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Die Aufhebung des fiskalischen Chaussee- und Brückengeldes im Grossherzogtum Sachsen-Weimar

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Die Aufhebung des fiskalischen Chaussee- und Brückengeldes im Grossherzogtum Sachsen- Weimar Source: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, 5. Jahrg., H. 2 (1888), pp. 525-534 Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KG Stable URL: http://www.jstor.org/stable/40904392 . Accessed: 18/06/2014 07:33 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to FinanzArchiv / Public Finance Analysis. http://www.jstor.org This content downloaded from 185.44.79.92 on Wed, 18 Jun 2014 07:33:58 AM All use subject to JSTOR Terms and Conditions
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Die Aufhebung des fiskalischen Chaussee- und Brückengeldes im Grossherzogtum Sachsen-WeimarSource: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, 5. Jahrg., H. 2 (1888), pp. 525-534Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KGStable URL: http://www.jstor.org/stable/40904392 .

Accessed: 18/06/2014 07:33

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Die Aufhebung des fiskalischen Chaussee- und Brücken- geldes im Grossherzogtum Sachsen- Weimar.

Bereits seit 15 Jahren kämpft man in Sachsen -Weimar gegen das Chaussee- und Brückengeld. Erst kürzlich gelangte man teilweise zum Ziel. In der Sitzung vom 12. Dezember 1883 wurde vom Landtag beschlossen, dem zur Be- ratung des Etats für die Periode 1887/89 einzuberufenden Landtage eine Vor- lage zum Behuf der Aufhebung des Chaussee-, Brücken- und Pflastergeldes auf Staats- und Gemeindestrassen zu machen1). Um die Tragweite dieses Antrages und namentlich auch die Folgen genauer übersehen zu können, welche in finan- zieller Beziehung für den Staat und die betroffenen Gemeinden sich ergeben möchten, liess die Regierung die erforderlichen Daten sammeln und theilte das Ergebnis8 in einem Ministerialdekret vom 16. Oktober 1884 (Nr. 194) dem Land- tag mit. Darin wird folgendes angeführt:

1. Staatschausseegeld. Die von den Staatschausseen des Grossherzog- tums in 122 verschiedenen Hebestellen, von welchen 15 sich in staatlichen Chausseehäusern (vgl. Anlage II), die übrigen in Privatgebäuden befinden, zur Erhebung gebrachte Wegegeldabgabe, wie solche auf den Bestimmungen des Gesetzes vom 28. Oktober 1840 beruht, hat in den Jahren 1881, 1882, 1883 einen Rohertrag von im Durchschnitt jährlich 104,713 M. 40 Pf. ergeben. Hiervon verbleibt nach Abzug aller mit der Erhebung in Verbindung stehenden Kosten, als Hebe- und Kontrollgebühren, sowie Holz- und Lichtgelder der Ein- nehmer, Kosten der Unterhaltung der Chausseehäuser, der Schlagbäume, Tarif- kasten u. dgl. , Aufwand für den Druck von Chausseegeldzeichen, Formu- laren u. s. w., Portoverläge, Diäten und Reisekosten bei Revisionen u. dgl., ein Reinertrag von durchschnittlich jährlich 81,459 Mk. 83 Pf., so dass sich die Erhebungskosten, alles eingerechnet, auf ungefähr 22 Prozent des Rohertrages stellen.

Setzt man zu den Erhebungskosten noch vierprozentige Zinsen des mit 63,342 M. veranschlagten Gesamtwertes der staatlichen Chausseehäuser in Rechnung mit 2533 M. 68 Pf. jährlich, so ändern sich die obigen Zahlen in 78,926 M. 15 Pf. jährlicher Reinertrag und 24 Prozent Erhebungskosten.

Zu dem Ertrage des Staatschausseegeldes ist jedoch noch hinzuzurechnen der Wert derjenigen rezessmässigen Verpflichtungen, welche in Beziehung auf Lieferung und Anführe von Chausseematerial von Gemeinden , Hofbesitzern, Spannviehbesitzern u. dgl. gegen vertragsmässige Gewährung von Abgaben- freiheit auf allen, bezw. auf bestimmten einzelnen Staatschausseestrecken über-

!) Vgl. auch Finanzarchiv n, S. 919. 1059

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526 Die Aufüelt)ung des fiskal. Chanssee- n. Brückengeldes im Grossherzogtum S. -Weimar.

nommen worden sind. Dieser Wert hat nach stattgehabter Schätzung im Durchschnitte der gleichen oben bemerkten drei Jahre 3889 M. 59 Pf. jährlich betragen.

Weiter würden bei den Ausfallen und Mehrbelastungen, welche bei einer Aufhebung des Staatschausseegeldes für die Staatskasse erwachsen würden, in Rücksicht zu ziehen sein gewisse Mehraufwände, welche dadurch entstehen würden, dass hinsichtlich einzelner Strassen und Brücken, welche gegen Bezug der fraglichen Abgabe auf Grund besonderer Verträge bisher von anderen unter- halten worden sind, die gesetzliche Unterhaltungspflicht des Staates wieder einzutreten haben würde, und endlich müsste darauf Bedacht genommen werden, zur Unterstützung älterer verdienter und bedürftiger Chausseegelderheber, welche durch die Aufhebung der Einnahmestellen ihres Haupterwerbszweiges verlustig gehen würden, wenigstens für eine Reihe von Jahren entsprechende Mittel in Bereitschaft zu halten.

Der aus den vorbemerkten Anlässen vorzusehende Reservefonds der Chaussee- kassen würde sich nach Berechnungen, welche im einzelnen an geeigneter Stelle gleichfalls zur Verfügung gestellt werden können, auf vorläufig ca. 10,000 M. jährlich belaufen, so dass die aus Veranlassung der Aufhebung des staatlichen Chausseegeldes erforderlich werdende Erhöhung der zur Zeit bestehenden Zu- schüsse aus der grossherzoglichen Hauptstaatskasse zu den Chausseebauten sich zunächst ungefähr auf einen Betrag von 95,000 M. jährlich zu stellen haben würde.

2. Gemeindechausseegeld. An der Erhebung entsprechender Ab- gaben von anderen Verkehrsmitteln als den Staatschausseen - Gemeindewege-, Ortsstrassen-, Pflaster- und Brückengelder - sind im Grossherzogtum im Ganzen 228 Gemeinden, ferner in je sechs Fällen besondere Korporationen (die Rothen- stein-Oelknitzer Brückengesellschaffc und die Jenaer Schützengesellschaft) be- teiligt. Die 228 Gemeinden verteilen sich auf die einzelnen Verwaltungsbezirke wie folgt:

I. Verwaltungsbezirk 106, II. , 57, III. . 17, IV. , 35, V. „ 13.

Sa. w. o.

Der Rohertrag dieser Abgaben hat im dreijährigen Durchschnitte der Jahre 1881, 1882, 1883, soweit sich solcher mit Rücksicht auf den Umstand, dass die Erhebung einzelner derselben erst im Verlaufe der gedachten Jahre begonnen hat, berechnen Hess, alljährlich 111,738 M. 50 Pf. betragen, der Reinertrag nach Abzug der Erhebungskosten 93,722 M. 1 Pf., so dass, wesent- lich infolge des Umstandes, dass der weitaus gxösste Teil der fraglichen Ab- gaben nicht in besonderen Hebestellen erhoben wird, sondern in den staatlichen Chausseegeldeinnahmen mit zur Erhebung gelangt, die Erhebungskosten bei diesen Abgaben sich nur auf ungefähr 18 Prozent des Rohertrages berechnen.

Der erwähnte Reinertrag verteilt sich auf die einzelnen Verwaltungsbezirke folgendermassen:

I. Verwaltungsbezirk 27,322 M. 51 Pf. II. * 45,315 , 62 , III. „ 5,860 , 02 „ IV. „ 3,516 „ 67 , V. , 11,707 , 19 ,

Sa. 93,722 M. 01 Pf. Die auf die einzelnen beteiligten Gemeinden entfallenden Beträge sind

selbstverständlich in hohem Masse verschieden. Mit über 1000 M. sind am Reinertrage beteiligt:

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Die Aufhebung des fiskal. Chaussee- u. Brückengeldes im Grossherzogtum S. -Weimar. 527

Reinertrag 1883. Oldisleben 5855 M. 80 Pf. Apolda 4921 , 01 „ Neustadt a/O 4547 „ 18 „ Weimar 4344 „ 84 „ Eisenach 3717 „ 14 „ Buttstädt 3567 „ 34 „ Allstedt 3447 „ 78 „ Jena 3200 , 46 „ Weida 3002 „ 14 „ Hardisleben 1528 , 12 „ Lobeda 1434 „ 36 „ Ilmenau 1387 „ 06 „ Niederrossla 1335 , - „ Stotternheim 1188 , - „ Triptis 1121 , 76 „

Indessen befinden sich auch unter denjenigen Gemeinden, deren An- teil am Reinertrage 1000 M. nicht übersteigt, zahlreiche Orte, bei welchen nach Massgabe ihres Umfanges und ihrer sonstigen finanziellen Verhältnisse die Erträgnisse der fraglichen Abgaben einen wesentlichen Teil der regel- mässigen Einnahmen des Gemeindehaushaltes bilden; auch darf, was die oben an erster Stelle genannte Gemeinde Oldisleben anlangt, nicht unbemerkt bleiben, da88 man daselbst infolge des Neubaues eines an geeigneterer Stelle gelegenen Chausseehauses und der hiervon erhofften Erhöhung des Chausseegelderertrages sogar geglaubt hat, diesen Ertrag in den Voranschlag für den Gemeindehaus- halt auf das Jahr 1884 mit einer Summe von 10,200 M. einstellen zu können.

Dass übrigens aus einer grundsätzlichen Aufhebung der in Rede stehenden Abgabenerhebung sich auch mannigfache sonstige Schwierigkeiten in betreff der zukünftigen Unterhaltung der in Frage kommenden Verkehrsmittel ergeben würden, zeigen die in den Anlagen IV und V ersichtlichen Zusammenstellungen von Fällen, in welchen teils die Erhebung und der Bezug der Abgaben mit besonderen in Beziehung auf die Unterhaltung der Strossen und Brücken über- nommenen Verpflichtungen in Verbindung steht, teils die Erhebung gemein- schaftlich mit anderen Bezugsberechtigten stattfindet, welche dem Grossherzog- tum nicht angehören.

3. Benachbarte Staaten. Während die Erhebung von Chausseegeld auf den Staats-, bezw. Provinzialstrassen des Königreichs Preussen mit dem Jahre 1874 sistiert worden ist, ist die Befugnis der Kreise und Gemeinden, von ihren Wegen und Brücken mit staatlicher Genehmigung entsprechende Abgaben zu erheben, forterhalten geblieben, und wird von dieser Befugnis in den an das Grossherzogtum angrenzenden königlich preussischen Gebietsteilen, wenn auch in den verschiedenen Kreisen in wesentlich voneinander abweichendem Umfange, mannigfacher Gebrauch gemacht.

Im Königreich Sachsen werden Abgaben der fraglichen Art, welche zur Staatskasse erhoben werden, vom 1. Januar 1886 ab nicht mehr zur Erhebung gelangen ; dagegen bestehen andere von Gemeinden und Wegverbänden bezogene Abgaben unverändert fort1).

Aehnlich liegen die Verhältnisse im Königreich Bayern, wo von Staats- und Distriktsstrassen schon seit längerer Zeit Abgaben nicht mehr erhoben werden, während an Gemeinden die Berechtigung zur Erhebung von Wege- und Brückengeldabgaben in einzelnen Fällen auch fernerhin noch verliehen wird.

Im Herzogtum Sachsen-Gotha findet eine Erhebung von Chaussee-, Brücken- und Pflastergeld auf Staats- und Gemeindestrassen statt, und ist eine Aufhebung dieser Abgaben nicht in Aussicht genommen. Das gleiche ist der Fall in be- treff der Fürstentümer Schwarzburg-Rudolstadt, Schwarzburg-Sondershausen,. Reuss j. L. und Reuss ä. L. Im Herzogtum Sachsen-Meiningen sind die früheren

i) Vgl. Finanzarchiv I, S. 837 ff. 1061

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Staatschausseen zur Unterhaltung an die Kreis verbände überwiesen worden, ohne da88 in betreff der Erhebung von Abgaben für die Benutzung dieser Chausseen ebenso wie hinsichtlich der Gemeindestrassen eine Veränderung ein- getreten oder beabsichtigt ist. Auch im Herzogtum Sachsen-Altenburg liegt vorläufig nur eine Anregung der Landschaft zur Aufhebung der daselbst zur Erhebung gelangenden Abgaben vor, während Bestimmteres in dieser Richtung, soviel hierselbst bekannt, auch dort vorläufig nicht in Aussicht genommen ist.

Wenn den vorstehend zusammengefassten Ergebnissen der stattgehabten Erörterungen gegenüber, deren eingehendere Darlegung für eine etwaige münd- liche Verhandlung vorbehalten bleibt, die grossherzogliche Staatsregierung sich auch zu Erwägungen darüber veranlasst gesehen hat, ob dem Antrage des ver- ehrlichen Landtages auf Einbringung einer Vorlage über die Aufhebung der in Frage befindlichen Abgaben etwa schon im gegenwärtigen Zeitpunkte zu ent- sprechen sein werde, so ist die Entscheidung dieser Frage aus überwiegenden Gründen verneinend ausgefallen. Man hat sich hierbei zunächst in Festhaltung des Gesichtspunktes, dass Massnahmen von so weittragender finanzieller Be- deutung überhaupt besser nicht innerhalb einer Finanzperiode ins Werk zu setzen und bezw. zur Beratung und Beschlussfassung des Landtages zu bringen sind, in Uebereinstimmung mit dem Landtage gewusst, dessen Antrag sich gleichfalls nur auf eine zur Beratung des nächsten ordentlichen Landtages bestimmte Vorlage gerichtet hat. Man hat weiter neben den Rücksichten auf die allgemeine finanzielle Lage, welche aus naheliegenden Ursachen zur Stunde nicht ausreichend abgeklärt erscheint, um weittragende Massregeln der vor- liegenden Art als unbedenklich erkennen zu lassen, sich nicht verhehlen können, dass nach gegenwärtiger Lage der Sache, wo es sich nicht um eine allgemeine Etatsfeststellung, sondern nur um einzelne bestimmte finanzielle Entschliessungen handelt, kaum der Eindruck zu vermeiden sein würde, als handle es sich bei Aufhebung des staatlichen Chausseegeldes im wesentlichen um eine Mehr- belastung der übrigen Steuerzahler, insbesondere in den unteren Steuerstufen, für welche weitergehende Erleichterungen durch die dort benötigten Mittel un- möglich gemacht werden würden, zu Gunsten der bei der Erhebung des Chaussee- geldes besonders beteiligten Bevölkerungsklassen. Und man hat hierbei nicht übersehen können, dass ein derartiger Eindruck gegen die angeregte Massregel um so schwerer ins Gewicht fallen würde, als bei den zeitherigen Verhand- lungen über den Gegenstand die Beseitigung der fraglichen Abgabenerhebung im wesentlichen nicht damit, dass diese Abgabe eine ungerechte und unbillige Belastung der Personen enthalte, welche sich in der besonderen Lage befinden, die betreffenden öffentlichen Verkehrsmittel in ihrem Interesse zu benutzen, sondern regelmässig doch nur mit der Störung und Unbequemlichkeit, welche hieraus für den öffentlichen Verkehr erwachse, begründet worden ist, weshalb denn auch in dem schon erwähnten Landtagsbeschluss nur die gleichzeitige Aufhebung von Staats- und Gemeindechausseegeld ins Auge gefasst wurde.

Die grossherzogliche Staatsregierung hat bei ihren Erwägungen indessen auch jetzt schon einige sehr erhebliche sachliche Bedenken in Rücksicht ziehen müssen, welche sich nach ihrer Auffassung im Hinblicke auf die Ergebnisse der oben bemerkten Erörterungen einer Massregel der von dem verehrlichen Landtage beantragten Art überhaupt entgegenstellen ; es sind dieses namentlich die Rücksichten auf die finanzielle Lage der bei der Abgabenerhebung be- teiligten Gemeinden und auf die oben dargelegten Verhältnisse in den Nachbar- staaten. Es wird gegenwärtig davon abgesehen werden können, auf die in diesen Richtungen sich aus den mitgeteilten Angaben von selbst aufdringenden Bedenken und Erwägungen näher einzugehen; es wird vielmehr namentlich in «rsterer Hinsicht für jetzt der Hinweis genügen, dass der gänzliche Wegfall der bisherigen Bezüge, wie solcher nach den für die Aufhebung des Chausseegeldes überhaupt geltend gemachten Gesichtspunkten zunächst sich auch in Ansehung der Gemeinden als eine Folge der Aufhebung des Staatschausseegeldes dar- stellen würde, in betreff einer ganzen Reihe der beteiligten Gemeinden einen

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sehr empfindlichen Ausfall an Einnahmen und damit in den meisten Fällen eine beträchtliche Erhöhung der direkten Gemeindeumlagen herbeiführen würde, dasR ebensowohl eine ordnungsmässige Unterhaltung der bereits bestehenden Gemeinde- 8trassen und sonstigen Bauwerke wie eine nach den Umständen noch immer in beträchtlichem Umfange erforderliche weitere Ausdehnung des Netzes chaussee- ähnlich ausgebauter Gemeindestrassen sich als wesentlich erschwert erweisen, und das8 die Beseitigung der dringlichsten dieser Nachteile nicht ohne Bereitstellung weiterer erheblicher Beträge aus Staatsmitteln zu ermöglichen sein würde.

Wie bereits bemerkt, hat indessen davon abgesehen werden können, auf die in den vorstehend gedachten Beziehungen sich darbietenden vielfachen Fragen und Erwägungen schon jetzt im einzelnen einzugehen, vielmehr hat nur vorläufig die besondere Aufmerksamkeit auch auf diese Seite der Sache bei dem gegenwärtigen Anlasse hingelenkt werden sollen.

Als dem im November 1886 versammelten Landtag der Etat 1887/89 vorgelegt wurde, war die Abschaffung des Chausseegeldes nicht in denselben eingestellt, da die Regierung gewisse Bedürfhisse , wie Unterstützungen von Gemeinden für Schulbauten und ähnliches für dringender gehalten hatte.

Bei den Landtagsverhandlungen wurde jedoch der Gegenstand wieder aufgegriffen, indem 22 Mitglieder den Antrag stellten, der Landtag wolle die Regierung ersuchen: 1. behufs Aufhebung des Staatschausseegeldes einen Gesetz- entwurf dem versammelten Landtag vorzulegen, 2. sich damit einverstanden er- klären zu wollen, dass die zur Durchführung dieses Antrages erforderlichen Mittel in Kap. 26 des Ausgabeetats zur Einstellung gelangen, 3. dem Landtage alle diejenigen Nachweisungen zu unterbreiten, welche erforderlich sind zur Er- örterung der Frage der Möglichkeit der Aufhebung des Chausseegeldes auf Gemeindechausseen.

Bei der Debatte hierüber war die Regierung nicht sehr für den Antrag eingenommen. Sollte der Ausfall durch Erhöhung der Einkommensteuer gedeckt werden, so werde im Land gewiss die Strömung dahin gehen, dass man lieber das Chausseegeld auf den Schultern lasse, welche es bisher getragen, als dass man es auf andere Schultern ablade, die keinen unmittelbaren Nutzen von den Staatschausseen hätten ; es sei eine gerechte und billige Abgabe, die Unbequem- lichkeit könnte nur dann ausschlaggebend sein, wenn Ersatzmittel vorhanden wären, vielleicht Hesse sich die Unbequemlichkeit auch einschränken, wenn man das Chausseegeld nicht auf der Chaussee erhebe, sondern zu Hause in den Ställen, in den Gemeinden, sei es durch eine Viehsteuer, sei es durch Ein- schätzungen der Pferde- und Wagenbesitzer; kapitalisiere man die bisherige Ein- nahme von 95,000 M. zu 37» Prozent, so erhalte man ein Kapital von über 2,600,000 M., genug, um damit alle nötigen Sekundärbahnen zu bauen.

Eine Aufhebung des Gemeindechausseegeldes hielt die Regierung vollends vorerst für ausgeschlossen, da hierfür die Mittel kaum aufzubringen seien, auch ganz besondere Verhältnisse manchmal gegen die Entschädigung sprächen 1).

i) Wenn z. B. ein Teil einer Gemeinde eine Chaussee für einen bestimmten speziellen Zweck wünscht, die Allgemeinheit aber durch diesen Chausseebau weniger berührt wird, warum soll dann die Gemeinde nicht sagen können : „Ich will die Chaussee für diesen einzelnen Teil bauen , aber nur unter der selbstverständlichen Voraussetzung und Bedingung , dass die beteiligten Personen, welche allein von dem Chausseebau Vorteil haben, die Vergütung für die ihrem Vorteil dienende Anlage durch Entrichtung von Chausseegeld übernehmen." In Jena hat die Schützengesellschaft einen öffentlichen Steg gebaut und erhebt Brückengeld für die Be-

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Im Landtag war die Stimmung gegen das Chausseegeld. Schon 1884 war es dort namentlich auch als eine ungerechte Abgabe bezeichnet worden, indem es jetzt vorwiegend vom flachen Land und den kleinen Städten aufge- bracht werde, auch zahle nicht derjenige Chausseegeld, der die Chaussee be- nutzt, sondern der das Unglück habe, ein Chausseehaus passieren zu müssen; je nach der Lage desselben sei das ganz verschieden, bei 4 km in der einen Rich- tung zahle man, bei 8 km in der anderen nicht.

Durch die blosse Verlegung des Chausseehauses steigerte die Gemeinde Oldisleben den Ertrag von 5800 M. auf 12,000 M. In fast jeder Gemeinde gebe es Bauten von chaussierten Wegen; nur einzelne hätten aber das Recht erhalten , Chausseegeld zu erheben ; jede Grenze werde ungerecht , warum sollen die Gemeinden, die 4000 M. aufgewendet haben; kein Chausseegeld er- heben, während diejenigen, die 4200 M. aufgebracht haben, solches erheben dürfen! Die Aufhebung des Chausseegeldes sei dringender als der Bau von Bahnen ; die Verkehrserleichterung im kleinen müsse erst geschaffen werden.

Auch finanziell sah man die Sache nicht für so aussichtslos an; vorüber- gehend konnte man sich auf die Ueberschüsse - von 1866 bis 1884 betrugen sie 10.553,290 M., jährlich also 555,440 M. - stützen, zumal die bisher bestandenen der Staatskasse zur Last liegenden Eisenbahngarantien wegfielen, in weiterer Folge auf das Wachsen der Steuerkraft - dieselbe war 1875 bis 1883 von 54 Mil- lionen auf 81 Millionen gestiegen. Habe man die Staatschausseegelder abgeschafft, dann müssten die gemeindlichen Chausseegelder bald nachfolgen, und der An- 8toss in Sachsen-Weimar werde vielleicht auch in den übrigen Thüringer Staaten nicht ohne Wirkung bleiben.

In der That einigte man sich auch in Ausschuss und Plenum, man pro- ponierte einen Gesetzentwurf, der die Aufhebung des fiskalischen Chaussee- und Brückengeldes vom 1. Januar 1888 festsetzte, und richtete gleichzeitig das dringende Ersuchen an die Regierung, wegen gleichmässiger Authebung der von anderen Berechtigten als der grossherzoglichen Staatskasse und nament- lich von den Gemeinden bisher erhobenen Abgaben für die Benutzung öffent- licher Strassen und Brücken unter entsprechender Berücksichtigung der bei der ursprünglichen Verwilligung der desfallsigen Berechtigungen massgebend ge- wesenen Gesichtspunkte eine Vorlage ausarbeiten zu lassen und solche im Laufe des Jahres 1887 dem Landtage zur Genehmhaltung vorzulegen, damit auch •diese Abgaben vom 1. Januar 1888 a.b in Wegfall gebracht werden können.

Eine Minorität war gegen diese getrennte Behandlung, weil sie von dem letzterwähnten Antrag sich keinen Erfolg erwartete und die einseitige Auf- hebung des fiskalischen Chausseegeldes für besonders ungerecht hielt, indem dadurch nur diejenigen Gemeinden bevorzugt werden, die an Staatschausseen liegen , d. h. zum grösseren Teil die grösseren Städte , sowie die Gewerbe- treibenden, die Hauderer, die Oekonomen u. s. w. , die gerade mit grösseren Gütern und einem grösseren Besitztum an diesen Plätzen liegen.

Der vom Landtag vorgelegte Entwurf wurde am 13. Juli ] 887 sanktioniert, der Antrag auf eine Gesetzesvorlage in betreff des gemeindlichen Chaussee-

nutzung dieses Steges. Soll nun der Staat das Brückengeld aufheben und die Schützengesell- schaft für die wegfallende Einnahme entschädigen?

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Die Aufhebung des ñskal. Chaussee- u. Brückengeldes im Grossherzogtum S.-Weimar. ggj

geldes dagegen im Landtagsabschied vom 26. September 1887 vorerst als nicht erfüllbar betrachtet. Der Bericht des Ministeriums sagt zur Begründung folgendes1):

Das grossherzogliche Staatsministerium hat aus Veranlassung dieses An- trags zuvörderst eingehende Erörterungen in betreff der Verhältnisse, welche hinsichtlich derartiger Bezüge anderer Berechtigten als der grossherzoglichen Staatskasse und namentlich der Gemeinden im Grossherzogtum obwalten, an- stellen lassen und auf diese Weise das zur Beurteilung der Angelegenheit dienende Material, wie solches bereits mittels Ministerialdekretes vom 16. Ok- tober 1884 - Schriftenwechsel, S. 672 ff. - dem Landtage mitgeteilt worden war, noch weiter ergänzt und vervollständigt. Insbesondere ist hierbei auch die Höhe der im Jahre 1886 von den Gemeinden des Grossherzogtums bezogenen einschlagenden Abgaben , und zwar je nach der verschiedenen Natur derselben genau festgestellt worden.

An der Hand dieser Ermittelungen ist man sodann der Frage näher ge- treten, ob und unter welchen Voraussetzungen und besonderen sonstigen Mass- nahmen sich der Gedanke einer Aufhebung der in Frage befindlichen Abgaben ohne Hintenansetzung oder Schädigung anderer wichtiger Landesinteressen ver- wirklichen lassen werde, und hat sich dem Staatsministerium hierbei die Ueber- zeugung gebildet, dass die Aufhebung der von Gemeinden des Grossherzogtums bisher für Benutzung von Strassen und Brücken bezogenen Abgaben ohne eine empfindliche finanzielle Schädigung einer grösseren Anzahl dieser Gemeinden sich nur unter gleichzeitiger Bereitstellung nicht unerheblicher Mittel aus der Staatskasse für Wegeunterhaltungszwecke vollziehen lassen werde, dass aber die Lage des Staatshaushaltes im gegenwärtigen Zeitpunkte nicht eine solche sei, um die Schaffung einer derartig beträchtlichen dauernden Staatsausgabe als unbedenklich und zulässig erkennen zu lassen.

Die angestellten Ermittelungen haben ergeben, dass der Reinertrag der von den beteiligten 236 Gemeinden des Grossherzogtums bezogenen Ab- gaben an Chaussee-, Brücken-, Ortsstrassen- und Pflastergeld sich im Jahre 1886 ' auf 96,259 M. belaufen hat. Die schon Seite 674 des Schriftenwechsels von 1884 gegebene Zusammenstellung lässt erkennen, welche beträchtliche Anteile des Gesamtertrages für einzelne der beteiligten Gemeinden in Rücksicht kommen.

Nun geht zwar dem Staatsministerium keinerlei Zweifel darüber bei, dass von der Leistung einer förmlichen Entschädigung für Aufhebung der fraglichen Abgaben aus der Staatskasse, sei es in der Form unmittelbarer jährlicher Zah- lung entsprechender Beträge aus der Staatskasse an die beteiligten Gemeinden, sei es in der Gestalt irgend einer Kapitalablösung, nicht die Rede sein könne. Denn es würde hierzu nicht nur im Hinblicke auf die Natur dieser Abgaben, welche sich allenthalben nicht als Befugnisse privatrechtlichen Charakters, sondern als Ausflus8 widerruflicher Gestattungen der grossherzoglichen Staatsregierung darstellen, an jeder rechtlichen Verpflichtung des Staates mangeln, sondern es würde eine solche Entschädigung unter Berücksichtigung des sehr verschiedenen Anteils der einzelnen Landesteile am Bezüge der Abgaben, welcher mit der überhaupt für die Gemeinden bestehenden Belastung mit Wegeunterhaltungs- aufwänden durchaus nicht immer im gleichen Verhältnisse steht, auch sachlich in Beziehung auf die erforderliche Gleichmässigkeit in der Verwendung von Mitteln des Staates zu einem wenig befriedigenden Ergebnisse führen.

Dagegen ist anderseits nicht zu verkennen, dass schon aus dem Wegfalle bisher bezogener und im Verhältnisse zu dem sonstigen Gemeindehaushalte vielfach sehr beträchtlicher Einnahmen und aus den finanziellen Verlegenheiten, welche für weniger leistungsfähige und mit sonstigen Ausgaben bereits stark belastete Gemeinden hieraus erwachsen können, für den Staat im einzelnen Falle sich Veranlassung zu helfendem Einschreiten ergeben könne, dass dieses aber namentlich da der Fall sein werde , wo es sich bei den zur Zeit von den

i) Weimarische Zeitung vom 30. September 1887, Nr. 229. 1065

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Gemeinden zu unterhaltenden öffentlichen Verkehrsmitteln um Strassen handle, welche nicht lediglich den eigenen Gemeindezwecken, sondern insbesondere auch einem grösseren Durchgangsverkehre und damit dem gemeinen Nutzen zu dienen bestimmt sind. Denn wenn der Staat nach den hier einschlagenden gesetzlichen Bestimmungen den Bau derartiger grösserer Verbindungswege in Gestalt der Strassen zweiter Klasse bisher vielfach von den beteiligten Ge- meinden, wenn auch in häufigen Fällen unter Gewährung entsprechender staat- licher Unterstützungen zu den Baukosten, verlangt, zu der damit gleichfalls den» Gemeinden aber auferlegten Unterhaltung derselben eine Beihilfe bisher nur in der Form der Gewährung einer Abgabenerhebung geleistet hat, so wird man es vom Standpunkte einer auch die überaus wichtigen Gemeindeinteressen ge- hörig berücksichtigenden staatlichen Politik aus nur gerechtfertigt finden können, wenn der Staat bei Aufhebung der fraglichen Abgaben nunmehr in anderer Weise helfend eintritt, sei dieses zum Teil durch Uebernahme einiger nach Natur und Lage hierzu besonders geeigneter Strassen in die unmittelbare Unter- haltungspflicht des Staates, sei dieses im übrigen durch Gewährung angemessener Unterstützungen aus der Staatskasse zu den laufenden Kosten der "Wegeunter- haltung seitens der Gemeinden.

In ersterer Beziehung würden namentlich Strassenzüge in Betracht zu ziehen sein, welche sich an bereits bestehende grössere Staatsstrassen anschliessen und thatsächlich einen Teil von solchen bilden oder sonst einem besonders lebhaften Durchgangsverkehr dienen, welcher im übrigen durch Staatschausseen vermittelt zu werden pflegt. Hiernach würden namentlich zur Uebernahme in die unmittelbare Unterhaltungspflicht des Staates in Frage kommen:

1. die Strasse von Dienstedt durch schwarzburg-rudolstädtisches Gebiet (Flur Oesteröda) über Breitenheerda nach Remda mit 6,820 km;

2. die Strasse von Buttstädt nach der Staatschaussee Weimar-Cölleda mit 5,483 km ;

:*. die Strasse von Dermbach nach Geisa mit 14,720 km; 4. Die Roda-Neustadt Schleizer Strasse mit 15,921 km. Zu erwähnen wäre an dieser Stelle auch die Strasse durch die Flur Neuen-

hof (in der Richtung nach Eisenach und nach Gerstungen) mit 1,738 km, welche bei Aufhebung der von derselben bisher erhobenen und zu ihrer Unterhaltung verwendeten Abgaben vertragsmässig wieder in die Uuterhaltungspflicht des Staates zurückfallen würde.

Der für Unterhaltung dieser Strassen aus Staatsmitteln zu verwendende Betrag lässt sich vorläufig auf etwa 14,000 M. jährlich berechnen.

Was dagegen die Gewährung von Unterstützungen aus der Staatskasse zu den Kosten der Wegeunterhaltung und zu diesem Zwecke die Einstellung einer jährlichen entsprechenden Dispositionssumme in den Ausgabeetat des Staates anlangt, so würden für die Verteilung im wesentlichen die bestehenden Unterhaltungsaufwendungen für Strassen zweiter Klasse - und nicht sowohl der bisherige Bezug an Chausseegeld - , daneben die besonderen Gemeinde- verhältnisse massgebend sein müssen, und würde man voraussichtlich hierbei für die Verteilung innerhalb der einzelnen Verwaltungsbezirke die Mithilfe der Bezirksausschüsse in Anspruch zu nehmen haben. Man würde mit dieser Unter- stützung gleichzeitig auch den Vorteil verbinden können, in der Zuwendung solcher Beihilfen ebensowohl grössere Gleichmässigkeit im allgemeinen , wie eingehendere Berücksichtigung bestehender Verhältnisse im besonderen walten zu lassen, als dieses bisher auf dem Wege der Verwilligung einer Abgabe- erhebung möglich war, welche häufig von mancherlei anderen Rücksichten als lediglich der eines bei der Strasse obwaltenden allgemeineren Interesses ab- hängig gemacht worden und daher in einzelnen Fällen ganz unterbleiben inusste, wo eine Unterstützung an und für sich durchaus am Platze gewesen sein würde.

Ergab sich aus diesen Erwägungen als Folge einer Aufhebung des Ge- meindechausseegeldes eine andauernde Inanspruchnahme staatlicher Geldmittel, so konnte man sich gleichzeitig nicht verhehlen, dass es sich hierbei um Be-

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Die Aufhebung des fiskal. Chaussee- u. Brückengeldes im Grossherzogtum S. -Weimar. 533

träge von nicht unerheblicher Höhe handeln werde. Zwar Hess sich schon an der Hand der oben angedeuteten Gesichtspunkte der Schluss ziehen, dass aus dem Wegfallen der bisher erhobenen Ortsstrassen- und Pflastergelder, wie solche seitens einer Reihe von Gemeinden, namentlich des grösseren Teils der Städte des Grossherzogtums , und zwar im Jahre 1886 im Gesamtreinertrage von 28,454 M. bezogen worden sind, keine ausreichende Veranlassung zur Gewährung entsprechender staatlicher Unterstützungen zu entnehmen sein werde. Denn es wird nicht in Abrede gestellt werden können, dass die Erhaltung der Orts- stras8en zum bei weitem wesentlichsten Teile den eigensten Zweck des Ortes, der Gemeinde, dient, und wenn auch eine entsprechend gute Beschaffenheit der innerhalb der grösseren Ortschaften befindlichen öffentlichen Strassen eine der Vorbedingungen des von ausserhalb sich in der Ortschaft abspielenden Ver- kehrs bildet und denselben zu fördern geeignet ist, so sind doch anderseits diese Ortschaften auf einen derartigen Verkehr selbst in einem solchen Masse angewiesen, dass in jedem Falle mehr das eigene Bedürfnis, als die Fürsorge für die allgemeinen Verkehrsinteressen die Veranlassung zu ordnungsmässiger Unterhaltung der Ortsstrassen zu bilden haben wird.

Weiter dürfte an dieser Stelle zu erwähnen sein, dass besondere Gründe dafür sprechen würden, die Abgabeerhebung in einer Anzahl von Fällen - bezw. wenigstens vorläufig noch fortbestehen zu lassen and zu diesem Zwecke dem grossherzoglichen Staatsministerium inhaltlich des über die Aufhebung zu erlassenden Gesetzes eine entsprechende Ermächtigung zu erteilen. Als solche Fälle würden sich darstellen:

1. die Abgabeerhebung von den Gemeindechauseeen in dem von allen Seiten von fremden Staatsgebieten, in welchen bezügliche Erhebung gleichfalls noch stattfindet, umgebenen Gemeindebezirk Oldisleben, welche im Jahre 1886 die beträchtliche und für den Gemeindehaushalt nicht zu entbehrende Summe eines Reinertrages von 8148 M. ergeben hat; ,

2. die Abgabeerhöhung , welche mehrfach gemeinschaftlich mit anderen Bezugsberechtigten in benachbarten Staatsgebieten stattfindet, wie in betreff der Ortsstrassen zu Kranichfeld , der Strasse von Kranichfeld nach Nauendorf, der Hohenfelden-Nauendorfer Strasse, der Münchener Bachbrücke, der Saalbrücke zwischen Rothenstein und Oelknitz, des Ruhlaer Pflaster- und Brückengeldes, der Kammerberg-Manebacher Ilmbrücke.

Der Gesamtreinertrag dieser letzteren Abgaben hat sich im Jahre 1886 auf ungefähr 3000 M. belaufen.

Lässt man hiernach aber auch den Gesamtertrag dieser vorbemerkten Abgaben ausser Betracht, so blieb der zu berücksichtigende Ausfall an Ein- nahmen der Gemeinden noch immer ein höchst beträchtlicher, und es musste daher weiter die Frage entstehen, ob die Lage des Staatshaushaltes im gegen- wärtigen Zeitpunkte eine solche ist, dass die Ausgaben des Staates dauernd um eine selbst bei nur teilweise geschehender Berücksichtigung der Höhe des frag- lichen Einnahmeausfalles der Gemeinden noch immer erheblich ins Gewicht fallende Summe würden vermehrt werden können.

Diese Frage hat bei eingehender Prüfung verneint werden müssen, und ist in dieser Beziehung folgendes zu bemerken:

1. Nach dem Reichshaushaltsetat für 1887/88 vom 30. März 1887 mit Nachtrag hierzu vom 1. Juni 1887 übersteigt der Betrag der Matrikularbeiträge den Ansatz im Hauptvoranschlage der Staatseinnahmen und Ausgaben im Gross- herzogtum für 1887/89 (Ausgabe Kap. III, 1) um 215,933 M.

Davon sollen nach Seite 597 und 613 des Schriften Wechsels von 1887 als Anteil des Grossherzogtums an den Fehlbeträgen der Jahre 1883/86 111,561 M. aus den vorhandenen Ueberschüssen gedeckt werden. Es ist aber mit Sicher- heit anzunehmen, dass im Reichsetat 1888/89, in welchem die Fehlbeträge für 1886/87 in Rechnung kommen, wenigstens ein gleicher Fehlbetrag zu decken sein wird.

2. Nach dem Hauptvoranschlag der Staatseinnahmen und Ausgaben im Grossherzogtum für 1887/89 ist weiter ein Fehlbetrag von 59,115 M. ebenfalls

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534 Die Aut'bebung des fiskal. Chaussee- u. Brückengeldes im Grossherzogtum S. -Weimar.

aus den Ueberschüssen zu decken geblieben (vgl. Schriftenwechsel für 1887, S. 598).

3. Wegen Aufhebung des Staatschausseegeldes ist in Kap. XXYI des Ausgabevoranschlages ein Mehrbetrag von 64,000 M. jährlich für die Jahre 1887/89 eingestellt worden.

Es wurde hierbei angenommen, dass der Bedarf für das Jahr 96,000 M. beträgt, also auf die 2 Jahre 1888/89 mit 192,000 M. zu berechnen und hiervon für jedes der 3 Etatsjahre mit 64,000 M. zu verteilen sei. Es werden also künftig für 1 Jahr 96,000 M. statt 64,000 M. , also jährlich 32,000 M. mehr in Ansatz zu kommen haben.

Demnach bleibt künftig ein Mehrbetrag von jährlich 215,933 M., 59,115 und 32,000 M., in Sa. 307,048 M. zu decken.

Wenn nun auch zu hoffen ist, dass infolge der neuen Reichssteuer- gesetzbung (Branntwein- und Zuckersteuer betreffend) durch die Herauszahlungen aus der Reichskasse dieser Bedarf, wenigstens zum grossen Teil, gedeckt werden wird, so lässt sich doch mit genügender Gewissheit nicht voraus berechnen, wie viel diese Herauszahlungen betragen werden, da mit den grösseren Ein- nahmen auch grössere Reichsausgaben kommen werden und auch die Gestaltung des Reichsetats von den eintretenden politischen Verhältnissen abhängig sein wird.

Unter diesen Umständen vermag das unterthänigst unterzeichnete Staats- ministerium nicht zu empfehlen, schon im gegenwärtigen Zeitpunkte dem Landtage eine Vorlage wegen Aufhebung der von anderen Berechtigten als der grossherzoglichen Staatskasse für die Benutzung öffentlicher Strassen und Brücken erhobenen Abgaben zu unterbreiten, ist vielmehr der Ansicht, dass erst bei Beratung und Feststellung des Hauptvoranschlages für die nächste dreijährige Finanzperiode sich die Gelegenheit und Möglichkeit zu einem gesicherten Ueberblick darüber ergeben wird, ob der Stand des Staatshaushaltes eine Massnahme der erwähnten Art mit den übrigen aus den obigen Auseinander- setzungen hervorgehenden Folgen einer solchen gestattet.

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