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die linke! · die linke! EIN SONDERHEFT DER MITGLIEDERZEITSCHRIFT DIS PUT FRÜHJAHR 2013 GRATIS...

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die linke! EIN SONDERHEFT DER MITGLIEDERZEITSCHRIFT DIS PUT FRÜHJAHR 2013 GRATIS Starten Endlich Wahlkampf: Der Berliner Wahlkampfzentrale stehen ein paar aufregende Monate bevor. Dass die nicht nur Stress bedeuten, sondern auch Spaß machen, zeigt eine erste Stippvisite. 4 Spenden Spenden: Andere Parteien verfügen über opulente Wahlkampftöpfe – wir nicht. Wer für eine Werbefläche spendet, unter- stützt den gemeinsamen Auftritt – und macht Wahlwerbung, die wirkt! 16 Spitze sein Qualität: Sie werden den Wahlkampf wesentlich prägen. Acht Botschaf- terinnen und Botschafter stehen für Kompetenz, Pluralität und Vielfalt. 30 Wahlkampf Talente ISSN 0948-2407 I 67485
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Page 1: die linke! · die linke! EIN SONDERHEFT DER MITGLIEDERZEITSCHRIFT DIS PUT FRÜHJAHR 2013 GRATIS Starten Endlich Wahlkampf: Der Berliner Wahlkampfzentrale stehen ein paar aufregende

dielinke!EIN SONDERHEFT DER MITGLIEDERZEITSCHRIFT DISPUTFRÜHJAHR 2013 GRATIS

StartenEndlich Wahlkampf: Der Berliner Wahlkampfzentrale stehen ein paar aufregende Monate bevor. Dass die nichtnur Stress bedeuten, sondern auch Spaßmachen, zeigt eine erste Stippvisite. 4

SpendenSpenden: Andere Parteien verfügen überopulente Wahlkampftöpfe – wir nicht.Wer für eine Werbefläche spendet, unter-stützt den gemeinsamen Auftritt – undmacht Wahlwerbung, die wirkt! 16

Spitze seinQualität: Sie werden den Wahlkampfwesentlich prägen. Acht Botschaf -terinnen und Botschafter stehen fürKompetenz, Pluralität und Vielfalt. 30

WahlkampfTalente

ISSN 0948-2407 I 67485

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Ohne sie findet kein Wahlkampf statt. OhneWahlkampf lassen sich politische Zielenicht vermitteln. Ohne Vermittlung politi-scher Ziele können Menschen nicht davonüberzeugt werden, DIE LINKE zu wählen. DIE LINKE will und wird einen guten underfolgreichen Wahlkampf führen. Sie kanndabei auf ihre Mitglieder bauen, die fanta-sievoll, mit langem Atem und viel Energiefür eine neue soziale Idee werben. WahreTalente sind überall zu finden. Geschichtenvon Leidenschaft, Erfahrungswerten undNeueinstiegen ebenso.

Inhalt

Themen

WahlKampfTalente

Leute ParteiStark in den Kommunen IEs fängt an, wenn die Zeit reif ist:eine tolle Konferenz

Protest mit Herz und VerstandDer 31. Mai und 1. Juni werden Tage des europäischen Protestes gegen dasKrisenregime der Europäischen Union sein

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Stark in den Kommunen IIMichaele Sojka ist eine von drei linken Landrätinnen in Thüringen. Ein Porträt

Die BodenständigeDora Heyenn hat mit Klingelzügen im Wahlkreis gute Erfahrungen gemacht.Aber eine Mutprobe ist es

NachrufDer französische Résistance-Kämpfer und Verfasser der Streitschrift »Empört Euch!«, Stéphane Hessel, ist tot. Ein kleiner Nachruf

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Interview»Wir wissen, wie man ›sozial‹ buchstabiert«, sagen die beiden Vorsitzenden der Partei DIE LINKE selbstbewusst. Ein Interview

SpitzenteamDas Spitzenteam der Partei DIE LINKE in Wort und Bild

GeschichteDie Geschichte der LINKEN ist die Geschichte einer Friedenspartei ohneWenn und ohne Aber

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»die linke!« präsentiert elf Talente

Sagen, was unsere linke Identität ausmacht

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In Schulen nichts zu suchenDie Linksjugend ['solid] kämpft mit fast allen Mitteln gegen das »Werben für’s Sterben«

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IN DIESEM HEFT

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Impressum»die linke!« erscheint als Sonderheft desMitgliedermagazins »DISPUT« der Partei DIE LINKE.

Redaktionsanschrift: Redaktion »die linke!«Bundesgeschäftsstelle der Partei DIE LINKEKleine Alexanderstraße 2810178 BerlinTelefon: 030 24009-407Telefax: 030 [email protected]

V. i. S. d. Presse- und des Telemediengesetzes:Matthias Höhn, Bundesgeschäftsführer

Gestaltung, Grafik, Illustration: www.zitrusblau.de

Fotonachweise:2, 4–5, 6–7, 15, 30–33: Rico Prauss,11–14: Milena SchlösserBildagenturen:www.fotolia.de,www.istockphoto.de

Redaktionsleitung Sonderheft: Kathrin Gerlof

Redaktion: Daniel Bartsch, Tatjana Behrend,Romana Dietzold, Heinrich Eckhoff, Marion Heinrich, Judith Kainer, Antje Kind,Stefan Richter, Wolfgang Storz

Projektleitung: Judith Kainer

Service Mittendrin statt nur dabei2013 wird für uns ein ganz wichtiges Jahr. Auf allen Ebenen, in den Kreisen, den Ländernund auf Bundesebene, laufen die Vorbereitungen für einen Wahlkampf, den DIE LINKE erfolgreich bestreiten und mit einem guten Ergebnis am 22. September beenden will.

Eure Mitgliederzeitschrift soll dazu einen Beitrag leisten. Zweimal bis zur Wahl geht unserMitgliedermagazin als DISPUT-Sonderausgabe an jede und jeden von euch. Die erste Aus-gabe haltet ihr nun in den Händen, die zweite folgt zu Beginn der heißen Phase Anfang August. Sobald ihr von dieser Seite an umblättert, steht ihr mitten im Leben unserer Partei,seid Ihr mittendrin in all dem, was uns und unsere Partei ausmacht – eine ganz große roteVielfalt.

Viele eurer Anregungen zu dem Pilotheft des vergangenen Jahres sind in diese Ausgabe eingeflossen, eine ganze Menge Hinweise und Ratschläge galt es zu beherzigen und ichmöchte mich an dieser Stelle für euer Feedback bedanken. So ist dieses Heft schon exem -plarisch für das, was in den kommenden Monaten vor uns liegt: gemeinsam etwas zu schaffen, worauf wir stolz sein können.

Wir möchten es aber nicht beim Dank für Anregungen belassen, gern geben wir euch mitdieser Ausgabe Anregungen zurück. Neue Ideen für einen erfolgreichen Wahlkampf genauso wie bereits Erprobtes, Nachahmenswertes und Bewährtes. Wir stellen euch Genossinnen und Genossen vor, die im Kleinen wie im Großen für unseren Erfolg arbeiten –also hingeschaut und mitgebaut. Nicht jede ist zum »Bloggen« geboren, nicht jeder verfügtüber handwerkliches Geschick und nicht alle erfinden Wetten wie der Genosse Jann aus Wülfrath. Darum geht es auch nicht. Schön ist es, wenn sich Kompetenzen ergänzen, dadurch wird die Sache rund.

Unser Erfolg wächst von unten. Unsere Gesichter vor Ort, in den Gemeinden, den Kommu-nen und Städten seid ihr. Auch deshalb ist der Kommunalpolitik in dieser Ausgabe vielPlatz eingeräumt und einige Gesichter stellen wir euch genauer vor. Erfolgreiche Kommu-nalpolitik macht DIE LINKE in Ost und West, in Nord und Süd. Die Rezepte mögen manch-mal unterschiedlich sein, aber auch hier gilt, dass Anregungen und Solidarität keineEinbahnstraße sind. Wissen teilen, Hände reichen – das hat uns immer geholfen. Die Bereit-schaft zu lernen und die Bereitschaft zuzuhören, ob in Thüringen oder Marburg. Nur dieVerankerung »vor Ort« kann verhindern, dass wir abheben und die Probleme nicht mehr erkennen.

Und nun hinein ins pralle LINKE Leben. Wir wünschen euch viel Freude beim Lesen dieserAusgabe.

Matthias HöhnBundesgeschäftsführer und Wahlkampfleiter

In eigener SacheQR-Codes heißen die etwas seltsamaussehenden Würfelmuster am Endemancher Texte. Sie gelten als Zeichenunserer Zeit. Mobiltelefon nehmen, QR-Code fotografieren und die darinenthaltene URL (Web-adresse) decodieren.

UmFAIRteilenMitmachen, weitermachen, Unter-schriftenliste liegt im Heft

WahlkampfMitmachen, melden, Aktivierungs-formular liegt im Heft

Spenden Wofür wird Geld gebraucht? Wie und wofür kann ich spenden?

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3 3DISPUT Sonderausgabe Frühjahr 2013

EDITORIAL

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Wenn man es richtig nimmt, ist dasganze Karl-Liebknecht-Haus amRosa-Luxemburg-Platz Wahlquartier.

Gleich unten rechts, wenn man zur Tür rein-kommt, das KIZ. Die Buchstaben stehen fürKommunikations- und Informationszentrum –ein wenig sperrig, das Wortpaar, deshalb sagenim Haus alle einfach »KIZ«. In Wahlkampfzei-ten ist der große Raum im Erdgeschoss desKarl-Liebknecht-Hauses am Berliner Rosa-Lu-xemburg-Platz auch weitaus mehr als einschnödes Zentrum. Ihm wurde in den vergan-genen Wochen ein neues Gesicht verpasst undes ist schön geworden.

Es hat eine Weile gedauert, den großen Raum soherzurichten. Nun ist ein guter öffentlicher und of-

fener Ort entstanden – für Wahlkämpferinnen undWahlkämpfer und alle Mitglieder der Partei, ohnedie es gar keinen Wahlkampf gäbe. Kein Plakatkäme an seinen Platz, keine Großfläche wäre be-klebt, keine Veranstaltung fände statt, kein Info-stand würde aufgebaut, engagierten sich nichttausende LINKE für ihre Partei und damit für »eineneue soziale Idee«. Das Wahlquartier ist Service-stelle für all diese Menschen. Es steht genauso Bür-gerinnen und Bürgern offen, die neugierig sind,Fragen haben, Informationen brauchen, im Wahl-kampf mitmachen möchten, noch nicht entschie-den sind, wen sie wählen sollen. Und wer es nichtschafft, zu kommen, kann anrufen. Das Bürgerin-nen- und Bürgertelefon (dafür gibt es leider keineAbkürzung) ist geschaltet: 030 24009-999 lautetdie Telefonnummer.

Die Zentrale des Wahlquartiers befindet sichdann drei Etagen über dem KIZ, in den Räumen309 bis 311. Dort sitzen der Wahlkampfleiter derPartei, Matthias Höhn, und seine Mitarbeiterinnenund Mitarbeiter. Natürlich geht es da oft hektischzu – aber nett sind sie alle, kompetent sowieso undgut aufgestellt für die kommenden Monate. Wer gern ein wenig regelmäßiger infor-

miert werden möchte, wie es mit dem Wahl-kampf der eigenen Partei läuft, sollte sich unterwww.die-linke.de/newsletter anmelden. Da istdrin, was draufsteht: Neuigkeiten, Nachrichten,Wissenswertes. Manche sagen ja, der Anfang sei die Hälfte

vom Ganzen. Wenn das stimmt, ist die Hälfte ge-schafft.

Wahl Kampf Quartier

DISPUT Sonderausgabe Frühjahr 2013

PARTEI

Ein öffentlicher und offener Ort ist genau das Richtige für anstrengende Zeiten

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DISPUT Sonderausgabe Frühjahr 2013 5

PARTEI

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Der Parteitag in Göttingen liegt bald ein Jahrzurück – turbulente Zeiten damals. Wie stehtdie Partei heute da? Katja: Besser. Das zeigt sich unter anderem anunserer Diskussionskultur. Als wir im Vorstandüber den Entwurf zum Wahlprogramm redeten,waren die meisten Wortmeldungen gewinnbrin-gend. Die verschiedenen Strömungen beziehensich konstruktiv aufeinander. Die Arbeit am Ge-meinsamen steht eindeutig im Vordergrund. Das»Wir« in der Partei ist wieder deutlich: soziale Ge-rechtigkeit, die Stärkung des Öffentlichen undFrieden.

Also rücken die politischen Konkurrenten unddie Probleme der Bevölkerung mehr in denBlick ...Bernd: Eindeutig. Wir haben wieder die Kraftdazu. Und die haben wir, weil sich die Parteinicht mehr nur mit sich selbst beschäftigt. Wirdiskutieren kontrovers, aber ohne das Gegenüberzu verletzen oder in unnütze Personaldebatten ab-zugleiten. Wir kümmern uns um die Interessender Menschen, die wir vertreten. Das ist ein gro-ßer Fortschritt.

Gibt es Punkte, wo ihr sagt: »Das dauert, dawollten wir schneller vorankommen!«? Bernd: Es dauert länger, die Partei im Westen auf-zubauen. Deren Entwicklung ist hinter den schnel-

len Wahlerfolgen zurückgeblieben. Wir stellenzwar fest, die Partei ist stabil, Motivation und Stim-mung sind gut, aber unsere Reichweite ist im Wes-ten einfach zu gering. Und im Osten haben wir dasProblem der Überalterung. Diese Probleme zulösen, das dauert. Dazu brauchen wir sicher nochfünf bis zehn Jahre. Was aber nicht heißt, dass wirdas Ganze verschieben: Wir müssen es schaffen,die Wahlkämpfe in diesem Jahr zu nutzen, um diePartei zu stärken.

Schreitet ihr immer noch fragend voran? Katja: Für uns steht zum Beispiel die Frage im Mit-telpunkt: Was kann eine linke Partei konkret tun,um eine Debatte über kürzere Arbeitszeiten inGang zu bringen? Stress am Arbeitsplatz, die Er-werbsarbeitslosigkeit und der Umstand, dassFrauen meist noch eine zweite Schicht zu Hauseeinlegen, zeigen: Wir brauchen dringend eine an-dere Verteilung der vorhandenen Erwerbsarbeitund eine andere Verteilung der Arbeit zwischenden Geschlechtern. Aber wir müssen zunächst ler-nen, dass es unterschiedliche Perspektiven gibt. Eltern wollen weniger pro Woche arbeiten, Men-schen mit niedrigen Löhnen wollen mehr verdie-nen und Stressgeplagte wollen sich mal ein Jahrlang aus dem Job rausziehen. Deshalb habe ichverschiedene Vorschläge in die Diskussion einge-bracht: Sabbaticals, mehr Feiertage, freie Tage fürEltern oder kürzere Wochenarbeitszeiten.

Bernd:Wir sehen die Partei als ein großes Projektmit dem Ziel, die Macht in der Gesellschaft nachlinks zu verschieben. Statt Hartz IV streiten wirfür die »Agenda Sozial« und für eine gerechte Be-steuerung und eine Umverteilung des Reichtumsvon oben nach unten: für flächendeckenden Min-destlohn von 10 Euro pro Stunde, für Mindestren-ten und für Mindestsicherung. Das sind dieKernpunkte unseres Wahlkampfes.

Ihr macht mutige Ansagen: das beste Wahlpro-gramm aller Zeiten! Worauf gründet die Cou-rage?Bernd: Auf gesundem Selbstbewusstsein. Wennich die Programme der anderen anschaue, habenwir allen Grund dazu. Wir beschreiben genau, wasunsere linke Identität ausmacht: Wir sind konse-quent gegen Armut und wollen couragiert Reich-

Wir wissen, wie man»sozial« buchstabiert

DISPUT Sonderausgabe Frühjahr 2013

INTERVIEW

Meinung»Wir beschreiben genau, was unsere linkeIdentität ausmacht: Wir sind konsequentgegen Armut und wollen couragiertReichtum besteuern.«

Bernd Riexinger

Katja Kipping und Bernd Riexinger über das Original, wenn es um soziale Gerechtigkeit geht, Optimismus und tausend Mal gestellte Fragen

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tum besteuern. Wir kämpfen an der Seite der Be-schäftigten für gute Arbeit, Löhne und Renten. Wirvertreten die Interessen Ostdeutschlands. Wir sindeine unbestechliche Friedenspartei. Wir haben dieVision eines sozialökologischen Umbaus der Wirt-schaft und wollen die Unterordnung der Finanz-märkte und der Wirtschaft unter die Demokratieund nicht umgekehrt. Damit können wir mit vielGlaubwürdigkeit und Zuversicht in die Wahl-kämpfe ziehen.

Katja:Wir erarbeiten das Programm gemeinsam,auf Regionalkonferenzen, mit Diskussionen undBeiträgen im Netz. Das ist echte Beteiligung. Mie-ten, Strompreise, Renten – wir greifen die Alltags-probleme auf und bieten Lösungen an. UnserProgramm ist im Gegensatz zu dem der SPD reali-tätstauglich. Wer die oberen Klassen nicht ordent-lich besteuern will, wer den Druck auf dienormalen Löhne, der durch das unwürdige Hartz-IV-System erzeugt wird, nicht durch eine sankti-onsfreie Mindestsicherung herausnehmen will,kann weder die Situation der Ärmsten verbes-sern noch den mittleren Schichten die Angst vorsozialem Abstieg nehmen. Wir sagen aber auch:Innerhalb unseres Wirtschaftssystems sind be-stimmte Probleme nicht zu lösen. Wir müssenalso zu einer anderen Art des Wirtschaftens kom-men.

Wie oft musstet ihr schon die Frage beantwor-ten, warum acht Spitzenkandidatinnen und -kandidaten besser sind als eine oder einer? Bernd:Wir beantworten sie gern auch zum 1000. Mal. Unsere entscheidende Stärke ist es,eine linkspluralistische Partei zu sein – in Vielfaltvereint. Entscheidend ist für eine Partei, dieseVielfalt zu respektieren und zu nutzen, zugleichaber auch eine Einheit zu sein, um wirksam Poli-tik zu machen und zu gestalten. Das drückt sichin unserem starken Achter aus.

Katja:Wenn wir sagen, wir sind anders als an-dere Parteien, müssen wir Inhalte und Positionenanders vertreten. Die Zuspitzung auf eine odereinen, das ist ja auch ein Stück Personenkult. Daswollen wir durchbrechen, um Inhalte nach vornzu rücken. Unser Team, das sind acht tolle Bot-schafterinnen und Botschafter für unsere wich-tigsten Themen und Forderungen. Sie stehen fürdie Vielfalt und für das Gemeinsame in der Par-tei. Und wenn wir in der Gesellschaft mehr Wir-Gefühl wollen, sollten wir selber Teamgeistausstrahlen.

SPD und Grüne sagen, wir lösen Angela Mer-kel ab, niemand braucht DIE LINKE, eineStimme für die ist eine verlorene Stimme. Wassagt ihr denen, die das glauben? Katja:Wir machen Wahlkampf für unsere The-men und Forderungen. Es ist uns sehr wichtig,die gemeinsamen Interessen von Hartz-IV-Bezie-henden, Erwerbslosen, Geringverdienenden undBeschäftigten, kleinen Selbstständigen, herauszu-

stellen. Sie alle wollen gute Arbeit und gutenLohn. Und niemand will Lohndumping und pre-käre, unsichere Arbeit. Falsche Fronten aus denKöpfen zu bekommen und die gemeinsamen Inte-ressen bewusst zu machen, also Solidarität zwi-schen diesen Bevölkerungsgruppen herzustellen,das ist von strategischer Bedeutung. Wenn wirdas erreichen, dann beeinflussen wir die Politik.Egal ob Opposition oder Regierung, wir machenDruck für soziale Gerechtigkeit und Frieden. Unsgeht es nicht um Posten, sondern um Gestaltungund Einfluss.

Bernd:Wir sagen selbstbewusst: Die Stimmenfür die anderen sind vergeudet, weil eine besseresoziale Politik nur mit uns möglich ist. SPD undGrüne schließen nicht einmal aus, mit der FDP zu-sammenzugehen oder jeweils mit der Union. Wersie wählt, weiß nie, wo seine Stimme landet, beiuns wissen die Menschen das. Die Trittins, Stein-brücks und Steinmeiers wüssten ja nicht einmalmehr, wie man »sozial« buchstabiert, wenn es unsnicht gäbe. SPD und Grüne haben unter KanzlerSchröder die Finanzmärkte dereguliert und mitHartz IV und Agenda 2010 auch den Arbeits-markt. In deren Entscheidungen stecken diegrundlegenden Ursachen für die heutigen Krisen.Eine aufrichtige Abkehr von diesen Irrwegen gibtes weder von der einen noch der anderen Partei,stattdessen loben Steinmeier und Steinbrück dieAgenda-Politik sogar heute noch.

Katja: Viele Menschen denken, nur der, der in derRegierung ist, kann etwas verändern. Aber dasstimmt ja nicht, wie man an uns deutlich machenkann. Zwei Beispiele: Die Praxisgebühr wurde ab-geschafft. Wir waren die einzigen, die sie seit Be-ginn an bekämpft haben. Mindestlohn – da warenvor zehn Jahren alle dagegen – jetzt gibt es ihn zu-mindest in bestimmten Branchen. ExkanzlerSchröder und Jürgen Trittin streiten sich sogardarum, wer ihn erfunden hat – dabei haben sieihn aktiv bekämpft! Diese Entscheidungen wurdengetroffen, weil wir, Sozialverbände und Gewerk-schaften, das hartnäckig thematisiert haben.

Bernd:Wir wollen gestalten, verändern. Das istentscheidend. Das geht manchmal in der Opposi-tion schneller und kräftiger als in der Regierung.Ich bin überzeugt, die Grünen haben im Umwelt-schutz in der Opposition mehr erreicht als in denJahren der Regierung Schröder. Wir führen eineneigenständigen Wahlkampf. Wir werden sehen,wie die Bundestagswahl ausgeht, und danachmüssen sich die anderen zu uns verhalten.

Manche behaupten, DIE LINKE entwickle sichwieder zu einer reinen Ostpartei. Bernd: Ich bin ja jetzt, seit ich Parteivorsitzenderbin, viel im Osten rumgekommen. Ich habe ehr-lich gesagt niemanden getroffen, der die Positionvertreten hat, wir wollen eine ostdeutsche Regio-nalpartei sein. Im Gegenteil. Alle im Osten wol-len, dass wir eine linkspluralistische, gesamt-

deutsche Partei sind. Unser Erfolg wird davon ab-hängen, dass wir den Osten stabil halten und aus-bauen und im Westen weiter wachsen.

Die Diskussion entstand nach den Wahlnieder-lagen im Westen. Bernd: Die Wahlniederlagen im Westen ändernan unserem Grundkonsens gar nichts. In derlangfristigen Entwicklung sind wir im Westennicht schwächer geworden, sondern wir habendurchaus die Basis stabilisiert. Wir erreichen mo-mentan nur diese tollen Ergebnisse nicht mehr,wie in jenen Zeiten, als die Empörung über diePolitik Gerhard Schröders und seiner SPD aufdem Höhepunkt war.

Katja: Hochburgen sind was Tolles, für das wiruns nicht schämen. Die großen sozialen Fragenhaben im Osten eine besondere Färbung: Wir ste-hen als Einzige für die Angleichung der Ost- andie Westrenten, wir thematisieren, dass vieleLöhne im Osten für dieselbe Arbeit niedriger sindals im Westen. Wir greifen Erfahrungsvorsprüngeauf, wie zum Beispiel, dass ein warmes, gesundesMittag essen in Schule und Kita eine Selbstver-ständlichkeit sein sollte. Und nun kommt fürmich der entscheidende Punkt: Diese besondereZuwendung ist keine Abwendung vom Westen.Vielmehr drückt sich darin aus, dass wir uns alsPartei der sozialen Gerechtigkeit, aber gleicher-maßen als Partei der regionalen Gerechtigkeitverstehen. Gleichwertigkeit der Lebensverhält-nisse in Gesamtdeutschland – das ist ein großesAnliegen unserer Verfassung, doch scheint dasleider nur noch DIE LINKE zu interessieren.

Da kommt jemand am Infostand vorbei, hataber nur 30 Sekunden Zeit. Das Mitglied ruft:»Sie müssen unbedingt DIE LINKE wählen!«»Warum sollte ich das tun?«, wird gefragt. Welche Antwort gäbet ihr? Katja:Wir sind unbestechlich gegen Krieg undRüstungsexporte, wir wollen Armut verhindern,gute Arbeit und Rente sichern, und wir wollendeshalb Reichtum couragiert besteuern.

Bernd: Und deswegen heißt unser Programm»Hundert Prozent sozial«!

Das Interview führten Kathrin Gerlof undWolfgang Storz

DISPUT Sonderausgabe Frühjahr 2013

Meinung»Wenn wir in der Gesellschaft mehr Wir-Gefühl wollen, sollten wir selberTeamgeist ausstrahlen.«

Katja Kipping

INTERVIEW

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AKTION

»Einen schönen, guten Tag. Wollen Sie nicht bei unsfür eine stärkere Besteuerung der Reichen unter-schreiben, damit wir wieder mehr Geld für Kitas,Schwimmhallen und eine gute Krankenhausver-sorgung haben?« So oder so ähnlich wurden am13. April Zehntausende Menschen von Genossinnenund Genossen der LINKEN angesprochen – beimAktionstag des Bündnisses »UmFAIRteilen – Reich-tum besteuern!«.

Bis zur Bundestagswahl will das Bündnis mit Aktio-nen, Demonstrationen und einer groß angelegtenUnterschriftensammlung Druck machen für die Wie-dereinführung der Vermögenssteuer und die Erhe-bung einer einmaligen Vermögensabgabe.

DIE LINKE unterstützt das Bündnis. Sie will Reich-tum couragiert besteuern. Das ist gut für alle, dennder zunehmenden Armut vieler Menschen und Kom-munen steht der wachsende Reichtum der oberenZehntausend gegenüber. Vielerorts ist es deshalbDIE LINKE, die regionale Bündnisse anregt, Anträgezur Unterstützung der Forderung nach einer Vermö-gensbesteuerung in die Kommunalparlamente ein-bringt und sich an größeren und kleineren Aktionenbeteiligt. DIE LINKE will einen großen Beitrag dazuleisten, dass bis zur Bundestagswahl weit mehr als100 000 Unterschriften zusammenkommen.

Am 20. März waren es schon 20 000, da lagDIE LINKE Freiburg einsam an der Spitze. Der Ak -tionstag war ein weiterer großer Schritt RichtungZielmarke.

Mit der beiliegenden Unterschriftenliste kann jedeund jeder bei Freunden, Nachbarn und KolleginnenUnterschriften sammeln.

Romana Dietzold

UmFAIRteilen – ein Protest wird groß, eine Bewegung breit

… das reichste Zehntel der Bevölkerung

… das 9. Zehntel

… das 8. Zehntel

… das 7. Zehntel

… das 6. Zehntel

… das 2. bis 5. Zehntel

… das ärmste Zehntel

19,0 %

61,1 %

11,1 %

6,0 %

2,8 %

1,6 %

-1,6 % (private Schulden)

Sammelt bei Freunden,Verwandten oder im Ver-ein Unterschriften undschickt die ausgefüllten

Listen an: DIE LINKE, Bundesgeschäfts-stelle, Bereich Kampagnen und Parteient-wicklung, Stichwort »Umfairteilen«, KleineAlexanderstraße 28, 10178 Berlin.

Weitere Infos:Mail: [email protected] oder bei derAktiven-Hotline unter 030 24009-111.

Auf der Aktionsseite der LINKEN gibt es online Videos, Flugblattvorlagen, Hinter-grundinformationen und die Unterschrif -tenliste des Bündnisses samt Aufdruck»Gesammelt durch: DIE LINKE«. Wer regelmäßig Informationen zumThema erhalten will, kann sich dort auchin unseren E-Mail-Verteiler für Aktive ein-tragen.

www.die-linke.de/politik/aktionen/umfairteilen

AKTIV WERDEN

DISPUT Sonderausgabe Frühjahr 2013 8

Vom individuellen Nettovermögen entfallen auf ...

Quelle: Sozio-ökonomisches Panel 2007, DIW 2009

DIE LINKE war am 13. April beim bundesweiten Aktionstag stark und laut dabei – Teil eines breiten Bündnisses für soziale Gerechtigkeit

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NACHRICHTEN

DISPUT Sonderausgabe Frühjahr 2013

Raus aus den Schulen

Stichtag 10. JuniBerlin – Bis zum 10. Juni mussder Energietisch, zu dem sichüber 50 Initiativen und Organisa-tionen, darunter auch DIE LINKE,zusammengeschlossen haben,rund 200 000 Unterschriften ge-sammelt haben, damit am Tag derBundestagswahl in der Stadt auchdarüber abgestimmt wird, ob eszu einer Rekommunalisierungder Berliner Energieversorgungkommt. Das Ziel ist, die Strom-netze zu übernehmen und berlin-eigene Stadtwerke zu gründen.

DIE LINKE. Landesverband Berlinhat sich in einer Selbstverpflich-tung zum Ziel gesetzt, 50 000 Un-terschriften beizubringen.www.berliner-energietisch.net

Berlin – Mit einem 15 Lieder star-ken Sampler, auf dem Künstlerin-nen und Künstler wie Irie Révoltés,Holger Burner, ZSK und anderevertreten sind, machen die Jugend-verbände SDAJ und Linksjugend['solid] auf die sich ausbreitendenWerbeauftritte der Bundeswehr inBildungseinrichtungen aufmerk-

sam. Julia Lange, Bundessspreche-rin der Linksjugend ['solid]: »DieBundeswehr ist kein normaler Ar-beitgeber und auch keine Institu-tion der politischen Bildung.Dennoch werden Schulbesuchevon Jugendoffizieren immer mehrzur Regel.« Das könne man nichthinnehmen.

Der Sampler mit dem Titel »Bun-deswehr raus aus den Schulen«wird bundesweit verteilt. Bestellbar ist er [email protected], angehört und heruntergeladenwerden kann er unterwww.linksjugendsolid.de/bw_raus/

Hamburg – 2010 kamen 116 000 Un-terschriften eines Volksbegehrenszusammen, um den Senat und dieBürgerschaft des Stadtstaates zuzwingen, die Hamburger Strom-, Was-ser-, Fernwärme 2015 wieder voll-ständig der öffentlichen Hand zu

übertragen. Zielmüsse es auchsein, eine sozialgerechte, klima-verträgliche unddemokratischkontrollierteEnergieversor-

gung aus erneu-erbaren Energienanzu streben. Am Tag der Bun-destagswahl ent-scheiden die Bür-gerinnen und Bür-ger der Stadt, ob

Vattenfall und E.ON weiterhin ihrrein profitorientiertes Wirken fortset-zen können oder nicht. Die Kostenfür Haushaltsenergien stiegen von2005 bis 2012 um jährlich fünf Pro-zent und 2013 um über zehn Prozent.Eine Folge davon: Über 15 000 Haus-halten wird jährlich der Strom abge-stellt, weil die Mieterinnen undMieter die Rechnungen nicht mehrbezahlen können.DIE LINKE in Hamburg, die als

Partei nicht Mitglied des außerpar-lamentarischen Bündnisses »UnserHamburg – unser Netz« sein kann,hat das Bündnis von Beginn an tat-kräftig unterstützt. Laut einer Umfrage befürworten

64 Prozent der Hamburgerinnenund Hamburger den Rückkauf derStrom-, Wasser- und Fernwärme-netze in der Hansestadt.www.die-linke-hamburg.de

Wülfrath – Es hat nicht geklappt:Wie in den Vorjahren schon hatteKlaus H. Jann mit einer ungenann-ten Unternehmerin gewettet, dasses DIE LINKE um den 9. Märzherum schaffen werde, bundes-weit 500 Infostände aufzubauen,an denen für die Aktion »Milch fürKubas Kinder« geworben und ge-sammelt wird. Was er nicht ahnenkonnte: Das Wetter an diesem Tagwar so scheußlich, dass selbstHunde lieber in der warmen Stubegeblieben sind. Immerhin wurden

200 Infostände aufgebaut. DerMisserfolg ließ aber Jann nicht er-starren: Als Anschlussaktion fürdie verlorene Wette hat er unterdem Motto »Trotz alledem: Die Kin-der von Kuba werden die Gewin-ner sein« ein Spendenkonto ein-gerichtet, in das einzuzahlen alleaufgerufen sind:Klaus H. Jann, KreissparkasseDüsseldorf, BLZ 301 502 00;Kontonummer: 355 46 49,Stichwort: Kuba-Kinder www.linksdemokraten.de

Guben – Zur Erinnerung: Am 3. Ja-nuar 1876 wurde in Guben alsSohn eines Kutschers WilhelmPieck geboren. Am 11. Oktober1949 wurde er zum Präsidentender DDR gewählt. Am 7. Septem-ber 1960 starb er. Am 3. Januar1961 erhielt Guben den BeinamenWilhelm-Pieck-Stadt. Am 3. Januar1976 wurde in Guben inmitteneines Neubaugebiets das Wilhelm-Pieck-Denkmal eingeweiht. 1990entschied die Stadtverordneten-versammlung Gubens, den Beina-men der Stadt zu streichen. Seit Jahren weiß man, dass das

Denkmal sanierungsbedürftig ist.110.000 Euro wären dafür erfor-derlich. Das ist in einer Stadt, diemit zwei Millionen Euro verschul-

det ist, eine Menge Geld. Die Zahlder Einwohnerinnen und Einwoh-ner hat sich in den vergangenen20 Jahren um ein gutes Drittel re-duziert. Die Zahl der leer stehen-den Wohnungen liegt bei 2500. Was tun? Die einen fordern den

Erhalt und möglicherweise einespätere Umsetzung des Denkmalsin ein lebendigeres Stadtquartier.Andere sind dafür, die Bronzeta-feln vom Denkmal, die Piecks Kon-terfei und sein Wirken in derArbeiterbewegung zeigen, abzu-nehmen und in den Platz des Ge-denkens zu integrieren. DieserPlatz ist jenen 58 sowjetischen Sol-daten gewidmet, die bei der Befrei-ung Gubens vom Faschismusgefallen sind.

Nicht schleifen!

Wem gehören die Netze?

Trotz alledem

Foto: Mark Sebert

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NACHRICHTEN

Drei Nachrichten aus derjüngsten Vergangenheit:u Die Zahl der Mitwisser/-innenund Helfershelfer/-innen für dieMorde des NSU steigt stetigund beharrlich: Anfang Aprillag sie bei 129. Die anfänglicheVermutung, hier seien dreidurchgeknallte Desperados un-terwegs gewesen, ist hinfällig.

u In Sachsen-Anhalt ist, so das In-nenministerium des Landes, imJahr 2012 die Zahl der fremden-feindlichen Straftaten binnenJahresfrist von 120 auf 203 an-gestiegen. 2010 lag sie bei 83.

u Im Land Brandenburg hat derVerein Opferperspektive für dasJahr 2012 95 rechte Gewalttatengezählt, neun mehr als im Vor-jahr. 46 der 95 Taten hatten einerassistische Motivation undrichteten sich gegen Flüchtlingeoder Einwanderer. Das Mendels-sohn Zentrum untersucht imAuftrag des Innenministeriumsjene Tötungsverbrechen imBundesland seit 1990, bei denenes für möglich gehalten wird,dass rechtsextremistische, ras-

sistische oder fremdenfeindli-che Beweggründe eine Rolle ge-spielt haben. Die Polizei zähltebislang neun solcher Morde. Ineiner von Medien und Opferver-einen zusammengestellten Listesind 32 ausgewiesen.

Für die steigende Zahl fremden-feindlicher Straftaten lieferte dersachsen-anhaltinische Innenminis-ter Stahlknecht (CDU) eine verrä-terische Begründung: Es liege ganzeinfach daran, dass die Polizeijetzt genauer hinschaue.

www.petrapau.de

Berlin – Das Antifaschistische Pres-searchiv und Bildungszentrum Ber-lin e.V. (apabiz), das seit Langemschon eine wichtige Informations-quelle für alle ist, die sich mit derrechten Szene befassen, hat MitteMärz ein interaktives Informations-portal, »Rechtes Land – Atlas zurRechten und zur Nazi-Vergangen-heit«, über die extreme Rechte inDeutschland ins Netz gestellt.

»Deutschlandweit sind Neonazisam Werk. Das Wissen über sie istregional verteilt, sich ein Gesamt-bild zu verschaffen, ist alles andereals einfach. Rechtes Land will dieOrte der extremen Rechten, ihreVerbände, ihre Morde, ihre Über-fälle, ihre Termine und aktuellenVorhaben kartieren. Um sie für allesichtbar zu machen.«

Das war das Ziel. Das ist durch einCrowdfunding-Projekt mittlerweileerreicht: Seit Mitte März ist eineerste Version dieses Informations-portals online.Das Sammeln der Informationen

ist nur eines der Ziele von »RechtesLand«. Das Portal soll auch der Ver-netzung von Organisationen die-nen, denn gerade auch kleineZusammenschlüsse von Antifa-

Initiativen leisten oft sehr gute Ar-beit und haben ein fundiertes Wis-sen über lokale rechte Bewe-gungen, ohne so recht wahr- undernst genommen zu werden. Daswird sich jetzt ändern.www.startnext.de/rechtesland

26. bis 28. AprilKongress in Bremen unter demThema »Quo vadis NATO? – Herausforderungen für Demokratieund Recht«. Veranstaltet von derdeutschen Sektion der IALANA (Juristen und Juristinnen gegen atomare, biologische und chemischeWaffen – Für gewaltfreie Friedens -gestaltung).www.ialana.de/aktuell/veranstaltungen

10. bis 29. MaiAktions- und Sammelcamp des Berliner Energietischs im alternati-ven Kultur- und Bildungszentrum(KuBiZ) in Berlin-Weißensee. www.berliner-energietisch.de, Anmeldungen und Fragen [email protected]

17. bis 20. MaiPfingsten mit der LINKEN am Werbellinsee. www.die-linke.de

19. MaiBundesweite Kundgebung in Frank-furt/Main gegen Bankenmacht undEU-Sparzwang.

24. und 25. Mai 4. Gewerkschaftspolitische Konferenzder Partei DIE LINKE, veranstaltetvom Parteivorstand und der AG Betrieb & Gewerkschaft. Veranstaltungsort: Bürgerhaus Wilhelmsburg, Mengestraße 20, 21107 Hamburg.Anmeldung: DIE LINKE, Bundesgeschäftsstelle, AG B&GKleine Alexanderstraße 2810178 BerlinTelefon: 030 24009-673Fax: 030 24009-624ag.bg@die-linke.dewww.die-linke.dewww.betriebundgewerkschaft.de

24. bis 26. MaiUmFAIRteilen-Kongress in Berlin,Ort: Technische Universität.www.umverteilen-macht-gerechtigkeit.eu

1. und 2. JuniFest der Linken in Berlin.www.fest-der-linken.de

14. JuniLebte er noch, feierte Che Guevaraseinen 85. Geburtstag.

21. bis 23. JuniLinker Liedersommer auf der BurgWaldeck, in der Tradition des legen-dären Waldeck-Festivals zu APO-Zeiten. www.linker-liedersommer-waldeck.de

Wo es blinkt,da hocken Neonazis

Berlin/Heidenheim – Der Clara-Zetkin-Preis 2013 der ParteiDIE LINKE, verliehen am 8. März,ging an die Besetzerinnengruppe»Stille Straße« in Berlin-Pankow.Die Frauen hatten vier Monateeine Seniorenfreizeitstätte besetzt,um gegen die drohende Schlie-ßung zu protestieren, und sie hat-ten Erfolg. Mit dem Ehrenpreisbedacht wurde die Sozialwissen-schaftlerin, Philosophin und Femi-nistin Frigga Haug, eine Mit-begründerin des Instituts für kri-tische Theorie e. V. in Berlin, fürihr Engagement, »Frauendarin zu unterstüt-zen, sich für eineandere, eine ge-rechte, eine

friedliche und gleichberechtigteGesellschaft einzusetzen«.Einen anderen Clara-Zetkin-

Preis verlieh auch die Ortsfrauen-gruppe der IG Metall Heidenheim:Er ging an die Integrationsminis-terin des Landes Baden-Württem-berg, Bilkay Öney, weil sie sichsowohl für die Gleichberechtigungder Migrantinnen und Migrantenals auch für die Frauenrechte ein-setze.

Clara-Zetkin-Preise

Termine

Es werden immer mehr

Die Preis-verleihung

2013 in Berlin Foto: Katina Schubert

Gibt es im Online-Shop, www.die-linke.de

Bis 3. Mai

anmelden!

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DIE KOMMUNALEN I

DISPUT Sonderausgabe Frühjahr 2013

Unerkannt über den Marktplatz?Das war einmal Michaele Sojka ist Landrätin im Altenburger Land. Sie ist die erste Frau an derSpitze dieses Landkreises. Und sie ist eine Linke. VON GISELA ZIMMER

D er März ist über zehn Tage alt und ei-gentlich war da die Hoffnung aufFrühling. Auch bei Michaele Sojka.

Sie hat eingeladen zu ihrem 50. Geburtstag.Am liebsten hätte sie diesen Tag so mitten inder Woche übergangen, ihn nur klein und feinim Familien- und Freundeskreis gefeiert. Dasgehe nicht, hatte ihre umsichtig und leise agie-rende Büroleiterin schon lange vor dem Ereig-nis gesagt. Als Landrätin – und das istMichaele Sojka seit acht Monaten – sei sie haltnicht mehr nur eine private, sondern vorallem auch eine öffentliche Person. Da kämenzum Jubiläum Leute von sonst woher. Auchohne offizielle Einladung.

Die Büroleiterin sollte recht behalten. Das Hände-schütteln, die Umarmungen, das Überreichen vonGeschenken, die persönlichen Wünsche, die Blu-men – das alles will kein Ende nehmen an diesemwinterkalten Vormittag in der historischen Aulader heutigen Volkshochschule. Ein Bau aus demEnde des 19. Jahrhunderts, holzgetäfelt, ringsherummit einer Galerie zum Wandeln und an der Stirn-seite eine wandgroße Rosette, deren farbige Glas-fenster in der Wintersonne funkeln. Ein Kleinod inder ostthüringischen Stadt Altenburg, das selbstEinheimische kaum kennen und schon deshalb alsein besonderer Empfangsort von der heutigenLandrätin und einstigen Pädagogin ausgewähltwurde.

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DIE KOMMUNALEN I

DISPUT Sonderausgabe Frühjahr 2013

Noch nie gab es seit der Neugründung der Bundesländer eine Frau an der Spitzedieses Landkreises. Nun also sie, eineLinke, gewählt für sechs Jahre.

Michaele Sojka ist die Neue im Landratsamt desLandkreises Altenburger Land. Einer landwirt-schaftlich geprägten Region im sogenannten Drei-ländereck Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt.Gewählt wurde die Kandidatin der Partei DIELINKE im Mai 2012. Die Wahl war bis zur Auszäh-lung der letzten Stimme spannend wie ein Krimi.Doch dann war klar: Michaele Sojka wird in denPrachtbau der Altenburger Lindenaustraße 9 ein-ziehen, den Sitz des Landratsamtes – ein herr-schaftliches Gebäude, errichtet im Stil deritalienischen Hochrenaissance. Und noch eines warklar: Sie würde eine lange Tradition der Landräteunterbrechen. Noch nie gab es seit der Neugrün-dung der Bundesländer eine Frau an der Spitze die-ses Landkreises. Nun also sie, eine Linke, gewähltfür sechs Jahre. Was war die erste Amtshandlung am 1. Juli 2012,

als das »Chefzimmer« bezogen wurde? »Meinen Mit-arbeiterinnen und Mitarbeitern sagen, dass ich siebrauche und niemanden austauschen werde«, er-zählt Michaele Sojka. In den Tagen und Wochen da-nach ging sie dann von Abteilung zu Abteilung,sprach persönlich mit allen Behördenbeschäftig-ten, ließ sich aus deren Sicht die Aufgaben schil-dern und auch die Stolpersteine. Und alle meintewirklich alle: vom Hausmeister über die Behinder-tenbeauftragte bis hin zur Mitarbeiterin im Jugend-amt. »Die Arbeit der anderen wertschätzen, das istwichtig, sonst kannst du oben an der Spitze auchnicht gut sein«, lautet das einfache Credo der Land-rätin. Michaele Sojka sei »menschlich eine Perle«,sagt ihre Büroleiterin. Die kompetente und loyaleFrau lenkte und leitete bislang bei allen Landrätendie Geschicke im Vorzimmer. Seit 1994, sie weißalso, wovon sie redet. Ehrlichkeit, eine freundliche Kommunikation,

Teilhabe an Entscheidungsprozessen, keine Kunge-lei hinter den Türen – so will Michaele Sojka imAmt agieren. Nach innen und außen. Sie stellt po-litische Reden, Vorlagen, Entscheidungen ins In-ternet. Jeder kann und soll nachlesen undnachvollziehen können, wie Entscheidungen zu-stande kommen, wer wann und warum etwas blo-ckiert. Michaele Sojka ist aktiv auf Facebook, fürdie Bürgerinnen und Bürger nicht nur per Mail er-reichbar, beantwortet Fragen. Das tut sie häufigganz hautnah: auf dem Marktplatz, beim Einkaufenoder wenn sie im Café angesprochen wird. Uner-kannt unterwegs sein, das geht schon lange nichtmehr. Die Landrätin ist ein prominentes Gesicht fürThüringen, für das Altenburger Land. Sie war zuvorLandtagsabgeordnete, bildungspolitische Spreche-rin, Kreistagsmitglied. Viele Eltern kennen sie nochals Mathematik- und Physiklehrerin ihrer Kinder,nicht wenige ihrer Schülerinnen und Schüler sindinzwischen ihre Wählerinnen und Wähler. »Die Leute wollen keine Parteienpolitik«, sagt

Michaele Sojka. »Das geht an diesem Platz auch garnicht. Aber sie wollen eine gerechte Politik, ver-

nünftig und gut für die Bevölkerung im Landkreis.«Einfach ist das nicht. Denn eine Landrätin hat fürdie zu erledigenden Aufgaben und zu lösenden Pro-bleme keine eigenen Einnahmequellen. Ihre Be-hörde ist angewiesen auf Landes- und Bundes-zuweisungen sowie die Kreisumlage. Deren Höhewiederum hängt ab von den sprudelnden oderspärlichen Gewerbesteuern der Kommunen. Dochegal, wie die Finanzen fließen, die zahlreichenPflichtaufgaben des Amtes – vorgegeben durchden Bund und das Land – müssen Monat für Monaterfüllt werden. Dazu zählen die Sozial- und Trans-ferleistungen für Frauen und Männer, die trotz Ar-beit nicht genug verdienen, für Erwerbsunfähige,für Hartz-IV-Empfangende, für Kinder, die unter dieArmutsgrenze fallen. Schulen, öffentliche Straßenund Wege, Wirtschaftsförderung, Bibliotheken,Theater, Kunst und Kultur – die Liste der freiwilli-gen und gesetzlich verankerten Leistungen ist lang.Die Kassen dagegen sind begrenzt gefüllt. Wenn dann eine Kreistagsmehrheit aus CDU,

SPD und FDP dem Landkreis auch noch einenHaushaltsplan aufdrückt, den sie und ihre Mitstrei-terinnen und Mitstreiter im Amt so nicht erarbeitethatten, wird es richtig kompliziert. Änderungen aninsgesamt 200 Posten. Darunter Einsparungenauch bei der Ausbildung. Mit fatalen und absehba-ren Folgen für die dienstleistende Behörde, dennnichts anderes ist so ein Landratsamt. Bei jedemVorgang, jedem Widerspruch und jeder Entschei-dung geht es nicht um Papier, sondern um die Men-schen dahinter. Das braucht gut ausgebildete undgut bezahlte Menschen davor: in den Büros, beider Bearbeitung, bei den Betroffenen vor Ort. Michaele Sojka spricht Klartext. Sie hält leiden-

schaftliche Reden. Macht deutlich, wer warumDinge blockiert. Sie hat diese politische Karriereals erste Frau im Landkreis nicht geplant, die hatsich ergeben, entwickelt. Aber nicht von ungefähr,schließlich ist sie gut. Und sie will diesen Job. »Siekann ihn auch«, sagt Frank Tempel, Abgeordneterder Linksfraktion im Bundestag und ihr Mitstreiterim Altenburger Kreistag. Freizeit, die gibt es seitMonaten kaum noch. Morgens um acht ist dieLandrätin im Amt, abends um neun manchmalimmer noch. Freie Wochenenden gibt es kaum, dieDiensttermine allerdings sind dann meist auchschön. Michaele Sojka will in ihrer Zeit als Landrä-tin ein paar Weichen stellen. Weniger Armut imLandkreis, gerechtere Löhne, Sozialarbeit an Schu-len, die Wirtschaft fördern. Sie verspricht keine Höhenflüge, aber dass sie

ihre Arbeit gut machen will. Und wenn mal nichtsgeht, spricht sie mit den drei anderen »mächtigen«Frauen in Thüringen. Denn zeitgleich mit MichaeleSojka wurden Birgit Keller in Nordhausen, PetraEnders im Ilmkreis Landrätinnen und Katja Wolfwurde Oberbürgermeisterin in Eisenach. Die vierhaben schon jetzt Geschichte geschrieben als das»linke Thüringer Kleeblatt«.

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KOMMUNALPOLITISCHE KONFERENZ

DISPUT Sonderausgabe Frühjahr 2013

Ins Offene denken

Die LINKEN Kommunalen sind erfahren, experimentierfreudig und manchmalauch ein bisschen wagemutig, wenn es darum geht, das Beste für die Menschenin den Städten und Gemeinden zu erreichen

E s gab ja schon viel, aber so etwas nochnicht. Die bundesweite kommunalpoli-tische Konferenz »Politik mit LINKS –

der Weg in die l(i)ebenswerte Kommune« warein einziges großes und am Ende erfolgreichesExperiment. Mutig, dachte man beim Zu-schauen und Zuhören und: Wenn das mal gutgeht. Britta Loschke von der Trainer(innen)ko-operative »Bildung in Bewegung« strahlte zwargroße Gelassenheit aus, aber sicher konntesich niemand sein. Also, wie sah der Plan aus?

Rund 60 in der Kommunalpolitik engagierte LINKEtreffen sich am 16. März 2013 in Neumünster im»Kiek In«. Der Raum ist groß und hell, zwei Stuhl-kreise sind aufgebaut. »Huch«, sagt eine Frau undstarrt auf die vier großen roten Kissen in der Mittedes Kreises. Hinter den Stühlen eine riesige Pinn-wand und kleinere Tafeln, auf denen kurze Sätzestehen. »Die da sind, sind die Richtigen«, »Es ge-schieht das, was geschehen konnte«, »Es fängt an,wenn die Zeit reif ist«. Jemand hat auf zwei Tafelneine Hummel und einen Schmetterling gemalt. Vorsichtige Annäherung, die Stühle werden be-

setzt, es bilden sich kleine Länderblöcke. »Werkommt aus Schleswig-Holstein?«, fragt die Traine-rin. Schleswig-Holstein ist sehr stark vertreten,aber schau mal, Bayern sind auch da. Weiter Wegbis hierher. Sachsen-Anhalt – Applaus, ebenfallsfür Brandenburg und wenn man schon dabei ist,einfach für alle, die aufstehen und »hallo« sagen. Das Prozedere des Tages – eine Herausforde-

rung: Wer eine Frage, ein Problem, eine Sorge, einenoch unausgegorene Idee, ein gescheitertes, abernicht aufgegebenes Vorhaben hat, soll sich auf einrotes Kissen hocken und mit großen Buchstaben

aufschreiben, was auf dem Herzen liegt, soll sichhinstellen und sagen, wer er oder sie ist, erklären,warum genau das und nichts anderes auf dem Zet-tel steht. Den dann an die Pinnwand hängen, da-rauf einen Button, zu welcher Tageszeit dieserPunkt in einer Gruppe Interessierter diskutiertwerden soll.Die meisten rechnen mit einer großen Verlegen-

heitspause. Aber kaum hat Britta Loschke erklärt,was es mit Hummeln und Schmetterlingen auf sichhat – die einen werden später von Gruppe zuGruppe wandern, den Blütenstaub abgreifen undin die nächste Runde tragen, die anderen stehenlieber am Büfett und reden mit denen, die auf einePause vorbeikommen –, legen die Leute los. Es bil-den sich Schlangen vor den roten Kissen und inner-halb von 15 Minuten hängt Gesprächsstoff für eineWoche an der großen Pinnwand. Wie erreiche ich die Generation 30 bis 50? Wel-

che Erwartungen haben Wählerinnen und Wähleran uns und welche können wir nicht erfüllen?Schulen, Brücken, Straßen – Public Private Partner-ship? Wohnungsnot in den Kommunen, ist sozialeBodennutzung ein Ausweg? Öffentlichkeitsarbeitim Zeitalter der neuen Medien – wie macht mandie gut? Können wir was gegen die Privatisierungverwertbaren Mülls tun? Warum kriegen wir keineFrauen in die Kommunalpolitik – wir haben imKreisverband nur noch Männer? Wie kann mandauerhaft mit außerparlamentarischen Gruppenzusammenarbeiten? Wie funktioniert eine kleineGemeinde mit einem linken Bürgermeister? Waskönnen wir gegen die Enteignung kommunaler Flä-chen für das Fracking tun? Welche Aktionen sindwirksam, um gegen Stromsperren vorzugehen? Wiegehen wir mit der NPD in den Parlamenten um?

Wieder 15 Minuten später haben sich überall imRaum und eine Etage tiefer in anderen RäumenGruppen zu jedem Thema gebildet und in denenwird auf wirklich hohem Niveau diskutiert. Washaben die Leute sich ins Zeug gelegt: Von ihren Er-fahrungen berichtet, Ideen formuliert, die ganzenMöglichkeiten eines geschützten Gesprächsraumesausgenutzt – hier kann ich frei von der Leber weg,niemand wird mir den Kopf abreißen, dem kannich einen Tipp geben, von der bekomme ich eineAnregung. Eggo Habbelt, seit 1990 Bürgermeister im bran-

denburgischen Lelkendorf, erzählt von seinemKunstprojekt – das ganze kleine Dorf in Aufregungund was hat das für einen Spaß gemacht. Der 22-jährige Fritz R. Viertel leitet den Ortsverband derLINKEN in Schöneiche bei Berlin. Hat eine Face-bookseite eingerichtet und die Öffentlichkeitsar-beit umgekrempelt. Gemeinsam mit der Fraktionin der Gemeindevertretung wurde die Kulturgieße-rei gerettet. Der waren die Fördermittel gestrichenworden, aber auf Betreiben der LINKEN beschlossdie Gemeindevertretung, das notwendige Geld zugeben. Kultur ist Daseinsvorsorge. Darüber redet sich Miro Berbig, Fraktionsvorsit-

zender in Norderstedt, Landkreis Segeberg, in der»Kulturgruppe« in Rage. »Braucht eine Schlafstadt,wie Norderstedt Kultur?«, fragt er. »Ja, aber wie ma-chen?« Währenddessen wird die Gruppe »Frauenin die Politik« immer größer. Scheint ein echtes Pro-blem zu sein und da fliegen auch ein bisschen dieFetzen. »Warum kommen die jungen Frauen dennnicht?«, fragt die Gesundheitsstadträtin DagmarPohle aus Berlin-Marzahn. »Doch nicht wegen unsalter Frauen. Die werden weggebissen.« »Wir habeneine Kreisvorsitzende«, sagt eine andere in der

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KOMMUNALPOLITISCHE KONFERENZ

DISPUT Sonderausgabe Frühjahr 2013

Runde, »aber die Pressemitteilungen schreiben dieMänner.«Später erzählt Antje Jansen, Fraktionsvorsit-

zende der LINKEN in der Lübecker Bürgerschaft,dass in der Hansestadt parteiübergreifend eine Of-fensive »Frauen in die Kommunalpolitik« gestartetwurde. »Wir haben am 7. März eine Frauen-Bürger-schaft organisiert. 130 Frauen saßen im Parlamentund haben rund 60 Anträge eingebracht und dis-kutiert.« Ja, vielleicht muss man es so machen. Mo-tivieren, Allianzen schmieden, zugreifen undaufhören zu warten. Währenddessen stellt man sich in der Gruppe

»Generation 30–50« die Frage, ob DIE LINKE fürdiese Altersgruppe eine politische Alternative ist.»Du musst Türklinken putzen«, sagt einer, das ma-chen wir auch. »Regelmäßig Infostände machen.«Aber reicht das im Zeitalter der neuen Medien –sind Infostände für 30-Jährige noch ein Angebot?Das ist eine Frage.Die Sache mit der Privatisierung von Gemeinde-

land fürs Fracking (Erdgassuche) ist ein Riesenpro-blem. Kein Gesetz, mit dessen Hilfe sich dasverhindern lässt. »Man kann und muss die Umwelt-verträglichkeit prüfen lassen. Aber wer kann unssagen, wie die Rechtslage genau ist?« Muss manmitnehmen und weitergeben. In manchen Runden sitzen Bundestagsabgeord-

nete. Raju Sharma hat am Anfang des Tages denBegriff vom »Herzstück der Partei« geprägt unddamit die Kommunalpolitik gemeint. Gemeinsammit Cornelia Möhring und Herbert Behrens hört eran diesem Tag zu, was die Kommunalen zu erzäh-len haben und diskutieren. Am Abend zuvor hatteAxel Trost einen Vortrag zu den finanziellen Rah-menbedingungen für kommunales Handeln gehal-ten. Nicht unbedingt aufbauende, aber wichtigeKost, auch wenn klar ist, ohne gute Ideen nütztauch viel Geld in den Kassen der Kommunennichts. Über Geld wird in all den Gruppen natürlich viel

gesprochen. Aber nicht gejammert. Es geht um dieFrage, wie man aus Wenigem das Meiste und Bestefür die Menschen rausholt.

Am Büfett stehen die Schmetterlinge und lassensich was erzählen. Haben den einen und anderenBeitrag beizusteuern. Und tatsächlich wandern einpaar Leute von Gruppe zu Gruppe, ziehen hier wasfür sich raus, steuern da was bei, sammeln den Blü-tenstaub, tragen ihn weiter. Inzwischen liegen die ersten »Leseexemplare«

aus. Handbeschriebene Blätter – Ideen, Erkennt-nisse, Aha-Sätze und vorläufige Kapitulationserklä-rungen. »Wertvolles Exemplar« sollte man auf diegelben Mappen schreiben. Eine solche Veranstaltung ist nicht irgendwann

fertig. Man kommt zu Erkenntnissen, nimmt Anre-gungen mit, Ideenraub ist ausdrücklich erwünscht.Man vernetzt und verabredet sich. Schickst du mirdas mal? Das schau ich mir an, wollen wir uns da-rüber noch mal unterhalten? Man lässt sich inspi-rieren und motiviert andere. Man hat den Mundaufgemacht, obwohl das eigentlich gar nicht so daseigene Ding ist. Man hat zugehört, obwohl mansonst eher das Wort führt. »Open Space« heißt diese Form des Miteinander-

redens, Erfahrungsaustauschs und der Ideengewin-nung. Das zu Beginn in den Raum gestellt, wäre fürviele zu sperrig oder spinnert gewesen. Aber die

Veranstalterinnen und Veranstalter von der BAGKommunalpolitik haben sich getraut, es so zu ma-chen. Und man sieht ihnen an, wie sehr sie sichfreuen und vielleicht auch überrascht sind, dass esso gut funktioniert. Denn gemacht hat man in der Vergangenheit

schon viel. Aber so was – so was noch nicht.

Kathrin Gerlof

Infos und KontaktBAG Kommunalpolitikwww.die-linke.de/partei/zusammenschluesse/bagkommunalpolitikMail: [email protected]

Trainer*innenkooperative Bildung in Bewegungwww.rosalux.de Mail: [email protected]

Fritz R. Viertel,Vorsitzender Ortsverband Schöneiche

Antje Jansen,Fraktionsvorsitzende DIE LINKE, Lübecker Bürgerschaft

Eggo Habbelt,Bürgermeister Lelkendorf

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AKTIVIERUNGSWAHLKAMPF

DISPUT Sonderausgabe Frühjahr 2013

Wer baute das siebentorige Theben? Inden Büchern stehen die Namen vonKönigen. Haben die Könige die Fels-

brocken herbeigeschleppt?«, schreibt BertoltBrecht in seinem berühmten Gedicht »Frageneines lesenden Arbeiters«. Fragen wir unsselbst: Wer macht den Wahlkampf der LINKEN?Im Fernsehen sieht man unser Spitzenteam.Doch werden die acht alleine DIE LINKE zumErfolg führen?

Wie keine andere Partei setzt DIE LINKE auf dasEngagement ihrer Mitglieder, Sympathisantinnenund Sympathisanten aus Gewerkschaften, Verbän-den und Vereinen. Unsere größte Stärke sind dieMenschen vor Ort, die sich persönlich für unserepolitischen Ziele einsetzen. Auch im bevorstehen-den Bundestagswahlkampf wollen wir beweisen:Wir sind die Partei für diejenigen, die soziale Ge-rechtigkeit, höhere Renten und Löhne, Frieden undDemokratie wollen.Ihr seid alle herzlich eingeladen: Meldet euch

jetzt als Wahlkampfunterstützerin oder Wahl-kampfunterstützer, mischt euch in den Wahlkampfein, macht vor Ort mit und sprecht Freunde und

Bekannte an, ebenfalls aktiv zu werden. WerdetTeil eines großen Netzwerks aus Wahlkampfakti-ven von Aachen bis Cottbus, von Freiburg bis Kiel.Alle Aktiven werden über aktuelle Entwicklungenschnell aus unserem Wahlquartier informiert undkontaktiert, wenn vor Ort Aktivitäten geplant sind.Mit der Meldung bei Linksaktiv 2013 kann jede

und jeder genau sagen, was er oder sie machen will– und was nicht. Möchte die Enkelin gerne beieiner Anti-Nazi-Aktion mitmachen? Würde der Ver-einskollege ein paar Zeitungen mitnehmen undverteilen? Möchte die Genossin, die wenig Zeit hat,aber ihren Nachbarn ein bisschen Infomaterial indie Briefkästen werfen kann, das tun? Alle Hände und Köpfe werden gebraucht – jede

und jeder so, wie er oder sie will. Bereits mehr als 1000 Unterstützerinnen und

Unterstützer haben sich gemeldet und es werdentäglich mehr. Gemeinsam werden wir den Wahl-kampf in die Fläche tragen und im eigenen Kiez,im Betrieb oder im Kleingartenverein das Gesichtder LINKEN sein.

Romana Dietzold

Wahlkampf konkret:

Jetzt melden, dann mitmachen

Wer kann mitmachen?Alle, die Lust und Zeit haben, sich in denWahlkampf einzubringen.

Was kann ich tun?Plakatieren, Zeitungen verteilen, Veran-staltungen mitorganisieren, Infoständemachen, Material in Briefkästen stecken,Flugblätter verteilen, kreative Aktionenmitgestalten, im Online-Wahl kampf aktivsein, selber Vorschläge für Aktionen machen.

Wo kann ich mich melden?Telefonisch: 030 24009-111Per Mail: [email protected]

Formular ausfüllen (liegt dem Heft bei)und per Fax an 030 24009-480 schickenoder per Post an

DIE LINKE WahlquartierKennwort »Linksaktiv 2013«Kleine Alexanderstraße 2810178 Berlin

JETZT MITMACHEN

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3.665.263 Euro. Diese Summe haben die Bundestagsparteien im Jahr2011 allein von den 20 Unternehmen bekommen, die am fleißigstenspenden. Alle Parteien? Nein. Allein DIE LINKE ist leer ausgegangenund hat keinen einzigen Spendeneuro von Unternehmen oder Lobby-verbänden angenommen. Das ist gut so und soll auch künftig so bleiben.

Spenden, die Unternehmen an Parteien zahlen, haben einen vollkommen an-deren Charakter als die Spende einer Privatperson. Bei Privatspenden stehenmeistens selbstlose Motive im Vordergrund; bei Unternehmen ist das völliganders. In der Wirtschaft gilt immer das Prinzip »Keine Leistung ohne Gegen-leistung«. Den Unternehmen kann man das nicht vorwerfen, denn das ist imWirtschaftsleben, wo es nicht um Mildtätigkeit oder Idealismus, sondern umProfit geht, ganz normal. Aber den Parteien muss man es vorwerfen, wenn sieGelder annehmen, die der politischen Landschaftspflege dienen. Welche Land-schaften da eigentlich zum Blühen gebracht werden, kann man sich ausmalen. Ein bekanntes Beispiel ist die Mövenpick-Spende. Wenn die FDP von dem Ho-telbetreiber einen dicken Spendenscheck bekommt und kurz darauf die Mehr-wertsteuer für Hoteliers gesenkt wird, dann liegt die Vermutung nahe, dassPolitik gekauft wurde. Allein der Verband der Bayerischen Metallindustriehat an CSU, SPD, FDP und Grüne im Jahr 2011 mehr als eine halbe MillionEuro gespendet. Was mag sich die Metallindustrie davon versprechen? Waserhofft sich die Deutsche Vermögensberatung AG von ihren Spenden übermehr als 420.000 Euro? Wir wissen es nicht. Dass diese Spendenpraxis zumHimmel stinkt, liegt jedoch auf der Hand. Genau hier sagt DIE LINKE: Halt! Das möchten wir nicht. Spenden von Un-

ternehmen kommen nicht in unsere Kasse. Unsere Politik wird nicht vom Ver-band der Bayerischen Metallindustrie bezahlt, nicht von der DeutschenVermögensberatung und auch nicht von Mövenpick. LINKE Politik wird vonunseren Mitgliedern bezahlt – vielleicht unterscheidet sie sich gerade deshalbvon der Politik der anderen Parteien. DIE LINKE manövriert sich damit sehenden Auges in einen Wettbewerbs-

nachteil gegenüber den anderen Parteien. Wenn wir Plakate drucken, einenParteitag organisieren oder eine Aktion veranstalten, dann können wir nurauf unsere eigenen finanziellen Mittel zurückgreifen. Großspenden und Spon-sorenverträge stehen uns nicht zur Verfügung. Auch nicht in diesem Wahljahr.

Deshalb brauchen wir unsere Mitglieder und Sympathisantinnen und Sym-pathisanten. Um den Wettbewerbsnachteil wenigstens teilweise auszugleichen,haben wir unsere Spendenkampagne gestartet, mit der wir bis zum Wahltag750.000 Euro einnehmen wollen – und zwar nicht in Form von fünf Großspen-den über 150.000 Euro. Wir wollen stattdessen 150 000 Mal fünf Euro von alldenen annehmen, denen unsere politischen Projekte wichtig sind. Immerhin:Bis zum 18. März sind bereits mehr als 170.000 Euro auf dem Spendenkontoder LINKEN eingegangen. Das ist zwar ein guter erster Schritt, weitere müssenaber folgen. Daher die herzliche Bitte: Spendet an eure Partei, sprecht mit Ver-wandten, Bekannten, Kolleginnen und Kollegen darüber, ob sie auch für einePolitik spenden, die unkäuflich, unbestechlich und 100 Prozent sozial ist.

Raju Sharma, Bundesschatzmeister der Partei DIE LINKE

Mit euren Spenden gehört diese Großfläche uns!

DISPUT Sonderausgabe Frühjahr 2013

SPENDENKAMPAGNE

LINKE Politik wird von ihren Mitgliedern bezahlt, nicht von Unternehmen

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* Summe der Parteispenden aus dem DVAG-Umfeld (DVAG, Töchterfirmen Allfinanz und UBG, Unternehmensgründer Reinfried Pohl, Bundesverband Deutscher Vermögensberater) Quelle: Rechenschaftsberichte der Parteien 2011/bundestag.de

Parteispenden

Die 20 größten Parteispender 2011 CDU CSU FDP SPD Grüne GESAMT Bayer. Metallindustrie 371.310 80.000 35.000 35.000 521.310 Daimler 150.000 45.000 45.000 150.000 45.000 435.000 DVAG* 301.500 70.000 50.000 421.500 BMW 57.048 141.750 59.024 109.472 42.654 409.948 Allianz 50.001 50.001 50.001 50.001 50.001 250.005 VerbandChem. Industrie 110.000 72.000 60.000 20.000 262.000 Südwestmetall 105.000 20.000 60.000 60.000 245.000 Berenberg Bank 180.000 25.000 20.000 225.000 Evonik 35.000 15.000 35.000 45.000 130.000 Metall NRW 75.000 30.000 20.000 125.000 IBC Solar 20.000 47.000 20.000 20.000 107.000 ERGO 15.000 15.000 15.000 15.000 15.000 75.000 Münchener Rück 15.000 15.000 15.000 15.000 15.000 75.000 Dr. Oetker 60.000 11.000 71.000 Bosch AG 40.000 25.000 65.000 Reutax 50.500 50.500 EADS 20.000 30.000 50.000 Porsche 50.000 50.000 Erck Rickmers GmbH 49.000 49.000 Gauselmann 12.000 12.000 12.000 12.000 48.000 GESAMT 1.295.549 712.061 603.525 751.473 302.655 3.665.263

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Wie viele Mitglieder hat euer Landesverband?Peter: Aktuell beträgt die Mitgliederzahl 2338,davon üben etwa 300 eine ehrenamtliche Funk-tion innerhalb der Partei aus.

Holger: Ende 2012 hatten wir in Thüringen 5638 Mitglieder.

Wie wichtig sind Spendengelder für euch?Peter: Mitgliedsbeiträge und Spenden sind diewichtigste Einnahmequelle. Damit erhalten wiruns unsere Unabhängigkeit und politische Glaub-würdigkeit. Spendengelder helfen, die organisato-rische und politische Handlungsfähigkeit derPartei sicherzustellen. Wir nehmen keine Groß-spenden von Konzernen, Banken, Versicherungenund Lobbyisten und dabei soll es auch bleiben.

Holger: Ja, dabei wird es bleiben und das ist fürunsere Glaubwürdigkeit absolut wichtig. Da un-sere Mitgliederzahl altersbedingt rückläufig ist,sinkt unsere wichtigste Einnahmequelle – dieMitgliedsbeiträge. Natürlich geben wir uns damitnicht zufrieden, aber diese Entwicklung zwingtuns, um mehr Spenden zu werben.

Wer spendet?Peter: In erster Linie unsere Mitglieder, aberauch Sympathisantinnen und Sympathisanten.Zumindest in unserem Landesverband sind dasSpenden ausschließlich von Einzelpersonen,denen ich herzlich danken möchte. Sie helfen uns sehr.

Holger: Fast 500.000 Euro wurden uns im ver-gangenen Jahr gespendet. Das ist ein Drittel unse-rer Gesamteinnahmen. Einen großartigen Beitragleisteten dazu vor allem unsere 26 Landtagsabge-ordneten mit 180.000 Euro! Keine Spende ist zuklein: Wir erhielten 9000 Einzelspenden von4000 Spenderinnen und Spendern – im Einzelfallvon 30 Cent bis hin zu 9.999 Euro. Auf alle un-sere Spenderinnen und Spender sind wir mächtigstolz und danken ihnen sehr.

Was macht ihr mit den Spendengeldern?Peter: Durch Spendengelder ist es möglich, Projekte und Kampagnen zu finanzieren, die un-sere Partei sonst nicht oder nicht in diesem Maßeleisten könnte. Gerade im Wahlkampf sind Spen-den ein wichtiger Beitrag zur Gesamtfinanzie-rung. Damit werden zum Beispiel Großflächenfinanziert.

Holger: Ein Teil davon fließt natürlich in unserepolitische Arbeit, für Projekte, Veranstaltungen,

Bildung. Zweckgebundene Spenden werden ent- spre chend gekennzeichnet und verauslagt. Dasbetrifft übrigens nicht nur Wahlen, sondern auchwichtige Vorhaben und Höhepunkte in den Kreis-verbänden.Unsere Landes-Arbeitsgemeinschaft »Cuba sí«

sammelte von 1997 bis 2012 insgesamt 109.304Euro Spenden, die wir bis zum letzten Centzweckgebunden ausgeben. Das ist nachweisbar.Spendenprojekte, aber auch regelmäßige Spen-den wie die unserer Volksvertreterinnen undVolksvertreter werden öffentlich ausgewertetund – soweit das Einverständnis vorliegt – auchmit namentlicher Würdigung.

Peter: Über die Verwendung eingenommenerSpenden gibt die Partei jederzeit Auskunft. ErsteAnsprechpartner sind die Schatzmeisterinnenund Schatzmeister der einzelnen Gliederungender Partei. Außerdem gibt es jährlich einen Re-chenschaftsbericht. Die meisten Spenden kom-men im Rahmen konkreter Aktionen, wie jetztzum Beispiel zur Finanzierung der Wahlkämpfe.Da können die der Spender innen und Spendersicher sein, dass ihr Geld auch genau dafür ein -gesetzt wird. Bei Spenden an Kreisverbändeschlagen die Gebenden oft einen konkreten Ver-wendungszweck vor. Wir informieren in Mitglie-derversammlungen und auf Landesparteitagen,auf unserer Homepage oder direkt an die Spende-rin, den Spender, wofür das Geld ausgegebenwird.

Was wollt ihr konkret im kommenden Bundes-tagswahlkampf mit Spendengeldern machen?Peter: Die Spenden fließen in den allgemeinenWahlkampftopf, aus dem alle Ausgaben finan-ziert werden.

Holger: Gegenwärtig nehmen wir teil an derSpendenaktion für die Bundestagswahl der Ge-samtpartei. Schließlich wird der weitaus größteAufwand für die Wahl vom Bundeswahlbürogetragen. Einen Teil des Erlöses erhal-ten die Landesverbände. Wir haben im April eine

Telefonaktion gestartet, ummit Tausenden unserer Mitglie-der zu sprechen – über ihreVorstellungen und Kritiken,über ihre Möglichkeiten undFormen, sich in die Partei einzu-bringen. Ein Punkt wird dabeiselbstverständlich auch ihr fi-nanzielles Engagement für diePartei sein.

Wenn ein Mitglied euch fragt: Warum soll ichneben meinem Parteibeitrag noch für euchspenden? Was antwortet ihr dann?Peter:Wir sind zunächst dankbar über jedenEuro, den wir als Mitgliedsbeiträge einnehmen.Diese helfen der Partei, ihre laufenden Kostenim Rahmen des politischen Alltagsgeschäfts zudecken. Gerade Wahlkämpfe gehen jedoch an die finanzielle Substanz der Partei, da sie sehr kosten-intensiv sind. Deshalb sind wir als Partei auf zu-sätzliche Einnahmen in Form von Spendenangewiesen. Mit der Spende drückst du deine Verbundenheit mit der Partei aus und unter-stützt die Partei gezielt und unmittelbar. AndereParteien bekommen regelmäßig Großspenden. Wir nicht, deshalb bauen wir auch auf dich.

Holger: Ich könnte sagen: Du musst das nicht tun– du kannst deinen Beitrag auch gern und dauer-haft erhöhen. Unsere Beitragsordnung beinhaltetMINDEST-Beitragssätze.Aber im Ernst: Die Anforderungen und Erwar-

tungen an linke Politik in dieser Gesellschaft sindrasant gestiegen. Gesunken ist aber unsere Mit -gliederzahl. Wir müssen also mit weniger Mitglie-dern mehr politische Arbeit machen. Um nachhal-tig an der Willensbildung des Volkes mitzuwirken,müssen wir vor Ort mit Aktionen, Veranstaltun-gen, Beratungsangeboten, qualifiziertem Personalund Stützpunkten und effektiver Kommunikationerlebbar sein. Erst dann finden mehr Menschenden Weg in unsere Partei, auf unsere Wahllistenund zur Entscheidung, uns zu wählen.All das kostet Geld, richtig viel Geld. Da reicht

der Parteibeitrag allein nicht aus. Alle anderenParteien lassen sich gern mit Großspenden kau-fen. Das ist nicht unser Weg.

Die Fragen stellte Kathrin Gerlof

DISPUT Sonderausgabe Frühjahr 2013

SPENDENKAMPAGNE

Hilfreich und lebenswichtigZwei LINKE Landesschatzmeister zum Thema Spenden: Peter Vetter aus Hessen und Holger Hänsgen aus Thüringen

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Wahl Kampf Talente

DISPUT Sonderausgabe Frühjahr 2013

TITELTHEMA

Sozial und gerecht –wir sind das OriginalVON XXXXXXXXXXXXXXXXX

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Sie sind überall im Land zu finden: engagierte Basismitglieder, mutige Kan didatinnen, fantasievolle Guerilla-kämpferinnen und -kämpfer, alte Hasen,junge Waghalsige. DIE LINKE kann auf ihre Mitglieder bauen.In Wahlkampfzeiten sind sie die Basis fürden Erfolg. »die linke!« stellt ein paar vonihnen vor – stellvertretend für Tausende,die in den kommenden Monaten für denEinzug der Partei DIE LINKE in den Bundestag kämpfen werden.

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DISPUT Sonderausgabe Frühjahr 2013

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Alles begann mit einem Brief. Günther Bruns, Vor-sitzender der Basisorganisation Lüdersdorf/Schön-berg, hatte ihn im Juni 2012 an die geradegewählten Parteivorsitzenden Katja Kipping undBernd Riexinger geschrieben. Er gratulierte denbeiden und schrieb: »Wer ist DIE LINKE? Solltet Ihrsagen: Wir sind die wichtigsten LINKEN, dannsagen wir: Ihr irrt! Wir vor Ort sind die wichtigstenLINKEN. Jedenfalls genauso wichtig wie Ihr imBund. Wir sind rund zwei Dutzend linke, enga-gierte Bürger des Kreises Nordwestmecklenburg.Wir bewohnen ein Gebiet an der Stadtgrenze zu Lü-beck. Wir sind Menschen aus Ost und West. Wirhaben in einem langen Prozess zueinandergefun-den und arbeiten gut zusammen. Wir standen auchbei Wind und Regen an unseren Infoständen, sam-melten Unterschriften für die Einführung einesMindestlohns, für die Erhaltung des SchwerinerTheaters, für kostenlosen Schülertransport, gegenHartz IV und gegen den Einsatz deutscher Soldatenim Ausland.« Dann hat Günther Bruns die Parteivorsitzenden

nach Nordwestmecklenburg eingeladen. Zwei Mo-

nate später saß Katja Kipping in der Schönberger»Piratenklause«.Günther Bruns erinnert sich noch gut. Eigentlich

hatte er überhaupt nicht mit einer Reaktion auf sei-nen Brief gerechnet. Dann aber erreichte ihn an sei-nem Urlaubsort Riga der Anruf seines FreundesHelge, der sagte: »Hier stehen alle Kopf, die Partei-vorsitzende kommt nach Schönberg.« Seit Katja Kippings Besuch ist der Kontakt zwi-

schen den Ost- und den West-LINKEN noch inten-siver geworden. Noch in der »Piratenklause« wurdevereinbart, die Kooperation zwischen den Ortsver-einen auf die Kommunalfraktionen der LINKENauszudehnen. Gesagt, getan. Zweimal besuchten sich inzwischen auch Mit-

glieder der Lübecker BürgerschaftsfraktionDIE LINKE und der Linksfraktion im Kreistag vonNordwestmecklenburg (NWM) zum Erfahrungsaus-tausch. Jetzt gibt es konkrete Projekte, zum Beispielim Kampf gegen Nazis. Vor Kurzem haben die Ge-nossinnen und Genossen diesseits und jenseits derTrave einen gemeinsam erarbeiteten Antrag füreine bessere Bahnverbindung zwischen Schwerin

und Lübeck in ihre jeweiligen Kommunalparla-mente eingebracht.Wie aber haben die Nordwestmecklenburger

und die Lübecker überhaupt zueinandergefunden? Als die Basisorganisation Lüdersdorf/Schönberg

im Wahlkampf vor fünf Jahren dringend Unterstüt-zung benötigte, war Günther Bruns etwas ganz Na-heliegendes eingefallen. Lübeck ist neun Kilometerentfernt, Wismar 50. Die Lübecker haben vor allemin den Außendörfern Wahlwerbung verteilt, dieNordwestmecklenburger dafür in Lübeck plaka-tiert.Günther Bruns ist dafür bekannt, dass er Men-

schen beherzt anspricht. Nicht nur die Parteivor-sitzenden. Als ein Kandidat für die Kommunalwahlgesucht wurde, hat er einfach seinen SkatkumpelReinhard gefragt, ob der für DIE LINKE kandidie-ren würde. Der sagte zu. Eine halbe Stunde späterwar der SPD-Vorsitzende bei ihm. Zu spät.

Tatjana Behrend

Immer dabei, wenn es um soziale Gerechtigkeit geht: Die Mitglieder der BO Lüdersdorf/Schönberg kämpfen gemeinsam mit anderen für eine bessere Welt

Foto: Günther Bruns

Die Grenzüberschreiter

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Die Fraktionsvorsitzende der LINKEN Bürgerschaftsfraktion in Ham-burg, Dora Heyenn, setzt auf engagierten Wahlkampf an der Haustürund möchte damit vor allem jene Menschen erreichen, die mit der Po-litik abgeschlossen haben.

»Wenn die Wähler nicht zu uns kommen, müssen wir zu den Wählern gehen«,sagt Dora Heyenn und nimmt entschlossen das kleine rote Tütchen mit derAufschrift »Wählen gehen« in die Hand. Mit einem ganzen Schwung solcherTütchen hatte sie sich vor der letzten Bürgerschaftswahl 2011 in Hamburg inihrem Wahlbezirk auf den Weg durch eine Rahlstedter Hochhaussiedlung ge-macht und 2000 Klingelknöpfe gedrückt. Mit Erfolg: DIE LINKE schaffte zumzweiten Mal den Einzug in die Hamburgische Bürgerschaft, mit Dora Heyennan der Spitze. Dennoch hält die 64-Jährige nichts davon, nur in den Kreisen einer »Politi-

kerkaste« zu verkehren. Für sie bleibt es wichtig, den Bezug zum realen Lebenzu behalten. So übt sie ihren Beruf als Lehrerin weiterhin in Teilzeit aus.An ihrer Schule in Tonndorf bekommt sie ungefiltert mit, wie der Schulalltagaussieht und wie Reformen – wie die Einführung der sechsjährigen Primar - schule – konkret umgesetzt werden. Als Lehrerin ist Dora genau richtig fürdie Mitarbeit im Schulausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft. Dort hatsie die Einführung der Primarschule in Hamburg unterstützt, doch reicht ihrdies nicht aus. Sie will weiterhin für das Ziel »eine Schule für alle« kämpfen.Bei all ihren politischen Kämpfen, wie bei den Volksinitiativen »Unser Ham-

burg – unser Netz«, und »Eine Schule für alle« zieht es sie zu den Menschen –auf die Straße und an die Haustüren. Bei solchem Engagement ist es kaum zuglauben, dass sie in Zeiten der Agenda 2010 nichts mehr mit Politik zu tunhaben wollte. Nachdem Oskar Lafontaine die SPD verlassen hatte, hielt auch sie, die für

die SPD im Kieler Landtag gesessen hatte, nichts mehr bei den Sozialdemo-kraten. Doch immer wieder wurde Dora im Schulalltag mit den Folgen derAgenda-Politik samt ihren Hartz-Gesetzen konfrontiert. Es kam zum Beispielimmer öfter vor, dass Schüler kein Geld für Ausflüge oder Klassenreisen hat-ten. Auf dem Heimweg ging Dora oft an Menschen vorbei, die im Abfall nachPfandflaschen wühlten. »Da habe ich mir gesagt, so kann das nicht weiterge-hen, dagegen muss man was tun.« Dora Heyenn schloss sich der WASG (Wahl -alternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit) an und wurde Gründungs-

mitglied der LINKEN in Hamburg. Schon bald folgten die ersten Wahlen, andenen die neue LINKE in Hamburg teilnahm, und sie kandidierte für die Bür-gerschaft. Bei ihren Wahlkämpfen setzte sie von Anfang an auf den Haustürwahl-

kampf. Mit Erfolg, denn bei der Auswertung der Stimmen der Bewohnerinnenund Bewohner jener Häuser, die sie besucht hatte, wurde ein leichter Stim-menzuwachs für DIE LINKE gezählt. Dabei ist es gar nicht so einfach, Men-schen zu erreichen, die sich nicht nur vor der Politik verschließen, sondernvor dem Leben allgemein: »Ich habe vor Wohnungen gestanden, die mit dreiSchlössern verriegelt waren, das sagt doch viel aus«, erzählt die engagierte Po-litikerin. Beim Haustürwahlkampf möchte sie erreichen, dass gerade Nicht-wählerinnen und Nichtwähler zur Wahl gehen und am besten DIE LINKEwählen. Diejenigen, die sie an der Tür antraf, etwa jeden Dritten, reagiertenin den meisten Fällen positiv auf ihren Besuch. Dora erläuterte den Menschenkurz ihre linken Kernforderungen: soziale Gerechtigkeit, Steuergerechtigkeitund Bildungsgerechtigkeit. »Bloß keine Papierflut und keine Grundsatzdebat-ten« lautet ihr Patentrezept. In den Hochhaussiedlungen traf Dora auch immer wieder Menschen an, die

resigniert waren und Aussagen trafen wie: »Ich interessiere mich nicht für Po-litik.« Darauf hatte sie eine passende Antwort: »Aber die Politik interessiertsich für Sie und ob Ihnen das dann immer so passt?« Dora Heyenn möchte ver-mitteln, was es heißt, wenn Menschen ihr Wahlrecht nicht wahrnehmen: »Dabestimmt dann nur ein kleiner Bevölkerungsteil den Verlauf der Politik«, gibtDora zu bedenken. So wie bei der Abstimmung zu »Eine Schule für alle«. Daranbeteiligten sich hauptsächlich jene Schichten, die das Gymnasium behaltenwollen. Diejenigen, die von einem anderen Bildungssystem profitieren wür-den, haben oft nicht abgestimmt und müssen nun mit dem Ergebnis leben. Damit es bei der nächsten Bundestagswahl zu einer hohen Wahlbeteiligung

kommt, wird Dora Heyenn im Sommer wieder durch Hamburger Hochhaus-siedlungen ziehen. Sie hofft, dass viele Genossinnen und Genossen mitmachenund Ideen einbringen. Wie zum Beispiel das kleine Geschenk, das sie beimletzten Mal in ihren Tütchen hatte: rotes, scharfes Chiligewürz. Wenn sie damitan der Tür steht und sagt: »Bringen Sie die Würze in die Politik zurück«, istdas schon die halbe Miete.

Sandra Clemens

Foto: André Lenthe

Die Bodenständige

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21DISPUT Sonderausgabe Frühjahr 2013

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Er behauptet, hin und wieder auch ruhige Stundenzu haben, obwohl man das angesichts seines Ar-beitspensums gar nicht recht glauben kann. Der imbrandenburgischen Peitz lebende Lothar Hoffmann– von allen Hoffi genannt – organisiert Friedens-feste, Solidaritätsaktionen für streikende Beleg-schaften, Grenztouren von deutschen undpolnischen Abgeordneten, Antirassismuskonferen-zen, Proteste vor Arbeits- oder Wehrkreisersatzäm-tern, Veranstaltungen gegen das Schleifen vonDenkmälern. Maßgeblich mitverantwortlich ist erfür das »Internationale Integrationsfestival«, das be-hinderte Kinder und Jugendliche aus Polen undDeutschland alljährlich zum musikalischen Aus-tausch zusammenführt. Die »Europakinder« sindsein ganzer Stolz, ein früherer Teilnehmer ist heutesogar ein großer Star am berühmten Opernhaus inSydney. In unserer Partei hat sich Hoffi als Wahlkämpfer

der ersten Stunde einen Namen gemacht. Seine Er-fahrungen und sein logistisches Geschick sind inOst und West gefragt. Insgesamt achtmal ist er inzwischen von seinem

Landesverband Brandenburg jeweils zwischeneinem viertel und einem halben Jahr freigestelltworden, um westliche Landesverbände im Wahl-kampf zu unterstützen. Sein Spezialgebiet sind öf-fentlichkeitswirksame Aktionen. Viele davon gehenauf Ideen seines Freundes André Brie zurück. Die

spektakulärste vor zwei Jahren in Stralsund.80 Meter über dem Meeresspiegel und 40 Meterüber der Straße befestigte Hoffi gemeinsam mit an-deren Waghalsigen bei neblig-trübem Wetter mor-gens um vier auf der Rügendammbrücke ein198 Quadratmeter großes Riesenposter mit demSpruch: »Ihnen einen schönen Urlaub, der Kellnerineinen guten Lohn.« Ein ähnlich kühnes Unterfangen war es,

hoch oben am Brandenburger Tor in Berlinein Transparent anzubringen, auf dem stand:»Auch die Grenze zwischen oben und untenmuss weg.« Hoffi und seine Mitstreiter hat-ten allerdings nicht damit gerechnet, dassschon das noch zusammengerollte Spruch-band die Aufmerksamkeit einiger zivilerWachschützer erregen würde. Die vereitel-ten den ursprünglichen Plan, aber einervon ihnen raunte Hoffi zu: »Kommt liebermorgens um sechs, dann ist Wachwechsel.« Eine Woche später klappte die Aktion.

Tatjana Behrend

Foto: Thorsten Zopf

Gregor Gysi hat sich ein schönes Fleckchen Erde alsDirektwahlkreis gesichert: Treptow-Köpenick ist dergrößte, wasserreichste und grünste Stadtbezirk vonBerlin. Damit die vergleichsweise wenigen Einwoh-nerinnen und Einwohner und die Unmengen anTouristen gut von A nach B und zum Ziel kommen,hat der Bezirk zum Beispiel ein gut ausgebautesRadwegenetz. Hier setzt die Idee der Genossinnenund Genossen aus dem Ortsteil Oberschöneweidean: Für Gregor wird kräftig in die Pedale getreten. Über ein Tauschgeschäft rettete ein Genosse

einen alten Lastendrahtesel vor dem Schrottplatz.Über den Winter im Keller verborgen, naht für dasLastenfahrrad aus den 60er-Jahren nun der zweiteFrühling: rotlackiert und aufgehübscht als Wahl-kampfmobil für Gregor Gysi. Bis zum Sommer wollen Genossinnen und Genos-

sen dem Rad mit Drahtbürste, Schleifpapier, Lackund Geschick auf den Rahmen rücken – mit vielLiebe und wenig Geld. Im Wahlkampf werden dannBesitzer kräftiger Waden gesucht, die kreuz undquer durch den Wahlkreis für Gregor und ein tollesErgebnis der LINKEN in die Pedale treten.

Daniel Bartsch

Der Tausendsassa

Die Abgefahrenen

Foto: privat

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Die Verant- wortungsvolleWer bist du?Daniela Zumpf. Aufgewachsen in einer Arbeiterfamilie in Duisburg,28 Jahre alt und ledig. Ich habe Philosophie und klassische Philo-logie studiert und als Master of Education abgeschlossen. Früherhieß es Lehramtsstudium. Als Vertretungslehrerin unterrichte ichPhilosophie und Latein und arbeite an meiner Dissertation überdie Gerechtigkeitstheorien von Axel Honneth und Alan Gewirth.

In welchem Wahlkreis trittst du an?Schwierig! Es gibt zwei Wahlkreise in Duisburg und fünf Duisbur-ger/-innen auf der NRW-Landesliste, deshalb habe ich keinen.

Weshalb für DIE LINKE?Soziale Gerechtigkeit und Frieden halte ich für die wichtigsten po-litischen Ziele, deshalb ist DIE LINKE meine Partei.

Warum in den Bundestag?In der Kommunalpolitik stößt man schnell an Grenzen, wenn manmitgestalten und verändern will. Die Weichen werden oft auf Bun-desebene gestellt.

Für welche Themen brennst du?Bildungspolitik, insbesondere Hochschulpolitik, und Wissen-schaftspolitik.

Was willst du bewegen?Es darf keine Zwei-Klassen-Universitätslandschaft geben. Univer-sitäten dürfen nicht wie Unternehmen geführt, Lehre und For-schung sollten keinen privatwirtschaftlichen Interessen unter-worfen werden, denn Bildung ist keine Ware. Wir brauchen eineSchule für alle und die inklusive Gesamthochschule bundesweit,denn das hat Zukunft.

Und was tätest du als Erstes, wenn du im Bundestag wärest?Als Erstes möchte ich eine stärkere Förderung von U3-Kita-Plätzen durch den Bund erreichen.

Deine Stärken?Ich bin verantwortungsbewusst und kann mich gut auf die unter-schiedlichsten Menschen und Situationen einstellen und einlassen.

Es fragte Marion Heinrich

Der CooleStefan Semm ist Baujahr 86, lebt und arbeitet in Berlin. Seit 2010 ist er Mitgliedbei der LINKEN, um mit seinen Möglichkeiten die Welt ein bisschen besser zumachen. Spaß muss im Wahlkampf unbedingt dabei sein – und lustige Leutebraucht es. Wer mit Freude und Freunden selbst die Dinge in die Hand nimmt,hat Spaß und bewegt auch was! Uns hat er erzählt, was ihn dabei motiviert:»Im letzten Wahlkampf war ich ziemlich aktiv. Ich habe mitgemacht, weil ich

das für eine spannende Sache hielt. Es war ja auch spannend! Ich war schonimmer politikinteressiert und wollte mich mit anderen Leuten austauschen.DIE LINKE ist einfach die Partei, mit der ich die meisten Schnittstellen habe,weil ich sehr viele Ungerechtigkeiten sehe und einfach für eine gerechte Politikeintreten will. Im Berliner Wahlkampf 2011 hatten wir uns als BO ganz groß das Plakatieren

auf die Fahnen geschrieben und haben da mehrere Großaktionen gemacht undauch noch Infostände, ganz unterschiedliche Sachen halt. Sprühkreide im48-Stunden-Wahlkampf war auch eine sehr spannende Sache! Da haben wir mit›DIE LINKE wählen!‹ ganz Hohenschönhausen verziert. Das war sehr gut undhat viel Spaß gemacht, weil das damals ja auch eine nicht ganz legale Sachewar. Das war schon cool! Außerdem fand ich das Gemeinschaftsgefühl toll, mitden anderen etwas zusammen zu machen. Das ist ja nicht alltäglich und hatauch die BO zusammengeschweißt. Jedem hat das Spaß gemacht. Das war echteine tolle Sache in schöner Atmosphäre. Obwohl wir auch manchmal ange-macht wurden, weil wir DIE LINKE geklebt haben. Dann haben wir mit denLeuten gesprochen und versucht, ihnen unsere Ansichten näherzubringen. Ichhoffe, dass ich den einen oder anderen zum Nachdenken bringen konnte. Eine besonders interessante und für mich ganz neue Erfahrung waren auch

die Gespräche mit Genossinnen und Genossen, die zum Teil viel älter waren alsich. Mit denen hat man ja sonst kaum Berührungspunkte. Aber wenn mangemeinsam Fähnchen an Rosen klebt, lernt man sich erst mal kennen undschätzen. Im nächsten Wahlkampf bin ich bestimmt wieder mit dabei, wenn wir tolle

Aktionen machen: bei Wettkämpfen wie Drachenbootrennen oder Fußballtur-nieren, beim Plakatieren und im 48-Stunden-Wahlkampf sowieso.«

Antje Kind

Foto: privat

Foto: privat

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Wer sich zusammen mit seiner Frau und seinemSohn im November 2008 auf einer Veranstaltungdes Bremer Friedensforums in die Unterstützerlisteeines Solidaritätsbasars eingetragen hat, der weiß,wo er hingehört. Das Forum, 1983 in den Auseinan-dersetzungen um den sogenannten Nachrüstungs-beschluss der NATO gegründet, existiert immernoch. Und der seinerzeitige Unterzeichner, BerndBrejla, ist weiterhin für DIE LINKE in dem BremerStadtteil Gröpelingen unterwegs, von dem es heißt,dass es hier zu viele Ausländer, zu viele Kinder undnoch dazu zu viel Kriminalität gebe. Das sagen dieeinen. Die anderen, die hier leben, sind froh, gemeinsam

mit Ausländern zu leben, und halten ihren Stadtteilfür den jüngsten und deshalb auch aufregendstender ganzen Stadt überhaupt. Wer hier wohnt, derbraucht die feinen Ecken der Hansestadt nicht.Denn all das, was man braucht, findet sich auchhier: Einzelhändler (nicht deutsch) und Super-märkte (sehr deutsch), der Pizzaservice firmiertunter »Flying Pizza« und das Fitnesszentrum kommtdonnernd daher als »Kingdom of Sports«.Bernd Brejla ist nicht jemand, dessen Familien-

geschichte schon immer mit Bremen-Gröpelingenverbunden war. Geboren ist er 1951 in Altenau, am

Westrand des Harzes. Sein Großvater war als Arbeitsuchender Bergmann aus dem seinerzeitigen Böh-men, dem heutigen Tschechien, nach Deutschlandausgewandert. 1961 sind seine Eltern mit ihrem Sohn erst nach

Hamburg, dann nach Bremen gezogen. In Hamburgarbeitete sein Vater als Schlosser auf einer Werftund als die Pleite ging, gab es Arbeit in Bremen. Un-terkunft fand sich dort erst in einer Parzelle undspäter in einem Kaisenhaus, jenen nach WilhelmKaisen, Bürgermeister in Bremen nach dem Krieg,benannten festen Häusern in Kleingartensiedlun-gen, in denen viele Kommunisten lebten, denen al-lerdings, nach dem KPD-Verbot von 1956 die Parteiabhandengekommen war. Rot ist der Stadtteil Gröpelingen immer noch. Mit

knapp 20 Prozent der Stimmen für DIE LINKE beiden Bundestagswahlen 2009 ist sie hinter der SPDdie zweitstärkste Kraft.1968 gründete sich die DKP. Drei Jahre später

war Bernd Brejla Mitglied. Das blieb er, der gelernteSchlosser, bis 1989. Dann trat er aus, machte aberbei Wahlen sein Kreuz immer hinter der PDS undentschied sich schließlich 2007, nach der Fusion derPDS mit der WASG, der Partei DIE LINKE beizu -treten.

Hier, auf der untersten politischen Ebene, wojede und jeder alles machen muss, wo nichts mehrdelegiert werden kann, agiert und agitiert BerndBrejla, von dem Wunsch getragen, seinem Quartierdienen zu wollen, wo immer es ihm möglich ist.Ganz gleich, was zu tun ist. Er bringt das Infoblatt »Die rote Lupe« an den

Mann und an die Frau, schenkt allein den Frauenrote Rosen zum Frauentag und erregt sich über dieplötzliche Schließung eines Therapie- und Gesund-heitsbades aus vermeintlich finanziellen Gründen.Dies zeige, »wo die Prioritäten der rot-grünen Koali-tion liegen. Überall, nur nicht in den bedürftigenStadtteilen des Bremer Westens.« Aber er belässt esnicht bei der Erregung: »Es ist die politische Auf-gabe, solch ein Angebot für einen in jeder Hinsichtbenachteiligten Stadtteil zu erhalten.« Da kommenihm und den vielen anderen Roten die Bundestags-wahlen gerade zur rechten Zeit. Rot-Grün hat ihnenden Hahn abgedreht, sie werden denen das Wasserabgraben. Schließlich sei DIE LINKE eine eigenstän-dige politische Kraft, sagt er. Nicht Teil eines einge-bildeten rot-rot-grünen Lagers.

Lucie Horn

Foto: Lucie Horn

Der Ausdauernde

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Vor fast genau drei Jahren gründete Wiete Fehnergemeinsam mit anderen in Oldenburg eine Basis-gruppe der Linksjugend ['solid]. Da war sie gerademal 16. Inzwischen ist sie Mitglied im Bundesspre-cher*innenrat. In ihrer Familie wurde nicht viel über Politik ge-

redet, im Freundeskreis eher auch nicht, aber dannkamen andere Freunde dazu und die sagten: Kommmal vorbei, wir sind von ['solid]. Da ist Wiete Fehnerdann hin und es hat Spaß gemacht und war span-nend, über Politik zu diskutieren und selber etwaszu tun. Zum Beispiel bei einer Jobmesse ein großesTransparent, auf dem »Kein Werben fürs Sterben«steht, mithilfe von Heliumballons in die Luft zu schi-cken. Einer von den Polizisten, die gekommenwaren, diesen Protest gegen die Bundeswehr undihre Nachwuchsrekrutierung zu unterbinden, be-merkte, es wäre jetzt eigentlich lustig, wenn dieBundeswehr die Ballons und das Transparent vomHimmel schießen würde. Aktionen wie diese gefal-len Wiete Fehner. Sie schaffen Aufmerksamkeit, stö-ren, wecken Interesse, bringen Denkprozesse in

Gang. Als ['solid] in Bremen bei einer Berufsmesseeinen Flashmob vor dem Stand der Bundeswehr or-ganisierte, lag die Abiturientin, die bis zu Beginndes Studiums in einem Saftladen jobbt, mit anderenauf dem Boden. Tot sozusagen. »Die Bundeswehrgeht über Leichen ... Du auch?« Ja, solche Aktionen mobilisieren. Und genau das

will Wiete Fehner auch im Wahlkampf tun. Mobili-sieren, mitreißen, fantasievolle Aktionen machen.Eine bundesweite Wahlkampf-AG ist bereits gegrün-det. Die entwickelt Ideen für Aktionen und Kampa-gnen. Und damit alle, die es wollen, mit denAnregungen arbeiten können, werden die Aktions-ideen in einen Reader gepackt – nachmachen aus-drücklich erwünscht. »Wir planen total viel undlauter tolle Sachen, die man selber probieren kann.Andere mitzureißen, zu mobilisieren, zu begeistern,das mag ich«, sagt Wiete Fehner. Was ihr dabei helfe,seien Offenheit in politischen Diskussionen und dieFähigkeit, auf andere zugehen zu können.

Kathrin Gerlof

Ermutigen»Andere mitreißen, mobilisieren, begeistern – das mag ich.«

Wiete Fehner

Foto: privat

Die Mobilisierende

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Die Generationen der Firschings in Schweinfurt rei-chen bis ins 18. Jahrhundert zurück und es gäbespannende Geschichten zu erzählen. Frank Fir-schings Urgroßvater zum Beispiel war Tierwärter imZoo, dessen Sohn wurde Bankdirektor. Frank Fir-schings Mutter stammt aus einem sozialdemokrati-schen Haushalt und so kam es, dass 2008 sowohl sieals auch ihr Sohn im Schweinfurter Stadtrat saßen.Sie für die SPD, er für DIE LINKE. Einfach war dasnicht, schließlich war auch Frank Firsching einst zuden Sozialdemokraten gegangen, um sie dann, ihrerunsozialen Agenda-2010-Politik wegen, zu verlassen. Frank Firsching (links im Bild) ist mit Herzblut

LINKER und Gewerkschafter. Das passe schon gutzusammen, sagt er und lacht. »Für Bayerns LINKEsind wir hier in Schweinfurt eine ungewöhnliche Er-scheinung – ein richtiger Gewerkschaftsladen.« Viersitzen für DIE LINKE in der Stadtratsfraktion. Haupt-beruflich ist der IG-Metaller Firsching DGB-Regions-vorsitzender. Der 49-Jährige kann auf eine ganzeReihe erfolgreiche Arbeitskämpfe zurückblicken.2004 zum Beispiel gelang es der IG Metall, denSchaeffler-Standort Eltmann zu sichern, und 2010

wurde erfolgreich gegen den Kahlschlag bei Siemensin Bad Neustadt gekämpft. Im gleichen Jahr wurdeein breites gesellschaftliches Bündnis gegen rechtsgeschmiedet. 16 000 Menschen gingen am 1. Mai aufdie Straße, um für ein demokratisches, antirassisti-sches Miteinander zu demonstrieren.»Einen guten Wahlkampf hinzulegen ist Ehrensa-

che«, sagt Firsching. »Wir starten mit einem Sommer-fest im Stadtteil Bergl, da haben wir bei den letztenBundestagswahlen 15 Prozent geholt.«Rund 25 000 Briefkästen gibt es in Schweinfurt

und DIE LINKEN wollen es schaffen, in jeden min-destens einmal ein »ordentliches Material« zu ste-cken. Dafür braucht man Leute. Wie auch zumAufhängen von Plakaten – da sei er, wenn die Zeit eshergibt, natürlich mit dabei, sagt Firsching. Das alles braucht eine gute Organisation. Und so

gibt es das A-Team, das plant und Aktionen wie Pla-kate kleben und Material verteilen organisiert. Unddas Z-Team kümmert sich um redaktionelle Sachen.Klingt nach einem guten Plan.

Kathrin Gerlof

Die drei Buchstaben sind eine Kunstschöpfung. DiG – spricht man das »g« hart, wird aus der Kunst-schöpfung ein Wort. DiG wurde 1996 von Volker Ludwig gegründet, 1998 um einen Verlag erweitert,kurze Zeit später gab es Erstkontakt mit der PDS. Die brauchte eine neue Website und DiG machteseine Sache gut. »Damals«, sagt Ludwig, »hatte TRIALON schon Maßstäbe gesetzt, mit richtig gutenKampagnen. Für eine Partei, der es nicht einfach gemacht wurde.« Seit 2001 macht der 1968 inKarl-Marx-Stadt (heute Chemnitz) geborene Ludwig bei den richtig guten Kampagnen mit. Seit 2005arbeiten DiG und TRIALON gemeinsam, eine Partnerschaft, von der Ludwig viel schwärmt undgern erzählt. Es ist kein Wunder, aber eine schöne Geschichte, dass Ludwig für DIE LINKE Ideen entwickelt

und umsetzt. In der DDR hatte er sich schwergetan mit der Indoktrinierung von oben und sich des-halb in der »Kirche von unten« umgeschaut. Hat 89 Unterschriften für das »Neue Forum« gesammelt.Als klar war, dass es keinen dritten Weg geben, stattdessen das Land untergehen wird, fühlte sichder gelernte BMSR-Mechaniker erst einmal orientierungslos. Heuerte bei einer Werbeagentur inWest-Berlin an und lernte das Handwerk von der Pike auf.Richtig gute Kampagnen brauchen richtig gute Kommunikation. Volker Ludwig ist Schnittstelle

und zugleich Impulsgeber. Schnittstelle zwischen dem Kunden und den Kreativen, auch wenn dasWort »Kunde« in Bezug auf DIE LINKE sehr spröde und kühl wirkt. Man hat ja zusammen schoneine Menge Kämpfe bestritten. Und wird auch in diesem Jahr um die beste aller Arten, politischeBotschaften zu vermitteln, ringen. »Ich freu mich auf den Wahlkampf und baue darauf, dass wirwieder neue Töne in der Kommunikation finden werden und Kampagnen entwickeln, von denensich die Menschen angesprochen fühlen. Sinnlich, aufrührerisch und mobilisierend.«

Kathrin Gerlof

Der Kommunikator

Der Gewerkschafter

Foto: privat

Foto: Rico Prauss

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DISPUT Sonderausgabe Frühjahr 2013

TITELTHEMA

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Wer bist du?Sigrid Hupach. Geboren vor 44 Jahren in Leinefelde,aufgewachsen im Eichsfeld, alleinerziehende Mut-ter von drei Söhnen. Ausbildung zur und Arbeit alsBürokauffrau. 1995 bis 2000 habe ich ein Architek-turstudium in Erfurt absolviert. Danach war ichunter anderem an einer berufsbildenden Schule inGöttingen tätig, arbeitete als freiberufliche Archi-tektin und Mediendesignerin.

In welchem Wahlkreis trittst du an?Am 2. Februar 2013 wurde ich im Bundestagswahl-kreis 189 – Eichsfeld, Nordhausen, Unstrut-HainichI (in Thüringen) – als Direktkandidatin nominiert.

Seit wann für DIE LINKE?Seit 2009 engagiere ich mich als Kreisvorsitzendeder LINKEN im Eichsfeld sowie als Mitglied imKreistag des Landkreises Eichsfeld für die Parteiund deren Ziele. Ich arbeite seit 2011 im Landesvor-stand der Thüringer LINKEN mit.

Warum in den Bundestag?Ich will im Eichsfeld eine politische Alternative zurCDU bieten und mit den Themen regionale Entwick-lung im ländlichen Raum und demokratische Teil-habe in den Wahlkampf ziehen.

Wofür willst du kämpfen?Für gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt undLand, in Ost und West, in Nord und Süd.

Was willst du bewegen?Vieles. Gute, existenzsichernde Arbeitsplätze, einbezahlbarer, flächendeckender ÖPNV, familien-freundliche Infrastrukturen mit ausreichend vor-handenen Kindertagesstätten, Schulen, Sozial-zentren und Gesundheitseinrichtungen auch imländlichen Raum sowie Schutz von Natur und Um-welt sind die Forderungen für meinen Wahlkampf.

Was tätest du als Erstes, wenn du im Bundes-tag wärest?Für den gesetzlichen Mindestlohn von zehn Eurokämpfen und mich für die Rentenangleichung vonOst- auf Westniveau einsetzen. Ebenso wichtig istdie Gleichstellung bei der Rentenberechnung vonFrauen, die Kinder erzogen haben, egal, ob vor odernach 1992 geboren.

Deine Stärken?Gutes Organisationstalent, Geduld und Beharrlich-keit.

Es fragte Marion Heinrich

Die Zeitung »Roter Reporter« gibt es seit 1970 unddamit ist sie eine der langlebigsten lokalen Alterna-tivzeitungen Deutschlands. Heute als Print- und On-line-Ausgabe erhältlich erscheint das Blatt inWülfrath (Nordrhein-Westfalen). Man kann nicht da-rüber schreiben, ohne über Klaus H. Jann zu reden,Journalist, Linker mit Herz und Verstand, fast gren-zenloser Optimist, unermüdlicher Macher, mitrei-ßender Motivierer und manchmal ein mutigerWettkönig. »Es gibt nichts Gutes außer: Jann tut es!«– so steht es selbstbewusst auf der Websitewww.linksdemokraten.de. Auf dem Foto sieht der73-Jährige aus wie einer, der weiß, dass auch einhalb leeres Glas halb voll ist. Er war 24 Jahre Stadt-rat der Demokratischen Linken in Wülfrath, KreisMettmann im Niederbergischen Land, und eines derGründungsmitglieder der Roten Reporter/innen –eines bundesweiten Zusammenschlusses der ParteiDIE LINKE, dessen Name nicht von ungefähr an dieWülfrather Zeitung angelehnt ist. Die bekam übri-

gens 2007 den Alternativen Medienpreis verliehen. Und was hat es mit dem Wettkönig auf sich?

Schon einmal, im Jahr 2012, hat der rote Klaus miteiner nicht namentlich genannten »Unternehmerinmit linkem Herzen« gewettet, dass die Genossinnenund Genossen der Partei DIE LINKE es schaffen wer-den, an einem Tag und bundesweit 400 Infoständezu organisieren. Es wurden 432! Die Wette wurde indiesem Jahr erneuert und auf 500 Infostände er-höht. Dann kam der Winter zurück und es wurdennur 200 Infostände. »Schade – aber die Welt gehtdavon nicht unter«, schreibt Jann. »Wir haben unsschon eine Anschlussaktion ausgedacht und rufenzu einer Spendenaktion ›Milch für Kubas Kinder‹auf. Schließlich war der Wettgewinn genau dafür ge-dacht.« So sind Optimisten. Sie geben einfach nichtauf (Seite 9).

Kathrin Gerlof

Der Optimist

Die Beharrliche

Foto: privat

Foto: privat

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DISPUT Sonderausgabe Frühjahr 2013

EUROPA

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Protest mit Herz und VerstandFünf Jahre sind seit Beginn der Finanzkrise vergangen. Die allgegenwärtigeFinanz-, Fiskal- und Wirtschaftskrise wird von den Machthabenden für einenneoliberalen Umbau des Nachkriegskapitalismus genutzt, bei dem vieleverlieren und wenige gewinnen.

A m 31. Mai und 1. Juni finden auch indiesem Jahr die europäischen Tagedes Protestes gegen das Krisenregime

der Europäischen Union statt. Auch in Deutsch-land wird gegen die Verarmungspolitik derbundesdeutschen Regierung und der Troikaaus Europäischer Zentralbank, EU-Kommissionund Internationalem Währungsfonds protes-tiert. DIE LINKE wird bei den Blockupy-Akti-onstagen dabei sein, Gewerkschafterinnen undGewerkschafter haben sich zusammengetan,außerparlamentarische Bündnisse werden aufdie Straßen gehen.

Ein Zentrum der Proteste wird Frankfurt/Mainsein, der Ort, an dem viele deutsche Banken und

Konzerne ihren Sitz haben. All jene, für die bis-her Rettungspakete geschnürt wurden, in derenFolge Lohn- und Sozialdumping stehen. Für Mil-lionen Menschen in Europa haben sich in denvergangenen fünf Jahren die Lebensbedingungenverschlechtert. Ziviler Ungehorsam tut not. Am 31. Mai wird es eine Blockade vor der Eu-

ropäischen Zentralbank geben, am 1. Juni findeteine große internationale Demonstration statt.»Wir zahlen nicht für eure Krise!« – dieser Slo-gan der Protestbewegungen ist aktuell. »Wennihr uns nicht träumen lasst, lassen wir euchnicht schlafen«, haben Menschen in Zypern aufihre Protestschilder geschrieben. »Wir schuldennichts, wir zahlen nicht!« – das Blockupy-Bünd-nis gewinnt seine Stärke durch Breite, weil

es ein offensives und konfrontatives Konzeptschreibt.Noch gibt es keine umfassende, kollektive eu-

ropäische Bewegung, aber – wie die Karte aufdieser Seite zeigt – überall regt sich Widerstand.Und überall sind Linke Motor und Teil dieser Be-wegungen.

www.blockupy-frankfurt.org www.die-linke.de Kontaktstelle für soziale Bewegungen, Fraktion DIE LINKE. im Bundestag:Tel.: 030 227-52097, E-Mail: [email protected]

Demonstrationen, Besetzungen von öffentlichenPlätzen und politische Streiks zeichnen eine neueKartografie des Protests. Eine Karte der Unzufrie-denheit mit dem Europa von Kürzung und Enteig-nung des Öffentlichen, eine Karte der Krise derRepräsentation. Ein gemeinsames linkes Projekt,eine europäische Linke könnte von dieser Karteausgehen.

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Countdown zur

DISPUT Sonderausgabe Frühjahr 2013

TERMINE

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18. April: Leitantrag

Wahlprogramm

Am 18. April 2013 wurde der Leit-antrag als Vorschlag für das Wahl-

programm der LINKENveröffentlicht. Bis zum 30. Mai

2013 können Änderungsanträge andiesen Leitantrag gestellt werden.

In der Zeit bis dahin setzen sichdie Delegierten des Bundespartei-tages im Rahmen von Delegierten-

beratungen mit dem Leitantragauseinander. Es soll das beste

Wahlprogramm aller Parteien sein,und das gelingt auch, wenn sichviele beteiligen und konstruktivmitdenken und mitdiskutieren.

1. Mai: Tag der Arbeit

Es ist der wichtigste Tag der internationalenArbeiterinnen- und Arbeiterbewegung. Seitmehr als 100 Jahren gehen am 1. Mai Men-schen auf die Straße, um für gute Arbeit zukämpfen und gegen unwürdige Arbeitsbe-

dingungen, Ausbeutung und Lohndrückereizu protestieren. Eine halbe Million Men-

schen werden in diesem Jahr in Deutsch-land am 1. Mai für ein soziales Europa und

soziale Sicherheit demonstrieren. DIELINKE ist dabei - und an vielen Orten wird

die Zeitung »KLAR« verteilt.

30. Mai: Antragsschluss Wahlprogramm

Heute ist Antragsschluss für das Wahlprogrammder LINKEN. Zahlreiche Änderungsvorschläge wer-den in den Entwurf einfließen. Beispiele: Das Kon-

zept zur Rente wurde ergänzt durch die Forderung,dass nach 40 Beitragsjahren jede und jeder ab-

schlagsfrei in die Rente gehen können soll. Wie dieForderungen der LINKEN gegenfinanziert werden

sollen, wurde konkretisiert. Änderungen im Europa-Kapitel wurden eingearbeitet.

APRIL

MAI

JUNI

1. Juni: Blockupy

Das Blockupy-Bündnis ruft zu EuropäischenTagen des Protestes in Frankfurt am Main

auf – gegen das Krisenregime der Europäi-schen Union. »Am 31. Mai und 1. Juni 2013wollen wir den Widerstand gegen die Verar-

mungspolitik von Regierung und Troika – derEZB, der EU-Kommission und des IWF – in

eines der Zentren des europäischen Krisen-regimes tragen: an den Sitz der Europäi-

schen Zentralbank (EZB) und vielerdeutscher Banken und Konzerne – den Profi-teuren dieser Politik«, heißt es im Aufruf des

breiten Bündnisses. http://blockupy-frankfurt.org

1./2. Juni: Das Fest der Linken

Das Fest der Linken ist eine wahrlichschöne Tradition. Wer an diesen bei-den Tagen auf den Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin-Mitte kommt, wirdnicht nur Freude haben, sondernauch ermutigt, bestärkt und gestärkt.Durch kluge Diskussionen, schöneMusik, gutes Essen und bestgelauntelinke Prominenz. Der Ort ist eine guteWahl, dort steht nicht nur die BerlinerVolksbühne, sondern auch das Karl-Liebknecht-Haus, darin das Wahlquar-tier der Partei DIE LINKE. Kann manalso gleich mal schauen, wie es da sozugeht.http://www.fest-der-linken.de

14. bis 16. Juni:Bundesparteitag

Auf dem Bundesparteitag derPartei DIE LINKE in Dresdenwerden die Delegierten denWahlprogrammentwurf disku-tieren und beschließen. Danachgeht es in die fast schon heißePhase des Wahlkampfes – mitSommertouren, Ferienaktionenund vielem mehr.

Foto: Frank Schwarz

Foto: Frank Schwarz

Foto: Camay Sungu

Foto: Rico Prauss

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Bundestagswahl

DISPUT Sonderausgabe Frühjahr 2013

TERMINE

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JULI

AUGUST

SEPTEMBER

17. Juli: Wahlkampagne und Plakate

Am 17. Juli steht dieWahlkampagne der LINKEN. Der Bundes-wahlleiter MatthiasHöhn wird der Mitglied-schaft und der Öffent-lichkeit präsentieren,mit welchen Themen,Slogans und Motiven diePartei in den Wahlkampfgeht. Die Plakate wer-den am 19. Juli ausgelie-fert. Von nun an kannplakatiert werden. Dieersten Großflächen wer-den aufgestellt – DIELINKE wird unüberseh-bar sein.

1. August: Mitgliedermagazin

Das zweite Sonderheft des Mitgliederma-gazins DISPUT mit dem Namen

»die linke!« erscheint und wird kostenlosan alle Mitglieder der Partei verschickt.Wichtige Informationen vom Parteitag,

kluge Argumente zu den zentralen Wahl-kampfthemen der LINKEN, Mitmachmög-

lichkeiten, Vorschläge, Ideen, Initiativenfür den Wahlkampf, Buch- und Musikemp-fehlungen, tolle linke Leute – wir strengen

uns an, ein zweites, spannendes und le-senswertes Heft zu machen.

5. August: Wahlkampfmaterial

Die Wahlzeitung und Themenflyer wer-den ausgeliefert. Die Wahlzeitung enthältfür jedes Bundesland einen landesspezi-fischen Teil und nun beginnt die wirklichheiße Wahlkampfphase. Jetzt gilt es, alleKräfte zu mobilisieren, Gespräche mitden Bürgerinnen und Bürgern zu führen,auf Märkten und Straßenfesten präsentzu sein, Gesicht zu zeigen und sich imWahlkampf zu engagieren.

14. August: Briefwahl

Mit der Versendung der Wahlunterla-gen haben alle Wählerinnen und Wäh-ler die Möglichkeit, sich per Briefwahlzu entscheiden. Wer am 22. Septem-ber nicht da ist oder sowieso lieberfrüher als später wählt, sollte dieseMöglichkeit nutzen. DIE LINKE wird mit einer Kampagnezur Briefwahl aufrufen.www.bundeswahlleiter.de

30. August: zweites Verteilmaterial

Am 30. August wird das zweite zentrale Verteilmate-rial in großer Auflage ausgeliefert. Was es genau seinwird – ob ein Bürgerbrief, Kurzwahlprogramm oderTürhänger – werden wir noch entscheiden. EngagierteMitglieder der Partei DIE LINKE bringen das Materialan die Frau und den Mann. »Geht wählen und wähltDIE LINKE«, lautet die Botschaft.

20. September: 48-Stunden-Wahlkampf

Der 48-Stunden-Wahlkampf beginnt.Mehr und mehr Menschen entschei-den erst kurz vor der Wahl, wem sieihre Stimme geben werden. Deshalblohnt es, alle Kräfte und Energien zumobilisieren und 48 Stunden lang fürDIE LINKE zu kämpfen. Ausgeschlafenwerden kann dann nach der Wahl.

22. September: Bundestagswahl

Heute wird der Deutsche Bundestag gewählt. Ruftbei Freundinnen und Freunden, Verwandten undguten Bekannten an und sagt: »LINKE wählen nichtvergessen.« Vielleicht lässt sich auch ein Fahran-gebot vor Ort organisieren? Verabredet euch fürkleinere oder größere Wahlpartys am Abend. Eswar ein anstrengendes Jahr. Allen, die mitgekämpfthaben, sei Danke gesagt.

Foto: Rico Prauss

Foto: Daniel Wittmer

Plakat DIE LINKE, Bundestagswahl 2009

Plakat DIE LINKE.PDS, Bundestagswahl 2005

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D emokratie ist, wenn sich Interessender Mehrheit durchsetzen. Die Regie-rungen Schröder und Merkel haben

Löhne und Renten gekürzt, Banken den Tep-pich ausgerollt, den Mittelstand ruiniert sowieSteuern für Reiche und Konzerne gesenkt. De-mokratie und Sozialstaat wurden zerstört.Sahra Wagenknecht streitet gegen die Ohn-macht und für das alte Versprechen der Bun-desrepublik: Wohlstand für alle!

Europas Regierungen haben seit der Krise 4,5 Bil-lionen Euro in Banken versenkt. Die Steuerzahlerhaften für Finanzhaie. Die Wirtschaft stürzt wegender Kürzungspakete ab. Sahra kämpft unbeirrbargegen die Bankenlobby: Die Verursacher und Pro-fiteure der Krise sollen zahlen. Wir brauchenSparkassen statt Zockerbuden. An ihren wirtschaftspolitischen Konzeptenkommt niemand vorbei. Sie beruft sichauf ein klassisches Prinzip der Markt-wirtschaft: Wer den Nutzen hat, sollauch den Schaden tragen. Und Leis-tung muss sich wieder lohnen. Siekämpft daher für einen Min-

destlohn von zehn Euro statt Millionenboni undverrückter Managergehälter, gegen Leiharbeit unddie Rente erst mit 67, für eine ordentliche Arbeits-losenversicherung statt Demütigung durch HartzIV sowie gegen Mietwucher und Abzocke bei Ener-giepreisen. Alle Parteien im Bundestag – außer der

LINKEN – erhalten Großspenden der Wirtschaft.Peer Steinbrück kassierte über eine Million Euroan Honoraren, auch von der Finanzlobby. SahraWagenknecht will Millionäre besteuern, die Staats-verschuldung senken und öffentliche Investitionenfinanzieren: etwa mit einer Reichensteuer von 75Prozent auf jeden Euro Einkommen, der eine Mil-lion übertrifft. Egal ob Merkel, Rösler, Steinbrück oder Trittin:

Sie waren stets dabei, wenn Banken die Hand auf-hielten. Wer eine mutige Stimme gegen käuflichePolitik und den Verrat der Demokratie sucht, findetsie bei der LINKEN: Sahra Wagenknecht.Eine von acht, die für mehr Gerechtigkeit

kämpft, um beispielsweise allen Menschen, unab-hängig von ihrem sozialen Status, den Zugang zuBildung zu ermöglichen.

Unser SpitzenteamPARTEI

Darf ich vorstellen? Es stimmt, dass wir gemeinsam stark sind!

DISPUT Sonderausgabe Frühjahr 2013

Gregor Gysi* 16. Januar 1948 in BerlinJurist, Rechtsanwalt, Bundestags-abgeordneter, Fraktionsvorsitzender

[email protected]

A m 4. November 1989 hatten sich500 000 Menschen – manche sagennoch heute, es sei eine Million gewe-

sen – auf dem Berliner Alexanderplatz ver-sammelt, um für eine andere DDR zuprotestieren. Da war Gregor Gysi 41 Jahre altund seit 22 Jahren Mitglied der SED. EinRechtsanwalt, der in den Jahren zuvor vieleBürgerrechtlerinnen und Bürgerrechtler ver-teidigt, aber nicht im Rampenlicht der Öffent-lichkeit gestanden hatte. An diesem Tag dannaber doch und auf wahrlich großer Bühne.Gysi redete zu den Menschen, forderte einneues Wahlrecht und ein Verfassungsgericht.Er machte das gut, brachte die Dinge auf denPunkt, war emotional und zugleich sachlich.Ein charmanter, humorvoller Mann redeteda. Wer ist Gregor Gysi, mögen damals vielegedacht haben. Das ist heute anders.

Gut einen Monat später wurde Gregor Gysi zumneuen Vorsitzenden der SED gewählt, sieben Tagenach dieser Wahl wurde aus der SED die SED-PDS,dann die PDS, 2007 verschmolz die PDS mit derWASG zur Partei DIE LINKE.

Es ist wichtig, daran zu erinnern, woher jemandkommt und wie und warum es ihn oder sie zurPartei DIE LINKE gebracht hat. Gregor Gysi stehtsowohl für den Anfang als auch für den Aufbruchund für die Kontinuität einer stärker werdenden,gesamtdeutschen linken Partei. Er steht dafür, dass DIE LINKE in großer Kon-

sequenz und ohne Abstrichegegen Lohnraub, gegen dieEntwertung von Lebensleis-tung und Demütigung durchRentenkürzungen und sozialeEntrechtung kämpft. Er stehtfür die Friedenspartei DIELINKE, für deren konsequenteHaltung, dass Krieg niemalsMittel der Politik oder derenFortsetzung sein darf. Er hatimmer für eine solidarischeAlternative zum Bestehendengeworben und gekämpft. Einer von acht. Ein Motor für

den Politikwechsel. Der nur dannein guter Wechsel ist, wenn er fürmehr Gerechtigkeit steht.

Sahra WagenknechtVolkswirtin und Publizistin, 1. stellvertretende Fraktionsvorsitzendesowie stellvertretende Parteivorsitzende.Politische Schwerpunkte sind Wirtschafts-und Finanzpolitik.

[email protected]

Gemeinsam: Gregor Gysi mit Caren Lay

Gemeinsam: Sahra Wagenknecht mit Jan van Aken

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B ildung ohne Schranken. Am 26. Januar dieses Jahres standNicole Gohlke zusammen mit Gregor Gysi auf dem Marienplatzin München. Rund 500 Menschen hörten zu, als die Abgeord-

nete davon sprach, wie notwendig, richtig und wichtig das Volksbegeh-ren gegen Studiengebühren ist. Ein Aufbegehren gegen die selektive»Campusmaut« nannte sie es. Gebührenfreier Zugang zu Bildung,dafür steht die linke Politikerin, und das ist ein großes Anliegen.In Deutschland ist der Zugang zu Bildung wie kaum in einem an-deren europäischen Land vom sozialen Status abhängig, davon,in welchem Elternhaus jemand aufwächst, wie viel Geld da ist.Soziale Auslese findet statt und das ist ein beschämender Zu-stand mit weitreichenden Folgen für die Zukunft vieler Men-schen und des Landes. Studiengebühren sind vielen ein großesÄrgernis. Gegenwehr ist möglich, wie Bayern gezeigt hat.

Nicole Gohlke ist gut vernetzt mit studentischen Bewegungen und ver-körpert damit auch die politisch produktive Verbindung von parlamenta-rischen mit außerparlamentarischen Kämpfen. »Ich kämpfe mit Studieren-den für offene, demokratische und unabhängige Hochschulen, die die Funk-tion eines kritischen Korrektivs innerhalb der Gesellschaft darstellen kön-nen. Deswegen setzte ich mich an der Seite der Bewegung für eineZivilklausel gegen Rüstungsforschung an Hochschulen und füreine öffentliche Ausfinanzierung von Hochschulen ein«, sagtNicole Gohlke, die 2004 in Bayern in die WASG einge-treten ist. Eine von acht. Wer für demokratische Hochschulen

und Bildung ohne Gebühren streitet, will auch, dass alleeine Chance auf gute Arbeit haben.

PARTEI

S oziale Gerechtigkeit bedeutet für KlausErnst seit jeher, sich für die Interessender Arbeitnehmerschaft einzusetzen.

So trat er schon als Auszubildender in dieIG Metall ein. In seinem Betrieb wurde er zumJugendvertreter und nach Abschluss seinerAusbildung als Elektromechaniker in den Be -triebsrat gewählt. Ende der 70er-Jahre beganner ein Studium an der Hamburger Hochschulefür Wirtschaft und Politik und schloss es alsDiplom-Volkswirt und Diplom-Sozial-ökonom ab. Danach arbeitete er alsGewerkschaftssekretär in Stutt-gart, bis er 1995 zum ersten Be-vollmächtigten der IG Metall inSchweinfurt gewählt wurde.

30 Jahre lang war Klaus Ernst Mit-glied der SPD, überzeugt, dass dieArbeitnehmerschaft nicht nur einegewerkschaftliche, sondern auch einepolitische Vertretung braucht. Dochals sich die Partei nach der Jahrtau-sendwende mehr und mehr gegen dieInteressen der Beschäftigten wandte,organisierte der Gewerkschafter inSchweinfurt Proteste gegen dieRiester-Rente und später auchgegen die Agenda 2010.

Für sein Festhalten an sozialdemokratischenGrundpositionen wurde er 2004 aus der SPD aus-geschlossen. Kurz darauf gründete er gemeinsammit anderen die »Wahlalternative Arbeit und So-ziale Gerechtigkeit«, die sich 2007 mit der PDS zurPartei DIE LINKE vereinte.Gute Arbeit und soziale Gerechtigkeit sind auch

noch heute seine zentralen Themen: Dem Miss-brauch von Leiharbeit und Werkverträgen setzt der

Gewerkschafter das Recht auf gleichenLohn bei gleicher Arbeit entgegen.Dem immer größer werdendenNiedriglohnsektor will er mit

einem flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohnbegegnen. Klaus Ernst verlangt Verteilungsgerech-tigkeit: Statt explodierender Profite aus Kapitaler-trägen und Unternehmertätigkeit bei sinkendenReallöhnen will er die Rechte der Beschäftigtenund ihrer Gewerkschaften stärken, um zu deutlichhöheren Löhnen beizutragen. Und er kämpft füreine gesetzliche Rente, die den Lebensstandardauch im Ruhestand sichert und Armut verhindert. Einer von acht. Einer für mehr soziale Gerechtig-

keit für alle. Und vor allem auch für jede und jedenvom ersten Lebensjahr an.

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Nicole Gohlke* 15. November 1975 in München

Kommunikationswissenschaftlerin, Bundestagsabgeordnete, hochschul-

politische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE

[email protected]

Klaus Ernst* 1. November 1954 in MünchenVolkswirt, Sozialökonom, Gewerkschafter, Bundestags -abgeordneter

[email protected] www.klaus-ernst-mdb.de

Gemeinsam: Nicole Gohlke mit Dietmar Bartsch

DISPUT Sonderausgabe Frühjahr 2013 Gemeinsam: Klaus Ernst mit Sahra Wagenknecht

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S oziale Gerechtigkeit ist für Diana Golzenicht verhandelbar. Sie ging noch zurSchule, als sie 1991 Mitglied der Arbeits-

gemeinschaft Junge GenossInnen wurde. Siestudierte Erziehungswissenschaften mit demSchwerpunkt Sozialpädagogik. Gut möglich,dass dies die Grundlage für ihr späteres bun-despolitisches Engagement legte. Wie lebenKinder und Jugendliche in diesem Land, wie

wachsen sie auf, was prägt sie? Wie groß sinddie Chancen auf ein gutes und erfülltes Lebenfür Kinder, deren Eltern arm sind, die nur voneinem Elternteil großgezogen werden, das WortHartz IV besser kennen als das Wort Urlaub?

Diana Golze ist Mitglied der Kinderkommission desBundestages. Sie setzt wieder und wieder dasThema Kinderarmut auf die Tagesordnung, hat– ohne müde zu werden – die skandalöse Tatsachethematisiert, dass Deutschland bis 2010 die UN-Kin-derrechtskonvention nur unter Vorbehalt aner-kannte. Und dass es auch heute noch den hierlebenden Flüchtlingskindern nicht besser geht. Sieverbündet sich mit anderen, um gemeinsam für einan den Bedürfnissen der Kinder orientiertes Exis-tenzminimum zu kämpfen.»DIE LINKE wird auch im Wahlkampf 2013 das

soziale Gewissen der Republik sein. Wir verändernmit Ideen für den sozialen Fortschritt die Politik«,sagt sie. Mit Ideen Politik verändern, das tut Diana Golze

sowohl in der Bundespolitik als auch in der alltäg-lichen Arbeit in ihrem Wahlkreis und ihrer Heimat-stadt Rathenow. Kinder, die eine Kindertagesstättebesuchen können, in Sportvereinen trainieren, einegute Gesundheitsversorgung und kulturelle Bil-dung erhalten, die nicht vom Geldbeutel ihrer El-tern abhängt, haben gute Chancen auf einselbstbestimmtes Leben in Würde. Diana Golze, dieselbst zwei kleine Kinder hat, weiß das und unter-stützt und initiiert Initiativen, die dafür eintretenund kämpfen. Eine von acht. Eine Kämpferin gegen Benachtei-

ligung und für Selbstbestimmung.

PARTEI

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Benachteiligung aufgrund von Herkunftund Biografie ist nicht hinnehmbar. 23Jahre sind seit der Wiedervereinigung

vergangen – keine Ewigkeit, aber eine langeZeit. Lang genug jedenfalls, um in allen we-sentlichen Lebensbereichen gleiche Bedingun-gen für Menschen in Ost und West zugarantieren. Gleiche Löhne, gleiche Rentenzum Beispiel. Dafür, dass dies noch immernicht der Fall ist, gebe es keine guten Gründe,sagt Dietmar Bartsch. »Es ist längst an der Zeit,all diese Benachteiligungen ostdeutscher Men-schen abzubauen. So wie es auch wichtig ist,den Erfahrungsvorsprung, den diese aufgrundder Brüche und Transformationen, die sie er-lebt, verarbeitet und in gesellschaftliche Ent-wicklungen eingebracht haben, für das ganzeLand zu nutzen.«

Haushaltspolitik ist da nur eine Seite der Medaille,der gesamtgesellschaftliche Blick, die Diskussions-kultur, der Umgang miteinander die andere. Dochwenn schon beim Geld ungerecht gedacht und ge-handelt wird, ist zu bezweifeln, dass in anderen Be-reichen notwendiger Wandel möglich ist. Alsostreitet der Vorpommerer Bartsch besonders füreine sozial gerechte Haushaltspolitik.

Als der Bundesrat am 1. März 2013 gegen dieherrschenden Mehrheitsverhältnisse im Bundes-tag für die Einführung eines flächendeckendenMindestlohns in Deutschland stimmte, konnteeiner wie er für sich in Anspruch nehmen, nichterst seit gestern und nicht nur, weil bald Wahlensind, für einen Mindestlohn zu kämpfen. »Nach-dem wir 2001 die Diskussion über den Mindest-lohn auf den Weg gebracht haben, ist nicht nur vielWasser die Elbe und den Rhein hinabgeflossen,längst ist der flächendeckende gesetzliche Mindest-lohn mehrheitsfähig in Deutschland. Das Bohrendicker Bretter hat sich gelohnt.« Dicke Bretter bohren, das will Dietmar

Bartsch auch künftig tun. Selbstbewusst undkämpferisch. Er kandidiert im Wahlkreis 12,den er für DIE LINKE gewinnen möchte.Einer von acht. Einer für eine soziale

Wende, die den Namen auch verdient.

Dietmar Bartsch* 31. März 1958 in StralsundWirtschaftswissenschaftler, Gesellschafts-wissenschaftler, Bundestagsabgeordneter,Haushaltsexperte

[email protected] www.dietmar-bartsch.de

Diana Golze* 18. Juni 1975 in Schwedt/OderDipl.-Sozialpädagogin, Bundestagsabge -ordnete, Sprecherin für Kinder- undJugend politik der Fraktion DIE LINKE.

[email protected]

Gemeinsam: Diana Golze mit Gregor Gysi

Gemeinsam: Dietmar Bartsch mit Diana Golze

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Caren Lay weiß, ein Politikwechsel lässt sich nicht herbeireden,er muss erkämpft werden.

Und 1991, da war sie noch Schülerin, organisierte sie zum ersten Mal eine De-monstration: gegen den Golfkrieg. Parteipolitik schien weit weg, aber das än-derte sich mit dem Umzug nach Dresden im Jahr 2000. Vier Jahre später wurdeCaren Lay Mitglied der PDS – die Hartz-IV-Gesetze begannen gerade, ihre ver-heerende Wirkung zu entfalten. Auch wenn sie sich bis dahin mehr mit »grü-nen« Themen beschäftigt hatte, empörte sie als Tochter einer Arbeiterfamiliedieser Sozialkahlschlag.13 Jahre als gebürtige Westdeutsche im Osten, dies sei ihr Grundlage und

Antrieb, sich für die Entwicklung der LINKEN als gesamtdeutsche Partei ein-zusetzen, sagt sie.Bald rückten sozialpolitische Themen in den Mittelpunkt ihrer politischen

Arbeit. Sozialpolitik und der Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchernliegen nicht weit auseinander. Denn es sind gerade Geringverdiener, ältereMenschen und Jugendliche, die Opfer von windigen Geschäftspraktiken wer-den. Verbraucherpolitik ist für Caren Lay Politik für die Mehrheit, deren Geld-beutel es vor dem Zugriff der Konzerne zu schützen gilt, deren Rechtegegenüber der Lobby gestärkt werden müssen.Darum geht es auch bei der sozialen Energiewende, ihrem wichtigsten An-

liegen. »Nicht die Verbraucherinnen und Verbraucher sollen die Kosten fürden ökologischen Umbau tragen, sondern an die Gewinne der großen Strom-konzerne wollen wir ran.« Steigende Stromkosten, steigende Mieten: »Die an-deren Parteien haben den sozialen Wohnungsbau vergessen, nichts getan, umdie Mieten zu begrenzen. Wir werden nicht zusehen, wenn Studentinnen undRentner aus den Innenstädten verdrängt werden.« Eine von acht. Eine, die auch heute auf die Straße geht, wenn gegen Rassis-

mus, Nazis und gegen Krieg demonstriert wird.

PARTEI

Die Bundesrepublik Deutschland ver-dient an Kriegen. Jan van Aken weißdas und will, dass es aufhört.

Friedensaktivist, Quereinsteiger, Experte für Gen-technik, Rüstungsexperte – der 51-Jährige wird inden Medien eher so als mit seiner Berufsbezeich-nung »Biologe« beschrieben. Und wahrlich, allesstimmt, auch wenn man über den Begriff »Rüs-tungsexperte« streiten mag. Jan van Aken ist einengagierter Experte für Abrüstung, einer, der nichtmüde wird, das Verbot von Rüstungsexporten zufordern, auch wenn es vor drei Jahren noch völligillusorisch schien, dass es jemals ein solches Verbotgeben könnte. Zwei Jahre war er für die VereintenNationen als Biowaffeninspekteur unterwegs, grün-dete eine Organisation, die für eine weltweite Äch-tung von Biowaffen eintrat. »Gewaltverzicht in deninternationalen Beziehungen« – welch eine Utopie,welch eine Notwendigkeit. Kernforderung und un-antastbarer politischer Konsens der LINKEN.Deutschland verkauft Jahr für Jahr in mehr als 120Länder der Erde Waffen und Rüstungsgüter. EinMilliardengeschäft sind diese todbringenden Ex-

porte und niemand im Bundestag weiß so viel da-rüber, wie der in Hamburg lebende Jan van Aken. In die Partei trat er erst 2007 ein, nach 30 Jahrenpolitischer Arbeit ohne Parteibuch. Der Grund seiganz einfach, hat er gesagt: »Es ist die einzige Partei,die im Bundestag gegen den Kriegseinsatz der Bun-deswehr gestimmt hat. Darum. Ichhabe nicht 30 Jahre mit Herzblut, Lustund Kraft für Frieden, Umweltschutzund soziale Gerechtigkeit gekämpft,um jetzt faule Kompromisse einzuge-hen.« Glaubwürdig sein heißt für ihnauch, weiterhin zu sagen und zu leben:

»Politik findet nicht im Fernsehen statt und nichtnur in den Parlamenten, sondern vor allem auf derStraße, in den Betrieben, am Bauzaun und in jedempersönlichen Gespräch.« Einer von acht.

DISPUT Sonderausgabe Frühjahr 2013

Caren Lay* 11. Dezember 1972 in Neuwied Soziologin, Bundestagsabgeordnete, verbraucherpolitische Sprecherin derFraktion DIE LINKE, stellvertretende Parteivorsitzende

[email protected] www.caren-lay.de

* 1. Mai 1961 in Reinbek (Schleswig-Holstein)Biologe, Greenpeace-Aktivist, Abrüstungsexperte, Bundestags-abgeordneter, außenpolitischerSprecher der Fraktion DIE LINKE.

[email protected]

Jan van Aken

Gemeinsam: Caren Lay mit Klaus Ernst

Gemeinsam: Jan van Aken mit Nicole Gohlke

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LINKE GESCHICHTE

34 DISPUT Sonderausgabe Frühjahr 2013

Am 11. Januar 1991 sah sich die Berli-ner Nikolaikirche als außergewöhnli-che Gastgeberin. Es konstituierte sich

unter ihrem hohen Dach das am 2. Dezember1990 gewählte Gesamtberliner Abgeordneten-haus. Unter den Anwesenden waren, weil ihrePartei 9,3 Prozent der Stimmen erhalten hatte,auch 23 Frauen und Männer von der PDS. Eswar keine friedliche Zeit um diesen Jahres-wechsel. Ein Krieg der USA gegen den Irakdrohte. Das zerrte an den Nerven. Hatte sichmit den sensationellen Abrüstungsgesten Mi-chail Gorbatschows und dem Ende des Sys-temkonflikts nicht gerade erst das Tor zueinem lang anhaltenden Frieden aufgetan?Und nun, mitten hinein in diese Hoffnungen,ein solcher Krieg?

Die 23 Berlinerinnen und Berliner aus Ost undWest, die sich in der PDS-Fraktion zusammenge-funden hatten, kannten sich noch kaum. Im Som-mer und Herbst 1990 hatte es die Aufstellung derKandidatinnen und Kandidaten gegeben, und eswaren – so erinnere ich mich, der ich damals Lan-

desvorsitzender war – komplizierte, viele Nächtein Anspruch nehmende Gespräche. Eine offeneListe mit vierfacher Quotierung war vom Wahlpar-teitag als notwendig und richtig empfunden wor-den: Quotierung Frauen/Männer; QuotierungOst/West; dazu im Osten Quotierung zwischenPDS-Mitgliedern und anderen, die der Partei na-hestanden, und im Westen zwischen Menschenaus unterschiedlichen linken Zusammenhängen.Eine große Herausforderung, zwischen allen Inte-ressen zu vermitteln, und eine ebensolche, in we-nigen Wochen zu einem alle vereinendenWahlprogramm zu kommen.Doch ganz und gar unkompliziert war es, sich

schon beim allerersten Treffen der Fraktion da-rauf zu einigen, dass wir uns laut und öffentlichgegen die Kriegsgefahr wenden müssen. Und dietreffende Idee kam prompt: 23 Abgeordnetewaren wir, 23 Buchstaben hat der Ruf »KEINE IN-TERVENTION IM IRAK«. Und so standen wir, alsdie Kolleginnen und Kollegen der anderen Frak-tionen und die Medien eintrafen, mit je einem gro-ßen Buchstaben in der Hand in richtiger Ordnungund mit klarer Position vor dem Kirchentor.

Von Anfang an die Hauptsache:

Frieden

Weil sich die Verhältnisse ändern, muss das Ja zum Frieden immer wieder neu erarbeitet werden VON WOLFRAM ADOLPHI

Foto: Burkhard Lange, ND

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Wenige Tage später begann, unbeirrt von denProtesten und Warnungen in der Welt, die Inter-vention der USA und ihrer Verbündeten. Die PDSspielte als Bündnispartner vieler Gegnerinnenund Gegner des Krieges im Protest in Deutsch-land eine wichtige Rolle. Am 26. Januar versam-melten sich auf dem Berliner Alexanderplatzüber 100 000 Menschen zu einer gewaltigenFriedensmanifestation. Und vielleicht – nein, si-cher – waren auf dieser Demonstration auch viele,die später zuerst die WASG mitgründen würden,um dann Teil der Partei DIE LINKE zu werden.In der »Chronik der PDS 1989–1993« findet

man beeindruckende Fotos aus diesen Tagen undeinen Text, der da lautet: »Zur selben Stunde or-ganisiert die PDS Friedens- und Protestaktionenin Strausberg, Wolmirstedt, Erfurt, Schleiz, Halleund an vielen anderen Orten. Als Antikriegspar-tei bekundet sie auf vielfältige Weise – auch imBundestag, wo die Abgeordneten weiße Armbin-den tragen und dafür angefeindet werden –, dasssie für politische Konflikte ausschließlich politi-sche Lösungen fordert und jegliche Gewalt ab-lehnt.« Am 26. März 1999 schien in Bonn, das damals

noch Sitz von Bundesregierung und Bundestagwar, alles seinen ganz normalen Gang zu gehen.Im Plenum wurde zu einem Dokument diskutiert,das – wie es oft der Fall ist – einen sperrigen Titeltrug: »Entschließungsantrag zur Abgabe einer Er-klärung der Bundesregierung zur aktuellen Lageim Kosovo nach dem Eingreifen der NATO und zuden Ergebnissen der Sondertagung des Europäi-schen Rates in Berlin«. Aber was da wirklich aufder Tagesordnung stand, war einer der tiefsten Ein-

schnitte in der europäischen Geschichte seit demEnde des Zweiten Weltkrieges: Am 24. März hatteein Luftkrieg der NATO gegen Jugoslawien begon-nen, von dem wir heute wissen, dass er zu den mas-sivsten Luftkriegsoperationen der Geschichteüberhaupt gehört. Und Deutschland war an diesemKrieg beteiligt. Unter Führung der im Herbst 1998gewählten ersten rot-grünen Bundesregierung.Ausgerechnet die Sozialdemokraten und die einstals Pazifisten angetretenen Grünen hatten denKrieg wieder zum Mittel deutscher Politik ge-macht.Gregor Gysi sprach in dieser Debatte, und er und

seine Fraktion waren allein. Waren allein infolgedieser wahrlich ungeheuerlichen Konstellation, dieda herbeigeführt worden war: SPD und Grünewaren die Regierenden, hatten die Pro-Krieg-Ent-scheidung getroffen und wussten sich einig mit derkonservativen Opposition aus CDU/CSU und FDP.Sie alle aus dieser übergroßen Koalition rumortenund riefen dazwischen, als Gysi sagte: »Die AntwortKrieg, das ist genau das Falsche. Sie bringt uns kei-nen Schritt weiter und setzt uns völkerrechtlichund nach dem eigenen Grundgesetz ins Unrecht.«Und sie mit Wahrheiten konfrontierte wie dieser:»Bomben richten sich niemals gegen einen einzel-nen Diktator, sondern immer gegen das Volk.«Oder: »Die Ordnung, die nach 1945 in der UN-Charta festgelegt worden ist, ist beseitigt.« Man stelle sich für einen Moment vor, es hätte

die PDS in diesem Parlament nicht gegeben. Derheftige Protest der Öffentlichkeit hätte keine par-lamentarische Stimme gehabt. Das Parlament alsEinstimmigkeits-Wagenburg. Mit einer Entschei-dung für den Krieg.

Am 11. Oktober und am 8. November 2001 wie-derholt sich das Bild. Jetzt geht es um den Krieg inAfghanistan, um den »Krieg gegen den Terror«.Und jetzt ist es Roland Claus, der als Fraktionsvor-sitzender gegen die unverändert übergroße Koali-tion der vier anderen Fraktionen Position bezieht.»Krieg ist das falsche Mittel im Kampf gegen denTerrorismus«, erklärt er, und: »Krieg vermehrt dieterroristische Gefahr, er schränkt sie nicht ein«,und deshalb sagt die PDS »Nein zur deutschenKriegsbeteiligung«. Deutlich ist die Warnung:»Wenn dem globalisierten Terror der globalisierteKrieg folgte, dann hätte sich nicht die Logik der Zi-vilisation, sondern dann hätte sich der Wahnsinnder Terroristen durchgesetzt, und das können undwollen wir nicht zulassen.«Zu dieser kraftvollen parlamentarischen Stimme

gegen den Krieg gesellte sich eine ebenso kraft-volle außerparlamentarische Antikriegsbewegung. Es hat sich an diesen Positionen auf dem Weg

von der PDS und der WASG zur LINKEN nichts ge-ändert. Sie gehören zur Kernkompetenz der Partei.Und diese Kernkompetenz ist auch – so jedenfallssehe ich das – auf dem Parteitag in Münster imJahre 2000, der noch heute hier und da die Wogenhochschlagen lässt, von niemandem infrage ge-stellt worden. Was damals zu so dramatischen Aus-einandersetzungen führte, war doch eine andereFrage: Nämlich die, ob programmatische Positio-nen in Stein gemeißelt werden sollten. Nein, denkeich, auch das Ja zum Frieden muss, weil sich dieVerhältnisse ändern, immer neu erarbeitetwerden. Nur dann kann es verstanden und gelebtwerden.

LINKE GESCHICHTE

Tausende protestierten am 17. Januar 1991 in Magdeburg gegen den Golfkrieg

Foto: Axel Lenke, ND

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STRUKTURREFORM

36 DISPUT Sonderausgabe Frühjahr 2013

Nachdenken, umdenken,

Natürlich bedarf es eines Politikwechsels, um sozialeStrukturreformen durchzu-setzen. Eines Wechsels nachlinks.VON KATHRIN GERLOF

Foto: Stefan Otto, ND

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D rei LINKE mit Regierungserfahrunghaben ein Positionspapier vorgelegt,das eine neue Regional- und Struktur-

politik beschreibt. Helmut Holter, einst Ar-beitsminister in Mecklenburg-Vorpommern,Klaus Lederer, Landesvorsitzender in Berlinund schon zu rot-roten Regierungszeiten Mit-glied im Abgeordnetenhaus, und Ralf Christof-fers, Minister für Wirtschaft und Europa -angelegenheiten in Brandenburg. Strukturent-wicklung klingt erst mal nach trockener Kost.Ist aber Zukunft.

»Was wir jetzt entscheiden«, sagt Ralf Christoffers,»wird bis 2020 und darüber hinaus wirken. Diegesamte Förderarchitektur der EU wird gegenwär-tig überarbeitet. Gelder, die bisher geflossen sind,werden ab 2014 nicht mehr zur Verfügung stehen.Wir müssen also jetzt grundlegende Entscheidun-gen darüber treffen, wie unsere Industriepolitikaussehen soll, welche Innovations- strategie wirverfolgen und welche regionalen Beschäftigungs-instrumente wir fördern.« Über solche grundle-genden Entscheidungen redet das Papier mit demTitel »Elemente einer neuen Regional- und Struk-turpolitik«. Es versucht eine Antwort auf eine Ent-wicklung zu geben, in deren Folge der einstigeSozialstaat nicht nur radikal umgebaut, sondernin wesentlichen Teilen abgeschafft wurde und diezugleich von internationaler Finanzkrise und Glo-balisierung geprägt ist. Zugleich ist festzustellen: Die fünf neuen Bun-

desländer sind nicht mehr als Ganzes als Problem-zone zu definieren. Viele Regionen im Ostenhaben sich mit großer Anstrengung des Beiwortes»strukturschwach« entledigt. Andere leiden nochimmer unter den Folgen von Deindustriealisie-rung, Abwanderung und fehlendem Aufschwung.Doch soziale Differenzen ließen sich heute, so dieAutoren, nicht mehr allein vor dem Ost-West-Hin-tergrund erfassen und bearbeiten. Im Osten wieim Westen gebe es inzwischen prekäre Regionen.Einkommensgefälle von bis zu 20 Prozent, Ein-kommensunterschiede zwischen Männern undFrauen, Abwanderung, Abbau von Arbeitsplätzen,fehlende Investitionen in Infrastruktur, verarmteKommunen – was noch vor einiger Zeit geradezusynonym für Ostdeutschland genommen wurde,ist heute ein Problem der gesamten Bundesrepu-blik. »Ostdeutschland ist mittlerweile nicht mehrdie größte geschlossene Krisenregion Deutsch-lands, sondern zu einem Flickenteppich vonRegionen mit prekärem Status und Gebieten mitZukunftschancen geworden«, heißt es in demPapier.

2019 läuft der Solidarpakt II aus. Bayern undHessen klagen gegen den Länderfinanzausgleichund wollen somit ganz aus dem Ausgleichssystemzwischen den Bundesländern aussteigen. Andere begännen, so Christoffers, über die Vor-

teile einer egalitären Gesellschaft zu diskutierenund über einen handlungsfähigen und starken de-mokratischen Staat. Egalitäre Grundordnung meint,die Voraussetzungen zu schaffen, dass jede undjeder die Chance bekommt, sich ein eigenes sozia-les Leben aufzubauen. Meint nicht Gleichmacherei,sondern Angleichung von Lebensverhältnissen.»DIE LINKE hat einen Erfahrungsvorsprung im

Umgang mit sozialen und regionalen Ungleichhei-ten. Wir wissen um den Stellenwert öffentlicher Da-seinsvorsorge, wir mussten – ob in Regierung,Tolerierung oder Opposition – Ideen entwickeln,um einer immer weiteren Verarmung der neuenBundesländer entgegenzuwirken. Und wir sagen,dass DIE LINKE sich jetzt noch stärker in die De-batte über eine neue soziale Idee einbringen muss.Wir fordern einen ›Solidarpakt III für Krisenregio-nen in West und Ost‹ oder die Verankerung einer›Gemeinschaftsaufgabe sozial-ökologische Struktur-entwicklung‹ im Grundgesetz.« Das sind große Worte, die der linke Wirtschafts-

minister da sagt, allerdings haben Brandenburgund Berlin in mancher Hinsicht vorgemacht, dassKooperation möglich ist und auch auf regionalerEbene zukunftsweisende Strategien entwickeltwerden können.Noch zu rot-roten Hauptstadtzeiten trafen die Re-

gierungen Berlins und Brandenburgs weitrei-chende Absprachen in Bezug auf die Entwicklungder gemeinsamen Industrie- und Innovationsre-gion. Christoffers sagt, es sei eine wesentliche Ent-scheidung gewesen, nicht allein auf den Dienst-leistungssektor zu setzen, sondern zu sagen: Bran-denburg soll ein Industrieland bleiben. Pflege derBestandsunternehmen, Unterstützung der kleinenund mittelständischen Unternehmen und desHandwerks und Verzahnung von Industrie undForschung seien die wichtigen Säulen einer sol-chen Entscheidung. Neun Handlungsfelder sind ineiner gemeinsamen Innovationsstrategie benanntworden und man sei froh, all dies noch vor derWahl abgestimmt und damit Tatsachen geschaffenzu haben. In dem Strategiepapier ist eine Menge Diskussi-

onsstoff und ausreichend Material für produktivenStreit enthalten. Ist sozial-ökologischer Umbau aufregionaler Ebene möglich? Kann aus kleinteiligenund behutsamen Ansätzen wirklich Neues erwach-sen? Ist die Herangehensweise zu pragmatisch odergerade ausreichend praxisorientiert und trotzdem

visionär? Schafft Dezentralität wirklich Potenzialefür Regionalentwicklung? Ist ein öffentlich geför-derter Beschäftigungssektor die richtige Antwortauf die wachsende Zahl prekärer Lohnarbeitsver-hältnisse? Man könne, sagt Christoffers, in Brandenburg

auf einige Erfolge verweisen, habe Spielräume aus-genutzt und geschaffen. »Wir versuchen, über ei-gens entwickelte Programme zur Eigenkapital-stärkung kleiner und mittlerer Unternehmen bei-zutragen. Das geht durch Beteiligung des Landesan dem Unternehmen, durch die Vergabe von Dar-lehen oder durch die Übernahme von Bürgschaf-ten. Wir können über das Landesvergabegesetzzumindest Lohnuntergrenzen einführen. Natürlichleben wir in dem Zwiespalt, dass es eben nochkeine zehn Euro sind, wie von der LINKEN gefor-dert. Das sind Konflikte, die wir aushalten müssen,ohne sie kleinzureden.«Natürlich bedarf es eines Politikwechsels, für

den, so beschreiben und sagen es die drei Autoren,im Jahre 2013 die Chance besteht. Sie sehen ihrePartei gut dafür aufgestellt mit ihrem Programmfür eine neue soziale Idee, sagen aber auch, wiesteinig der Weg ist. »Die Antworten auf die Heraus-forderungen von heute liegen vor uns, nicht hinteruns. Weder die PDS der 1990er-Jahre noch dieLinkspartei.PDS des Jahres 2005 taugen als Blau-pause für DIE LINKE, wie sie für dieses Jahrzehntund für die Zukunft gebraucht wird.« Auch dies einSatz, der zur Diskussion auffordert. Meint er dochnicht, zu entwerten, was an Erfahrungen und Kom-petenz in DIE LINKE eingebracht wurde, sondernsich mit diesem Wissen als eine Partei aufzustellen,die ein Konzept für eine nachhaltige, sozial undökologisch geprägte Entwicklung hat. Am Ende des Strategiepapiers werden Beispiele

benannt und beschrieben, die dafür stehen, dassauf kommunaler und regionaler Ebene bereits eineganze Reihe Referenzprojekte für eine sozial-öko-logische und demokratische Modernisierung ste-hen. So ist das Positionspapier für jede und jeden

mehr als nur eine Anregung. Es ist vor allem Auf-forderung zur Diskussion.

Das Papier kann hier runtergeladen werden:

http://tinyurl.com/cdkw92n

STRUKTURREFORM

37DISPUT Sonderausgabe Frühjahr 2013

neu denken!

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[ ’SOLID]

In Schulen nichts zu suchenDie Bundeswehr will smart erscheinen und wirbt für den Dienst an der Waffe. Das tödliche Risikoverschweigt sie VON MARION HEINRICH

Mitmachen einfach, Wirksamkeit groß, Spaß häufig auchWer Lust darauf hat, linke Flashmobs zuorganisieren, kann sich bei der Linksju-gend [’solid] Rat und Anregungen holen.

www.linksjugend-solid.de

Die haben auch schönes und gutes Ma-terial: die CD, wirklich coole Aufkleber,einen Infoflyer.

Und wer einfach mal sehen will, was es in Deutschland schon so alles anFlashmobs gab und welche geplant sind,dem sei die Seite www.flash-mob.deempfohlen. www.youtube.com natür-lich auch.

JETZT MITMACHEN

Die Bundeswehr geht auf Werbetour.In eigener Sache versteht sich! Nachdem Aussetzen der Wehrpflicht hat sie

es dringend nötig, Nachwuchssorgen machenmobil. Strategisch clever und bestens ausgebil-det sind 94 Jugendoffiziere des Bundes seit län-gerem an Schulen unterwegs. Mit »CrazyBeach Partys«, Aufenthalten in »coolen« Bun-deswehrhütten, mit computeranimierten Schieß-übungen, besser als »jede heimische Spiel-konsole«, verschaffen sich die JugendoffiziereZugang zu Klassenzimmern, Schulhöfen, Hör-sälen, Berufsmessen und Stadtfesten. Das Ziel:Rekruten anwerben und künftige Wählerin-nen und Wähler von militärischen Einsätzender Bundeswehr im Ausland überzeugen. Im-merhin leisten gegenwärtig 6600 deutsche Sol-daten Kriegsdienst in anderen Ländern. DieLegitimation für ihre »Experten für die politi-sche Bildung« sicherte sich die Bundeswehr inacht Bundesländern über sogenannte Koope-rationsvereinbarungen mit den Kultusministe-rien. Die Jugendoffiziere gestalten denUnterricht, entwerfen Lehrmaterialien, orga-nisieren Ausflüge und nehmen zunehmendEinfluss auf die Ausbildung von Lehrkräften.

Die Bundeswehr will smart erscheinen, wirbt für»marktgängige Berufe in der Armee«. Dass derDienst an der Waffe auch ein tödliches Risiko insich birgt, wird ausgeblendet und verschwiegen.No Risk, no Fun! Selbst weich gespülte Kooperati-onsvereinbarungen – wie die in NRW –, die seit2012 verpflichtend auch Friedensinitiativen inSchulen zu Wort kommen lassen, ändern an derTatsache nichts, dass der Alltag bei Kriegseinsätzenvon Jugendoffizieren der Bundeswehr im Unter-richt ignoriert wird.Immer mehr, immer öfter und ideenreich weh-

ren sich Schülerinnen und Schüler und Studie-rende gegen diese Vereinnahmung. »Kein Werbenfürs Sterben« – ein riesiges Banner hängt an heli-umgefüllten roten Ballons unter der Decke des Bre-mer Roland Centers. Mitglieder der Linksjugend[’solid] und anderer antimilitaristischer Bündnisseschreien laut und provokant ihren Protest heraus.Auffallen und Mut machen, mit blutbefleckten T-Shirts den eigenen Tod simulieren – mitten in derEinkaufsmeile. »Die-in-Flashmobs« kommen an undmachen Schule. Nicht nur in Bremen, Hamburg,Sachsen-Anhalt, auch anderswo gibt es Aktionen.Mit einem Goldenen Colt sorgte die Linksjugend['solid] Rheinland-Pfalz am Göttenbach-Gymnasiumin Idar-Oberstein für Aufmerksamkeit: Diese »Eh-rung« erwarb die Schule für ihre »vorbildliche« Zu-sammenarbeit mit der Bundeswehr. Musiker wieIrie Révoltés, Los Fastidios, ZSK und andere Bandsproduzierten gemeinsam eine CD mit 15 Songs undBalladen, die sich kritisch mit dem Einsatz der Bun-deswehr an Schulen und anderen Bildungseinrich-tungen auseinandersetzen. Songs die aufrütteln,zum Nachdenken anregen, eben Songs ohne Ver-fallsdatum und deshalb sicher auch am 14. Juni2013 zum bundesweiten dezentralen Aktionstaggegen die Militarisierung der Bildung zu hören.Dieser Aktionstag soll die zweite bundesweite Ak-tionswoche für eine militärfreie Bildung und For-schung vorbereiten, die für Herbst 2013 geplant ist.Zur Nachahmung ausdrücklich empfohlen. Wermitmachen und nachahmen will, findet hier mehrInformationen:

http://www.bundeswehr-raus.de undwww.antimilaktionswoche.wordpress.com

FlashmobEin Flashmob (flash = Blitz, mob von mobi-lis, bewegen oder Volksmenge) ist ein kur-zer und nur scheinbar spontaner Men-schenauflauf auf öffentlichen Plätzen oderin öffentlichen Räumen. Da treffen sichLeute zu einer bestimmten Uhrzeit undtun etwas Ungewöhnliches. Zum Beispiellegen sie sich auf den Boden und stellensich tot (Die-in). Flashmobs waren ur-sprünglich mal sehr unpolitisch, sind aberinzwischen eine besondere und besondersöffentlichkeitswirksame Form politischenProtestes. Die Aufrufe werden online überWeblogs, Newsgroups, via Twitter, SMSoder E-Mail-Kettenbriefe verbreitet. Treff-punkt, genauer Zeitpunkt, mitzubringendeDinge, Verkleidungen – manche Aufrufeklingen sehr geheimnisvoll, bei anderenweiß man ziemlich genau, worauf mansich einlässt.

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KULTUR

DISPUT Sonderausgabe Frühjahr 2013

Die Zahl derMenschen jüdi-schen Glaubensin Deutschlandsteigt stetig an.Die Zahl derneu errichte-ten Synagogen

wächst. Der spek-takuläre Bau des Jüdischen Mu-seum vermeldet Jahr für Jahr neueBesucherrekorde. Vieles ist wiederda, was jüdisches Leben inDeutschland geprägt hat. Ein klei-ner, aber wichtiger Baustein ist dervon Myriam Halberstam vor dreiJahren in Berlin gegründete Kin-derbuchverlag Ariella. Die Journa-listin, Filmemacherin und Autorinmerkte während des Aufwachsensihrer beiden Töchter, dass es kaumdeutschsprachige jüdische Kinder-bücher gibt. Diese Lücke wollteund will sie weiterhin füllen. Mitihrem ersten Buch, »Ein Pferd zuChanukka«, geht sie »auch in Kin-dergärten, die türkische und arabi-sche Kinder besuchen. Das dientder Annäherung und der Aufklä-rung und liegt mir sehr am Her-zen.« Vier Bücher sind bislang indem Eine-Frau-Verlag entstanden.Mehr schafft sie nicht und mehrwill sie vielleicht auch gar nicht.

www.ariella-verlag.de

Sanfte Annähe-

rung

SACHBUCH

KINDERBUCH

Das passt immer noch: »Kaufen, was einem dieKartelle vorwerfen; lesen, was einem die Zenso-ren erlauben; glauben, was einem die Kirche undPartei gebieten. Beinkleider werden zurzeit mittel-weit getragen. Freiheit gar nicht.« Kurt Tucholskyin jenen Jahren, da es auch nicht viel anders warals heutzutage. Die einen hatten viel, die anderenhatten wenig. Die Zahl derjenigen, die wenig hat-ten, war riesig gegenüber der Zahl der wenigen,die viel hatten. Das ist so geblieben. Bis heute.In ihrem neuen Buch »Wir sind der Staat! –Warum Volk sein nicht genügt« listet DanielaDahn viele Fakten auf, die diese Kontinuität inder Struktur der Besitz- und Machtverhältnisse

kennzeichnen bis hin zu jener rotzigen Behaup-tung des US-amerikanischen Milliardärs WarrenBuffet, der in einem Gespräch mit der »New YorkTimes« den Ist-Zustand knapp und klar benannte:»Es herrscht Klassenkampf, aber es ist meineKlasse, die Klasse der Reichen, die Krieg führt,und wir gewinnen.« Ihres Sieges sind sie sich si-cher, diese Reichen, diese Märkte, diese Rating-agenturen und auch diese Volksvertreter, denendas Volk, das Gemeinwesen und damit auch derStaat ziemlich schnuppe sind.Deshalb reiche es nicht, so die Autorin, hier undda um ein paar Almosen zu betteln. Verändertwerden, vielleicht gar aufgelöst werden müsste

jedweder Staat, der auf »das Volk«, diese ethno -grafische Chimäre, baut. Stattdessen gelte es, räte-republikanische Ideen, denen immer die Vor-stellung von einem selbstbestimmten Gemeinwe-sen innewohnt, zu neuem Schwung zu verhelfen.

Daniela Dahn: Wir sind derStaat! – Warum Volk sein nichtgenügt, Rowohlt Verlag 2013.176 Seiten, 16,95 Euro (Hardcover), 14,99 Euro (Digitalbuch)

Warum nicht eine Räterepublik?

Eigentlich hat er das schon immer gemacht. Stören.Jetzt im 83. Lebensjahr will Dieter Hildebrandt nocheinmal richtig zulangen. Diesmal nicht mehr auf ir-gendwelchen Kanälen irgendwelcher öffentlich-rechtlichen Sender, die ihn in der Vergangenheithäufig beschnitten und zensiert haben. Jetzt ist erzusammen mit einigen Kompagnons selbst der Sender, die Produktion und alles drum herum, wasdazugehört, wenn man sich mit Bild und Ton in derÖffentlichkeit zeigen und der Politik, der Wirtschaftund all den anderen staatstragenden Ganoven dieLeviten lesen will. »stoersender.tv« heißt das Pro-dukt, das am 28. März erstmals als Stream im Inter-net versendet wurde.Möglich gemacht hat das eine Crowdfunding-Phase,in der so viel Geld zusammenkam, dass das Projektauch realisiert werden konnte. Möglich gemacht hatdas aber auch die Bereitschaft vieler Kolleginnenund Kollegen aus dem Gewerbe des Politikkaba-retts, mitzumachen, denen die ganzen zipfelmützi-gen Nuhrs und Richlings einfach zu lauwarm sind.Mit dabei im stoersender.tv sind Georg Schramm,Franz-Markus Barwasser, Gerhard Polt, Monika Gruber, Luise Kinseher, Konstantin Wecker, OttfriedFischer, Urban Priol und Martina Schwarzmann. Das Ziel vons Janze? Das hat Hildebrandt definiert:»Ziel des Stoersenders ist, Menschen und Organi -sationen zu stören, die ihrerseits die Demokratie stören.«

www.startnext.de/stoersender

StoerenfriedHILDEBRANDT

»europaROT« ist das Magazin der LINKEN im Euro-päischen Parlament. Die Zeitschrift erscheint vierMal im Jahr als Beilage in ausgewählten linken Tageszeitungen. Man kann sie sich aber auch perPost nach Hause schicken lassen oder als PDF vonder Seite www.dielinke-europa.eu herunterladen.Warum sollte man das tun? Weil in »europaROT« interessante und sehr infor-mative Texte stehen. Jedes Heft enthält einen The-menschwerpunkt. »Eiszeit in Europa. Sozialabbau,Entsolidarisierung, Armut. Welche Wege führenaus der Krise?« war beispielsweise der des letztenHeftes im Jahr 2012. Die Ausgabe 7 widmet sichunter dem Titel »Vom Hunger in der Welt. Wie Klimawandel, Armut und globale Finanzkrise zu-sammenhängen« dem Thema Ernährungssicher-heit. Wer eine andere Sicht auf Europa kennen-lernen will als die des Mainstreams, wer wirklichein wenig hinter die Kulissen schauen, Faktenstatt Angstmacherei, Vielfalt der Argumente stattAuslese mit Tunnelblick haben möchte, kann sichmit diesem Magazin wohlfühlen. Inzwischen gibtes elf Ausgaben und die zusammen ergeben einenguten und vielschichtigen Einblick in wichtige eu-ropäische Themen. Einen Versuch ist es auf jedenFall wert.

Bestellen per Post:Europäisches Parlament Fraktion GUE/NGLRue Wiertz 60 PHS 05 C 0051047 Brüssel, Belgien

per Mail: [email protected]

europaROT lesen

ZEITSCHRIFT

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Ja, er ist ge- storben, am

18. März. KeinDatum wie jedesandere: Märzge-fallene (1848),Bismarck-Rück-tritt (1890), Nie-derschlagung

des KronstädterMatrosenauf-stands (1921),

erste und einzige freie Volkskam-merwahlen (1990), Joachim Gauck

Bundespräsident (2012). Und er? Waswar er? Texter? Autor? Kabarettist?Entertainer? Von allem etwas. Aberganz und gar war er Denker – Vor-und Nachdenker gleichermaßen.Sanft, ironisch, vielleicht auch ein

bisschen hinterlistig. Und kein Neussdes Ostens, kein Hildebrandt des

Ostens, kein Comedy-Haudruff, keinWitzeerzähler, kein Grimassen-

schneider, kein Lachsack. Die Titelseiner Bücher weisen die Richtung:»Ab jetzt gebe ich nichts mehr. Nach-richten aus dem neuen Osten« (1993),

»Hat es die DDR überhaupt gegeben?« (1998), »Was ich noch

vergessen wollte« (2000), »Populäre DDR-Irrtümer. Ein Lexikon« (2008), »Ihr könnt ja

nichts dafür! Ein Ostdeutscher ver-zeiht den Wessis« (2010) und schließ-lich seine Biografie »Meine ganzenHalbwahrheiten« (2010). Nur 71

Jahre ist er alt geworden.

© Superbass / CC-BY-SA-3.0 (via Wikimedia Commons)

Der Mann, hochbetagt, hochgebildet, hochwiderstän-dig, hatte ihn nicht gefürchtet, den Tod. Er starb EndeFebruar, im 95. Lebensjahr, in Paris. Da lagen seineMemoiren mit dem Titel »Tanz mit dem Jahrhundert«schon seit 16 Jahren vor. Doch im Herbst 2010 meldeter sich mit einer kleinen Streitschrift, »Empört Euch!«,noch einmal wortkräftig zurück, mischte er sich nocheinmal in den öffentlichen Diskurs ein, in jener sanf-ten und zugleich furiosen Art zu denken, zu sprechen,zu agitieren, die ihm eigen war. Jetzt sei es genug mitden Tollheiten der Banken und Ratingagenturen, mitder Willfährigkeit der Politiker gegenüber den Ban-

kern und ihren Helfershelfern. Die allgegenwärtigeEmpörung über die Zustände müsse öffentlich ge-macht werden. Viele, sehr viele folgten diesem Appelleines Mannes, der im französischen Widerstand gegendie deutsche Besatzung aktiv und in den Konzentra -tionslagern Buchenwald und Dora inhaftiert war undwährend der Deportation nach Bergen-Belsen fliehenkonnte.

Mehr über Stéphane Hessel: www.echte-demokratie-jetzt.de/emport-euch/

Sanft und furios

Erst die DVD und dann TV

STÉPHANE HESSEL

»Sándor Lehmann hasste Tatorte. Tatorte waren was für Reporter, für Wich-tigtuer in Uniform und all die anderen Knallchargen. Tatorte waren das, wasnach einem Ereignis übrig blieb, der Abwasch nach einem Saufgelage, derDreck, den jemand zusammenfegen musste. Sándor hasste es, wenn er selbstdieser Jemand sein sollte.« Lehmann ist der eine, der andere ist Belfort, einlinientreuer Nazi und Kollege des Kriminalkommissars Lehmann um 1930in Berlin. Sie ermitteln gemeinsam und gegeneinander zugleich in der Sache»Giftgasanschlag auf den Tanzpalast ›Femina‹. Elf Tote.«

WEISSENSEE

KRIMI

Das war im Herbst 2010, als es derARD mit der TV-Serie »Weißensee«gelang, Qualität zu liefern undtrotzdem richtig Quote zu machen.Und da so etwas selten geschieht,wurde im darauffolgenden Jahrgleich die zweite Staffel mit wie-derum sechs Teilen gedreht. Diesollten 2012 laufen, aber darauswurde nichts, weil der einzige Sen-

deplatz, der dafür infrage kommt,der Dienstagabend, schon langfris-tig reserviert war. Und nu?Nun soll die Staffel im Herbst die-ses Jahres gesendet werden. Seitdem Frühjahr dieses Jahres liegtdie DVD mit den sechs Teilen derzweiten Staffel bereits in den Ver-kaufsregalen. Wer also möchte, derkann sich schon jetzt ansehen, wie

sich die Geschichte zweier gänzlichgegensätzlicher Familien in denachtziger Jahren in der DDR weiter-entwickelt.

»Weißensee«, 2. Staffel, 6 Folgenà 48 Min., um die 18 Euro(am besten im Buchladen ne-benan bestellen – siehe Seite 42)

PETER ENSIKAT

KULTUR

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Ein Jazzer als Kommissar

Martin Keune: Black Bottom; be.bra verlag, Berlin 2013, 272 Seiten, 9,95 Euro

Kein Nachruf

MitspielerIm Widerstand

»Suche Gitarrenspieler zumgemeinsamen Singen von Wi-derstandsliedern aus demRaum Duisburg/Wesel inNordrhein-Westfalen. Kontakt: 0177/763 74 11.Gabi Labacher.«

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PETER HACKS

Vor zehn Jahren, pünktlich zum 75. Ge-burtstag des Schriftstellers und EssayistenPeter Hacks am 21. März, erschien beim Eulenspiegel Verlag die 15-bändige Ausgabe seiner Werke. Fünf Monate später starb er. Jetztlegt wiederum der Eulenspiegel Verlag einen fast 1000-seitigen Bandmit den Briefen an die Familie aus der Zeit von 1945 bis 1999 vor.Der Band, sorgfältig ediert von Gunther Nickel, gibt reichlich Ein-blick in das alltägliche Leben dieses Schriftstellers, der als beken-nender Kommunist 1955 von der BRD in die DDR übersiedelte unddas nie bereut hatte.

»Peter Hacks schreibt an ›Mamama‹. Der Familienbriefwechsel1945–1999«, hrsg. von Gunther Nickel, Eulenspiegel Verlag,Berlin 2013, 992 Seiten, 49,99 Euro

41DISPUT Sonderausgabe April 2013

Die jüngste Aus-gabe der Vierteljah-res-Zeitschrift»LUXEMBURG – Ge-sellschaftsanalyseund linke Praxis«(1/2013) widmetsich den Gewerk-schaften hierzu-lande und auchanderswo. Es gehtum Positionierung,Organisationsmacht und politische Handlungsfähigkeiten, aber auch um die Frage nach Ansätzen gewerkschaftlicher Erneuerung und Bündnisse, die über den jeweiligen betrieb -lichen Rahmen hinausgehen. Ein Jahresabo kostet 30 Euro. Es lohnt sich!

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Briefe an die Mutter

LUXZEITSCHRIFT

KULTUR

DISPUT Sonderausgabe Frühjahr 2013

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Nazisraus

Klar ist, die Forderung»Nazis raus« provoziertimmer die Frage »Aberwohin mit ihnen?«»Raus aus den Köpfen« war da schon maleine gute Antwort. Und machbar – wenngenügend Menschen mitziehen – ist auchdie Forderung »Nazis raus: aus dem Inter-net«. Am 7. August 2000 wurde diese Aktion von der Linkspartei.PDS gestartet. Da wurde eine Mail verschickt mit derBitte, den Button der Aktion auf die Start-seite der eigenen Internetseite zu setzenund mit einem Link auf die Aktionsseitewww.nazis-raus-aus-dem-internet.de zuversehen. Das Echo war groß und inzwi-schen läuft die Aktion fast von selbst.Jede Woche beteiligen sich weitere Web-masterinnen und Webmaster und stellenden Button auf ihre Seite. Die Zahl der Nazi-Websites ist in den

vergangenen Jahren nicht wesentlich ge-stiegen. Ist der Druck groß genug, sindPro vider oft auch bereit, die Seiten zusperren. Aber ohne Widerstand geht esnicht, diese Erfolge sind auch den Antifa-schistinnen und Antifaschisten im Netzzu verdanken. Also: Auf die Seite gehen und entweder

den Button auf der eigenen Website plat-zieren oder, wenn keine eigene Seite exis-tiert, per Mail andere Menschen auf dieAktion aufmerksam machen. Übrigens: Die Website wurde für den

klicksafe Preis 2013 nominiert.

www.nazis-raus-aus-dem-internet.de

Bücher sind Lebensmittel undLebensmittel sollte man teilen

Nicht zufassen:

Nein, es geht nicht darum, eine Spezies vordem Aussterben zu bewahren. Es geht um Qua-lität und fair kaufen. Der unabhängige Buch-handel steht für beides. Amazon ist nicht ohneGrund in die Schlagzeilen geraten. Der Inter-netversender verschafft sich mit unfairen Mit-teln Wettbewerbsvorteile, behandelt seineLeih arbeiterinnen und Leih arbeiter schlechtund agiert mit aggressiven und erpresseri-schen Wettbewerbsmethoden. Natürlich ist es bequem, Bücher online zu

bestellen und die Lieferung ins Haus zu be-kommen. Und wer keinen Buchladen in derNähe hat, braucht solchen Service auch –schließlich sind Bücher Lebensmittel. Wemaber das Glück beschieden ist, keinen weitenWeg zum nächsten Buchladen zu haben, undwenn es sich bei dem Buchladen dann zumGlück auch nicht um eines der Schlachtschiffevon Thalia und Hugendubel (ähnliche Wettbe-werbsmethoden wie Amazon) handelt, dannsollte man sein linkes Herz in die Hand neh-men und dort kaufen. Jede kleine Buchhandlung besorgt, was lie-

ferbar ist, dazu gehören auch Titel, die beiAmazon nicht gelistet sind. Bestellungen kön-nen auch, wie bei Amazon, online getätigt wer-den. Die meisten Buchhandlungen besorgenden Titel antiquarisch, wenn ein Buch, eineCD, eine DVD oder ein Notenheft nicht liefer-bar sind. Oft zu günstigeren Preisen als beiAmazon. Gute Buchhändlerinnen und Buch-händler sind gut in der Recherche und vorallem lesen sie. Sie können mehr über einBuch erzählen, als im Klappentext steht. Mitihnen kann man über Bücher reden, man kannsich beraten lassen und wird wohl nie den Satzhören: »Kunden, die dieses Buch kauften, kau-fen auch ....«

Mehr Informationen: www.boersenverein.de

Drei linke Dinge tun

3Raus-gehen und

kämpfen!Er ist mehr Kampf- als Feiertag, auch wenn esam 1. Mai vielerorts Bratwurst und Bier gibt.Soll auch nicht fehlen. Aber nicht zu verges-sen bleibt: Gute Arbeit und gute Löhne gibtes im Kapitalismus nicht frei Haus. Beidesmuss immer erkämpft werden. Nicht alleMenschen, die am 1. Mai auf die Straßen undPlätze, zu Kundgebungen und Demonstratio-nen gehen, würden sich als links bezeichnen.Aber wer Linke oder Linker ist, darf nichtfehlen, wenn es darum geht, für bessereLöhne, weniger Stress am Arbeitsplatz, gegenprekäre Beschäftigungsverhältnisse und füreine solidarische Gesellschaft zu kämpfen. Hinzu sei gesagt: Auch die Walpurgisnacht

sollte in diesen Zeiten nicht zum »Tanz in den1. Mai« verniedlicht werden. Im vergangenenJahr demonstrierten in Berlin in der »Antika-pitalistischen Walpurgisnacht« Tausendegegen steigende Mieten und Vertreibung.Keine Hexerei, so was zu organisieren – imKleinen oder im Größeren. Aufrufen, verab -reden, Mitstreiterinnen und Mitstreiter su-chen, recherchieren, wo vielleicht schon wasgeplant ist, hingehen. Bei den LINKEN vorOrt nachfragen, was die planen. Gemeinsamist man nicht nur weniger, sondern definitivnicht allein. Das Berliner Motto in der Wal-purgisnacht des vergangenen Jahres lautete:»Der Druck steigt – für die soziale Revolutionauf die Straße gehen«. So machen wir das am 1. Mai. Und wir neh-

men die Nachbarinnen und Nachbarn, Freun-dinnen und Freunde und Verwandten mit.

ImBuch-laden

MIT LINKS LEBEN

42 DISPUT Sonderausgabe Frühjahr 2013

21

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FÜR VIER PERSONEN BRAUCHT MAN(N) UND FRAU:

500 g Rote Bete (vorgekocht)

1 Zwiebel

1 Knoblauchzehe

2 EL Raps- oder Olivenöl

½ TL Kreuzkümmel (gemahlen)

0,6 l Gemüsebrühe

0,4 l Kokosmilch

220 g Kichererbsen (vorgekocht)

Salz

Pfeffer

Koriander (frisch)

UND SO WIRD ES GEMACHT:

Rote Bete würfeln3 EL Rote-Bete-Würfel beiseitestellenZwiebel und Knoblauch hacken, in Öl andünstenRote Bete dazu, mit Kreuzkümmelbestäuben und 3 bis 4 Minuten zugedecktanbratenBrühe und Kokosmilch dazu,20 Minuten köchelnSuppe pürierenAbgespülte Kichererbsen in der SuppeerhitzenRote-Bete-Würfel dazuSalzen und reichlich pfeffernSuppe auf Tellern anrichtenMit Korianderblättchen bestreuen

antikrot

baccararot

blassrot

blutorangenrot

blutrot

blutig rot

bordeauxrot

brandrot

brennend rot

braunrot

burgunderrot

kardinalrot

karmesinrot

chromrot

cyclamrot

dunkelrot

düsterrot

englischrot

erdbeerrot

fahlrot

feuerrot

flammend rot

fleischrot

fuchsrot

garibaldirot

glühend rot

glutrot

granatrot

hektisch rot

hellrot

himbeerrot

hochrot

hustenrot

hyazinthrot

karminrot

kirschrot

knallrot

korallenrot

krapprot

krebsrot

kupferrot

lachsfarbenrot

leuchtend rot

lichtrot

mattrot

mennigrot

nelkenrot

orangerot

päonienrot

pfirsichrot

postillonsrot

purpurrot

puterrot

rosarot

rosenrot

rosinenrot

rostrot

rote-bete-rotrotrot

rubinrot

schamrot

scharlachrot

schreiendrot

tiefrot

tulpenrot

tomatenrot

türkischrot

weinrot

weinhefenrot

ziegelrot

zinnoberrot

zwiebelrot

Rot kochenDiesmal im Angebot: Rote Bete. Ohne sie geht überhaupt nichts. Aber sie alleinmacht noch lange keine Suppe zum Sattwerden.

SO SCHMECKT ROTKOST

ROTKOST

43DISPUT Sonderausgabe Frühjahr 2013

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