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Die Anfänge der Realschule Köln-Holweide vor 50...

Date post: 25-Oct-2019
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Lernen in provisorischen Baracken Die Anfänge der Realschule Köln-Holweide vor 50 Jahren Gründung der ersten Gesamtschule in Köln 1967 Mit einer Chronologie bis zum Jahre 2001 Köln 2017
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Lernen in provisorischen Baracken

Die Anfänge der Realschule Köln-Holweide vor 50

Jahren

Gründung der ersten Gesamtschule in Köln 1967

Mit einer Chronologie bis zum Jahre 2001

Köln 2017

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Karl Port, Stefan Weigang, Stephan Gatter

Lernen in provisorischen Baracken

Die Anfänge der Realschule Köln-Holweide vor 50 Jahren

Gründung der ersten Gesamtschule in Köln 1967.

Mit einer Chronologie bis zum Jahre 2001

1967

Karl Port, Stefan Weigang, Stephan Gatter Lernen in provisorischen Baracken Die Anfänge der Realschule Köln-Holweide vor 50 Jahren Gründung der ersten Gesamtschule in Köln 1967. Mit einer Chronologie bis zum Jahre 2001 Gestaltung: Stefan Weigang Köln 2017 © by Karl Port, Stefan Weigang, Stephan Gatter

Kontakt und Bestellungen: Stefan Weigang, Alte Ricklinger Str. 28 30823 Garbsen, [email protected]

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Vorwort

Von Inklusion sprach man noch nicht in den 60er-Jahren. Das Problem der Schulen in den 60-

er und frühen 70-er Jahren war der Schülerberg. In Nordrhein-Westfalen wurde das Schuljahr

1966/67 zum Kurzschuljahr, doch damit wurde ein Schülerjahrgang nur in die Sekundarstufe I

verschoben1.

Ein umwälzender Schulversuch wie die Glockseeschule in Hannover oder die Peter-Petersen-

Schule in Köln-Höhenhaus war es auch nicht. Der Vorlauf und die ersten Jahre waren

inspiriert von der allgemeinen Diskussion der Zeit und praktizierten Versuchen wie in

Summerhill2. Schule sollte mit neuen Methoden neue Ziele erreichen.

Ende der 1960er Jahre sollte also eine IGS Holweide starten, auch um den Schülerberg zu

bewältigen, aber es gab noch kein neues Gebäude dafür. Deshalb nahm im Sommer 1967

erstmals die „Realschule Holweide im Entstehen“ ihre Arbeit auf. Die Städt. Realschule Köln-

Holweide i.E im Schulverbund mit dem Städt. Gymnasium Köln-Holweide i.E“ war Kölns erste

Gesamtschule.

Zwei Jahre lang wurde in Baracken in der Eitorfer Straße in Köln-Deutz kooperativ unter-

richtet, danach war die Realschule im Schulgebäude Pestalozzistraße in Köln-Mülheim.

Ab dem 1.8.1972 war sie mit den Jahrgängen fünf bis zehn voll ausgebaut. Sie wurde mit dem

Start der neuen IGS Holweide seit dem Sommer 1975 zur Mülheimer Stadtteilschule und

heißt seit dem 20.11.1990 Johann-Bendel-Schule3.

1 Immerhin gab es für die Realschule Holweide keinen Unterricht in zwei Schichten wie etwa in Garbsen-Auf der Horst in den 1960er Jahren. 2 Summerhill, in https://de.wikipedia.org/wiki/Summerhill, abgerufen 19.4.2017 3 Johann Bendel war von 1902 bis 1928 Rektor dieser Schule. Damals war das Gebäude gerade neu errichtet worden und die Schule wurde "Pestalozzi-Schule" genannt, da sie an der Pestalozzistraße lag. Aufgrund ihrer Ausstattung und der von Johann Bendel eingeführten Lehrpläne war sie eine der modernsten Volksschulen ihrer Zeit. Am 20. November 1990 wurde die Realschule, die mittlerweile das Gebäude bezogen hatte, im Rahmen

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„Pestalozzi-Schule“ und Johann Bendel (Bilder: http://www.johann-bendel-realschule.de)

1974 stellte der damalige Schuleiter Spannaus fest:

Dieses Buch ist keine Chronik über 50 Jahre Realschule Köln-Holweide. Sie beleuchtet die

politischen und pädagogischen Diskussionen und neuen Ansätze im Vorfeld der

Schulgründung und in den ersten Jahren4, ergänzt um eine Chronologie bis ins Jahr 2001 von

Hans-Joachim Carlitscheck.

eines Festaktes nach Johann Bendel benannt. Johann Bendel, geb. 10.9.1863 in Zweifall, Kreis Monschau, gest. 19.7.1947 in Köln-Mülheim, siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Bendel und Homepage der Schule, http://www.johann-bendel-realschule.de/JBS/Johann_Bendel/JB_Lebenslauf.html, abgerufen 21.1.2017 4 Siehe die Arbeit von Stefan Weigang, Horst Oelze, Peter Bartel, IGS Garbsen - 25 Jahre jung, in: Schulleitung der IGS Garbsen, Hg., 25 Jahre IGS Garbsen 1971 - 1996, Garbsen: September 1996, S. 8 - 26

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Welche Akteure wollten ihre Interessen durchsetzen? Was wurde in der jungen Schule neu

oder anders gemacht und macht sie – besonders in der Rückschau – zu einer besonderen

Schule.

Und wir zeigen Bilder und Berichte aus dem Schulleben von Lehrer_innen und Schüler_innen.

Wir freuen uns auf Kritik, auf Bilder, auf Eure/Ihre Erlebnisse. Schickt Eure Fotos und

Dokument an [email protected], damit wir sie unter www.geschichtswerkstatt-

muelheim.de online veröffentlichen können.

Köln, im Mai 2017

Karl Port, Stefan Weigang & Stephan Gatter

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Inhalt

4 Vorwort

8 Einleitung

14 Pädagogische Erbhöfe und die schulische Flurbereinigung in den 60er und 70er Jahren -

Erste Initialzündungen in Köln

21 1968: Die Städtische Realschule i. E. Köln-Holweide und die Weiterentwicklung des

Schulwesens in Köln

24 Zwei Schulen erproben Neues

32 Die Schulen werden getrennt

33 Die Realschule entwickelt sich

34 Aus den Niederlanden nach Köln

43 Druck aus den Behörden

48 „Port wird kaltgestellt“

49 Neue Planungsgruppen

58 Karl Port erlebt Druck von links

60 Premiere: Die erste Schülerzeitung

63 1973 ist der erste Durchlauf der Realschule komplett

67 1972 war ein spannende Jahr

68 Erster Abschlussjahrgang 1973

74 Was war anders an der Realschule Holweide?

87 Es war eine Chance, die ich nutzen durfte

89 Bilanz

92 Chance erhalten: Reise in die USA

93 Chronik: 25 Jahre Realschule Holweide 1967 – 2001 von Hans-Joachim Carlitschek

134 Persönliche Erfahrungen

137 Dokumente

138 Literatur

143 Die Autoren

8

Einleitung

In der Bundesrepublik Deutschland hat die Schulpolitik die Menschen immer bewegt. Geht es

doch um ihr Wichtigstes: Die Zukunft ihrer eigenen Kinder. Schulpolitik wird von der

Bundes-, Landes- und der Kommunalpolitik gestaltet, bietet auch daher schnell Anlass zu

Diskussionen.

Schulpolitik wird seit Jahrzehnten von den Erziehungswissenschaften beraten und auch hier

lernen wir aus der Rückschau, dass die Menschen keine Black Box sind. Erst recht in der

Gegenwart, in der sowohl Eltern/Familie als auch Schule weniger Einfluss auf die

Sozialisation junger Menschen haben denn je.

In diesem Buch befassen wir uns mit den Anfängen der Realschule Köln–Holweide in den

späten 1960er Jahren. Grundlage sind Arbeiten von Karl Port, dem ersten Schulleiter der

Realschule Holweide.

IGS Köln-Holweide: In diesem markanten Gebäude, an dessen Planung sie mitwirken konnten,

sollten viele Lehrer der Realschule i. E. Köln- Holweide ihre pädagogische Heimat finden

Die 1960er Jahre waren eine Zeit der gesellschaftlichen Aufbrüche. Raus aus der muffigen

Adenauer-Gesellschaft in den Jahren des Kalten Krieges, den Zwängen in Ehe und Familie5,

den Autoritätsverhältnissen auch in Schule und Universität. Adenauer war 1967 gestorben.

Die Menschen blickten – vor der Ölkrise und dem autofreien Sonntag ungebrochen –

5 u.a. durften Frauen erst seit 1977 ohne Einwilligung des „Familienvorstandes“ berufstätig werden; Kathrine Switzer lief in Boston - trotz Widerstand des Veranstalters - als erste Frau offiziell einen Marathon, http://laufreport.de/nachrichten/press/press.htm; Schlaglichter in: Konstantin von Hammerstein, Kalter Krieg, Der Spiegel 1/2017, S. 62f.; Eine Chronik der Jahre 1949 bis 1959 in: Wolfgang Kraushaar, Die Protestchronik, 3 Bde. u.1 Registerband Hamburg 1996

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optimistisch in die Zukunft. Nach dem Sputnikschock 19576 wurden Technik, Wissenschaft

und die Aufrüstung im Westen forciert. Moderne Technik sollte alles ermöglichen. 1967

wurde der erste Taschenrechner von Texas Instruments vorgestellt.7

Der Autoboom setzte ein. Modernes Wohnen für alle sollte in Köln-Chorweiler, Hannover-

Mühlenberg, Garbsen-Auf der Horst und anderen neuen Stadtteilen in den Großstädten

möglich werden. Die Gewerkschaften kämpften für die 40-Stunden-Woche („Am Samstag

gehört Vati uns“). Mit der „Sozialen Marktwirtschaft“ sollte die Überlegenheit des

Kapitalismus gegenüber dem „Ostblock“, oder wie Adenauer sagte, „den Soffjets“,

demonstriert werden8.

Neue Entwicklungen gab es auch in der Kunst und Literatur, in der klassischen Musik („neue

Musik“) und der populären Musik (Free Jazz, Rock von Beatles, Rolling Stones, Frank Zappa ,

Instant composers pool – an Fluxus orientiert, 1967 gegründet, usw.).

Wolfgang Klafki, im August 2016 kurz vor seinem 89. Geburtstag gestorben9, und andere

trugen wesentlich zur Entwicklung der modernen Erziehungswissenschaften bei. Die

Kybernetik wurde auch in den Gesellschaftswissenschaften angewandt, um Prozesse steuern

zu können10.

Bürgerinnen und Bürger demonstrierten in den 60er Jahren öfter als früher11 für ihre

Interessen12, Ulrike Meinhof13 prangerte in der politischen Zeitschrift konkret die Verhältnisse

in den Heimen an. Beate Klarsfeld gab auf dem CDU-Parteitag im November 1968 dem

Bundeskanzler Kiesinger eine Ohrfeige und machte damit – öffentlichkeitswirksamer etwa als

Bernt Engelmann und Ralf Giordano in ihren Büchern, Aufsätzen und Essays – auf ihn und

andere ehemalige Nationalsozialisten in Führungspositionen der Bundesrepublik

6 https://de.wikipedia.org/wiki/Sputnikschock, abgerufen 5.10.2016 7 50 Jahre Taschenrechner, Hannoversche Allgemeine Zeitung v,. 30.1.2017 8 knapp in: Elke Schmitter, Utopien, Der Spiegel 1/2017, S. 76f. 9 Nachruf in: Erziehung und Wissenschaft, Heft 09/10/2016, S. 38 10 https://de.wikipedia.org/wiki/Kybernetik, abgerufen 21.10.2016 11 s. Wolfgang Kraushaar, Die Protest-Chronik 1949 - 1959. Eine illustrierte Geschichte von Bewegung, Widerstand und Utopie. Ein Projekt des Hamburger Instituts für Sozialforschung, 4 Bde. Hamburg 1996 12 später als in Italien, Frankreich und anderen Ländern. Das KPD-Verbot 1956 wirkte. S. Hannoversche Allgemeine Zeitung 17.8.2016, und https://de.wikipedia.org/wiki/KPD-Verbot, abgerufen 15.10.2016 13 https://de.wikipedia.org/wiki/Ulrike_Meinhof, abgerufen 5.10.2016; Späte Folgen in Köln waren Aktionen des SSK; siehe auch ihren Essay aus 1962, in Der Spiegel 33/2016, S. 119ff.

10

aufmerksam14. Willy Brandt postulierte „Wir wollen mehr Demokratie wagen“ – auch wenn

aufgrund der terroristischen Anschläge und der Berufsverbote nicht viel gewagt wurde15.

Mit den neuen Entwicklungen erfolgte auch der Übergang von der fordistischen zur postfor-

distischen Gesellschaftsregulation in den westlichen Ländern16.

Der Rückblick auf diese Zeit und die Anfänge der Realschule Köln-Holweide sind besonders

spannend, weil viele Zeitzeugen, die damals Eltern, Schüler_innen oder Lehrer_innen waren,

noch leben.

Sie erleben das eigene Leben als Geschichte, zum Beispiel in „ZDF History“ und anderen

Sendungen, der Zeitschrift „Damals“ und den Sonderheften von „Spiegel“ und „Zeit“.

Sie erleben in der schnellebigen Gegenwart die Ungleichzeitigkeiten unserer Gesellschaft, das

Nebeneinander von Smartphone, Navi und Sendungen wie etwa die Sendung „Fühl’s

nochmal“17 im NDR 1-Radio, die in Fernsehjingles NDR mit „Satisfaction“ von den Rolling

Stones und historischen Discoaufnahmen beworben wird. Die legendären Prilblumen von

197218 erleben inzwischen ihre zweite Renaissance.

14 https://de.wikipedia.org/wiki/Beate_Klarsfeld, abgerufen 5.10.2016; als Beispiel Hans Magnus Enzensberger: Volker Weidemann, Enzensberger, Der Spiegel 1/2017, S. 48f. 15 Matthieu von Rohr und Britta Sandberg, Terror, Der Spiegel 1/2017, S. 92f. ; Veranstaltung „40 Jahre Radikalenerlass“ am 17.3.2012 in Göttingen, Erziehung und Wissenschaft 03/2012, S. 31; Landtag will Praxis der Berufsverbote aufarbeiten, Neue Presse Hannover v. 16.12.2016 16 https://de.wikipedia.org/wiki/Postfordismus und https://de.wikipedia.org/wiki/Regulationstheorie, abgerufen am 5.10.2016; frühe Arbeiten sind Joachim Hirsch, Roland Roth: Das neue Gesicht des Kapitalismus. Vom Fordismus zum Postfordismus. VSA-Verlag, Hamburg 1986, ISBN 3-87975-374-1, Joachim Hirsch: Kapitalismus ohne Alternative? VSA-Verlag, Hamburg 1996, ISBN 3-87975-519-0, Josef Esser, Christoph Görg, Joachim Hirsch (Hrsg.): Politik, Institutionen und Staat. Zur Kritik der Regulationstheorie. VSA, Hamburg 1994, ISBN 3-87975-643-0 17 http://www.ndr.de/ndr1niedersachsen/sendungen/Fuehls-noch-mal,fuehlsnochmal111.html, abgerufen 05.10.2016 18 https://de.wikipedia.org/wiki/Prilblume, abgerufen 02.11.2016

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Das moderne Design der 60er Jahre erlebt schon seine zweite Renaissance.

Und in der Nachrichtenflut begegnen uns Meldungen über die Schulen, die wie ein Deja-vu

anmuten:

Die HfW-Bankengruppe stellt einen 34 „Milliarden schweren Investitionsstau in deutschen

Schulen“19 fest – ähnlich entwickelt sich der Investitionsstau bei den Autobahnen, Brücken,

Sporthallen, Rathäusern und anderen Betonbauten der 60er und 70er Jahre.

Die Frage der Lern-Räume stellt sich immer wieder. Neue Konzepte werden entwickelt,

während erneut Baracken errichtet werden.

19 Hannoversche Allgemeine Zeitung, 26.9.2016; Hannoversche Neue Presse, 26.9.2016

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Die soziale Ungleichheit hat bei weitem nicht so abgenommen wie man damals hoffte und mit

den Schulreformen bekämpfen wollte.20 Heutzutage studieren mehr junge Menschen als

damals, jedoch sinkt der Anteil der Studierenden aus der unteren Herkunftsgruppe.21

Ende der 1950er, Anfang der 1960er gab es gravierende struktuelle Probleme im

Bildungssystem. Bildung war Ländersache. Der Ausbau der 8-jährigen Volksschule (ohne

Fremdsprachenangebot) auf das 9. und 10.Schuljahr erfolgte und die Ausbildung der

Hauptschullehrer mit zwei Fakultas machte Einsatzes der Lehrer in verschiedenen

Schulformen möglich. Schulpolitik wurde in der Öffentlichkeit heiß diskutiert.

Schließlich wurde den Bundesländern freigestellt, Schulversuche zu organisieren, die im

Rahmen der Ländervereinbarungen lagen.

Entsprechend der Empfehlung des Deutschen Bildungsrates (verabschiedet am 30./32. 1.1969)

zur “Einrichtung von Schulversuchen mit Gesamtschulen” und Versuche mit kooperativen

Gesamtschulen wurde die erste Gesamtschule der Stadt Köln für den Standort Köln-Holweide

gegründet, die bis zur Fertigstellung des Gebäudekomplexes als kooperative Gesamtschule

geführt werden sollte. Dabei sollten wegen Platzmangels erst einmal nur der Realschul- und

der Gymnasialbereich ihren Betrieb aufnehmen. Der Hauptschulzweig blieb der weiteren

Gebäudeentwicklung vorbehalten. Zielsetzung war eindeutig nicht nur eine Addition, sondern

eine Integration der Bildungsgänge in einer IGS zu entwickeln.

Schule sollte mit neuen Methoden neue Ziele erreichen. Dazu gehörten z. B. Gebäudeplanung,

Fortbildung der Lehrer für die Neuordnung der Bildungsgänge und der innerschulischen

Kooperationsmöglichkeiten, der Nutzung neuer Medien etc.

Unter Bezugnahme auf die bundesweite Gesamtschulplanung genehmigte der Kultusminister

NRW den Schulversuch. Für die Leitung der Schule wählte der Stadtrat für das Gymnasium

i.E. (in Entwicklung): Dr. Helmut Liedtke und für die Realschule i. E. Karl Port.

20 Ungleichheit in Deutschland Wie sich Ungleichheit bekämpfen lässt, Süddeutsche Zeitung, 30.9.2016, www.sueddeutsche.de/wirtschaft/ungleichheit-in-deutschland-ungleichheit-verringern-aber-wie-1.3186216; Die geteilte Nation. Deutschland 2016: Reich wird reicher, arm bleibt arm, Titelgeschichte von Der Spiegel 11/2016; Geld allein schließt nicht alle Gerechtigkeitslücken, Brigitte Pothmer in: Hannoversche Allgemeine Zeitung 15.7.2016; Die Soziale Mobilität nimmt weiter ab. WSI-Verteilungsbericht 2016, hg. v. Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts WSI des DGB, www.boeckler.de/pdf/p_wsi_report_31_2016.pdf 21 Jutta Allmendinger, Rita Nikolai, Bildung und Herkunft, 23.10.2016, www.bpb.de/apuz/29445/bildung-und-herkunft?p=all, abgerufen 15.10.2016

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In der Bildungsforschung gibt es erst einzelne Arbeiten zur frühen Phase der Schulneugrün-

dungen der 1960er Jahre22. Scheinbar sind die damals Handelnden bereits gestorben oder

fühlen sich noch nicht als Zeitzeugen der Geschichte. Auch die Gewerkschaft GEW beginnt

erst jetzt (2016), ihre eigene Geschichte systematischer aufzuarbeiten23.

Wir wünschen uns mehr lokalgeschichtliche Arbeiten, um die die allgemeine Bildungs-

geschichte der 1960er / 1970er Jahre mit empirischen Ergebnisse zu überprüfen.

22 z.B. Buch und Ausstellung: Stefan Weigang, Horst Oelze, Peter Bartel, IGS Garbsen - 25 Jahre jung, in: Schulleitung der IGS Garbsen, Hg., 25 Jahre IGS Garbsen 1971 - 1996, Garbsen: September 1996, S. 8 – 26; Ein online verfügbarer Überblick z.B. Doreen Winter, Schulentwicklung in den beiden deutschen Staaten von 1945 bis zum Beginn der 1960er Jahre, Studienarbeit 2006 in der Universität der Bundeswehr Hamburg, Leseprobe unter http://www.grin.com/de/e-book/51721/schulentwicklung-in-den-beiden-deutschen-staaten-von-1945-bis-zum-beginn ; Übersicht von Frank Ohlhaver, Universität Frankfurt, www.uni-frankfurt.de/51736004/Ohlhaver_SeminarSchulentwicklung.pdf und Aufsatz von Frank Ohlhaver, Schulentwicklung in Deutschland seit 1964, Frankfurt 2007/2008, www.uni-frankfurt.de/51736016/Ohlhaver_AufsatzSchulentwicklung.pdf 23 Erziehung und Wissenschaft 12/2016, S. 33, mit Verweis auf www.gew.de/aktuelles/detailseite/neuigkeiten/gew-arbeitet-ihre-geschichte-auf/

14

Karl Port

Pädagogische Erbhöfe und die schulische Flurbereinigung in den 60er und 70er Jahren Erste Initialzündungen in Köln Wir erinnern uns:

Nach dem Scheitern des Nazi-Regimes 1945, das im deutschen Schulwesen den Einfluss

freier Schulträger, besonders der christlicher Kirchen verdrängt hatte, gewannen die

christlichen Kirchen in den 50er Jahren für das Schulwesen Auftrieb.

Ihr Einfluss auf alle Schulen wurde stark und stärker. Die strenge Konfessionalisierung

derselben steigerte auch die Auseinandersetzung mit politischen Ideologien anderer Prägung.

Die traditionelle Verbindung der christlichen Kirchen mit dem deutschen Schulwesen zeigte

jedoch in den 50/60er Jahren starke Risse und Verwerfungen.

Eitorfer Straße, Baracken, und Pestalozzistraße,

beides Ende der 1960er

Mit dem 2. Vatikanischen Konzil unter Papst

Johannes XXIII begann Mitte der 60er Jahre in

Europa eine neue Zeit, hergebrachte Sitten und

Gebräuche zu überdenken.

Fest verankerte Denkweisen und Lebensfor-

men in ideologischen Wertesystemen einge-

bettet entsprachen nicht mehr den Anfor-

derungen einer sich ständig verändernden Welt.

Der Versuch, die absolutistisch – stringente

Werteordnung der Nazis zu ersetzen durch

eine ebenso zentral gesteuerte humanere

gesellschaftliche Ordnung, führte in den werte-

stiftenden Gesellschaftsschichten zu den

herkömmlichen Vorstellungen christlicher

Prägung und in den Schulen zur Beachtung der

biblischen Regelungen: „Du sollst keine

fremden Götter neben mir haben.“

In – vor allem – katholischen Kreisen führten Wertevorstellungen solcher Art dazu, dass die

zentralistische Gedankenwelt der Nazis sicherlich durch eine andere humanere , aber auch

eine zentralistische Ideologie ersetzt werden sollte.

Die mit dieser Wertewelt verbundenen politischen Strömungen und die ihrer politischen

Gegner, die es ja auch gab, führten im Großen dazu, dass auch die Welt der Wissenschaften,

wie sie sich an den Hochschulen zeigte, von der jüngeren Generation in Frage gestellt wurde.

„ Unter den Talaren Muff von tausend Jahren“ plakatierte die 68er Jugend die konservativ-

orthodoxen Erscheinungsformen unserer Gesellschaft24.

25

Wie es zentralistisch - autoritäre Systeme so an sich haben, spielen „Mitwirkung“ oder

„Selbstbestimmung“ keine oder nur eine untergeordnete Rolle. Geläufige Riten und

ausgewählte Symbole dienten der Verfestigung orthodoxer Lebensformen, die einer

Weiterentwicklung mitmenschlicher Kommunikation entgegenstanden.

In einem Kommentar in der Schrift eines Lehrerverbandes verglich ein Kölner Lehrer

schulische Gepflogenheiten mit Regeln europäischer Essgewohnheiten. Er drückte das so aus:

„Unsere Etikette erlaubt es nicht, Fisch mit dem Messer zu essen, ebensowenig, wie

Kartoffeln mit dem Messer zu zerlegen.“ Es solle auch in Schulen Etikette als Manifestierung

schulischer Methoden unangetastet bleiben.

24 Bei der feierlichen Amtseinführung des neuen Rektors der Hamburger Universität am 9. November 1967 entfalteten Studenten ein Transparent mit dem Spruch Unter den Talaren – Muff von 1000 Jahren, der zum Symbol der 68er-Bewegung wurde (https://de.wikipedia.org/wiki/9._November und https://de.wikipedia.org/wiki/Unter_den_Talaren_%E2%80%93_Muff_von_1000_Jahren, abgerufen 17.11.2016) 25 https://www.ndr.de/kultur/geschichte/chronologie/talare2_v-vierspaltig.jpg, abgerufen 17.11.2016

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Tabuisierung dieser Art regte die Nachdenklichkeit erst mal weniger Lehrerkollegen an.

Viele Schulpolitiker und mehrheitlich die Lehrerschaft blieb dem konservativen Denken

verhaftet. Die Skeptiker und die an Fortentwicklung Interessierten gehörten zur inaktiven,

schweigenden Minderheit.

Während in Berlin oder Frankfurt a.M. Versuche unternommen wurden, die überkommenen

Organisationsformen im Schulwesen zu überprüfen oder gar in Frage zu stellen und nach

Möglichkeiten zu suchen, künftig Mängel, die sich zwischenzeitlich ergeben hatten, weit-

gehend abzubauen, wachte man in Köln etwas später aus dem pädagogischen Schlaf auf.

Hier erkannten zuerst die Beamten des Schulamtes und der Bauverwaltung einen

Entwicklungsbedarf. In erster Linie seien hier erwähnt der damalige Beigeordnete Giesberts

(CDU) und die beiden Amtsleiter Dr. Heidecke (SPD), der spätere Regierungspräsident und

Präsident des Landesrechnungshofes, sowie Norbert Burger, später städtischer Beigeordneter

und langjähriger Kölner Oberbürgermeister.

Zu wenige und schlecht erhaltene Schulgebäude für neu entstehende Wohngebiete, so für

Chorweiler oder Holweide, standen der veränderten Population mit einem großen „Schüler-

berg“ entgegen.

Beherzt und getragen von dem Gedanken, dass „Anpassungsfähigkeit“ von Gebäuden,

Lehrerpersonal und Schülerschaft zukunftweisend werden sollten, entwickelten die

Verantwortlichen in der Schulverwaltung Modellvorstellungen für Schulzentren. Dort sollten

je nach aktuellem Bedarf sowohl die herkömmlichen Schulen des Sekundarbereichs

(Gymnasien, Realschulen, Volks- bzw. Hauptschulen) als auch zu entwickelnde integrative

Schulen einen vernünftigen Standort haben. Auch die Rückführbarkeit der Gebäude auf die

Bedürfnisse herkömmlicher Schulen ausgerichtet, sollte gewährleistet werden, wenn der Fall

eintritt, dass Schulversuche scheitern.

Man bedachte auch die letztlich entscheidenden Fragen nach den Auswirkungen auf den zu

erwartenden „laufenden“ Schulbetrieb.

Im damals noch existierenden Pädagogischen Institut der Stadt Köln wurden Lehrer

angesprochen, bei Vorschlägen für neue Lehrpläne ihre Erfahrungen einzubringen.

Aus Interesse an pädagogischer Weiterentwicklung hatte Karl Port in dieser Zeit

17

* Nebenamtlichen Unterricht erteilt im Schulversuch „9. Schuljahr der Volksschule“,

* im Rahmen der Volkshochschule einen Mathematik-/Rechenkurs für Strafgefangene

(damals noch im Klingelpütz) geleitet,

* im Pädagogischen Institut der Stadt eine Arbeitsgemeinschaft „Mathematik an

Realschulen“ ins Leben gerufen und geleitet.

* als Fachleiter am Bezirksseminar für Realschulen zu Lehramtsanwärtern und,

* als Vorsitzender der Fachgruppe Realschule (Köln) zu Realschullehrern Kontakt

gehalten.

Zudem arbeitete er in der „Erziehungswissenschaftlichen Landesstelle der GEW“ am Projekt

„Grundlagen der Unterrichtsdifferenzierung“ mit. Landesweit und lokal engagierte

Lehrer/innen, die an struktureller Aufarbeitung des Schulwesens interessiert waren,

dokumentierten hier ihre Anregungen.

Daraus ergab sich das Interesse des Schulträgers an der Mitarbeit Ports bei der Gesamtschul-

planung und andererseits Ports Interesse, hier mit zu gestalten.

Etliche Kommunen im Regierungsbezirk hatten wegen der Unterbringung der geburtenstarken

Schülerjahrgänge um Rat beim Regierungspräsidenten nachgesucht. Daraufhin richtete

Regierungspräsident Dr. Heidecke einen Arbeitskreis „Schulzentren“ ein, zu dem Port als

Vertreter der Lehrerschaft beigezogen wurde.

Nach Meinung breiter Bevölkerungsschichten waren unsere Schulen in den 50er Jahren ganz

gut geeignet, dafür zu sorgen, dass die Teilhabe des modernen Bürgers an existierenden

Institutionen und an zeitgemäßen Leitideen des Handelns gesichert werden konnte.

Das wohl- und prestigehabende Bürgertum konnte sich gut mit den Gegebenheiten abfinden,

auch über die tradierten Bildungseinrichtungen ihren Lebensstandart zu sichern.

Jedoch, die angesehenen Handwerker und Handelsleute, die ihren Söhnen und Töchtern eine

qualifizierte Ausbildung vermitteln wollten und bislang mit den guten Leistungen der

Volksschule und der Realschule zufrieden waren, erkannten, dass die in Hegemonie und

fremdbestimmter Abgeschlossenheit existierenden Bildungsstätten Deutschlands langsam

beeinflusst wurden durch Globalisierung, Internationalisierung etc.

18

In der achtjährigen Volksschule wurde damals keine Fremdsprache unterrichtet, natürlich

abgesehen vom Hochdeutschen, das für ne echte kölsche Jung gleichsam eine Fremdsprache

war.

Die sich entwickelnde Technik erforderte mehr mathematisch-naturwissenschaftliche

Kenntnisse. Allerdings drehten die Windmühlen der großen Politik nur ihre Räder, wenn sie

in der als richtig vermuteten kraftvollen Windrichtung lagen.

1967 der erste TI-Taschenrechner, 1971 der Intel 4004 mit 2.300 Transistoren aus der 10-Mikrometer-Fertigung

Welch ungeheurer Aufwand an administrativer

Kraft erforderlich war, die Oberstufe der

Volksschule in eine Hauptschule

umzuwandeln mit einer Fremdsprache und mit

mehr mathematisch-naturwissenschaftlichen

Angeboten, kann man heutzutage, zu Beginn

des 21. Jahrhunderts, kaum nachvollziehen.

„Das kostet alles zu viel Geld“, war die

Argumentation,

erheblich mehr Klassenraum für die

(neuen ) Jahrgangsstufen 9 und 10,

größere Verwaltungsräume als bislang etc.

Argumente solcher Art trugen dazu bei,

Schulversuche zur Kostenreduzierung

anzustreben, um die Finanzierbarkeit des städtischen Schulwesens in Grenzen zu halten.

„Schulzentren“ war bei solchen Überlegungen das Stichwort.

Tatsächlich kam Anfang und Mitte der 60er Jahre alles an Bedarf zusammen:

mehr Klassenräume für die Hauptschule,

erhöhter Lehrerbedarf,

bessere Medienausstattung.

Zu dem galt es – zumindest für die geschätzten nächsten zehn Jahre - den sogenannten

Schülerberg zu versorgen.

19

Durch flexible Nutzung der Raumzuordnung in einem Zentrum und einer gemeinsam zu

nutzenden inneren Einrichtung, wie Schüler- und Lehrerbüchereien, Medienräume für die

einzelnen Fächer etc. ließen sich – so die Auffassung des Schulverwaltungsamtes – die

Finanzierungsmittel erheblich reduzieren.

Die Stadt Köln – damals noch ohne die Vororte Porz und Rodenkirchen – plante vier

Standorte für Schulzentren/Gesamtschulen:

Köln – Chorweiler Köln – Zollstock

Köln – Holweide Köln – Höhenhaus.

Für jeden Standort war ein „Didaktischer Ausschuss“ vorgesehen.

So war die Stadt Köln gleichsam als „Gebärmutter“ mit Vierlingen gesegnet, die jeweils drei

Seelen in einer Brust vereinigten.

Wenn man die Realschule26 gemeinhin als eigene Schulform betrachtet, so könnte man sie im

Rahmen der Gesamtschulplanung als eine von mehreren Stammzellen betrachten, die sich

unter dem Einfluss temporär unterschiedlicher Umgebungen unterschiedlich entwickeln.

Hier beginnt nun der „embrionale Teil“ der Geschichte der Realschule Köln-Holweide, der

späteren Johann-Bendel-Realschule.

Die damals geschätzte Zeit für die Fertigstellung eines großen Gebäudekomplexes für ein

Schulzentrum lag zwischen fünf und acht Schuljahren27. Da der unterzubringende

„Schülerberg“ schon 1967/68 nach Versorgung drängte, war die Gründung

„provisorischer“ Schulen herkömmlicher Schulart erforderlich.

Wie sollte es jetzt weitergehen? Wohin fährt der Zug zur Weiterentwicklung etwa der

Sekundarstufe I?

Das breite Interesse an der Schulpolitik dokumentiert „mangelhaft – ungenügend: unser

Schul-System hat das Klassenziel nicht erreicht“ von Carl-Heinz Evers, eine umfangreiche

Artikelserie im Kölner Stadtanzeiger 1971:

26 sieha auch https://de.wikipedia.org/wiki/Realschule, abgerufen 15.10.2016 27 In der Tat wurde das Gebäude der IGS Holweide an der Burgwiesenstraße acht Jahre nach Aufnahme des Schulbetriebes von Realschule Holweide und Gymnasium Holweide bezogen

20

21

Karl Port

1968:

Die Städtische Realschule i. E. Köln-Holweide

und die Weiterentwicklung des Schulwesens in Köln

In Dienstgesprächen mit dem Schulträger (Schulverwaltungsamt der Stadt Köln) wurden

verschiedene Modellvorstellungen zur besseren Kooperation von Schulen der verschiedenen

Schulformen (in den Sekundarstufen I und II) diskutiert.

Der Schulträger sah in Karl Port einen der 'kooperationsbereiten' Realschullehrer, der die

Berücksichtigung überkommener Interessen seiner Schulform mit einbringen konnte. Im

schulpolitischen Raum tonangebend in der Stadt war die Sozialdemokratie, die mehr

Evolution als Umsturz anstrebte und sich von den konservativ-orthodoxen Vorstellungen der

damaligen mehr „nach rechts“ tendierenden CDU einerseits und von linksextremen

Gruppierungen andererseits unterschied, welche Strukturveränderungen des Schulwesens

radikal - revolutionär anstrebte. Einen allseitig akzeptierten Weg in der Weiterentwicklung

gab es nicht.

Im geplanten evolutionär-schrittweisen Vorgehen, wie es die Sozialdemokratie anstrebte, gab

es je nach beruflicher Bindung der Planenden sehr unterschiedliche Vorstellungen. Die

Vertreter der Volks-/Hauptschule sahen zum Ausbau der Hauptschule im 9. und 10. Schuljahr

unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Schwerpunkte (Stichwort „Blaues Wunder“) die

Gleichwertigkeit mit der Realschule erreicht.

Die Realschule entwickelte Differenzierungsformen, die ab dem 9. Schuljahr sogenannte

Neigungsschwerpunkte umfasste, die eine Annäherung an gymnasiale Bildungsgänge

erleichtern sollten28: Fremdsprachlicher Zweig, mathematisch-naturwissenschaftlicher Zweig,

sozialwissenschaftlicher Zweig.

28 offenbar die alte Sehnsucht nach mehr Anerkennung, wie sie die Realgymnasien ab 1882 erfahren hatten, siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Realschule, abgerufen 15.10.2016

22

Hauptanliegen: Die Durchlässigkeit der Schulformen für Schüler (und Lehrer) zu erleichtern -

und das insbesondere in angestrebten Schulzentren zu ermöglichen.

Bestrebungen, die Kooperation von gymnasialer Oberstufe und Berufsbildenden Schulen in

einer Sekundarstufe II bzw. in einer so genannten Kollegstufe zu realisieren, erschwerten

auch die Planungen für die Kooperation in der Sekundarstufe I, was sich am Beispiel der

Fachoberschule erläutern lässt.

Das Vorhaben, das Schulwesen insgesamt zu erneuern und überschaubarer zu gestalten,

brachte so eine Verstärkung komplexer Sachverhalte mit sich, die die gesamte Planung

erschwerte.

Die Stadt Köln entschied sich als Schulträger für einen ersten Schritt zur Kooperation einer

Realschule mit einem Gymnasium – und das u.a. mit dem Ziel einer Integration der

unterschiedlichen Bildungsgänge, was folgendes Zitat aus dem Text der Stellenausschreibung

einer Schulleiterstelle an der „Städt. Realschule i.E. Köln-Holweide“ belegt:

Weiter heißt es dort:

23

Da seine Herkunftsschulform die Realschule war, wurde Karl Port gebeten, sich auf die

ausgeschriebene Stelle zu bewerben. So wurde Port Schulleiter der Städt. Realschule (i.E.),

die jetzt (2017) schon seit 50 Jahren besteht, und die 1967/68 mit dem Ziel gegründet worden

war, in einer Gesamtschule additiv neben dem Gymnasium oder integrativ zusammen mit

dem Gymnasium übernommen zu werden.

24

Zwei Schulen erproben Neues

Die beiden Eingangsklassen der Realschule wurden zusammen mit den beiden

Eingangsklassen des „Städt. Gymnasiums i. E. Köln-Holweide“ provisorisch in einem kleinen

„Barackenzentrum“ im Hinterhof der großen Deutzer Berufsschule untergebracht, zu der kein

weiterer Kontakt bestand.

In den „provisorischen“ Baracken, bis zum Abriss Anfang 2017 genutzt werden, erprobten die

beiden Kollegien von Realschule und Gymnasien kooperative Unterrichtsformen sowie auch

die kooperative Verwaltung der Schule.

Eitorfer Straße vor 1969

Im ersten Halbjahr war Port für beide

Schulen eher ein Faktotum als ein

Schulleiter oder Stellvertreter. Herr Dr.

Helmut Liedtke, für Fragen der

Kooperation aufgeschlossen, hielt sich als

designierter Leiter des Gymnasiums i.E.

sehr zurück. Der Errichtungserlass für die

beiden Schulen i. E. ließ auf sich warten.

Formal und administrativ waren die vier

Klassen vorläufig benachbarten Schulen,

der Realschule Köln-Deutz bzw. dem

Gymnasium Thusneldastraße zugeschlagen.

Jede kleine Rechnung zur Anschaffung

von provisorischen Einrichtungsteilen

musste Port entweder in der RS Köln -

Deutz oder in der Thusneldastraße

abwickeln (lassen).

Für den gemeinsamen Stunden-

plan war Port zuständig. Einige

für einzelne Stunden abgeordnete

Lehrer von anderen benachbarten

Schulen mussten in unserem Plan

sinnvoll berücksichtigt werden

und unser Plan mit den Plänen

der Nachbar-schulen in Einklang

stehen.

Von einem Schulzentrum waren

wir noch weit entfernt. Diese

noch nicht von oben genehmigte

Zusammenarbeit stand auf unsi-

cherem Boden.

Seitens der Schulaufsicht des

Schulkollegiums Düsseldorf für

den Gymnasialteil und der

Realschulaufsicht beim Regie-

rungspräsidenten war die Koope-

ration gar nicht gerne gesehen, da

sie Mehrarbeit mit sich brachte.

Jede Aufsicht sieht die Gefahren

einer „Struktur-Bereinigung“ des

Schulwesens für ihre tradierten

„Erbhöfe“ und für die zugehö-

rigen Beamtenstühle, auf denen

man sich ja so wohl fühlte.

Bilder Schulhof, Klassenzimmer, Lehrerzimmer, gemeinsames Schulleiterzimmer von Karl Port, Straßenschild Stefan Weigang Jedoch, die Kollegien in Köln-Deutz, Eitorfer Straße arbeiteten recht freundschaftlich-

kollegial zusammen – trotz der unterschiedlichen Besoldung für gleiche Tätigkeiten! Die

Gymnasiallehrer arbeiteten zur Hälfte ihrer Pflichtstunden in den Realschulklassen, die

Realschullehrer dementsprechend in den Gymnasialklassen.

Gemeinsame Ausflüge der Kollegien sollten die Kooperationsfreude stärken, wie ein

gelungener Ausflug nach Altenahr mit Wanderung zur Burg Are bestätigte.

Die Stadt Köln, am Gelingen der Kooperation interessiert, gab auch Sonderaufträge, um dem

Zusammenwachsen der beiden Schulen Anstöße zu geben.

So regte der damalige Leiter des Schulverwaltungsamtes Norbert Burger - übrigens der

engagierteste Vertreter des Schulversuchs - an, eine Parallelisierung der Stundenpläne von

Gymnasial- und Realschulklassen zu erproben, um stundenweise Schülerbewegung (für

Leistungs- und Neigungsdifferenzierung) zu ermöglichen.

Das vorgeschlagene Verfahren konnte wohl für den Unterricht in den Hauptfächern

ermöglicht werden, aber die ermöglichte Differenzierung nach thematischen Schwerpunkten,

nach Leistungsvermögen oder Neigung der Schüler blieb wegen der allzu komplexen

Realitäten nur bei geringen Erfolgen.

Besser funktionierte der Versuch mit einer „epochalen thematischen Differenzierung“, z. B.

Mathematiklehrer X erteilt im 1. Halbjahr in den Klassen 5a und 5b Geometrie, Lehrer Y in

den Klassen 5c und 5d Algebra. Im 2. Halbjahr sollte dann Lehrer Y Algebra in 5a und 5b

erteilen und Lehrer X Geometrie in 5c und 5d.

27

Diese Regelung sollte ein erster Schritt sein, die Lehrer an die unterschiedlichen

Leistungsanforderungen in den Realschul- und Gymnasialklassen zu gewöhnen und so auch

die verschiedenen, bisher im Einzelnen nicht bekannten Lehrpläne zu durchdenken. Hierdurch

würden auch Anregungen für eine landesweite Lehrplanüberarbeitung gegeben, die dringend

erforderlich war.

Dass eine derartige Unterrichtsstrukturierung sinnvoll sein kann, zeigen langjährige

Erfahrungen mit dieser Unterrichtsstrukturierung (durch epochale thematische

Differenzierung) an einer Realschule in der Nähe von Aachen.

Erfolgreich war auch die schulformübergreifende Betreuung der Schüler mit isolierter

Rechtschreibschwäche.

Schwimmen im Deutzer Bad, jetzt das Hotel Stadtpalais

Gleichwohl brachten die äußeren

Unterrichtsbedingungen mehr und

mehr Schwierigkeiten für die

Integration des Unterrichts mit sich:

Das „Baracken-Zentrum“ hatte

keine Turnhalle, keine naturwis-

senschaftlichen Räume, gar keine

weiteren Fachräume.

Außerdem – und schwerwiegend –

machte das Schulkollegium

Düsseldorf als Aufsichtsbehörde

für gymnasiale Bildungsgänge

geltend, der Einsatz von Gymna-

siallehrern in Realschul-klassen sei

rechtswidrig. Damit war für die

personelle Integration der Boden

entzogen. Der Einsatz der Real-

schullehrer in Gymnasial-klassen

war jedoch weiter möglich.

Hier zeigte sich zum ersten Mal, dass die Zeit für

die Integration der Schulformen noch nicht

gekommen war.

Broschüre der ASL Köln (Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Lehrer, komplett auf unter www.geschichtswerkstatt-muelheim.de)

29

Die Lehrer an der Realschule empfan-

den diese Entscheidung als Konfron-

tation gegenüber dem Vorhaben einer

guten Zusammenarbeit. Bekannt war,

dass viele Gymnasien im Lande zur

Abmilderung ihres permanenten

Lehrermangels aus ihren normalen

Planstellen (für das höhere Lehramt)

schon jahrelang Lehrer mit der Lehr-

befähigung für Volksschulen, Real-

schulen, Berufsschulen rechtlich

korrekt bezahlten. Dieser Personenkreis

war also gut genug, den anspruchs-

vollen Gymnasialstatus mitzutragen.

Eine sachliche Begründung für die

Aufkündigung der Zusammenarbeit

war nicht offenkundig. Übrigens waren

auch Lehrer mit Zusatzprüfung für das

gymnasiale Lehramt hauptamtlich in

der Realschule tätig, die sich

lobenswerterweise nicht zu schade

waren, auch Real- oder Hauptschüler

zu unterrichten.

Eitorfer Straße im Herbst 2014

Die Schule war in die schwelende Auseinandersetzung zwischen der aufmüpfigen Jugend der

68-iger Jahre und dem Establishment, also der Vertretung der herkömmlichen Schullandschaft

Abriss Anfang 2017

geraten. Dem Vorwurf der

jungen Generation „Unter den

Talaren Muff von tausend

Jahren“ stellte das Establish-

ment entgegen „Wir lassen uns

doch nicht unterwertig ein-

setzen.“

Karte: www.openstreetmaps.org

Immer mehr gesellschaftliche,

schulpolitisch interessierte

extreme Gruppierungen (von

Links- oder Rechtsaußen)

mischten sich, teilweise sehr

derb, in die ideologischen

Auseinandersetzungen um

unser Schulwesen ein.

Für den Ausbau der

Kooperation von Gymnasium

i.E. und Realschule i.E. waren

die Integrationsbemühungen

praktisch gescheitert.

31

Konkrete Überlegungen für Holweide, Aus: Broschüre der ASL Köln (komplett auf unter www.geschichtswerkstatt-muelheim.de)

32

Die Schulen werden getrennt

Im Jahre 1969 waren die beiden kooperierenden Schulen auf insgesamt 6 Klassen ange-

wachsen und das Baracken-Zentrum zu klein geworden. Eine gemeinsame Unterbringung an

einem anderen Ort war wegen des allgemeinen Mangels an Schulraum nicht möglich. Eine

Zerschlagung der neu gegründeten Schulen in eine gemeinsame Erprobungsschule oder eine

gemeinsame Differenzierungsstufe (für die Klassen 9 und 10) und Aufteilung auf verschie-

dene Standorte war aus verschiedenen plausiblen Gründen Unsinn.

Es kam nur eine örtliche Trennung der gesamten Realschule von dem gesamten Gymnasium

in Frage. Damit war das faktische Ende der ersten Versuchsphase mit einer zunächst “koo-

perativen Schulform” Gesamtschule eingeleitet.

Vorgesehen für getrennte Standorte waren einerseits Schulbaracken in Köln-Holweide und

andererseits das Gebäude der inzwischen verlegten Berufsschule in Köln-Mülheim in der

Pestalozzistraße.

Danzierstr. 146a,Foto D. Heiermann, Rheinisches Bildarchiv, RBA L 16 167/1

Für die Realschule i.E. fiel das Los auf das Gebäude Pestalozzistraße. Gegen Ende des

Schuljahres 1968/69 erfolgte dann der Umzug. „Das Gebäude hat mich übrigens gesund

gehalten: der Bioraum war oben, der Chemieraum unten. Beim Stundenwechsel musste ich

Treppen laufen – rauf und runter. Fitnesstraining pur. Jetzt, nach dem Umbau zu einer

33

modernen Schule, ist sogar ein Aufzug eingebaut. Der Inklusion wegen. Es gab damals

allerdings noch kein drittes Stockwerk. Die Treppen hörten unter dem Speicher auf. Sehr zur

Freude einiger Schüler, die sich in den Pausen oben versteckten um Ruhe zu haben. Lehrer,

die Aufsicht führten, musste immer ganz oben nachschauen und die armen Kinder raus, an die

frische Luft, schicken.“ Miro Schmitz-Honhoff).

Bergischer Ring, Blick vom Bull Hochhaus, Foto: Stadtkonservator Köln, C. Körber-Leupold

Miro Schmitz-Honhoff stellte aber auch fest, „Die Gesamtschule Holweide lag in einem

anderen Viertel, wir fühlten uns nicht mehr zugehörig. Eine Abstimmung erbrachte, dass wir

als eigenständige Realschule in Köln Mülheim bleiben würden. Wir hatten das Kollegium, die

Schüler aus Stammheim, Holweide und Mülheim und das Gebäude lieb gewonnen.“

Die Realschule entwickelt sich

In den Schuljahren 1969/70 bis 1972/73 entwickelte sich die Schule sehr positiv. Das

Lehrerkollegium wuchs und war engagiert. Weltaufgeschlossenheit war ein Merkmal der

Schule. Ausländische Lehrkräfte – die Niederländerin Schmitz-Honhof und der Amerikaner

Kevin Casey – brachten internationales Flair in die Schule. Beide unterrichteten bis zur

Pensionierung in der Schule Pestalozzistraße.

34

Nicht nur die Schüler_innen waren begeistert, dass sie im Unterricht die Sendung „Sesame

street“ sahen, das damals noch englischsprachigen Original der „Sesamstraße“.29

Aus den Niederlanden nach Köln. Miro Schmitz-Honhoff erinnert sich

1969 lernte ich meinen Mann, Elmar Schmitz, kennen. 1971 haben wir geheiratet. Juni

1970 war klar, dass ich versuchen würde in Köln eine Stelle als Lehrerin zu finden.

Ich bekam vom Amt eine Liste mit Schulen, die mich gebrauchen könnten. Es herrschte

großer Lehrermangel. Die Schul-Auswahl war groß. Schon bei meiner 2. Bewerbung,

beim Herrn Port an der Aufbau-Realschule Holweide, konnte ich einen Vertrag

unterschreiben. Das erste halbe Jahr auf Stundenlohn Basis, auf Probe. Interessant

war, dass die Schule an der damaligen Pestalozzistraße stand. Sie gehörte aber zu der

noch zu bauende Gesamtschule Holweide. Herr Port stand offen für ausländische

Lehrkräfte. Er stellte auch Herr Casey aus den USA und eine Dame aus Peru ein. Das

gefiel mir gut.

Am 1. Februar 1971 wurde ich fest angestellt. Ich musste mich ans Deutsche

Unterrichtsystem gewöhnen. Eine Aufbau-Realschule bedeutet, dass ab Klasse 5

langsam eine Schule wachsen kann. Im nächsten Jahr gibt es die Klassen 5 und 6. Im

übernächsten 5,6 und 7. Da kam ich dazu und lernte sehr nette engagierte Kollegen

kennen: Frau Andert, Frau Meurer, Frau Wächter. In den Niederlanden hatte ich

schon an Montessorie-, Daltonschulen und auf einer Berufsschule Erfahrungen

gesammelt. Jetzt musste ich mich daran gewöhnen, alleine mit einer ganzen Gruppe

deutsche Schüler Unterricht zu gestalten. Da es noch wenige Lehrer gab, mussten wir

bereit sein alle Fächer zu unterrichten. Neben Mathematik und Biologie habe ich

Nadelarbeiten und die Technik des Webens eingeübt. Es war ganz schön lustig, da ich

viele Fehler im Satzbau und bei der Wortwahl machte. Es wurde mit Humor

genommen. Ganz im Anfang habe ich die Schüler auch gesiezt. Bis ein

Klassensprecher mich offiziell gebeten hat, doch zu duzen. Erst in der Gymnasialen

Oberstufe würde man siezen.

Allerdings waren nicht alle Kolleg_innen der Realchule gleich. Miro Schmitz-Honhoff nahm

an Fortbildungen teil und wurde Spezialistin für Sexualkunde und Drogenbeauftragte der

Schule. „Ein erstaunlicher Werdegang. An Fortbildungen, die mir das Recht auf eine höhere

29 startete am 10. November 1969 im US-Fernsehen, 5 Folgen sendeten NDR und WDR im April und Mai 1971, ab Januar 1973 wurden deutsche Fassungen hergestellt; https://de.wikipedia.org/wiki/Sesamstra%C3%9Fe, abgerufen 3.12.2016

35

Gehaltstufe gebracht hätten, durfte ich nicht teilnehmen. Aber die Verantwortung für eine

vernünftige Aufklärung und Erziehung wurde mir locker überlassen.“ Ein WDR-Interview mit

ihr ließ sich nicht genau datieren und daher nicht im WDR-Archiv finden.

Das Kollegium war inzwischen auch zahlenmäßig dem Lehrerbedarf einigermaßen angepasst.

(Man darf nicht vergessen, in diesen Jahren war der Lehrermangel allenthalben sehr groß.)

1970 (Bild: Port)

Die Lehrer_innen mussten auch Fächer unterrichten, die sie nicht studiert hatten. Miro

Schmitz-Honhoff berichtet:

Fortbildung war wichtig. Schon bald hatte ich das kleine und das große Goethe-

Diplom abgelegt. Ich nahm an einem Biologiekurs teil, nicht wegen der Biolo-

giekenntnisse, aber wegen der Sprachkenntnisse. Ich musste doch die richtigen

Begriffe flüssig benutzen können. Es folgten Mathematik und Chemie als Zusatz-

ausbildung für fachfremde Lehrer. So konnte ich auch Klassenlehrerin werden, da ich

jetzt mehr Stunden mit meinen Schülern verbringen konnte. Statt nur 2 Stunden Bio,

konnte ich jetzt dazu 4 Stunden Mathe und später auch 2 Stunden Chemie unterrichten.

Genug um „meine“ Klasse im Werdegang zu begleiten. Nächstes Jahr (2017) wird ein

Klassentreffen zum 40sten stattfinden!

36

Die Medienausstattung war – im Vergleich mit anderen Schulstandorten – recht ordentlich;

ein Tageslichtprojektor war selten, wir hatten einen. Sogar einen „Computer“, der eigentlich

für die von der Pestalozzistraße weggezogene Berufsschule vorgesehen war, durfte die

Realschule beschaffen lassen.

Es war ein programmierbarer Tischrechner

(Algotronic und 2 Lochstreifenstanzer /leser), der

wurde im Fach „Angewandte Mathematik“ und zu

Experimenten für die Leistungsüberprüfung der

Schüler stark eingesetzt wurde.

Unsere Versuche neue Wege zu gehen, weckte das

Interesse des damaligen Bezirksseminars für die

Ausbildung der Realschullehrer/innen, die den

Schulleiterzimmer 1970, mit elektrischer Schreibmaschine links (Bild: Port)

Einsatz ihrer Lehramtsanwärter/innen im Unterricht der Pestalozzi-Realschule ermöglichte.

So wurden die damals in den Schulen der Sekundarstufe I noch unterentwickelten Unter-

richtsformen der Partner- oder Gruppen arbeit verstärkt, die Partnerschaft Lehrer/Schüler

erweitert und die Lern- und Arbeitsmotivation für Lehrerkollegium und Schülerschaft

37

ohne Jahr (Bild: Port)

verstärkt. Sozial reversible Massnahmen und Entscheidungen wurden angestrebt.30

Alle Anstrengungen zur Innovation des Unterrichts und der Kooperationsmöglichkeiten

waren natürlich auch als Vorbereitung auf die zu erwartende Zusammenarbeit in einer

kommenden Gesamtschule gedacht.

In der GEW-Fachgruppe Realschulen arbeitete Port mit den Kollegen in diese Richtung:

30 vgl. Tausch/Tausch, Erziehungspsychologie. Begegnung von Person zu Person, Göttingen usw., 9. Aufl 1979, S. 170

38

Die GEW besichtigte einige der wenigen bestehenden Gesamtschulen, hier die in

Frankfurt/M.:

39

Port hatte die angesprochene Phase als eine Zeit echter Weiterentwicklung erlebt und es

später sehr bedauert, durch Umstände, auf die wir später zu sprechen kommen, nichts anderes

übrig blieb, aus diesem Aufbruch in neue Gebiete der schulischen Pädagogik auszuscheiden.

Allerdings versicherte ihm das sich verabschiedenden Kollegium, dass es befähigt und

gerüstet, dass es stabil genug sei, den eingeschlagenen Weg der Innovationen, konsequent

weiter zu gehen.

Kurze Erinnerung an eine schöne Zeit in der RS Danzierstraße Ca 1972-1975

Von Theda Beddies

Im Sommer 1972 kam ich an die RS Danzierstraße, aus einer sehr konservativ bis autoritär geführten

Schule. Was mir sofort auffiel und die folgenden Jahre prägte, war die andere Form der Schulleitung:

Konferenzen wurden in den Tagesordnungspunkten ergebnisoffen angelegt, Anregungen, auch wenn

sie für jene Zeit fast „revolutionär“ schienen, ausführlich diskutiert, jede Wortmeldung wurde ernst

genommen. Diese Art der Schulleitung übertrug sich auch in die Fachkonferenzen.

Im Fachbereich Deutsch haben wir den geltenden Lehrplan in einigen Klassen tüchtig berupft: alles

unter dem Motto: Wir wollen nicht nur kalten Humbold, sondern eine zeitnahe Schule.

Mit großer Mehrheit wurde zum Beispiel beschlossen, nicht nur klassische Literatur des 18. Und 19 Jh

zu lesen, sondern an die Stelle moderne Jugendbücher zu setzen, die teilweise von einzelnen Kindern

aus Klassen selbst vorgeschlagen wurden, oder Texte auszuwählen, die sich mit der jüngsten

deutschen Vergangenheit beschäftigen, z. B. „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“ von Judith Kerr

Der Schulleiter ließ uns gewähren und unterstützte uns in unserem Bemühen.

40

Judith Kerr, When Hitler Stole Pink Rabbit, engl. original 1971, Als Hitler das rosa Kaninchen

stahl, aus dem Engl. übertr. von Annemarie Böll, Ravensburg 1973. 1974 mit dem Deutschen

Jugendliteraturpreis als „herausragendes Kinderbuch“ ausgezeichnet, 1978 vom WDR für die

ARD verfilmt

Port war klar, dass der Standort Pestalozzistraße für die Aufbauzeit der Gesamtschule

Holweide für die Realschule die angenehmere vorteilhafte „kurzfristige“ Lösung sei.

Was in den weiteren Jahrzehnten aus der Schule an der Pestalozzistraße wurde, muss an

anderer Stelle berichtet werden.

Pestalozzistraße (Karte: www.openstreetmaps.org, 12 Bilder: Weigang)

41

42

Projekt der Schule mit der DB / Azubis gegen Hass und Gewalt

43

Druck aus den Behörden

Dass die Realschule damit faktisch aus der didaktischen Planung der neuen Schule ausschied,

wurde zurecht befürchtet. Es wurde mehr und mehr deutlich, dass Port als Vorsitzendem des

pädagogischen Planungsausschusses der Gesamtschule der Stuhl unterm Hintern – vermutlich

unüberlegt – weggezogen war. Dass er langfristig kaum Einfluss auf die Ausgestaltung der

Gesamtschulplanung nehmen konnte, sah man im Schulverwaltungsamt der Stadt ähnlich.

Inzwischen war über Nordrhein-Westfalen eine Gründungswelle für neu zu errichtende

Gesamtschulen hereingebrochen. Bereits 1969 hatten sieben Gesamtschulen in NRW den

Unterricht aufgenommen, sieben weitere in der Zeit bis November 1972. Das

Kultusministerium hatte keine klare Linie, wie die didaktische Planung institutionell und

personell geregelt werden sollte.

Mit einem Erlass vom 9. November 197031 griff der Kultusminister NRW mit stärkeren

Regulierungen in die Gesamtschulplanung ein. Für jede Gesamtschule wurde ein

“Didaktischer Ausschuss” eingerichtet. Der Ausschussvorsitzende wurde vom übergeordneten

Planungsausschuss gewählt und vom Kultusminister bestätigt.

31 Richtlinien für die Zusammensetzung und Arbeitsweise der Ausschüsse zur Planung von Gesamtschulen in NRW

44

Für die Gesamtschule Holweide wurde Port gewählt und die Wahl vom KM bestätigt.

Die Ausschussarbeit war sehr kooperativ. Die Vertreter der verschiedenen Schulformen und

die Wissenschaftler arbeiteten vertrauensvoll an einer allgemein akzeptierten Konzeption für

die Schule. Auch der Informationsaustausch mit Didaktischen Ausschüssen in anderen

Regierungsbezirken war ergiebig.

Von einer Unterrichtsaufnahme in Köln war jedoch noch lange nichts zu erkennen. Wiederum

liess sich das Ministerium dazu herab, erneut einzugreifen. Im November 1972 schickte es

neue Richtlinien an Schulen und Schulverwaltungen, worin vermerkt wurde:” Ziffer 3 –

Didaktischer Ausschuss” - der Richtlinien vom 9. November 1970 (siehe Fußnote 1) wird

aufgehoben. Es heißt weiter (in Ziffer 2):

“(Die bisherigen Erfahrungen und Vorarbeiten) verändern die

bisherige Funktion des Didaktischen Ausschusses dahingehend, dass

es nicht mehr seine Aufgabe ist, allgemeine und fachliche Teile eines

Curriculums für die Gesamtschule neu zu entwickeln, sondern die

vorliegenden Erfahrungen der bisherigen Gesamtschulen

aufzuarbeiten und auf diese Weise die zukünftigen Kollegen einer zu

errichtenden Gesamtschule auf ihre Tätigkeit vorzubereiten.”

Die Stadt Köln – als Schulträger – erstrebte, dass für alle Gesamtschulen der Stadt ein

abgestimmtes Konzept den Vorlagen nachempfunden werden und den zukünftigen Lehr-

kräften im Rahmen der Fortbildung vermittelt werden sollte.

45

Sie richtete einen einzigen Didaktischen Ausschuss für die Planung der – d.h. wohl aller –

Kölner Gesamtschulen ein. Für den Vorsitz wurde im Schulamt eine (städtische) Planstelle

A15 eingerichtet. Am 15.06. 1972 beschloss der Stadtrat (einstimmig), Port für diese Stelle zu

berufen. Finanziell gesehen eine attraktive Angelegenheit.

Allerdings ergaben sich aus der Regelung nach den Richtlinien vom 9. November 1970 und

Nov. 1972 “Planungslücken”. In Ziffer 3.1 des 1972er Erlasses ist geregelt, dass vor allem

zukünftig an der Gesamtschule tätige Lehrer in den Ausschuss aufgenommen werden sollten.

46

Als städtischer Verwaltungsbeamter - und zugleich ausgeschiedener Lehrer – wäre Port nur

ausnahmsweise und wahrscheinlich ohne Stimmrecht beteiligt worden.

Die Realschule befasst sich immer wieder mit der kommenden IGS

1972, also noch zu erwartende drei Jahre vor der Eröffnung des Schulbetriebs, sollten also

“die zukünftig an der Gesamtschule tätigen Lehrer” die Stammmannschaft des didaktischen

Ausschusses sein. Aber gerade in dieser Zeit konnte kein Mensch drei Jahre vor Eröffnung

des Schulbetriebs, vor allem kein Beamter, visionär vorausahnen, wieviel Planstellen eine

neue Schule hat und welche potentiellen Lehrkräfte die Schule haben wird. Eine namentliche

Benennung ist also faktisch unmöglich. In der Mathematik würde man sagen: Der didaktische

Ausschuss ist (vorläufig) ein Beispiel für eine leere Menge. Auch ein Vorsitzender ist kein

Element einer leeren Menge.

47

Für Port war die A15-Stelle wohl ein großzügiges Angebot der Stadt – nur wenig realistisch.

Er wäre – als Nicht-Zuständiger - regelrecht verschaukelt worden zwischen

Kultusministerium, Regierungspräsident, Schulträger und der Schule selbst.

Port resignierte und nahm die Stelle nicht an. Statt dessen bewarb er sich um eine freie

Dezernentenstelle als Oberschulrat beim Regierungspräsidenten in Köln, wo er dann (im

Oktober 1973) zum Zuge kam.

Die für Port vorgesehene Stelle im Schulverwaltungsamt der Stadt Köln wurde nicht wieder

besetzt.

48

„Port wird kaltgestellt“

Nach diesen Ereignissen kam es unter ehemaligen Schülern zu dem Gerücht “ Port wird

kaltgestellt“. Offensichtlich weil im „Heimatbuch Holweide“32 , das 1988 erschienen war, die

Gründung eines Gymnasiums Holweide erwähnt, die gleichzeitige Gründung der Realschule

Holweide jedoch ausgelassen wurde. Auch die von der Stadt Köln geforderte enge integrative

Zusammenarbeit von Realschule und Gymnasium Holweide und die Vorarbeit der Realschule

für die Gesamtschule werden im Heimatbuch nicht erwähnt.

Falsch ist dort auch, dass das Provisorium der Schule auf dem Gelände des Gymnasiums

Thusneldastraße errichtet worden sei. Vielmehr war es das Gelände des großen

Berufsschulkomplexes in Köln-Deutz, wo die „Pavillons” bis Anfang 2017 benutzt und dann

abgerissen wurden. Die gesamte Einrichtung, Schulleiter- und Lehrerzimmer, Klassenräume,

Lehr- und Lernmittel waren der Realschule zugeordnet. Selbst das gemeinsam benutzte

Schultelefon wurde dem Etat der Realschule entnommen. Es wurde nie artikuliert, dass damit

Vorrechte oder Nachteile für je eine der beiden Schulen verbunden waren. Was die

Inventarisierung anbelangt, entfiel die Verwaltungsarbeit auf die Realschule - für den

Schulträger war das einfacher.

Die Aufbauarbeit des Lehrerkollegiums und einer hochmotivierten überwiegend Holweider

Schülerschaft der Realschule fällt im „Heimatbuch“ leider unter den Tisch. Der Bericht

beruht gewiss auf der Kenntnis/Unkenntnis der dort genannten Kollegin, die 1967 bis 1969

noch nicht dem Gründungskollegium der geplanten Gesamtschule Holweide angehörte.

32 Heimatbuch Holweide, herausgegeben von der Bürgervereinigung Köln-Holweide e.V., Köln 1989, Seiten 125 f.

49

Später lässt dieselbe Zeitzeugin Heinz Lehmbruck Ungenauigkeiten zur frühen Geschichte

von Realschule/Gymnasium und IGS behaupten33. In einer anderen Schrift unterschlägt sie

die konzeptionelle Vorarbeit durch die Realschulkolleg_innen ebenfalls34. Sie wiederholte

2015 zum 40jährigen Bestehen der Gesamtschule, „Holweide war eine Dependance des

Thusnelda-Gymnasiums“. Angeblich lernten die Schüler „in Baracken, neben denen die

Gebäude der Gesamtschulen gebaut wurden.“35

Neue Planungsgruppen

Bleibt zu erwähnen, dass die bisherige Mitarbeit der Lehrerkollegien aus Hauptschule,

Realschule und Gymnasium im Didaktischen Ausschuss keine rechtlich geregelte Grundlage

mehr hatte.

Die Zeit zwischen der Auflösung der Didaktischen Ausschüsse 1972 und der Neuaufnahme

der didaktischen Planung Mitte 1974 (mit geänderter Zielsetzung) verunsicherte die weiterhin

interessierten LehrerInnen, vor allem der Hauptschulen und Realschulen.

Die Gymnasiallehrer_Innen waren quasi “geborene” Mitglieder des für 1974

vorgesehenen Didaktischen Ausschusses, denn das Holweider Gymnasiums war ab 1975

im neuen Gesamtschulgebäude und sollte dort auslaufen. Die Kolleg_Innen erwarteten

eine weitere Beschäftigung in der IGS.

Diese Gewissheit bestand für die Lehrer der Realschule nicht mehr, obwohl sie schon

teilweise schon 1967 dem Schulträger ihre Zustimmung gegeben hatten, eine Planstelle in

der Gesamtschule zu übernehmen.

Die Verunsicherung der Hauptschul – und Realschullehrer, die ihre Motivation mitzuarbeiten

in Frage stellten, drängte nach einer neuen Konzeption zur weiteren Planungsarbeit.

Inzwischen erkannte auch der Schulträger, die Stadt Köln, den Handlungsbedarf und suchte

nach Zwischenlösungen.

33 Heinz Lehmbruck, Das Elend der Chancengleichheit. Gesamtschul-Bewegung in Köln, in: Die Stadt, das Land, die Welt verändern! Die 70er/80er Jahre in Köln - alternativ, links, radikal, autonom, hg. v. Reiner Schmidt, Anne Schulz und Pui Schwind, Köln 2014, S. 292 – 295. Siehe auch http://stadtlandwelt.org/ 34 Anne Ratzki, Wolfgang Keim, Michael Mönkemeyer, Barbara Neißer, Gudrun Schulze-Wensky, Hermann Wübbels, Hg., Team-Kleingruppen-Modell Köln-Holweide. Theorie und Praxis, Frankfurt 1996 (= Studien zur Bildungsreform, Bd,. 28), S. 42-64, bes. S. 42. Vgl. http://www.gehw.de/jts/index.php/profil/team-kleingruppen-modell, http://www.igs-holweide.de/seiten/schulprogramm/800/1.html und https://de.wikipedia.org/wiki/Team-Kleingruppen-Modell, alles abgerufen 18.2.2017 35 Kölner Stadtanzeiger vom 25.5.2015, ksta.de/koeln/bildung-in-koeln-das-erfolgsmodell-gesamtschule-feiert-jubilaeum-1150146, abgerufen 18.2.2017

50

In Beratung mit Mitgliedern der bisherigen Didaktischen Planungsausschüsse wurde die Idee

geboren, sich um andere mögliche Ausschüsse der Zentralen Planungsgruppe zu bemühen.

Ohne Genehmigung durch das Kultusministerium würde sich jedoch das entstandene Vakuum

im “TOP-DOWN” der Planungsarbeiten vergrößern, beurteilten die Vertreter der bisherigen

Planungsgruppen im Kölner Raum die Situation.

So schrieben denn die Vertreter der (alten) Didaktischen Ausschüsse,

* Herr Wieners für die Geamtschule Porz,

* Herr Heineke für die Gesamtschule Berg. Gladbach und

* Karl Port für die vier Kölner Gesamtschulen

beherzt einen Brief an den Kultusminister und regten eine Tagung an, in der die weiteren

Planungsschritte erörtert, beschrieben und fixiert werden sollten. Das Ministerium zog bald

die Konsequenzen und organisierte eine Gesamtschultagung in Köln, die vom 07.06. bis

09.06. 1972 stattfand.

Die an den geplanten Erlassen beteiligten Referenten (aus dem Kultusministerium und den

arbeitenden Gesamtschulen) referierten über die weitere Ausgestaltung des nordrhein-

westfälischen Gesamtschulversuchs.

Es referierten:

o Kultusminister Jürgen Girgensohn

über die derzeitige Schulpolitik in Bund und Land

o Dr. Rommel

über die Schwerpunktverlagerung der Didaktischen Planung

o Dr. Edelhoff (Gesamtschule Fröndenberg)

über Differenzierung und Integration in der Gesamtschule,

im wesentlichen übereinstimmend mit seinem Beitrag im beigefügten Heft (Anlage ..)

o LMR Schumacher

über Organisationsstrukturen in der GS

o Prof. Reiff (PH Ruhr, Abt. Dortmund)

über Sozialisation in der GS.

Als Protokollführer durfte Port die behandelten pädagogischen und organisatorischen

Gesichtspunkte zusammenfassen. Sie sind wiedergegeben im 2. ergänzenden Bericht der

Stadt Köln zur Gesamtschulplanung vom 20.6.1972.

51

Die angekündigten Erlasse ließen jetzt nicht mehr auf sich warten. Sie sind in einem

Sammelband “Gesamtschule in Nordrhein-Westfalen”, Juni 1973, Seiten 27 ff. veröffentlicht.

(Evtl. Als Anlage beifügen)

Eine erste Konsequenz aus den Neuregelungen war die Einberufung der “Zentralen

Planungsgruppe” – für ihre 5. Sitzung am 27.09. 1973. Hier das Einladungsschreiben mit

Tagesordnung und aktualisiertem Verteiler (Mitglieder der Zentralen Planungsgruppe):

52

Für die GS Holweide beschloss das Gemium u.a. eine Projektgruppe „Organisations- und

Struktur-Ausschuss für die GS Holweide“. Eine erste Tagung fand am 18.09.1973 statt. Dazu

berichtet das Protokoll:

53

An Protokoll und Teilnehmerliste erkennt man:

1. Es gibt keinen ständigen Vorsitzenden, stattdessen das “Rotationsprinzip”.

2. Je 2 LehrerInnen vertreten hier ihre Schulform (HS, RS, Gym.)

3. Ein Mitarbeiter des Schulverwaltungsamtes vertritt den Schulträger.

Nach und nach wurden für den Standort Holweide die konkret anstehenden Organisations-

und Strukturierungaufgaben reflektiert. Da die Wiederaufnahme der Planung in den

Didaktischen Ausschüssen – gemäß Erlass – erst Mitte 1974 möglich war, war die

Projektgruppe für Holweide eine sinnvolle Zwischenlösung für das anstehende Vorhaben.

Nach Ports Ausscheiden aus diesem Projekt wurde die RS Holweide in der Projektarbeit

vertreten durch Herrn Spannaus und Frau Andert.

Die kommende IGS blieb also bis 1975 ein Thema für die Realschule Holweide. Karl Port

informierte in Elternversammlungen über das kommende Schulmodell und ihre Vorteilefür

die Schüler_innen:

54

55

56

57

Kollegen der Realschule besuchten im Juli 1974die Baustelle der IGS in Holweide:

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Karl Port erlebt Druck von links

Was mich zum Resignieren veranlasste, war etwas anderes: Wegen mangelndem Konsens in

der kollegialen Zusammenarbeit bei der bisherigen Gesamtschulplanung hatte ich die Nase

voll.

Es ist heute, 2017, vielfach in Vergessenheit geraten, dass die Gründungszeit der Realschule

Holweide als ein „Prototyp“ der Gesamtschule in die sogenannten 68er Jahre fiel. Kollegiale

Zusammenarbeit war bislang in den Gremien der Lehrergewerkschaft (GEW) als

Solidargemeinschaft gepflegt worden. Über viele Jahre gelang es, die demokratischen

Spielregeln im Gewerkschaftsleben zu beachten.36

Es war nun die Zeit gekommen, dass die parteipolitisch neutrale Lehrergewerkschaft GEW,

die SPD und auch die FDP, die damals die einzige Oppositionspartei gegenüber der „Großen

Koalition“ (Kabinet Kiesinger) war, durch verschiedene außerparlamentarische (braver oder

radikaler) Strömungen „ideologisch unterwandert“ wurden.

Unter starkem Einfluss des Kölner „Republikanischen Clubs“, dem damaligen Forum der

aufmüpfigen Jugend, bildeten sich die sogenannte Basisgruppen37:

die StaMoKap (Gruppe der Staatsmonopolkapitalisten) überwiegend in GEW, SPD und FDP,

überwiegend außerhalb davon die Trotzkisten (nach Leo Trotzki benannt) und Gruppen der

Undogmatischen Linken und Anarchisten. Sie waren auf dem Weg zu einer anderen Republik.

Sie galten als verfassungsfeindlich und wurden zum Teil vom Verfassungsschutz beobachtet.

Die fast ein Jahrhundert alte Bewegung der in Gewerkschaft und SPD (und auch in der

Zentrumspartei und bei den Liberalen) engagierten Lehrer als „Solidargemeinschaft“ zerfiel

nun in kämpferisch auftretende ´ferngesteuerte´ Zerwürfnisgruppen und dem „altbackenen` -

konservativen Rest“.

36 Auch wenn die Geschichte der GEW und ihrer Vorläufer bis 1945 vielfach unter den Teppich gekehrt wurde. Vgl. https://www.gew.de/aktuelles/detailseite/neuigkeiten/gew-arbeitet-ihre-geschichte-auf und dort die Bibliografie von Jan Kellersohn https://www.gew.de/index.php?eID=dumpFile&t=f&f=50302&token=d3e71ce3107938bd583f27a7d0b221b9bf159291&sdownload=&n=Kellershohn_-_Bibliographie_inkl_Abstracts.pdf 37 https://de.wikipedia.org/wiki/Stamokap¸ https://de.wikipedia.org/wiki/Trotzkismus#im_deutschsprachigen_Raum, und https://de.wikipedia.org/wiki/Undogmatische_Linke , abgerufen 17.2.2017

59

In der Kölner Gesamtschulplanung liefen die Arbeiten so lange gut, wie keine feindliche

Übernahme durch Infiltrationsgruppen die Gewerkschaften, die SPD und auch die FDP

ersetzten. In Fragen der Planung waren Kollegialität und Solidarität (auf freiwilliger Basis)

selbstverständlich äußerst wichtig. Die Planenden brauchten kein „Imperatives Mandat“, wie

bei den Basisgruppen praktiziert.

In den Gesamtschul-Planungsgruppen engagierten sich nach und nach mehr Lehrer*innen,

deren Interesse mehr auf dem Gebiet allgemein-politischer Veränderung lag, als hinsichtlich

pädagogischer Erneuerung. So bekamen „Basis-Gruppen“ speziell verstärkten Einfluss auf die

Planung der Gesamtschule Holweide (Beispiele spare ich mir hier aus; ich müsste Namen

nennen!).

„Erst Feuer legen, dann als erster da sein, um zu löschen“ war das bekannte Motto der

linkslastigen Lehrergruppen. Die hatten erst für ein undifferenziertes Großgruppenprinzip

plädiert und dann den Versuch beendet, um das Kleingruppenmodell für 12 unabhängige

Kleingruppen pro Jahrgang in der Gesamtschule einzuführen. Karl Port ging der Hut hoch!

Kaum jemand – außerhalb seiner oder einer noch älteren Altersgruppe – hatte jemals

einklassige oder wenig gegliederte Schulen (natürlich außerhalb Bayerns) kennen gelernt.

„Ich erinnere mich daran, dass in der Volksschule meines rheinischen Heimatortes –

naturgemäß – koedukativ Mädchen und Jungen, katholische, evangelische, auch jüdische

Schüler zusammen mit geistig oder anderweitig behinderten Schülern integrativ und inklusiv

gemeinsam lernten“, berichtet Port: Aber in einer großen 12-zügigen Gesamtschule – evtl. in

Großräumen?

„Weniger praktikable Pädagogik dafür aber mehr linke gesellschaftliche Argumentation – was

sollte ich da noch?“ Karl Port zog sich aus der Planungsgruppe zurück. Aus der Sicht der

Schulaufsicht konnte er die Entwicklung der Gesamtschule gut beobachten. Erfreulicherweise

arbeiteten die Kollegen der Realschule Holweide aktiv und einfallsreich an der Planung und

Bauausführung der IGS Holweide weiter mit.

In der Planungsgruppe Holweide liefen die Diskussionen um das Großraum- bzw.

Großgruppenprinzip, an denen Port noch teilgenommen hatte. „Nieder mit den störenden

Mauern, die „kommunikationsfeindlich“ seien und die angestrebte politische Offenheit

beeinträchtigen könnten und die für „Geheimdiplomatie“ förderlich seien. Die

„Sponties“ forderten einen Großraum mit niedrigen Stellwänden für die gesamte Schulleitung,

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also für mindestens neun Pädagogen. Die Stadtverwaltung verwarf diesen Vorschlag als

realitätsfremd, den Persönlichkeitsschutz von Lehrkräften, Schülern und

Erziehungsberechtigten störend. Außerdem gab es basisbeeinflußte divergierende

Diskussionen, ein undifferenziertes, etwa nackte Schulforum (als Pausenraum) oder eine

Räumlichkeit für Multifunktionalität zu installieren. Die Diskussion um die bessere Lösung

endete damit, dass für die Gesamtschule Holweide eine unauffällige Strukturierung des

Großraums erreicht wurde, dass z.B. auch Theateraufführungen professionell ermöglicht

wurden.

Premiere: Die erste Schülerzeitung

Zum Schulbazar am 11. März 1972 wurde von einigen Schülern die Idee realisiert, dass es endlich eine Schülerzeitung an der Realschule geben sollte. Es war schon ziemlich improvisiert: Sie bestand aus 3 doppelseitig „bedrucktem“ und zusammen gehefteten Matrizenkopien in der üblichen blassblauen Schriftfarbe. Sie hatte eine Auflage von 400 und kostete 20 Pfennige. Leider ist das Exemplar, das noch in meinem Besitz ist, so in Papier und Matrizendruckqualität (damals roch es noch kräftig nach irgend einer Alkohollösung) so lädiert, dass man es nicht kopieren, fotografieren oder scannen kann. Deshalb habe ich hier nur die Möglichkeit Textpassagen zu zitieren.

Die Redaktion bestand aus 9 Schülern der Klassen 6 bis 9. Dies waren; Wolfgang Weber (9a) Sportteil; Hartmut Schramm (9a) Panorama und Aktuelles; D. Henning (6b) Redakteur für die jüngeren Schüler; Tom Thomas (9a) Aktuelles und Kleinartikel; Frau Gaudigs (Vertrauenslehrerin) Redakteurin für Literatur; Hans-Rainer Brandt (9a) Unterhaltung; Gunter Tolkmitt (8b) Aktuelles und Leitartikel; Friedhelm Piepke (9a) Panorama und Stephan Gatter (9a) Aktuelles und Leitartikel.

Hier nun einige Artikel aus der ersten Schülerzeitung an unserer Schule.

PREMIERE:

„Schon lange wurde es gewünscht und öfters in der SMV vorgeschlagen, eine eigene Schülerzeitung zu gründen. Nun ist es soweit!!! Heute, am 11.3.1972, ist die Welturaufführung unserer Schülerzeitung. Ihr werdet euch fragen, wieso gerade heute? Wir

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haben mit Absicht diesen Termin gewählt, denn heute fallen damit zwei wichtige Ereignisse aufeinander: Der Bazar und die Premiere unserer Schülerzeitung.

Wir haben uns auf einige Grundprinzipien geeinigt. Unsere Hauptaufgaben und Verpflichtungen sind:

Eine moderne Zeitung herauszugeben.

Moderne, konservative, „linke“ wie „rechte“ Meinungen unparteiisch weiterzugeben.

Die Interessen der jüngeren Schüler nicht zu vernachlässigen.

Die Meinung von Lehrern wiederzugeben, auch wenn wir uns mit diesen nicht solidarisch erklären.

Ein Nachrichtenorgan der SMV zu sein.

Kritisch und objektiv zu schreiben.

Über politische Ereignisse zu berichten.

Ab und zu etwas Lustiges oder „Lachhaftes“ über Schüler und Lehrer zu berichten.

Über technische Ereignisse der Schule zu berichten.

Den Preis der Schülerzeitung so niedrig wie möglich zu halten.

Wir sind ein Redaktionskollektiv und treten geschlossen für unsere Artikel und Meinungen ein.

Neben den aktiven Helfern möchten wir besonders Herrn Port, Frau Wächter, Frau Gaudigs sowie Herrn Leinert danken. Wir hoffen, dass euch diese Zeitung gefällt.

(Stephan Gatter)

(Quelle: Seite 1 und 2 der Schülerzeitung vom 11.3.1972)

DAS INTERVIEW:

„Die Redaktion: Was halten Sie, Herr Port, von der neuen Schülerzeitung?

Herr Port: Ich bin der Meinung, daß in der Schülerzeitung Schülern, Eltern und Lehrern die Gelegenheit gegeben werden sollte, ihre Meinung darzulegen. Durch die Schülerzeitung ist eine gute Möglichkeit für den Schüler gegeben, seine Meinung zu verbreiten. Man sollte deshalb eine Meinungs- und Kritikecke in der Zeitung schaffen. Ich bin selber daran interessiert, daß auch den Lehrern Gelegenheit gegeben wird, ihre Meinung darzulegen. In der Zeitung sollte Gelegenheit sein, in offener Weise Meinungsverschiedenheiten

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auszutragen. Die Zeitung sollte auch Mitteilungen der SMV, an Lehrer und Schüler, veröffentlichen.

Die Redaktion: Was meinen Sie dazu, daß auch schulpolitische und weltpolitische Themen behandelt werden?

Herr Port: Ich bin der Meinung, man sollte grundsätzlich solche Themen behandeln. Jeder hat das Recht, sich eine eigene Meinung zu bilden und sie frei darzulegen. Aber es sollte keine parteipolitische Information damit verbunden sein, denn es könnte bald zu einer ungewollten Manipulation der Meinung kommen.

Die Redaktion: Meinen Sie, daß der Preis der Schülerzeitung richtig ist?

Herr Port: Ich finde, das kann man erst nach der Bilanz am 13.3. sagen. Aber ich empfehle Euch sich an Herrn Tutt zu wenden. Vielleicht ist von ihm finanzielle Hilfe zu erwarten, damit der Preis der Schülerzeitung so niedrig wie möglich gehalten werden kann.

Die Redaktion: Vielen Dank für dieses kurze aber interessante Gespräch.

(Quelle: Seite 1 und 3 der Schülerzeitung vom 11.3.1972)

Interessant ist auch der Artikel des Redakteurs für die jüngeren Schüler:

ZU VIELE STUNDEN!

„Wir haben zuviel Stunden in der Woche. Nachrechnungen haben ergeben, daß wir mit schriftlichen Hausaufgaben eine 40 und mehr Stundenwoche haben. Jetzt eine Frage von mir: Wann spielen Wir? In der Nacht? Während der Schulstunden müssen wir fit sein. Kein Wunder, daß die Leistungen immer schlechter werden. Oder wenn wir nicht aufpassen, bekommen wir Strafarbeiten. Ist das gerecht? Nein, deswegen sollten die Lehrer nicht so streng sein. (D.Henning)

Anmerkung: Auch die Lehrer können nicht dafür, daß wir nun leider in einer Leistungsgesellschaft leben. Außerdem ist es erwiesen, daß die Hausaufgaben ihre Wirkung nicht erreichen, also etwas fehl am Platze sind. (Die Redaktion)

(Quelle: Seite 4 der Schülerzeitung vom 11.3.1972)

DIE PROBLEME EINER SCHÜLERZEITUNG

„Unsere Schülerzeitung, die heute zum ersten Mal erscheint, ist mit großen Problemen

erschienen. Es war uns zum Beispiel nicht möglich, eine Zeitung im Buchformat heraus

zugeben, da unser Kapital noch zu gering ist um die Kosten eines solchen Druckes

aufzubringen. Darum sind die Seiten auch nur zusammengeheftet. Doch das ist nicht so

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wichtig. Wichtiger ist wohl der Inhalt der ersten Zeitung. Wie im Leitartikel schon gesagt,

wollen wir nicht nur eine schulpolitische Zeitung herausgeben, sondern auch andere

Probleme behandeln. Es können auch von den Schülern Vorschläge gemacht werden, was

die zu behandelnden angeht. Wir wollen auch eine für die jüngeren Schüler unserer Schule

verständliche Zeitung herausgeben. Deshalb warten wir auf Beiträge unserer jüngeren

Schüler. Wir werden uns alle Mühe geben, das schon die zweite oder dritte Ausgabe der

Zeitung im Buchformat erscheint. Dazu brauchen wir Unterstützung der Schüler, die mit

Geldspenden oder Kauf der Zeitung dazu beitragen würden. Unsere größte Sorge ist, daß

die Zeitung bei allen Schülern Anklang findet. Um die Zeitung nach dem Geschmack der

Schüler zu gestalten, brauchen wir eure Kritiken über unsere Themen. Die Kritiken können

bei jedem Redaktionsmitglied abgegeben werden oder an St. Gatter, 5-Köln-91,

Winterberger Str.24, Tel. 877487, geschickt werden. Nun wünschen wir Euch gute

Unterhaltung beim Lesen unserer ersten Schülerzeitung. (Wolfgang Weber 9a)

(Quelle: Seite 6 der Schülerzeitung vom 11.3.1972)

Weitere Artikel wurden über die Fußballmeisterschaften der Klassen (Wolfgang Weber 9a), Schach in der Freistunde (Wolfgang Weber 9a), die Hofreinigung (Tom Thomas 9a) geschrieben. Hinzu kamen die Vorstellung der Angebote der einzelnen Klassen auf dem Bazar, eine Menge Ostfriesenwitze und ein Kreuzworträtsel.

DAS GERÜCHT!

„Laut neuster Meldung hat sich das Gerücht als Unwahrheit erwiesen, daß Frau Wächter die Korrekturzeit der Englischarbeiten von zwei Monaten auf einen Monat verkürzt.“

(Quelle: Seite 1 der Schülerzeitung vom 11.3.1972)

EINE BITTE

„Wir bitten euch um euer Verständnis für auftretende Schreibfehler. Wir haben drei Nachmittage an der Zeitung gearbeitet und gerieten in grossen Zeitdruck. Wir können nämlich alle keine Schreibmaschine, man sieht es.“

(Quelle: Seite 1 der Schülerzeitung vom 11.3.1972)

64

1973 ist der erste Durchlauf der Realschule komplett

Im Sommer 1973 waren sechs Schuljahre seit Errichtung der Schule vergangen. Der Entlass -

Jahrgang war der Jahrgang, der im Gründungsjahr der Schule die Eingangsklassen gebildet

hatte. So böte sich in der Abschiedsfeier Gelegenheit, Rückschau auf die ersten Jahre der

Schule zu halten – dachte Port.

Wer sich an die 68-er Jahre der aufmüpfigen Jugendlichen erinnert, weiß, dass es den

Abschlussschüler/innen überdrüssig war, gefeiert und beweihräuchert zu werden und mit dem

bombastisch überladenen Firlefanz herkömmlicher Feiern geneckt oder gelangweilt zu sein.

Mädchen wurden Stadtmeister der Realschulen

Schon meine Mutter (geb 1923) hatte in der Schule Hauswirtschaftsunterricht - mein

Abschlußjahr war 1975 und im letzten Jahr war ich Schulsprecherin und davor auch

Manschaftskapitän des Mädchen-Volleyballteams –

wir wurden sogar Stadtmeister der Kölner Realschulen. (Urkunde blieb bei der Schule)

Unvergessen: unsere Trainerin Frau Schabram (Aderhold)! Es wäre sehr schön, Leute von

damals zu treffen und wenn ich mich nicht irre, ist Herr Port doch auch zu meiner Zeit

der prima Schulleiter gewesen!?

Irene Schmalen, geb. Fings

So entwarf Port als Schulleiter für den Fall, dass es trotz aller bedeutsamen Überlegungen in

der Schülerschaft doch zu einer tradierten Gestaltung der Abschlussfeier kommen würde,

eine Rede, von der er heute nicht mehr genau weiß, ob er sie gehalten hatte. Zur

Zusammenfassung des Schuleiters über das Schulleben der letzten sechs Jahre hatte er im

Konzept seine Gedanken fixiert, gedacht auch als Versuch einer Bilanzierung des kleinen

Schulversuchs.

Wer den folgenden Text studiert, erkennt bald, mit welcher Unsicherheit Port an die

Formulierung ging:

65

66

Stephan Gatter beschreibt das politische Klima zu Beginn der 1970er Jahre:

67

1972 war ein spannendes Jahr - auch für die Schüler der Realschule

1972 war ein bemerkenswertes Jahr in der deutschen Politik und in der Geschichte der Bundesrepublik. Auch für die älteren Schüler der Realschule Pestalozzistraße. Mit der sozial-liberalen Koalition seit 1969 erstmals ein Sozialdemokrat Bundeskanzler: Willy Brandt.

Im Laufe der Neuen Ostpolitik, die mit dem Erfurter Gipfeltreffen 1970 symbolträchtig begann, setzte sich mit dem Abschluss der Moskauen und Warschauer Verträge sowie das Viermächte-Abkommen über Berlin und das Transitabkommen mit der DDR fort. 1972 kam es dann in Vorbereitung eines Grundlagen-vertrages, mit dem das Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR neu festgelegt werden sollte, zu einem politisches „show-down“.

Nachdem drei FDP-Abgeordnete und ein SPD-Abgeordneter zur CDU/CSU-Fraktion gewech-selt hatten, wurde die politische Auseinander-setzung um den Grundlagenvertrag immer größer. Das war auch für uns Schüler spannend. Wir waren empört darüber, dass diese Abgeord-neten ihr Bundestagsmandat „mitgenom-men“ hatten. Es gab neue Formen der politi-schen Diskussion mit Wählerinitiativen, Anzei-genserien, Autoaufklebern und politischen Kunstplakaten. Auch der Button wurde erstmals massenhaft getragen. Neben den Parteien mischten Bürger, Künstler und auch Schüler in der Auseinandersetzung mit. So auch auf unserer Schule.

In einem „Extrablatt“ unserer neuen Schüler-zeitung hieß es: „Die Redaktion protestiert gegen das Verhalten der CDU/CSU und spricht der Regierung ihr Vertrauen aus. Die Redaktion erklärt sich geschlossen verantwortlich für dieses Extrablatt. Beschwerdebriefe sind an zur

SMV zu schicken.“ (Quelle: S. 2 des Extrablattes vom April 1972)

Nachdem am 23. April 1972 noch ein FDP-MdB aus der Fraktion ausgetreten war und zwei weitere FDP-Abgeordnete erklärten, Willy Brandt nicht mehr zu unterstützen, reichte die CDU/CSU-Fraktion am 24. April 1972 den Antrag auf ein konstruktives Misstrauensvotum im Sinne Artikel 67 Grundgesetz ein. Darüber wurde drei Tage später im Bundestag abgestimmt. Blieb Willy Brandt Bundes-kanzler oder wurde es Rainer Barzel?

Als Schulsprecher beantragte ich bei Direktor Karl Port, dass die Jahrgänge 8 und 9 die Liveübertragung dieser Bundes-tagssitzung im Fernsehen verfolgen durften. Es wurde genehmigt und der Schulfern-seher aufgebaut. Von den Schülern wurde Beifall geklatscht, gebuht und heftig disku-tiert. Das Ergebnis überraschte dann doch enorm. Rainer Barzel erhielt nur 247 Stimmen. Zur absoluten Mehrheit hätte er die sicher geglaubten 249 Stimmen benö-tigt. Damit war das erste konstruktive Misstrauensvotum in der Geschichte der Bundesrepublik gescheitert. Der Jubel der Schüler war dementsprechend.*

Das trotz der Niederlage Barzels weiterhin ein Patt im Bundestag vorhanden war, führte dann zur Neuwahl am 19. November 1972. Wir Schüler durften damals wegen dem Wahlalter nicht mitwählen, obwohl 1970 das aktive Wahlalter von 21 auf 18 Jahre herabgesetzt wurde. Aber von uns Schülern war noch keiner 18 Jahre alt. Mit einer gesicherten großen Mehrheit wurde dann der Grundlagenvertrag mit der DDR am 21. Dezember 1972 im Bundestag angenommen.

* Auch Martin Schulz (SPD) sah diese Sendung in seiner Schule live in der vollbesetzten Aula seiner Schule. Nur er und ein weiterer Schüler applaudierten zum Abstimmungsergebnis und das tat seiner weiteren Schullaufbahn nicht gut.

68

Abschlussfeier 1973:

Karl Port | Herr Neff

Miro Schmitz-Honhoff | Irene Wächter

Burkhard Demming, Jürgen Asselborn | Wolfgang Graap

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Hella Wolff-Kamper | Herr Evertz

Frau Gaudigs, Karl Port | Frau Schmitz-Honhoff, Elke Bögemann

Herr Evertz, Herr Neff | Bilder Abschlussfeier: Dieter Weigang

70

Abschlusszeugnis 1973:

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Als dann Ports dienstlicher Wechsel in die Bezirksregierung Köln feststand, verabschiedete er

sich von der Schülerschaft mit einer Rede bei der Entlassungsfeier des ersten aufgenommenen

Schülerjahrgangs (siehe oben).

Bierzeitung einer Klasse 10 b

Außerdem richtete Port die folgende Ansprache an die KollegInnen und MitarbeiterInnen –

hier in Auszügen:

Liebe Kollegen und Kolleginnen, meine Damen und Herren,

Seit etwa 4 Jahren befasste ich mich, zwar nicht regelmäßig, so doch hin und wieder, mit dem Gedanken, meine Dienststelle zu wechseln.

72

Angeregt dazu wurde ich durch mit mir gut vertraute Kollegen, die meinen, etwas dafür tun zu müssen, dass in der Schulverwaltung mal frischer Wind nützlich wäre, nicht jedoch, um mich aus meinem Arbeitsfeld zu verdrängen, was man vermuten kann, da es im Schuldienst leider wenig freie Beförderungsstellen gibt, auf die manche interessierte Kollegen oft über viele Jahre warten müssen.

Aus dem Kreis der Lehrerkollegen, die mich aus meiner Tätigkeit als Vorsitzender der Kölner Fachgruppe Realschule in der GEW und als Leiter von Ausbildungskursen im Fach Mathematik kannten, wurde häufig angeregt, dass ich mich um die Nachfolge des aus dem aktiven Dienst auscheidenden Oberschulrats Ihmig bemühen solle.

In meinen Überlegungen schwankte ich lange, vor allem weil das, was ich ich aufzugeben hatte, mir so wertvoll erschien, dass ein Wechsel nicht angebracht sei. ….

In dieser Situation hilft wahrscheinlich nichts anderes als einzugestehen, dass ein personeller Wechsel der Schule unter Umständen gut tut.

Kölnische Rundschau v. 14.2.1974

Wo personeller Wechsel stattfindet, wird die Möglichkeit geboten, dass sich andere zur Persönlichkeit profilieren.

Ich glaube, dies auch an Herrn Spannaus erkennen zu können, der mit großer Wahrscheinlichkeit die Leitung der Schule übernimmt. (Der Schulausschuss der Stadt hat dem bereits zugestimmt.)

Aus der Kenntnis der Kollegenschaft dieser Schule schließe ich, dass ein gutes Team die Erziehungsarbeit weiterhin mitträgt. Vielleicht wird dadurch ermöglicht, dass der Prozess, der zu einem sozial-integrativen Erziehungsstil führt, weiter anhält.

73

Dem Kollegium meinen herzlichsten Dank und meine Anerkennung für die bisher in hervorragender Weise geleistete Arbeit.

Ohne die Schaffung eines angenehmen äußeren Rahmens ist eine gute Zusammenarbeit zum Zweck der bestmöglichen Erziehung unserer Schüler kaum denkbar.

Für die Bewältigung vieler Probleme in diesem Rahmen danke ich …...(Namen der Putzfrauen), besonders aber Familie Leinert (Hausmeister-Ehepaar), Frau Berger, die bei ihrer Tätigkeit als Sekretärin den Kontakt zu allen Personengruppen (Schüler, Schülereltern, Schulpersonal) hält,

besten Dank für einen glänzend bewältigten (inneren ) Verwaltungsdienst.

Ihnen allen.....( Ausdruck des Dankes) ------

Ports kollegiales Verhältnis zur Realschule Pestalozzistraße blieb ungebrochen; er war wegen

des Wechsels weg von der Schule hin in die Schulaufsicht nicht sehr angetan: „Ich fühlte

mich wie ein Fußballspieler der 1. Bundesliga empfinden mag, wenn man ihn zum Schieds-

richter ‚befördert’“.

Als Oberschulrat (LRSD von 1973 bis 1997) war Port dann auch für weitere neun Jahre

zuständig für die „Städtische Realschule i.E. Köln-Holweide, z. Zt. in Köln-Mülheim,

Pestalozzistraße“ und hatte hierbei auch personelle Angelegenheiten zu regeln, über die dann

einer seiner Nachfolger im Amt des Schulleiters berichten mag.

74

Was war anders an der Realschule Holweide?

Orientierung auf mehr Gerechtigkeit:

Lehrkräfte qualifizieren sich in Sachen Schulplanung, Schüler_innen profitieren von

Innovationen wie etwa der Differenzierung in einzelnen Fächern (heutzutage:

Binnendifferenzierung):

Schon früh und häufiger als anderswo wurden neue Medien eingesetzt:

1973 wurde das moderne Sprachlabor in Betrieb genommen.

Mehr „Fremdsprachen“unterricht: Englisch ab Klasse 5 und Französisch ab Klasse 7:

75

Klassenfahrt nach Norderney mit Frau Wächter

Klasse von Frau Bögemann | Karneval

In der Aula | Karneval 1970 (unten) und 1972 (rechts)

76

Sportfest September 1971

In Gmünd September 1972 mit Frau Andert | Oktober 1972 besucht Klasse 10 b die Bayerwerke

Klasse 6a 1972 in Hellental/Eifel | Karneval der Lehrer

Bilder Seiten 74-76: Miro Schmitz-Honhoff, Hans-Joachim Carlitscheck, Karl Port, Postkarte Norderney

77

Frühe „Inklusion“ - schulformübergreifende Betreuung von Legasthenikern wurde in der

Realschule Holweide praltiziert (vgl. Chronik ab S. 92). Im Jahre 1966 arbeiteten damals nur

wenige Realschulen mit Förderschulen zusammen:

Ab 1971 sollten auch andere Schulen Kölns Legastheniker besser fördern:

So wurde Schülern mit „isolierter Rechtschreibschwäche“, die bisher oft in Sonderschulen

von der normalen Schulausbildung getrennt waren, Laufbahn und Abschluss an einer

Realschule ermöglicht. In Zusammenarbeit von Elternhaus, Sozialamt, Sonderschulseminar,

Schulamt für die Stadt und Schulpsychologischem Dienst wurde das Unterrichtsangebot

bereichert. Außerdem wurde bei der Landesregierung die Genehmigung eingeholt, in der

Versetzungsordnung Sonderregelungen zu berücksichtigen.

78

(Aus einem Protokoll – vgl. Chronik 25 Jahre Realschule ab S. 93)

Außerdem gab es kompensatorischen Unterricht für Schüler, die zwar begabt oder sogar

hochbegabt waren, dabei aber bei etwa fehlender Lernmotivierung aus gymnasialen

Lernbereichen herausgefallen waren.

„Programmiertes Lernen“

Von kybernetischen Ansätzen beflügelt wurde Programmiertes Lernen als Lernmethode

angewendet. Besonders im naturwissenschaftlichen Bereich. Eingesetzt wurden Lehrbücher,

die Lernkontrollen, Verzweigungen, individuelle Vertiefungen sowie Exkurse und sogar

kleine Experimente ermöglichten. Je nach Fachgebiet wurden Lernkästen, versiegelte

Bilderreihen, schriftlichen Aufgabenfolgen, Fotos, Bewegungssequenzen, Überlegfolien,

Overhead-Projektoren, Ringfilme, Animationen usw. eingesetzt. Heutige Nachfolge sind e-

Learning oder webinare, also „Seminare“ im Internet38.

Ein etwas anderer Unterrichtsstil, der den Schüler_innen mehr Mitbestimmung und Teilhabe

ermöglichte:

38 https://de.wikipedia.org/wiki/Programmierter_Unterricht und https://de.wikipedia.org/wiki/Web-Seminar, abgerufen 18.2.2017

79

Im Zusammenwirken mit dem Bezirksseminar für Realschulen sollte zur Verstärkung sozialer

Kompetenzen von Lehrern und Schülern ein Weg zwischen autoritärer und antiautoritärer

Erziehung gefunden werden. Im pädagogischen Alltag gab es deshalb regelmäßig Partner-

und Gruppenarbeit als bisher. Vertreter der Schüler_innen nahmen an den Konferenzen der

Schule teil.

Abschied der Klasse 10 1974 | Klass 10 b von Frau Andert in 1973/74

Abschlußparty der 10 b im Jahr 1976

80

Anbindung an die Lehrer_innenausbildung:

Lehramtsanwärtern waren an der Realschule willkommen. In Unterrichtsproben sollten sie

unter anderem auch Möglichkeiten der Binnendifferenzierung erproben, wobei Partner-,

Gruppen- oder Projektarbeit unter Gesichtspunkten wie der Themen- oder

Leistungsdifferenzierung angesetzt und wissenschaftlich begleitet werden sollten.

Arbeit mit dem Computer:

Der wurde im Fach „Angewandte Mathematik“ und zu Experimenten für die Leistungs-

überprüfung der Schüler eingesetzt. Von dem eletronischen Bausteine-Gerät, das für die

Schaltalgebra und für den struktuellen Vergleich von Bool´scher Algebra und Aussagenlogik

genutzt wurde, sind nur noch Reste von Schülerarbeiten überliefert.

(Material „Angewandte Mathematik komplett auf unter www.geschichtswerkstatt-muelheim.de).

81

(Schülerheft von Stephan Gatter, komplett auf unter www.geschichtswerkstatt-muelheim.de)

Dass die Realschule Holweide die Nase weit in der Zukunft hatte wird daran deutlich, dass

Karl Port zehn Jahre lang landesweit für den Informatikunterricht verantwortlich war. In der

Pestalozzistraße wurden in der Schnittmenge von Informatikunterricht und Politikkunde auch

Wahlstatistiken erstellt.

Und auch hier begegnet uns in der Gegenwart Nostalgie: Nicht nur die Atarikonsolen und –

spiele werden in 2016 neu auf den Markt gebracht. Im November 2016 wird unter dem Titel

„Vintage Computing und Medienarchäologie“ der Nachbau des Homecomputers Altair 8800

vorgeführt39.

International offeng

Ausländische Lehrkräfte wie die Niederländerin Schmitz Honhoff und der Amerikaner Casey

brachten internationales Flair in die Schule (siehe oben Seite 33). Mit einer Klasse aus der

39 siehe www.basiszwei.tumblr.com, eine „transdisziplinäre Veranstaltungsreihe“ mit u.a. dem Technik-Salon (www.technik-salon.de) der Universität Hannover. Der Altair 8800 wurde 1974 als Bausatz entwickelt und ab 1975 für 395 $ verkauft, als Fertiggerät 495 $ , https://de.wikipedia.org/wiki/Altair_8800, abgerufen 21.10.2016

82

Umgebung von Tours gab es einen Schüleraustausch. Einzelne unserer Realschüler fuhren

danach auch nach Frankreich zu ihren Gastschülern. Klassen- bzw. Abschlussfahrten führten

nach England und Frankreich. (USA-Aufenthalt, s. S. 91)

Johannes Rüschen 1977 | Kevin Casey

Lehrerfete 1977

Sexualkunde

„Es war das Ende der sechziger Jahre – es war ein Ruck durch die Gesellschaft gegangen –

alter Mief wurde abgelegt – neue Freiheiten gewonnen. Sexualkunde war plötzlich ein großes

83

Thema. Das war Aufgabe der Biolologielehrer, also hat Miro Schmitz-Honhoff sich schlau

gemacht über die moderne Didaktik diesbezüglich und wurde die „Spezialistin“ in unserer

Schule. Das Vertrauensverhältnis zu den Schülern wuchs dadurch auch.“ (Miro Schmitz-

Honhoff)

Hasch & Drogen

„In den 70-er Jahre stieg der Konsum an Drogen. Haschisch rauchen war Mode geworden.

Miro Schmitz-Honhoff nahm an Seminaren über Drogenkunde teil und wurde bald

Drogenbeauftragte in der Realschule Holweide. Ein erstaunlicher Werdegang. An

Fortbildungen, die mir das Recht auf eine höhere Gehaltstufe gebracht hätten, durfte sie nicht

teilnehmen. Aber die Verantwortung für eine vernünftige Aufklärung und Erziehung wurde

ihr locker überlassen.“ (Miro Schmitz-Honhoff)

Rauchen in der Schule

„In den sechziger und siebziger Jahren war Rauchen noch sehr populär. Auch bei uns wurde

eine Raucherecke eingerichtet. Dort war immer was los. Es war schwierig, die jüngeren

Schüler davon fern zu halten. Nachdem das Rauchen wieder allgemein untersagt wurde, blieb

diese „Raucherecke“ immer noch Treffpunkt für aufsässige Schüler.“ (Miro Schmitz-

Honhoff). Nach Schülererinnerungen wurde di eRaucherecke früher als in anderen Schulen

eingerichtet.

Moderner Chemieunterricht

„Der Chemieraum war im Untergeschoss. Das Gebäude war mal eine Berufsschule für

Hauswirtschaft gewesen. In der Lehrküche lagen schon Gas- und Wasserleitungen, so dass

dieser Raum prädestiniert war um für das Fach Chemie eingerichtet zu werden. Es gab eine

große Holzschrankwand. Dort - wurden die Reagenzgläser, Kolben, Pipetten usw. aufbewahrt.

In Gruppenarbeit wurde experimentiert. Für die Versuche konnten die Schüler selbständig die

benötigten Geräte aus dem Schrank holen. Die Chemikalien standen, auch in einer

Holzschrankwand, im Vorbereitungsraum. Diese konnte der Lehrer kontrolliert austeilen. Ich

hatte für alle Jahrgänge ganze Versuchsreihen ausgetüftelt. In den Fortbildungs-Seminaren

erfuhr ich, dass in den meisten Schulen frontal unterrichtet wurde und nur ausgewählte

Schüler vor der Klasse schon mal ein Experiment durchführen durften. Also war damals auch

der Chemieunterricht an unserer Realschule ganz modern. Nach dem Umbau ist oben eine

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neue Etage, speziell für die Naturwissenschaften, eingerichtet. Dort sind modernen

Sicherheitsschränke eingebaut, aber das System um selbständig zu experimentieren, ist

beibehalten.“ (Miro Schmitz-Honhoff)

Schule mit neuem 3. Stock

Schulgarten

„Da die Schule immer dreizügig weiter wachsen konnte, wurden vier Containerklassenräume

auf dem Seiten-Hof aufgestellt. Hinter und neben diese „Baracken“ war es grün. Ich habe

versucht dort einen Schulgarten einzurichten. Mit viel Engagement, auch von Schülerseite,

wurden Beete angelegt. Die Arbeit hat Spaß gemacht. Zu einer Ernte kam es aber nie: erstens

warfen die Platanen auf dem Bergischen Ring zu viel Schatten und durchdrangen die Wurzel

bald unsere Beete. Zweitens wurde diese kleine Grünfläche von der Nachbarschaft gebraucht

um Hunde auszuführen. Hundehäufchen zwischen den Möhren verursachten viel Widerstand

gegen Gartenarbeit bei den Schülern. Verständlich. Erst als die vier Behelfsklassenräume

nach dem Umbau entfernt wurden, konnte ein vernünftiger Garten eingerichtet werden – mit

Umzäunung.“ (Miro Schmitz-Honhoff)

Schulfest Mitte 1970er Jahre

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Lehrer_innen-Fortbildung und kollegiale Beratung

So nennt man heute, was die Realschule vor fast 50 Jahren praktizierte, die Kooperation der

RS i.E. Holweide/Gesamtschule Holweide mit dem Realschullehrerseminar Köln

rechtsrheinisch und dem Arbeitskreis „Gesamtseminar Köln“. Es war eine arbeitsreiche, aber

innovative Zeit der Fortentwicklung des „Innenlebens unsere Schule.

Fortbildung organisieren

Nach dem Errichtungserlass vom 03.01. 1968 ist die Realschule i.E. „Teil der zu

entwickelnden Gesamtschule“. Unter diesem Gesichtspunkt muss auch die Vorbildung, die

Berufsausbildung und die Fortbildung der Lehrkräfte berücksichtigt werden.

Spezifisch für die Gesamtschule ausgebildete Lehrer gab es in NRW 1968 noch nicht. Das

Kultusministerium sah 1968 ff noch keine Dringlichkeit, eine spezifische

Gesamtschullehrerausbildung (in Hochschule/Seminar) neu einzurichten, da die geplanten

Gesamtschulen erst einmal den Status von Versuchsschulen hatten.

Weil die Planungsphase der Holweider Schule baldmöglichst übergehen sollte in regulären

Unterrichtsbetrieb, blieb der Realschule i.E. vorläufig nur die schulinterne Fortbildung.

Oktober 1989 Eva Wisser, Inge Gödecke, mit Hermann-Josef Wisser und Waldemar Standt

Durch Lehrer, die gleichzeitig Fachleiter am Bezirksseminar (für Realschulen) Köln rrh.

waren, hatte die Realschule Holweide. gute personelle Beziehungen dorthin. Der

Seminarleiter Christian Neff war bereit, die Sitzungen des Hauptseminars ins Schulgebäude

Pestalozzistr. zu verlegen. Neff übernahm nebenamtlichen Unterricht in der Realschule

Holweide, was die Kooperation im Kollegium unterstützte. Gleichzeitig war Neff vom

Regierungspräsidenten Köln zum Vorsitzenden eines Arbeitskreises „Gesamtseminar

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Köln“ bestellt, der schulformübergreifende Lehrerfortbildung im Regierungsbezirk Köln

implementieren sollte.

So kam es zu einer guten und engen Zusammenarbeit für die Erlangung ausbildungsrelevanter

Voraussetzungen des Einsatzes von Lehrern unterschiedlicher Ausbildung. Diese besondere

Aufgabe verstärkte das Merkmal der Realschule i.E. Holweide, ein Prototyp der

Gesamtschule Holweide zu sein,

Interessant auch war die Beteiligung der Lehrer_innen an Projekten, z.B.

• Erprobung des programmierten Lernens nach unterschiedlichen Gesichtspunkten,

• nach Themen oder nach Leistung differenzierterUnterricht,

• Kooperation mit dem Sonderschulseminar (Leistungstests, Motivationstest

Legastenikerbetreuung),

• Nutzung neuer Medien zur Unterrichtsgestaltung,

• das Sprachlabor, Betreuung der Anlagen * des Sprachlabors oder der

Unterrichtsmitschau- Anlage im Seminar.

Da die „Unterrichtsmitschau“ auch von Klassen des Gymnasiums oder der Hauptschule

genutzt wurde, hatten die Kontaktlehrer unserer Schule, vor allem Frau Irene Wächter, Frau

Gaudis und Frau Beddies, …... , auch Einblick in den Unterricht in anderen Schulformen.

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Es war eine Chance, die ich nutzen durfte

Erinnerungen von Stephan Gatter an die Schulzeit von 1971 bis 1973 auf der Realschule Holweide in der Pestalozzistraße (Mülheim)

Ich habe im Juni 1971 das Städt. Johann-Gottfried-Herder-Gymnasium Köln-Buchheim , ein neusprachliches Gymnasium für Jungen, mit dem Zeugnisvermerk: „Der Schüler verlässt die Schule, um zur Realschule für Jungen und Mädchen, Köln-Holweide, zu gehen“ verlassen. Hauptgrund waren die Noten in Englisch und Französisch, mit denen ich nicht versetzt worden wäre.

Warum die Realschule in der Pestalozzistraße? Eigentlich ein Zufall, da ich mit einer „Band“ auf der Schulfete dieser Realschule gespielt hatte. Unser Schlagzeuger, Gunter Tolkmitt, war damals dort Schüler und ich lernte den Direktor Karl Port kennen. Wegen den Problemen auf der „Herder“ schnappte ich mir mein Halbjahreszeugnis und habe mir einen Termin bei Karl Port geben lassen. Von dem pädagogischen Konzept dieser Schule oder dem Projekt der Einrichtung von Gesamt-schulen in Köln hatte nun wirklich keine Ahnung. Für mich war ausschlaggebend, dass Gunter Tolkmitt meinte, dass diese Schule und die Lehrer ganz „OK“ seien.

Resultat meiner Bemühungen bei Karl Port war, dass ich das „Herder“ verließ und auf diese Realschule wechselte und dort die 9. Klasse wiederholte. So kam ich als „lang-haariger Neuer“ am 1. August 1971 in die 9a von Frau Irene Wächter. Die Klassen 9a und 9b waren die ersten dieser Jahrgangsstufe für diese Realschule i.E. Völlig neu für mich, dass ich nun auf einer „Realschule für Jungen und Mädchen“ war.

Ich lernte eine Schule und Lehrer kennen, die für mich als Schüler wie eine „Befreiung“ in Unterricht und Umgang mit Schülern war. Auf dem „Herder“ hatte ich noch Lehrer erlebt, die mit ihrer Gehhilfe auf Schüler warfen, „Kopfnüsse“ verteilten oder an den Schläfenhaaren „zwirbelten“. Nun gut, in der

Pestalozzistraße gab es auch einen Physiklehrer, der diesem „Hobby“ frönte, aber halt nur einen. Auf der Realschule fühlten ich mich rundum „fair“ behandelt.

Auch die Schülervertretung, damals SMV genannt, war völlig anders. Sie wurde in fast alle Fragen des Schullebens mitein-bezogen und wir Schüler konnten uns ausprobieren. Die 9a war die erste Klasse, die den „Aufstand“ gegen die damals obligatorische Schulzahnarztuntersuchung probte. Wir brauchten nicht mehr zwangs-weise daran teilzunehmen, nachdem wir dieses Thema intensiv mit Karl Port aus-diskutiert hatten. Die Teilnahme war nun freiwillig.

Im Laufe der Zeit wurde ich dann Schulsprecher. Es wurden so „wichti-ge“ Projekte wie die Einführung eines Raucherraums für Schüler ab 16 Jahre durchgesetzt. Der Anfang war der „Kar-tenraum“ im Erdgeschoss des Schulge-bäudes und hier durften dann während der Pausen drei Schüler rauchen: Renate Halm, Rüdiger Alex und Stephan Gatter. Heute undenkbar, dass in einem Schulgebäude geraucht werden durfte. Als es mehr Schüler und Schülerinnen wurden, wurde eine Raucherecke auf dem Pausenhof eingerichtet.

Aber auch bei disziplinarischen Problemen mit Schülern wurde die Schülervertretung einbezogen und bei wichtigen Konferenzen. Bei der Konferenz, die darüber zu entscheiden hatte, welcher Schüler oder Schülerin die Befähigung zum Wechsel in die differenzierte gymnasiale Oberstufe attestiert bekamen – also den Weg zum Abitur – waren die Klassensprecher der 10a und 10b sowie der Schulsprecher am 25. Mai 1973 beteiligt. Dies war für die

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Schüler ein Riesenfortschritt und für einige Lehrer vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig. Unser Plan war es, für einen Schüler der 10a, der Legastheniker war, die Eignung für die gymnasiale Oberstufe zu „erkämpfen“ und damit möglichst vielen Schülern die Eignung zu ermöglichen. Das wir dabei eigentlich durch das pädagogische Konzept der Schule „offene Türen“ einrannten, war uns damals noch nicht so richtig bewusst.

Wenn man die Zeugnisse von damals betrach-tet, fällt auf, dass im Schuljahr 1971/1972 noch die sogenannten Kopfnoten ausgewiesen waren: Verhalten in der Schule, Beteiligung am Unterricht sowie Ordnung. Mit dem Zeug-nis des Schuljahres 1972/1973 waren sie ver-schwunden. Eine Benotung der Handschrift gab es aber noch durchgängig.

Es gab aber auch ungewöhnliche Fächer auf unserer Realschule. Für mich persönlich war es sehr gut, dass ich anstatt der 2. Fremd-sprache Französisch (siehe Wechsel vom „Herder“) alternativ das für mich völlig neue Fach „Angewandte Mathematik“ in der 9. und 10. Jahrgangsstufe wählen konnte. Hierhinter verbarg sich eine Art Informatik mit „Schalt-kreisbastelei“ und Erstellen von Grundbefeh-len. Unterrichtet hat dieses Fach Karl Port. Für uns Schüler war dies hochspannend und irgendwie auch zukunftsweisend. Der Physik-unterricht wurde teilweise – wahrscheinlich aus Fachlehrermangel – von Fernmeldein-genieuren der deutsche Post erteilt. Neben der Möglichkeit technische Anlagen der Tele-kommunikation zu besichtigen, fanden wir diesen Unterricht praxisorientiert. Stichwort Lehrermangel: in der 10. Klasse wurde das Fach Hauswirtschaft im Zeugnis mit der Bemerkung „nicht erteilt (Lehrerman-gel)“ gestempelt. Dafür gab es als Alternative das Fach Sozial- und Wirtschaftsgeschichte.

In den zwei Schuljahren auf der Realschule habe ich mit Frau Wächter (Englisch), Frau Bögemann (Geschichte), Frau Gaudigs (Religion und Vertrauenslehrerin), Frau Andert (Deutsch) und Frau Schmitz-Honoff (Chemie/Biologie) und natürlich Karl Port (Angewandte Mathematik/Direktor) sehr

engagierte Lehrer kennengelernt, die mir persönlich auch viel gegeben haben.

Ein „Highlight“ war 1973 die Abschluss-fahrt der 10a. Es ging mit dem Zug und Schiff nach London. Untergebracht waren wir jeweils zu zweit bei Gasteltern. Besonders in Erinnerung habe ich noch den Besuch des Musicals „Hair“ am Piccadilly Circus im Londoner West End. Karl Port und Irene Wächter sowie der Englischreferendar Müller waren schon ziemlich irritiert, als am Schluss einige Darsteller nackt auf der Bühne standen und die Zuschauer aufgefordert wurden, auf der Bühne mitzutanzen. Auch der Besuch eines Pubs am Petticoat Lane Market mit den Lehrern ist erwähnenswert.

Natürlich gab es auch eine Abschlussfeier am Ende der Schulzeit an der Realschule. Hier sollte ich als Schulsprecher auch eine Rede halten. Ich habe den Text leider nicht mehr, erinnere mich aber gut daran, dass meine Mitschüler ausgelassen gefeiert haben und ich mich in einer „wüsten“ Diskussion mit einem konservativen Vaters eines Mitschülers aus der 10a über meine Rede in einem Klassenraum befand. Ich hätte lieber gefeiert.

Ich verließ die Realschule am 30.5.1073 mit der Mittleren Reife und dem Zusatz: „nach dem Beschluß dieser Konferenz ist er geeignet für die Aufnahme in die Klasse 11 eines Gymnasiums in Aufbauform“. Mit vielen Mitschülern aus der 10a habe ich zum Schuljahr 1973/1974 in die differen-zierte Oberstufe des „Städt. Neusprachl. u. Mathem.-Naturw. Gymnasium i.E. für Jungen und Mädchen Köln-Holweide“ gewechselt. Diese differen-zierte gymnasiale Oberstufe mit Kurssys-tem war etwas völlig neues und zu diesem Schuljahr in NRW eingeführt worden. Mit dem Schuljahr 1975/1976 bezog dann die Jahrgangsstufe 13 des Gymnasiums Hol-weide in das neuerrichte Gebäude der Ge-samtschule Holweide. Die Jahrgangsstufe 13 war der erste Abiturjahrgang des Gymnasiums und die Jahrgangsstufe 5 die

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erste der Gesamtschule Holweide. Teilweise haben die gleichen Lehrer die Abiturklasse unterrichtet und waren auch Lehrer in der 5. Jahrgangsstufe der Gesamtschule. Mit dem Abitur am 21. Juni 1976 begann auch das „Ende“ des Gymnasiums Holweide, da in jedem neuen Schuljahr das Gymnasium eine Jahrgangsstufe kleiner wurde und die Gesamtschule eine größer.

Nach dem Abitur habe ich in Heidelberg, Bonn und Köln studiert und das 1. Staatsexamen für das Lehramt Sek. II abgelegt. Ich bin aber nie Lehrer geworden und habe sieben Jahre als wissenschaftlicher Referent bei dem Abgeordneten Norbert Burger (Kölner OB) im Landtag NRW gearbeitet. Danach ging ich in die Öffentlichkeitsarbeit

einer städtisch beherrschten GmbH mit 300 Mitarbeitern, bin dort seit 25 Jahren und davon 23 Jahre Betriebsratsvorsitzender und war vom 1.6.2000 – 31.5.2017 Mitglied des Landtages NRW, da ich viermal direkt gewählter Landtagsabgeordneter im Wahlkreis Kalk/Deutz/nördliche Innenstadt geworden bin. Ich schreibe dies nicht aus einer gewissen Eitelkeit. Ich schreibe dies, da ich mir recht sicher bin, dass die zwei Jahre Realschule Köln-Holweide an der Pestalozzistrasse ein entscheidender Abschnitt in meiner weiteren beruflichen Laufbahn und damit meines bisherigen Lebens war. Es war eine Chance, die ich nutzen durfte.

Bilanz

Im Rahmen der pädagogischen Flurbereinigung war es auch ein Hauptziel, die Reste der Drei-

Klassen-Gesellschaft – aus dem 19. Jahrhundert in der Weimarer Republik und in der

Nazizeit übernommen – beseitigen zu helfen.

Die Hinführung unserer Jugend zu den wirtschaftlich orientierten „Erbhöfen“ durch gestufte

Zugangsmöglichkeiten auf der Grundlage gestufter Schulabschlüsse (Hauptschulabschluss,

Realschulabschluss als Sekundar I - Abschluss und Abitur als Gymnasialabschluss für die

sogenannten Leistungsträger wurde auf Grund des tradierten gesellschaftlichen Systemdrucks

auch in der Gesamtschule nicht anders, nicht besser verwirklicht als in traditionellen

Schulformen.

Langfristig gesehen gedenke ich der Gesamtschulentwicklung als eines Abklatsches des

herkömmlichen Schulwesens mit geringfügigen Verbesserungen der Durchlässigkeit der

verschiedenen hierarchisiert gebliebenen Lerngruppen. Siehe etwa auch die weiterhin

praktizierte Dreigliederung der Aufnahmequalifikationen für die Aufnahme in die

Gesamtschule!

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Realschule Holweide eröffnet Chancen

Das Schulwesen der Zukunft sollte m. E. befreit werden von allzu starker, gewiss

vermeidbarer Hierarchisierung, bei der die am unteren Ende der Hackordnung verbliebenen

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alten (und neuen) Bevölkerungsschichten nur noch als Entsorgungsfälle – natürlich bei

„Panem et cirsenses“ betrachtet werden.

Es bleibt, insgesamt gesehen, auch nach bereits 50jährigem Bestehen der Realschule

Holweide, die einst Teil einer Gesamtschule werden sollte, noch viel zu tun, um die vom

Grundgesetz geforderte Gleichheit der Bürger vor dem Gesetz zu verwirklichen und die

gesellschaftliche Hackordnung in der Gesellschaft zumindest abzumildern.

Chance erhalten

Renate Halm stammte aus kleinen Verhältnissen. Sie kam auf die Realschule Holweide, weil

sie an einer anderen Schule deswegen gehänselt wurde. Renates Mutter lieh sich Geld und

stotterte den Kredit lange ab, damit Renate 1972 an einem USA-Aufenthalt teilnehmen

konnte. Frau Wächter hatte das geförert, obwohl Renate Legasthenikerin war. Bis dahin hatte

niemand in ihrer Familie Englisch gesprochen. Für den Gegenbesuch von zwei

amerikanischen Schülern lernte die Mutter in der Volkshochschule Englisch.

Über die Schule

Ich glaube, es lag auch an der Freiheit, die Herr Port seinen Lehrern gab. Es war mir klar, dass

er mehr zuließ als üblich war, und dass es das persönlich zu verantworten hatte. Und wenn

das schief gehen würde, könnte er sogar versetzt werden.

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Daher habe ich als Klassensprecherin, später als Schulsprecherin irgendwie immer auch

versucht, die Schüler für die Situation der Lehrer zu interessieren. Wert uzu schätzen, was uns

selbst widerfuhr.

Später, als ich Fachlehrerin an Sonderschulen war, traf ich Herrn Port im Regierungs-

präsidium. Ich war sehr glücklich, dass er an solch einer Position war und damit ein

pädagogisch besonders wertvoller Schulrat sein würde.

Die Schülerzeitung

Als Redaktion waren wir einmal in den Messeturm eingeladen. Ich war nie wieder dort.

(Renate Halm-Thönig)

Auch wenn Port die Praxis der Gesamtschule Holweide heutzutage als wenig zeitgemäß

betrachte, so muss man doch die Leistungen der Lehrer anerkennen, die mit vielen guten

Ideen das Schulleben gestalten, wie er das aus dem Abstand eines schon langzeitig im

Ruhestand lebenden ehemaligen Lehrers und Mitgründers beurteilen mag.

Ehemalige Lehrer-innen sehen das auch positiv. „Die Zeit als Lehrerin an dieser Realschule

hat mein Leben sehr bereichert. Ich bin den Direktoren Herrn Port und Herrn Standt dafür

sehr dankbar, schreibt Miro Schmitz-Honhoff. „Mit einigen Kollegen treffe ich mich noch in

regelmäßigen Abständen, obwohl wir mittlerweile fast alle schon pensioniert sind. Ich

wünsche der Schule eine weitere positive Zukunft - für die Arbeit und für die

Zwischenmenschlichkeit.“

„Die Schule ist (eben) so gut wie der Lehrer“, hat vor vielen Jahren Johann Bendel gesagt,

dessen Namen die Realschule Danzierstr. in Köln- Mülheim trägt, die man durchaus als ein

wichtiger Prototyp auch für die Gesamtschule Köln-Holweide ansehen kann.

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Chronik von Hans-Joachim Carlitschek (1992)

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Persönlich Erfahrungen

Stefan Weigang:

Als Historiker habe ich es oft mit Zeitzeugen erlebt, nun bin ich selbst einer: Die Jahre 1963

bis 1973 habe ich als Schüler in der Grund- und der Realschule Holweide erlebt und bin

danach politisch aktiv geworden. Erst viel später, Mitte der 1990er Jahre, erkannte ich, dass

moderne pädagogische Vorstellungen und eine spezifische politische Situation zu dieser

Entwicklung führten.

Sprachlabor: Französisch im Sprachlabor fanden wir total modern.

Aktuell : Als das Misstrauensvotum gegen Bundeskanzler Willy Brandt stattfand, wurde der

Fernseher in den Klassenraum geholt und live mitgefiebert.

Die Ältesten: Wir sind immer die älteste Klasse der Schule gewesen, machten und keine

Gedanken, ob das etwas Besonderes ist. Dass wir die Klasse vom Schulleiter waren, war wohl

etwas Besonderes.

Schülerberg: Irgendwie tauchte der Begriff in Gesprächen auf, aber wir fanden es normal,

dass man irgendwie Lösungen fand.

Liedtke: Der Gymnasiallehrer Dr. Helmur Liedtke war bekannt dafür: „Schreibt 20 Worte mit

f, mit ff, mit pf auf, ich gehe mal telefonieren …..“ und kam bis Ende der Stunde nicht wieder

zurück.

Fies: Manchmal sahen wir Ratten über den Schulhof und unter die Baracken laufen. Werft

keine Lebensmittel (Brote, Apfelgriebsche) weg, hieß es.

Schulweg: Ab Klasse 5 aus Holweide mit der Straßenbahn plus Fußweg zur Schule in Deutz

und ab Klasse 7 nach Mülheim. Das war Belastung, aber auch etwas Besonderes.

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Bücher: Der Schulweg führte mich täglich auch bei der Buchhandlung in Köln Mülheim

vorbei, wo ich, angestoßen durch die Schule, die Biografien der Rowohlt Rotations-Romane

und die Reclamhefte entdeckte.

Musik und mehr: Die Stadtbahnhaltestelle nahe dem Kaufhof Mülheim führte dazu, dass ich

dort meine ersten Karl-May-Bücher kaufte, auch meine erste Schallplatte „Venus“ von

„Shocking Blue“) und dort auch meine ersten Pommes frites genoss.

International : Es gab mehrere ausländische Lehrer in der Schule. Einige Realschüler boten

sich als Gastfamilien an für eine Klasse aus der Umgebung von Tours, die nach Köln kam.

Einzelne unserer Realschüler fuhren danach auch zu ihren Gastschülern nach Frankreich

Stefan Weigang erlebte im Jahre 1971 in Joué-les-Tours eine tolle Woche im echten

Frankreich. Nach der Realschulzeit nahm er einen Gastschüler aus den Niederlanden auf und

besuchte später mehrfach seinen Gastschüler in der Nähe von Utrecht. Das regte noch

Jahrzehnte danach an, sich aktiv mit Französisch und Niederländisch zu beschäftigen und

auch in Polen oder Slowenien ein bisschen Landessprache zu lernen.

Sport: In der Erinnerung kam das oft zu kurz. Zum Turnen und Schwimme waren es weite

Wege, die Zeit von den Unterrichtsstunden fraßen. Bei einem Sportfest auf den Poller Wiesen

musste ich Fußball spielen. Als Verteidiger ließ ich fast keinen durch, hatte aber

Schienbeintritte kassiert und eine Aversion gegen Fußballspielen begründet.

Schule: Die Schule in der Pestalozzistraße war für mich die erste „richtige“ städtische Schule

- nach den Grundschuljahren in einem Neubau der 1960er Jahre bzw. einem Dorfschulbau aus

der Jahrhundertwende und den zwei Realschuljahren in den Baracken in Deutz.

Ohrfeigen: Abgesehen von der pädagogisch falschen Anleitung hatte Herr ……….. im Lauf

der Zeit drei Ohrfeigen verteilt. Wir beschwerten uns beim Klassenlehrer Port und schon im

nächsten Schuljahr war …… nicht mehr an unserer Schule. Stefan hatte zuvor in der

Grundschule eine prägende Erfahrung gemacht: Die gutbürgerliche Konrektorin sagte vor der

versammelten Klasse, man sollte eigentlich Geld sammeln, und für Richard, ein Kind aus

einer armen Familien, neue Schuhe kaufen. So herausgehoben wie bei Arno Grün, mit 92

Jahren in 2009 gestorben, ist das natürlich nicht. Grün erinnerte sich an prägende Erfahrungen

in seiner Kindheit. Etwa als die Lehrerin fragte, wer einen Rohrstock besorgen könne, mit

dem sie Schüler schlagen könne, und alle Kinder bis auf Arno meldeten sich40.(Spiegel

45/2009)

40 DER SPIEGEL; Heft 45/2009

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Aufklärung : Schon damals war das Gefühl da, dass wir früher und moderner als in anderen

Schulen aufgeklärt wurden. Manche Eltern regten sich auf, dass Frau Schmitz-Honhoff uns

auch gebrauchte und gewaschene Kondome zeigte. Aufklärung ist auch fast fünfzig Jahre

danach noch notwendig, wie die Fernsehsendung „Liebe machen“ und die Erfahrung von

Beratungsstellen zeigen41:

Differenziert : Spezialisierung in einer Schule – statt in eine neusprachliche oder

mathemathisch-naturwissenschaftliche Schule zu teilen, gab es bei uns beides: wir hatten

Mathemathik bei Karl Port, es gab besonderen Mathe-/Computerunterricht und mit

Französisch ab Klasse 7 eine zweite Fremdsprache.

Klassenfahrt 1970 nach Norderney: Gleich am Anfang mein Portemonnaie irgendwo in den

Dünen verloren. Ging dann aber auch in den folgenden (wenigen) Tagen. Beim historischen

Fußballspiel Deutschland-Italien bei der WM in Mexiko war während der Live-

Berichterstattung im Radio in allen Zimmern viel los.

Klassenfahrt England: Stefan W. konnte nicht mitfahren, weil er bei seiner einzigen

Prügelei einen Schlag aufs Ohr von Tom Thomas bekommen hatte.

41 Trimediales Projekt „Liebe machen“ von Ann-Marlene Henning in Radio, Fernsehen und Internet, www.make-love.de; Hannoversche Allgemeine Zeitung, 11.11.2016

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Ulla Streuel: „Mein Gott, die alten Baracken. Ich glaub’s nicht! Da drin haben wir ganz

schön viel geschwitzt und gefroren. Ich meine, es wäre Ulrike Pargen gewesen, die mittels

Eiswürfeln versucht hat, ein Thermometer auf unterste Temperaturen zu kriegen, damit wir

Kältefrei bekommen. Hat natürlich nicht geklappt.“

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Dokumente komplett auf www.geschichtswerkstatt-muelheim.de:

Broschüre der ASL (Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Lehrer) ca. 1960/70

Broschüre der GEW (1973) „Probleme der Differenzierung“

Schülerheft und weiteres Material zu„Angewandte Mathematik“

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Literatur und Quellen

Bilder

von Karl Port, Miro Schmitz-Honhoff, Renate Halm-Thönig, Dieter Weigang, Hans-Joachim Carlitscheck und Stefan Weigang

Zwei Aufnahmen von Stadtkonservator Köln

Postkarte Norderney

Dokumente

Amtliche Dokumente wie die „Richtlinien für die Zusammensetzung und Arbeitsweise der

Ausschüsse zur Planung von Gesamtschulen in NRW Düsseldorf 1970“ und viele weitere

Dokumente aus dem Besitz vorwiegend von Karl Port, außerdem von Stephan Gatter und

Stefan Weigang

Quellennachweis

Jutta Allmendinger, Rita Nikolai, Bildung und Herkunft, 23.10.2016

Altair 8000, in https://de.wikipedia.org/wiki/Altair_8800, abgerufen 21.10.2016

Johann Bendel, in https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Bendel, abgerufen 21.1.2017

Johann-Bendel-Schule, in www.johann-bendel-realschule.de/JBS/Johann_Bendel/JB_Lebenslauf.html, abgerufen 21.1.2017

Bildung und Herkunft, www.bpb.de/apuz/29445/bildung-und-herkunft?p=all, abgerufen 15.10.2016

Der Spiegel 11/2016, Titelgeschichte: Die geteilte Nation. Deutschland 2016: Reich wird reicher, arm bleibt arm; DER SPIEGEL Heft 45/2009, Erfahrung mit Schlägen;

Josef Esser, Christoph Görg, Joachim Hirsch (Hrsg.): Politik, Institutionen und Staat. Zur Kritik der Regulationstheorie. VSA, Hamburg 1994, ISBN 3-87975-643-0

Fühls noch mal, NDR-Fernsehen, http://www.ndr.de/ndr1niedersachsen/sendungen/Fuehls-noch-mal,fuehlsnochmal111.html, abgerufen 05.10.2016

GEW Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, in: Erziehung und Wissenschaft 12/2016, S. 33, mit Verweis auf www.gew.de/aktuelles/detailseite/neuigkeiten/gew-arbeitet-ihre-geschichte-auf/, und dort die Bibliografie von Jan Kellersohn

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https://www.gew.de/index.php?eID=dumpFile&t=f&f=50302&token=d3e71ce3107938bd583f27a7d0b221b9bf159291&sdownload=&n=Kellershohn_-_Bibliographie_inkl_Abstracts.pdf

Konstantin von Hammerstein, Kalter Krieg, Der Spiegel 1/2017, S. 62f

Hannoversche Allgemeine Zeitung, 26.9.2016, Milliarden schweren Investitionsstau in deutschen Schulen; Hannoversche Allgemeine Zeitung 17.8.2016, KPD-Verbot; Hannoversche Allgemeine Zeitung 15.7.2016; Geld allein schließt nicht alle Gerechtigkeitslücken, von Brigitte Pothmer; Hannoversche Allgemeine Zeitung, 11.11.2016, Projekt „Liebe machen“; 50 Jahre Taschenrechner, Hannoversche Allgemeine Zeitung v,. 30.1.2017;

Hannoversche Neue Presse, 26.9.2016, Milliarden schweren Investitionsstau in deutschen Schulen; Neue Presse v. 16.12.2016, Landtag will Praxis der Berufsverbote aufarbeiten; Schule in Containern bleibt in Mode, Neue Presse v. 28.3.2017

Heimatbuch Holweide, herausgegeben von der Bürgervereinigung Köln-Holweide e.V., Köln 1989, Seiten 125 f.

Instant composers pool 1967 gegründet: www.icporchestra.com/history/

Joachim Hirsch, Roland Roth: Das neue Gesicht des Kapitalismus. Vom Fordismus zum Postfordismus. VSA-Verlag, Hamburg 1986, ISBN 3-87975-374-1

Joachim Hirsch: Kapitalismus ohne Alternative? VSA-Verlag, Hamburg 1996, ISBN 3-87975-519-0

Wolfgang Klafki, Nachruf in: Erziehung und Wissenschaft, Heft 09/10/2016, S. 38

Beate Klarsfeld, in: https://de.wikipedia.org/wiki/Beate_Klarsfeld, abgerufen 5.10.2016

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Kölnische Rundschau v. 14.2.1974 Port wird Oberschulrat

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Wolfgang Kraushaar, Die Protest-Chronik 1949 - 1959. Eine illustrierte Geschichte von Bewegung, Widerstand und Utopie. Ein Projekt des Hamburger Instituts für Sozialforschung, 4 Bde. Hamburg 1996

Kybernetik, in: https://de.wikipedia.org/wiki/Kybernetik, abgerufen 21.10.2016

Laufreport: Kathrine Switzer lief in Boston - trotz Widerstand des Veranstalters - als erste Frau offiziell einen Marathon, http://laufreport.de/nachrichten/press/press.htm

Heinz Lehmbruck, Das Elend der Chancengleichheit. Gesamtschul-Bewegung in Köln, in: Die Stadt, das Land, die Welt verändern! Die 70er/80er Jahre in Köln - alternativ, links, radikal, autonom, hg. v. Reiner Schmidt, Anne Schulz und Pui Schwind, Köln 2014, S. 292 – 295. Siehe auch http://stadtlandwelt.org/

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Liebe machen, Trimediales Projekt von Ann-Marlene Henning in Radio, Fernsehen und Internet, www.make-love.de

Ulrike Meinhof, in https://de.wikipedia.org/wiki/Ulrike_Meinhof, abgerufen 5.10.2016

Ulrike Meinhofs Essay aus 1962, in Der Spiegel 33/2016, S. 119ffPostfordismus, inhttps://de.wikipedia.org/wiki/Postfordismus, abgerufen am 5.10.2016

Frank Ohlhaver, Universität Frankfurt, www.uni-frankfurt.de/51736004/Ohlhaver_SeminarSchulentwicklung.pdf

Frank Ohlhaver, Schulentwicklung in Deutschland seit 1964, Frankfurt 2007/2008, www.uni-frankfurt.de/51736016/Ohlhaver_AufsatzSchulentwicklung.pdf

Prilblume, in: https://de.wikipedia.org/wiki/Prilblume, abgerufen 02.11.2016

Programmierter Unterricht, in: https://de.wikipedia.org/wiki/Programmierter_Unterricht und https://de.wikipedia.org/wiki/Web-Seminar, abgerufen 18.2.2017

Anne Ratzki, Wolfgang Keim, Michael Mönkemeyer, Barbara Neißer, Gudrun Schulze-Wensky, Hermann Wübbels, Hg., Team-Kleingruppen-Modell Köln-Holweide. Theorie und Praxis, Frankfurt 1996 (= Studien zur Bildungsreform, Bd,. 28)

Realschule, in: https://de.wikipedia.org/wiki/Realschule, abgerufen 15.10.2016

Regulationstheorie, in https://de.wikipedia.org/wiki/Regulationstheorie, abgerufen am 5.10.2016

Elke Schmitter, Utopien, Der Spiegel 1/2017, S. 76f.

Sesamstraße, in: ; https://de.wikipedia.org/wiki/Sesamstra%C3%9Fe, abgerufen 3.12.2016

Die Soziale Mobilität nimmt weiter ab. WSI-Verteilungsbericht 2016, hg. v. Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts WSI des DGB, www.boeckler.de/pdf/p_wsi_report_31_2016.pdf

Sputnikschock, in: https://de.wikipedia.org/wiki/Sputnikschock, abgerufen 5.10.2016

Stamokap, in: https://de.wikipedia.org/wiki/Stamokap¸ abgerufen 17.2.2017

Süddeutsche Zeitung, 30.9.2016, Ungleichheit in Deutschland Wie sich Ungleichheit bekämpfen lässt, www.sueddeutsche.de/wirtschaft/ungleichheit-in-deutschland-ungleichheit-verringern-aber-wie-1.3186216;

Summerhill, in https://de.wikipedia.org/wiki/Summerhill, abgerufen 19.4.2017

Reinhard Tausch, Anne-Marie Tausch, Erziehungspsychologie. Begegnung von Person zu Person, Göttingen usw., 9. Aufl 1979, S. 170

Team-Kleingruppen-Modell: Vgl. http://www.gehw.de/jts/index.php/profil/team-kleingruppen-modell, http://www.igs-holweide.de/seiten/schulprogramm/800/1.html und https://de.wikipedia.org/wiki/Team-Kleingruppen-Modell, alles abgerufen 18.2.2017

142

Technik-Salon Hannover: www.basiszwei.tumblr.com, eine „transdisziplinäre Veranstaltungsreihe“ mit u.a. dem Technik-Salon (www.technik-salon.de

Trotzkismus, in https://de.wikipedia.org/wiki/Trotzkismus#im_deutschsprachigen_Raum, abgerufen 17.2.2017

Undogmatische Linke, in https://de.wikipedia.org/wiki/Undogmatische_Linke , abgerufen 17.2.2017

Unter den Talaren, Muff von 1000 Jahren: in: https://de.wikipedia.org/wiki/9._November und https://de.wikipedia.org/wiki/Unter_den_Talaren_%E2%80%93_Muff_von_1000_Jahren, abgerufen 17.11.2016; https://www.ndr.de/kultur/geschichte/chronologie/talare2_v-vierspaltig.jpg, abgerufen 17.11.2016

Veranstaltung „40 Jahre Radikalenerlass“ am 17.3.2012 in Göttingen, Erziehung und Wissenschaft 03/2012, S. 31

Matthieu von Rohr und Britta Sandberg, Terror, Der Spiegel 1/2017, S. 92f

Volker Weidemann, Enzensberger, Der Spiegel 1/2017, S. 48f.

Stefan Weigang, Horst Oelze, Peter Bartel, IGS Garbsen - 25 Jahre jung, in: Schulleitung der IGS Garbsen, Hg., 25 Jahre IGS Garbsen 1971 - 1996, Garbsen: September 1996

Doreen Winter, Schulentwicklung in den beiden deutschen Staaten von 1945 bis zum Beginn der 1960er Jahre, Studienarbeit 2006 in der Universität der Bundeswehr Hamburg, Leseprobe unter http://www.grin.com/de/e-book/51721/schulentwicklung-in-den-beiden-deutschen-staaten-von-1945-bis-zum-beginn

143

Die Autoren

Stefan Weigang, geb. 1957 in Köln, Realschule Holweide und Gymnasium Holweide, Abitur

1976, Studium 1976 - 1983 an der Uni Hannover, freiberuflich tätig als Historiker und PR-

Referent. Seit 1984 zahlreiche Veröffentlichungen zur Regional und Sozialgeschichte,

www.pr-weigang.de

Stephan Gatter, geb. 1955 in Gotha, Realschule Holweide und Gymnasium Holweide,

Abitur 1976, Studium 1976- 1987, 1985-1992 wiss. Mitarbeiter bei Landtagsabgeordneten,

seit 1992 Angestellter einer Abfallentsorgungsgesellschaft, 2000 bis 2017 Mitglied des

Landtags NRW

Karl Port , geb. 1932 in Burgbrohl/Kreis Mayen, studierte nach dem Abitur inKoblenz 1952

in Bonn und Köln Lehramt an Realschulen Mathematik, Physik und Chemie, war von 1967

bis 1973 Schulleiter der Realschule Holweide

und danach weitere 9 Jahre als Oberschulrat

zuständiger Schulaufsichtsbeamter für

Realschulen beim Regierungspräsidenten Köln.

Veröffentlichungen u.a.: Karl Port, Hg., Peter

Wekbeker – An meinen Sohn Adolf, BOD.de

2014; mit Kurt Degen, 900 Jahre Burgbrohl.

Aspekte der Ortsgeschichte, in:

Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler, 2012;

Karl Port, Ludwig Hillesheim und die Dichter

Arias Montanus und Joost van den Vondel im

16. und 17. Jahrhundert, Ms. Köln 2016;

Redaktion und Mitherausgeber von Kurt Degen, Burg Bach Tal (zur 900-Jahr-Feier von

Burgbrohl), Burgbrohl 2012

144

Hans-Joachim Carlitschek, geb. 1938, bis1945 in Beelitz, Abitur 1958 in Köln-Mülheim,

Lehrer ab 1967, ab 1969 – 1973 an der Realschule Holweide, ab 1973 Fachleiter Geographie

am Bezirksseminar rechtsrheinisch, 1977-2000 Mitglied des Prüfungsamtes für das 1.

Staatsexamen Lehramt Sek. I. Bücher u.a. Alyssa - Tochter der Kimmerier. Historischer

Roman 2010; Arabische Augenblicke von Alfred Carlitschek, hg. v. Hans Joachim

Carlitscheck 2006;

145

Meine Notizen

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In Zeiten der Schülerberges, des politischen und pädagogischen Aufbruch wurde sie ge-

gründet. Orientiert auf die IGS Holweide, wurde sie nach Betriebsbeginn der IGS 1975 als

Mülheimer Stadtteil-Realschule weitergeführt.

Die Anfänge der Realschule Köln-Holweide vor 50 Jahren, ihre Gründung 1967als erste

Gesamtschule in Köln. Mit einer Chronologie bis zum Jahre 2001

Kontakt und Bestellungen: Stefan Weigang, Alte Ricklinger Str. 28 30823 Garbsen, [email protected]


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