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Die Kopernikanische Wende - lsw.uni-heidelberg.de · Mars auf ihrer Umlaufbahn. Entscheidend für...

Date post: 02-Sep-2019
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Die Kopernikanische Wende Max Camenzind Senioren Uni Mai 2016
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Die Kopernikanische Wende

Max Camenzind

Senioren Uni

Mai 2016

Griechen:

Alle Körper

bewegen sich

auf

Kreisbahnen

um die Erde

Das geozentrische

Weltbild in einer

Darstellung von 1661

Die Kristallsphären

Fixsternsphäre

rotiert

Geometrische Grundannahmen über

die Bewegungen der Himmelskörper

1. Die Planeten und Gestirne bewegen sich auf

konzentrischen Kugeln.

2. Die Erde bleibt als Ruhepunkt im

Zentrum (geozentrisches Weltsystem).

3. Die Bahnen der Himmelskörper sind Kreise

(oder zusammengesetzte Kreisbewegungen).

4. Die Geschwindigkeiten dieser

Kreisbewegungen sind gleichförmig.

Es traten allerdings zwei Anomalien auf:

1. Die Geschwindigkeit der Planeten sind

nicht gleichförmig, so läuft z. B. der Mond

durch täglichen Winkel, die sich von 10° bis 14°

variieren.

2. Die Laufrichtungen der Planeten ändern

sich gelegentlich durch gewisse

Rückkehrbewegungen. Die Griechen haben

erkannt, dass dieses Phänomen von der Lage

relativ zur Sonne abhängig ist.

Die

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der

Mars

ba

hn

Epizykel-Bewegungen des Ptolemäus

Ptolemäus Aristarch von Samos

(310 – 230 v. Chr.)

Kopernikus (1473-1543)

Quelle: DIE ZEIT, 20.05.2010 Nr. 21:

Geboren wurde Nikolaus Kopernikus am 19. Februar 1473 in

Thorn an der Weichsel. Als sein Vater, ein wohlhabender

Kaufmann, starb, war der Junge zehn Jahre alt. Von nun an

kümmerte sich sein Onkel Lukas Watzenrode um die

Ausbildung des Halbwaisen. Glück im Unglück: Onkel Lukas

war der Bischof des Ermlands, des Bistums an der Danziger

Bucht, mit Sitz in Frauenburg. Er schickte den jungen

Nikolaus an die Universität Krakau, wo dieser das

traditionelle Grundstudium der sieben freien Künste

absolvierte. Dazu gehörte auch die Astronomie. Doch

vermutlich hat Kopernikus nie den Abschluss gemacht,

jedenfalls führte er später keinen Titel der Universität. Dafür

hatte er gute Beziehungen.

Nikolaus Kopernikus

K1

Lukas Watzenrode verschaffte seinem Neffen eine

Anstellung als Domherr von Frauenburg. Insgesamt 16

Domherren verwalteten die Ländereien und Besitztümer

des Bistums und teilten sich die Erträge. Eine schöne

Pfründe: Kopernikus hatte damit finanziell ausgesorgt,

brauchte für seine Verwaltungsaufgaben aber noch den

Universitätsabschluss. Das Domkapitel ließ ihn 1496 an die

Universität Bologna gehen. Hier setzte er seine

astronomischen Studien fort.

Platon und Aristoteles stellten den Astronomen also die

Hausaufgaben für die nächsten zwei Jahrtausende: Erkläre

die beobachteten Planetenbahnen durch Kreisbewegungen!

Das war knifflig. Denn Venus, Merkur, Mars, Jupiter und

Saturn schlingern, von der Erde aus gesehen, im Jahreslauf

regelrecht über den Nachthimmel und drehen auch schon

mal eine kleine Rückwärtsschleife. Von gleichmäßiger

Kreisbewegung keine Spur. K2

Doch während Europa im Mittelalter vor sich hin

dämmerte, entbrannte unter den avantgardistischen

Astronomen Arabiens eine Debatte, die auch Kopernikus

beeinflussen sollte. Auf der einen Seite standen die

Aristoteles-Verehrer um den islamischen

Religionsphilosophen Ibn Ruschd (Averroës). Ihrer Ansicht

nach hatte Ptolemäus sich zu weit von Aristoteles entfernt.

Auf der anderen Seite stand die Astronomenschule von

Maragha im heutigen Nordiran, die Ptolemäus verteidigte,

ihn aber ebenfalls physikalisch erden wollte. Kopernikus,

damals in Bologna, schlug sich auf die Seite der Maragha-

Schule. Er suchte nach einer physikalischen Deutung des

ptolemäischen Kreisgewirrs. Mit einem kleinen, aber

bedeutenden Unterschied: Er vertauschte die Position von

Erde und Sonne. K3

1503 wurde er in Kirchenrecht promoviert und kehrte

zurück nach Frauenburg, das er nur noch einmal, als der

Ort von den Truppen des Deutschen Ordens verwüstet

wurde, für eine kurze Zeit verlassen sollte. Der Domherr

Kopernikus hatte andere Sorgen als das Universum. Er

musste die Dombaukasse verwalten, für die Reichen

beten, Abgaben festlegen, über die Münzreform und die

Brotpreise nachdenken. Dazu half er als Arzt, wo er

konnte. Er war ein Kirchenmann wie jeder andere, mit

seiner Haushälterin Anna Schillings hatte er ein

Verhältnis. An seinem Sonnensystem arbeitete er in

Mußestunden. Um es im Blick zu behalten, richtete er

sich eine kleine Sternwarte ein.

K4

1510 schrieb er den Commentariolus, den »Kleinen

Kommentar«, der die Welt auf den Kopf stellte. Es war

nicht viel mehr als ein Thesenpapier, zwanzig Seiten kurz,

verbreitet in wenigen handschriftlichen Kopien. In sieben

»Forderungen« skizzierte Kopernikus das heliozentrische

Weltbild. Unter Nummer 3 und 6 die entscheidenden Sätze:

Alle Sphären haben die Sonne zum Mittelpunkt. Das

Zentrum des Kosmos liegt daher in der Nähe der Sonne.

Was wir für eine Bewegung der Sonne halten, rührt von der

Bewegung der Erde und unserer Kugelschale her, mit der

wir die Sonne umkreisen. Zwei wichtige Prinzipien der

aristotelischen Physik allerdings tastet Kopernikus nicht an:

Planeten werden von Kugelschalen bewegt, und sie bewegen

sich auf Kreisbahnen. K5

Stimmte die Theorie mit der Beobachtung überein? Nicht

sonderlich gut – was Kopernikus bewog, die Veröffentlichung

seines Hauptwerks De revolutionibus immer weiter

hinauszuschieben und schließlich an den Beobachtungsdaten der

Antike zu zweifeln. Immerhin machte seine Theorie neue

Vorhersagen: Im heliozentrischen Weltbild muss die Venus

ebenso wie der Mond unterschiedliche Phasen haben, also je nach

Stand zur Sonne mal sichelförmig und mal voll erscheinen. Indes

konnte diese Vorhersage nicht ohne Teleskop beobachtet werden,

und das gab es noch nicht. Die Revolution lief schleppend an.

1514 wurde Kopernikus von der päpstlichen Kommission zur

Reform des Kalenders um eine Stellungnahme gebeten. Im Jahr

1533 ließ sich der Medici-Papst Klemens VII. von einem Sekretär

»die kopernikanischen Sätze über die Bewegung der Erde«

erklären. Rechenübungen zur besseren Beschreibung der

Himmelsphänomene waren damals keineswegs tabu – solange es

beim bloßen Rechnen blieb. Außerdem war Kopernikus ja einer

von ihnen. K6

Schwierigkeiten bekam er aus anderen Gründen. Er möge

endlich den Zölibat respektieren, mahnte 1538 Frauenburgs

Bischof Johannes Dantiscus (der selbst ein uneheliches Kind

unterhielt). Kopernikus gehorchte und entließ Anna Schillings.

Gleichzeitig beschloss er, sein lange zurückgehaltenes Buch

„De revolutionibus orbium coelestium“ in Druck zu geben, mit

dem er die Kirche erst so richtig ärgern sollte.

Sein einziger Schüler, der Mathematiker Georg Joachim

Rheticus aus Vorarlberg, vollendete die Abschrift und brachte

das Werk 1541 nach Nürnberg. Er bat den protestantischen

Pfarrer Andreas Osiander, den Druck zu überwachen. Der

jedoch tat etwas Unerhörtes: Er fügte dem Werk eigenmächtig

ein anonymes Vorwort hinzu, in dem er das heliozentrische

Weltbild im Wesentlichen als mathematische

Hilfskonstruktion bezeichnete, nicht zu verwechseln mit der

wirklichen Beschaffenheit des Kosmos. K7

Im Jahr 1543 erschien das Werk, eine Abhandlung für

Spezialisten mit mehr als 400 Seiten Text und Tabellen, mit

endlosen Zahlenkolonnen zu Sternpositionen und

Planetenbahnen. Kurz darauf erlitt Kopernikus einen

Schlaganfall. Sein Freund Tiedemann Giese, später selbst

Bischof in Frauenburg, schrieb in einem Brief an Rheticus:

»Viele Tage war er seines Gedächtnisses und seiner

Geisteskraft beraubt; erst im letzten Augenblick sah er das

fertige Buch, an dem Tag, an dem er starb.«

Es geht die Legende, dass Kopernikus vor Gram starb, als

er das gefälschte Vorwort entdeckte. Unwahrscheinlich,

meint Biograf Carrier. Kopernikus habe in seinem elenden

Zustand davon kaum Notiz nehmen können. Es waren

andere, die sich für ihn aufregten. Giese strengte sogar eine

Klage gegen die Nürnberger Druckerei an, die allerdings

abgewiesen wurde. K8

Doch just als bloßes Rechenmodell taugte das neue

Theoriewerk nicht viel. Weil Kopernikus auf Kreisbahnen

beharrte und von Ellipsen nichts wissen wollte, blieb es mit

schwerfälligen Hilfskonstruktionen belastet, nicht anders als

seine antiken Vorgänger. Als Weltmodell aber überzeugte es

rasch. So erklärte es ganz von selbst, warum die Venus und

der Merkur immer in der Nähe der Sonne zu sehen waren:

weil sie als die innersten beiden Planeten die Sonne

umkreisten. Auch die rückläufige Bewegung des Mars war

bei Kopernikus sofort einsichtig: Die Erde überholte den

Mars auf ihrer Umlaufbahn. Entscheidend für den Erfolg

seines Modells war, dass die führenden Naturforscher der

Zeit diese Vorzüge erkannten und es weiterentwickelten. Der

Däne Tycho Brahe schaffte die Kugelschalen ab, Kepler die

Kreisbewegung der Planeten. Der Durchbruch kam, als

Galilei im Herbst 1610 mit seinem Teleskop erstmals die

Phasen der Venus beobachten konnte. K9

Als der Kirche dämmerte, dass ihr Weltbild wankte,

schlug sie mit Macht zurück. Im Jahr 1616 setzte die

Inquisition das kopernikanische System auf den Index,

nach dem Prozess gegen Galilei im Jahr 1633 war es

absolut tabu. Es waren Rückzugsgefechte, die den

rasenden Autoritätsverfall der Kirche nicht mehr

aufhalten konnten. Immer weiter drang die Wissenschaft

vor in die Tiefen des Alls, immer präziser wurden ihre

Messungen. Heute ist das Sonnensystem längst zu einem

lächerlich kleinen Fleck im Kosmos geschrumpft. So

hatte Kopernikus, für den das Sonnensystem noch der

Mittelpunkt allen Seins war, sich das gewiss nicht

vorgestellt.

K10

Tycho Brahe auf der Insel Ven

Observatorium Stjerneborg

unweit von Uraniborg

Tycho de Brahe

der Beobachter

ohne Fernrohr

1546-1601

Stjerneborg heute

König Friedrich II. von Dänemark und Norwegen finanzierte die

Sternwarten Uraniborg und Stjerneborg auf der damals noch dänischen

Öresundinsel Ven vor Landskrona, an denen Brahe 21 Jahre lang

forschte. Brahe baute nicht nur alle benötigten Instrumente selbst,

sondern druckte auch seine eigenen Bücher.

Tycho Brahes Mauerquadrant Tycho Brahe in Hamburg Wandsbek

Tychos Supernova von 1572

430 Jahre später (Calar Alto)

Tycho Brahe und Kepler in Prag

• Nach dem Tode von Frederick II. zankte

sich Tycho Brahe mit dem dänischen Hof.

• 1597 verließ er die Insel Ven Wandsbek

• 1599 wurde er Hofmathematiker in Prag

• 1600 kam Kepler dorthin als sein Assistent

• Brahe starb am 22. Oktober 1601

• Zwei Tage später wurde Kepler zu seinem

Nachfolger ernannt.

Prag 1600

Kepler publiziert 1627 Tychos Daten

Die Kopernikanische Wende II Die Kopernikanische Revolution prägt die Entwicklung der

Astronomie im 18., 19. und 20. Jahrhundert. Vor der

Industriellen Revolution war die Rolle der Naturwissenschaften

im Vergleich zu den anderen Wissenschaften eher marginal.

Weder waren sie auf dem Buchmarkt bedeutend, noch

gelangten aus ihnen nennenswerte Impulse in die theologischen

Debatten, die im Zentrum wissenschaftlicher und politischer

Auseinandersetzungen standen. Auch an den Universitäten

waren sie kaum etabliert: Naturwissenschaft taucht hier nur

als „Naturphilosophie“ auf. Es erscheint daher unwahrschein--

lich, dass eine Frage aus den Naturwissenschaften schon vor

dem 19. Jahrhundert gesellschaftlich die Relevanz gehabt

haben kann. Galilei und Kepler entwickeln völlig neue

Methoden, die Vorgänge in der Welt zu begreifen - Galilei ist

der erste Experimentalphysiker, ihm fehlte jedoch noch der

Kraftbegriff, den erst Isaac Newton einführte.

Johannes

Kepler,

1571-1630:

Platonist,

Mathematiker,

Astronom

s. Sterne & Weltraum

März 2016, S. 82

* Weil der Stadt Keplers Wohnhaus in Linz

Das Kepler Museum

in Weil der Stadt

Mathematiklehrer in Graz

• Ähnlich wie bei Kopernikus war Astronomie nur eines der vielen Interessen Keplers.

• 1591 erwarb er den Magistertitel, danach studierte er Theologie.

• Aber im dritten und letzten Jahr seines Studiums starb der Mathematiklehrer an der lutheranischen Schule in Graz.

• Kepler bekam im April 1594 mit 22 Jahren die Stelle und damit fing seine einmalige Karriere als Mathematiker und Naturwissenschaftler an.

• Er musste Rhetorik und Vergil neben Arithmetik lehren!

• Im folgenden Jahr erregte er Aufsehen durch einen Kalender, in dem er für das Jahr 1595 bitter kaltes Wetter, Unruhe unter den Bauern und den Angriff der Türkei in Europa vorhersagte.

• Alle drei Aussagen gingen in Erfüllung.

• Kepler selbst war ein eher skeptischer Astrologe, trotzdem stellte er Kalender für die nächsten fünf Jahre her.

• Außerdem verfasste er mindesten 800 Horoskope.

• Diese Tätigkeit gehörte zu seinem späteren Beruf als Hofmathematiker in Prag.

Keplers eigenes Horoskop

• Interessanterweise rechnete er sein eigenes

Horoskop öfters aus

• Dafür benutzte er für die genaue Zeit seiner

Empfängnis den Wert: 4 Uhr 37 Minuten in

der Nacht vom 16. Mai 1571.

• Diese Angaben sind amüsant, denn die

Hochzeit seiner Eltern fand einen Tag

vorher statt und Kepler wurde nur sieben

Monate später geboren.

Erster Besuch bei Tycho in Prag

• Im Januar 1600 ging Kepler nach Prag,

um Tycho Brahe aufzusuchen, der damals

frisch auf Schloss Benatky eingezogen war.

• Brahe nahm ihn zwar auf, aber behandelte

Kepler wie einen Anfänger, so dass er

schon im Mai nach Graz zurückkehrte.

• Dennoch war dieser Aufenthalt von

entscheidender Bedeutung für seine

zukünftigen Arbeiten.

Tychos „Schatzkammer“

• Er erkannte, dass Brahe im Besitz vieler

ganz präziser astronomischer

Beobachtungen war.

• Nach Keplers Meinung war er aber nicht

in der Lage dieselben auszuarbeiten.

• Denn das erforderte außerordentliche

mathematische Begabung und natürlich

sehr viel Sitzfleisch dazu.

• In Graz fing Kepler an die Bahn vom Mars

auszurechnen, er bekam aber keine Ruhe.

• Im August 1600 musste er sich einer Kommission

stellen und kurz danach wurde er, wie auch 60

andere Protestanten, aus Graz ausgewiesen. Die

Gegenreformation war erfolgreich.

• Nach vielen vergeblichen Versuchen, Arbeit zu

finden, musste er sich im Okt. 1600 wieder bei

Tycho anmelden.

• Dieser war diesmal froh ihn zu sehen, denn er

hatte gerade seinen Chefassistenten

Longmontanus verloren.

Doch jetzt ist vermessen, was es zu vermessen gibt. Jetzt müssen

die Daten ausgewertet werden. Da kommt ein begabter

Nachwuchs-Astronom wie Kepler gerade recht. Tycho Brahe hat

nämlich ein Modell des Universums entworfen, dessen

Richtigkeit er mithilfe der Messdaten nachweisen will. In seinem

Weltbild drehen sich die Planeten um die Sonne, diese wiederum

rotiert um die Erde, die den Mittelpunkt des Universums bildet -

kompletter Unsinn, wie Kepler findet.

Daher will er lieber seine eigene Theorie ausarbeiten. Doch Brahe

lässt ihn nicht, verwehrt seinem Assistenten den Zugang zu den

interessantesten seiner Beobachtungen - und teilt ihm stattdessen

nebensächliche Aufgaben zu. Kepler ist enttäuscht und wütend.

Er fühlt sich missverstanden, ausgenutzt. Er bekniet

Wissenschaftler in ganz Europa, auf Brahe einzuwirken. Doch

niemand macht sich für ihn stark, und der Däne bleibt stur.

Tychos

Weltmodell

Das

Tychon

-ische

Welt-

modell

Alles

rotiert

um die

Erde

Astronomia

Nova (1609)

= Neue, ursächlich begründete

Astronomie oder Physik des

Himmels.

Dargestellt in Untersuchungen über

die Bewegungen des Sternes Mars.

Aufgrund der Beobachtungen des

Edelmannes Tycho Brahe.

Auf Geheiß und Kosten Rudolphs

II. Römischer Kaiser …

In mehrjährigem, beharrlichem

Studium ausgearbeitet zu Prag

von Sr. Heil. Kais. Maj.

Mathematiker Johannes Kepler.

Die Planetenbahnen sind Ellipsen

• Nach einem vieljährigen Kampf mit der Marsbahn, überzeugte sich Kepler die alte Kreislehre aufzugeben.

• Die Planeten bewegen sich um Ellipsen, wo die Sonne sich in einem Brennpunkt befindet.

“Ich selber wil mich hievon zu etwas anderem wenden, was meinen

Kräften eher entspricht. Dabei will ich mich aber nicht auf jenem

Gebiet meiner Kunst aufhalten, auf dem ich mit meinen Gefährten

in Spannung geraten könnte. Sie mögen sich meinetwegen in ihrer

Weise darüber freuen, daß nun der in die Ketten der Rechnung

geschlagen ist, der so oft ihren Händen und Blicken entschlüpfte

und Vorhersagen von großer Bedeutung zunichte machte,

Vorhersagen über Krieg, Sieg, Herrschaft, militärische

Auszeichnungen, leitende Stellungen, Spiel, ja sogar

Entscheidungen über Tod und Leben. (…) Er ist schließlich auch

der Herrscher im Widder, dem nach ihrem Glauben Deutschland

unterstellt ist, und so hat er zugleich mit Ew. Heil. Kais, Majestät

hier die Herrschaft inne. Diesen Teil des Triumphs mögen also meinetwegen jene Männer feiern. An so

einem festlichen Tag möchte ich ihnen keine Ursache zum Streit geben. Es sei

ihnen ihre Freude verstattet, wie man Soldatenspässe hingehen lässt. Ich selbst

aber will mich zur Astronomie wenden und von dem Triumphwagen aus den

weiteren, mir ganz besonders bekannten Ruhm unseres Gefangenen sowie aller

Phasen des Krieges, den ich geführt und nun abgeschlossen habe, darlegen.”

Die 3 Keplerschen Gesetze der Planetenbewegung

Keplers Kampf mit der Marsbahn

• Die Ergebnisse von Keplers Berechnung der Marsbahn und seine ersten beiden Gesetze erschienen 1609 in seinem berühmten Astronomia Nova.

• Nach vier Jahren intensivster Arbeit mit dem Marsproblem hatte Kepler im Jahre 1605 schon 51 Kapitel dieses Buches verfasst.

• Er war aber immer noch nicht damit zufrieden, denn er konnte sich nicht davon überzeugen, dass die Bahn eine echte Ellipse bildet.

Aus Astronomia Nova, Kapitel 58

„Ich wurde fast verrückt . . . ich konnte nicht verstehen, weswegen der Planet eine elliptische Bahn bevorzugt. Auf Grund physikalischer Prinzipien, die mit Erfahrungen übereinstimmen, blieb keine Figur für die Bahn der Planeten außer einer vollkommenen Ellipse übrig.“

• Dabei hatte er noch Glück, dass die Exzentrizität der Marsbahn viel größer ist als bei den anderen Planeten.

• Er wäre nie auf die Ellipsenbahn gekommen, wenn er eine andere Planeten-Bahn berechnet hätte!

Die ersten zwei Keplerschen Gesetze

• Er stellte sein erstes Gesetz auf:

Die Planeten bewegen sich auf Ellipsen, in deren Brennpunkt die Sonne steht

• Da er sich nicht von Anfang an damit abfinden konnte, fand er das zweite Gesetz vor dem ersten:

Der „Radiusvektor“ (der Strahl Sonne-Planet) überstreicht in gleichen Zeiten gleiche Flächen.

Die ersten zwei Keplerschen Gesetze

dA/dt = const

kann Kepler nicht erklären

Bahn des Kometen Halley Lang gestreckte Ellipse: P = 76 Jahre

Komet Halley

3. Gesetz der Umlaufzeiten

Das Verhältnis aus den 3. Potenzen der großen Halbachsen und den Quadraten der Umlaufzeiten ist für alle Planeten konstant.

(a1 / a2)3 = (T1 / T2)

2

T2/a3 = C = Konstante für jedes Planetensystem

a1

a2

T1 T2

Gesetz der Umlaufzeiten

Die äußeren Planeten laufen langsamer: Jupiter braucht 11,8 Jahre, Neptun 165 Jahre

Die 6 Bahnelemente der Planeten

Bahnelemente der 8 Planeten

Planet Halb-

achse a

Exzen-

trizität e

Bahn-

Periode

Inklina-

tion i

Mittlere

Geschw

Merkur 0,387 0,205 0,2048 7,005 ° 47,8

Venus 0,723 0,006 0,6152 3,39 ° 35,02

Erde 1,0 AE 0,0167 1,0 a 0,00005 29,78

Mars 1,523 0,093 1,8808 1,850 ° 24,13

Jupiter 5,203 0,048 11,863 1,305 ° 13,07

Saturn 9,537 0,054 29,447 2,484 ° 9,672

Uranus 19,191 0,047 84,02 0,777 ° 6,835

Neptun 30,068 0,0085 164,79 1,769 ° 5,478

Isaac Newton

1687

Isaac Newton erklärt Kepler-Gesetze Abrundung der Geschichte

Johannes Kepler veröffentlichte zu Beginn des

17. Jahrhunderts in seinen Werken

"Astronomia Nova" (Neue Astronomie) und

"Harmonices Mundi" (Weltharmonik) die Gesetze

der Planetenbewegung.

Sie stellen die erste wissenschaftlich korrekte

Beschreibung der Planeten-Bewegung dar.

Als Basis für Keplers Berechnungen dienten die

Beobachtungsergebnisse des dänischen Astronomen

Tycho Brahe.

Noch heute navigieren Raumsonden im Prinzip

nach diesen elementaren Lehrsätzen.

Würdigung der Keplerschen Gesetze

Astronomie ohne Fernrohr

• Durch Keplers geniale Leistungen haben Brahes Arbeiten zur beobachtenden Astronomie die neue Kosmologie entscheidend gefördert.

• Die Ergebnisse Brahes rückten sehr nah an die Grenze von dem, was man mit bloßem Auge überhaupt bestimmen konnte.

• Seine Methoden waren jedoch unmittelbar nach der Veröffentlichung von Galileis Siderius Nuncius (1610) überholt.

Das Paradigma der

klassischen Astronomie

• Aus heutiger Sicht wissen wir natürlich, dass

die Voraussetzungen der griechischen

Astronomie grundsätzlich verkehrt waren.

• Anstatt jedoch ihre Grundannahmen

preiszugeben, haben spätere griechische

Astronomen neue mathematische Hilfs-

mittel entwickelt, die ihnen ermöglichten,

diese Schwierigkeiten zu beseitigen.

• ein Vorgehen, das heute in der Physik nicht

ganz unbekannt ist!

Thomas Kuhn: Die Struktur

wissenschaftlicher Revolutionen

• Kuhn beschreibt solche konservativen

Tendenzen als typisch in der Geschichte der

Naturwissenschaften.

• Er hebt dabei die Wichtigkeit von Paradigmen

(was man später als Modelle verstehen wird)

für den normalen Forschungsbetrieb hervor.

• Kuhn betont deren Rolle für die Stabilität der

Wissenschaft.

• Das Jahr 2009 war das Internationale Jahr der Astronomie. Anlass war das 400-jährige Jubiläum von zwei Ereignissen, die die moderne Astronomie begründet haben:

• Im Jahr 1609 nutzte Galileo Galilei zum ersten Mal ein Fernrohr zur Himmelsbetrachtung

• Im selben Jahr veröffentlichte Johannes Kepler sein Buch "Astronomia Nova", in dem er grundlegende Gesetze der Planetenbewegung aufzeigte.

Galilei Fernrohr

Kepler Fernrohr

Die ersten Refraktoren

Galilei´s

Teleskope

Galileo Galilei * 15. Februar 1564 in Pisa; 1592-1610 Padua;

† 8. Januar 1642 in Arcetri bei Florenz

• Teleskope neue Erkenntnisse:

• Struktur der Mondoberfläche

• Sonne hat Flecken (!)

• Venus zeigt Phasen

• Jupiter hat Monde

• Milchstraße aus Sternen

Galileo Galilei –

der erste Experimentalphysiker

Zum Nachdenken:

Was hat Galilei bei

der schiefen Ebene

herausgefunden?

Zum

Nachdenken:

Was hat Galilei

beim

Pendel

heraus-

gefunden?

Mondkrater

Aristarchos

Bild: NASA

Sidereus

Nuncius

(Sternenbote)

1610

Autor: Galileo

Galilei

Die erste Publikation

von Daten,

die mit Teleskopen

erfasst worden sind.

Sonnen-

flecken:

Illustration

von

Attanasius

Kircher

(1664)

Die

Sonne

vom

3.3.2016

Aktivität

klingt

ab

Solarer Fleck

Sonnenzyklus Butterfly-Diagramm

400 Jahre Sonnenflecken

Aktivitäts-Vorhersage Maunder Minimum?

Sonnenaktivität – Klima

& Menschheitsentwicklung

Venus

Phasen

Die Phasen der Venus

von der Erde aus gesehen.

Nur mit dem Fernrohr

erkennt man, dass Venus

Phasen wie der Mond zeigt.

Wir sehen sie als große,

schmale Sichel, wenn sie

zwischen Erde und Sonne

steht, und als kleine, wenn

sie jenseits der Sonne steht.

Venus Phasen (Amateur)

Die Galilei`schen Monde

Die Galileischen Monde

(v. l. n. r.: Io, Europa, Ganymed und Kallisto)

Das neu Weltbild in der Kunst

Die zwei neuen Systeme

werden „abgewagt“

Abstimmung über Planeten 2006

1627

Keplers Welt


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