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Die lurianische Kabbala

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Die lurianische Kabbala. Die Vertreibung der Juden aus Spanien ist eines der tragischsten Kapitel in der jüdischen Geschichte. - PowerPoint PPT Presentation
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Page 1: Die lurianische Kabbala
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Die lurianische Kabbala• Die Vertreibung der Juden aus Spanien ist eines der

tragischsten Kapitel in der jüdischen Geschichte. • "Überall wird bekanntgegeben, daß bis zum 9. von Aw,

einem Tag im Juli, der bewußt ausgewählt wurde, als der traurige Jahrestag der Zerstörung der beiden Tempel in Jerusalem, alle Juden entweder bekehrt sein müssen, oder das Land zu verlassen haben. (...) Um die 200.000 Juden (...) drängen sich in Barcelona, Tortosa, Denia, Valencia oder in Almeria, in Algeciras, in Cadiz. Bevor sie an Bord gehen, werden sie durchsucht. (...) Es gibt auch welche, die von den Matrosen im Maghreb als Sklaven verkauft oder im Kielraum der Schiffe ertränkt werden.„

• (B. Leroy, Die Sephardim, 101-102)

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Lurianische Kabbala• Von 1530 an wurde die kleine Stadt Safed zu einem Zentrum

und Treffpunkt von Kabbalisten und Halachisten. Die ersten Begründer der Schulen von Safed waren zwar Flüchtlinge aus Spanien, wie R.Moses Alsheich oder R.Jakob Berav, aber sie zogen Anhänger aus großen Teilen der Diaspora an. Bedeutende Gelehrte wie Joseph Karo (1488-1572), der ein profundes halachisches und kabba listisches Wissen in seiner Person vereinte, lernten und lehrten in Safed. Karo verfaßte den halachischen Codex Schulchan Aruch („Gedeckter Tisch"), aber auch das kabbalistische „Buch des ehrlichen Predigers“. Siehe: R. J. Zwi Werblowsky, Joseph Karo. Lawyer and Mystic, Philadelphia 1977 (hebr. Neufassung Jerusalem 1996).

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• Moses Cordovero (1522-1570), ein Schüler Josef Karos

• Isaak Luria (1534-1572) • genannt ARI (Elohi Rabbi Isaak oder

Aschkenasi Rabbi Isaak)• Chajim Vital (1543-1620)

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• Lawrence Fine, Physician of the Soul, Healer of the Cosmos: Isaac Luria and His Kabbalistic Fellowship, Stanford 2003

• Eliahu Klein, Kabbalah of Creation, Berkeley 2005

• Gerold Necker, Einführung in die lurianische Kabbala, Frankfurt a. M. 2008

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Ari• 1534 in Jerusalem geboren (Salomo Luria,

Polen oder Deutschland), Mutter sephardischen Familie. 1535 bereits nach dem Tod des Vaters nach Kairo (wo der Onkel Mordechai Franses lebte). Wuchs dort auf und heiratete die Cousine.

• Rabbinat – Kaufmann (Pfeffer, Gurken, Wein, Weizen, Leder Seide – bis Venedig)

• Nach 1560 keine Quellen mehr für Kairo

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Zu Luria / seph. Loria 1534-72• ARI (posthum) – ha-Elohi Rabbi Isaak• ARIZAL – zikhrono levrahkha (sein Andenken sei

gesegnet)• Schivhe ha-Ari (Lobpreisungen des Ari)

Salomo Dresnitz Briefe (1602-1609) aus Mähren Briefe an einen Freund in Krakau geschrieben – 1629 gedruckt.

300 Rabbiner, 18 Jeschiwot, 21 Synagogen und ein Lehrhaus mit über 400 Schülern…

Heiratete die Tochter des Israel Sarug

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Lurianische Kabbala• Mystisches Studium in Zurückgezogenheit auf einer Nilinsel Djazirat al-

Rawda• Zohar, Kommentar zum „Buch der Verborgenheit“ (Sifra di-Zniuta)• 1569 – 1572 Safed (Schüler: Vital, Sarug, Josef ibn Tabul, Mosche Jona)• Von Isaak Luria selbst gibt es keine zusammenhängende Darstellung seines

kabbalistischen Systems. Die einzige Schrift, die von Luria stammt, ist der kurze Kommentar zur Zohar-Schrift Sifra di-Zeniuta („Buch der Verborgenheit") über Genesis 1-6, das den Einfluß Cordoveros spüren läßt.

• Ausführliche Darstellungen der lurianischen Kabbala finden wir nur in Büchern der Schüler Lurias, wie Chajim Vital (1543-1620) …

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.• Toledot ha-Ari (Lebensgeschichte des Ari)1720 gedruckt unter dem Titel „Ma‘asei Nissim“ –

„Schivche ha-Ari“basiert auf den Briefen aus Safed und ist später oder

aber es ist umgekehrt..Die Geschichten sind ohnehin dieselben…M. Benayahu (1967): 1590-1600 Erste kabbalistische Hagiographie…Tales in Praise of the Ari, Philadelphia 1970.Dt.: Chajim Bloch, Kabbalistische Sagen, Leipzig 1923.Quelle auch „Etz Chajim“ von Vital

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Chajim Vital

• Schülerkreis war ein Nachleben des Kreises um Simon bar Jochai

• Das Bild der mündlichen Lehre Lurias wurde von Chaim Vital entschiedend geprägt.

• Er sah sich als wahren Interpreten:• „Schau nicht in irgendwelche Schriften, die im

Namen meines Lehrers….“ (Einleitung, Jerusalem 1988, S.20)

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Zimzum• Frage: Wenn Gott vollkommen und überall ist, so

kann es ja kein Nichts geben. • erste Teil der Schöpfung kein Aus-sich-heraus-treten,

sondern ein Hinabsteigen in Gott selbst gewesen. • Er zog sich auf sich selbst zurück, komprimierte einen

Teil seiner Wesenheit und gab so einen mystischen Raum frei, in dem er dann die Schöpfung vollzog. Luria nannte dies „Selbstverschränkung Gottes“ (hebr. Zimzum).

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Schebirat ha-Kelim• Adams Augen - Sefirot getrennt als Punkte hervor, wodurch

die Olam ha-Tohu (Welt der Verwirrung) entstand. • Die Schalen für die drei höchsten Sefirot (Keter, Chochma,

Bina) konnten das Licht aufnehmen, doch die unteren Schalen, die die anderen Sefirot (Gewura, Rachamin, Tiferet, Jessod, Nezach, Hod, Schechina) auffangen sollten, konnten der gleichzeitig hervorbrechenden Gewalt des Lichtes nicht widerstehen und das Licht in den Gefäßen bewahren.

• So zerbrachen sie unter der Kraft des göttlichen Lichtes. Dieser Vorgang wird als „Bruch der Gefäße“ (hebr. Schebirat ha-kelim) bezeichnet.

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• Es entstanden neue Strukturen. • In diesen Parzufim (Angesichter) entfalteten

verschiedene Sefirot-Gruppen ihre Aspekte. • Die oberen drei vom Bruch nicht beeinträchtigten

Sefirot wirken als einzelne Parzufim: • Keter erscheint in dem dreiköpfigen „Langmütiger,

Geduldiger“ (hebr. Arich anpin) bzw. als „Heiliger Alte“ (hebr. attiqa kadischa) oder „Alter der Tage“ (hebr. attiq jomim). Manchmal wirken diese als zwei verschiedene Aspekte dieses Parzufs.

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• Chochma und Bina werden zu Vater und Mutter (hebr. Abba we-Ima). Diese zwei sind die Wurzel aller Vereinigungen.

• Die nächsten sechs Sefirot, deren Schalen zerbrochen waren (Tiferet und fünf weitere), erscheinen als „Kurzmütiger, Ungeduldiger“ (hebr. ze’ir anpin).

• Die Schechina wird zur „weiblichen Seite von Ze’eir anpin“ (hebr. nuqba de-ze’ir anpin).

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• Durch den Prozeß innerhalb der Sefirot entstanden vier Welten, die die fünf Parzufim wiederum enthalten:

• Welt der Emanation (hebr. Azilut), • die Welt der Schöpfung (hebr. Beria), • die Welt der Formung (hebr. Jezira) und • die Welt der Handlungen (hebr. Asija).

• Diese vier Welten werden mit den einzelnen Buchstaben des Tetragrammatons bezeichnet. Durch gematrische Berechnungen erhalten wir eine andere Struktur des Tetragrammatons. Diese gliedert sich in vier Gottesnamen, die aus 72, 63, 45 und 52 Buchstaben bestehen (siehe oben). Sie werden nach ihrem Zahlenwert abgekürzt. So wirkt der Gottesname in all seinen Permutationen als kreative Kraft des Universums.

• Lawrence Fine, The contemplative Practice of Yihudim, in: Jewish Spirituality, from the Sixteenth-Century Revival to the Present, hrsg. von Arthur Green, London 1987, S.84.

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• Yod Chochma Vater• Heh Bina Mutter• Waw Tiferet Sohn• Heh Malchut / Schechina Tochter• Zohar III 290b / Zohar III 65b

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Tikkun• Die Einsammlung und Aufhebung der göttlichen Funken (hebr. Ha’alat nitzotzin),

geschieht nicht allein durch Gott. • Die Restauration der göttlichen Welten (hebr. Tikkun) kann erst durch den

Menschen vervollständigt werden. • Durch ein Leben im Geist der Tora, durch Gebet und Gebotserfüllung kann der

fromme Jude so zu einer Hilfe Gottes werden. Die halachischen Regeln erfahren somit eine hohe symbolische Bedeutung.

• In diesem kosmischen Drama bedeutet die Einhaltung der Gebote Wiederherstellung der Harmonie in den göttlichen Welten. Jeder Verstoß gegen die Halacha führt somit zu einer Erstarkung der anderen Seite und die Erlösung läßt weiter auf sich warten.

• In einer gigantischen Mikro-Makrokosmos-Szenerie spiegeln die exilierten göttlichen Funken das jüdische Exil wider.

• Louis Jacobs, The Uplifting of Sparks in Later Jewish Mysticism, in Green, Jewish Spirituality, S.99-127.

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• Für die Kabbalisten waren dies antike Riten des Weisen Simeon bar Johai und seiner Getreuen. Sie übernahmen sie ins wirkliche Leben, um ihm nachzustreben. Später waren sie so sehr in der jüdischen Tradition verwurzelt, daß kaum jemand mehr weiß, daß sie aus Safed bzw. aus dem Zohar stammen.

• Das Fasten der Erstgeborenen vor Pesach, die nächtlichen Klageriten um das Exil der Schechina, das Sprechen des Gebetes Brich schmei (Gesegnet sei sein Name) beim Ausheben der Torarolle oder die Nachtwachen vor Schavuot (Tikkun leil schawuot) und Hoschana Rabba sind Beispiele dafür.

• Die kabbalistischen Zusätze, die in die Gebetbücher aufgenommen worden sind, wurden selbst nach dem Bann gegen die Sabbatianer im 17. und 18. Jahrhundert und der damit im Zusammenhang stehenden antikabbalistischen Haltung vieler Rabbiner nicht wieder gestrichen.

• Siehe: Gershom Scholem, Tradition und Neuschöpfung im Ritus der Kabbalisten, in: ders., Zur Kabbala und ihrer Symbolik, Frankfurt a.M. 1973, S.159-209.

• Stefan C. Reif, Judaism and Hebrew Prayer, Cambridge 1995, S.248.

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• Vital hielt seine Schriften unter Verschluß. 1585 wurde er krank – Bruder wurde bestochen 50 Goldstücken von Josua ben Nun – 600 Blätter wurden von 100 Schreibern in 3 Tagen in aller Eile kopiert…Schüler hatten nun selbst Vorlagen, mit deren Hilfe sie ihre Aufzeichnungen überarbeiteten..

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• 1594 zog er nach Damaskus.• Rabbi der sizilianischen Gemeinde• Tief frustriert, Träume und Visionen, in denen

die Gemeindemitglieder von Dämonen heimgesucht werden, da sie ihn nicht mit Respekt behandeln..

Vital starb 1620. Safeds Niedergang begann. In Jerusalem saßen nun die Autoritäten der „lurianischen Kabbala“.

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Lurianische Texte• Ungeheuer populär – Scholem: fabrikmäßige

Abschreiben der Texte in Deutschland und Italien - , aber erste Ende des 18. Jahrhunderts wurde der Druck erlaubt – Koretz 1782.

• „Chaim Witall hat ein großes Werk unter dem Titel Ez Chaiim, worin das ganze System seines Lehrers enthalten ist, geschrieben. Dieses Buch wird von den Juden für so heilig gehalten, daß sie nicht erlauben, es dem Drucke zu übergeben.“ Salomon Maimon,(1754-1800) Lebensgeschichte, Frankfurt a. M. 1984, S.77.

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• Vielzahl ist verwirrend – Ähnlichkeiten, Abweichungen, Parallelen etc.

• Vier Redaktionen von Chajim Vital -20 Jahre lang bearbeitete er die Lehren Lurias.

1. 1572 – Ez Chajim (8 Tore geteilt).• „Acht Tore –Schmone Sche‘arim“ Redaktion des

Sohnes Samuel Vital von 1650/60• …hütete die Texte wie einen Schatz, wer lernen

wollte, musste nach Damaskus kommen…• Gedruckt erst Konstantinopel 1850-1898

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• 2. Redaktion 1578-1585 ist eine Kurzversion der 1. • Diese Texte waren von Avraham Azulai auf dem Friedhof von

Jerusalem 1618 gefunden worden und wurden unter dem Titel „Ozrot Chajim Schätze Chajims“ von Jakob Zemach Koretz 1783 gedruckt.

• Auch fand Azulai dort Vitals 3. Niederschrift. • Daraus wählte Azulai nur Sohar-Kommentare aus und

editierte sie in 2 Bänden, während Zemach aus dieser 3. Sammlung zahlreiche kleinere Bände zusammen stellte. So druckte er die „Sha‘ar Ha-Gilgulim“ als „Sefer Ha-Gilgulim“…

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• 4. Ez Chajim, Korez 1782• Meir Popper (gest. 1662), Schüler von Jakob Zemach….

Erkannte die Verwirrung, dass die Lehren keinen Anfang und keine Ende hatten…

• Fährt nach Damaskus zu Samuel Vital. Er stellt alle ihm bekannten luriansichen Texte zusammen in eine dreibändige Ausgabe unter den Titeln:

• „Nof Ez Chajim – Krone des Lebensbaumes“ „Pri Ez Chajim - Frucht des Lebensbaumes“

• Einführungen Hakdamot unter „Derech Ez Chajim“Geläufige Druckausgabe…

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Italien

• Das 1. lurianische Buch aber war das „Sefer Ha-Kawannot“ eine gekürzte Fassung aus Gebetsintentionen Vitals aus der 1. Redaktion, Venedig 1620

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• Menachem Azaria Fano (1548-1620)• Mosche Jona, „Kanfe Jona –Die Taube Jonas“,

frühe Stadium reflektiert, da er als „Spötter“ hinausgeworfen wurde…

• Italien Kabbala-Zentrum Druck der Texte, Gebetbücher im Geist des „Sohar“ – 1587

• Robert Bonfil, Jewish Life in Renaissance Italy, Berkeley 1994

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• „Es lohnt sich nicht, kritisch den mystischen Qualm zu analysieren, den die Lurjanisten über die Erhaltung der Vitalschen Schriften verbreitet haben, wie sie zuerst geheim gehalten, dann kopiert, vergraben, entdeckt und ans Licht gezogen worden wären.« Heinrich Graetz

• Als Gershom Scholem Philip Bloch, einen der lezten Schüler von Graetz, in seiner Berliner Bibliothek besuchte und dessen kabbalistische Sammlung pries, »besonders aber die Handschriften, die meisten davon Werke der Schüler Lurias«, die der Professor studiert habe, bekam er nur die lakonische Replik: »Was, den Quatsch soll ich auch noch lesen?« 179

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1660 schrieb der polnische Kabbalist R. Jakob b. Moses Temerles:

• „Sie haben sich nach allen Seiten ausgebreitet (...). Sie sind in den Gassen bekannt (...) und die Erde ist voller Wissen. Wahrhaftig, alle, groß und klein, sind über die Mysterien des Herrn gut unterrichtet. Damit aber tröste ich mich in meinem Kummer: das große Streben und Verlangen unserer Zeitgenossen nach dieser verborgenen Weisheit zu sehen, und alle - Volk und Priester, klein und groß - verlangen danach, zum Mysterium des Herrn zugelassen zu werden und nach ihm zu leben. Gewiß bedeutet dies, daß unsere Rettung nah ist.“ Scholem, Sabbatai Zwi, S.102-103.

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Dibbuk, Seelenwanderung in der Kabbala

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Bibel?

• 1. Sam. 16, 14:

Aber der Geist des HERRN wich von Saul, und ein böser Geist von dem HERRN gesandt schreckte ihn.

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Talmud?

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Sefer ha-Bahir (das helle Buch)• Das Buch Bahir, auf Grund der kritischen Neuausgabe von

Gerhard Scholem, Darmstadt 1970 (1923) 141 Paragraphen, beruht auf: Ms München 209 (1298)• 1951 edierte Reuven Margalioth einen hebräischen Text mit

200 Paragraphen, wobei er einige Paragraphen splitterte (hat nicht mehr Text als Scholem)

• Die englische Übersetzung der Margalioth-Ausgabe von Aryeh Kaplan gibt es auch im Netz: http://mysticalkeys.com/library/KBLH/bahir.pdf

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Bahir

• Im Buch Bahir wird die Seelenwanderung als selbstverständlich beschrieben. Es ist unklar, wie diese Lehre in das Buch hineingeflossen ist, der man bei den zeitgenössischen Religionsphilosophen ablehnend gegenüber stand. Vielleicht haben hier nicht mehr rekonstruierbare Beeinflussungen, wie durch Indien oder die Katharer, stattgefunden.

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• Dibbuk-Fälle und lange Traktate zum Thema Seelenwanderung erst im 16. Jahrhundert bekannt….

• - lurianische Kabbala

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• In Safed geschah einmal eine entsetzliche Begebenheit. Eine Seele, der Geist eines sündhaft verstorbenen Menschen, drang in eine Witwe ein, quälte sie und tat ihr furchtbares Leid an. Kamen Menschen in das Haus und redeten den Geist an, so antwortete er auf jedes Wort, und man erkannte die männliche Stimme. Als einmal Rabbi Josef Arsin, ein Jünger des ARJ, gekommen war, um das Wunder zu sehen, rief der Geist: „Baruch haba, Adoni mori w'rabbi! Willkommen, mein Herr Lehrer und Meister! Entsinne dich meiner, der ich dein Schüler in Ägypten war!"

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• Er nannte seinen Namen wie auch den Namen seines Vaters; Rabbi Josef erkannte ihn wohl an Namen und Stimme. Die Verwandten der Witwe drangen nun in den ARJ, daß er den Geist aus dem Leibe der Frau vertreibe. Der ARJ hatte aber keine Zeit, ging daher nicht selber, sondern betraute seinen Schüler Rabbi Chajim Vital mit der Aufgabe. Er vertraute ihm einen Schem an, durch dessen Kraft der Geist, wenn er vorher mit dem Bann bedroht würde, den Körper der Frau verlassen müsse. Als Rabbi Chajim in das Haus der Witwe kam, kehrte die Frau Rabbi Chajim den Rücken. Rabbi Chajim rief: „Bösewicht, warum hast du dein Angesicht von mir abgewendet?" Der Geist antwortete: „Weißt du nicht, daß ein Bösewicht in das Antlitz der Göttlichkeit nicht blicken kann?" „Drehe dich um", befahl Rabbi Chajim, „und sage mir, wegen welcher Sünde du dich auf der irren Wanderung befindest, und wer dir erlaubt hat,

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• in den Körper der Witwe einzugehen?" Der Geist antwortete; „Ich tat eine Sünde, eine schwere Sünde, ich verführte eine Frau zum Ehebruch und zeugte Bastarde mit ihr, es sind nun fünfundzwanzig Jahre her, seit ich aus dieser Welt geschieden bin, und seit meinem Tode durchwandere ich ruhelos die Welt. Ich werde von drei bösen Engeln an einer schweren Kette geführt und erbarmungslos gepeinigt, indem sie dazu rufen: „So geschieht es einem Juden, der eine Frau zum Bruche der Gattentreue verfuhrt und Bastarde gezeugt hat." Rabbi Cbajim fragte: „Wieso? Heißt es doch im Talmud, daß die Bösewichte im Gehinom bloß zwölf Monate gerichtet werden?" Der Geist antwortete: „Dies ist wohl wahr! Doch geschieht es erst, nachdem die sündige Seele außerhalb des Gehinom die verdienten Qualen und Strafen bereits erlitten hat, dann kommt sie in das Gehinom, wo sie von allen Flecken und Sünden gereinigt wird, um in den Garten

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• Eden kommen zu können. Die Reinigung und Mühsalen im Gehinom machen jedoch nur ein Sechzigste! jener Strafen aus, die man vorher erleiden muß.“ Auf Befragen des Rabbi Chajim gab der Geist auch die Ursache seines Todes an, und erzählte wehklagend; „Ich bestieg in Alexandrien ein Schiff", um nach Raschit zu reisen. Nahe der Meeresküste kenterte das Schilf und ging unter. Ich ertrank bald und hatte nicht einmal Zeit, meine Sünden zu bekennen und die Verzeihung des Allgerechten zu erflehen. Als in Raschit die Kunde eintraf, daß ein Schiff gescheitert sei, kamen viele Juden, bargen die Leiche und bestatteten sie auf dem jüdischen Friedhofe. Als die Juden den Friedhof verlassen hatten, kam ein böser Engel und schlug mit einer feurigen Rute auf mein Grab, daß es sich sogleich öffnete. Er rief: ,Bösewicht, Arger, komm zu Gericht!' Er faßte mich und schleuderte mich bis vor die Pforte des Gehinom. Hier erwarteten mich

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• Tausende und Abertausende Seelen von Bösewichtern und FrevIern und beschimpften und besudelten mich: ,Fort von hier, du Bösewicht! Du bist noch nicht würdig, das Gehinom zu betreten.' Seit jener Stunde sind diese drei ,Engel des Verderben' meine Begleiter. Ich hatte schreckliche Pein zu erdulden. Auf meiner Wanderung kam ich nach Hurmiz, einer großen Stadt in Indien, und hatte die Absicht, in den Körper irgendeines Juden einzudringen, der meiner Seele Erlösung bringen könnte. Als ich aber sah, daß dort die Juden Böse-wichter sind und mit andersgläubigen Weibern geschlechtlich verkehren, hütete ich mich vor ihnen, um nicht durch die dort herrschende Unreinheit und Sittenverderbnis noch tiefer in den Abgrund zu sinken. Ich wanderte daher jahrelang von Tal zu Tal, von Berg zu Berg, bis ich endlich, vom langen Wandern ermüdet, in den schwangeren Leib einer Hündin eindrang. Doch ich litt in ihrem Körper großes Unbehagen,

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• denn die Seele eines Menschen kann sich mit der Seele eines Tieres nicht vertragen. Auch die Hündin litt mich nicht und sie lief Über Hügel und Felsen, bis sie eines Tages verendete. Nun zog ich in die Stadt Shechem in Erez Israel und drang in den Körper eines jüdischen Kohens ein, der sofort nach muslimischen heiligen Männern schickte. Ich konnte nicht länger die vielen Flüchen aus diesen Quellen der Unreinheit und die Amulette, die sie mir um den Hals hingen ertrage und ich floh schnell von dort.“ (dt.: Er unternahm aber mit Hilfe der islamitischen Geistlichen große Zaubereien und sie führten ein Heer von unreinen Geistern zu, und so war ich wieder gezwungen, um nicht der Unreinheit zu verfallen, den Körper des Priesters zu verlassen.) Dann flüchtete ich nach Safed und drang in den Leib dieser Frau ein." Rabbi Chajim fragte ihn: „Wie lange noch müßtest du in der Welt umherirren bis zu deiner Erlösung?" Der Geist erwiderte: „Bis die Bastarde, die ich zur Welt gebracht, gestorben sind; solange sie noch leben, kann ich nicht erlöst werden." Er weinte laut, und das anwesende Volk weinte mit. Dann erzählte der Geist, wodurch er

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• über die Witwe Gewalt erhielt, und in ihren Körper einzudringen vermochte. „Ich verbrachte einmal eine Nacht in ihrem Hause. Frühmorgens erhob sich die Frau, um den Herd herzurichten. Sie schlug das Eisen auf den Stein, doch der Fetzen fing den Funken nicht auf. Da wurde sie zornig, warf Eisen und Stein aus der Hand und rief erregt: ,Soll dich der 'Ruach' holen!' Da sie den bösen Geist anrief, so konnte sie ihn nicht mehr loswerden; die mich begleitenden Engel gaben mir die Erlaubnis, mich ihrer zu bemächtigen." Rabbi Chajim fragte: „Und wer hat dir erlaubt, in ihr Haus zu kommen und bei ihr Unterkunft zu nehmen?" Der Geist erwiderte: „Die Engel der Verderbnis. Dies dafür, weil die Frau an den wundersamen Auszug der Juden aus Ägypten nicht glaubt." Nun rief Rabbi Chajim die Frau bei ihrem eigenen Namen und fragte: „Glaubst du, daß der Heilige, gepriesen werde sein Name, Himmel und Erde erschaffen bat

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• und die Macht besitzt, alles zu tun?" „Ich glaube!" antwortete die Frau. Rabbi Chajim wiederholte seine Frage dreimal und die Frau erwiderte jedesmal: „Ich glaube!" Nun sprach Rabbi Cbajim: „Verstoßene Seele! Im Namen meines Meisters, Rabbi Jizchak Lurja ha-Levi, und im Namen aller Frommen und Gerechten befehle ich dir, dich aus dem Körper dieser Frau zu entfernen, durch die kleine Zehe des linken Beines sollst du ihren Leib verlassen." Fehlt: Dann sprach der Rabbi die verborgenen heiligen Namen aus, die der Meister ihm gegeben hatte. Sofort schwoll der Zeh zu der Größe eines an und der Geist kannte dadurch entweichen und verschwand. Als Rabbi Cbajim diese Worte beendet hatte, fühlte sich die Frau frei und kehrte in ihren früheren Zustand zurück. Der ARJ gab Befehl, nachzusehen, ob die Mesusa an dem Türpfosten nicht verdorben sei, und da stellte sich heraus, daß die Frau gar keine Mesusa im Hause hatte. Fehlt: Daher befahl der Meister, dass eine Mesusa an den Türpfosten befestigt wird. Das geschah und seitdem kehrte kein böser Geist mehr zurück.“ 97-105

Page 44: Die lurianische Kabbala

• „Er war auch würdig, auf daß seine Seele jede Nacht aufstieg und Scharen von Engeln ihn begrüßten, seinen Weg zu sichern, um ihn zu den himmlischen Akademien zu geleiten. Diese Engel fragten ihn, welche Akademie er zu besuchen wünschte. Manchmal war es die von Rabbi Shimon bar Yochai und ein anderes mal die Akademien von Rabbi Akiba oder Rabbi Eliezer dem Großen. Gelegentlich besuchte er auch die Akademien der alten Propheten.“

Page 45: Die lurianische Kabbala

• „Er war eine Autorität der Sprache der Bäume, der Sprache der Vögel und der Sprache der Engel. Er konnte aus Gesichtern lesen, wie es im Sohar beschrieben ist. Er konnte alles wahrnehmen, was jemand getan hatte und was er in der Zukunft tun würde. Er konnte die Gedanken der Menschen lesen, oft schon, bevor der Gedanke in den Verstand der Person vordrang. Er kannte die Ereignisse der Zukunft und war all dessen gewahr, was hier auf Erden geschah und im Himmel verordnet wurde. Er kannte die Mysterien der Reinkarnation, wer bereits zuvor geboren war und wer zum erstenmal hier war. Er konnte eine Person anblicken und konnte ihr sagen, wie sie mit dem Adam Kadmon verbunden war und wie sie mit Adam verwandt war. Er konnte wunderbare Dinge im Licht einer Kerze oder in der Flamme eines Feuers lesen. Mit seinen Augen schaute er und war in der Lage, die Seelen der Gerechten zu erblicken, egal, ob diese erst vor kurzem gestorben waren oder in den alten Zeiten gelebt hatten. Mit ihnen studierte er die wahren Mysterien. Durch den Geruch eines Menschen war er in der Lage, alles zu wissen, was dieser getan hatte.“EC, Vorwort, S.8

Page 46: Die lurianische Kabbala

Chajim Vital

• Vitals Schüler unterschrieben folgendes Dokument:• „Wir wollen mit ihm die Kabbala studieren und

getreulich alles, was er uns sagt, behalten nd ihm nicht allzu sehr mit eindringlichen Fragen nach dem zusetzen, was er uns nicht offenbaren will. Niemandem außer uns soll irgendein Geheimnis von all dem, was wir mündlich von ihm auf die wahre Weise hören, erfahren.“Necker, 41-42.

Page 47: Die lurianische Kabbala

Chajim Vital

• 1594 zog er nach Damaskus.• Rabbi der sizilianischen Gemeinde• Tief frustriert, Träume und Visionen, in denen

die Gemeindemitglieder von Dämonen heimgesucht werden, da sie ihn nicht mit Respekt behandeln..

Vital starb 1620. Safeds Niedergang begann. In Jerusalem saßen nun die Autoritäten der „lurianischen Kabbala“.

Page 48: Die lurianische Kabbala

Lurianische Kabbala• Beeinflusst durch die zeitlichen Umstände versuchte

er eine Antwort auf die Not der Juden im Exil zu geben. Er beantwortete die drängenden Fragen nach der Ursache des Bösen. Seine Lehre gab ihrem Dasein einen tieferen Sinn, da darin das Exil zur Heil bringenden Mission und der Jude der Diaspora zum Helfer im göttlichen Plan wurde. Somit wird auch verständlich, warum gerade die Lehre der Seelenwanderung in Safed so bedeutend wurde. Alles ist im Fluß, die Funken und die Seelen wandern, alles hofft auf Erlösung.

Page 49: Die lurianische Kabbala

Sha‘ar ha-Gilgulim(Teil von Ez Chajim)

• Bei Vital, der auch praktizierender Exorzist war, wird die Seelenwanderung zentrales Thema.

• Jede menschliche Seele sei nur ein Splitter der Seele des Uradam. Der Mensch müsse durch Gebotserfüllung seine geistige Urgestalt wiederherstellen, wobei die 613 Gebote der Tradition den 613 geistigen Gliedern des Uradam entsprechen.

• Die obere Welt spiegelt sich wiederum in der unteren Welt wider: Die 248 Glieder und 365 Adern des Uradam entsprechen den 248 positiven und 365 negativen Geboten, die 10 Sefirot den 10 Geboten.

• Seine Beiträge zur Seelenwanderungslehre wurden zur Basistheorie aller Austreibungen.

Page 50: Die lurianische Kabbala

• Gemäß der dreiteiligen Seelenlehre „restauriert“ sich die menschliche Seele durch zahlreiche Verwandlungen…

Page 51: Die lurianische Kabbala

Sha‘ar ha-Gilgulim• „Achte Einführung• Wisse, dass die Seelen aus verschiedenen Ursachen wandern. Die erste ist,

dass jemand eine Übertretung macht, die von den Übertretungen gegen die Tora sind, und kommt, um diese zu verbessern. …Er kann wegen einer Mitzwa kommen, der er vorher nicht vollendet hat.

• Die dritte ist dass er kommt zum Bedürfnis eines anderen, ihn zu leiten und zu verbessern.

• Und daher ist es so, dass er im 1. leicht sündigen kann, da er schon zu Beginn gesündigt hat. Im 2. ist er weit entfernt zu sündigen und im 3. ist es sicher, dass er nicht sündigen wird. Es gibt auch andere Gründe, so dass sie manchmal auch wandern, dass sie ihre Gattin (seelenverwandte) erlangen, wo er nicht das Verdienst hatte, sie zu erreichen beim ersten Mal.

Page 52: Die lurianische Kabbala

Sha‘ar ha-Gilgulim• Manchmal passiert ist, dass er zwar schon seine Gattin erlangt

hat, aber dass er gesündigt hat und daher muss er wandern, um sich zu verbessern. … Manchmal hat er Verdienste und eigentlich müsste sie daher nicht zurückkehren, sie wandert aber mit ihm durch das Geheimnis „gehe sein Weib aus mit ihm“ (Shemot 21,3)

• Manchmal wird eine Person nicht das Verdienst haben, seine Gattin beim ersten Mal zu haben, und eine Frau wird gemäß seiner Taten bestimmt. Von allen Seelen aller Frauen dieser Welt ist keine so nah zu ihm als diese Frau, auch wenn sie nicht wirklich seine Gattin ist. Falls er nun sündigt und wandert, geht mit ihm auch diese Frau, auch wenn sie nicht wandern muss und nicht wirklich seine Gattin ist.

Page 53: Die lurianische Kabbala

Sha‘ar ha-Gilgulim

• Neunte Einführung• Wisse dass es ein Gesetz ist Gilgulim betreffen nur

Männer, keine Frauen. Das ist das Geheimnis des Verses, Eine Generation geht und eine Generation kommt und das Land der Welt steht“ (Kohelet 1,4), d.h. Generation geht, Generation kommt, bezieht sich auf Männer, die wandern müssen, aber das Land bezieht sich auf Frauen, das bestehen bleibt und nicht als Gilgulim zurück kehren.

Page 54: Die lurianische Kabbala

Sha‘ar ha-Gilgulim• Wie auch immer können Frauen durch das Geheimnis des Ibbur mit dem

Funken einer weiblichen neuen Seele wieder kehren. Sie kehren durch das Geheimnis des Ibbur in eine Frau zurück, die schwanger wird, eine Tochter gebärt und können sich dann in einem vollständigen Gilgul reinkarnieren.

• Manchmal kann ein Mann sich im Körper einer Frau reinkarnieren wegen einer Sünde wie Sodomie oder etwas Ähnlichem. Eine Frau die eine Seele eines Mannes empfangen hat, mag nicht in der Lage sein zu empfangen und schwanger zu werden, da ihr die Tropfen vom „Mayn Nukvin“ (weiblichem Wasser) fehlen, um dann „mayn Duchrin“, das männliche Wasser zu bekommen.

• Solche Frauen brauchen grosse Verdienste, um schwanger zu werden und zu gebären und der einzige Weg hierzu ist, dass eine andere weibliche Seele in sie kommt durch das Geheimnis des Ibbur. Durch diese Vereinigung wird sie in der Lage sein Mayn Nukvin zu erhalten in der richtigen Ordnung, um zu empfangen und zu gebären.“

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Dibbuk• Die christlichen und jüdischen Exorzisten teilten sich geradezu

die „Fälle“ auf. • Während man bei den christlichen Austreibungen eher dem

Teufel und Dämonen zu Leibe rückte, waren es bei den Juden meist die irrenden Seelen der Toten.

• Die Besessenheit von Geistern verschmolz mit der Lehre von der Seelenwanderung.

• Seelen, die wegen ihrer Sünden nicht weiter wandern, sondern Zuflucht suchen, wurden durch Austreibung erlöst.

• Das Wort „Dibbuk“ für den hinein gefahrenen Geist kam erst um 1680 in Wolhynien in Gebrauch. Es leitet sich von „Dibbuk me-Ruach-ra (Umklammerung durch einen bösen Geist)“ ab.

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• Protokolle solcher Austreibungen gibt es bis ins 20. Jahrhundert.

• Diese unterscheiden sich drastisch von den vielen, meist anonymen Dibbuk-Geschichten durch oft peinliche Genauigkeit. Sie enthalten Zeitangaben und sind ein wörtlicher Mitschnitt der Austreibung, die durch Unterschriften bestätigt wurde. Veröffentlicht wurden diese Texte meist, um die Juden zur Gebotserfüllung zu bringen.

• Wie erkennt man überhaupt einen Besessenen? Oft sind Leute besessen und merken es nicht, da es keinerlei Krankheitsanzeichen gibt.

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• Ein Anzeichen für Besessenheit sind z. B. übernatürliche Kräfte, ein Gefühl der Schwere, Zittern, unkontrollierte Gesichtsmuskulatur, Kopfschmerzen, Herzstiche, glänzende Augen, Augenrollen und unmenschliche Geräusche. Manche sollen wie Lämmer geblökt oder wie Hunde gebellt haben.

• Nur sollte man sich von Epileptikern nicht auf eine falsche Fährte locken lassen.

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• Der Dibbuk läßt die Besessenen springen, bis ihnen alle Knochen brechen oder sie in unbekannten Sprachen reden.

• Falls also jemand plötzlich das Talent zum Maler oder Kantor entdeckt und Dinge weiß, die er eigentlich nicht wissen kann, kann man sicher sein, daß hier ein Dibbuk am Werk ist.

• Sehr groß sollen diese Geister nicht sein. Seltsam ist es, daß sie einen physischen Körper haben sollen, der etwa die Größe eines Eis oder einer Bohne hätte. Sie sprechen daher meist durch das Herz und nicht durch die Kehle, da sie Angst haben, schlicht ausgespuckt zu werden.

• Die Beziehungen zum Gastkörper gestalten sich oft kurios. So untersagen sie dem Besessenen zu rauchen oder Bier zu trinken, weil sie das im Leben auch nicht mochten. Aber wie es im bekannten Bühnenstück von An-Ski treffend heißt, der „Wurm dringt nur in eine faule Frucht.“

• An-Ski, Der Dibbuk, Frankfurt a. M. 1989, S.50.

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• Sündige Menschen sollen besonders gefährdet sein, wobei beim Zeitpunkt des Eintretens Nervosität oder Angst dem Dibbuk dienlich sind. Der Mund, die Kehle und die Geschlechtsteile sind bevorzugte Eingänge. Hierbei ist zu erwähnen, daß ein Dibbuk überall in den Körper eintreten kann. Nach den Protokollen sind die Betroffenen meist Mädchen in der Pubertät, Frauen, die kurz vor der Heirat stehen oder gerade geheiratet haben, oder junge Männer. Ca. 90 Prozent der Dibbukim sind männlich. Eine psychologische Analyse des Dibbuk-Phänomens steht leider noch aus.

• Jeffrey Howard Chajes, Between worlds: dybbuks, exorcists, and early modern Judaism, Philadelphia 2003; Matt Goldish (ed.), Spirit possession in judaism: cases and contexts from the middle ages to the present, Detroit, Mich. 2003.

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• Erst seit den Kabbalisten in Safed sind die Namen der jüdischen Exorzisten bekannt. Die früheren sind anonym geblieben.

• Neben Chajim Vital und seinem Sohn Samuel war Salomo Alkabetz, der Dichter des Schabbatliedes „Lecha Dodi“ ein prominenter Austreiber.

• Zu den späteren Exorzisten zählen Jonathan Eibeschütz, Israel ben Elieser „Baal Schem Tov“ sowie Abraham ha-Kohen Kook und Jehuda Petaya in dem letzten Jahrhundert.

• Zu den klassischen Methoden der Austreibung gehören die Verwendung von bestimmtem Räucherwerk, Rezitation von Kombinationen göttlicher Namen und das Blasen des Widderhorns, des Schofars. Bei der Austreibung erzählt der Dibbuk mitunter ganze Lebensgeschichten…

•Siehe: Jehuda Petaya, Minhat Jehuda (hebr.), Bagdad 1933 (enthält zahlreiche Beschreibungen von Austreibungen).

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• Sehr ungewöhnlich ist Petayas Schrift „Minchat Jehuda“, da er hier sehr anschaulich seine Erfahrungen in Bagdad mit der Welt der Geister und Dämonen beschreibt.

• So berichtet er von einem Juden, der ganze 14 Jahre von einem Geist besessen war. Da er aber stets die Tora studierte, war der Geist nicht in der Lage, ihn auf irgendeine Weise zu verletzen. Am Ende, als er gerade eine besonders wohltätige Tat vollbracht hatte, war der Geist dadurch genötigt, seinen Körper ohne jede Austreibung zu verlassen.[1] [1] Minchat Jehuda, Seite 51b.

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• Petaya zieht bei den Unterredungen mit seinen Patienten auch deren Träume mit heran, da er weiß, dass Dämonen diese Welt des Unbewussten für ihre Zwecke geschickt nutzen, indem sie mit Masken und Verhüllungen arbeiten, um ihre Opfer zu täuschen und ihnen Glauben zu machen, dass sie himmlische Botschaften erhalten und nicht gerade von den Kräften der „anderen Seite“ versucht werden.

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• Exorzisten wie Petaya mußten sich auf die Austreibung rituell vorbereiten. Tauchbäder, Fasten, Verbot von Geschlechtsverkehr und profanen Reden waren dazu nötig. Dabei ist zu sagen, dass mitunter die Exorzisten aus verschiedenen Religionen zusammenarbeiteten. Petaya erzählt von einem muslimischen Exorzisten, der seine Patientin an einen christlichen Priester verwies, weil sie von einem christlichen Dämon besessen sei, den er nicht bannen könnte.

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• Bei den polnischen Kabbalisten, die meist bei den italienischen Kabbalisten gelernt hatten, spielte die Beschäftigung mit der Seelenwanderung, dem Bösen und der Dämonologie eine entscheidende Rolle. Moshe Idel, „One from a Town, Two from a Clan“ - The Diffusion of Lurianic Kabbala and Sabbateanism: A Re-Examination. In: Jewish History, ed. by Kenneth R. Stow, vol. 7, No. 2 Haifa Fall 1993, S.90.

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• Dämonenfurcht und die Abkehr der bösen Kräfte der anderen Seite machten sich breit. Es bildeten sich fromme Bruderschaften, die sich durch asketische Andachtsübungen aus zeichneten. Kabbalistische Wanderprediger zogen umher und schürten die messianischen Spannungen und Hoffnungen. Die Beschäftigung mit den dämonischen Seiten der Kabbala beeinflußte das Gedankengut und die Folklore der polnischen Juden bis hin zu den Schriften eines Isaac Bashevis Singer im 20. Jhdt. 1660 schrieb der polnische Kabbalist R. Jakob B. Moses Temerles über die Verbreitung der kabbalistischen Lehren:

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• „Sie haben sich nach allen Seiten ausgebreitet (...). Sie sind in den Gassen bekannt (...) und die Erde ist voller Wissen. Wahrhaftig, alle, groß und klein, sind über die Mysterien des Herrn gut unterrichtet. Damit aber tröste ich mich in meinem Kummer: das große Streben und Verlangen unserer Zeitgenossen nach dieser verborgenen Weisheit zu sehen, und alle - Volk und Priester, klein und groß - verlangen danach, zum Mysterium des Herrn zugelassen zu werden und nach ihm zu leben. Gewiß bedeutet dies, daß unsere Rettung nah ist.“

•Gerschom Scholem, Sabbatai Zwi, Frankfurt a. M. 1992, S.102-103.

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• Gerade in der lurianischen Kabbala kann man sehen, wie tief die kabbalistischen Ideen mit den traditionellen Werten des Judentums verbunden sind. Losgelöst von Gebet und Gebot müssen sie nur noch seltsam und befremdlich wirken.


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