie-ren „Quantitative Business Modeler“ auf der Basis vieldimensionaler Daten auf die jeweilige Fragestellung optimierte Algo-rithmen, um aus den Daten die gewünsch-ten Informationen zu generieren und in

Was wäre, wenn wir heute bereits wüss-

ten, was die Menschen sich morgen wün-

schen? Dann könnten Unternehmen

schon heute die Produkte und Dienstleis-

tungen entwerfen und produzieren, die

morgen nachgefragt werden. Wir lebten

in einer Welt ohne exzessive Verschwen-

dung von Rohstoffen und Energie. Und

was wäre, wenn smarte Produkte sich

selbst diagnostizieren könnten? Dann

würden 99 Prozent der technischen Feh-

ler und Ausfälle von Produkten und

Komponenten gar nicht erst auftreten.

Ist das Utopie oder morgen schon Reali-

tät? Big Data und quantitative Modelle

schaffen die Grundlagen dafür, dass die-

se Utopie Realität werden kann.

Szenarien abzubilden. Aus den Ergebnis-sen lassen sich für den Kunden Steue-rungsinformationen für operative, takti-sche und strategische Überlegungen ableiten. So z. B. für die Produktentwick-lung, indem aus den angeklickten Optio-nen des Car Configurators die Höhe des voraussichtlichen Bedarfs an Ausstat-tungsvarianten und Features errechnet wird. Genutzt werden dabei auch fortge-schrittene „Machine Learning“-Ansätze, um die Algorithmen automatisiert wei-terzuentwickeln.

Die Wissenschaft ist der Vorreiter bei Big Data und hat die wesentlichen Werk-zeuge und Methoden zur Informations-extraktion entwickelt. Jetzt ist es an den Unternehmen, diese Erfahrung aufzuneh-men und einzusetzen.

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Die aktuellen Entwicklungen im Bereich der Elektromobilität geben Anlass zum Op-timismus: Zum ersten Mal durchbricht die durchschnittliche Reichweite der E-Fahr-zeuge die 200-Kilometer-Grenze. 2011 waren es noch rund 150 Kilometer. Der tech-nische Fortschritt lässt eine weitere Steigerung deutlich über 400 km bis zum Jahr 2020 erwarten. Zu diesem Ergebnis kommt der aktuelle Fakten-Check Mobilität 3.0, in dem Horváth & Partners die jährliche Entwicklung wesentlicher Treibergrößen der Mobilität analysiert.

Auch die preisliche Entwicklung ist erfreulich. Zwar kosten Elektroautos im Schnitt immer noch 45 Prozent mehr als vergleichbare konventionell angetriebene Fahrzeuge. Bei denjenigen, die erst seit kurzem auf dem Markt sind, sind es aber nur noch 30 Prozent. 2010 waren sie noch doppelt so teuer. Hält dieser Trend an, würde der Auf-preis im Jahr 2020 weniger als zehn Prozent betragen. Treiber sind u. a. fallende Bat-teriepreise und die Bereitschaft der Automobilhersteller, auf Marge zu verzichten, um den Markt zu besetzen.

n einer aktuellen Studie, die Horváth & Partners zusammen mit der Deutschen

Telekom Accounting GmbH durchführte, standen die Erfolgsfaktoren im Group Re-porting im Fokus. Ein klarer Trend zeichnet sich bei den 118 befragten – zum Großteil börsennotierten – Großkonzernen sowie mittelständischen Unternehmen mit ausge-prägter Konzernstruktur ab: Eine integrierte Sicht auf Accounting- und Controlling-Infor-mationen auf Konzernebene wird zuneh-mend notwendig. So haben bereits 63 Pro-zent der Befragten die interne und externe Berichterstattung inhaltlich, technisch und/oder prozessual harmonisiert. 70 Prozent haben Maßnahmen gestartet, um die Integ-ration zwischen Konzerneinheiten und Ge-samtkonzern zu steigern.

Neben der integrierten Darstellung von Accounting- und Controlling-Informatio-nen steht auch bei den Schnittstellen eine Überprüfung an. Verbesserungsbedarf be-steht vor allem im Zusammenspiel von Ein-zelabschluss, Datenerfassung, Konsolidie-rung und Reporting. Für 94 Prozent der

osteneffizienz und Flexibilität sind die wichtigsten Kriterien bei der Gestaltung von Wertschöpfungsketten. Zudem gewinnt ihre Nachhaltigkeit an Bedeutung. Doch in

allen drei Aspekten sehen Supply Chain Manager noch Verbesserungsbedarf. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie von Horváth & Partners, die nach 2011 zum zweiten Mal durchgeführt wurde. Teilgenommen haben 73 Unternehmen unterschiedlicher Größen-klassen und Branchen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Viele der Studienteilnehmer haben bis dato nur eine begrenzte Kosteneffizienz erreicht. Bei der Flexibilität und Nachhaltigkeit ist der Handlungsbedarf sogar noch größer. Opti-mierungspotenzial sehen die Befragten in allen funktionalen Bereichen ihrer Wertschöp-fungsketten. Insbesondere die Beschaffung und Lagerhaltung sehen jeweils rund drei Viertel der Befragten als Optimierungshebel.

Die Studienteilnehmer geben selbstkritisch an, dass Supply-Chain-Strategien und eine dazu passende Organisationsstruktur zwar oft vorhanden sind, aber nicht gelebt werden. Zudem fehlen durchgängige Steuerungskonzepte, um das volle Potenzial ihrer Wertschöp-fungsketten abzurufen. Nur rund die Hälfte der befragten Unternehmen hat Supply-Chain-Prozesse definiert und setzt entsprechende Kennzahlensysteme ein. Ein wirkungs-volles Maßnahmencontrolling führen sogar nur 35 Prozent der Unternehmen durch.

Positiv bewerten die Berater den Trend zur Kooperation mit Kunden bzw. Lieferanten im Supply Chain Management. Um die Stabilität globaler Supply-Chain-Netzwerke zu ge-währleisten, rückt das Risikomanagement jetzt in das Blickfeld der Unternehmen. Denn angesichts zunehmender Wirtschaftskriminalität, komplexer Datenschutzregelungen oder Produkthaftungspflichten besteht hier großer Handlungsbedarf.

Supply Chain Management – Noch viel Luft nach oben

Erfolgsmodelle im Group Reporting und der Konsolidierung

E-Mobilität: Mehr Reichweite bei geringeren Anschaffungskosten

Ansprechpartner:Florian WernerCompetence Center Controlling & Finance+49 211 [email protected]

Ansprechpartner:Markus KirchmannCompetence Center Controlling & Finance+49 89 [email protected]

Ansprechpartner:Ulrich ZinnCompetence Center Organization & Operations+49 89 [email protected]

Ansprechpartner:Julian GolderCompetence Center Organization & Operations+49 89 [email protected]

Ansprechpartner:Heiko FinkCompetence Center Organization & Operations+49 711 [email protected]

Ansprechpartner:Dr. Oliver GreinerLeiter Competence Center Strategy, Innovation & Sales+49 711 [email protected]

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I Befragten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz steht die Automatisierung der Schnittstellen ganz oben auf der Maß-nahmenliste.

Pauschale Erfolgsmodelle lassen sich daraus jedoch nicht ableiten. Die Ausrich-tung des Group Reporting wird sich viel-mehr an drei wesentlichen Einflussgrößen orientieren müssen: dem Steuerungsan-spruch des Konzerns, der Homogenität und Vielfalt der im Konzern vertretenen Geschäftsmodelle sowie der Komplexität der konzerninternen Liefer- und Leistungs-beziehungen. Den größten Einfluss auf die Ausgestaltung des Group Reporting hat jedoch nach wie vor die spezifische Histo-rie eines Unternehmens.

Zudem identifizierte die Studie Hand-lungsfelder und Weiterentwicklungsmög-lichkeiten im Group Reporting, wozu u. a. eine flexiblere Group-Reporting-Architektur gehört. Aber auch moderne Organisations-formen wie zentrale Expert-Center stehen auf der CFO-Agenda weit oben und werden erst von wenigen Unternehmen genutzt.

Weiterführende Inhalte finden Sie online:

Ausführlicher Ergebnisbericht der Studiewww.horvath-partners.com/group-reporting

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ie Bankenkrise hat weltweit deutli­che Spuren hinterlassen. Seit 2008

sinkt die Anzahl der Kreditinstitute stetig, Finanzkraft und Rentabilität sind nach wie vor schwach. Was die einen als Konsolidie­rung beschreiben, nennen andere Kanniba­lisierung. Manche Institute überstanden die Krise nur knapp bzw. mussten staatlich ge­rettet werden. Doch auch für sie gilt: Weiter­machen wie bisher geht nicht. Denn von­seiten der FinTechs wächst der Verdrän­ gungswettbewerb. Hinzu kommen neue technologische Möglichkeiten wie Big Data Analytics und die gestiegene Nachfrage nach mobilen Banking­Lösungen. Francis­co González, Chairman und CEO der spani­schen Bankengruppe BBVA (Banco Bilbao Vizcaya Argentaria) findet deutliche Worte für seine Branche: „Modernisiert, oder sterbt!“ Für die zweitgrößte spanische Uni­versalbank mit einer Bilanzsumme von 651 Mrd. Euro (2014), über 100.000 Mit­arbeitern in 31 Ländern und über 50 Milli­onen Kunden aber geht es um mehr als das reine Überleben. Die BBVA will anders sein als andere Banken – und eine der bes­ten im digitalen Zeitalter.

Dass der 70­jährige langjährige Firmen­lenker nicht nur groß denkt, sondern auch

Groß denken, um zu überlebenWie die Banco Bilbao Vizcaya Argentaria den Bankensektor revolutioniert

entsprechend handelt, hat er in der Vergangenheit mehrfach be­wiesen. Erfolgreich hat die amerikanische Tochter BBVA Compass Anfang 2014 die Direktbank Simple akquiriert. In diesem Jahr folg­te die türkische Bank Garanti, die als eine der innovativsten und technologisch fortschrittlichsten Banken der Welt gilt.

Tabellenführer der Euro-LigaDas Grundproblem der Branche sieht die BBVA vor allem in der anti­quierten Infrastruktur, mit der viele Banken noch immer arbeiten. Unternehmen wie Amazon, Spotify und Uber machen vor, wie man auf dem veränderten Markt mitspielt – doch die Branche reagiert zu langsam. Oder sie reagiert falsch. „Im Hype um die Digitalisierung investieren Banken in Applikationen und hübsche Front Ends, doch dahinter stapeln sich häufig nach wie vor die Papierberge, und die Auftragsabwicklung läuft über ‚Uraltsysteme‘“, erläutert Sebastian Ostrowicz, Leiter des Bereichs Digitization in Financial Industries bei Horváth & Partners. Das sei langsam und ineffizient.

Während viele Wettbewerber ihre Anstrengungen also primär auf die Neuausrichtung der Kundenschnittstelle fokussieren, hat die BBVA die Herausforderungen der Digitalisierung umfassend – und frühzeitig – für ihre Organisation und Infrastruktur angenommen. Der Transformationsprozess begann fernab der Kundenwahrneh­mung mit gewaltigen Investitionen in die technologische Infrastruk­tur. 2007 startete BBVA den Digitalisierungsprozess, 2013 nahm er mit der Gründung der Abteilung „Digital Banking“ weiter an Fahrt auf. Zu Beginn des Programms stand der Aufbau von zwei großen Rechenzentren in Spanien und Mexiko mit einer sehr leis­tungsfähigen, nachhaltigen und sicheren IT­Infrastruktur. Im nächs­ten Schritt durchleuchtete man die Software­ und Prozesslandschaft und modernisierte sie Front­to­Back. Heute verfügt die Bank über ei­nes der modernsten Kernbankensysteme der Branche und ist in der Lage, Transaktionen in Echtzeit abzuwickeln, ihre Prozesse weitge­hend zu automatisieren und effizient zu steuern – und wird damit auch von den Kunden als hochinnovativ wahrgenommen. Das Sys­tem wickelt aktuell 400 Millionen Transaktionen pro Tag ab. 2006 waren es noch 90 Millionen. 2020 sollen es rund 1,5 Milliarden sein.

Was González als „open in the world, open in the system“ be­zeichnet, ist heute ein maximal flexibles, effizientes und skalierba­res System, das überdies nach außen geöffnet werden kann, um auch Drittanbieter zu integrieren. Dadurch können typische Bank­leistungen auch Nichtbanken zur Verfügung gestellt werden, etwa einem Supermarkt, der den Kunden ein eigenes Konto anbietet, das letztlich von der BBVA geführt wird. Und um ihren Effizienzvor­

sprung noch weiter auszubauen, plant die Bank auch die Erweite­rung des eigenen Produktportfolios: So soll es neben klassischen Finanzdienstleistungen künftig auch darüber hinausgehende An­gebote wie Versicherungs­ oder Unterhaltungsprodukte geben. Was heute mit Amazon Marketplace als State of the Art gilt, strebt die BBVA künftig mit einem eigenen „Finanzsupermarkt“ an.

Auch im Mobile Banking tritt BBVA mit der App „BBVA Wallet“ als Marktführer auf. Mit 700.000 Downloads gehört sie zu den beliebtesten Apps in Europa und bietet beispielsweise direkte Fi­nanzierung bei Kreditkartenkäufen an. Der Kunde definiert damit schon im Moment der Zahlung Höhe und Zeitpunkt der Tilgung. Aber digital darf nicht unpersönlich werden: Mit nur einem Click werden Kunden sofort mit ihrem Berater verbunden.

Die Summe der durch die App abgeschlossenen Finanzierungen erreicht heute bereits die Summe der Abschlüsse aller anderen Kanäle (Filiale, Geldautomat, Internetbanking). Aktuell nutzen 6,4 Millionen Kunden das Mobile Banking.

In Qualität steckt auch QualWill ein Unternehmen im Wettbewerb so weit vorn sein, braucht es ein Team, das es zu dieser Leistung antreibt. Und so gehört der Kulturwandel wohl zu einer der größten Herausforderungen in BBVAs Transformationsprozess. Das neue Hauptquartier in Mad­rid wurde auf diesen Wandel ausgerichtet und zeichnet sich durch ein Open­Space­Prinzip für alle Mitarbeiter aus – inklusive CEO. Zudem wurden direkte Reportingwege zu Francisco González in allen Digitalisierungsfragen eingeführt und eine Kultur­ und Talentabteilung eingerichtet. Der Kulturwandel ist in der Füh­rungsetage bereits deutlich spürbar. Im nächsten Schritt gilt es, diesen Wandel auf das gesamte Unternehmen auszuweiten.

Darüber hinaus blickt die Bank stets über den Tellerrand des eigenen Unternehmens: Um der Disruption der Branche durch

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FinTech­Start­ups zu begegnen, gründete die BBVA 2013 den Venture­Capital­Arm „BBVA Ventures“, der als Minderheitsinvestor diver­se Start­ups unterstützt und so gleichzeitig von ihnen lernt. Der Digitalisierungsprozess kostete BBVA nicht nur viel Geld – das bishe­rige Gesamtinvestitionsvolumen beträgt fünf Milliarden Euro. Vielmehr bedurfte es einer großen, unerschütterlichen Vision gepaart mit außerordentlichem Durchhaltevermögen und der Bereitschaft, mit hohem Aufwand den gesamten Prozess End­to­End neu aus­zurichten und den dafür notwendigen kultu­rellen Wandel zu implementieren.

Die zurückliegende Bankenkrise und die Digitalisierung werden auf lange Sicht zu einer wesentlichen Konsolidierung der Fi­nanzbranche führen und die Wettbewerbs­situation maßgeblich wandeln. Das Erfolgs­modell der BBVA zeigt, wie Unternehmen sich erfolgreich an neue Wettbewerbsbedin­gungen anpassen und zu den Gewinnern der Veränderung gehören können.

Foto: BBVA

Ansprechpartner:Sebastian OstrowiczCompetence Center Financial Industries +49 69 [email protected]

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ie kann ein Maschinenbauer größtmöglichen Nutzen aus der

Digitalisierung ziehen? Mit einem opti­malen Steuerungssystem für das eigene Unternehmen sowie innovativen Produk­ten für den Kunden. Die KSB AG ist ein solcher Maschinenbauer. Um die interna­tional führende Position als Hersteller von Pumpen und Armaturen zu sichern, will der pfälzische Konzern an dem Mega­trend Digitalisierung nicht vorbei­, er will vorangehen.

Finance 4.0Das 1871 gegründete Unternehmen ist mit mehr als 16.000 Mitarbeitern und ei­nem Jahresumsatz von über zwei Milliar­

Effizienz, die sich sehen und hören lassen kann – Die Digitalisierungsinitiativen der KSB AG

den Euro auf allen Kontinenten mit eigenen Vertriebsgesellschaften, Fertigungsstätten und Servicebetrieben vertreten. Die frühe Internationalisierung im 20. Jahrhundert begünstigte die Entstehung dezentraler Strukturen. So war der Aufwand für die Er­stellung des aggregierten Zahlenmaterials aus den Einzelabschlüssen der Konzernge­sellschaften bislang sehr hoch, weil Daten manuell übertragen und notwendigerweise konsolidiert werden mussten. Zudem er­schwerten die Unterschiede im internen und externen Rechnungswesen die Generierung relevanter KPIs.

Vor der Neustrukturierung hat KSB seine Anforderungen in einer Zielmatrix definiert: Aufbauend auf einer zu har­

monisierenden Datenbasis gilt es, die Mengen­ und Werteflüsse in einem einzi­gen System („Single Source of Truth“) zu erfassen. Mit den damit vorliegenden strukturierten Daten können Analysen er­heblich schneller und qualitativ sauberer generiert werden. Weniger Aufwand für bessere Ergebnisse also. Alles exakt auf die individuellen Bedürfnisse der unter­schiedlichen Empfänger abgestimmt. Und das weltweit.

Das 2014 initiierte Programm PACE (Performance leap to Accounting and Con­trolling Excellence) soll diese Ziele Realität werden lassen. PACE bildet die Klammer um insgesamt 20 Projekte, die KSB in vier Cluster unterteilt:

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■■ Harmonisierung und Standardisierung des internen und externen Rechnungs­wesens

■■ Werteflüsse, Kosten­ und Ergebnisrech­nung

■■ Closing und Reporting ■■ Change Management und Kommuni­

kation

Innerhalb dieser Cluster kommen mo­derne Softwarelösungen zum Einsatz. So schafft SAP S/4 HANA die grundsätzli­chen Voraussetzungen für die komplette Reportingorganisation wie schnellere Pro­zesse, neue Module und der Möglichkeit eines Realtime­Reporting. Im Projekt „Lead­ ing GAAP IFRS“ kann zum Beispiel parallel auf Daten nach lokalem und Konzernrech­nungslegungsstandard IFRS im System zu­rückgegriffen werden, wodurch manuelle Schnittstellen nicht mehr notwendig sind. Und im Projekt „Reporting“ unterstützt die neue Oberfläche SAP FIORI die Bedien­freundlichkeit, indem die Software, ähnlich einer App, standardisierte Berichte bereit­stellt, die mit umfassenden Drill­Downs wei­terführende Analysen zulassen.

Eine App, mit der man Energieeffizienz hören kannWenn es um Produktivitätssteigerungen durch digitale Anwendungen geht, steht auch der Dienst an den Kunden im Fokus von KSB. Denn für die ist unter anderem das Einsparen von Ressourcen ein wichtiger Faktor. Pumpen sind in industriellen An­wendungen die größten Energieverbrau­cher. Wie hoch der Verbrauch tatsächlich ist, kann jedoch oftmals nur aufwendig bestimmt werden. Mit dem KSB Sonolyzer hat das Unternehmen eine „hellhörige“ App entwickelt, die in nur 20 Sekunden bestim­men kann, ob Optimierungspotenziale beim Energieverbrauch bestehen. Der KSB Sono­lyzer misst die Geräuschfrequenz des Asyn­chronmotors und prüft anhand eines von KSB entwickelten und am Markt bisher ein­zigartigen Schätz­Algorithmus, ob Energie­

Dr. Thomas Paulus, Projektleiter Start-up Industrie 4.0

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: KSB

Ansprechpartner:René LinsnerCompetence Center Controlling & Finance+49 711 [email protected]

„Wir haben beschlossen, dass

wir die Digitalisierung immer

an ganz konkreten Beispielen

umsetzen. Dadurch können

wir uns selbst mit- und weiter-

entwickeln sowie bereits

existierende Geschäftsmodelle

immer wieder an den neuen

spiegeln.“

einsparpotenziale vorhanden sind, durch die sich eine Steigerung der Pumpeneffizi­enz erreichen lässt. Durch den integrierten intelligenten Kontaktfinder kann sich der Kunde sodann vom nächstgelegenen KSB­Kundenservice detaillierter über die jewei­ligen Optimierungsmöglichkeiten beraten lassen. Durch die Nutzung einer mobilen Applikation in Kombination mit Vernet­zung wurde ein Produkt geschaffen, wel­ches auf einfachste Weise Transparenz beim Pumpenbetrieb schafft und direkt Kosteneinsparpotenziale aufdeckt.

Digitale und reale WeltDer KSB Sonolyzer ist ein Industrie­4.0­Produkt des Branchenprimus, was sich ne­ben bereits etablierten digitalen Prozessen wie dem Kundenportal oder Produktkon­figuratoren einreiht. Parallel zu den neuen rechtlichen Fragestellungen zum Daten­schutz galt es auch, die internen Prozesse ausgehend vom Verkauf bis hin zum Service aufzubauen und weltweit sehr schnell umzu­setzen. Als App ist diese mit der Veröffent­lichung in den bekannten App­Stores sofort verfügbar. Insofern müssen die dafür not­wendigen Prozessschritte weltweit ausge­rollt und umgesetzt werden. Darüber hinaus erfordern Apps eine einfache und intuitive Bedienung, die international verständlich sein muss – eine weitere nicht zu unter­schätzende Herausforderung.

Den Automatisierungsexperten von KSB sind die ersten Schritte der Neuaus­richtung in Richtung Digitalisierung ge­lungen. Wenn der digitale Transformati­onsprozess auch weiterhin mit innovativen Ideen begleitet wird, ist der Konzern für die Zukunft gut aufgestellt.

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Page 13: Die neue welt der unternehmenssteuerung - uni …...Die Ergebnisse der letzten zehn Jahre haben gezeigt, dass dieser Dialog gelingt und für alle Beteiligten immer wieder befruchtend

er Schlüssel für eine moderne, effektive Finanzsteuerung ist die Transparenz über alle operativen Geschäftsdaten, die

im CFO-Bereich zusammenlaufen. Transparenz beschleunigt den Berichtsprozess, ist die Basis für aussagefähige Analysen zur Iden-tifikation von Chancen und Risiken und die Voraussetzung für eine leistungsfähige Entscheidungsunterstützung.

Diese Transparenz ist nun einen großen Schritt nähergerückt, zumindest im Grundsatz. Denn die nächste Generation von ERP-Systemen wie etwa SAP S/4 HANA eröffnet Unternehmen ganz neue Möglichkeiten zur Ausgestaltung des Finanzbereichs. Solche Systeme können riesige Datenmengen jeglicher Art aus unter-schiedlichsten Quellen direkt im Arbeitsspeicher der Computer verarbeiten – und das extrem schnell. Doch das ist kein Selbst-

D läufer. Denn die technische Leistungsfähig-keit mit ihrer enormen Beschleunigung kann zwar bereits beträchtliche Nutzenpotenziale eröffnen. Doch umfassend werden Vorteile nur dann realisiert, wenn auch das Steue-rungskonzept auf die neuen technischen und betriebswirtschaftlichen Möglichkeiten ausgerichtet wird.

So bemerkenswert schon der rein tech-nische Zugewinn an Performance ist – es geht um viel mehr. Ein Beispiel: Die neue Generation des SAP-Systems führt das bis-herige Zweikreissystem aus Accounting und

SAP S/4 HANA:

Neue Möglichkeiten für die operative SteuerungBei der weiteren Digitalisierung der operativen Steuerung geben der

Finanzbereich und das Controlling den Ton an. Dafür benötigen sie ein

schlüssiges Konzept – die innovative Software haben sie schon.

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TALK

TPA: Wie funktioniert heute operative Steuerung?

Linsner: Die operative Steuerung eines Unter­nehmens beruht im Wesentlichen auf zwei „Säulen“ der Transparenz: Markterfolg und interne Wertschöpfung. Der Markterfolg wird unter anderem aus Informationen zur Wett­bewerbsposition, der Preisdurchsetzung über Informationen aus dem Vertrieb sowie über Rückmeldungen der Kunden gewonnen. Die interne Wertschöpfung hingegen fokussiert auf die Prozesse der Produktion, die Transpa­renz über interne Kostenstrukturen (zum Bei­

„Operative Steuerung digital“

Wie kann die neue In-Memory-Technologie

bei der Digitalisierung der operativen Steuerung helfen?

Fragen an den Experten René Linsner.

spiel Herstellungskosten) oder die Effizienz organisatorischer Abläufe. Wesentliche ent­scheidungsrelevante Informationen werden durch den Finanzbereich verarbeitet und be­reitgestellt. Basis sind operative Geschäfts­vorfälle jeder Art, welche in den operativen ERP­Systemen geführt werden.

TPA: Wo stoßen die konventionellen Techno­logien dabei an ihre Grenzen? Wo liegen die Vorteile der In­Memory­Technologien?

Linsner: Die modernen In­Memory­Systeme bieten technologische Vorteile, die an­

spruchsvolle Konzepte in der Praxis erst möglich machen. Heute haben große Un­ternehmen erhebliche Probleme damit, die angesprochene Transparenz zu erreichen, weil die dafür nötigen Informationen nicht konsistent vorliegen. Meist sind die beste­henden Systeme historisch gewachsen und aus einer heutigen integrativen Sicht konzeptionell unzureichend aufgesetzt, aber auch die verfügbare Performance lässt nur eine fragmentierte Verarbeitung von In­formationen zu. Genau da setzt nun die In­Memory­Technologie an. Durchgängige Konzepte können jetzt nicht nur auf dem Konzeptpapier entwickelt, sondern auch ohne „technische Hindernisse“ umgesetzt werden.

TPA: Was bedeutet dies für die Praxis?

Linsner: Die hohe Verarbeitungsgeschwin­digkeit ermöglicht den Umgang mit Big

Data auf Ebene granularer, transaktionaler Informationen. Auswertungen werden on­the­fly erzeugt. Szenario­Analysen und Simu­lationen werden in der Praxis möglich und können z. B. zukünftige „integrierte Berichte“ erzeugen, die neben dem „Ist“ auch gleich die Prognose für die nächsten 12 Monate ent­halten. Und das quasi auf „Knopfdruck“.

TPA: Die neuen In­Memory­Lösungen sind also zugleich Big­Data­Lösungen?

Linsner: Ja. SAP zum Beispiel hat den Trend erkannt und mit HANA eine sehr leistungsfä­hige Datenbank auf den Markt gebracht, die geeignet ist, große operative Datenmengen zu verarbeiten. Die neueste Entwicklung ist nun die Lösung SAP S/4 HANA, welche die Fähigkeiten der Datenbank zur extrem schnel­len Datenverarbeitung für das ERP­System mit seiner vollständigen Sicht auf gebuchte Informationen und Prozesse nutzbar macht.

Controlling zu einem Einkreissystem „Finanzen“ zusammen. Dank dieser Zusammenführung auf Kontenebene entfällt die heute oft-mals mit viel Aufwand verbundene Abstimmung und Überfüh-rung der Rechenwerke zwischen Accounting und Controlling wei-testgehend. Die Konsistenz wird auf Ebene der Konten jederzeit sichergestellt. Mit der für 2016 angekündigten Einführung von „S-LOG“ ist dann auch die Logistik voll integriert. Damit wird es dem Unternehmen möglich, die operativen Daten, also abge-stimmte Mengen und Werteflüsse, vollständig und auch konsistent in einem System zu führen.

Ein weiteres Beispiel für die Auswirkung technischer Leistungs-merkmale auf die Aussagefähigkeit der Steuerungssysteme liefert das Berichtswesen. Dank der Rechengeschwindigkeit kann das Reporting auf der detailliertesten Datenebene, dem Buchungs-beleg, aufsetzen. Die Analysefähigkeit wird erheblich gesteigert, da verschiedene Sichten und Aggregationsstufen in Echtzeit betrachtet werden können. Und weil der Informationsstand auf Buchungssatz-

ebene integriert und abgestimmt ist, können heutige Business-Warehouse-Lösungen zur Zusammenführung, Validierung und Qualitätssicherung von Daten zumindest teilweise entfallen.

Dieser Übergang auf granulare Daten öffnet außerdem den Weg in die vieldiskutierte Welt von Big Data mit ihrem deutlich höheren, nutzbaren Informationsinhalt. Nun wird es möglich, z. B. auch Nachrichtenfeeds oder Auswertungen aus Diskussionsforen als Quellen zu nutzen. Damit entsteht eine umfangreiche Daten-basis, die weit über unternehmensinterne Informationen hinaus-gehen kann. In Verbindung mit sehr hohen Verarbeitungsge-schwindigkeiten und neuen statistischen Modellen eröffnet sich damit der Weg für die Gestaltung effizienter und (teil)automa-tisierter Forecast- und Planungsprozesse. Statistische und selbst-lernende Methoden werden zur automatischen Generierung valider Prognosen genutzt, die weitaus besser sind als die heutigen Prozesse.

Unternehmen, die diese Potenziale erschließen wollen, müssen sich aber darüber im Klaren sein, dass die Veränderungen nicht

nur auf technischer oder inhaltlicher Ebene spürbar werden. Auch die Organisation muss sich anpassen und gewissermaßen verdich-ten. Die Abstimmung und Qualitätssicherung bei der Erstellung der Berichte und Forecasts, die heute noch so viel Zeit und Ressour-cen frisst, kann massiv komprimiert werden. Der Trend, abge-stimmte Daten in einem hochintegrierten System zu führen und diese in Echtzeit konsistent zu berichten, lässt viele von starker Routine geprägte Tätigkeiten, die vor allem der Transformation und Qualitätssicherung dienen, einfach wegfallen. Planungs- und Forecast-Prozesse verlieren ihren Schrecken und werden deutlich reduziert, was auch eine spürbar geringere Kapazitätsausstattung in der Organisation nach sich ziehen wird.

Noch einmal: Diese Potenziale sind nicht über eine rein techni-sche Migration zu erschließen. Das erfordert viel mehr ein sehr gut durchdachtes Konzept. Und noch mehr als in der Vergangen-heit werden konzeptionelle Fehler sofort sichtbar; schlimmer

noch: Sie schlagen auf alle Bereiche des Systems durch. Das sollte aber nicht schre-cken. Denn der Übergang auf In-Memory-Technologien ist eine Chance, historisch gewachsene, auf die bisherigen technolo-gischen Möglichkeiten ausgerichtete Pro-zesse und Strukturen neu aufzusetzen.

TPA: Können wir von einem grundsätzlichen Paradigmenwechsel sprechen?

Linsner: Absolut, denn jetzt werden tech­nologische Möglichkeiten, also massiv ge­stiegene Rechenleistung und Speicherka­pazität mit neuen betriebswirtschaftlichen Konzepten kombiniert. Damit können Sys­teme, Funktionen und Prozesse nicht nur unter Effizienzgesichtspunkten neu gestal­tet werden. Vielmehr werden neue betriebs­wirtschaftliche Anwendungen und Funk­tionen möglich, die es so bisher nicht gab. So werden sich die Finanzbereiche zukünf­tig wesentlich stärker mit mathematischen und statistischen Modellen auseinander­setzen müssen. Das Gesamtverständnis für die Wertschöpfungskette im Unterneh­men und für den Markt wird massiv zu­nehmen. Der „Data Scientist“ ist der Cont­roller der Zukunft!

Weiterführende Inhalte finden Sie online:

Video­Interview mit René Linsnerwww.horvath­partners.com/s4­hana

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Page 15: Die neue welt der unternehmenssteuerung - uni …...Die Ergebnisse der letzten zehn Jahre haben gezeigt, dass dieser Dialog gelingt und für alle Beteiligten immer wieder befruchtend

olgendes Szenario: Der Vorstand möch-te seine Go-to-Market-Strategie anpas-

sen. Künftig sollen Kunden ihr Wunschpro-dukt per App, Internet oder am Point of Sale zusammenstellen, am 3D-Drucker vor Ort produzieren und gleich mit nach Hause nehmen können. Der CIO kennt die mög-lichen technischen Lösungen und bindet junge Unternehmen, die innovatives Know-how über Industrie 4.0 besitzen, an die offene und sichere Unternehmens-IT an. Die Procurement- und Zulieferprozesse wer-den per Drag und Drop umkonfiguriert, die neuen Unternehmenspartner effizient an-gebunden, und das Management erhält kurzfristig ein aktualisiertes Reporting über die veränderten Prozesse und deren Kenn-zahlen.

Wenn Fachbereiche Lösungen für die digitale Welt suchen, reagiert der CIO schnell und flexibel. Technologiebeobach-tung wird zum Innovationsscouting: Die Mitarbeiter in der IT erkennen früh neue technische Möglichkeiten, geben den Fach-bereichen Impulse zu kompetitiven Vortei-len und setzen diese um.

Der CIO von morgenWurde in der Vergangenheit die IT in der Regel als kostengünstiger Implementierer gesehen und auch so aufgestellt, so kom-men ihr bzw. dem CIO künftig deutlich stra-tegischere Rollen zu. Wettbewerbsvorteile – insbesondere bei Unternehmen mit star-kem Endkundenkontakt – können in der digitalen Welt vielfach nur mit IT umgesetzt werden. Wenn der Handlungsdruck von au-ßen wächst – sei es durch Markttrends wie Cloud Computing, Big Data und Industrie 4.0 oder durch Wettbewerber –, ist es mit dem reinen Umsetzen von Ideen der Busi-ness Units nicht mehr getan.

Gefragt ist ein CIO, der die unternehme-rische Bedeutung neuer technischer Mög-

F lichkeiten erfasst und als Mitglied der Ge-schäftsführung die IT aktiv und gemeinsam mit dem Strategiebereich auf die zukünf-tigen Anforderungen ausrichtet. Er kennt Markt- und Technologietrends wie Predic-tive Analytics, organisatorische Ansätze wie eine „IT der zwei Geschwindigkeiten“ und Methoden wie Automated Decision Making. Er hilft, die Produktions- oder Vertriebseffek-tivität zu steigern, und antizipiert die dafür notwendigen Anforderungen an die IT-Infra-struktur. Sein Werkzeug ist eine modulare, flexible und skalierfähige IT-Organisation, die in der Lage ist, sowohl schnell auf pro-zessuale Änderungen zu reagieren als auch externe Partner wie Zulieferer und Start-ups kurzfristig und sicher zu integrieren.

Auch bei der Organisation des IT-Be-reichs zeigt sich seine neue Rolle. Die hohen Time-to-Market-Anforderungen, die sich aus der Digitalisierung ergeben, verlangen nach einer agilen Aufstellung von Orga-nisation, Personal und Prozessen der IT. Monolithisches Know-how der Mitarbeiter in Bezug auf einzelne Technologien und Applikationen wird sich zu einem End-to-End-Know-how über die gesamte Wert-schöpfungskette des Unternehmens weiter-entwickeln. Dabei wird künftig noch stärker konzeptionelles und steuerndes, aber auch rechtliches Know-how gefragt sein, da Leis-tungen zunehmend extern beschafft werden.

Der CIO von heuteDer CIO gestaltet den technologischen Wandel bereits in vielen Unternehmen mit. Jedoch ist die Entwicklung häufig von ei-ner eher technologischen Sicht geprägt, die den Anforderungen der Digitalisierung (Offenheit, Modularität, Sicherheit) nicht gerecht wird. In den letzten Jahren wurden die Abwicklungsprozesse der IT sehr stark professionalisiert sowie mit Methoden wie ITIL bis ins kleinste Detail ausgearbeitet

Der CIO auf dem Weg in die Zukunft

Die Digitalisierung setzt

den CIO unter Handlungs-

druck, bietet ihm aber

auch enorme Chancen zur

Weiterentwicklung. Denk-

anstöße für die unterneh-

merische Praxis.

und optimiert. Der Fokus liegt insbesonde-re auf Technologiewechseln (z. B. neues Re-lease der Software XYZ, neue Datenformate und Protokolle wie XML/SOAP, neues Con-tent Management System für den Internet-auftritt). Echte Innovationsthemen hingegen werden in der Regel in der Strategieabtei-lung identifiziert und im Board entschieden, die IT soll danach (möglichst kosteneffizient) liefern.

Der Weg in die ZukunftDie Digitalisierung muss auf Ebene der Unternehmensleitung angegangen und umgesetzt werden. Dafür muss die IT stär-ker in die Steuerungs-, Innovations- und Strategieprozesse eingebunden werden. Ziel ist es, eine über alle Ebenen hinweg abge-stimmte Strategie mit daraus abgeleiteter Umsetzungs-Roadmap zu erstellen. Aus or-ganisatorischer Sicht muss der CIO noch en-ger mit dem COO-Bereich zusammenarbei-ten, um mit einem gebündelten Budget die hohen Anforderungen und Kosten der Digitalisierung zu bewältigen. Die IT selbst muss schlank und agil werden, angefan-gen bei der Organisation und den Prozes-sen, über das Zusammenarbeitsmodell mit den Fachbereichen bis hin zur Mitarbeiter-qualifikation. Dazu empfiehlt es sich zum einen, „atmende“ Kapazitäten in der Orga-nisation zu schaffen sowie Prozessmanage-ment und IT verstärkt zu synchronisieren. Durch ein übergreifendes Workflow-System lassen sich zudem einzelne Backend-Syste-me wie z. B. ERP oder CRM effizienter ver-zahnen, so dass die IT schneller auf (Pro-zess-)Änderungen reagieren kann.

Um eine effiziente und agile IT zu schaf-fen, ist es darüber hinaus nötig, die interne Kostenbindung zu reduzieren und eine in-telligente Dienstleistersteuerung mit flexi-blen Vertragsstrukturen zu etablieren. In der Kostensteuerung selbst ist Transparenz

das oberste Gebot. Die überkommene „Kostenpauschale“ für die IT ermöglicht keine inhaltliche Steuerung und sollte drin-gend auf moderne Modelle umgestellt werden. Nur wenn Transparenz bei den IT-Kosten gegeben ist, lassen sich Investitio-nen in Digitalisierungsprojekte so steuern, dass notwendige Modernisierungen der IT-Infrastruktur dabei gleich miteinfließen können. Somit fallen die Gesamtkosten ge-genüber den Kosten für Einzelprojekte niedriger aus.

Um die Chancen der Digitalisierung zu nutzen, braucht es Mitarbeiter, die sich die-ser Herausforderung stellen. Insbesondere der CIO muss sich als Enabler positionie-ren. Er und sein Team müssen sich als All-

rounder mit End-To-End-Know-how verste-hen. Und nicht zuletzt benötigt der Umbau von IT-Architektur und -Prozessen auch ein „digital denkendes“ Projektmanagement, das neben klassischen Großprojekten auch agile digitale Projekte ermöglicht. Dafür ist eine Innovationskultur nötig, in der Ideen entwickelt, schnell getestet und vorange-trieben, aber auch gestoppt werden, wenn sie nicht erfolgreich sind. Scheitern ist zwar nicht erwünscht, muss aber ein Teil der Innovationskultur sein. Für die Auswahl der Projekte muss eine Systematik etabliert werden, die die richtige Balance zwischen „kleinen“, schnellen IT-Projekten sowie den auch weiterhin erforderlichen „Supertankern“ herstellt.

Ansprechpartner:Michael GschwendtnerLeiter Competence Center CIO & Project Advisory+49 89 544625­1270MGschwendtner@horvath­partners.com

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Horváth-Controller-Kolleg BI & Big DataBig Data als Controller erfolgreich meistern

Aktuelles Programm 2015/2016 der Horváth Akademie erschienen Beruflichen Aufstieg erreicht man nur mit der perfekten Begleitung

Die neuen SAP®-Seminare von Horváth & PartnersWie Sie die Potenziale Ihrer SAP®-Lösungen voll ausschöpfen

Mit dem Horváth-Controller-Kolleg BI & Big Data bieten wir sowohl Praxiserfahrung aus unserer Projektarbeit als auch wissenschaft-lichen State of the Art, um die neuen Herausforderungen an eine digitale Steuerung zu meistern.

In dem sechsstufigen berufsbegleitenden Zertifikatsprogramm zum BI & Big Data Professional (SHB) bildet Horváth & Partners in Kooperation mit dem Institut für Business Intelligence der Stein-beis-Hochschule Berlin die Grundlagen und Methoden von BI und Big Data ab. Herausragendes Merkmal ist dabei die praxisnahe und durchgängige Bearbeitung von BI-Herausforderungen mit adäquaten BI- und Big-Data-Werkzeugen in allen Modulen. Die Teilnehmer lernen, diese Herausforderungen strukturiert zu analy-sieren, und können die passenden Methoden und Instrumente für umfassende Lösungen anwenden. Alle Kollegstufen des Gesamt-programms sind auch einzeln buchbar.

Im neuen Katalog stellt die Horváth Akademie ihr aktuelles, erweitertes Leistungsport-folio zur Weiterbildung in den Bereichen Offene Seminare und Zertifikatsprogramme, Inhouse Seminare sowie Konferenzen vor. Ergänzend zu unserem etablierten Portfolio rund um die Themen Unternehmenssteuerung und Performanceoptimierung finden Sie in diesem Jahr erstmalig auch Seminare zu den Themen Accounting, SAP® und Vertrieb.

Das Leistungsangebot der Horváth Akademie richtet sich an Nachwuchskräfte, Experten, Manager sowie die CxO-Ebene. Wir bieten auf Basis langjähriger Erfahrung und Expertise für jede Zielgruppe genau die Inhalte und das Format, das den Teilneh-mern im Arbeitsalltag den größten Nutzen bietet und nachhaltige Lerneffekte bewirkt.

In diesem Jahr erweitert Horváth & Partners sein Seminarportfolio erstmalig um das Thema SAP®. In Kooperation mit FORUM Institut für Management GmbH bieten wir sowohl Seminare zu essenziellen Basisinhalten als auch zu Trendthemen wie beispielsweise die Digitalisierung. In gewohnter Qualität sind die Seminare so inter-aktiv und praxisnah wie möglich gestaltet. So können die Teil-nehmer ihr Know-how nach individuellen Bedürfnissen erweitern.

Kollegstufe 1Konzeptionelle, organisatorische und technische grundlagen07. 03. – 08. 03. 2016, Stuttgart

Kollegstufe 2(Big) Data Management – Relevante Daten identifizieren, modellieren und zielgruppengerecht aufbereiten14. 04. – 15. 04. 2016, Stuttgart

Kollegstufe 3effizientes Reporting – Datenanalyse und Mobile Reporting28. 06. – 29. 06. 2016, Oestrich-Winkel

Kollegstufe 4ergebnisorientierte Planung, Budgetierung und forecasting mit BI umsetzen05. 09. – 06. 09. 2016, Stuttgart

Kollegstufe 5Big Data für Controller – Neue technologien verstehen und zielgerichtet einsetzen28. 09. – 29. 09. 2016, Stuttgart

Kollegstufe 6Predictive Analytics für Controller – Methodische grundlagenund fachliche Anwendungsfälle23.11. – 24.11. 2016, Oestrich-Winkel

Das neue sAP® Hauptbuch 13. 07. – 14. 07. 2016, Frankfurt am Main

flexible Plankostenrechnung mit sAP® Co30. 05. – 31. 05. 2016, Stuttgart

Planung mit sAP®18. 02. – 19. 02. 2016, Frankfurt am Main12. 07. – 13. 07. 2016, München

sAP® s/4 HANA – Der Business Case für treasurer18. 02. 2016, Stuttgart03. 03. 2016, München

sAP® Query, QuickViewer & ReportPainter11. 04. – 12. 04. 2016, Frankfurt am Main13. 09. – 14. 09. 2016, Stuttgart

Ansprechpartnerin Seminare:

Ansprechpartnerin Konferenzen:

Jessica BisterHorváth Akademie+49 711 [email protected]

Yvonne Rau Horváth Akademie+49 711 [email protected]

Save the Date

fiBu 201613. Januar 2016, Köln

2. fachkonferenz sales Performance excellence 16. Februar 2016, Frankfurt am Main

fachkonferenz Process excellence01. März 2016, Düsseldorf

11. fachkonferenz finance excellence 02. März 2016, Düsseldorf

Programm 2015/2016Horváth Akademie

„Beruflichen Aufstieg erreicht man nur mit der perfekten Begleitung.“

Offene SeminareInhouse Seminare Konferenzen

16. Jahreskonferenz strategisches Management 11. Mai 2016, Stuttgart

11. fachkonferenz Reporting 08. – 09. Juni 2016, Berlin

30. stuttgarter Controller-forum 20. – 21. September 2016, Stuttgart

Konferenzen und Kongresse

Aktuelles Gesamtprogramm zum Downloadwww.horvath-akademie.com/gesamtprogramm

Informationen und Anmeldungwww.horvath-akademie.com

ImpressumHerausgeber: Deutschland: Horváth AGPhoenixbau, Königstr. 570173 Stuttgart, +49 711 66919-0Österreich: Horváth & Partner Management Consulting GmbH Galaxy Tower, Praterstr. 31 1010 Wien, +43 1 5127508-0

Schweiz: Horváth & Partner AG, Seefeldstr. 279A, 8008 Zürich, +41 44 42123-00Verantwortlich im Sinne des Pressegesetzes: Dr. Michael KieningerChefredaktion: Oliver Weber Redaktion: Katja Gagne Konzept, Realisierung und Gestaltung:

Mandelkern Marketing & Kommunikation GmbH Projektleitung: Michaela SadewasserCopyright: ©2015 Horváth & Partners.Nachdruck und Verwendung nur mit Genehmigung. Kontakt: [email protected], +49 711 66919-3301

Hinweis: Redaktionelle Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers wieder.Bildnachweise: Corbis: Cardinal, Fancy/Getty-images: Didier Marti, Joel Carillet/plainpicture: amanaimages, iconimages-Fogstock, Joern Rynio/Horváth AG: KD Busch, Jens Braune del Angel, Philip Loersch/BBVA/KSB AG

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