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Die englischen Finanzvoranschläge für das Jahr 1929/30, nebst Budgetrede des englischen...

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Die englischen Finanzvoranschläge für das Jahr 1929/30, nebst Budgetrede des englischen Finanzministers Winston Churchill Source: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, 46. Jahrg., H. 2 (1929), pp. 313-352 Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KG Stable URL: http://www.jstor.org/stable/40907888 . Accessed: 18/06/2014 01:50 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to FinanzArchiv / Public Finance Analysis. http://www.jstor.org This content downloaded from 185.2.32.49 on Wed, 18 Jun 2014 01:50:47 AM All use subject to JSTOR Terms and Conditions
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Die englischen Finanzvoranschläge für das Jahr 1929/30, nebst Budgetrede des englischenFinanzministers Winston ChurchillSource: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, 46. Jahrg., H. 2 (1929), pp. 313-352Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KGStable URL: http://www.jstor.org/stable/40907888 .

Accessed: 18/06/2014 01:50

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Die englischen Finanzvoranschlage fur das Jahr 1929/30,

nebst Budgetrede des englischen Finanzministers Winston Churchill l).

Das soeben abgelaufene Finanzjahr ahnelt, so erklarte der englische Finanz- minister Winston Churchill am 15. April 1929, dem vorangegangenen Finanzjahre in verschiedener Hinsicht. Wiederum wurden die Mindereinnahmen im Zusammenhange mit dem Bierkonsum durch Ertragnisse ausgeglichen, die mit der Anzahl der Todesfalle im Zusammenhange stehen. Wiederum wurden wesent- liche zusatzliche Ausgaben durch Ersparnisse an den laufenden Etatsansatzen mehr als ausgeglichen, und weiterhin uberstieg der wirklich erzielte UeberschuB sowohl den Voranschlag als auch unsere Erwartungen.

Riickblick auf die letzten fiinf Jahre. Bei der Vorlegung eines neuen Etats ist es zur Gewohnheit geworden, das laufende Jahr mit dem vorhergehenden zu vergleichen. Heute jedoch, wo ich das fiinfte Budget vorzu- tragen habe, kurz vor dem Abtreten des gegenwartigen Parlaments, fuhle ich mich berechtigt, einen Ruckblick tiber den gesamten Zeitabschnitt, fur den wir verantwortlich sind, zu unternehmen. Es handelt sich hierbei um einen wechsel- vollen Lauf. Die Schwierigkeiten ragten mehr hervor als die Gliicksfalle. Das gewaltige wirtschaftliche Ungliick des Jahres 1926 grub sich wie eine tiefe, klaf- fende Wunde in die statistischen Nachweise unseres gesamten nationalen Lebens ein. Es gab eine Zeit, in der ich glaubte - und dementsprechend hielt ich auch dem Parlament vor drei Jahren Vortrag - , daB unsere Staatsfinanzen durch einen Verlust, wie wir ihn erlitten haben, dem volligen Ruin entgegengefuhrt werden wurden, durch einen Verlust namlich, der sich, einschlieBlich der Kohlen- subsidien von 1925, auf sicherlich nicht weniger als auf 80 Millionen Pfund Ster- ling stellt. Immerhin muB ich bei einem Ruckblick auf die letzten fiinf Jahre zu- geben, daB diese Dinge doch ein gut Teil besser abliefen, als ich hoffte oder er- wartete. Niemand hat grofieres Interesse daran, daB diese Dinge gut verlaufen, als die Regierung und vor allem der Minister, der fur die Finanzen des Landes ver- antwortlich ist. Trotz der Schadigungen verschiedenster Art, die unserem National- leben durch die Torheiten des Jahres 1926 zugestoBen sind, haben wir im ab- gelaufenen Jahre einen ansehnlichen und, wie ich zeigen werde, gesunden Ueber- schuB erzielt. Der materielle Wohlstand unseres Landes, ganz gleich, ob er vom Zustand seiner Finanzen aus beurteilt wird, oder vom AusmaBe seines Handels

') Die Uebersetzung und Hinweise ruhren von Dr. OskarAust her. 811

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oder angesichts der Spar- und Konsumtionskraft seiner Bevolkerung, hat einen gleichmaBigen Fortschritt beibehalten. Langer als zwei Jahre erfreuen wir uns nun lichtvoller Ausblicke; wir haben weder einen allgemeinen Streik, noch eine Zeit allgemeiner Wahlen oder eines allgemeinen Krieges zu beklagen. Dies ist die langste lichtvolle Periode, deren ich mich seit dem Jahre 1914 erinnern kann. Zwei Jahre der Wiedergenesung ist fur ein Land eine ausreichend lange Zeit, die es sich gestatten darf , urn wieder in den iiblichen Lauf seiner Aufgaben einzutreten. Nach zwei Jahren des Friedens muB aber auch, ganz natiirlicherweise, eine merk- bare Besserung in der allgemeinen Lage eingetreten sein.

Ich werde dem AusschuB einige Tatsachen und Zahlen vorlegen. Wahrend der gegenwartigen Parlamentsperiode sind die Ersparnisse der Klasse der kleinsten Einleger um 170 Miilionen Pfund Sterling gestiegen; zu diesem Ergebnis bin ich auf Grund der Ziffern der Postsparkassen, der Ziffern fiber die nationalen Spar- scheine, der Ziffern der Bau- und Wirtschaftsgenossenschaften und anderer ent- sprechender Vereinigungen gekommen. Neue Ankaufe von Kriegssparscheinen, welche sich im Jahre 1926 auf 31 650 000 und im Jahre 1927 auf 36 Miilionen Pfund Sterling belief en, sind unter dem Vorsitz von Generalmajor S e e 1 y im Jahre 1928 auf 40 850 000 Pfund Sterling gestiegen. Die Anzahl der Personen, die in den versicherten Gewerbetrieben beschaftigt sind, ist um 591 000 ge- stiegen. Die Lebenshaltungskosten sind nach den letzten Ziffern, die ich erst Ende dieser Woche erhalten habe, um mindestens 18 Punkte gesunken, wahrend die Geldlohne iiber das ganze Land hinweg fast genau den Stand des Jahres 1924 halten1).

Fernerhin ist eine bemerkenswerte Einschrankung des Alkoholgenusses fest- zustellen, die von einer fortschreitenden Einschrankung der Trunkenheit begleitet ist. GewiB hat der Verbrauch allgemeiner Luxusgegenstande innerhalb der ar- beitenden Klassen zugenommen, jedoch vornehmlich in den siidlichen Teilen unserer Insel. Motorfahrrader, seidene Kleidungsstiicke, volkstumliche Belusti- gungen, Ausf luge mit der Bahn und Belustigungen auf Rummelplatzen - all dies zeigt einen bescheidenen, aber standigen Zuwachs. Ein solcher Zuwachs ist trotz der einschneidenden Selbstschadigungen zu verzeichnen, die unser Volk sich in dem Zeitabschnitt zufiigte, auf den zuruckzublicken ich es unternahm. Aber das Symptom, bei dem ich mit mehr Vertrauen verweile als bei irgendeinem anderen, das uns die Lage der breiten Massen veranschaulicht, ist der zunehmende Ver- brauch von Tee und Zucker. In den ruhigen Tagen vor dem Weltkriege verbrauchte das britische Volk pro Jahr und pro Kopf 6,55 Gewichtspfund Tee und 81 Ge- wichtspfund Zucker. Im letzten Jahre nun, also nach allem, was sich in unserem Lande und auswarts abspielte, wurden nun pro Kopf 9,15 Gewichtspfund Tee und 90 Gewichtspfund Zucker verbraucht. Dies ist der hochste bisherige Verbrauch dieser Nahrungsmittel. Die Steuern, die mit dem Fruhstucktisch zusammenhangen, stellen die traditionellen Merkmale - im Gladstoneschen Sinne - dar fiir die Beurteilung der Lage der Lohnarbeitermassen, insbesondere fur die Lage der nichtorganisierten Massen, und vor allem fiir die Lage der Armen. Unter all dem Wust der gegenwartigen Parteikampfe und trotz der Mangel und Fehler, die

») Quelle: Official Report, Parliamentary Debates, House of Commons, Vol.227, Nr. 81, 15. April 1929 und Financial Statement (1929-30); London 1929, H. M. Stationery Office.

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zu beklagen sind, mufi dieser bestandige iind bemerkenswerte Eortschritt auf einem so wichtigen Gebiet mit Genugtuung vermerkt werden.

Ich betrete nun das Gebiet unseres Handels und unserer Wirtschaft. Die Handelsbilanz hat sich wesentlich gebessert und die Fahigkeit unseres Volkes, im Auslande Kapital anzulegen, wodurch unser AuBenhandel sehr begiinstigt wird, ist von 86 000 000 im Jahre 1924 auf 149 000 000 im Jahre 1928 gestiegen. Die neuen Kapitalanlagen zugunsten der heimischen Wirtschaft zeigen fur das Jahr 1928 eine Zunahme von ungefahr 100 000 000 £ gegenuber dem Jahre 1924. Oeffentliche und industrielle Kapitalanlagen sind innerhalb des Vereinigten Konig- reichs von 70 000 000 £ im Jahre 1924 auf 180 000 000 £ im Jahre 1928 gestiegen. Die Bankdepositen nahmen urn 140 000 000 £ zu, oder urn rund 8%. 500 000 000 mehr Briefe sind geschrieben worden und 700 000 Motorfahrzeuge wurden im letz- ten Jahre mehr benutzt als im Jahre 1924. Insgesamt kann gesagt werden, daB, wie auch immer die Lage einzelner Industriezweige oder einzehier Orte sein mdge, wir zweifellos heute in einem bei weitem wohlhabenderen, machtigeren, sicher fundierteren und mehr bevolkerteren Gemeinwesen leben als fiinf Jahre vorher. Es besteht keinerlei Zweifel, daB wir unsere eigenen Lebensbedingungen fortgesetzt verbessern und daB wir, verglichen mit den meisten anderen europaischen Landern, unseren alten Vorkriegsstand aufrechterhalten. Ganz gewiB sind unsere Fort- schritte wahrend dieser Jahre vergleichsweise durch die Vereinigten Staaten von Amerika weit iiberholt worden, welche aus dem Weltkrieg groBe Vorteile gewannen und seitdem eine beispiellos erfolgreiche Zielstrebigkeit an den Tag legen.

Zogernd gehe ich daran, dem AusschuB gegenuber die Frage des Zustandes der offentlichen Wirtschaft anzuschneiden. Von alien Seiten wird uns versichert, daB es der einzige Weg sei, die Zustimmung der heutigen Oeffentlichkeit zu finden, soweit wie moglich offentliche Mittel zu verschwenden. Die beiden Oppositions- parteien iibertreffen einander in Versprechungen weitgehendster Ausgaben; der einzige Unterschied zwischen beiden besteht darin, daB die Arbeiterpartei die erforderlichen Mittel durch Steuern und die Liberale Partei durch Anleihen auf- zubringen gedenkt. Eine Mehrsteuer von 2 s auf das £, die auf fundierte Ein- kommen von jahrlich mehr als 500 £ erhoben werden wiirde, wurde, falls sich bei der Erhebung keine Enttauschungen ergeben sollten, jahrlich 65 000 000 £ ein- bringen. Dabei setze ich voraus, daB diese Abgabe sowohl auf die Reserven und fundierten Einkommen von Gesellschaften, als auch auf die fundierten Einkom- men von Einzelpersonen auferlegt werden wiirde. Eine solche Summe wiirde aber nur zu erlangen sein auf Kosten einer sehr scharfen Inanspruchnahme aller Er- scheinungen des nationalen Wohlstandes. Jedo^h der Fiihrer der Opposition hat bereits mehr als das Vierf ache dieser 65 000 000 £ verteilt. Die Mehrsteuer, die ursprunglich zur Verminderung der Nationalschuld in Aussicht genommen war, ist nun fur den ,,freien Fruhstiickstisch" zu zahlen, fernerhin an Stelle all der Me. Kenna-Abgaben (fiir Seide, fur Luxuswaren, Schutz- und Schlusselindustrie- abgaben), ebenso wie fur die 200 000 000 £ oder 300 000 000 £ des sozislistischen Sozialprogramms. Auf jeden Fall muB ich hierzu bemerken, daB es hier ohne schwere Enttauschungen nicht abgehen wird.

Die liberale Opposition wiirde sich das Herz der Oeffentlichkeit durch eine weitgehende Pumpwirtschaft erobern. Mr. Lloyd George schlagt vor, 200 000 000 £ zu borgen und dieses Geld fiir StraBen- und Telephonanlagen zu dem

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Zwecke auszugeben, die Arbeitslosigkeit zu heilen. Eine Anleihewirtschaft ist oft angebracht, wenn die Kreditverhaltnisse sich in guter Ordnung befinden, und sie bietet uns einen leicht zu beschreitenden Weg dar, unangenehme Dinge, wie Arbeit und Selbstbeschrankung, zu umgehen. Sia erspart eine Masse von Unannehm- lichkeiten. Anstatt Geld zu verdienen und Geld zu sparen, geht man einfach hin und borgt welches - was fur eine glanzende Idee ist dies nicht! Was fiir eine glanzende Idee in der heutigen, von Wirtschaftskrisen erfullten Zeit! Und eine solche glanzende Idee sollte unseren hochgeehrten Abgeordneten nicht eingefallen sein ? ! Geld auszugeben, sei es geborgt oder auf sonstige Weise beschaff t, ist eine wundervolle Sache - solange es geht. Es miissen wohl unter den Herren Ab- geordneten verschiedene vorhanden sein, welche die hier aufgezeigten Ausblicke aus eigener Beobachtung oder auf Grund eigener Erfahrungen bestatigen konnen.

DemgemaB beabsichtigt Mr. LloydGeorge 200 000 000 £ zu borgen und sie an die Arbeitslosen auzsuzahlen, damit sie fiir die wohlhabenden Kraftfahrer AutostraBen herrichten - die gewohnlichen FuBganger mogen dann vor ihnen zur Seite springen. Wir sind iiberzeugt davon, daB dieser Ausblick die gesamte Liberale Partei mit neuemLeben erfullt hat. Auf jeden Fall hat die Liberale Partei einen bedeutsamen Gewinn dabei erzielt, sie gewann namlich den Lord Rother- mere, den Urheber des Feldzuges gegen die Verschwendung - dieser Mann ist nun ausdriicklich in die Front derjenigen eingetreten, die angeblich dem Ver- schwendungswahnsinn todlichen Kampf angesagt haben. Die eigentlichen Metho- den, Geld auszugeben, sind zwar noch nicht bis in alle Feinheiten hinein aus- gearbeitet, aber maBgebende Autoritaten versichern uns, daB fiir den Fall, daB geniigend Einnahmequellen zum FlieBen gebracht werden, keinerlei Schwierig- keiten bestehen werden, die aufgebrachten Mittel loszuwerden. Es ist die Politik, welche bereits von Mr. Thomas Gibson Bowles als die Politik verhohnt zu werden pflegte, am friihen Morgen ein Stiick Kuchen zu kaufen und damit den Tag iiber herumzurennen, urn einen Hund zu finden, dem man es geben kann. Nach alledem wird niemand dem vorhin erwahnten Herrn Abgeordneten einen leichten Wahlkampf zutrauen durfen.

Wir wenden uns nun dem Gebiet der offentlichen Haushalts- f iihrung eingehender zu. Ich habe die Befiirchtung, daB nach diesen weit- reichenden Zahlenangaben, mit denen wir uns eben zu beschaftigen hatten, mit Ziffern, die in die Hunderte von Millionen gehen, der AusschuB nicht sehr geneigt sein diirf te, mir mit besonderem Interesse den Ausf iihrungen iiber die bescheidenen Ersparnisse zu folgen, die wir imstande waren im Laufe des letzten Jahres und wahrend der Lebensdauer des gegenwartigen Parlaments zu erzielen. Immerhin bin ich gezwungen, bei Vorlage des Abschlusses des offentlichen Haushalts auch diesen Dingen die ihnen gebiihrende Beachtung zu widmen. Wahrend der laufen- den Parlamentsperiode haben wir auf dem hier in Betracht kommenden Gebiete die groBten Erfolge bei den Riistungsausgaben aufzuweisen. Die Ausgaben fiir die Flotte, fiir das Landheer, fiir die Luftstreitkrafte, einschlieBlich der Ausgaben fiir den Mittleren Osten, welche nicht in die militarischen Voranschlage fiir das Jahr 1924 einbegriffen waren, ergaben Ersparnisse von mehr als 7 500 000 £, ver- glichen mit dem Jahr der Arbeiterregierung.

Die Flotte befindet sich in ganz besonderen Schwierigkeiten, weil die Arbeiter- regierung - in volligem Einklang mit meiner eigenen Ansicht - fiinf Kreuzer

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auf legte, welche nach den Berechnungen Lord Chelmsfords nur 1 500 000 £ kosten sollten; nach den Berechnungen der heute zustandigen Stellen ist jedoch ein Aufwand von nahezu 10 000 000 £ erforderlich. Ich nahm mit Bestimmtheit an, was ich auch vor vier Jahren aussprach, daB die Hohe der Etatsvoranschlage fiir die Flotte erheblich gro'Ber zu sein habe, als es heute der Fall ist. Nach meiner Ansicht ist das sehr anzuerkennen, was der erste Lord der Admiralitat und seine Behorde geleistet haben. Anerkennung verdient es vor allem, was sie leisteten, um jenen erheblichen Mehrkosten mit Erfolg gegeniiberzutreten. Insgesamt handelt es sich um f iinf Jahre sorgfaltiger und entschlossener Arbeit, um Arbeit, die ihrer ganzen Natur nach gegen den Strich der Seeleute geht. Ich bewundere die Aus- dauer, die hier gezeigt worden ist.

Das Heer ist durch den Staatssekretar des Kriegsamtes mit zunehmender und zufriedenstellender Sparsamkeit verwaltet worden. Jedes Jahr hat er weitere Be- schrankungen seiner Ausgaben zustandegebracht. Als er, im Jahre 1921, zum ersten Male sein Amt antrat, bezifferten sich, im letzten Stadium der Kriegsperiode, die Etatsvoranschlage auf 80 000 000 £. Dagegen beliefen sich diese auf 45 000 000 £, als er zu Beginn der gegenwartigen Parlamentsperiode dieses Amt wiederum iiber- nahm. Heute belaufen sich diese Voranschlage auf 40 500 000 £; die spatere Herab- minderung ist nicht nur ohne Verminderung des Wirkungsgrades herbeigefiihrt worden, sondern trotz der dringend notwendigen Neuausgaben fiir Zwecke, die man unter dem Begriff ,,Mechanisierung" zusammenfassen kann.

Es lag, und ich glaube, es ist jetzt noch der Fall, Grund genug dafiir vor, die Ausgaben fiir die Luftstreitkrafte in einer Weise zu erhohen, die hinreichende Riick- sicht nimmt auf die entsprechenden Verhaltnisse unserer kontinentalen Nachbarn. Bereits vor sechs Jahren ist ein Programm dahingehend gebilligt worden, die ent- sprechenden Ausgaben bis zu diesem Jahre auf den Stand von 21 000 000 £ zu bringen. Die wirkliche Hohe belauft sich aber auf nur 16 000 000 £. Den Verdien- sten der maBgebenden Stellen ist es zu verdanken, daB es moglich wurde, die Ausgaben fur den Mittleren Osten, die sich vor der Konferenz von Kairo von 1921 auf jahrlich 44 500 000 £ beliefen, auf gegenwartig etwas iiber 500 000 £ fiir das Jahr herabzusetzen. Auf diese Weise ist wahrend der Lebensdauer des gegen- wartigen Parlaments eine Verminderung von jahrlich 4 250 000 £ erzielt worden. Insgesamt belaufen sich die Ersparnisse, die von der gegenwartigen Regierung auf den erwahnten vier Gebieten (Armee, Flotte, Luftflotte und Mittlerer Osten) erzielt worden sind, auf durchschnittlich iiber 7 500 000 £ pro Jahr. Ich hof fe, der AusschuB veriibelt es mir nicht, solch eine Kleinigkeit erwahnt zu haben, eine Kleinigkeit im Vergleich zu den wahnwitzigen Ausgabeplanen, die man heute fiir zeitgemaB halt und von denen ich bereits sprach.

Ich wende mich nun den Verwaltungsausgaben zu. Die f ort- gesetzte Zunahme derjenigen Ausgaben dieser Art, die bereits im Jahre 1924 be- standen, von Ausgaben insbesondere fiir Wohnungsbau, Gesundheitspflege und Volksbildung, hat die offentlichen Lasten um einen Betrag von 11 500 000 £ steigen lassen. Die Ausgaben fiir Alterspensionen haben sich um einen Betrag von 10500000 £ erhoht, und zwar zum Teil infolge von Bestimmungen, die wir selbst erlassen haben und zum Teil infolge des automatischen Zuwachses zufolge friiher erlassener Vorschriften. Weiterhin muBten in diesem Jahre fiir Zwecke hier in Betracht kommender Art, die im Jahre 1924 noch nicht bestanden (Witwen-

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pensionen, Riibenzuckerbeihilfen, fur den Unterricht an Arbeitsiose, zusatzliche Ausgaben zugunsten der Landwirtschaft), Betrage vorgesehen werden, die sich insgesamt auf 8 500 000 £ belaufen; der Gesamtzuwachs von Verwaltungsausgaben belauft sich aus all diesen Ursachen auf 30 500 000 £. Diese Mehrausgaben sind zum Teil durch automatisch eintretende Ausgabeverminderungen ausgeglichen worden; vor allem handelt es sich hierbei um den Fortfall von Kriegspensionen durch den Tod von Kriegspensionaren und durch Fortfall von Ausgaben im Zu- sammenhange mit der Wiederverheiratung von Kriegerwitwen. Die zuletzt ge- dachten Ersparnisse belaufen sich insgesamt auf 18 500 000 £, so daB eine Aus gabenerhohung von netto 12000 000 £ verbleibt. Ich bitte jedoch den AusschuB, zu beriicksichtigen, daB durch Ersparnisse, durch Ersparnisse von Jahr zu Jahr und von Monat zu Monat und in vielen kleinen Posten, die sich auf ein weites Gebiet erstrecken, es erreicht worden ist, daB, verglichen mit dem Stand von 1924, nicht etwa eine Erhohung der betreffenden Ausgaben von 12 000 000 £, sondern im Gegenteil eine Verminderung von 5 5000 000 £ zu verzeichnen ist. Die wirkliche Verminderung der Ausgaben fiir die hier in Betracht kommenden Dienstc erweist sich als noch groBer, wenn wir berucksichtigen, daB heute eine um 1 000 000 Menschen groBere Bevolkerung als damals zu verwalten ist.

In dem abgelaufenen Jahre ist es mir moglich gewesen, den Gesundungs- prozeB weiter fortzufiihren, den ich vor drei Jahren in Gang brachte: die vom Kabinett und vom Parlament bewilligten Mittel wurden f ortgesetzt einer genauen Durchprufung unterworfen. Nicht einmal fiir die besonderen Ausgaben im Zu- sammenhange mit den in China stehenden Truppen entnahm ich dem letzten Etat Mittel. Ich stand einer Summe von 3 500 000 £ an zusatzlichen Anf orderungen gegeniiber: fiir Beschleunigung der FrachtgebuhrenermaBigung 1000 000 £; fiir besondere Alterspensionen 559 000 £; fur Unterbringung und Unterrichtung von Arbeitslosen 446000 £; ZuschuB zum Lord Mayors Fonds 857 000 £; Bei- hilfen fur die durch die irischen Aufstande Geschadigten 385 000 £. Insgesamt ergibt sich erwahnter Betrag von 3500000 £. Aber nichtsdestoweniger bleiben die wirklichen Ausgaben hier in Betracht kommender Art um 2 600 000 £ hinter dem zuriick, was das Parlament bewilligte. Dieser Erfolg wurde durch eine sorgfaltige Kleinarbeit, durch eine wirkliche Sparwirtschaft erzielt; insgesamt beziffert sich der Erfolg solcher Kloinarbeit auf mehr als 6 000 000 £ wahrend des letzten Jahres.

Bevor ich dieses Gebiet verlasse, muB ich hervorheben, daB fiir groBere Ab- striche an sozialen Ausgaben kein Spielraum vorhanden ist. GroBere Abstriche an Riistungsausgaben sind von internationalen Vereinbarungen abhangig. Ich fiirchte, daB es uns hier kaum gelingen wird, die von uns gehegten Hoffnungen zu verwirklichen. SchlieBlich ist hierbei ja auch die Frage der Sicherheit unseres Landes und unserer nationalen Gemeinschaft ausschlaggebend. Obzwar die Be- strebungen mit dem Ziel weitestgehendster Verminderung der Ausgaben emsthaf t fortgesetzt werden miissen, konnen Aufwendungen fiir soziale Zwecke nicht iiber einen Punkt hinaus beschrankt werden, den die Sicherheit der Gesellschaft er- fotdert. Wir konnen groBere Ersparnisse an den Flottenausgaben nicht vornehmen, ohne die Sicherheit unserer Lebensmittelversorgung und unsere Weltschiffahrts- linien zu gefahrden. Weiterhin konnen wir unsere Polizeiausgaben iiber einen gewissen Punkt hinaus nicht vermindern. Gleiches gilt hinsichtlich unserer in

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Indian und sonst in Uebersee stationierten Truppen. Aehnlich liegen die Dinge hinsichtlich unserer Luftstreitkrafte.

Nun will ich mich der Frage des Goldstandards und der Lebens- haltungskosten zuwenden. Jedermann kennt, oder gibt vor, die Griinde zu kennen, die fur oder gegen den Goldstandard sprechen. Niemand leugnet es, daB diese Frage sowohl Vorteile als auch Nachteile an sich tragt. Ich fur meine Person hoff e und vertraue darauf , daB die Nachteile geringer und voriibergehender Art sind, wohingegen ich die Vorteile als groBer und als andauernd betrachte. Jeder- mann weiB es z. B., daB der Goldstandard eine Inflation unmoglich macht und daB seine Einfuhrung ein Ausfuhrland vor dem fieberhaften Reizmittel einer zu- sammengebrochenen Wahrung bewahrt. Es diirfte hinreichend bekannt sein, daB ein Preissturz, obzwar er uns in engere Verbindung mit dem Auslande bringt und auch von bedeutsamen Vorteilen begleitet zu sein pflegt, doch, wahrend er statt- findet, den Produzenten im eigenen Lande entmutigt. Weiterhin ist es nicht un- bekannt, daB unsere gegenwartige Politik der Riickzahlung unserer Schulden und der Aufrechterhaltung einer gesunden Wahrung eine hohe Besteuerung, nationale Opfer und Leiden verschiedenster Art in sich schlieBt. (Zwischenruf ,,Klassenopfer, aber nicht nationale Opfer".)

Es findet sich unter uns eine kleine, aber intellektuell gut durchgebildete Schule, die ihren vollkommensten Ausdruck in RuBland fand, sich jedoch vor allem auch iiber die Gebiete unserer nachsten Nachbarn ausbreitete, die ganz offen dafiir eintrat, daB es fur ein Volk besser sei durch die Niederungen eines Banke- rotts zu gehen und dann von neuem zu beginnen - wie es die meisten der kontinen- talen Machte in dieser oder jener Form getan haben - , also: entweder die Be- zahlung von Schulden zu verweigern oder nur soviel in das Pfund zu bezahlen, als es ihnen beliebt, nachdem sie gleichzeitig ihre Wahrung auf einen entsprechen- den Stand herabgesetzt haben. Gliicklicherweise sind wir nicht dazu berufen, uns diese Argumente anzueignen, weil sie auf jeden Fall mit den englischen Interessen nicht im Einklang stehen, denn GroBbritannien ist immer noch der erste aller Glaubigerstaaten. Die Bevolkerung unserer Insel wird durch internationalen Handel aufrechterhalten, und alles, was den Bezug von Rohstoffen und von Lebensmitteln, die wir benotigen, verteuert oder erschwert, stellt fur unsere Exi- stenz eine unmittelbare Gefahr dar. Von diesem Gesichtspunkt aus haben sowohl die Erzeugungsindustrien als auch der Zwischenhandel von der Wiederaufnahme des Goldstandards einen dauerhaften Gewinn erzielt. Aber nicht allein darin erschopfen sich die Vorteile. Fast ein Viertel unserer Bevolkerung ist von welt- umspannenden Kredit- und Handelstransaktionen abhangig, fiir welche die Stabili- tat des Sterlings unbedingt erforderlich ist.

Das Einkommen, das uns jahrlich aus Provisionen und Diensten zuflieBt, die wir fremden Landern leisten, belauf t sich auf mehr als 65 000 000 £ und auBer- dem erfreuen wir uns einer standigen Einnahmequelle im Zusammenhang mit unseren auswartigen Kapitalanlagen von nahezu 300 000 000 £ pro Jahr, wovon neun Zehntel in Sterling ausgedriickt sind. Auf diesen groBen EinkommenszufluB pflegen regelmaBig die hochsten Steuersatze gelegt zu werden. Auf diese Weise sind wir in der Lage, unsere Aufwendungen fiir soziale Zwecke aufrechtzuerhalten, die unvergleichlich holier sind als diejenigen irgendeines anderen europaischen Landes oder sogar irgendeines Landes liberhaupt. Diese iiberseeischen Einnahme-

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quellen stellen in Friedenszeiten den Eckstein unserer gesamten Wirtschaft dar; sie sind jedoch von der Stabilitat und Integritat unserer Wahrung abhangig. Unsere erfahrungsreiche Demokratie hat es sich stets angelegen sein lassen, unter alien Umstanden die strengsten Grundsatze der offentlichen Finanzen und des offentlichen Glaubens auch in der Praxis aufrechtzuerhalten. Jedermann ist von Zeit zu Zeit geneigt, verfuhrerischen Tricks zu verfallen, und jeder macht auch von Zeit zu Zeit der Reinheit der orthodoxen Meinung einige Zugestandnisse, jedoch noch keine britische Regierung glaubts es wagen zu durfen, den ehernen Felsen der britischen Finanzintegritat zu untergraben. Gerade jetzt, wo sich in unserer westlichen Flanke der Turm der Wirtschaf tsmacht der Vereinigten Staaten von Amerika drohend erhebt, erscheint es am wenigsten an der Zeit, einen solchen Versuch zu unternehmen. Es ist besser, harte Zeiten durchzumachen und dabei das nationale Leben aufrechtzuerhalten, als einer laschen Verschwendung zu frohnen, die unausbleiblich zum Verfall fuhren miiBte.

Wir konnen uns in der heutigen Zeit der Unzufriedenheit damit trosten, daB, wenn wir einen Blick auf London werfen, dieses trotz der groBen englischen Kriegs- verluste sich in der Tat seine hervorragende internationale Stellung zuruckerobert hat. Immer noch sind wir der groBte internationale Markt. Wir sind in der Lage, Geldsatze aufrechtzuerhalten, die niedriger sind als diejenigen von New York. Ein Wechsel auf London, das nach dem Krieg in dieser Hinsicht in eine miBliche Lage geraten war, hat innerhalb der letzten Jahre seine altberiihmte Stellung als inter- nationales Handelsinstrument wiedergewonnen.

Aber ich will zugestehen, daB die SenkungderLebenshaltungs- k o s t e n fur mich von gleich groBer Bedeutung ist. Sie war als eine Folgeerschei- nung unserer Politik in Aussicht gestellt worden, einer Politik, die darauf hinaus- ging, wieder ein gesundes Geldsystem zu errichten. Ich sprach bereits tiber den zunehmenden Verbrauch von Tee und Zucker. Jedermann weiB es zwar, welche Griinde zugunsten eines ,,freien Fruhstuckstisches" sprechen. Was bedeuten aber die verbleibenden Abgaben auf Tee und Zucker verglichen mit den Vorteilen, die die Gesamtheit der Konsumenten aus einer Senkung der Lebenshaltungskosten um 18 Punkte genieBt ? Diese nachweisbare Zunahme an der Kaufkraft der Lohne und Gehalter allein ist gleichbedeutend mit einer Verminderung der indirekten Steuern von jahrlich 160 000 000 £. Hierbei sind die Vorteile noch gar nicht in Berechnung gezogen, die den Aermsten der Armen durch die Erhohung der Kauf- kraft der Einkommen derjenigen zuflieBen. von denen sie abhangig sind.

Ich wende mich nun der Nationalschuldzu. Insbesondere will ich mich mit dem beschaf tigen, was das gegenwartige Parlament hier veranlaBte. (Zwischen- ruf: Wie steht es mit den Lohnen?) Die Geldlohne befinden sich, wenn wir das Land insgesamt betrachten, auf demselben Stand wie im Jahre 1924. Das nomi- nelle tote Gewicht unserer Schuld ist von 7 598 000 000 £ auf 7 501 000 000 £ ge- fallen, also um 97 000 000 £. Solche nominellen Ziffern sind jedoch, wie ich es verschiedentlich darlegte, irrefuhrend. Sie verschleiern uns den wirklichen Fort- schritt, der erzielt worden ist. Beispielsweise entsteht nach der Richtung hin ein falsches Bild, daB kein Unterschied zwischen einer Verpflichtung alter und neuer Art gemacht wird. Die alten Konsols sind nur riickzahlbar auf Grand eines Auf- rufs der Regierung. Sie werden in der Tat erst nickzahlbar werden, wenn der Zins- fuB in der Nachbarschaft von 2%% steht. Bei einer genauen, streng wissenschaft-

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Die englischen Finanzvoranschlage fiir das Jahr 1929/30. 321

lichen Bewertung wiirde es sich herausstellen, daB innerhalb der letzten vier Jahre die Nationalschuld urn 175 000 000 £ gef alien sind. Diese Berechnung beriick- sichtigt alle unbezahlten Zinsen auf Kriegssparscheine. Wenn wir imstande waren, dem Beispiel zu folgen, das verschiedene friihere Verwaltungen befolgten, dem Beispiel namlich, unbezahlte Zinsen auBer acht zu lassen, so wiirde sich eine Ver- minderung nicht von 175 000 000 £, sondern von mehr als 200 000 000 £ ergeben. Das ist nicht soviel, als wir gehofft hatten, und auch nicht soviel, als namhafte liberale Wirtschaftler oder andere Personlichkeiten, wie der Abgeordnete Mr. Kunciman - ich bedaure dies sagen zu mussen - , immer wieder betonten, daB es sein sollte, aber es stellt immerhin eine anerkennenswerte Leistung und ein bemerkenswertes Opfer der Steuerzahler und des Schatzamtes dar. Auf jeden Fall sollte dies der zuletzt Genannte nicht bekritteln, denn diese Summe von 200 000 000 £ stellt genau den Betrag dar, den er, um bei den allgemeinen Wahlen siegreich zu sein, vorschlagt zu borgen und im Laufe einer Reihe von Jahren zu verausgaben. Wir konnen uns zum mindesten damit trosten, daB die Sparsamkeit des Parlaments das Rohmaterial fur ein weiteres Gelbbuch geliefert hat. Unsere mageren Ersparnisse, die wir muhsam zusammenkratzten, sollen nun der offent- lichen Lacherlichkeit preisgegeben werden!

Wahrend der abgelaufenen Parlamentsperiode hatten wir auf dem Gebiete unseres Schuldenwesens einer Reihe bedeutsamer Falligkeitstermine zu begegnen, vor allem im Zusammenhange mit den Kriegsanleihen. Nicht weniger als insgesamt 1 105 000 000 £ reiften zur Zahlung heran, ganz abgesehen von den sehr groBen Verpflichtungen aus laufenden Schulden. Mit unerbittlicher Zwangslaufigkeit sturmten diese Falligkeiten selbst in dem Ungliicksjahre 1926 auf uns. Innerhalb dieser vier Jahre war ich gezwungen, 1 1/10 Milliarden £ gegeniiberzustehen, das sind durchschnittlich monatlich 23 000 000 £ wahrend der abgelaufenen Regie- rungsperiode - etwas noch nie Dagewesenes. Der groBte Teil der Aufgabe liegt nun hinter uns.

Die kurzfristigen Anleihen sind nun zum groBen Teil durch langfristige Schul- den ersetzt worden. Insgesamt sind die ersteren von 17% auf 9% unserer Gesamt- schuld zusammengeschrumpft. Was noch bevorsteht, ist erheblich leichter als das, was wir bereits leisteten. Der Gesamtbetrag an Schuldbetragen, die innerhalb der nachsten vier Jahre fallig werden, betragt nicht mehr als 321 000 000 £, also viel weniger als der dritte Teil derjenigen Summe, mit der wir es in dem gleichen Zeit- raum zu tun hatten, der hinter uns liegt. Das, was vor uns liegt, eroffnet uns hoffnungsvollere Ausblicke. Gerade im Hinblickauf die Sproz. Kriegsanleihe kann dies gesagt werden, denn diese stellt eine der gliicklichsten und den Bedurfnissen des Volkes weitestgehendst entgegenkommenden Finanzoperationen dar. Mit einer einzigen Ausnahme sind alle Konvertierungen, fur die ich verantwortlich bin, von Ersparnissen fiir die Steuerzahler begleitet gewesen. Der Gesamtbetrag solcher Ersparnisse, im Zusammenhange mit Konvertierungen also, belauft sich auf 1 500 000 £ pro Jahr. Bei jener einzigen Ausnahme handelt es sich um die 3 %proz. Kriegsanleihe von 62 000 000 £. Diese wurde zu Beginn des Krieges aufgelegt, und zwar zu einer Zeit, als noch niedrige Zinssatze vorherrschten. Diese Anleihe war unter Bedingungen auferlegt worden, nach denen sie an einem bestimmten Tage eingelost werden sollte. Dieser Zeitpunkt fiel in meine Amtsperiode. Das hier in Betracht kommende Geld muBte sonach zu Nachkriegssatzen zuriickgeborgt

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322 Die englischen Finanzvoranschl&ge fiir das Jahr 1929/30.

werden. 700 000 £ jahrlich betragen im Zusammenhange hiermit die jahrlichen Lasten aus diesem einen Vorgang : dieser Betrag tritt also zu den sonstigen Lasten fiir die Nationalschuld hinzu. Ohne das soeben Erwahnte wtirde sich die Ver- minderung der jahrlichen offentlichen Lasten durch Konvertierungen nicht auf I 500 000 £, sondern auf 2 250 000 £ stellen. Infolge der giinstigen Ergebnisse, die aus dem Vorhandensein des Tilgungsfonds fortgesetzt eintreten, ist eine ErmaBi- gung der Zinslast fiir die Nationalschuld um jahrlich 9 500 000 £ erzielt worden. Zusammen mit den Ersparnissen aus Konvertierungen stellt sich die Verminderung unserer jahrlichen Ausgaben fiir den Schuldendienst somit auf 11 000 000 £.

Warum nun, so wird man zu fragen hierbei veranlaBt sein, haben sich die Gesamtaufwendungen fiir den Schuldendienst erhoht ? Hierfiir gibt es zwei Griinde. Erstens: die angewachsenen Zinsen auf einzulosende Kriegssparscheine belief en sich im Jahre 1928 auf nahezu 18 000 000 £, wahrend es im Jahre 1924 nur 7 000 000 £ waren. Hatte die englische Regierung in der gesamten hier in Betracht kommenden Zeit ihre Verpflichtungen im Zusammenhange mit dieser Art von Papieren so erfiillt, wie wir es heute tun, so wiirde ein so groBer Unterschied nicht zu verzeichnen sein. Durch solche Erhohung einzehier Posten in der Rechnung fiir Kriegssparscheine ist die in Wirklichkeit eingetretene Verminderung bei be- deutsamen Ausgabepositionen der Gesamtrechnung der offentlichen Schulden ver- schleiert worden. Der zweite Grund liegt in dem Zinssatz in den Schatzamts- anweisungen. Ganz im Gegensatz zu den Erwartungen, die man bei Beginn des Jahres hegen durfte, erwies sich dieser Zinssatz im Jahre 1928 als hoch, und die Kosten f iir die laufende Schuld stellten sich in diesem Jahre um 5 000 000 £ hoher als im Jahre 1924, obzwar die Schuld selbst noch etwas niedriger als damals war. In den abgelaufenen sieben oder acht Jahren schwankte dieser Zinssatz derart, daB sich mit Leichtigkeit fur den Staatshaushalt moglicherweise die Differenz auf 20 000 000 £ belaufen konnte. Bekanntlich liegen ja Schwankungen auf dem Gebiete der Schatzamtsanweisungen in der Natur der Sache. Weder dieser Umstand noch die Tatsache der erwahnten besonderen Aufwendungen mit Bezug auf die Kriegssparscheine sollte jedoch die bedeutsame Tatsache verdunkehi diirfen, daB der wirkliche Wert der eigentlichen Schuld um 175 000 000 £ gesenkt worden ist, und daB die laufenden Aufwendungen dafiir eine Verminderung von jahrlich II 000 000 £ erfahren haben. Es besteht somit kein Grund dafiir, anzunehmen, daB die auf die Aufrechterhaltung des Tilgungsfonds gerichteten Bemiihungen der Steuerzahler nicht entsprechende giinstige Gegenwirkungen herbeigefiihrt hatten, Gegenwirkungen sowohl nach der Richtung der Verminderung der Zinslasten als auch in Anbetracht der Hohe der Schuld selbst.

Wir kommen nun zur Betrachtung des Ueberschusses fiir 1928/29. Ich habe fast das Gefiihl, daB ich die beiden Oppositionsparteien um Verzeihung bitten miiBte, daB iiberhaupt ein UeberschuB erzielt worden ist. Es scheint mir so, als ob sie ebensowenig begeistert davon waren, wenn der UeberschuB steigt, als wie sie mir innerlich nicht befriedigt erscheinen, wenn die Ziffer der Arbeitslosen sinkt. Mr. S n o w d e n hat mich in der Presse angegriffen, einen Raubzug auf den Til- gungsfonds veriibt zu haben. Ich habe das nicht getan. Ich habe nur das ausgefuhrt, was das Parlament im letzten Jahre vorgeschrieben hat. Man darf nicht vortauschen, daB man das nicht kenne, was gesetzlich bestimmt worden ist. Wenn man es nicht kennt, so sollte man es nun wenigstens zugestehen: ich stelle jedenfalls fest, daB

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Die englischen Finanzvoranschlage fiir das Jahr 1929/30. 328

ich lediglich nur das ausgefiihrt habe, was das Parlament im letzten Jahre be- stimmte. Ich bin einfach den statutarischen Anfordernngen nachgekommen in bezug auf eine feste Aufwendung zugunsten der Schuld von jahrlich 355 000 000 £. Dieser Betrag war im letzten Jahre besonders erhoht worden um 14 000 000 £ infolge auBergewohnlicher Einnahmen aus der Schatzamtsnotenrechnung. Im Einklang mit den vom Parlament erlassenen Bestimmungen war die betrachtliche Summe von 369 000 000 £ zugunsten unserer Schuld, vor allem zu deren Ver- minderung, dienstbar gemacht worden. Auf keinen Fall hat mein Vorganger, mein heutiger Gegner in diesem Hause, ein Recht dazu, an meinem Verhalten Kritik zu iiben. Ich habe im letzten Jahr f iir den Tilgungsfonds 57 500 000 £ vorgesehen gegeniiber 45 000 000 £, die mein Vorganger fiir erf orderlich hielt, als er den Staats- haushaltsplan auf zustellen hatte, und ich hatte mit Bezug auf die Kriegssparscheine 18 000 000 £ bereitzustellen, wahrend er sich mit 7 000 000 £ begniigte - und dabei hatte er keinen Generalstreik. Es verbleibt die Tatsache, daB ich unter diesen beiden Rubriken mit dem Ziele der Tilgung unserer Schuld und der Verhiitung neuer Schulden 75 500 000 £ bereitgestellt habe, wahrend mein Vorganger dafiir nur 52 000 000 £ auswarf : ich vermochte also im letzten Jahre 23 500 000 £ mehr dafiir herbeizuschaffen als er. Wenn ich nun, um ganz korrekt zu sein, von dem letzteren Betrage noch 5 500 000 £ in Abzug bringe in Anrechnung auf den un- sichtbaren Tilgungsfonds, von dem ich das letzte Jahr an dieser Stelle ausfiihr- licher sprach, so verbleiben immer noch 18 000 000 £, die ich zugunsten des Schul- dendienstes mehr bereitstellte als mein Vorganger.

Dies alles stelle ich hier nicht fest, um mich gegeniiber meinem Vorganger in ein giinstiges Licht zu setzen. Ich tue es nur, um mich im voraus gegen kiinftige Angriffe zu schiitzen. Es bedeutet f iir mich eine Genugtuung, daB das Parlament meinen Vorschlagen zugestimmt hatte, und ich erwarte, daB mein kiinf tiger Nach- folger, wer es auch immer sein moge, es mit Befriedigung hinnehmen wird, daB die Leistungen fiir den Schuldendienst stabilisiert worden sind. Was hatte wohl mehr absurd sein konnen, als Ausgaben fiir allgemeine Verwaltungszwecke, die von den EntschlieBungen der jeweiligen Regierung und des Unterhauses abhangig sind, mit dem fortwahrenden Auf und Nieder des Weltgeldmarktes zu verbinden ? Wir waren uns im vergangenen Jahre doch dariiber klar geworden, daB unser staatliches Rechnungswesen zu vereinfachen sei, und zwar vor allem nach der Richtung hin, daB wir den gesunden Zuwachs der Einkiinf te der Postverwaltung und des Wegefonds von den ordentlichen Verwaltungsaufgaben trennen, und daB wir die Ausgaben, die die Kosten der nationalen Verwaltung darstellen, in streng- ster Weise fiir sich fiihren - unsere Staatsrechnungen sind nun in dieser Weise zur Vorlage gebracht worden. Um wieviel mehr absurd miiBte es sein, wenn der jeweilige Schatzkanzler wahrend des groBten Teiles des Jahres sich darum ab- zuplagen hatte, 5 000 000 £ oder 6 000 000 £ aus den laufenden Ausgaben heraus- zukratzen, und wenn das Schatzamt Woche um Woche um 100 000 £, 50 000 £ oder 10 000 £ zu kampfen haben wiirde, und daB, wenn schlieBlich diese 5 000 000 £ oder 6 000 000 £ in solcher Weise zusammengespart waren, als Ergebnis solcher unbeliebten Bemiihungen deren Friichte in einem einzigen Augenblick dadurch von der Bildflache verschwanden, daB die Bankzinsen einen entsprechenden Sprung machten oder daB mehr Kriegssparscheine einzulosen waren, als man vorsah? Ich zogere nicht, zu sagen, daB, wenn das Haus den Wunsch hat, eine strenge Kon-

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trolle iiber die Ausgaben auszuiiben, und wenn es fortgesetzt in der Lage sein will, den anf Verschwendung offentlicher Mittel hinausgehenden Neigungen der Re- gierung und der Burokratie ein Halt zu bieten - daB dann die wichtigste Aufgabe darin besteht, die kontrollierbaren Ausgaben von den anderen Elementen des Etats streng zu scheiden : oder sie, deutlicher gesagt, von allem Beiwerk entbloBt, dem Blick der Oeffentlichkeit und der offentlichen Kritik auszusetzen, bildlich, sie an den Pranger zu stellen.

Das ist es, was wir uns zu tun bemuhten, und was wir in der Tat getan haben. Einerseits scheidet das neue System der Rechnungslegung von den ordentlichen Verwaltungsausgaben den gesunden Zuwachs der werbenden Staatsbetriebe und andererseits errichten wir einen wasserdichten Wall gegeniiber all den Schwan- kungen und deren Folgen, die sich daraus ergeben, daB wir weiterhin die Zentrale des Weltgeldmarktes bleiben; ich hoffe es der Miihe wert, Anstrengungen nach der Richtung hin zu machen, diese Stellung zu behalten. Auf diese Weise verbleibt der Kritik, wie auch der Bewilligungsmacht des Parlaments, nur das, was unmittel- bar mit der Verwaltung und Sicherung des Staates in Verbindung steht. Wahrend bisher die verschiedensten Dinge vollig zusammenhanglos miteinander in Ver- bindung standen, habe ich die kontrollierbaren Ausgaben nun in solcher Art und Ordnung getrennt und zur Darstellung gebracht, daB sie durch das Parlament in exakter Weise gepruft werden konnen. Ich glaube nicht, daB man kiinftig darin eine Aenderung vornehmen wird. Es diirf te zu weit gehen, zu hoffen, daB wir die 355 000 000 £ pro Jahr (der feststehende Betrag fiir den Schuldendienst) fiir die nachsten 50 Jahre werden aufrechterhalten konnen, in welchem Falle unsere Nationalschuld verschwunden sein wiirde, aber sicherlich werden diese Leistungen iiber die Lebensdauer eines jeden der heute hier Anwesenden hinaus stattfinden. Aber wie dies auch sein mag, so erwarte ich doch, daB sich alle meine Nachf olger in einer Lage befinden mogen, die sie in den Stand setzt, sowohl die Frage der Wirtschaftlichkeit der Staatsverwaltung beurteilen zu konnen als auch der Ver- schwendungssucht Schach zu bieten.

Ich wende mich nun dem Voranschlag fur 1929/30 zu. Zunachst haben wir die Ausgaben zu betrachten. Ich veranschlage die Ausgaben fur den Dienst der konsolidierten Fonds wie folgt: Schuldenzinsen und Verwaltungskosten 304 600 000 £ Zahlung zum Lokalsteuerkonto 15 000 000 £ Zahlung an das Nordirische Schatzamt 5 400 000 £ Verschiedene Ausgaben hier in Betracht kommender Art (ein-

schlieBlich der Ausgaben im Zusammenhange mit dem neuen Plan betreffs landwirtschaftlicher Hypotheken 500 000 £; Aufwen- dungen der Wahlkommissare aus Anlafi der allgemeinen Wahlen 420 000 £) 3 500 000 £

Insgesamt 328 5U0 OUU £ Die Kosten der allgemeinen Ausgaben haben wir bereits auf . 347 504 000 £ beziffert. Gesamtausgaben somit 676 004 000 £ (Dieser Summe stehen fur das Jahr 1928 682 201 000 £ gegeniiber.) Ausgaben im Zusammenhange mit der Durchfuhrung der Lokal-

steuerreform 15560£Xf und mit dem zwangslaufigen Tilgungsfonds 50 400 000 t, Im ganzen haben wir es somit (abgesehen von der sich selbst unter-

haltenden Postverwaltung und dem Wegefonds) mit einer Aus- gabesumme zu tun von 741 964 000 £

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Die englischen Finanzvoranschlftge fur das Jahr 1929/30. 325

Nun wollen wir, und zwar im Lichte der Ziffern des Jahres 1928, einen Blick auf die Einnahmen des neuen Jahres werfen. Im letzten Jahre hat sich bei den Zollen und Verbrauchsabgaben ein Fehlbetrag von 8 400 000 £ er- geben. Zum groBten Teil ist dieser Fehlbetrag auf die Mindereinnahme an Bier- steuern zuruckzufuhren. Um nicht weniger als um 7 350 000 £ blieb hier das Auf- kommen hinter dem Voranschlag zuriick. Das ist zwar ein schwerer Schlag fur den Schatzkanzler, aber keineswegs ein nationales Ungliick.

Die schwierige Lage unserer hauptsachlichsten Industriezweige und die Verarmung eines groBen Teiles unserer Lohnarbeiterschaft durch die Ereignisse des krisenreichen Jahres 1926 stellt nur eine teilweise Erklarung fiir die zuletzt erwahnte Mindereinnahme dar. Es ist vielmehr festzustellen, daB ein fortgesetzter Riickgang im Verbrauch alkoholhaltiger Getranke durch das ganze Land statt- gefunden hat. Hauptsachlich ist dies auf eine Aenderung der nationalen Gewohn- heiten sowie darauf zuruckzufuhren, daB sich die Zahl der den breiten Massen zur Verfiigung stehenden Zerstreuungsmoglichkeiten erhoht hat. Wenn ich auch ver- suche, all das voll in Rechnung zu stellen, was sich im Zusammenhange mit der wahrscheinlich weiter fortschreitenden Besserung unserer gewerblichen Verhalt- nisse erwarten laBt, so kann ich in den Voranschlag fiir 1929 an Bierabgaben doch nicht mehr als 79 000 000 £ einstellen. Die MaBigkeitsbewegung ergreift immer weitere Bevolkerungsschichten, woraus es sich miterklart, daB auch die Wein- abgaben um 650 000 £ hinter unserem Voranschlag fur 1928 zuruckblieben. Wenn nun im Gegensatz hierzu die Abgaben auf Weingeist ausnahmsweise eine Zunahme von 300 000 £ gegeniiber dem Voranschlag auf weisen, so liegt dies an dem kalten Wetter, das uns befiel. Auf dem gesamten Gebiet der von uns in diesem Augen- blick betrachteten Einnahmen vermochte selbst eine sehr erhebliche Zunahme unseres Wohlstandes uns keine bemerkenswerten Mehreinnahmen zu erbringen. Ich glaube sagen zu konnen, daB wir mit Selbstbefriedigung die Zustande be- trachten durfen, die sich bei uns unter der Herrschaft der Freiheit entwickelten, einer Freiheit, die auf dem von uns hier betretenen Gebiete nur durch eine hohe Besteuerung korrigiert wird. Vor allem diirfte uns hierzu ein Vergleich mit anderen Landern berechtigen, wo man glaubte, zu irgendeiner Art von Prohibitionsgesetz- gebung die Zuflucht nehmen zu mussen.

Der ErlaB von Zuckerabgaben kostete uns im letzten Jahre 1 000 000 £ mehr, als wir erwarteten. Dies ist auf die rapide Einschrankung der Einfuhr fremden raffinierten Zuckers zuruckzufuhren. Wahrend innerhalb der drei Jahre, die 1927 endeten, der Anteil des heimischen Marktes an den Erzeugnissen der britischen Zuckerraffinierungsindustrie auf einen Satz von etwa 50% gef alien war, ist dieser Anteil im Jahre 1928 bereits wieder auf 70% gestiegen, und er befindet sich in weiterer, gunstiger Entwicklung. Im Gegensatz zu den Befurchtungen von Mr. S n o w d e n , der im letzten Jahre mit Voraussagen und Behauptungen sehr freigebig war, hat der NachlaB von einem Farthing ( % Penny) doch den Konsu- menten erreicht. Weit entfernt davon, daB etwa diese Vergunstigung wieder riick- gangig geworden ware, ist sie durch eine solche in gleicher Hohe sogar noch ver- starkt, also verdoppelt worden. Der UeberfluB an Zucker, der sich in der ganzen Welt zeigt, bewirkte es namlich, daB der Konsument heute fiir die gleiche Menge Zucker einen halben Penny weniger zu zahlen hat als im vergangenen Jahre. Ueber diese Dinge durfte wohl kein weiteres Wort zu verlieren sein.

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326 Die englischen Finanzvoranschl&ge fiir das Jahr 1929/30.

Die Wettsteuer erbrachte im Jahre 1928 2 250 000 £, was mit den hoheren Satzen zusammenhangt, die wahrend der Rennperiode in Kraft waren. Der Er- trag dieser Abgabe wiirde sich nach den Satzen, die neuerdings (1. Oktober 1928) eingef iihrt wurden, auf 1 400 000 £ stellen. Die neue Oelabgabe erbrachte 800 000 £ ii b e r die 12 200 000 £ hinaus, die ich in meinem SchluBvoranschlag nach der AusschlieBung von Kerosin vorgesehen hatte. Diese Abgabe hat sich als sehr leicht erhebbar erwiesen, und sie hat die schnelle Zunahme des Verbrauchs der hier in Betracht kommenden Arten von Oel (petrol) nicht behindert, wenig- stens nicht mehr, als wir es selbst wiinschten. Unter Beriicksichtigung all dessen, was ich kurz andeutete, veranschlage ich fiir 1929 an Zollen 126 000 000 £ und an Verbrauchsabgaben 131 950 000 £, insgesamt also 257 950 000 £. Den Anteil des Schatzamtes an den Motorfahrzeugsteuern bezifferte ich auf 4 700 000 £.

Die Einkommensteuer ergab eine Mehreinnahme von 4 700 000 £ gegeniiber unserem Voranschlag. In diesem Jahre haben wir den erhohten Posten der Steuererleichterungen aus dem Vorhandensein von Kindern in vollem Um- fange gegeniiberzustehen. Aber selbst wenn ich dies beriicksichtige, so glaube ich fur 1929 einer Einnahme aus der Einkommensteuer von 239 500 000 £ ent- gegensehen zu konnen. Die Erbschaftssteuer erreichte ihre Rekordhohe von 80 500 000 £, womit der Voranschlag um 8 500 000 £ uberschritten wurde, das sind sogar noch 3 000 000 £ mehr, als wir in dem giinstigen Jahre 1927 ver- zeichnen durften. Die Erbschaftssteuer war in den letzten zwei Jahren bei weitem zu niedrig veranschlagt worden. Ich fiihle mich nun berechtigt dazu, fiir 1929 dafiir 81 000 000 £ in Ansatz zu bringen, das sind 500 000 £ mehr, als sie in dem letzten Rekordjahre erbrachte. Die Stempelabgaben ergaben im Zu- sammenhange mit der lebhaften Tatigkeit der Borse und mit geschaftlichen Neu- griindungen gegeniiber den Etatsansatzen fiir 1928 ein Mehraufkommen von 2 000 000 £ ; gegeniiber dem Voranschlag von 1927ergab sich ein Mehr von 3 000000 £. Im laufenden Jahre erwarte ich einen weiteren Zuwachs von 1 000 000 £, weshalb ich fiir 1929 an Stempelabgaben 31 000 000 £ veranschlage. Die UeberschuB- gewinnabgabe erbrachte 850 000 £; 4 500 000 £ hatten wir zuriickzuzahlen. Die Korperschaftsgewinnabgabe warf gleichfalls 850 000 £ ab. Ich sehe keinen Grund dafiir, warum diese absterbenden Abgaben im neuen Jahre nicht ebenso wie im alten wiederum 1 700 000 £ einbringen sollten. Wir haben noch den Nachziigler auf dem Gebiete der Einkommensteuern, die Uebersteuer (Supertax), zu erwahnen; diese blieb um 3 800 000 £ hinter unseren Erwar- tungen zuriick. Dies ist auf die Tatsache zuriickzufiihren, daB die Beschleunigung in der Steuererhebung, welche sich wahrend der letzten zwei Jahre in zunehmendem Fortschritt befand, bei ihrer auBersten Grenze angelangt ist. Nichtsdestoweniger glaube ich annehmen zu diirfen, daB die letzterwahnte Steuer von der aufsteigen- den Entwicklung der Einkommensteuer und der Erbschaftssteuer nicht unberiihrt bleiben wird, so daB ich fur sie im Hinblick auf das neue Jahr 58 000 000 £ veranschlagen will ; das ist ungef ahr 2 000 000 £ mehr als sie im abgelauf enen Jahre erbrachte. Fiir das Jahr 1929 diirfen wirsonacherwarten: (s. Tabelle S. 327).

Ich wende mich nun den nichtsteuerlichen Einkiinften zu. Diese Art von Einnahmen weicht nur in geringem MaBe von dem Voranschlag fur das Jahr 1928 ab. Sie belief en sich insgesamt auf 93 966 000 £ gegeniiber der veranschlagten Summe von 90 848 000 £. Dieser UeberschuB ist zum groBten Teile

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Die englischen Finanzvoranschlage fiir das Jahr 1929/30. 327

Einkommensteuer 239 500 000 £ Uebersteuer (Super-Tax) 58 000 000 £ Erbschaftssteuer 81 000 000 £ Stempelsteuern 31 000 000 £ UeberschuBgewinnabgabe und Korperschaftsgewinnsteuer ... 1 700 000 £ Landabgabe (Land Tax) 800 000 £

An Inlandseinnahmen insgesamt 412 000 000 £ Wenn wir zu dieser Sum me die Zolle und Verbrauchsabgaben mit . 257 950 000 £ und den Anteil des Schatzamtes an der Kraftfahrzeugsteuer mit . 4 700 000 £ hinzurechnen, so ergibt sich eine Gesamteinnahme aus Steuern von 674 650 000 £

auf besondere Arten der verschiedenen Einnahmen zuruckzufuhren, und ins- besondere auf die gunstige Gestaltung der Reparationszahlungen. Aber auch aus der Verwendung von Kriegsvorraten und aus der Abwickelung von Vertragen, die noch auf den Krieg zuruckgehen, ergaben sich Ueberschiisse. Fur das Jahr 1929 glaube ich veranschlagen zu konnen:

Nettoeinnahmen aus der Postverwaltung 8 990 000 £ Einnahmen aus Kronlandereien 1 250 000 £ Einnahmen aus verschiedenen Anleihen 30 550 000 £ Verschiedene ordentliche Einnahmen 12 500 000 £ Verschiendene besondere Einnahmen 26 000 000 £

Insgesamt somit 79 290 000 £

Gegeniiber der entsprechenden Ziffer des letzten Jahres ergibt sich eine Ver- minderung von fast 15 000 000 £. Dies ist auf die Tatsache zuruckzufuhren, daB wir in diesem Jahre uns nicht einer besonderen Einnahme von 13 000 000 £ - wie im Vor jahre - aus der Banknotenreserve zu erfreuen haben. Wenn wir die Einnahmen aus Steuern und aus Quellen nichtsteuerlicher Art zusammenfassen, so kommen wir, und zwar ganz abgesehen von den selbstbalancierenden Einnahmen und Ausgaben der Postverwaltung und des Wegefonds fiir das Jahr 1929 zu einem Gesamtbetrag an ordentlichen Einnahmen von 753 940 000 £. Auf der Grundlage unserer gegenwartigen Besteuerung diirfen wir somit fur 1929 einem UeberschuB von 11 976 000 £entgegensehen. AuBer- dem haben wir uns innerhalb des Schwebenden Fonds ( Suspensory Fund) 22 633 000 £ beiseitegelegt. Diese beiden Ueberschiisse lege ich sozusagen auf den Prasentier- teller - sie konnen nun, je nach der Neigung der Parteien, bewundert oder be- weint werden. Naturlicherweise bin ich erfreut daruber, daB der wirklich erzielte UeberschuB um8 500 000 £ liber den Voranschlag hinaus- g e h t , den ich vor einem Jahr hier vorzulegen hatte. Jedoch ist wohl zu be- achten, daB die Einnahmequellen, auf die sich der voraussichtliche UeberschuB fur 1929 griindet, diesen UeberschuB aus eigener Kraft hervorzubringen haben werden. Derm im neuen Jahre werden wir nach keiner Richtung hin uns besonderer finan- zieller Gliicksfalle, wie im letzten Jahre, zu erfreuen haben. Nach dem Heraus- treten aus einem solchen gunstigen Zeitabschnitt stehen wir wiederum auf dem Boden standiger und planmaBiger Einkunfte. Steuereinkiinfte aussterbender Art, von denen ich sprach, stehen nicht mehr weiter zur Verfugung. Unser Einnahme- wesen ist von zeitweiligen Hilfen - oder Raubziigen, wie man es nennen will -

unabhangig geworden. Ich vermag nun einen ausgeglichenen Etat mit einem ver- nunftigen UeberschuB vorzulegen, mit einem UeberschuB auf der Grundlage ge- sunder und wachsender Einnahmen.

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328 Die englischen Finanzvoranschlage ftir das Jahr 1929/30.

Bei dieser Gelegenheit sei mir ein Ueberblick iiber unser E i n - nahmewesen gestattet. Man moge sich auch hierbei wieder der gewaltigen Schwierigkeiten erinnern, denen ich gegeniiberzustehen hatte. Die Nachlasse an offentlichen Einnahmen, die auf MaBnahmen meines Vorgangers zuriickzuf uhren sind, verursachten allein in einem vollen Jahre 13 500 000 £ mehr an Aufwand, als es hinsichtlich des Jahres der Fall war, in dem jene MaBnahmen getroffen wurden. Die besonderen Einnahmen aus Kriegsvorraten fielen seit jenerZeit am nicht weniger als 11 500 000 £. Die Einkunfte aus Bier und Alkohol sanken wahrend meiner Amtsperiode urn jahrlich 10 500 000 £. Die Nachlasse, die ich hinsichtlich der Einkommensteuer zu gewahren hatte, belaufen sich auf 41 000 000 £, mit Bezug auf die Zuckersteuef sind es 4 000 000 £. Auf diese Weise mussen die widrigen Einfalle auf mein Budget auf jahrlich mehr als 80 000 000 £ bewertet werden. AuBerdem verursachte aber der Kohlenstreik dem Schatzamt einen Kostenauf- wand in Hohe von 80 000 000 £, welcher Betrag sich auf einen Zeitraum von vier Jahren verteilt. Um die Wiedereinfuhrung einer zu driickenden Besteuerung zu vermeiden, habe ich wahrend dieser schwierigen Jahre den ordentlichen Einnahmen folgende Posten zugefuhrt: aus dem Wegefonds 19 000 000 £; aus den Krediten der Brauereien 10 000 000 £; von den fruheren Erhebungen auf Schedula A 17 000 000 £; aus der Schatzamtsnotenrechnung und im Hinblick auf nicht in Anspruch genommene Dividenden 14 000 000 £: - insgesamt 60 000 000 £. Je- doch auch dieser Gesamtbetrag an nichtlaufenden Einnahmen bleibt wesent- lich hinter dem Aufwand bzw. hinter den Verlusten infolge des Kohlenstreiks zuriick.

Immer noch besteht eine dauernde Lticke auf der Einnahmeseite von mehr als 80 000 000 £. All die angedeuteten Schwierigkeiten waren zu iiberwinden. Was nun die Ausgaben anbelangt, so hatten wir in der Hauptsache mit all unseren Verpflichtungen auf dem Gebiete des Schuldenwesens zu rechnen. Bekanntlich greif t hier der Dawesplan mit hinein, hinsichtlich dessen sich der Fuhrer der Oppo- sition zweifellos beachtliche Verdienste erworben hat. Im Zusammenhange mit diesen Fragen sind uns wachsende Einkunfte von mehr als 23 000 000 £ pro Jahr entstanden - tatsachlich sind es 32 000 000 £ oder 33 000 000 £. Der UeberschuB der Postverwaltung stieg auf 4 500 000 £ an. Der allgemeine Anteil des Schatz- amtes an den Kraftfahrzeugsteuern betragt 4 500 000 £. Der allgemeine Zuwachs des Ertrages aus Steuern stellt sich auf 38 000 000 £. SchlieBlich nahmen wir eine Erhohung der alten Steuern auf Weine, Tabak und Streichholzer um ungefahr 6 000 000 £ vor, und wir legten neue Abgaben auf Luxuswaren, wie Seide und klinstliche Seide; wir schufen die McKenna- Abgaben, dann Abgaben auf Gummi- reifen und fernerhin Abgaben verschiedenster Art zum Schutz unserer Schliissel- industrien. Insgesamt ergeben sich hieraus mehr als jahrlich 13 000 000 £. Auf diese Weise belaufen sich diese neuen Einkunfte insgesamt auf 89 000 000 £. Sie betragen somit mehr als zur Ausfullung der bedrohlichen Lticke, von der ich sprach, erforderlich gewesen ware. Die Darlegung der Veranderungen in der Natur unserer Besteuerung verdient in der Tat ernsthafte Beachtung.

Ich wende mich nun den neuen Einfuhrabgaben zu. Diese Ab- gaben ergeben zusammen 13 000 000 £. Im Hinblick auf sie darf gesagt werden, daB sie fur Handel und Gewerbe weit weniger driickend sind, als es Einkommen- steuern sein wurden, die man zu ihrer Ersetzung einzufuhren haben wtirde. Der

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Die englischen Finanzvoranschlage ftir das Jahr 1929/30 329

Einwand, daB sie fur die Lohnarbeiterschaft eine Last darstellen, ist reiner Unsinn. Absurd ware es auch, sie etwa in der gleichen Art betrachten zu wollen wie Zucker- steuern, oder gar wie Abgaben auf Bier, Tabak und auf andere allgemeine GenuB- und Zerstreuungsmittel. Fremde Kraftwagen oder auslandische Gummireifen, eingef uhrte Klaviere, seidene Gewander - oder gar das Wetten auf Rennplatzen - dies alles verursacht im Haushalt der kleinen Leute keine Ausgabenposten, die sich in irgendeiner Weise mit den fur diese Bevolkerungsschichten lebenswich- tigen Aufwendungen fur Tee und Zucker in Vergleich setzen lieBen.

Ohne Zweifel sollen wir moglichst bald in offentliche Erorterungen liber die Wirkung der McKenna-, der Schlusselindustrie- und anderer Industrieschutz- abgaben eintreten. Einem solchen Streit sehen wir mit groBter Sorglosigkeit ent- gegen. Hier habe ich jedoch vor allem einige Worte angesichts von Abgaben zu sagen, fur die ich personlich in meiner Eigenschaft als Schatzkanzler verantwort- lich bin, da diese Art von Abgaben nicht auf EntschlieBungen des Budgetaus- schusses oder auf sonstige allgemeine Vorschriften zuriickgehen. Ich nehme zuerst die Seidenabgabe. Vier Jahre der Abgaben auf Seide liegen hinter uns. Jedermann erinnert sich daran - falls die heutigen Menschen sich uberhaupt zu erinnern ver- mogen - , daB die Einf uhrung dieser Abgaben im Parlament von sehr eingehenden Auseinandersetzungen begleitet war. Nach dem, was Mr. LloydGeorge sagte, hatte ich an einem seidenen S trick aufgehangt werden sollen. Auf jeden Fall wiirde diese Seidenschnur heute billiger sein, als sie es damals war. Sehen wir zu, wie die Dinge sich in der Zwischenzeit abspielten. Die Einfuhr kunstseidenen Games ist auf ein Viertel zuriickgegangen; die britische Ausfuhr hat um 50% zugenommen; die heimische Produktion ist von 26 000 000 Gewichtspfunden auf 51 000 000 Gewichtspfund gestiegen; 21 neue Unternehmungen hier in Betracht kommender Art sind daheim errichtet worden, darunter mehrere durch fremde Firmen. Seit der Einfuhrung der Seidenabgaben ist die Anzahl der versicherten Personen, die in der Seiden- oder Kunstseidenindustrie tatig sind, von 46 500 auf mehr als 70 000 im Jahre 1928 gestiegen. Der heimische Preis fur kunstseidenes Garn ist um 25% gefallen und die fur den heimischen Verbrauch verfiigbare Menge hat sich ver- doppelt. Als finanzielles Ergebnis all dessen haben wir eine sichere Einnahme von jahrlich mehr als 6 000 000 £. Es miiBte schon jemand ein reiner Pedant sein, um gegeniiber solch einer Abgabe irgendeine Anklage auszusprechen. Ich wiinsche, daB Mr. S n o w d e n sich MuBe dazu nimmt, die Reden noch einmal durchzulesen, die er damals gegen die Einfuhrung der Abgabe auf Seide gehalten hat. Er moge nun die von mir festgestellten Tatsachen und Ergebnisse mit seinen damaligen Behauptungen und Prophezeiungen vergleichen.

Fast das gleiche Bild ergibt sich hinsichtlich der Abgabe auf fremde Auto- reifen. Sechs fremde Unternehmungen hier interessierender Art sind inzwischen in England errichtet worden; eine Zunahme des Beschaftigungsgrades ist zu ver- zeichnen; die Ausfuhr heimischer Gummireifen ist im vollen Umfange aufrecht- erhalten worden. Die Einfuhr ist um mehr als die Halfte herabgedriickt worden und der Preis fur Gummireifen ist seit dem April 1927 um 15% gesunken. (Zwi- schenruf : Aber infolge der allgemeinen Senkung des Gummipreises.) Wenn solche Ergebnisse, wie ich sie hier vorzutragen hatte, in irgendeiner wissenschaftlichen Frage durch laboratorische Experimente zutage gefordert worden waren, so wiirde niemand sagen, daB sie entscheidend seien, jedoch vermochte kein vernunf-

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330 Die englischen Finanzvoranschlage ftir das Jahr 1929/30.

tiger und wahrheitsuchender Forscher ihre grundlegende Bedeutung zu leugnen. Die Wettsteuerist eine der neuen Abgaben, fiir welche ich verantwort-

lich bin. Sie hat sich als ein Fehlschlag, als ein Fiasko erwiesen. Ganz offensicht- lich hat sie viel mehr Belastigung und dergleichen verursacht, als sie wert ist. Hier hatte sich ein Gegenstand erhoben, hinter dem sehr weite Kreise der Oeffent- lichkeit standen. Die offentliche Meinung, soweit sie durch die Presse zum Aus- druck kommt, hatte sich diesem Steuerplan mit einem Interesse angenommen, wie es selten in Erscheinung trat. Zeitungen, deren Ansichten sonst sehr weit aus- einandergehen, wie die ,,Morning Post", der ,,Star", der ,,Spectator" ebenso wie die ,,Church Times", riefen einmutig nach dieser Steuer. Viele von denjenigen, welche diesen Gegenstand eingehend studiert hatten, erwarteten aus ihr eine jahr- liche Einnahme von 6 000 000 £ oder 7 000 000 £ oder gar noch mehr. Sie meinten, daB es eine Leichtigkeit sei, aus dieser in hochstem Grade luxuriosen Verschwen- dung fiir den Staat eine derartige Einnahme zu erzielen. In der Praxis jedoch hat diese neue Steuer versagt. Die fiir Wetten in Betracht kommenden Bevolkerungs- schichten, die ja ihrer Zusammensetzung und ihrem ganzen Charakter nach hochst eigenartig sind und sich unter ganz besonders prekaren Umstanden den fraglichen Zerstreuungen hinzugeben pflegen, haben sich als unfahig dafiir erwiesen, selbst die vergleichsweise sehr geringen Lasten, die wir ihnen aufzuerlegen versuchten, zu tragen. Es hat sich klar herausgestellt, daB die Erhebung der Steuer in der beabsichtigten Form versagen muBte, weil sie in ihren Auswirkungen sich als un- gerecht offenbarte. Sie ist ausschlieBlich durch die ordentlichen Buchmacher be- zahlt worden - die nicht in der Lage waren, ihr auszuweichen. Der Umstand, daB diese die Steuer bezahlten, brachte sie im Vergleich mit ihren weniger ge- wissenhaften Konkurrenten in eine auffallig unvorteilhafte Lage.

In nicht geringem Grade bin ich zu meiner heutigen Stellungnahme zur Frage der Wettsteuer durch Anregungen gefuhrt worden, die von dem Fuhrer der Ar- beiterpartei ausgingen. Vor ungefahr einem Jahre auBerte dieser, daB im Zu- sammenhange mit Staatseinkiinften aus der Gewohnheit des Wettens die Regie- rung in die Lage eines Parasiten gekommen sei. Nun ist es aber kaum einen Monat her, daB dieses Mitglied unseres Hauses selbst auf dem besten Wege dazu war, sich als Parasit eines Volksunfugs zu zeigen - man denke an das unwiirdige Schauspiel des Aufzugs von 100 Buchmacherautomobilen gelegentlich der Wahlen in Battersea, womit ein ganz bestimmter Druck ausgeiibt werden sollte. Es wider- spricht den allgemeinen Interessen, daB die Ideen groBer Parteien in solcher Weise herabgezogen werden. Es muB verhiitet werden, schwachere Gemiiter in Versuchung zu fiihren. Wir diirfen es nicht mit ansehen, daB eine junge, neue, halbfertige und iiberhaupt noch unreife Organisation in die Versuchung kommt, ihren Ruf durch Schritte angedeuteter Art zu gefahrden. Unter Beriicksichtigung all dessen ent- schloB ich mich dazu, die Umsatzsteuer auf den AbschluB von Wetten sofort auf- zuheben. Indessen wird damit f ortgefahren werden, die personlichen Lizenzabgaben von 10 £ auf alle Buchmacher weiterzuerheben; auBerdem wird aber auf jedes Telephon, das sich im Geschaftslokal eines jeden Buchmachers befindet, eine jahrliche Lizenzabgabe von 40 £ erhoben werden. Den Ertrag dieser Lizenzabgaben veranschlage ich auf jahrlich 500 000 £. Dank der Verdienste unseres Mitgliedes Major Glyn besitzen wir auf dem Gebiete der jetzt behandelten Sondersteuern in dem Totalisator eine gesunde Maschinerie, auf deren Ertrag ich eine Steuer von

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Die englischen Finanzvoranschl&ge fiir das Jahr 1929/30. 331

einem halben Prozent legen will. Ihr Auf kommen diirf te gleich sein dem Auf kommen der von den Buchmachern zu erhebenden Lizenzabgaben. Diese Aenderungen werden in diesem Jahre sich mit 850 000 £ und in einem vollen Jahre mit 900 000 £ ungiinstig auf unsere Finanzen auswirken.

An dieser Stelle erscheint es angebracht, mich mit einigen kleineren Ein- nahmeposten zu beschaftigen. Ich habe in diesem Jahre nur eine einzige neue Steuer einzufuhren, bei der es sich zudem noch um eine solche von finanziell ge- ringer Bedeutung handelt. Ich bin dariiber unterrichtet worden, daB die Tatsache, daB wir Brauern, Destillateuren und Tabakverarbeitern LokalsteuerermaBigungen gewahren, von gewissenlosen Personen als ein Mittel dafiir benutzt worden ist, unseren Plan der Lokalsteuererleichterung fiir produktive Industrien zu benach- teiligen. Hier besteht nun unsere Pflicht, den schwacheren unserer Volksgenossen beizustehen und einen hindernden Block fur sie aus dem Wege zu raumen. Gliick- licherweise steht uns ein Mittel hierfiir zur Verfiigung, durch dessen Anwendung wir weder genotigt sind, die Symmetric unseres Lokalsteuerbefreiungsplanes zu storen, noch die Grundsatze zu verletzen, auf denen er ruht. Wenn auch nur mit niedrigen Satzen, so gelangten doch seit langem schon Fabrikanten-Lizenzabgaben von Brauern, Destillateuren und Tabakverarbeitern zur Erhebung. Ich schlage nun vor, daB diese Abgaben in solcher Weise erhoht werden, daB die neuen Satze dafiir ausreichen, von diesen Gewerbezweigen die Vergxinstigungen wieder fort- zunehmen, die ihnen im Zusammenhange mit der Durchfiihrung des Lokalsteuer- befreiungsplanes zuflieBen. Wir sind weit davon entfernt, iiber diese Gewerbe- zweige irgend etwas Ungiinstiges auszusprechen. Wir heben im Gegenteil hervor, daB mehrere f iihrende Personlichkeiten dieser Industrien es offentlich aussprachen, daB sie aus der Lokalsteuerbefreiungsaktion keinerlei Sondervorteile wiinschen. Dieses Bekenntnis gereicht ihnen zur besonderen Ehre. Die Auferlegung dieser erhohten Abgaben, wie auch die Feststellung der besonderen Einzelheiten wird, und zwar innerhalb der Lauf zeit der Lokalsteuerreform, zu rechter Zeit erfolgen. Jene drei Industriezweige sollen durch unsere MaBnahmen weder etwas gewinnen noch etwas verlieren. Nach unseren Berechnungen wurden sie durch die normalen Aus- wirkungen des Lokalsteuerbefreiungsplanes einen Gewinn von 480 000 £ erzielen. Wie es im WeiBbuch im einzelnen dargelegt ist, werden die Fabrikantenlizenz- abgaben in einer solchen Weise erhoht werden, daB sie einen neuen Ertrag in der gleichen Hohe abwerfen.

Ich komme nun zu den Alkohollizenzabgaben. Vor Jahren war bereits die Feststellung gemacht worden, daB diese bereits im Jahre 1910 ein- gefiihrten Abgaben im Vergleich zu der immer mehr beschrankten taglichen Ver- kaufszeit der Lokale dieser Art zu hoch seien. Im letzten Jahre gab ich an dieser Stelle bereits zu, daB dies im wesentlichen berechtigt sei; es ermangelte mir je- doch im letzten Jahre an Mitteln, um diese Harten zu beseitigen. Nun schlage ich aber vor, in den in Betracht kommenden Fallen eine AbgabenermaBigung um 25% eintreten zu lassen. Dieser NachlaB soil am kommenden 1. Oktober in Wirk- samkeit treten. Seine nachteilige Wirkung auf die Staatsfinanzen werden sich fiir 1929/30 auf 950 000 £ und in einem vollen Jahre auf 970 000 £ belaufen. Um hier- bei noch einem Antrage entgegenzukommen, der verschiedentlich bereits das Parlament beschaftigt hat, mochte ich weiterhin vorschlagen, daB solchen Lizenz- inhabern innerhalb Englands und Wales, die eine richterliche Lizenz besitzen, und

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332 Die englischen Finanzvoranschl&ge fiir das Jahr 1929/30.

nur eine solche, erlaubt, werde, im einzelnen halbe Flaschen mit Alkohol, nicht aber Viertelflaschen, zu verkaufen.

Mit Bezug auf Hafengebiihren habe ich nun 30 000 £ zu dem Zweck bereitgestellt, in einzelnen Fallen eine ErmaBigung solcher Gebiihren eintreten zu lassen. In bestimmten Fallen lasten derartige Gebuhren unverhaltnismaBig schwer auf den Fischern, insbesondere auf solchen, die sich dem Heringfang wid- men. Vor allem kommt hier Schottland in Frage. Es kommen auch solche Fischer in Betracht, die die Bemuhungen unterstiitzen, fiir die Tiefseefischerei neue Ge- biete zu entdecken. Es kommt noch hinzu, daB gewisse Schulden gegeniiber dem Schatzamt Fischereihafen sehr bedrucken und sie an der vollen Ausnutzung der Vergiinstigungen hindern, die ihnen im Zusammenhange mit der Lokalsteuer- befreiungsaktion zuflieBen. Um diese Hemmnisse zu beheben, wird es fiir not- wendig erachtet, Schuldbetrage gedachter Art entweder zu erlassen oder ihre Ruckzahlungstermine hinauszuziehen. Erforderlichenfalls wird der Staatssekretar fiir Schottland und der Landwirtschaftsminister Einzelheiten hieriiber vorschlagen.

Fernerhin kommen noch zwei kleinere Aenderungen in Betracht, die die Stempelabgaben fiir Zusammenschliisse beriihren und mit der Kraftfahrzeug- steuer in Verbindung stehen; auf die Finanzen des laufenden Jahres wird dadurch nur ein geringerer EinfluB ausgeubt werden. Das Nahere ergibt sich aus dem WeiB- buch.

Was ich nun an letzter Stelle erwahne, darf keineswegs in seiner Bedeutung gering geachtet werden. Es handelt sich namlich um die Bereitstellung von Mitteln zu dem Zweck, landliche Distrikte moglichst eng an das Telegraphen- und Tele- phonnetz anzuschlieBen. Gegenwartig ist noch eine besondere Gebiihr von einem Pfund Sterling jahrlich fiir jede Meile eines Telephonanschlusses zu zahlen, der mehr als 1 y2 Meilen von dem Verbindungsamt entfernt liegt. Wenn wir den Ra- dius, innerhalb dessen keine Sondergebuhr zur Erhebung gelangt, auf zwei Meilen vergroBern, so durfte es innerhalb der bevolkerteren Bezirke unserer Insel kaum noch viele Punkte geben, fiir welche mehr als die ordentlichen Gebuhren zu er- heben waren. Die Kosten hierfur belaufen sich auf jahrlich 90 000 £.

AuBerdem gibt es noch gegen 6 000 Postamter, von denen sich der groBte Teil in Dorfern befindet, und noch 1600 landliche Eisenbahnstationen, die bis heute weder Telegraph- noch Telephonerleichterungen besitzen. Es scheint der Regierung wiinschenswert, auch unsere Landdistrikte mit den Mittelpunkten des wirtschaftlichen und nationalen Lebens in innigere Verbindung zu bringen, und zwar auf einer fiir die Bevolkerung moglichst wohlfeilen Grundlage. DemgemaB sind Vorbereitungen daf iir getroffen worden, innerhalb der nachsten sechs Monate zunachst wenigstens fiinf Sechstel von jenen 6000 Postamtern und 1600 Eisen- bahnstationen mit Fernsprechzellen auszuriisten, deren Benutzung zu den iiblichen Gebuhren gestattet sein wird. Das verbleibende Sechstel, das uns die unrentabel- sten Kosten verursachen wiirde, muB zunachst noch auBerhalb des Genusses ge- dachter Vergiinstigungen bleiben. Die durch solche MaBnahmen der Postverwal- tung entstehenden Kosten belaufen sich auf 1 750 000 £. Diese MaBnahmen gliedern sich harmonisch unserem allgemeinen Plan der Belebung unserer heimi- schen Produktion ein. Auch hierfur finden sich weitere Einzelheiten in dem WeiB- buch. All das, was ich hier anzudeuten hatte, iibt seinen EinfluB auf den Ueber- schuB aus. In Verbindung mit der Aenderung der Wettsteuer werden unsere Finan-

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Die englischen Finanzvoranschl&ge ftir das Jahr 1929/30. 3<J3

zen, wie ich es bereits andeutete, urn 850 000 £ ungiinstig beeinfluBt. 950 000 £ sind es im Zusammenhange mit dem, was ich iiber Schanklizenzen vorzutragen hatte und weitere 110 000 £ aus den kleineren Nachlassen anderer Art, von denen ich sprach. Andererseits aber wird sich aus den Fabrikantenlizenzabgaben auf Bier, Alkohol und Tabak eine Mehreinnahme von 480 000 £ ergeben. Die Ver- minderung des voraussichtlichen Ueberschusses stellt sich somit netto auf 1 430 000 £. Wenn wir diesen Betrag von der Summe von 11 976 000 £ in Abzug bringen, dann verbleibt fur uns ein UeberschuB von 10 546 000 £.

Wir haben uns nun mit der Frage der Verwendung des Ueber- schusses zu beschaf tigen. Was soil mit ihm geschehen ?

Einleitend wollen wir uns zunachst einmal mit der Frage beschaftigen, ob das nationale Gedeihen dadurch gefdrdert zu werden vermag, daB die Regierung Gelder leiht und sie fur den Zweck verausgabt, neue Arbeitsgelegenheiten zu schaffen. Den orthodoxen Standpunkt des Schatzamtes, nach welchem iibrigens die britischen Finanzgepflogenheiten uberhaupt fiir viele Lander als Muster be- trachtet worden waren - diesen Standpunkt konnen wir wie folgt umschreiben: Wenn die Regierung auf dem Geldmarkte als Geldsucher auftritt, so gerat sie mit der privaten Wirtschaft in Wettbewerb und nimmt Mittel in Anspruch, die sonst durch private Unternehmungen in Anspruch genommen worden waren 1). Sie tragt hierbei auch zur Erhohung des Zinssatzes bei, worunter alle diejenigen mitzuleiden haben, die Geld benotigen. Aus diesem orthodoxen Standpunkt ergibt sich eine ganz besondere, ja vielleicht doppelte Verantwortlichkeit fur die Staatsleitung, die wirksam wird, wenn sich die Staatsleitung dazu entschlieBt, auf dem Geld- markt als ein Rivale gegeniiber dem ordentlichen Wirtschaftsleben des Landes aufzutreten. Der Regierung obliegt die Beweislast dafur, daB die von ihr nach- gesuchten Gelder unbedingt notwendig seien. Letzteres ware beispielsweise dann der Fall, wenn die nationale Sicherheit gefahrdet ist, oder wenn es sich um un- bedingt notwendige Arbeiten handelt, die zudem von keiner anderen Seite zur Ausfuhrung gelangen wurden. Ein weiterer solcher Fall lage auch vor, wenn die Mittel, die durch die Regierung zur Verwendung gelangen sollen, einen groBeren allgemeinen Nutzen versprachen, als wenn sie der privaten Wirtschaft zur Ver- wendung uberlassen blieben. Es gibt hierfiir keine allgemeine Regel. Jeder Einzel- fall muB vielmehr einer besonderen Prufung auf Grund der besonderen Verhalt- nisse, die bei ihm vorherrschen, unterzogen werden; in jedem einzelnen Falle mus- sen vor allem auch die Vorteile, die man aus den beabsichtigten MaBnahmen er- wartet, in strenger Weise untersucht werden. Wir sind ganz gewiB keinem allge- meinen oder absoluten Grundsatz gefolgt. Ganz im Gegenteil haben wir in unserem Bestreben, auf die Bahnen nationalen Wohlstandes wieder zuriickzukehren und vor allem der Arbeitslosigkeit den Boden zu entziehen, wahrend der letzten funf Jahre sehr wohl den Mut gehabt, in gedachter Weise sehr erhebliche Geldmittel zu verwenden. Wir brachten die weitreichenden und sehr sorgsam bedachten Plane der Schaffung neuer Wohnungen, von StraBen- und von Telephonanlagen in Gang. Ebenso leiteten wir MaBnahmen im Interesse der Forderung der Landwirtschaft

1) Der Uebersetzer glaubt es hier nicht unterlapsen zu diirfen darauf hinzuweisen, daB je- nem eben erwahnten ,, orthodoxen Standpunkt" und der mit ihm zusammenh&ngenden wirtschafts- theoretischen Auffassung ernsthafte Gegengriinde gegentibeigestellt wurden, woriiber u. a. das grundlegende Werk des Professors an der Oxford-UniversitSt Frederick Soddy ,,Wealth, Virtual Wealth and Debt", London 1926 (s. z. B. daselbst im Register unter ,,Unemployment") ausftihr- lich handelt.

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ein. Die Ausgaben hierfiir, die zum Teil auf Staatseinkiinften und teilweise auf Anleihen beruhen, belauf en sich fur die verf lossenen vier Jahre auf rund 260 000 000 £. Aufierdem haben wir gewisse Garantien im Zusammenhange mit dem Gesetz uber die Erleichterung des Handels und industrieller Tatigkeit (Trade Facilities Act) fur gedachte Zwecke dienstbar gemacht. In gleicher Weise wurde innerhalb der Plane zugunsten der kolonialen Entwickelung f iir weitere 40 000 000 £ vorgesorgt. Durch ein Programm fur die Neuordnung der Versorgung mit elektrischer Kraft haben wir weiterhin bereits 40 000 000 oder 50 000 000 £ vorgesehen.

Die gesamten Ausgaben der gegenwartigen Regierung wahrend ihrer Amts- periode iibersteigen fiir Zwecke angedeuteter Entwicklung unserer nationalen Krafte bereits die Summe von 300 000 000 £. Auftrage in der Hohe weiterer 50 000 000 £ harren noch der Vergebung. Zu beriicksichtigen ist bei alldem, daB die soeben genannten Ziffern noch nicht einmal diejenigen Ausgaben mit ein- schlieBen, die von seiten der Lokalverwaltungen auf der Grundlage von Staate- beihilf en fiir gedachte Zwecke gemacht worden sind. Es handelt sich hierbei in der Hauptsache um Wohnungs- und StraBenbauten, wofiir sicherlich nicht weniger als fernere 100 000 000 £ verwendet sein werden. Die letzten Angriffe und Kritiken aus beiden Oppositionsparteien durften noch in aller Gedachtnis sein - Angriffe derart gegen uns, daB wir allzu bereitwillig laufende Mittel und geliehene Gelder fiir gewisse Zwecke verwendeten, beispielsweise fiir Riibenzuckerbeihilfen, fiir Erleichterungen des wirtschaftlichen Lebens und fiir Beihilfen sonstiger Art. Wir haben uns jedoch durch nichts darin beirren lassen, auf dem fiir richtig erkannten Wege fortzuschreiten. Im Laufe der gegenwartigen Parlamentsperiode veraus- gabten wir - bzw. wir veranlaBten die entsprechenden Ausgaben - aus laufen- den Mittehi oder durch Inanspruchnahme von Krediten mehr als 400 000 000 £. Ich bin iiberzeugt davon, daB all diese Gelder weise angelegt worden sind, daB sie zum groBen Teil bald zu uns zuriickflieBen werden, und daB sie uns bessere Lebensmoglichkeiten verschafften, als es ohne sie der Fall sein wiirde. Was nun aber die Heilung der Arbeitslosigkeit anlangt, so bin ich zu dem Bekenntnis ge- zwungen, daB die Ergebnisse all unserer Bemuhungen nach dieser Richtung hin als unbefriedigend zu bezeichnen sind. Diese Ergebnisse sind in der Tat derart un- zureichend, daB die vorhin erwahnte orthodoxe Doktrin durch sie eine Stiitze erhalt. Besagt diese Doktrin doch gerade, daB es ein allgemeines Gesetz sei, daB der Staat dadurch, daB er Staatsanleihen oder andere Staatsmittel hier einsetze. keine dauernden zusatzlichen Arbeitsmoglichkeiten zu schaffen vermoge - von welchen giinstigen politischen oder sozialen Nebenerscheinungen seine MaB- nahmen auch sonst begleitet sein mogen. Ich halte mich nicht fiir befugt, uber die Richtigkeit dieser Doktrin ein maBgebendes Urteil zu fallen. Nach der von uns selbst befolgten Praxis durften wir am wenigsten dazu berufen sein, haben wir doch gerade in recht umfangreicher Weise Kapitalmittel von Staats wegen ein- gesetzt. Meine eigene Auffassung vermag ich an der Hand eines Beispieles zum Ausdruck zu bringen, dem jeder auf Grund eigener Erfahrungen leicht folgen kann. Wir haben uns ein Bootrennen vor Augen zu fiihren. Die kampfende Mann- schaf t hat hierbei ihre Kraf te bis zum auBersten anzuspannen. Diese Anspannung stellt jedoch nur eine besondere Form des Wirksamwerdens der Lebensenergie der Mannschaft dar. Sie erschopft sich zwar bis zu einem bedeutsamen Grade, aber der Vorteil kann darin liegen, daB sie sich eine angesehene Stellung erringt,

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ja, daB sie vielleicht den Sieg davontragt. Auf jeden Fall wird sie einen dauernden Vorteil davontragen, wenn sie weise zu Werke geht. Nun geht aber das ,,Rennen", in dem wir uns befinden, noch mit weit weniger Sicherheit auf einen bestimmten endgiiltigen Erfolg hinaus. Weit weniger als in jenem Beispiel laBt es sich hier ermessen, ob es angebracht sei, nationale Kraf te bis zur Erschopf ung anzusetzen, oder ob ein gleichmaBigeres SchrittmaB einzuhalten sei. Viel schwerer laBt sich hier die Strecke iiberblicken, die noch vor uns liegt. Der Kampf dauert f ortgesetzt an, ununterbrochen miissen Kraf te eingesetzt werden, ohne daB jemand uns zu sagen vermdchte, wann wir einen endgiiltigen Vorteil werden verzeichnen diirfen. Unter solchen Umstanden erfordert es eine weit groBere Sorgfalt und Ueberlegung, ob es erlaubt sei, Krafte zu einem letzten VorstoB auf das Ziel - das in dem einen Falle greif bar naheliegt, in dem anderen aber verborgen ist - bis zur Erschopfung einzusetzen. Nichts wiirde falscher, ja unverniinf tiger sein, als Opfer etwa zu dem Zweck bringen zu wollen, einen billigen Beifall zu erzielen. Ich glaube, daB jeder- mann oder nahezu jedermann mit mir den Lehren zustimmt, die sich fiir uns aus diesem Vergleich ergeben.

Dies alles fiihrt mich, komischerweise, zu dem Vorschlag von Mr. Lloyd George zuriick, auBer den groBen Auf wendungen f iir StraBenbauten und fiir andere Zwecke, die bereits planmaBig vor sich gehen und von Jahr zu Jahr einen immer groBer werdenden Umfang annehmen, noch weitere 200 000 000 £ gleich- falls hauptsachlich fiir StraBenbauten zu verausgaben. DerVersuch, StraBenbauten in einem solch ungebiihrlichen Umfange in Gang zu bringen, dazu in einem Lande, das bereits das beste Wegenetz der Welt besitzt und das dafiir mehr aufwendet als irgendein anderes europaisches Land - ein solcher Versuch wiirde, dessen bin ich gewiB, weit davon entfernt, auf die Dauer die Arbeitslosigkeit zu ver- mindern, in gefahrdrohendster Weise unsere nationale Wohlfahrt schadigen. Keineswegs ist es etwa eine Sache des Glaubens allein, dieser Feststellung zuzu- stimmen. Es ist immerhin eigenartig genug, daB - unlangst ist dies festgestellt worden - vor 80 oder 90 Jahren ahnliche Fehler gemacht worden waren. Es ge- schah dies, als man damals in ungeziigelter Begeisterung nicht genug Eisenbahn- bauten fordern konnte. In dem Fieber der Jahre um 1845 nahm man fiir den schnellen Bau von Eisenbahnlinien gewaltige Anleihen auf, und man beschaftigte groBe Massen von Menschen damit, die aufgestellten Plane zu verwirklichen. Der Bedarf an entsprechenden Giitern regte die Unternehmungslust an, was auch auf andere Gewerbezweige iibergriff . Was f olgte nun schlieBlich aber darauf ? GemaB Cunninghams „ Growth of English Industry and Commerce" ergab sich daraus eine tiefgreifende Wirtschafts- und Finanzkrise, zu deren Ueberwindung das Land einer ganzen Reihe von Jahren bedurfte *). Im zweiten Band sagt Cun- ningham auf S. 828, daB jene wirtschaftliche Depressionsperiode iliren Grand hauptsachlich in der Ueberstiirzung hatte, mit der man Eisenbahnbauten aus- fuhrte, sowie darin, daB im Zusammenhang hiermit der iibliche Gang des wirt- schaftlichen Lebens in Verwirrung gebracht worden war. Im Herbst 1845 wurden 2069 Meilen Schienenwege eroffnet, die 64 000 000 £ Kapital erfordert hatten,

*) Auch hierbei, insbesondere zu dem Buch von Cunningham muli auf den Inhalt des in vorhergehendei Anmerkung erwahnten Buches von Soddy hingewiesen werden; s. insbesondere im IV., V. und X. Kapitel und vor allem auf S. 200 if.

Eine ahnliche Depressionsperiode, die am Anfang der 1890 er Jahre, analysiert uns Arthur Kit son in seinem ausgezeichneten Werk ,,A Scientific Solution of the Money Question", 2. Auflage, Boston U. S. A. 1895.

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wahrend sich weitere 3543 Meilen im Bau befanden, wof ur 74 500 000 £ benotigt wurden. Die Anlage solch groBer Geldsummen in nicht sofort produktiven Formen hatte auf viele Gewerbezweige eine schadliche Wirkung, und Handel und Wandel wurden niedergedriickt. GroBe Teile des Kapitals erschienen gewissermaBen als versunken, weil der normale Riickf luB solcher Gelder bedeutsame Unterbrechungen erfuhr. Insoweit erhebliche Teile des Volksvermogens Eisenbahnbauten gewidmet wurden, waren sie dem volkswirtschaftlichen Kreislauf in Gestalt anderer wich- tiger Giiter entzogen, woraus sich nachteilige volkswirtschaftliche Wirkungen er- gaben. Es gebrach in dem wunschenswerten MaBe an Mitteln, Waren zu erstehen. Die Verkaufe gingen zuriick, und die Unternehmer sahen sich auBerstande, ihre Vorrate aufzufullen oder auch nur Lohne in dem bisherigen Umfange fortzahlen zu konnen - bis schlieBlich all ihre Fertigwaren versilbert waren und sich eine allgemeine Stagnation im Wirtschaf tsleben einstellte. Soweit Cunningham, der hier als Autoritat gilt.

Ganz gewiB sind die Eisenbahnen im Laufe einer langen Entwicklung zur Grundlage einer neuen Wohlstandsara geworden. Jedoch ware dieser Wohlstand ebenso sicher eingetroffen, und wahrscheinlich schneller in Erscheinung getreten, wenn wir einen soliden und methodischen Fortschritt aufrechterhalten haben wurden, und wenn wir die beste Kraft eines halben Jahrhunderts nicht dafur verschwendet, geopfert und ruiniert hatten, in der Verfolgung einer neuen Idee des Guten zuviel zu tun. Ich meine, wir sollten versuchen, aus solchen Erfahrungen Lehren zu ziehen; jedenfalls sollten wir uns davor hiiten, zugunsten einer rasen- den Entwicklung unseres Wegenetzes den normalen Hergang der nationalen Pro- duktion zu storen oder zu verwirren, oder auf Grund von Staatsbeihilfen einen iibereilten Schlag gegen unser prachtiges Eisenbahnsystem zu fuhren, das meni- als zwei Milliarden Pfund Sterling Kapital in sich aufnahm und das mehr als 600 000 Menschen ihr tagliches Brot bietet.

In Verbindung mit dem Wegewesen habe ich auch die Beihilfen fur denWegefondszu behandeln. Ich kiindigte bereits innerhalb der Debatten iiber das Lokalverwaltungsgesetz eine weitere Erhohung der prozentualen Bei- hilfen fur die Unterhaltung der klassifizierten Wege und Briicken an - eine Er- hohung von 50% auf 60% hinsichtlich der StraBen I. Klasse und von 33%% auf 50% hinsichtlich der StraBen II. Klasse. Dies kommt einem jahrlichen Kosten- betrag von 2 500 000 £ gleich, in dessen Verfolg eine entsprechende Lokalsteuer- erleichterung zu erfolgen haben wird, und zwar vor allem eine ErmaBigung der Grafschaftssteuern. Ich freue mich, mitteilen zu konnen, daB die Bilanz des Wege- fonds zum SchluB des Jahres gunstiger auslauft, als wir erwarten durften; der UeberschuB stellt sich auf rund 4 500 000 £. Deshalb schlage ich eine entsprechende Erhohung der prozentualen Beihilfen f ur Wegeverbesserungen und f iir Neubauten vor. Es sollen somit fiir 1929 hinsichtlich der StraBen I. Klasse die normalen Wege- beihilfen 60% der nachgewiesenen Kosten betragen; hinsichtlich von StraBen und Briicken auBerhalb der Klasse I sollen es 50% sein. Um den Lokalverwaltungen einen Anreiz nach der Richtung hin zu geben, die Fortfiihrung von Arbeitskraften aus wirtschaftlich gedriickten Bezirken zu unterstutzen, ist fernerhin beschlossen worden, eine zusatzliche Beihilfe auf solche Summen zu gewahren, an deren Ver- ausgabung mindestens 50% solcher Arbeiter beteiligt sind, die aus jenen Bezirken stammen; lediglich die Bedingung ist hieran gekniipft, daB die betreffenden Ar-

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beitskraf te durch Inanspruchnahme der Arbeitsvermittlungsamter zur Einstellung gelangten. Der zusatzliche Aufwand im Etat des Wegefonds fur diese Zwecke - und auch noch fur einiges andere - bringt es mit sich, dafi die entsprechenden Gesamtausgaben in diesem Jahr sich auf 23 000 000 £ erheben, gegeniiber 15 000 000 £ in dem Jahre des Amtsantritts der gegenwartigen Regierung. Diese erhebliche Beisteuer zu den Gesamtaufwendungen unseres Landes fur Wege- zwecke, welche sich jetzt wohl auf 60 000 000 £ belaufen, ist nach meinem Dafur- halten so viel, wie wir gerade noch unter den gegenwartigen Verhaltnissen f iir jene Zwecke gewissenhafterweise dem Volkseinkommen entnehmen durfen.

Im Riickblick auf meinen Hauptgesichtspunkt, die Verminderung der Ar- beitslosigkeit namlich, vermag ich auch hierbei wieder nur zu sagen, daB nur durch eine Wiederbelebung der Industrie insgesamt und vor allem der Grundindustrie- zweige die Arbeitslosigkeit in normaler Weise vermindert werden kann. Solch eine Wiederbelebung wird die heutigen Arbeitslosen, Manner und Frauen, durch tausend Kanale hindurch ihren fruheren Gewerbezweigen, oder verwandten, wieder zu- fuhren; solchen letzterer Art, verwandten, jedoch nur, falls die fruhere Tatigkeit sie fiir solche nicht ungeeignet machte. Dies ist bei weitem vorteilhafter, als die Arbeitslosen in Massen ftir Wegebauten oder fiir andere offentliche Arbeiten ver- wenden zu wollen. Dies gilt sogar fur den Fall, daB es angangig ware, auf Grund eines groBziigigen Planes und auf langere Sicht derartige offentliche Arbeiten in Gang zu bringen. Verschiedene Kreise legten der Regierung nahe, Moglichkeiten dafur ausfindig zu machen, den nationalen Kredit fiir die Anfachung unseres Handels- und Wirtschaftslebens nutzbar zu machen und insbesondere dafiir, den RationalisierungsprozeB zu unterstiitzen. Dies wird jedoch in der Sphare des regularen Wirtschaftslebens weit besser erreicht, als durch regierungsseitige Ein- griffe. Was in dieser Richtung erreicht werden kann, ist uns durch die Lancashire Cotton Corporation deutlich vor Augen gefiihrt worden, die ja unter der Leitung der Bank von England ins Leben trat. Ich glaube Grund zu der Annahme zu haben, daB die Stadt London unterstiitzend eingreifen wird, wenn ahnliche An- lasse in anderen Grundindustrien auftauchen.

Ich habe nun hinsichtlich der Eisenbahnpassagierabgabe, und zwar iiber deren Beseitigung, einiges auszufuhren. Vermittels einer solchen Be- seitigung soil unsere Politik der Modernisierung der britischen Industrie weitere Forderung erfahren. Es diirfte keinerlei Zweifel dariiber bestehen, daB zur Wieder- belebung unserer Volkswirtschaft und vor allem unserer Grundindustrien die Eisenbahnen viel mehr beizutragen vermogen als die StraBen. Es gibt keine Trans- portart, deren Bedeutung auch nur annahernd dem schweren Giiterverkehr gleich- kame. Wir haben bierbei vor allem an die Beforderung von Minerah'en aller Art, aber auch an landwirtschaftliche Giiter zu denken. Hinsichtlich einer Anzahl aus- gewahlter schwerer Giiter ermaBigten wir im vergangenen Jahre die Frachtgebuh- ren. Mit diesem ersten Schritt brachten wir unsere Politik der Frachtgebuhren- ermaBigung in Gang; diese ersten MaBnahmen haben inzwischen bereits ihre Be- rechtigung erwiesen. Heute haben wir nun einen weiteren Vorschlag zu machen, durch dessen Ausfiihrung diese giinstigen Wirkungen weiter vertief t werden sollen. Seit nahezu 100 Jahren befindet sich eine Eisenbahnpassagierabgabe in Kraft, die den Eisenbahngesellschaften zur Last liegt. Sie erbringt zugunsten des Schatz- amts jahrlich nahezu 400 000 £. Wiederholt schon haben die Eisenbahngesell-

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schaften gefordert, daB sie von dieser Abgabe befreit werden, da sie diese fiir einen unzeitgemaBen Riickstand betrachten. Im Einklang mit entsprechenden Anr regungen aus dem Parlament bin ich nun bereit, den Wiinschen der Eisenbahn- gesellschaften entgegenzukommen, jedoch nur unter einer Bedingung. Es soil namlich das Kapital, das dem Gesamtbetrag solcher Steuerbefreiung gleichkommt und das sich auf 6 500 000 £ belauft, gleichfalls dazu benutzt werden, der Ent- wicklung und Modernisierung unserer Eisenbahntransporte einen weiteren Anreiz zu bieten. Diese Mittel sollen vor allem zur Herrichtung und zum Ausbau groBerer Anlagen Verwendung finden; zu nennen waren hierbei beispielsweise Hafen- erweiterungen, der Ausbau von Bahnhofen, Erganzung und Vermehrung des rollenden Materials und ahnliches. Fiir den Fall, daB das Parlament meinem Vor- schlag zustimmt, haben sich die hauptsachlichsten Eisenbahngesellschaften dazu bereit erklart, eine Liste iiber Plane vorzulegen, deren Ausfiihrung erwiinscht erscheint. Entsprechende Arbeiten wiirden dann bereits innerhalb des laufenden Finanzjahres in Angriff genommen werden. Dies ist alles, was ich im Augenblick hinsichtlich des Eisenbahnproblems zu sagen habe; es handelt sich dabei aber keineswegs um alles, was wir auf diesem Gebiete tun konnen. Die Beseitigung der Eisenbahnpassagierabgabe wird zuungunsten des neuen Etats 300 000 £ ver- ursachen.

Ich habe mich nun unserer Lokalsteuerbefreiungsaktion zu- zuwenden. Nach alledem besteht unter alien Umstanden der beste und sicherste Weg dafiir, den produktiven Industriezweigen wirksame Hilfe entgegenzubringen, und, iiber diese Industriezweige hinweg, unseren Arbeitslosen, darin, die Lasten zu vermindern, die unmittelbar einen ungiinstigen EinfluB auf die Produktions- kosten ausiiben und welche die Kapitalansammlungen aufzehren, auf denen heut- zutage das gewerbliche Leben einzig und allein sich fortzuentwickeln vermag. Wir haben in unserem Schwebenden Fonds (Suspensory Fund) einen erzielten Ueber- schuB von 22 500 000 £. Diesen Betrag beantrage ich fiir den Zweck zu verwenden, eine wirklich merkliche Verminderung unserer Steuerlast herbeizufiihren. Und zwar denke ich an eine bedeutsame Verminderung des bisherigen Aufkommens einer besonders lastigen und schadlichen Steuerart, namlich der auf den produk- tiven Gewerbezweigen lastenden Lokalsteuern *).

Nach Entrichtung der laufenden Zahlungen werden drei Viertel dieser Steuern von den Schultern der produktiven Industriezweige und die gesamten Lokal- steuern von der Landwirtschaft hinweggenommen sein. Das, was ich im vergange- nen Jahre hieriiber an dieser Stelle bereits ausfiihren durfte, ist ja in der Zwischen- zeit verschiedentlich durch den Innenminister naher erlautert und im einzelnen erganzt worden. Es war solches vor allem auch notig, um die Zustimmung des Parlaments hinsichtlich der Ansammlung der erforderlichen Fonds in der Staats- kasse zu erhalten; auch zwecks bestmoglichster Verwendung solcher Mittel war die gesetzgeberische Zustimmung erforderlich.

Es ware gewiB angenehmer gewesen, wenn wir iiber unsere Vorbereitungen hatten schweigen konnen, und wenn es moglich gewesen ware, daB wir erst heute zum erstenmal iiber diese Dinge hier sprachen. In der Welt der Wirklichkeit - und Regierungen und Finanzminister sind schmerzlicherWeise an die Welt der

J) Es sei besonders hierzu auf die eingehenden Ausftihrungen C h u r c h i 1 1 s in der Budget- rede des Vorjahres hingewiesen; vgl. S. 95 ff. ,,Finanzarchiv", 45. Jahrgang, 1928, 2. Band.

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Wirklichkeit gebunden - ist es oft notwendig, lange Vorbereitungen zu dem Zwecke zu treffen, irgendeinen groBen oder dauerhaften Vorteil zu erzielen. Immer- hin, die Zeit solcher Vorbereitungen ist beendet. Die erforderlichen Gesetze sind durch das Parlament verabschiedet, die notigen Fonds sind angesammelt, und nun befinden wir uns in der Lage, in diesem Jahre drei Viertel der Lokalsteuern der produktiven Industriezweige jeglicher Art und die gesamten Lokalsteuern der Landwirtschaft zu beseitigen. Dies ist die beste und bei weitem die groBte Gabe, zu deren Zuwendung wir die Macht besitzen. Wir ha ben dafiir gespart, wir haben uns dafiir abgeplackt - nun aber freuen wir uns, sie darbieten zu kounen. Jene 22 500 000 £ werden in diesem Jahre fur Zwecke der Lokalsteuerbefreiungsaktion nicht einmal ganz erforderlich sein. In diesem Jahre wird allein schon das Auf kommen der Oelabgabe von 15 700 000 £ dafiir ausreichen, jene Industriezweige und die Landwirtschaft fiir ein halbes Jahr, namlich vom 1. Oktober 1929 ab, in erwahnter Weise von den Lokalsteuern zu befreien. Jedoch wird vom Jahre 1930 ab, wo der Lokalsteuerbefreiungsplan voll in Wirksamkeit treten wird, das Schatzamt hohere Betrage dafiir zur Verfiigung zu stellen haben. Fiir das Jahr 1930 werden nahezu 36 000 000 £ der neuen Mittel dafiir bereitzustellen sein. In diesem Jahre diirfte die Oelabgabe 17 000 000 £ erbringen, wozu 3 000 000 £ aus dem Wegefonds treten werden, so daB wir dem Schwebenden Fonds nicht weniger als 16 000 000 £ werden entnehmen konnen, welcher Betrag hoffentlich noch eine Erhohung aus dem UeberschuB des laufenden Jahres erfahren diirfte. In dieser Weise ist fiir die Finanzierung des gesamten Steuerbefreiungsplanes bereits bis zum Jahre 1931 vorgesorgt. Hiernach werden wir auf eine normale Erhohung der Eihkiinfte zu achten haben, die selbst in den jetzigen mageren Jahren fort- gesetzt einen Aufstieg zeigten, einen Aufstieg, der vor allem im letzten Jahre iiber unsere Erwartungen hinausging.

Ganz abgesehen von der normalen Aufwartsentwicklung unserer Einnahmen lege ich noch auf einen besonderen Faktor Gewicht. Vor dem groBen Ungliick des allgemeinen Streiks, vor dem Jahre 1926 also, warfen die hauptsachlichsten Grundindustrien unseres Landes an Gewinnen, die von der Einkommensteuer erfaBbar sind, jahrlich 150 000 000 £ ab. Heute sind es demgegeniiber noch nicht einmal 100 000 000 £. Aller Wahrscheinlichkeit nach hat nun eine endgultige und gesunde Wiederbelebung unserer Grundindustrien begonnen, so daB wir mit einer gedeihlichen Entwicklung unseres wirtschaftlichen Lebens rechnen diirfen. Aber selbst wenn unsere Grundindustriezweige vom Jahre 1932 ab nicht mehr zuriick- gewinnen als die Stellung, die sie in den Jahren 1923 und 1924 einnahmen, so wiirden wir im Zusammenhange damit allein an Einkommensteuer und Supertax eine Mehreinnahme von mindestens 10 000 000 £ erzielen. Dieser hoffnungsvolle Ausblick auf die Entwicklung unserer Staatseinnahmen und auf das Anwachsen unseres Schwebenden Fonds ermutigt und berechtigt uns in der Tat dazu, eiren weiteren Schritt in der Richtung der Steuererleichterung fiir unsere produktiven Industriezweige zu unternehmen.

Was nun insbesondere die Lokalsteuerbefreiung der land- wirtschaftlichen Produzenten anlangt, so sind wir wiederholt daraufhin gedrangt worden, die Befreiung zu dem denkbar friihesten Termin zu verwirklichen. Wir beeilten uns bereits sehr hinsichtlich der FrachtermaBigungen fiir eine Anzahl ausgewahlter Giiter. Anstatt der urspriinglich fiir den Schweben-

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den Fonds veranschlagten 18 000 000 £ oder der 14 000 000, die ich nach Lage der Dinge zur Zeit der Beendigung der Sommertagung erwarten durfte, verf iige ich nun liber 22 500 000 £. Wir schlagen deshalb vor, die Lokalsteuerbefreiung der landwirtschaftlichen Produzenten sofort in Wirksamkeit zu setzen. Die Land- wirtschaft wird damit also nicht bis zum Oktober 1929 zu warten haben. Voin Beginn dieses Monats ab - vom 1. A p r i 1 1929 ab - werden die landwirt- schaftlichen Erzeuger von der Last der Lokalsteuern befreit sein. Diese Befreiung vor dem ursprunglich in Aussicht genommenen Zeitpunkt verursacht uns einen besonderen Auf wand von 2 500 000 £, eine Sum me, die der Schwebende Fonds infolge seines gunstigen Zustandes leicht zu tragen vermag. Es ist hierfur ein kurzes Gesetz erforderlich, das auch gleichzeitig das Schatzamt zu ermachtigen haben wird, jene 2 500 000 £, die sonst von den einzelnen Landwirten zu erheben sein wiirden, zwecks Auszahlung an die Lokalverwaltungen bereitzuhalten. Dieses Gresetz wird unmittelbar nach den BudgetentschlieBungen zur Vorlage gelangen.

Es ist ernsthaft erwogen worden, in ahnlicher Weise auch die Befreiungsaktion hinsicbtlich der industriellen Gewerbezweige vorzeitig in Wirksamkeit treten zu lassen. Die auf der Landwirtschaft lastenden Lokalsteuern waren bereits vor mehreren Jahren im Zusammenhange mit den Gesetzen iiber die Lokalsteuern der Landwirtschaft (Agricultural Rates Acts) in ihre hauptsachlichsten Bestandteile zerlegt worden. Es war dabei festgestellt worden, welche Teile sich auf die eigent- lichen Produktionsmittel und welche sich auf Wohngebaude beziehen. Deshalb liegt auch gar keine Schwierigkeit vor, diejenigen Steueranteile in Fortfall zu bringen, die sich auf den Boden und auf diejenigen Gebaude beziehen, die un- mittelbar der Produktion dienen. Hinsichtlich der Industrie fehlt es zur Zeit noch an entsprechenden Vorarbeiten, so daB es an einer sicheren Grundlage dafiir er- mangelt, auch hier eine Steuerbefreiung vorzeitig eintreten zu lassen. Deshalb muB die Industrie noch bis zum diesjahrigen Oktober warten, wahrend die Landwirt- schaft sofort in den GenuB der Erleichterungen tritt.

Nun einiges iiber direkte Steuern. Auch nach Beriicksichtigung der gedachten verhaltnismaBig kleineren Nachlasse oder RiickzaUungen verbleibt uns noch ein voraussichtlicher UeberschuB von 10 246 000 £. Hieraus darf der Steuerzahler die Berechtigung zu einigen weiteren Steuererleichterungen herleiten. Der Supertaxpflichtige mit einem fundierten Einkommen erhielt wahrend der gegenwartigen Parlamentsperiode keinerlei Steuererleichterung. Der dieser Steuer- art im Jahre 1925 zugebilligte NachlaB von 10 000 000 £ wurde namlich - und dies wird oft vergessen - durch die Erhohung der Erbschaftssteuern, die sich auf die gleiche Art von Vermogen bezieht, voll aufgezehrt. (Zwischenruf von Miss Wilkinson: Der Supertaxpflichtige kann nur ein einziges Mai sterben, den Vorteil der Erniedrigung der Supertax genieBt er jedoch jedes Jahr.) Die Zwischen- ruferin moge sich in Geduld fassen, und ich hoffe, daB sie schlieBlich nicht ganz enttauscht sein wird. Auch der Supertaxpflichtige wird die Gehassigkeiten, die die Sozialisten auch iiber ihn ausschtitten, mit Gleichmut liber sich ergehen lassen miissen. GewiB hat er eine wesentliche steuerliche Erleichterung erfabren. Auf 6 Pence des ordentlichen Satzes belauft sich der ibm zugefallene SteuernachlaB. Jedoch ist diese Vergunstigung ftir all diejenigen, die geringere Einkommen be- ziehen und insbesondere fur Familienvater, vervielfacht worden; es geschah dies durch eine Anzahl entsprechender Vorschriften, die im Zusammenhange mit den

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Etatsgesetzen der Jahre 1926 - 1928 in Kraft traten. Ich darf doch darum bitten, die groBe und tiefgreifende Wirkung auch dieser Befreiungen gebuhrend zu beriick- sichtigen. Nehmen wir beispielsweise einen verheirateten Mann mit drei Kindern, der lediglich auf eigener Arbeit beruhendes Einkommen bezieht. Solch ein Mann hatte im Jahre 1924 von einem Einkommen von 400 £ an Steuern 5 £ 1 Schilling und 3 Pence zu entrichten. Heute dagegen bezahlt er nichts. Bezog ein solcher Mann im Jahre 1924 500 £, so betrug damals die Steuer davon 15 £ 3 s 9 d. Heute hat er aber nur 3 £ 3 s 4 d zu zahlen. Dies kommt einer ErmaBigung des ordent- lichen Einkommensteuersatzes von 3 s 7 d auf das Pf und gleich. Unter den an- gegebenen Voraussetzungen wiirden im Jahre 1924 aus einem Einkommen von 600 £ f iir Steuern 25 £ 6 s 3 d zu entrichten gewesen sein. Diesem Steuerbetrag stehen heute nur noch 11 £ 10 s gegeniiber. Dies entspricht einer ErmaBigung des ordentlichen Satzes von 2 s 5 y2 d auf das Pf und. Einem Jahreseinkommen von 700 £ standen im Jahre 1924 45 £ 11 s 3 d an Steuern gegeniiber - heute sind es dagegen nur noch 19 £ 16 s 8 d, was eine Verminderung von 2 s 6% d auf das Pfund darstellt. Nur noch 33 £ anstatt von 65 £ sind gegenwartig bei jahrlich 800 £ Einkommen zu zahlen; 2 s 2 d betragt hier die ErmaBigung auf das Pfund. Und bei einem Jahreseinkommen von 900 £ betragt heute jene Steuerlast 50 £ gegeniiber 86 £ im Jahre 1924. (Zwischenruf : Sind das Bergarbeiter ?) Nimmt denn die Arbeiterpartei an den Angelegenheiten der weniger zahlreichen Klasse der Einkommensteuerzahler gar keinen Anteil ? - In meinem letzten Beispiel ergibt sich eine Verminderung von 1 s 10 d auf das Pfund. Diese Verminderung stellt sich auf 1 s 8 d hinsichtlich eines Jahreseinkommens von 1000 £, von dem im Jahre 1924 106 £ zu entrichten waren; jetzt sind es aber nur noch 67 £. Nehmen wir 1500 £ jahrliches Einkommen, so waren damals 207 £ zu zahlen, wogegen es gegenwartig nur noch 150 £ sind; hier stellt sich die ErmaBigung auf 1 s 3 d auf das Pfund. GewiB liegen die entsprechenden Ziffern vom Standpunkt des Steuer - zahlers aus betrachtet weniger giinstig, insoweit es sich entweder um f undiertes Einkommen handelt oder wo weniger Kinder vorhanden sind oder wenn der Steuerzahler uberhaupt nicht verheiratet ist, jedoch auch dann ergeben sich bis zur Einkommenshohe von 1000 £ pro Jahr durchweg erhebliche Vergiinstigungen. Wahrend der nun ablaufenden Parlamentsperiode ist in dem ProzeB der Ingang- setzung von Steuererleichterungen in der Tat ein gewaltiger Fortschritt zu ver- zeichnen gewesen. Jene groBe, mehr als die Halfte aller Einkommensteuerzahler umfassende Klasse der Steuerpflichtigen, namlich die Klasse aller derjenigen, die man die Arbeiter im schwarzen Rock zu nennen pflegt, insbesondere die geistigen Arbeiter, aber auch Handwerker, Angehorige technischer Berufe, kurz Angehorige der ,,Intelligenz", um mich der Moskauer Ausdrucksweise zu bedienen, die Klasse, auf deren Kenntnissen, Fahigkeiten und Anstrengungen die Vorwartsentwicklung der wissenschaftlichen Zivilisation beruht - diese Klasse hat sehr groBe und wohl- verdiente steuerliche Vergunstigungen erfahren, Vergunstigungen in einer Hohe, die fur das neue Jahr diejenige des vorhergehenden noch um mehr als 2 500 000 £ iibersteigt. Innerhalb des neuen Etats vermag ich f iir diese Klasse noch mehr zu tun, womit ich mich den Tragern der indirekten Steuern zuwende.

Ueber die Abschaffung der Teeabgaben habe ich nun zu sprechen. Den Konsumenten von Luxuswaren brachte ich nie viel fiskalische Sympathie entgegen, insbesondere dann nicht, wenn es sich um auslandische

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Luxusartikel handelt. GenuBmittel ganz besonderer Art, ja zu einem betracht- lichen Umfange geradezu Lebensnotwendigkeiten breiter Schichten unseres Volkes stehen bei dem in Betracht, dem wir nun unsere Aufmerksamkeit zuzuwenden haben. Ich sprach bereits von der gewaltigen Summe von jahrlich mindestens 160 000 000 £, die wir dadurch den arbeitenden Klassen zufuhren konnen, daB uns eine betrachtliche Senkung der Lebenshaltungskosten gelang. Verglichen mit dieser gewaltigen allgemeinen Erleichterung muB nun das, was der gegenwartige UeberschuB uns noch erlaubt auf dem nun beschrittenen Wege zu tun, mit Not- wendigkeit gering sein. Im letzten Jahre vermochten wir durch Einsetzung von 3 000 000 £ aus Etatsmitteln die Zuckersteuer zu erniedrigen, und nun wenden wir uns mit der Absicht, unser Bestmoglichstes auch hierbei zu leisten, der Tee- steuer zu. Aus den jahrlichen Debatten in diesem Hause ist es hinreichend bekannt. daB ich seit langem den Wunsch hege, eine Verminderung der Teesteuer zu er- moglichen. Es gibt kein GenuBmittel, das wie dieses einen so bedeutsamenPosten im Haushalt des kleinen Mannes herbeifuhrt oder innerhalb der noch bescheide- neren Lebensfuhrung unserer Alten, Schwachen und Armen. Die Herabsetzung oder die Beseitigung der Abgaben auf Tee ist somit in diesem Hause immer wieder gefordert worden. Sozialreformer aller Parteien betrachten die Milderung der- artiger Abgaben als begruBenswerte Meilensteine fortschrittlicher Entwicklung. Seit der Regierungszeit der Konigin Elisabeth besitzen wir die Teesteuer - unter der Herrschaft unseres jetzigen Konigs soil sie insgesamt, sofort und, wie ich hoffe, endgultig beseitigt werden.

Meiner Ankiindigung tiber die totale Beseitigung der Teeabgaben habe ich noch hinzuzufugen, daB mehr als drei Viertel des im Inlande verbrauchten Tees innerhalb der Grenzen des Britischen Reiches erzeugt werden; in den Konsum unserer armsten Schichten geht zu einem groBeren Teile, und zwar in den billig- sten Mischungen, Tee javanischer Herkunft ein. Nun etwa fiir Schutzzwecke Tee fremder Herkunft von der Steuerbefreiung ausschlieBen zu wollen, ware gleich- bedeutend damit, den von uns verfolgten Zweck zu einem wesentlichen Teil zu vereiteln, so daB auch derhier in Betracht kommende Schutzzoll in Fortf all kommt.

Gelegentlich des gegenwartigen Etats habe ich mich nicht mit den Abgaben auf Kaffee, Kakao und Zichorie zu beschaftigen. Obzwar die Kakaogruppe ge- wohnlich mit den Teeabgaben auf- und niederging, ist kein wesentlicher Grund dafur ersichtlich, warum hier eine untrennbare Verbindung bestehen sollte. Fur die selbstandige Behandlung des Tees liegen zudem Prazedenzfalle aus der Glad- stoneschen Zeit vor. Die Beseitigung der Teesteuer erf ordert fur das lauf ende Jahr 6 150 000 £. Die Beseitigung dieser Abgabe wird am 22. April 1929 in Kraft treten. Ausreichende Griinde berechtigen mich zu der Annahme, daB ein wirklicher Nach- laB von 4 d auf das Gewichtspfund sich im Verkaufspreis in wunschenswerter Weise auswirken und unmittelbar den Konsumenten erreichen wird. Mit der Be- seitigung der Teesteuer sinkt der Anteil derjenigen Einkiinfte, die der Staat aus MassengenuBmitteln bezieht - das sind namlich die verbleibenden sogenaDnten Fruhstuckstischabgaben, die Abgaben namlich von Kaffee, Kakao, Zichorie, Zucker und auch von Streichholzern - , von dem unter der Arbeiterregierung geltenden Satz von 4,43% auf 2,91%; das ist der niediigste bekannte derartige Prozentsatz.

Ich kann nun die Bilanz des Budgets fiir 1929 ziehen. Die Aus- 840

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Die englischen Finanzvoranschl&ge fur das Jahr 1929/30. 348

g a b e n verschiedenster Art, mit EinschluB derjenigen der Lokalsteuerbefreiungs- aktion, des Tilgungsfonds und der sich selbst unterhaltenden Konten stellen sich auf 822 584 000 £, denen Einnahmenin Hohe von 826 680 000 £ gegeniiberstehen, so daB sich schlieBlich ein voraussichtlicher

UeberschuB ergibt von 4 096 000 £. Ich hoffe, daB dieser UeberschuB durch weitere Ersparnisse bei den einzelnen

Verwaltungen wahrend des Verlaufs des Jahres eine Erhohung erfahren wird, und daB er auf alle Falle daftir ausreichen wird, die unvermeidbaren Ausgaben aus Nachtragsetats und ebenso fur kleinere unvorhergesehene Zwecke zu decken. Falls mir weiterhin die Verantwortung hierf iir verbliebe, wiirde ich dahin streben, daB jeglicher UeberschuB, der sich am SchluB eines jeden Jahres herausstellte, dem Schwebenden Fonds zu seiner Verstarkung zufloBe. Weiterhin wiirde ich den Zeitabschnitt zu verlangern versuchen, nach dessen Ablauf das voile Gewicht der MaBnahmen der neuen Lokalsteuerbefreiungsaktion die zu erweiternden Staats- einkunfte trifft.

In Anbetracht der in diesem Jahre durch die allgemeinen Wahlen herbei- gefuhrten besonderen Umstande schlage ich vor, daB wir dieses Mai zwei Finanz- gesetze erlassen. Das erste Gesetz soil lediglich die fur die Regierungspolitik und fur den Fortgang der Staatsverwaltung notwendigen Bewilb'gungen enthalten. Die naheren Beschliisse, die daruber hinausgehen, sollen dem neuen Parlament vorbehalten bleiben. Das erste Finanzgesetz wird deshalb nur diejenigen Bestim- mungen enthalten, die zur Sicherung der Staatseinkunfte erforderlich sind, ins- besondere die zur Forterhebung der Einkommensteuer usw. notwendigen Vor- schriften; ferner wird es die Bestimmungen enthalten iiber die Aufhebung der Teesteuer, der Wettumsatzsteuer sowie der Eisenbahnpassagierabgabe. In Ueber- einstimmung mit dem ersten Finanzgesetz wird ferner ein besonderes WeiBbuch die Entwiirfe derjenigen Bestimmungen enthalten, die dem neuen Parlament zum ErlaB vorbehalten bleiben *).

Meine langen Ausfuhrungen, denen das Haus mit bemerkenswerter Auf- merksamkeit und Nachsicht zu folgen die Liebenswurdigkeit hatte, mogen nun in einen abschlieBenden Ueberblick einmiinden. Ich selbst hatte lediglich die finanzielle Lage darzulegen, ohne etwa den Versuch unternehmen zu wollen, dem Programm vorzugreifen, mit dem die Regierung an das Land sich zu wenden gedenkt und in dem sie liber die staatliche und soziale Entwicklung Naheres kundgeben wird. Ich selbst hatte mich lediglich auf den Bereich der Staats- angelegenheiten zu beschranken, der unmittelbar die Finanzen des gegenwartigen Jahres beruhrt. Die Hauptlinien der Politik, denen wir in dem neuen Parlament zu folgen haben diirften, wird der Herr Ministerprasident baldtunlichst aufzeich- nen. Immerhin empfinde auch ich das Bediirfnis, meinen finanziellen Darlegungen iiber das fiinfte Budget, das ich hier zu vertreten habe, einige Worte allgemeinerer, abschlieBender und zusammenfassender Art hinzuzufiigen. Jedermann vermag es zu erkennen, daB das Ungliick des allgemeinen Kohlenstreiks von 1925 und 1926 eine vollig andere Lage schuf als diejenige, mit der ich ursprunglich rechnen durfte. Wtirde ich den beklagenswerten Lauf der Dinge vorausgesehen haben, so hatte

1) N&here Ausfiihrungen liber die Abwicklung parlamentarischer Einzelheiten sind hier iiber gangen worden.

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344 Die englischen Finanzvoranschlftge fiir das Jahr 1920/30.

ich im Jahre 1925 sicherlich nicht auf die Einkommensteuer einen NachlaB von 6 d gewahrt. Da nun aber einmal der normale Satz auf eine so klare Hdhe wie 4 8 auf das Pfund herabgesetzt worden war, ware es unbillig und sehr druckend ge- wesen, ibn wieder zu erhohen. Gleichfalls wiinschte ich es in keiner Hinsicht, die groBen Vergiinstigungen zu schmalern, die mein Amtsvorganger hinsichtlich der indirekten Steuern im Jahre 1924 verwirklicht hatte. Die letzten drei Jahre waren fiir mich mit dem Ringen erfullt, weder unseren direkten. Steuern gefahrliche For- men zu geben, noch die steuerlichen Erleichterungen zu beeintrachtigen, die den GenuBmitteln der breiten Massen zugebillgit worden waren. Diese meine Be- muhungen darf ich als erfolgreich bezeichnen. Im Durchschnitt der letzten funf Jabre betrachtet, vermochte ich Zahlungen zum Tilgungsf onds und auf aufgelaufene Zinsen fiir Kriegssparscheine aufrechtzuerhalten, die wesentlich groBer sind als die Betrage, die zu irgendeinem friiheren Zeitpunkt fur derartige Zwecke auf- gewendet wurden.

Die erfolgreiche Wiederaufrichtung des Goldstandards wird selbst dann noch als ein bemerkenswertes Ereignis betrachtet werden, wenn die Anstrengungen und Opfer, die damit verbunden waren, langst vergessen sein werden. Die Vor- zugszdlle auf Reichsgiiter, genannt seien die Zolle auf Weine, Zucker und Tabak, sind auf den hochsten Punkt, auf einen Punkt gebracht worden, der noch nie vorher erreicht worden war; gleichlaufend hiermit war ein bemerkenswertes An- wachsen unseres Handels innerhalb des gesamten Britischen Reiches zu ver- zeichnen. Ueber die steuerlichen Nachlasse, die ich wahrend meiner Amtszeit in Wirksamkeit zu setzen vermochte, habe ich bereits ausf uhrlicher gesprochen. Was die Ausgaben anlangt, so konnte ich die aufsteigende Richtung derselben erfolg- reich abbiegen. Es iiberstieg meine Macht, sie auf den Punkt herabzudriicken, auf den ich sie zu bringen gehofft hatte. Jedoch sind die Ausgaben jedenfalls unter scharfe Kontrolle gesetzt worden, und sie sind um 6 000 000 £ geringer - auf Grund genauer Vergleichsbasis - , als sie es funf Jahre vorher waren. Un- geachtet all dessen sind die Mittel dafiir gefunden worden, zwei nationale Reform- werke von iiberragender Bedeutung, von einer Bedeutung, die weit iiber die Lebensdauer des gegenwartigen Parlaments hinausgeht, in Gang zu bringen und zu finanzieren, namlich die gewaltige Ausweitung unseres Alters- und Versiche- rungswesens im Jahre 1925 sowie die Steuererleichterungen der produktiven Industriezweige mit der Reform unserer Lokalbesteuerung im Jahre 1928, bei welchem Werk der Herr Innenminister fiihrend ist.

Ich habe das Gefiihl, daB der Gefahrenpunkt auf dem Wege zu wirtschaft- lichem Wohlstand nun wohl iiberwunden sein mag. Ich sehe keine Griinde mehr - es sei dean, wir schaffen selbst solche - , die es verhindern konnten, daB unsere n&chsten vier oder funf Jahre leichter und erfolgreicher verlaufen, als die zuletzt vergangenen. Die Zukunft liegt in unserer Hand. Wiederbelebung des wirtschaft- lichen Treibens, Verminderung der Arbeitslosigkeit, wachsende Staatseinkunfte, billigeres Geld, giinstigere Bedingungen zur Konvertierung von Schulden - dies alles liegt in Form verniinftiger und greifbarer Moglichkeiten vor uns. Durch Weisheit und durch offentlichen Geist vermogen wir sie naher an uns heranzu- ziehen und zu verwirklichen. Durch Zwietracht, Streitigkeiten undTorheiten konnen wir diese Moglichkeiten aber auch wieder ganzlich aus unserem Bann- kreis verscheuchen. Unergriindlich ist die Zukunft - in gleicher Weise ware es

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Die englischen Finanzvoranschlage flir das Jahr 1929/30. 345

Anlage I. Einnahmen nnd Ausgaben1).

1927/28 1928/29 V°i^^g

Einnahmen. £ £ £ Zdlle 111620 000 118 972 000 119 850 000 Akzise 139 200 000 134 000 000 130 330 000 Motorfahrzeugsteuern ... 24 518 000 25 357 000 27 190 000 NachlaBsteuern alle Art . . 77 310 000 80 570 000 81 000 000 Stempelabgaben 27 030 000 30 060 000 31000 000 Landsteuer, Hausabgabe und

Abgabe von Mineralrechten . 780 000 840 000 800 000 Einkommensteuer .... 250583000 237620000 239500000 Uebersteuer (Super Tax) . . 60 600 000 56150 000 58 000 000

UeberschuBgewinnabgabe . . 850 000 } X 700 00°

Korporationsgewinnabgabe . 1 780 000 Post, Telegraph u. Telephon . 63 000 000 65 300 000 67 010 000 Kronlandereien 1070 000 1210 000 1250 000 Zinseinnahmen aus verschiede-

nen Darlehn 23 952 000 28111000 30 550 000 verschiedene ordentliche Ein-

nahmen 30 893 000 13143 000 12 500 000 besondere Einnahmen . . . 30 488 000 43 402 000 26 000 000 Gesamteinnahmen .... 842824000 836 435 000 2) 826 680 000 3)

Ausgaben Landesschuldverwaltung . . 378 816 000 369 000 000 355 000 000 Wegefonds 19 666 000 21 131 000 22 510 000 Zahlungen an Lokalsteuerkonti 15 369 000 15 203 000 15 000 000 Zahlungen an das nordirische

Schatzamt 5 277 000 5 100 000 5 400 000 Sonstige Verwaltung des kon-

solidierten Fonds .... 3 657 000 2 807 000 3 500 000 Heer, Marine und Lufttruppen 117 440 000 113 470 000 112 610 000 Zivilverwaltung 229 815 000 222 493 000 223 325 000 Zoll-, Akzise- und Steuerver-

waltung und Postverwaltung 68 545 000 68 837 000 69 679 000 Neue Zuschlisse des Schatz-

amtes zugunsten von Lokal- verwaltungen usw. . . . ^^^^^^^^^^ ___^^_^«_ 15 560 000

Gesamtausgaben 838 585 000 818 041 000 4) 822 584 000 5) UeberschuB 4 239 000 18 394 000 Zusammen 842 824 000 836 435 000

*) Die Einnahmen und Ausgaben fur 1929/30, die sich selbst aus- g 1 e i c h e n , seien hierbei angefiihrt: Postverwaltung - Einnahmen zur Deckung der Ausgabe der Postverwal- tung (einschliefilich von 3 691 000 £ Pensionen) 58 110 000 £ Wegefonds - Motorfahrzeugsteuer, die anteilsmaftig dem Wegefonds zugeteilt wird 22 510 000 £

insgesamt 80 620 000 £ «) Davon a) Gesamteinnahmen an Abgaben und Steuern fiir 1928/29 . . 685 269 000 £

und b) Gesamteinnahmen nichtsteuerlicher Art fiir 1928/29 . . . . 151 166 000 £ *) Desgleichen fur 1929/30 (Voranschlage) a) 697 250 000 £

b) 129 430 000 £ 4) 5) S. n&chste Seite.

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346 Die englischen Finanzvoranschlage fur das Jahr 1929/30.

eitel, zu prophezeien oder zu prahlen. Ich fur meinen Teil habe jedoch Vertrauen zu der rechtlichen HandhiDgsweise tind zu dem erhabenen gesunden Sinn des britischen Volkes, wie zu dessen Urteil heute und in kunftigen Jahren - mit Zuversicht unterbreite ich ihm die finanziellen Leistungen einer konservativen Regierung.

Abgaben&nderungen A. Z 6 1 1 e und A k z i s e

Z 6 1 1 e. Tee. - Die bestehenden Teezolle - 4 d per lb. auf Tee fremder Herkunft

und 3y2 d per lb. auf britischen Tee - sollen vom 22. April 1929 ab in Fortfall kommen.

A k z i s e.

Eisenbahnpassagierabgabe. - Vom 1. April 1929 soil die be- stehende Abgabe von 2% auf landlichen Personenverkehr und von 5% auf anderen Personenverkehr in Fortfall kommen.

Anlage II. Uebersicht

iiber die gesamten Einnahmen und die gesamten Ausgaben der Jahre 1924 - 1929 *).

1924/25 1925/26 | 1926/27 | 1927/28 | 1928/29 Binnahmen

^Scha^lfanz^)8 (Churchill als Schatzkanzler) in 1000 £ in 1000 £

Einnahmen aus Steuern a) 674 139 667 089 646 560 673 755 664 138 Postverwaltung (netto) 5 070 3 400 3 950 6 200 8 100 Sonstige Einnahmen 54 284 70 168 82 918 86 403 85 866 Gesamteinnahmen 733 493 740 657 733 428 766 358 758 104 Demgegeniiber Gesamtausgaben . . 729 834 754 695 | 770 122 762 119 739 709») Somit Mehreinnahmen (UeberschuB) 3 659 | 4 239 18 395 Mehrausgaben (Fehlbetrag) 14 038 | 36 694

») Quelle: ,,The Economist", Vol. CVIII, Nr. 4467, vom 6. April 1929, p. 738, wo sich obige Ziffern weiter spezifiert finden.

*) Davon Einkommensteuer (in obiger Reihenfolge) : 273 836 £, 259 411 £, 234 717 £, 250 583 £, 237 620 £.

3) Davon entfallen a) auf den gesamten Dienst der fundierten Schuld fiir 1928/29 334 601 000 £ b) auf die gesamten Verwaltungsausgaben fur 1928/29 . 347 600 000 £ c) auf den Neuen Tilgungsfonds 57 509 000 £ d) auf sich selbst ausgleichende Einnahmen und Ausgaben

(Postverwaltung und Wegefonds) 78 331 000 £ Desgleichen fiir 1929/30 (Voranschl&ge) a) 328 500 000 £

b) 347 504 000 £ c) 50 400 000 £ d) 80 620 000 £

Ferner treten noch hinzu (eigentlich mit zu b gehorig) an neuen Staatsbeihilfen zugunsten der Lokalverwaltungen usw 15 560 000 £

Hierzu moge bemerkt sein, daC auf Grund der Etatsansatze im Jahre 1928/29 an Lokal- steuern zur Erhebung gelangten : in England und Wales 166 250 000 £ in Schottland 21 918 000 £

Diese Betrage durften sich auf folgende Aufgabengebiete verteilen: England und

Wales Schottland Armenwesen 36 200 000 £ 4 858 000 £ Schulwesen 35 100 000 £ 5 307 000 £ Polizei 10 100 000 £ 1 073 000 £ fur sonstige Zwecke 84 850 000 £ 10 680 000_£

3 66 250 000 £ 21 918 000 £ 844

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Die englischen Finanzvoranschlfige fttr das Jalir 1929/30. 347

Wettsteuer. - Vom 16. April 1929 ab soil die bestehende Abgabe von 1% und von 2% auf Wetten fortf alien.

Fernerhin ist vorgesehen worden, vom 1. April 1929 ab die jahrliche Abgabe von 10 £ auf Buchmachererlaubnisscheine fortfallen zu lassen, wahrend die per- stmliche Jahresabgabe der Buchmacher bestehen bleiben soil. Fernerhin soil fur jedes von einem Buchmacher fur seinen Gewerbebetrieb benutzte Telephon eine Jahresabgabe von 40 £ entrichtet werden. Schlieftlich wird die Einfuhrung einer Abgabe von %% auf Totalisatoreinsatze vorgeschlagen.

Anlage III. Yergleich

der veranschlagten Ausgaben des Jahres 1929/30 mit denen der Jahre 1928/29 und 1914/15.

Urspriingliche Ausgabe-Voranschlage Zugang oder 1 1 Abgang ver-

1914/15 1928/29 1929/30 ^O^^ in 1000 £ in 1000 £ in 1000 £ in 1000 £

1. Beihilfendienst (mit Aus- nahme des Wegefonds) *) in GroBbritannien ... 26 946 92 105 111 142 in Irland 10 349 8 476 8 029

37 295 100 581 119 171 4) + 18 590 *) 2. Staatlich verwaltete

Dienste Zinsen auf Sparscheine . 13 600 16 600 Andere Schuldenzinsen und Verwaltungskosten . 16 741 290 400 288 000

16 741 304 000 304 600 -f 600

fttr Pensionen und Ver- sicherungen (Kriegs-, Beamten-, Mili- tAr-, Witwen- und Waisen- versorgung und ahnl.) •) 25 456 134 250 132 276

25 456 134 250 132 276 - 1974

Verteidigung a) Flotte 48 697 49 205 47 628 b) Annee 25 113 33 372 32 789 c) Luftstreitkrafte ... - 16134 16100 d) Mittelosten - 296 232

73 810 99 007 96 749 - 2 258 Steuererhebung

a) Ziffle 1 840 4 174 4 262 b) Inl&ndische Einkiinf te 2 064 6 600 6 786

3 904 10 774 11048 + 274

Sonstige Verwaltungsaus- gaben*) 12 452 27 969 27 720 - 249

12 452 27 969 27 720 zusammen 169 658 676 581 691 564 *) + 14 983 *)

3. Nationaler Schuldentil- gungsfonds 6 759 65 000 50 400 - 14 600

4. Sich selbst unterhal- tende Dienste: Post .. 26 152 57 314 58110 + 796 Wegefonds 1 545 21 300 22 600 +1 300

*) Eine besondere Tabelle, deren Wiedergabe hier nicht erforderlich erscheint, gibt Einzel- heiten. (S. 8 und 9 ,, Financial Statement".)

m) Wie Anmerkuns 1. a) Wie Anmerkunff 1. 4) Diese Ziffern schliefien die neuen Staatszuschttsse zu den Einktinften von Lokalbehorden

usw. ein - 15 560 000 £ - , bei deren Nichtberttcksichtigung die Etatsansfttze ftir 1929 eine Ver- minderung von 577 000 £ ergeben.

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348 Die englischen FinanzvoranschlSge fur das Jahr 1029/30.

Lizenza bgaben fur Brauer, fur Des tilla t e ur e undfiir Tabakverarbeiter.

Es werden folgende erhohte Abgaben vorgeschlagen:

bisherige vorgeschla* Satze gene Satze

Brauer: £ s d £ s d Mit einer Produktion wahrend des Vorjahxes

von nicht mehr als 100 Barrels 10 0 2 10 0 von mehr als 100 Barrels: - fiir die ersten 100 Barrels 100 2 10 0 fiir weitere 50 Barrels oder Teile davon . . 0 12 0 1 10 0

fiir Anfanger 10 0 2 10 0

Destillateure: Mit einer Produktion wahrend des Vorjahres

von nicht mehr als 10 000 Gallonen ... 10 0 0 20 0 0 von mehr als 10 000 und nicht mehr als 50 000

Gallonen 10 0 0 50 0 0 iiber 50 000 Gallonen fur die ersten 50 000 Gallonen 10 0 0 50 0 0 fiir jede weitere 25 000 Gallonen oder Teile

davon 10 00 5000 fiir Anfanger 10 0 0 20 0 0

Tabak- und Schnupf tabakverarbeiter: Fiir den Fall, daB der im Vorjahre eingebrachte

unverarbeitete Tabak nicht mehr als 20 000 lb. ausmacht .... 550) 600 mehr als 20 000 aber nicht 40 000 lb. . . . 10 10 0 fiir jede

„ „ 40 000 „ „ 60 0001b. ... 15 15 0 100001b. „ „ 60 000 „ „ 80 000 lb. ... 21 0 0 oder Teile „ „ 80 000 „ „ 100 0001b. ... 26 5 0 von „ „ 1000001b 31 10 0) 100001b.

fiir Anfanger . 550 6 0 0 *)

Anlage IV. Hinsichtlich der in Churcbills Rede erwahnten Alkoholverkaufs-

1 i z e n z e n moge hier gleichfalls nur das Wesentlichste angefiihrt sein:

,,Publican's Licence". Bierhaus-Licence.

jetzige Vor- jetzige vor- Mindest- geschlagene Mindest- geschlagene

satze Mindestsatze satze Mindestsatze

In Landbezirken und in Platzen £s £ s £ s £ s mit weniger als 2000 Einwohnern 5 0 unverandert 3 10 unverandert In Stadten mit einer Einwohner-

zahl von 2 000 und weniger als 5 000 10 0 unverandert 6 10 unverandert 5000 „ „ „ 10000 15 0 10 0)

10 000 „ „ „ 50 000 20 0 10 0 13 01 6 10 50 000 „ „ „ 100 000 30 0 20 0|

100 000 oder dariiber .... 35 0 23 lOj Wirksam werden sollen diese Aenderungen am 1. Oktober 1929.

a) Weitere Einzelheiten erschienen hier nicht erwfthnenswert. 846

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Page 38: Die englischen Finanzvoranschläge für das Jahr 1929/30, nebst Budgetrede des englischen Finanzministers Winston Churchill

Die englischen Finanzvoranschl&ge ftir das Jahr 1929/30. 349

Abgaben fur Kraftfahrzeuge. Motorfahrrader. - Die Aenderung soil darin bestehen, daB der frag-

liche Satz (1 £ 10 s 0 d) anstatt bei einem Leergewicht von 200 Pfund erst bei einem solchen von 224 Pfund erhoben werden soil.

Giiterwagen. - Auch hier soil eine ErmaBigung der Abgabe stattfinden: der geltende Satz von 40 £ fur 2 Tonnenwagen (bis 2% Tonnen Leergewicht) soil auf 35 £ herabgesetzt werden (nahere Einzelbestimmungen konnen unerwahnt bleiben).

Wegen der auch hier bei noch zu erwahnenden ErmaBigung der Stempelabgaben fur Vereinigung von Handelsgesellschaften u. dgl., wegen der Herabsetzung von Telephongebuhren fur Landbezirke - sowie wegen der Vergunstigungen, die mit der Lokalsteuerbefreiungsaktion im Zusammenhange stehen, darf auf C h u r - chills nahere Ausfuhrungen hingewiesen werden.

Anlage V. Wirkung der Aenderungen im Etat.

v<5SS8lg VoUes Jahr + Zunahme + Zunahme - Abnahme - Abnahme

Zolle £ £ Tee - 6 150 000 - 6 200 000

Akzise Eisenbahnpassagierabgabe - 300 000 - 360 000 Wettsteuer: Beseitigung bisheriger Abgaben - 1 100 000 - 1 180 000 Neue Steuern + 250 000 + 280 000 Lizenzen: Brauer + 350 000 + 350 000 Destillateure -f 30 000 + 30 000 Tabakverarbeiter + 100 000 + 100 000 Alkoholverkaufer (im kleinen) - 950 000 - 970 000

Akzise insgesamt - 1 620 000 - 1 750 000 Zolle und Akzise insgesamt - 7 770 000 - 7 950 000

Motorfahrzeugsteuern. . . . - 20 000 - 20 000 (Auf diesen Betrag stellt sich der Ausfall fur das Schatzamt ; f iir den Wegefonds wer- den es insgesamt 90 000 £ sein.)

Postverwaltung: Nettoeinnahmen - 90 000 - 90 000 Lokalsteuerbefreiungen landwirtschaftlicher

Landereien x) *) Hauptsumme - 7 880 000 |

- 8

060 000

J) Diese Aufwendungen (Lokalsteuerreform), 2 570 000 £, fallen unter die besondere Ab- rechnung.

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Page 39: Die englischen Finanzvoranschläge für das Jahr 1929/30, nebst Budgetrede des englischen Finanzministers Winston Churchill

350 Die englischen Finanzvoranschl&ge fiir da Jahr 1929/30.

Anlage VI.

Zoll- und Akzise-Einnahmen fiir 1928/29 und 1929/30. unter Berxicksichtigung der verschiedenen Arten der Abgaben einschlieBlich der

vom Schatzkanzler vorgeschlagenen zusatzlichen Einkiinfte.

1928-29 1929/30

Arten der Steuern ^Jw" I Einnahmen veranschlagte voranfchlag annahernd Einnahmen

£ £ £ Geistige Getranke Z (ZoU) 6 500 000 6 670 000 6 200 000

A (Akzise) 38 800 000 38 933 000 37 800 000 Geistige Getranke insgesamt 45 300 000 45 603 000 44 000 000

Bier Z 6 000 000 4 978 000 5 000 000 A 77 200 000 70 874 000 74 000 000

Bier insgesamt 83 200 000 75 852 000 79 000 000 Wein Z 4 900 000 4 248 000 4 500 000 Britische Weine A 225 000 203 000 210 000 Tafelwasser Z 40 000 36 000 40 000

A 360 000 355 000 360 000 Tafelwasser insgesamt 400 000 391 000 400 000

Tee Z 6 050 000 5 740 000 50 000 Kakao Z 700 000 709 000 720 000 Kaffee Z 205 000 198 000 205 000 Zichorie Z 45 000 44 000 45 000 Zucker Z 14 500 000 13 912 000 13 600 000

A 2 000 000 1 491 000 1 500 000 Zucker insgesamt 16 500 000 15 403 000 15 100 000

Getrocknete Fruchte Z 600 000 643 000 640 000 Tabak Z 59 298 000 59 086 000 59 999 000

A 2 000 1 000 1 000 Tabak insgesamt 59 300 000 59 087 000 60 000 000

Streichholzer und mechanische Feueranzunder Z 2 187 000 2 077 000 2 050 000 A 1 953 000 1 888 000 1 950 000

Streichholzer u. mech. Feueranzunder insgesamt 4 140 000 3 965 000 4 000 000 Kinematographische Filme Z 200 000 192 000 180 000 Uhren und Taschenuhren Z 560 000 614 000 650 000 Kraftwagen und Motorfahrrftder Z 2 500 000 2 470 000 2 500 000 Musikinstrumente Z 240 000 239 000 240 000 Insgesamt neue Einfuhrabgaben Z 3 500 000 3 515 000 3 570 000 Seide und kiinstliche Seide Z 4 750 000 4 598 000 4 500 000

A 1 650 000 1 450 000 1 700 000 Seide insgesamt 6 400 000 6 048 000 6 200 000

Hopfen Z 250 000 290 000 290 000 Vergniigungen A 6 200 000 6 003 000 6 200 000 Branntweinlizenzen A 4 480 000 4 439 000 3 880 000 Monopole A 110 000 137 000 120 000 Andere Lizenzen A 510 000 529 000 630 000 Eisenbahnabgaben A 400 000 367 000 60 000 Arzneien usw A 1 350 000 1 394 000 1 350 000 SchlusselindustriezoUe Z 650 000 633 000 600 000 Spitzen und Stickereien Z 210 000 230 000 230 000 Messerwaren Z 110 000 101000 100 000 Handschuhe Z 550 000 584 000 600 000 Gluhstrumpfe Z 10 000 3 000 2 000 Pack- und Einwickelpapier Z 550 000 552 000 570 000 Durchscheinende Topferwaren Z 80 000 57 000 50 000 Knopfe Z 130 000 128 000 150 000 Diverser Tand Z 70 000 46 000 70 000 Wetten A 2 000 000 2 245 000 550 000 Oel Z 8 700 000 9 365 000 15 700 000

A 3 500 000 3 618 000 - Oel insgesamt 12 200 000 12 983 000 15 700 000

Andere Waren und Vorrate Z 52 000 529 000 369 000 A 28 000 73 000 19 000

Insgesamt: Andere Waren usw 80 000 602 000 388 000 Gesamteinnahmen an Zollen 120 637 000 118 972 000 119 850 000 An Akzisen 140 768 000 134 000 000 130 330 000 Hauptsumme I 261 405 000 | 252 972 000 | 250 180 000

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Die englischen Finanzvoranschlage fur das Jahr 1929/30. 351

Kriegsdarlehen Anlage VII. An Reichslander. Am 31. Marz 1929 geschuldete Kapitalbetrage.

Zinsen werden auf alle Betrage gezahlt. Australien, Neuseeland und Trinidad amortisieren : Australien 82 790 000 £ Neuseeland 27 244 000 £ Sudafrika 9 625 000 £ Neuf midland 400 000 £ Trinidad 446 000 £ Jamaika ^3 000 £

120 558 000 £ An auslandische Staaten

I. Fundierte Betrage. Summe vereinbarter Jahreszahlungen auf Grund von Fundierungsvertragen

wie am 31. Marz 1929 geschuldet: Italien 262 500 000 £ Rumanien 30 950 000 £ Portugal 23 300 000 £ Jugoslavien 32 450 000 £ Griechenland 23 100 000 £

372 300 000 £ Am 31. Marz 1929 geschuldete Kapitalbetrage. Darlehen zur Unterstiitzung und

Wiederaufbau. Riickzahlbar in Raten der Hauptsumme und Zinsen. Belgien 9 000 000 £ Belgischer Kongo 3 600 000 £ Polen 4 484 000 £ Rumanien 2 200 000 £ Estland 235 000 £ Ungarn 22 000 £ Tschechoslovakei 125 000 £ Jugoslavien 2 038 000 £ Oesterreich 9 039 000 £

30 743 000 £ Schulden anderer Art, riickzahlbar in Raten der Hauptsumme

oder der Hauptsumme und Zinsen. Lettland 1 269 000 £ Griechenland 76 000 £ Polen 106 000 £ Tschechoslovakei 620 000 £ Rumanien 25 000 £ Estland 917 000 £ Litauen 90_000_£

3 103 000 £ II. Nichtf undierte Betrage.

Am 31. Marz 1929 geschuldete Kapitalbetrage, Kriegsschulden Verbiindeter: RuBland 934 037 000 £ Frankreich, Fundierungsvertrag noch nicht rati-

fiziert 722 018 000 £ 1 656 055 000 £

Darlehen fur Unterstiitzung und Wiederaufbau: Armenien 140 000 £ Schulden anderer Art: Armenien 1 104 000 £

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352 Die englischen Finanzvoranschl&ge fiir das Jahr 1929/30.

Hinzugefiigt sei noch, daB die englische Staatsschuldam31. Marz 1929 sich auf insgesamt 7 500 732 000 £ stellte, wovon entfallen auf die auBere Schuld 1 084 684 000 £ und auf die innere Schuld 6 416 048 000 £.

Nachtrag 1). Von Dr. Oskar Aust, Charlottenburg.

Durch das von Winston Churchill erwahnte erste Finanzgesetz a) ist zunacbst in der von ihm vorgeschlagenen Weise die Einkommensteuer fur 1929/30 geregelt worden. Ferner enthalt dieses Gesetz - abgesehen von einigen weniger wichtigen Vorschriften - , und zwar im Einklang mit den Finanzvoranschlagen, Bestimmungen iiber die Aufhebung der in der Budgetrede ausfuhrlicher behandel- ten Wettsteuer, iiber die Aufhebung der Eisenbahnpassagierabgabe und iiber die Beseitigung der Teesteuer.

Der Umstand, daB die Ausgaben fiir den Schuldendienst innerhalb des ge- samten Budgets einen so betrachtlichen Anteil ausmachen, laBt es erklarlich erscheinen, daB sich um diesen Ausgabeposten nach den verschiedensten Rich- tungen hin ein bemerkenswerter Meinungsaustausch entwickelte. So war bei- spielsweise der geltende hohe ZinsfuB mit der GroBe der Staatsschuld in Ver- bindung gebracht worden 3).

Auch in diesem Jahre trat in den verschiedensten Formen wieder die Be- hauptung auf 4), daB die wohlhabenderen Bevolkerungsklassen, namlich diejenigen, die in der Hauptsache als die Trager der Einkommensteuer, der Supertax und der NachlaBsteuern bezeichnet werden - insgesamt jahrlich rund 450 000 000 £ aus diesen Steuern - , ihrerseits wiederum in den Besitz der offentlichen Auf- wendungen fur den Schuldendienst - jahrlich rund 300 000 000 £ - gelangen 6). Es sei deshalb unrichtig, wenn gesagt werde, die hohen Einkommensteuersatze f iihren zu volkswirtschaftlich nachteiligen Wirkungen. Es war auch hierbei wieder auf die Ergebnisse entsprechender Untersuchungen des Colwyn-Komitees hin- gewiesen worden.

Unter Hinweis auf die Lage der weniger bemittelten und armen Bevolkerungs- klassen war gegeniiber der AeuBerung Winston Churchills, daB inf olge der Verminderung der Lebenshaltungskosten um 18 Punkte sich ein Vorteil von jahrlich rund 160 000 000 £ ergebe, betont worden, daB seit dem Jahre 1920 sich auch die Lohne gesenkt haben, und daB auch all die hiermit im Zusammenhange stehenden Nachteile voll berucksichtigt werden miiBten.

Jedenfalls fanden insgesamt und im groBen und ganzen die Finanzvorschlage von Winston Churchill Billigung.

l) Quellen: Official Report, Parliamentary Debates, House of Commons, Vol.227, Nr. 82, 16. April 1929; Nr. 83, 17. April 1929; Nr. 84, 18. April 1929 usw.

■) Vergleiche die Parlamentsdrucksache AD. 1929, 121, 7. Mai 1929 sowie dazu Official .Report, Parliamentary Debates, House of Commons, Vol. 227, Nr. 95 vom 3. Mai 1929.

3) Mr. R u n c i m a n n , p. 147 ff., Vol. 227, Nr. 82. *) Vgl. z. B. Mr. L e s s - S m i t h , p. 1313 ff., Vol. 227, Nr. 91. °) Bedeutsame Ausfuhrungen grundsatzlicher Art finden sich in dem uericnt Uber erne

Tagung englischer Industrieller : s. in ,,The Business Man", the Organ of the Birmingham Busi- ness Club, Vol. XI, Nr. 11, November, 2928. S. 22.

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