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Deutschland in 24 Folien - Bundeszentrale Fur Politische Bildung

Date post: 14-Feb-2015
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G r u n d g e s e t z S o z i a l s t a a t R e c h t s s t a a t D e m o k r a t i e B u n d e s s t a a t Volkssouveränität, Repräsentativ- system, Mehrheitsentscheidungen Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern Rechtssicherheit, Rechtsgleichheit, Rechtsschutz vor Willkür Soziales Handeln, Soziale Gerechtigkeit, Sozialpolitik (1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. Art. 20 Grundgesetz (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Recht- sprechung ausgeübt. (3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden. Strukturprinzipien des Grundgesetzes Grundsätze der Verfassung Lizenz: Creative Commons by-nc-nd/3.0/de Bundeszentrale für politische Bildung, 2009, www.bpb.de
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Page 1: Deutschland in 24 Folien - Bundeszentrale Fur Politische Bildung

G ru n d g esetz

Sozialstaat

Rechtsstaat

Dem

okra

tie

Bundesstaat

Volkssouveränität, Repräsentativ-system, Mehrheitsentscheidungen

Aufgabenverteilung zwischenBund und Ländern

Rechtssicherheit, Rechtsgleichheit, Rechtsschutz vor Willkür

Soziales Handeln, SozialeGerechtigkeit, Sozialpolitik

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

Art. 20 Grundgesetz

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Recht-sprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt unddie Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

Strukturprinzipien des GrundgesetzesGrundsätze der Verfassung

Lizenz: Creative Commons by-nc-nd/3.0/deBundeszentrale für politische Bildung, 2009, www.bpb.de

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Grundsätze der Verfassung

Strukturprinzipien des Grundgesetzes

Die „Verfassung in Kurzform“: Die ersten drei Absätze des Artikel 20 GG legen Demokratie, Bundesstaatlichkeit, Rechtsstaatlich-keit und Sozialstaatlichkeit als Grundsätze der Verfassung fest.

„Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt. Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.“

Diese Sätze sind in den ersten drei Absätzen des Artikels 20 des Grund-gesetzes (GG) für die Bundesrepublik Deutschland festgeschrieben. Sie werden als „Verfassung in Kurzform“ bezeichnet, denn sie enthalten deren wichtigste Strukturprinzipien: Demokratie, Bundesstaatlichkeit sowie Rechtsstaatlichkeit und Sozialstaatlichkeit. Diese werden in Artikel 79 als unveränderlicher Teil des Grundgesetzes festgelegt und in anderen Artikeln des Grundgesetzes weiter ausformuliert. Da diese Prinzipien so wichtig sind, wurden sie auch in die Präambel des Einigungsvertrages übernommen.

Das Demokratieprinzip besagt, dass alle Gewalt vom Volk ausgeht, dieses also der Souverän ist. In der repräsentativen Demokratie der Bundesrepublik werden die Interessen der Bürgerinnen und Bürger durch die gewählten Vertreter in den Parlamenten wahrgenommen, die nach dem Mehrheitsprinzip entscheiden.

Die deutschen Länder blicken auf eine lange Geschichte der Unabhän gig-keit zurück. Über weite Strecken der deutschen Geschichte waren sie eine nur lose durch Institutionen oder Herrscher verbundene Samm lung verschiedenster Einheiten. Darauf aufbauend haben sich die Mütter und Väter des Grundgesetzes für eine bundesstaatliche Repu blik entschieden. In dieser stehen den Bundesländern, die aus diesen alten Territorien hervorgegangen sind, viele Befugnisse im föderalen System zu. Nicht zuletzt trug die Erfahrung des totalitären Staates der National-sozialisten dazu bei, dieses System als Sicherung gegen eine erneute Machtkonzentration in den Händen einer Person oder des Zentral staates zu installieren. Das Grundgesetz regelt die Aufgabenver teilung zwischen Bund und Ländern sehr genau. Eine Vielzahl von Gesetzen, die der Bundestag verabschiedet, bedarf der Zustimmung durch die Vertretung der Länder, des Bundesrates. Sie sind also in entscheidender Weise an der Gesetzgebung beteiligt. Zudem sind ihnen viele Aufgaben der öffentlichen Verwaltung zugeordnet.

Das Strukturprinzip der Rechtsstaatlichkeit bedeutet, dass die Gesetz-gebung an die Verfassung gebunden ist und Gesetze nicht willkürlich verabschiedet werden dürfen. Auch die Politik ist an das Recht gebun-den und steht nicht über ihm. Die nationalsozialistische Doktrin eines dem Recht übergeordneten Führerwillens oder Gesetze, die die Ver-fassung brechen, sind in der Bundesrepublik durch das Grundgesetz ausgeschlossen. Auch die vollziehende Gewalt, die Verwaltung und die Rechtsprechung sind an das geltende Recht gebunden. Dieses schützt die Bürger vor Willkürakten und garantiert zugleich auch die Gleichheit eines jeden Bürgers vor dem Gesetz. In einem Rechtsstaat

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Grundsätze der Verfassung

Strukturprinzipien des Grundgesetzes

wachen unabhängige Richter über die Einhaltung der Gesetze. Der Rechtsweg zu ihnen steht jedem Bürger offen.

Dem Sozialstaatsprinzip sind im Grundgesetz nur wenige Worte ge-widmet, durch die Erwähnung in Artikel 20 GG aber kommt ihm Ver-fassungsrang zu. Zusammen mit Artikel 1 GG, der die Würde des Menschen als unantastbar garantiert und deren Schutz zu einer Ver-pfl ichtung der staatlichen Gewalt erklärt, lassen sich für den Sozialstaat bestimmte Prinzipien ableiten. So geht man allgemein davon aus, dass sich daraus die Garantie eines bestimmten Existenzminimums ableiten lässt und das bestimmte Gruppen des besonderen Schutzes bedürfen. Diese Verpfl ichtung führt zusammen mit Artikel 3 GG, welcher das Dis-kriminierungsverbot enthält, auch dazu, dass der Staat für eine Angleich-ung der Lebenschancen aller Bürger Sorge zu tragen hat. Das Ziel der Sozialpolitik ist die Schaffung von sozialer Gerechtigkeit.

Mehr Informationen auf www.bpb.de

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Schutz der Menschenwürde

Recht auf gesetzlichen Richter

Gleichheit vor dem Gesetz

Glaubens- und Gewissensfreiheit

Freie Meinungsäußerung

Schutz der Ehe und Familie

Brief- und Postgeheimnis

Freie Entfaltung der Persönlichkeit

Freie Berufswahl

Unverletzlichkeit der Wohnung

Gewährleistung des Eigentums

Gesetzliche Regelung bei Überführung in Gemeineigentum

Staatliche Schulaufsicht, ElternrechteAsyl

Richterentscheid über Verwirkung der Grundrechte

Wesensgehalts- und Rechtswegegarantie / Einschränkung der Grundrechte

Rechtsgarantien bei Freiheitsentziehung

Gleicher Zugang zu öffentlichen Ämtern

Widerstand gegen Beseitigung der verfassungsgemäßen Ordnung

Wahlrecht

Vereinigungsfreiheit

Versammlungsfreiheit

Freizügigkeit

Staatsangehörigkeit

Rechtliches Gehör vor Gericht

Petitionsrecht

Bürg

erre

ch

te

Menschenrechte

Jeder hat das Recht auf...

Alle

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s Recht auf...

GrundrechteRechtsgarantien im Grundgesetz

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Rechtsgarantien im Grundgesetz

Grundrechte

Menschenwürde, Wahlrecht, Asyl und das Recht auf freie Berufs-wahl: Das Grundgesetz schreibt zahlreiche Menschen- und Bürgerrechte fest, zu deren Einhaltung der Staat verpfl ichtet ist.

Mit dem Begriff „Grundrechte“ werden meist die ersten 19 Artikel des Grundgesetz (GG) und die dort geschaffenen Rechtsgarantien be-zeichnet. Weitere wichtige Grundrechte fi nden sich aber auch in anderen Artikeln des Grundgesetzes. So ist zum Beispiel das Recht auf einen gesetzlichen Richter und rechtliches Gehör vor einem Gericht in den Artikeln 101 und 103 GG festgeschrieben. Grundrechte, die in anderen als den ersten 19 Artikeln des Grundgesetzes behandelt werden, be-zeichnet man oft als „grundrechtsgleiche“ Rechte.

Oft wird unterschieden zwischen Menschenrechten, die jedem Men schen zustehen, und Bürgerrechten, die nur Bürgern der Bundesrepublik in vollem Umfang zustehen.

Zu den Menschenrechten gehören zum Beispiel das Recht auf freie Meinungsäußerung, die Glaubens- und Gewissensfreiheit oder das Prinzip der Gleichheit vor dem Gesetz. Oft beginnen die Menschenrechts-artikel mit den Worten „Jeder hat das Recht …“. Diese Grundrechte haben alle Menschen von Geburt an. Weitere Menschenrechte sind der besondere Schutz der Freiheit der Person, der Ehe und der Familie, der Unversehrtheit der Wohnung und des persönlichen Eigentums ebenso wie der Schutz des Brief- und Postgeheimnisses oder das Peti tionsrecht. Zu den Menschenrechten zählen auch die Rechtsnormen, die sich aus den eben genannten ableiten lassen. Dazu gehören die Rechtsgarantien bei Freiheitsentzug, Elternrechte und die staatliche Schulaufsicht, das Recht auf Asyl und die Regelung von Entschädi-

gungen nach Eigentumsverlust durch Vergesellschaftung. Zementiert werden die Menschenrechte in Artikel 1 GG. Er bekennt sich zu den „unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten“ (Art. 1 Abs. 2 GG). Dieser Artikel gehört zum unveränderlichen Teil des Grund-ge setzes und darf in seinen Grundsätzen auch durch entsprechende Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat nicht geändert werden (Art. 79 Abs. 3 GG).

Als Bürgerrechte bezeichnet man hingegen die Grundrechte, die nur deutschen Staatsbürgern zugebilligt werden. Hierzu zählen zum Beispiel das Wahlrecht, die Vereinigungsfreiheit und das Recht auf freie Berufs-wahl. Die entsprechenden Grundgesetzartikel beginnen häufi g mit den Worten „Alle Deutschen haben das Recht …“. Weitere Bürgerrechte sind das Recht auf Freizügigkeit, das Widerstandsrecht bei Bestre-bungen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung, das Recht auf den gleichen Zugang zu öffentlichen Ämtern, das Recht auf Ver-sammlungsfreiheit oder das Recht auf die eigene deutsche Staatsan-gehörigkeit.

Die Grundrechte gehören zum Kern der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Sie genießen daher einen besonderen Schutz. Sie dürfen zwar unter ausdrücklicher Nennung des Artikels durch ein Gesetz eingeschränkt, jedoch nicht in ihrem Wesensgehalt angetastet werden (Art. 19 GG). Auch die grundrechtsgleichen Rechte genießen eine Son-derstellung und können – wie die Grundrechte – von jedem vor dem Bundesverfassungsgericht eingeklagt werden (Art. 93 GG).

Mehr Informationen auf www.bpb.de

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5

6

6

4

3

4

8,0 Mio.

München

Erfurt

Potsdam

Schwerin

Dresden

Hannover

Magdeburg

Stuttgart

Saarbrücken

Wiesbaden

Düsseldorf

Kiel

Mainz

Bayern

Bayern

Berlin

Berlin

3,4 Mio.

Hamburg

1,8 Mio.

Brandenburg

Brandenburg

Sachsen-Anhalt

Sachsen-Anhalt

Thüringen

Thüringen

2,3 Mio.

Mecklenburg-Vorpommern3

3

4

4

4Sachsen

4,2 Mio.

Baden-Württemberg

Baden-Württemberg

23. Mai 1949: Unterzeichnung des Grundgesetzes 03. Oktober 1990: Tag der Deutschen Einheit

10,7 Mio.

Nordrhein-Westfalen

18,0 Mio.

Niedersachsen

Schleswig-Holstein

2,8 Mio.

Bremen

Bremen

0,7 Mio.

Saarland

Sachsen

Saarland

1,0 Mio.

Rheinland-Pfalz

4,0 Mio.

Hessen

6,1 Mio.

6

6

4

4

2,4 Mio.

12,5 Mio.

2,5 Mio.

1,7 Mio.

Hamburg

Hessen

Mecklenburg-Vorpommern

Niedersachsen

Nordrhein-Westfalen

Rheinland-Pfalz

Schleswig-Holstein

3

Föderalismus und BundesländerBundesländer mit Hauptstädten, Einwohnern und Stimmen im Bundesrat

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Page 7: Deutschland in 24 Folien - Bundeszentrale Fur Politische Bildung

Seite 7

Bundesländer mit Hauptstädten, Einwohnern und Stimmen im Bundesrat

Föderalismus und Bundesländer

In Deutschland gibt es 16 Bundesländer: Im kleinsten leben nur etwa 700.000 Menschen, im größten mehr als 18 Millionen. Die Ein-wohnerzahl bestimmt auch die Anzahl der Stimmen im Bundesrat.

Insgesamt leben in der am 3. Oktober 1990 vereinten Bundesrepublik Deutschland mehr als 82 Millionen Menschen. Dabei unterscheiden sich die Einwohnerzahlen in den 16 Ländern der als Bundesstaat ver-fassten Bundesrepublik deutlich.

Die wenigsten Einwohner hat die Freie Hansestadt Bremen, die zu-sammen mit der Stadtgemeinde Bremerhaven ein Bundesland bildet. Dort wohnen ca. 700.000 Menschen. Etwas mehr Menschen leben im Saarland, welches insgesamt eine Million Bürger hat. Es folgen das am dünnsten besiedelte Flächenland Mecklenburg-Vorpommern (1,7 Millionen Einwohner), der Stadtstaat Freie und Hansestadt Hamburg (1,8 Millionen Einwohner), der Freistaat Thüringen (2,3 Millionen Ein-wohner), Sachsen-Anhalt (2,4 Millionen Einwohner), Brandenburg (2,5 Millionen Einwohner), Schleswig-Holstein (2,8 Millionen Einwohner) und der dritte Stadtstaat Berlin mit 3,4 Millionen Einwohnern.

Das bevölkerungsreichste Bundesland ist das 1946 aus dem nörd-lichen Teil der preußischen Rheinprovinz und aus der Provinz Westfalen gebildete Nordrhein-Westfalen mit 18 Millionen Einwohnern. Der Frei-staat Bayern (12,5 Millionen Einwohner) und Baden-Württemberg (10,7 Millionen Einwohner) sind die zweit- und drittgrößten Länder. Niedersachsen (8 Millionen Einwohner), Hessen (6,1 Millionen Ein-wohner), der Freistaat Sachsen (4,2 Millionen Einwohner) und Rhein-land-Pfalz (4 Millionen Einwohner) teilen sich die mittleren Plätze.

Die Einwohnerzahl eines Bundeslandes bestimmt auch die Anzahl der Stimmen im Bundesrat für dieses Land. Allerdings sind hier die Unter schiede ausgeglichen, so dass die kleinen Bundesländer nicht übermäßig benachteiligt werden. Gemäß Artikel 51 Absatz 2 des Grundgesetzes hat jedes Land mindestens drei Stimmen. Länder mit mehr als zwei Millionen Einwohnern haben vier, Länder mit mehr als sechs Millionen Einwohnern fünf und Länder mit mehr als sieben Mil lionen Einwohnern sechs Stimmen. Insgesamt gibt es im Bundesrat 69 Stimmen.

Mehr Informationen auf www.bpb.de

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Bürger/innen

Kommune

Land

Bund

Wasser- und

Energieversorgung StraßenreinigungMüllabfuhr

Verteidigungweitere ForschungSoziale Sicherung

Bundeszuweisungen

Länderfinanzausgleich

Kommunaler Finanzausgleich

KulturPolizeiBildungweitere

weitere

Steuern Abgaben Gebühren

Bund

Land

Kommune

Bund, Länder, KommunenBeispiele für Einnahmen und Aufgaben

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Seite 9

Beispiele für Einnahmen und Aufgaben

Die Bürger zahlen Steuern, Abgaben und Gebühren. Diese werden von Bund, Ländern und Kommunen genutzt, um ver schiedenste Aufgaben zu bezahlen: von der Bildung bis zur Verteidigung.

Zahlreiche Aufgaben und Dienstleistungen, die Bürger in ihrem Alltag in Anspruch nehmen, werden durch öffentliche Dienste geleistet. Dabei übernehmen die verschiedenen Ebenen der öffentlichen Verwaltung unterschiedliche Aufgaben. Die Finanzierung der öffentlichen Aufgaben wird von den Bürgern über Steuern und Abgaben geleistet.

Unter Steuern versteht man Geldleistungen an den Staat, die ohne einen Anspruch auf eine individuelle Gegenleistung erbracht werden müssen. Gebühren und Abgaben hingegen sind Geldleistungen für Dienstleistungen, die der Bürger oder die Bürgerin empfängt.

Die Gemeinden beziehen ihre Einnahmen aus mehreren Quellen. Zum einen können die Gemeinden bestimmte Steuern selbst festlegen und einziehen. Dazu gehören als wichtigste Posten die Gewerbesteuer und die Grundsteuer. Aber auch geringere Steuern wie die Hunde- und die Getränkesteuer fallen auf der Ebene der Gemeinden an. Eine wichtige Einnahmequelle für die Gemeinden ist ihr Anteil an der Lohn- und Ein-kommenssteuer der bei ihnen wohnhaften Bürger. 15 Prozent dieser Steuer erhalten die Gemeinden. Des Weiteren erhalten die Gemeinden einen kleinen Anteil der Umsatzsteuer, 2008 betrug dieser Anteil zwei Prozent am Gesamtvolumen der Umsatzsteuer. Weitere Einnahmen entstehen aus den Gebühren, die die Bürger direkt für eine angebotene Dienstleistung bezahlen, wie z.B. Eintrittsgelder für Museen, Gebühren für die Ausstellung eines Personalausweises oder auch die Abwasser-entsorgung. Da diese Einnahmen oft nicht ausreichen, stellt der Bund

oder das Bundesland im Rahmen einer Zuweisung oder eines Lasten-ausgleichs den Gemeinden zusätzliche Finanzmittel zur Verfügung.

Die Länder erhalten zurzeit 42,5 Prozent der Lohn- und Einkommens-steuer und einen Teil der Umsatzsteuer (2008: 43,3 Prozent). Weitere Einnahmen erzielen sie durch explizite Landessteuern wie die Grund-erwerbsteuer, die Kraftfahrzeugsteuer oder die Erbschaftsteuer. Auch gehen Einnahmen aus dem Lotterie- und Glücksspielgewerbe an sie. Da unter den Ländern Unterschiede in der Finanzkraft bestehen und ihre Einnahmen variieren, wird den fi nanzschwachen Bundesländern mittels eines Finanzausgleichs ein Teil der Einnahmen der fi nanzstär-keren Länder zur Verfügung gestellt (Länderfi nanzausgleich). Dies ist notwendig, da die Länder große Aufgabenbereiche haben. So sind Schulen, Universitäten, Polizei, die Rechtspfl ege, das Gesundheits-wesen und die Kultur Politikfelder, die in der Verantwortung der Bundesländer liegen.

Der Bund erhält zur Finanzierung seiner Aufgaben – genau wie die Länder – 42,5 Prozent der Lohn- und Einkommenssteuer und einen Anteil an der Umsatzsteuer (2008: 54,7 Prozent). Ihm stehen dazu noch die Energiesteuer (ehemals Mineralölsteuer), die Versicherungs steuer und weitere Verbrauchssteuern zu. Mit seinen Einnahmen über nimmt er durch seine Anteile an der Renten-, Kranken- und Arbeitslosen-versicherung einen wesentlichen Teil der sozialen Sicherungsfunktionen. Auch die Verteidigungsausgaben und die Kosten der Außen politik werden vom Bund getragen. Er erbringt des Weiteren große Aufwen-dungen in der Wirtschaftsförderung und im Verkehrswesen.

Mehr Informationen auf www.bpb.de

Bund, Länder, Kommunen

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Kommunalwahlen

BundestagswahlenLandtagswahlen

Europawahlen wählt

wählt wählt

wählt

frei

geheim

gleich

direkt

allgemein

WahlenWahlgrundsätze und Beispiele für Abstimmungen

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Wahlgrundsätze und Beispiele für Abstimmungen

Wahlen

Von der Kommunalwahl bis zur Wahl des Europaparlaments: Wahlen erfolgen in Deutschland nach fünf im Grundgesetz fest verankerten Wahlgrundsätzen.

Wahlen sind ein Kernelement der Demokratie. Sie sind die direkte Mög-lichkeit politischer Beteiligung und Einfl ussnahme. Zudem sind Wahlen ein entscheidendes Kontrollmittel in der Demokratie: Sie geben den Wäh-lern die Möglichkeit, eine Regierung abzuwählen, mit deren Leistung sie unzufrieden sind. Für eine Mehrheit der Bürger ist die Teil nahme an Wahlen auch die einzige regelmäßige Beteiligung am poli tischen Prozess.

Allgemein, direkt, frei, gleich und geheim sollen Wahlen in der Bundes republik sein. Dies legen die Artikel 28 und 38 des Grundge-setzes (GG) für alle Ebenen der Volksvertretungen fest.

Allgemein: Alle Staatsbürger ab einem bestimmten Lebensalter können unabhängig von ihrem sozialen Status und ihrem Einkommen wählen oder gewählt werden.

Direkt: In Deutschland existiert kein Wahlmännersystem, wie zum Beispiel in den USA bei der Präsidentenwahl.

Frei: Die Bürger können ohne fremden Einfl uss oder Druck ihre Ent-scheidung treffen. Sie können sich auch entscheiden, nicht wählen zu gehen. Es herrscht keine Wahlpfl icht.

Gleich: Alle Stimmen haben das gleiche Gewicht. Es wird also keine Stimme höher bewertet als andere.

Geheim: Das Prinzip der geheimen Wahl bestätigt die vorange gang-enen Prinzipien. Durch das Wählen in der Wahlkabine kann ein Druck auf die Wähler verhindert werden.

Allerdings ist nicht jeder in Deutschland lebende Mensch auch wahlbe-rechtigt. Bei vielen Wahlen in Deutschland dürfen nur deutsche Staats-bürger ihre Stimme abgeben, die mindestens 18 Jahre alt sind. Diese können in der Regel an vier Wahlen teilnehmen: Der Bundestagswahl, der Landtagswahl, der Kommunalwahl und der Europawahl.

Die Wahlen zum Deutschen Bundestag fi nden in der Regel alle vier Jahre statt, für die Wahlen zu den Landes- oder Kommunalvertretungen existieren in den verschiedenen Bundesländern unterschiedliche Regelungen bezüglich der Dauer einer Legislaturperiode. In einigen Ländern umfasst die Legislaturperiode vier Jahre, in anderen fünf. Auch gelten in manchen Bundesländern deutsche Staatsangehörige bereits nach der Vollendung des 16. Lebensjahres als wahlberechtigt für die Kommunalvertretungen. Alle Bundesbürger, die mindestens 18 Jahre alt sind, dürfen für den Deutschen Bundestag kandidieren (passives Wahlrecht). Für bestimmte Ämter, zum Beispiel das des Bundespräsidenten und für einige Landtags- und Kommunalwahlen, gelten abweichende Regeln.

Staatsbürger von Mitgliedsstaaten der Europäischen Union verfügen an jedem Ort innerhalb der EU über aktives und passives Wahlrecht bei der Wahl zum Europäischen Parlament und den Kommunalwahlen. Sie sind in dieser Hinsicht den Staatsangehörigen des Landes, in dem sie ihren Wohnsitz haben, gleichgestellt.

Mehr Informationen auf www.bpb.de

Page 12: Deutschland in 24 Folien - Bundeszentrale Fur Politische Bildung

Fraktion

mindestens 5 % aller Abgeordneten

Fraktion

mindestens 5 % aller Abgeordneten

Fraktion

mindestens 5 % aller Abgeordneten

Fraktion

Fraktionslos

mindestens 5 % aller Abgeordneten

Bundestag

ParteimitgliedParteimitglied ParteimitgliedParteimitglied

Bundestagspräsidium BundestagsverwaltungÄltestenrat

Bundestagspräsident Vizepräsidenten

Bürger/innen

Erststimme Direktwahl

Regierungsmehrheit Opposition

Zweitstimme Listenwahl

BundestagWahl des Bundestages und Beispiele für seine Zusammensetzung

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Page 13: Deutschland in 24 Folien - Bundeszentrale Fur Politische Bildung

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Wahl des Bundestages und Beispiele für seine Zusammensetzung

Bei der Bundestagswahl hat jede Wählerin und jeder Wähler zwei Stimmen: eine Erst- und eine Zweitstimme. Mit der Erststimme kann ein Direktkandidat gewählt werden. Die Zweit stimme ent-scheidet, wie viele Sitze eine Partei im Bundestag erhält.

Insgesamt besteht der Bundestag aus mindestens 598 Abgeordneten. 299 von ihnen werden direkt gewählt. Dafür stellen sich in jedem Wahlkreis sogenannte Direktkandidaten zur Wahl. Diese können einer Partei angehören oder als Parteilose kandidieren. Mit der Erststimme entscheiden sich die Wähler für einen der Kandidaten. Der Kandidat mit den meisten Stimmen gewinnt und bekommt einen Sitz im Bundes-tag. Das System der Erststimme stellt sicher, dass alle Regionen in Deutschland im Bundestag vertreten sind.

Mit der Zweitstimme können die Wähler für die Liste einer in ihrem Bundesland zugelassenen Partei stimmen. Auf dieser sind die Kandi-daten der jeweiligen Partei in einer festen Reihenfolge aufgelistet. Der Anteil an Zweitstimmen für eine Partei entscheidet, ob und wie viele Sitze der Partei im Bundestag zustehen. Denn nur Parteien, die mindestens fünf Prozent der Zweitstimmen auf sich vereinigen konnten, erhalten überhaupt einen Sitz im Parlament. Diese Fünf-Prozent-Hürde gilt jedoch nicht, wenn eine Partei mindestens drei Direktmandate er-ringen konnte. Die Aufteilung der Sitze geschieht nach dem Proporz –die Parteien erhalten also entsprechend ihrem Anteil an Zweitstimmen eine bestimmte Anzahl an Sitzen. Diese Sitze werden zunächst an die Direktkandidaten vergeben. Sind dann noch Sitze übrig, werden diese mit den Kandidaten der Parteilisten entsprechend ihres Listen-platzes besetzt.

Erreicht eine Partei in einem Bundesland mehr Direktmandate als ihr dort insgesamt anhand der Ergebnisse der Zweitstimmen an Proporz-mandaten zustehen, entstehen für diese Partei sogenannte Überhang-mandate und die Gesamtzahl der Mitglieder des Bundestages erhöht sich. Dem 17. Deutschen Bundestag (seit 27. Oktober 2009) gehören zum Beispiel 622 Mitglieder an, d. h. es gab nach der Wahl 24 Über-hangmandate.

Eine besondere Rolle im Bundestag haben die Fraktionen. Zu diesen können sich Gruppen von Abgeordneten zusammenschließen, wenn sie mehr als fünf Prozent aller Mitglieder des Bundestages ausmachen. Voraussetzung für die Bildung einer Fraktion ist, dass die Mitglieder entweder einer Partei angehören oder verschiedenen Parteien, die sich in keinem Bundesland gegenseitig Konkurrenz machen. Seit 1949 sitzen so CDU und CSU als eine gemeinsame Fraktion im Bundestag, wobei die CSU nur in Bayern zur Wahl antritt und die CDU in allen übrigen Bundesländern.

Mit dem Fraktionsstatus gehen bestimmte Rechte einher. So haben die Fraktionen ein Anrecht auf einen der Posten der stellvertretenden Parlamentspräsidenten, eine Vertretung im Ältestenrat, ein Sitzungs-zimmer im Reichstagsgebäude sowie eine fi nanzielle Entschädigung zur Führung der laufenden Geschäfte. Zudem haben Fraktionen ein Anrecht auf eine Vertretung in den Ausschüssen gemäß ihrer Mitglieder-stärke. In vielen Fällen ist das Antragsrecht an ein Quorum gebunden, das der Mindestgröße einer Fraktion entspricht. Auch die Redezeiten sind nach der Größe der Fraktionen geregelt. Der Zusammenschluss als Fraktion bietet also viele Vorteile. Scheidet ein Abgeordneter aus

Bundestag

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Seite 14

Wahl des Bundestages und Beispiele für seine Zusammensetzung

Bundestag

einer Fraktion aus, ist er als unabhängiger Kandidat gewählt oder schließt ihn eine Fraktion aus, so ist seine parlamentarische Arbeit in der Praxis gegenüber den Mitgliedern einer Fraktion erschwert.

Die Abgeordneten wählen den Bundeskanzler oder die Bundes-kanzlerin und bestimmen so die Regierung. Im Idealfall hat die Re-gierung eine Mehrheit der Abgeordneten hinter sich. Es ist aber auch denkbar, dass eine Regierung über keine Mehrheit verfügt und sich von einer Fraktion, die nicht in der Regierung vertreten ist, bei Gesetzes-vorlagen und Ab stimmungen unterstützen lässt. Dieses nennt man dann Duldung einer Minderheitsregierung – eine Konstellation, die es in der Bundes republik Deutschland auf Bundesebene noch nicht gab.

Die Sitzungen und Abstimmungen des Bundestages werden vom Bundestagspräsidenten oder einem der Stellvertreter geleitet. Dem Präsidium steht ein Apparat an Fachkräften, die Bundestagsver waltung, zur Seite, um diese Aufgabe zu bewältigen. Eine wichtige Rolle für das reibungslose Funktionieren des beschriebenen parla menta rischen Prozesses spielt der Ältestenrat. Er besteht aus dem Bundestags-präsidenten, seinen Stellvertretern und 23 weiteren erfahrenen Ab-geordneten. Der Ältestenrat hilft dem Bundestagspräsi denten zum Beispiel bei der Festlegung der Termine für die Sitzungswochen und der Bestimmung der Tagesordnungen. In ihm werden auch eventuell auftretende Streitigkeiten über die Arbeitsweise be sprochen und geschlichtet.

Mehr Informationen auf www.bpb.de

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Bürger/innen

weitere

Bundeshaushalt verabschiedenBundeskanzler wählenGesetzgebungBundesregierung kontrollieren

Gremien, Beiräte, Kommissionen

EU-Ausschuss Sonderausschüsse

zwischen Bundestag und Bundesrat

Bundestag

Plenum

Bundestag und Bundesrat

Petitionsausschuss

Petitionen

Vermittlungsausschuss

Gemeinsamer Ausschuss

Ständige Ausschüsse

Verteidigung Auswärtiges Haushalt

Untersuchungsausschüsse

Europaabgeordnete

wählen

BundestagBeispiele für Aufgaben und Arbeitsweisen

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Beispiele für Aufgaben und Arbeitsweisen

Bundestag

Der Bundestag ist eine Mischform aus Arbeitsparlament und Redeparlament. Im Plenum fi nden richtungsweisende politische Debatten statt. Und „hinter den Kulissen“ arbeiten die Aus-schüsse.

Die Vollversammlung aller Abgeordneten des Deutschen Bundestags nennt man Plenum. In den Plenarsitzungen fi nden die öffentlichkeits-wirksamen Auseinandersetzungen statt. Diese Parlamentsdebatten dienen vor allem dazu, die Wähler über die verschiedenen Positionen der im Bundestag vertretenen Parteien zu informieren. Rederecht haben alle Abgeordneten sowie Mitglieder der Bundesregierung und des Bundesrates. Zu besonderen Anlässen dürfen auch hohe Staatsgäste im Plenarsaal sprechen.

Die Dauer einer Debatte wird vom Ältestenrat festgesetzt. Wie viel Rede zeit dabei die einzelnen Fraktionen enthalten, wird von deren Größe bestimmt: Je größer eine Fraktion, desto mehr Redeminuten stehen ihr zu. Welche Politiker sprechen dürfen, legen die Fraktionen selbst fest. Der Verlauf folgt dem Prinzip von Rede und Gegenrede: auf eine bestimmte Position soll eine abweichende Meinung folgen. Mit-glieder der Bundesregierung und des Bundesrats dürfen jederzeit im Plenum das Wort ergreifen.

Das Plenum nimmt wichtige Kontrollrechte des Parlaments wahr: In aktuellen Stunden, großen Anfragen, Regierungsbefragungen und Fragestunden befassen sich die Abgeordneten mit aktuellen Themen oder fordern mündliche Stellungnahmen der Bundesregierung ein.

Im Plenum wird schließlich auch über Gesetzesvorlagen abgestimmt. Der Bundestag ist beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte der Abgeordneten anwesend ist. Im Vorfeld einer Abstimmung haben die einzelnen Fraktionen meist bereits beschlossen, wie sie sich im Plenum verhalten wollen. In der Regel halten sich die Fraktionsmitglieder an den Mehrheitsbeschluss ihrer Fraktion (Fraktionsdisziplin). Allerdings kann kein Abgeordneter dazu gezwungen werden. Über Gesetze wird im Bundestag immer offen abgestimmt

In den Ausschüssen können die Abgeordneten in kleinerer Runde die Gesetzesvorlagen diskutieren und den hinzugezogenen externen Sachverständigen zuhören. Die Fraktionen entsenden die Experten unter ihren Abgeordneten in die Ausschüsse. Dieses geschieht ent-sprechend ihren Kräfteverhältnissen im Parlament. Die Ausschüsse erarbeiten die Vorlagen, die anschließend dem Plenum zur Abstimmung vorgelegt werden. Die anderen Fraktionsmitglieder werden durch ihre Vertreter in den Ausschüssen über die Vorlagen informiert und über-nehmen häufi g deren Rat.

Man unterscheidet zwischen den ständigen Ausschüssen und einer Anzahl von Ausschüssen, die nur im Bedarfsfall eine Rolle spielen. Diese werden wieder aufgelöst, nachdem sie ihre Aufgabe bewältigt haben. Im Grundgesetz ist nur die Bildung von Ausschüssen für An-gelegenheiten der Europäischen Union, auswärtige Angelegenheiten und für Verteidigung festgeschrieben. Für die Legislaturperiode 2005-2009 hatte der Bundestag 22 ständige Ausschüsse gebildet. Oft ent sprechen die Ausschüsse den in der Regierung vertretenen Fach-

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Beispiele für Aufgaben und Arbeitsweisen

Bundestag

ministerien. Der größte Ausschuss des Bundestages ist der Haushalts-ausschuss. Das Budget einer Bundesregierung wird durch das Parlament festgelegt. Der Haushaltsausschuss, der die Vorlage des Bundes fi nanzministeriums berät, ist also sehr wichtig.

Eine Besonderheit stellt der Gemeinsame Ausschuss dar. Dieser 48 Mitglieder umfassende Ausschuss besteht zu zwei Dritteln aus Ver-tretern des Bundestages und zu einem Drittel aus Mitgliedern des Bundesrates. Der Gemeinsame Ausschuss stellt eine Art Notparlament für den Fall dar, dass im Verteidigungsfall der Bundestag nicht recht-zeitig zusammentreten kann. Auch im Vermittlungsausschuss ist der Bundesrat vertreten. Seine Aufgabe ist es, einen Kompromiss zwischen beiden Verfassungsorganen in den Fällen zu fi nden, in denen ein vom Bundestag verabschiedetes Gesetz keine Zustimmung im Bundesrat erhält.

Der Petitionsausschuss hingegen ist der einzige Ausschuss des Parla-ments, der sich nicht mit dem direkten parlamentarischen Arbeits-prozess beschäftigt, sondern eine Anlaufstelle für die Bürger bildet. Das Grundgesetz garantiert die Möglichkeit der Beschwerde oder Eingabe an das Parlament als ein Grundrecht. Im Petitionsausschuss werden diese Eingaben geprüft und bearbeitet. Manchmal kann seine Arbeit den Missstand bereits aufheben, in anderen Fällen kommt es zu einer Behandlung des Problems im Bundestag.

Das Parlament ist ebenfalls für die Gesetzgebung, die Verabschiedung des Haushalts und die Schaffung einer Regierung durch die Wahl des

Bundeskanzlers zuständig. Eine weitere Hauptaufgabe ist die Kon-trolle der Exekutive. Hierzu dienen nicht zuletzt Untersuchungsaus-schüsse. Ein solcher Untersuchungsausschuss kann durch Antrag von einem Viertel der Abgeordneten erzwungen werden. Diese in der Regel öffentlich tagenden Sonderausschüsse werden oft bei sehr kontroversen Missständen oder einem vermuteten Fehlverhalten staat-licher Stellen oder Personen (z. B. von Abgeordneten, Regierungs-mitgliedern oder Beamten) eingesetzt.

Mehr Informationen auf www.bpb.de

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Inneres

weitere

wählt VertrauensfrageMisstrauensvotum

Bundestag

Kabinett

MehrheitsentscheidungenRessortprinzipKollegialprinzip

VerteidigungGesundheit

AuswärtigesFinanzen

Arbeit und Sozials

Bundeskanzler

Justiz

Richtlinienkompetenz

Bundeskanzler und BundesregierungWahl und zentrale Arbeitsprinzipien

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Wahl und zentrale Arbeitsprinzipien

Bundeskanzler und Bundesregierung

Der Bundeskanzler wird in Deutschland nicht direkt vom Volk, sondern vom Bundestag gewählt. Gemeinsam mit den Bundes-ministern bildet er oder sie die Bundesregierung.

In der deutschen parlamentarischen Demokratie haben die gewählten Volksvertreter eine starke Rolle bei der Gestaltung der Politik. Anders als in Ländern, in denen das Staatsoberhaupt auch der Regierungschef ist und direkt vom Volk gewählt wird, wählen in Deutschland die Mit-glieder des Bundestages den Bundeskanzler oder die Bundeskanzlerin für vier Jahre. In der Regel ist dieses der Kandidat der stärksten Frak-tion des Bundestages.

Der Kanzler wird ohne Aussprache vom Bundestag gewählt. Die Wahl erfolgt auf Vorschlag des Bundespräsidenten. Im ersten Wahl-gang muss die absolute Mehrheit der Mitglieder des Bundestages erreicht werden. Ist sie erreicht, muss der Bundespräsident den Ge-wählten zum Kanzler ernennen. Verfehlt der Kandidat die absolute Mehrheit, können innerhalb von 14 Tagen beliebig viele Wahlvorgänge vorge nommen werden. Gewählt ist immer nur derjenige, der die abso-lute Stimmenmehrheit auf sich vereinigt. Erst nach Ablauf dieser Frist genügt bei einem neuen Wahlgang die relative Mehrheit. Bisher wurden jedoch alle Bundeskanzler seit 1949 bereits im ersten Wahl gang gewählt.

Der Bundeskanzler plus die von ihm vorgeschlagenen und durch den Bundespräsidenten ernannten Bundesminister bilden die Bundesre-gierung. Die Minister führen ihre Ressorts eigenverantwortlich. Dieses nennt man das Ressortprinzip. Bei Konfl ikten zwischen den Mitgliedern

der Bundesregierung entscheiden die Regierungsmitglieder durch Mehr-heitsbeschluss, was man als Kollegialprinzip bezeichnet.

Dem Bundeskanzler kommt in diesem Kollegium allerdings eine be-sondere Rolle zu. Nicht nur verfügt er im Verteidigungsfall über die Befehls- und Kommandogewalt des Militärs, ihm steht im politischen Alltagsgeschäft auch die so genannte Richtlinienkompetenz zu (Art. 65 GG). Nur er ist demokratisch legitimiert und dem Parlament gegen-über direkt verantwortlich. Daraus begründet sich seine Stellung als primus inter pares (Erster unter Gleichen). Die Richtlinienkompetenz besagt, dass der Bundeskanzler die Grundlinien der Innen- und Außen politik festlegt.

Die Verantwortlichkeit des Bundeskanzlers ist im sogenannten kon-struktiven Misstrauensvotum geregelt (Art. 67 GG). In der Weimarer Reichsverfassung war vorgesehen, dass der Reichskanzler, nachdem ihm der Reichstag das Vertrauen entzogen hat, zurücktreten musste, ohne dass eine Alternative vorliegen oder Mehrheiten für eine stabile Regierungsbildung vorhanden sein mussten. Dieses hat zur Instabili-tät der Weimarer Republik beigetragen. Aus diesem Grund sieht das Grundgesetz vor, dass der Bundestag dem Bundeskanzler das Miss-trauen nur dadurch aussprechen kann, dass er mit der Mehrheit seiner Mitglieder einen Nachfolger wählt. Auf diese Weise ist eine Regierungs-kontinuität gewährleistet.

Umgekehrt kann der Bundeskanzler im Bundestag die Vertrauens-frage stellen (Art. 68 GG). Findet der Antrag des Bundeskanzlers, sich

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Wahl und zentrale Arbeitsprinzipien

Bundeskanzler und Bundesregierung

das Vertrauen aussprechen zu lassen, bei der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages keine Zustimmung, so kann der Bundeskanzler dem Bundespräsidenten die Aufl ösung des Bundestages vorschlagen. Die Vertrauensfrage kann auch mit einer Sachentscheidung verknüpft werden, also einem konkreten Gesetzentwurf oder einem anderen Antrag.

Den Bundesministern steht durch die Ministerien eine große Zahl von Mitarbeitern zur Verfügung. Dem Bundeskanzler arbeitet das Bundeskanzleramt zu. Seine Struktur der „Spiegelreferate“ bildet die Ressortverteilung der Bundesregierung ab und dient dem reibungs-losen Infor mationsfl uss. Über das Bundeskanzleramt wird der Bundes-kanzler über die Arbeit der Ministerien auf dem Laufenden gehalten. In den Sitzungen des wöchentlich tagenden Bundeskabinetts wird der Bundeskanzler so auf die Diskussion vorbereitet.

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Mitwirkung an der Verwaltung des BundesMitwirkung an Europäischen AngelegenheitenMitwirkung an Gesetzgebung des Bundes

bilden

wählen

bilden

wählen

Wirtschaft

Mecklenburg-Vorpommern3

Bundesrat

Stimmen im Bundesrat

Saarland 3

6

6Niedersachsen

Bayern6

Berlin4

Brandenburg4

Bremen3

Hamburg3

Hessen5 Nordrhein-Westfalen

4Rheinland-Pfalz

4Sachsen

Thüringen 4

4Schleswig-Holstein

Sachsen-Anhalt 4

Agrar

Europa

Arbeit und Sozialpolitik

Auswärtige Angelegenheiten

Familie und Senioren

Gesundheit

Inneres

Recht

Verkehr

Verteidigung

Wohnungsbau

Umwelt

Finanzen

Frauen und Jugend

Kultur

Baden-Württemberg6

AusschüsseAusschüsse

Bürger/innen

Landesregierungen

Ministerpräsidenten

Landesparlamente

Landesregierungen

Ministerpräsidenten

Landesparlamente

BundesratBeispiele für Aufgaben und Organisation

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Beispiele für Aufgaben und Organisation

Der Bundesrat ist die Vertretung der Bundesländer. Durch ihn wirken sie maßgeblich an der Gesetzgebung mit. Dabei muss der Bundesrat die Interessen der Länder vertreten, aber auch die des Gesamtstaates beachten.

Der Bundesrat ist keine zweite Kammer des Parlaments, sondern ein Organ eigener Art (sui generis), für welches kein Vergleich in den euro-päischen Nachbarländern existiert.

Die Bundesländer sind je nach ihrer Bevölkerungsgröße im Bundesrat vertreten. Jedes Land hat mindestens drei Stimmen. Länder mit mehr als zwei Millionen Einwohnern haben vier und Länder mit mehr als sechs Millionen Einwohnern fünf Stimmen. Sechs Stimmen erhalten Länder mit mehr als sieben Millionen Einwohnern. In der Verteilung dieser Stimmen sind die Repräsentanten eines Bundeslandes nicht frei, vielmehr müssen sie ihre Stimmen einheitlich abgeben. Die Ent-scheidungen sind bereits zuvor in den Länderregierungen und den sie tragenden Koalitionen gefallen. Sie werden im Bundesrat dann nur noch einmal öffentlich vorgetragen und begründet. Die Repräsentanten der Bundesländer im Bundesrat sind Mitglieder der jeweiligen Kabi nette. Dies sind die Ministerpräsidenten und Landesminister, aber auch Staats sekretäre, soweit sie Kabinettsrang besitzen. Über die Auswahl der Re präsentanten und deren Stellvertreter entscheidet jedes Land selbst.

Neben der Bundesregierung und dem Bundestag hat der Bundesrat ein Initiativrecht für Gesetze. Die von ihm beschlossenen Gesetze werden der Bundesregierung zugeleitet und dann mit einer Stellung-

nahme versehen in den Bundestag gegeben. Bei Gesetzen, die von der Bundesregierung oder dem Bundestag initiiert werden, wird zwischen den Zustimmungsgesetzen und Einspruchsgesetzen unterschieden:

Zustimmungsgesetze sind Gesetze, in denen die Finanzen oder die Verwaltungsstruktur der Länder betroffen sind. Ihnen muss der Bundes-rat zustimmen. Auch Gesetze, deren Gegenstand eine Verfassungs-änderung ist, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates. Einspruchs- gesetze hingegen sind Gesetze, zu denen eine Zustimmung des Bundesrates zwar nicht erforderlich ist, gegen die er aber einen Ein-spruch erheben darf. Der Bundestag kann diese Gesetze allerdings dennoch verabschieden. Hat der Bundesrat mit einfacher Mehrheit gegen sie votiert, genügt auch im Bundestag die einfache Mehrheit, um dieses Votum zu übergehen. Wurden die Gesetze aber mit Zwei-drittelmehrheit vom Bundesrat abgelehnt, benötigen sie im Bundestag nun eine Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen, mindestens jedoch 50 Prozent der Stimmen aller Mitglieder, um verabschiedet zu werden.

Sollte es zu keiner Einigung zwischen der Länderkammer und dem Bundestag kommen, kann der Vermittlungsausschuss angerufen werden. Dieser besteht je zur Hälfte aus Mitgliedern des Bundestages und je einem Vertreter jedes Bundeslandes. Der Vermittlungsaus-schuss kann Änderungen auf Grund einer Kompromisslösung, die Auf-hebung des Gesetzes oder dessen Annahme empfehlen. In der überwiegenden Zahl aller Fälle hat der Ausschuss in der Geschichte der Bundesrepublik einen Kompromiss gefunden, der dann erneut dem Bundestag zur Abstimmung vorgelegt wurde.

Bundesrat

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Beispiele für Aufgaben und Organisation

Der Bundesrat erfüllt vor allem zwei wichtige Funktionen. Durch die Mitwirkung des Bundesrates können die Bundesländer darüber wachen, dass ihre Befugnisse nicht ohne ihre Mitwirkung durch den Bund verändert oder beschnitten werden. Zudem kommen durch seine Mitwirkung auch Experten zu Wort, die die Bundesgesetze vor Ort in den Ländern und Gebietskörperschaften durchführen müssen und unter Umständen wichtige Änderungsvorschläge einbringen können.

Wie im Deutschen Bundestag werden die Fachthemen zum größten Teil in den jeweiligen Fachausschüssen besprochen. Die Ausschüsse beraten über Gesetzesvorlagen und bringen gegebenenfalls Änderungs-vorschläge mit ein. Seit 1991 gibt es im Bundesrat 16 Ausschüsse. Das entspricht der Anzahl der Bundesländer und somit stellt jedes Land einen Ausschussvorsitz. Thematisch spiegeln die Ausschüsse im Wesentlichen die Fachbereiche der Bundesministerien wider.

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Bundesrat

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wählen

wählt

BundesversammlungBundestag

entsenden Delegierte(je nach Einwohnerzahl)

Landesparlamente

Der Bundespräsident ist das Staatsoberhaupt der Bundesrepublik Deutschland.

Parteimitglied

Abgeordneteralle Abgeordneten

Die Amtszeit beträgt 5 Jahre, maximal eine Wiederwahl ist möglich.

völkerrechtliche Vertretung Bundestag auflösenNeuwahlen herbeiführen

Wenn kein Kanzler gewählt Auf Antrag des Kanzlers

RepräsentationGesetze unterzeichnenBundesregierung, Offiziere,

Richter ernennen

wählen

Bürger/innen

BundespräsidentAufgaben und Wahl des Staatsoberhauptes

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Aufgaben und Wahl des Staatsoberhauptes

Bundespräsident

Der Bundespräsident ist das Staatsoberhaupt der Bundesrepublik Deutschland. Anders als in Frankreich oder den USA hat er oder sie verhältnismäßig wenig Macht und Einfl uss auf die Politik. Als Staatsoberhaupt vertritt der Bundespräsident die Bundesrepublik völkerrechtlich und schließt im Namen des Bundes die Verträge mit anderen Staaten.

Das Amt des Bundespräsidenten und seine Aufgaben sind in den Artikeln 54 bis 61 des Grundgesetzes (GG) beschrieben. Der Bundes-präsident schlägt den Bundeskanzler vor und ernennt ihn nach seiner Wahl durch den Bundestag. Sollte der Kanzlerkandidat auch in einem dritten Wahlgang keine absolute Mehrheit im Parlament erreichen, kann der Bundespräsident entweder den Bundestag aufl ösen und Neuwahlen herbeiführen oder den Kandidaten ernennen, der die meisten Stimmen auf sich vereint hat. Dieses ist in der Geschichte der Bundesrepublik bislang nicht geschehen, da sich bisher stets ausreichende Mehrheiten fanden.

Nach einer gescheiterten Vertrauensfrage kann der Bundespräsident den Bundestag aufl ösen, was zu Neuwahlen führt (Art. 68 GG). Zu einer Aufl ösung des Bundestages in Folge einer gescheiterten Vertrauens-frage ist es in der Geschichte der Bundesrepublik bereits drei Mal gekommen: 1972, 1982 und 2005 unter den Bundeskanzlern Brandt, Kohl und Schröder.

Eine weitere Aufgabe des Bundespräsidenten ist es, vom Bundestag verabschiedete Gesetze zu unterzeichnen und diese durch eine Ver-öffentlichung im Bundesgesetzblatt zu verkünden. Erst dann treten diese in Kraft (Art. 81 GG). Zudem werden die Bundesminister, Bundes-

richter und Bundesbeamte sowie die Offi ziere und Unteroffi ziere der Bundeswehr durch den Bundespräsidenten ernannt und entlassen. Dem Bundespräsidenten obliegt auch das Begnadigungsrecht.

Die Bundesversammlung wählt den Bundespräsidenten für fünf Jahre. Diese setzt sich aus allen Abgeordneten des Deutschen Bundestages und einer gleichen Anzahl von Mitgliedern, die von den Volksvertretungen der Länder nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt werden, zusammen (Art. 54 GG). Letztere müssen keine Abgeordneten der ent-sendenden Volksvertretungen sein. Auf diese Weise vereint die Wahl des Bundespräsidenten sowohl das Kernelement der repräsentativen Demokratie, den Bundestag, aber auch das föderalistische Element der deutschen Verfassung, die Ländervertretungen.

Wählbar für das Amt des Bundespräsidenten sind alle Deutschen, die das 40. Lebensjahr vollendet haben. Eine einmalige Wiederwahl ist zulässig. Jedes Mitglied der Bundesversammlung kann theoretisch Kandidaten vorschlagen. In der Praxis haben sich die Fraktionen aber bereits zuvor auf gemeinsame Vorschläge geeinigt. Die Kandidaten benötigen in den ersten zwei Wahlgängen die absolute Mehrheit, also die Mehrheit der Stimmen aller Mitglieder. Im dritten Wahlgang reicht die relative Mehrheit aus. Dann wird der Kandidat gewählt, der die meisten Stimmen auf sich vereinigen kann.

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Wahlausschuss (12 Abgeordnete)

50 Prozent der Richter beider Senate

wählt jeweils mit einer 2/3 Mehrheit

50 Prozent der Richter beider Senate

wählt jeweils mit einer 2/3 Mehrheit

Normenkontrolle

Verfassungsbeschwerden

Streitigkeiten zwischenBund und Ländern

Streitigkeiten zwischen Verfassungsorganen

Parteiverbot

Wahlprüfung1. Senat 2. Senat

Die Amtszeit der Richterinnen und Richter beträgt je zwölf Jahre. Eine Wiederwahl ist ausgeschlossen.

Jeder kann die Einhaltung der Grundrechte beim Bundesverfassungsgericht prüfen lassen. Die Entscheidungen des Verfassungsorgans sind verbindlich.

Bundestag Bundesrat

Vize-Präsident

VorsitzVorsitz

Präsident

BundesverfassungsgerichtOrganisation und Beispiele für Aufgaben

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Organisation und Beispiele für Aufgaben

Bundesverfassungsgericht

„Der Schutz des Grundgesetzes“ – das ist die wichtigste Auf-gabe des Bundesverfassungsgerichts. Aber auch in Streitfällen zwischen den Ländern oder den Ländern mit dem Bund ent-scheidet Karlsruhe.

Das in Karlsruhe sitzende und in Grundgesetzfragen höchste Gericht besteht aus zwei so genannten Senaten, die jeweils mit acht Richtern besetzt sind. Die Wahl der Richter erfolgt laut Artikel 94 Grundgesetz durch Bundesrat und Bundestag. Jeweils die Hälfte der Richter in beiden Senaten wird vom Bundesrat gewählt, die andere Hälfte von einem aus zwölf Mitgliedern bestehenden Wahlausschuss des Bundes-tages. Zur Richter-Wahl ist in den Gremien eine Zweidrittelmehrheit notwendig. Um diese Mehrheit zu erlangen, haben sich in der Ver-gangenheit CDU/CSU und SPD meist ein gegenseitiges Vorschlags-recht eingeräumt und im Vorfeld auf eine Frau oder einen Mann als Kandi daten geeinigt. Innerhalb einer Regierungskoalition ist es eben-falls üblich, dass die größere Partei dem kleineren Koalitionspartner das Vorschlagsrecht für einen Richter einräumt. Die Amtszeit der Richter beträgt zwölf Jahre und eine Wiederwahl ist ausgeschlos sen.

Eine wichtige Aufgabe des Bundesverfassungsgerichtes ist es, beste-hende Gesetze auf ihre Übereinstimmung mit dem Grundgesetz zu prüfen. Das maßgebliche Instrument hierzu ist die Normenkontrolle. In der sogenannten abstrakten Normenkontrolle wird auf Antrag des Bundestages, der Bundesregierung oder einer Landesregierung die Vereinbarkeit eines Landesgesetzes oder Bundesgesetzes mit dem Grundgesetz oder einem anderen Bundesgesetz überprüft. In der kon-

kreten Normenkontrolle hingegen legt ein Gericht ein Gesetz zur Prüfung vor, von dessen Unvereinbarkeit mit der Verfassung es über zeugt ist.

Zudem kann jeder Bürger, der sich durch die öffentliche Gewalt in seinen Grundrechten verletzt fühlt, Verfassungsbeschwerde beim Bundes verfassungsgericht erheben. Eine Verfassungsbeschwerde kann sich gegen ein Gesetz, ein Gerichtsurteil oder eine behördliche Maßnahme richten. Das Bundesverfassungsgericht kann nach einer Prüfung auf deren Verfassungsmäßigkeit die Entscheidungen aller anderen Gerichte aufheben und Gesetze für ungültig erklären.

Des Weiteren entscheidet das Bundesverfassungsgericht bei Ver-fassungsstreitigkeiten zwischen staatlichen Organen – also in Streit fällen zwischen den Ländern oder zwischen den Ländern und dem Bund sowie zwischen Bundesorganen. Unter anderem werden die Karlsruher Richter angerufen bei Meinungsverschiedenheiten über Rechte und Pfl ichten des Bundes und der Länder, etwa bei der Aus führung von Bundesrecht durch die Länder.

Als einziges Organ kann das Bundesverfassungsgericht eine Partei verbieten. Ein solches Partei-Verbot muss von der Regierung, dem Bundestag oder dem Bundesrat beantragt werden und kann nur ausgesprochen werden, wenn die Ziele der Partei oder die Handlungen ihrer Mitglieder gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung verstoßen. Damit schützt das Bundesverfassungsgericht die besondere Rolle der Parteien im demokratischen Willensbildungsprozess.

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Organisation und Beispiele für Aufgaben

Bundesverfassungsgericht

Bei einem Verdacht auf Unregelmäßigkeiten kann vom Bundesverfas-sungsgericht auch die Prüfung einer erfolgten Wahl durchgeführt werden. Bei festgestellten Fehlern kann es eine Wiederholung der Wahl in dem betroffenen Wahlkreis anordnen.

In seinen Entscheidungen und Urteilen nimmt das Bundesverfassungs-gericht die Aufgabe wahr, das Grundgesetz rechtsverbindlich auszu-legen. Da dieses nur allgemeine Grundsätze enthält, muss es immer wieder neu interpretiert werden, um den sich ändernden gesellschaft-lichen Verhältnissen gerecht zu werden.

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Bundestag

Gemeinsamer Ausschuss

(nur im Verteidigungsfall)

Bundespräsident

Bundesrat

Bundeskanzler

Bundesregierung

Bundesverfassungsgericht

Bürger/innen

Länderparlamente

Landesverfassungsgerichte

Ministerpräsidenten

Bundesversammlung

Landesregierungen

Bürger/innen

Petition

Petition

Klage

kontrolliert

kontrolliert

kontrolliert

kontrolliert

wählt

kontrolliert

kontrollieren

kontrollieren

kontrollieren

wählt

wählen

wählen

wählt

wähltwählen

bilden

ernennt

bilden

bilden

bildet

bildet

bildet

bildet

ernennt

ernennt

Klage

wählen

Verfassungsorgane und GewaltenverschränkungMachtbegrenzung durch Kontrolle und Verflechtung

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Bundestag

Gemeinsamer Ausschuss

(nur im Verteidigungsfall)

Bundespräsident

Bundesrat

Bundeskanzler

Bundesregierung

Bundesverfassungsgericht

Länderparlamente

Landesverfassungsgerichte

Ministerpräsidenten

Bundesversammlung

Landesregierungen

Bürger/innen

Bürger/innen

wählen

Petition

Petition

wählt

wähltwählen

wählen

wählt

wählt

wählen

Verfassungsorgane und GewaltenverschränkungMachtbegrenzung durch Kontrolle und Verflechtung

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Bundestag

Gemeinsamer Ausschuss

(nur im Verteidigungsfall)

Bundespräsident

Bundesrat

Bundeskanzler

Bundesregierung

Bundesverfassungsgericht

Länderparlamente

Landesverfassungsgerichte

Ministerpräsidenten

Bundesversammlung

Landesregierungen

bilden

ernennt

bilden

bilden

bildet

bildet

bildet

bildet

ernennt

ernennt

Verfassungsorgane und GewaltenverschränkungMachtbegrenzung durch Kontrolle und Verflechtung

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Bundestag

Gemeinsamer Ausschuss

(nur im Verteidigungsfall)

Bundespräsident

Bundesrat

Bundeskanzler

Bundesregierung

Bundesverfassungsgericht

Bürger/innen

Länderparlamente

Landesverfassungsgerichte

Ministerpräsidenten

Bundesversammlung

Landesregierungen

Bürger/innen

Klage

kontrolliert

kontrolliert

kontrolliert

kontrolliertkontrolliert

kontrollieren

kontrollieren

kontrollieren

Klage

Verfassungsorgane und GewaltenverschränkungMachtbegrenzung durch Kontrolle und Verflechtung

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Machtbegrenzung durch Kontrolle und Verfl echtung

Verfassungsorgane und Gewaltenverschränkung

Bundestag, Bundesrat, Regierung, Bundespräsident und Ver fas-sungs gericht: Verfl echtungen und gegenseitige Kontrolle sorgen für eine Machtbegrenzung der einzelnen Verfassungs organe.

Als Verfassungsorgane werden im Allgemeinen die Organe und Insti-tutionen bezeichnet, die im Grundgesetz explizit mit ihren Rechten und Pfl ichten behandelt werden. Das sind unter anderem der Bundes-tag, der Bundesrat, die Bundesregierung, der Bundespräsident und das Bundesverfassungsgericht.

Zwar wird im Grundgesetz auch der Bundeskanzler erwähnt, streng genommen ist sein Amt aber kein Verfassungsorgan. Als Teil der Bundesregierung kommt ihm im System der Gewaltenverschränkung dennoch eine gewichtige Position zu. Der Gemeinsame Ausschuss ist ein weiteres im Grundgesetz erwähntes Organ, welches im Allge-meinen aber nicht als echtes Verfassungsorgan bezeichnet wird. Der gemeinsame Ausschuss besteht zu zwei Dritteln aus Abgeordneten des Bundestages und zu einem Drittel aus Mitgliedern des Bundes-rates. Im Verteidigungsfall, und wenn der Bundestag nicht rechtzeitig zusammentreten kann, stellt der Gemeinsame Ausschuss eine Art Notparlament dar. In der Geschichte der Bundesrepublik ist das bisher nicht eingetreten.

Die Verfassungsorgane unterscheiden sich im System der Gewalten-teilung grob in gesetzgebende Gewalt (Legislative), ausführende Gewalt (Exekutive) und rechtsprechende Gewalt (Judikative). Unter ihnen herrschen eine Vielzahl von Verbindungen und Verfl echtungen.

Diese Gewaltenverschränkung ist dadurch geprägt, dass die Organe durch ein System von „Hemmungen und Gegengewichten“ (checks and balances) aufeinander angewiesen sind und sich auf diese Weise gegenseitig ausbalancieren. So wird eine gewisse Kontrolle gegen einen Machtmissbrauch von Befugnissen gewährleistet. Die Bürger und Bürgerinnen wählen als Souverän die Abgeordneten des Bundestages, die ihrerseits den Bundeskanzler wählen, der die Regierung bildet. Der Bundestag wählt aber auch die Hälfte der Richter des Bundesverfassungsgerichtes. Alle, der Bundeskanzler und die Regierungsmitglieder, aber auch die Richter des Bundesverfassungs-gerichtes, bedürfen der Ernennung durch den Bundespräsidenten. Dieser wird durch das Verfassungsorgan der Bundesversammlung gewählt. Die Bundesversammlung wird gebildet von den Mitgliedern des Bundestages und einer gleich großen Anzahl von Vertretern, die von den Länderparlamenten bestimmt werden. Dadurch werden die Länder in den Wahlprozess eingebunden. Auch bei der Entstehung von Gesetzen sind sie durch den Bundesrat vertreten und üben so eine gewisse Kontrollfunktion gegenüber dem Bundestag aus.

Politisch wirksam ist in der deutschen Demokratie neben der Trennung in drei Gewalten auch die Teilung des Parlamentes in eine Regie-rungsmehrheit und eine Opposition. Innerhalb des Parlaments sind Anfragen und Untersuchungsausschüsse die wichtigsten Instrumente zur Kontrolle der Regierung durch die Opposition. Durch ihre öffentliche Kritik wird die Willensbildung der Bürger gefördert. Indem sich die Opposi tion als Alternative darstellt, wird die Regierung unter Umständen dazu bewogen, einen Kompromiss zu suchen.

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Machtbegrenzung durch Kontrolle und Verfl echtung

Verfassungsorgane und Gewaltenverschränkung

Das Verfassungsgericht ist als Teil der unabhängigen Judikative ein wirkungsvolles Organ zur Kontrolle der Exekutive, aber auch der Legislative. Bürger können bei dem Verdacht auf Verstöße gegen das Grundgesetz eine Verfassungsklage erheben. Zudem kann das Gericht durch die abstrakte und die konkrete Normenkontrolle die gesetz-gebende Gewalt bei Gesetzesvorhaben und Gesetzen, die ver fassungs-widrig sind, stoppen. Bürgern steht auch jederzeit die Möglichkeit offen, sich mit einer Petition an den Bundestag zu richten, wenn sie sich durch eine Verwaltung in ihren Rechten verletzt fühlen. Ein spezieller Petitionsausschuss prüft die eingehenden Petitionen und legt sie, falls er den Missstand nicht selbst beheben kann, dem Bundes tag vor.

Der Bundesrat vertritt die Interessen der Länder innerhalb der Exekutive und sorgt dadurch für ein Korrektiv gegenüber einem übermäßigen Ausbau einer zentralen Macht. Er verfügt über ein bedeutendes Mit-spracherecht im Gesetzgebungsprozess und fungiert in dieser Position als eine weitere Kontrollinstanz gegenüber Bundesregierung und Bundestag. Die Struktur der Gewaltenverschränkung auf der Bundes-ebene fi ndet sich auch auf der Ebene der Länder wieder. Hier gibt es spiegelbildlich die Länderparlamente, die Länderregierungen mit den Ministerpräsidenten und die Landesverfassungsgerichte. Auch hier sind die Bürger die Wähler der Legislative, die ihrerseits die Minister-präsidenten und die Richter der Landesverfassungsgerichte wählen. Letztere kontrollieren dann auch die Gesetzgebung der Länderparla-mente und nehmen Klagen der Bürger entgegen. Die Ministerpräsi-denten bilden die Länderregierungen.

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verab

schiedetes Gesetz1. L

esun

g 2. L

esun

g

3. L

esun

g

Auschussberatung

Bundesregierung

Bundesrat

Vermittlungsausschuss

Bundespräsident

Bundestag

Beschlussempfehlung

Schlussabstimmung

Verkündung

Gesetzesvorlage

Stellungnahme

Ablehnung

Ablehnung

Ablehnung

leitet weiter

Gesetzesvorlage

Gesetzesvorlage

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Wie ein Gesetz entstehtAm Beispiel eines Zustimmungsgesetzes

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Am Beispiel eines Zustimmungsgesetzes

Wie ein Gesetz entsteht

Gesetze sind grundlegend für den modernen Rechtsstaat. An ihrem Zustandekommen sind verschiedene Verfassungsorgane beteiligt: von der Gesetzesinitiative über die Abstimmung bis zur Verkündung.

Sowohl Bundesregierung als auch Bundestag und Bundesrat besitzen das sogenannte Initiativrecht – das Recht, ein neues Gesetz zur Ab-stimmung vorzulegen. Seit Gründung der Bundesrepublik ist die Mehr-heit aller Gesetzesinitiativen durch die jeweilige Bundesregierung ins Parlament eingebracht worden. Dieses erklärt sich daraus, dass insbe-sondere der Bundesregierung ein umfangreicher Verwaltungsapparat zur Vorbereitung der Gesetzesvorhaben zur Verfügung steht. In den Ministerien werden Gesetze ausgearbeitet, was ihnen in der Regel eine fundierte Grundlage verleiht. Diese Gesetze haben meist eine gute Chance, von der Regierungsmehrheit im Bundestag verabschiedet zu werden.

Eine Gesetzesinitiative aus den Reihen des Bundestages kann nur von einer Bundestagsfraktion oder mindestens fünf Prozent aller Ab-geordneten des Bundestages eingebracht werden. Häufi g geschieht dies durch die Opposition. Diese Initiativen haben in der Regel ge-ringe Chancen, angenommen zu werden, und dienen vor allem der Kom munikation politischer Forderungen.

Ein von einem Ministerium erarbeiteter Gesetzesentwurf wird in der Regel durch das Kabinett gebilligt und zunächst dem Bundesrat zur Stellungnahme zugeleitet. Mit dieser Stellungnahme versehen geht der Entwurf in die sogenannte erste Lesung, das heißt: er wird im Bundes-

tagsplenum diskutiert. Anschließend beschäftigen sich die Fachaus-schüsse des Bundestages mit dem Entwurf und geben ihn – eventuell in veränderter Form – wieder zur Diskussion ins Plenum. In dieser zweiten Lesung kann die Opposition noch einmal Änderungsanträge einbringen. Auf diese Weise kann sie ihre Bedenken zu einem Gesetz für die Öffentlichkeit formulieren. Nach der zweiten Lesung schließt sich oft direkt die dritte Lesung an, in der das Gesetz abschließend angenommen oder abgelehnt wird.

Sind von einem Gesetz die Finanzen oder die Verwaltungsstruktur der Bundesländer betroffen, muss auch der Bundesrat als Vertretung der Länder dem Gesetz zustimmen. Solche Gesetze werden Zustim-mungs gesetze genannt. Der Bundesrat muss ebenfalls Gesetzen zu-stimmen, wenn diese eine Verfassungsänderung vorsehen oder von den Ländern auszuführen sind und somit einen Eingriff in deren Auto-nomie bedeuten. Die große Mehrheit aller vom Bundestag verab-schiedeten Ge setze muss also durch den Bundesrat bestätigt werden. Bei anderen Gesetzen kann der Bundesrat lediglich Einspruch ein-legen. Diese Einspruchsgesetze können vom Bundestag aber in einer erneuten Ab stimmung dennoch verabschiedet werden.

Bei Konfl ikten zwischen Bundesrat und Bundestag wird von einem der beiden Organe oder von der Bundesregierung der Vermittlungs-ausschuss angerufen. Dieser besteht zur Hälfte aus Mitgliedern des Bundestages und zur anderen Hälfte aus je einem Vertreter jedes Bundeslandes – zurzeit also aus 32 Mitgliedern. Ihr Auftrag ist es, eine Kompromisslösung zu fi nden. Finden sie eine solche, empfehlen sie bestimmte Änderungen am Gesetzesentwurf.

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Am Beispiel eines Zustimmungsgesetzes

Wie ein Gesetz entsteht

Es kommt aber auch vor, dass der Vermittlungsausschuss keinen Kompromiss fi ndet und die Aufhebung des Gesetzes oder dessen Annahme ohne Änderungen empfi ehlt. In der überwiegenden Zahl aller Fälle hat der Ausschuss in der Geschichte der Bundesrepublik aber einen Kompromiss vorgeschlagen, der dann vom Bundestag verabschiedet wurde. Bei der Empfehlung einer bedingungslosen An-nahme muss auch der Bundesrat zustimmen. Tut er dies nicht, ist das Gesetz gescheitert. Das gleiche geschieht, wenn der Vermittlungs-ausschuss eine Aufhebung empfi ehlt.

Ist ein Gesetz nach Abschluss dieses Verfahrens verabschiedet, obliegt es nun dem Bundespräsidenten, es auszufertigen. Es wird zunächst vom zuständigen Fachminister, dem Bundeskanzler und dem Bundes-präsidenten unterschrieben und dann vom Bundespräsidenten im Bundesgesetzblatt verkündet, also veröffentlicht.

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Staat

Private Rechtsbeziehungen regeln

Freiheit gewährleisten

Frieden sichern

Richterliche Unabhängigkeit (Art. 92 GG)

Recht auf gesetzlichen Richter (Art. 101 GG)

Rechtsgarantien (Art. 103/104 GG)

Bürger Bürger Bürger BürgerStaat

Recht und RechtsprechungPrinzipien und Gerichtsbarkeiten

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Prinzipien und Gerichtsbarkeiten

Recht und Rechtssprechung

Die Bundesrepublik ist ein Rechtsstaat, d. h. Gesetzgebung und Gerichte sind an die Verfassung und geltende Gesetze gebunden. Der Rechtsprechung kommen dabei sehr wichtige Aufgaben zu: Sie gewährleistet den inneren Frieden und die Freiheit der Bürger, auch gegenüber dem Staat.

Bei Streitigkeiten zwischen Bürgern, Arbeitnehmern und Arbeitgebern oder im Geschäftsverkehr ist die Grundlage für die Rechtsprechung das so genannte Privatrecht, welches unter anderem im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) niedergeschrieben ist. Im Privatrecht werden die Beziehungen von Personen geregelt, die gleichgestellt sind. Das so genannte öffentliche Recht hingegen regelt die Beziehungen zwischen den Trägern der öffentlichen Gewalt und privaten Rechtssubjekten. Dies umfasst insbesondere Streitfälle zwischen staatlichen Stellen und Bürgern.

Die Rechtsprechung in der Bundesrepublik baut auf mehreren im Grundgesetz verankerten Prinzipien auf. Ein zentraler Grundsatz ist die Unabhängigkeit der Richter. Diese sind nach Artikel 92 Grund-gesetz (GG) nur dem Gesetz unterworfen und unterliegen keinerlei Wei sung. Um das zu gewährleisten, können sie auch nicht abgesetzt oder versetzt werden. Ausnahmen bilden schwere Dienstvergehen. Das in Artikel 101 GG garantierte Recht auf einen gesetzlichen Richter schließt die Schaffung von Ausnahmegerichten aus. Sondergerichte für politische Straftaten, wie in Diktaturen üblich, werden damit un möglich.

Artikel 103 GG garantiert, dass jeder die Gelegenheit bekommt, sich zum Sachverhalt zu äußern. Mit dieser Rechtsgarantie ist die Pfl icht

des Gerichtes verbunden, nur Dinge und Sachverhalte zu berücksich-tigen, zu denen alle Beteiligten Stellung nehmen konnten. Ferner garan-tiert das Grundgesetz an dieser Stelle zwei elementare Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit: Keiner darf für eine Tat bestraft werden, deren Straf-barkeit nicht gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. Und niemand darf auf Grund derselben Tat mehrmals bestraft werden. In Artikel 104 GG werden festgenommenen Menschen besondere Garantien gegeben. So müssen sie spätestens nach Ablauf des auf die Festnahme folgenden Tages einem Richter vorgeführt werden, der schriftlich über einen weiteren Freiheitsentzug entscheidet.

Man unterscheidet in der Bundesrepublik zwischen ordentlicher und besonderer Gerichtsbarkeit. Zur ordentlichen Gerichtsbarkeit zählen die Straf- und Zivilgerichte und die sogenannte freiwillige Gerichtsbar-keit, bei der Beurkundungen, Grundbuch-, Betreuungs- oder Nachlas-sangelegenheiten geregelt oder vollzogen werden. Die so genannte besondere Gerichtsbarkeit unterscheidet sich in der Realität nicht mehr von der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Die Bezeichnung ist ein Resultat der geschichtlichen Entwicklung dieser Spezialgerichte aus Verwaltungs-behörden. Sie umfasst Bereiche wie die Arbeitsgerichts barkeit, die Verwaltungsgerichtsbarkeit oder die Sozialgerichtsbarkeit. Auch diese werden mit ordentlichen und unabhängigen Richtern besetzt.

Bei den meisten Streitfällen sind in der deutschen Rechtsprechung für den jeweils zuständigen Gerichtszweig mehrere Instanzen vorge-sehen. Die ersten beiden Stufen eines gerichtlichen Verfahrens sind in der Regel an Gerichten der Bundesländer angesiedelt, die oberste Instanz ist ein Bundesgericht. Auch in der Arbeits-, Verwaltungs- und

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Prinzipien und Gerichtsbarkeiten

Recht und Rechtssprechung

Sozialgerichtsbarkeit sind drei Instanzen vorgesehen. Die jeweils nächst-höhere Instanz ist diejenige, die über Revisionen oder Berufungen gegen Urteile der unteren Instanz entscheidet.

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Bürger/innen

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Verwaltung

Staat

Politische Verwaltung

Leistungsverwaltung

Ordnungsverwaltung

Organisationsverwaltung

Teil der Exekutivgewalt

Wirtschaftsverwaltung

LandesministerienBundestagsverwaltung Bundesministerien

Kindergärten Universitäten

Polizei Zoll

Beschaffungsämter Finanzämter Gemeindekassen verteilt Einnahmen

verwaltet

vollzieht Gesetze undkontrolliert Einhaltung

zahlen Steuern, Abgabenund Gebühren

organisiert und unterstütztRegierungspolitik

verwaltet Vermögen

erbringt technischeund personale Dienst-leistungen

Finanzaufsicht

Arbeitsagenturen

Öffentlicher Dienst und VerwaltungBeispiele für Aufgaben und Leistungsbereiche

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Beispiele für Aufgaben und Leistungsbereiche

Öffentlicher Dienst und Verwaltung

Der moderne Staat braucht den Öffentlichen Dienst und die Verwalt ung, um seine Aufgaben erfüllen zu können. Welche Leistungsbereiche und Aufgaben gibt es?

Für die Erfüllung seiner vielen Aufgaben benötigt der moderne Staat eine große Anzahl von Bediensteten – den öffentlichen Dienst und die öffentliche Verwaltung. 2008 waren laut dem Statistischen Bundesamt rund 4,5 Millionen Bedienstete im öffentlichen Dienst angestellt. Sie arbeiteten in Schulen und anderen Bildungseinrichtungen, in der Sozialverwaltung, der Polizei, im Rechtswesen, als Berufs- oder Zeit-soldaten, in Kindergärten, den Energie- und Wasserversorgern oder bei der Müllabfuhr, um nur einige Berufssparten zu nennen.

Um die Vielfalt der verschiedenen Berufsgruppen im öffentlichen Dienst zu verdeutlichen, kann man die zahlreichen Verwaltungsinstanzen in fünf Verwaltungszweige einteilen: die Ordnungsverwaltung, Leistungs-verwaltung, politische Verwaltung, Wirtschaftsverwaltung und Organi-sationsverwaltung.

Ordnungsverwaltung: Der Ordnungsverwaltung gehören diejenigen Verwaltungsinstanzen an, die Gesetze vollziehen und deren Einhaltung kontrollieren. Dazu gehören zum Beispiel die Polizei, Zoll oder Gewer-be aufsicht. Dies sind die klassischen Staatsfunktionen, die bereits der frühmoderne Staat zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit ausführte.

Leistungsverwaltung: Die Leistungsverwaltung ist ein für viele Bürger besonders wichtiger Verwaltungszweig. Dieser erbringt gesetzlich

vorgeschriebene technische oder personale Dienstleistungen. In ihr sind zum Beispiel Kindergärten, Schulen, öffentliche Verkehrsmittel, Energie- und Wasserversorger, Müllabfuhr und Verwaltungsbehörden wie Sozialämter, Arbeitsagenturen etc. zusammengefasst.

Wirtschaftsverwaltung: Die Wirtschaftsverwaltung (oder auch wirt-schaftende Verwaltung) beschreibt jene Verwaltungsinstanzen, die sich mit den Einnahmen und deren Verteilung sowie der Verwaltung des be-stehenden Vermögens beschäftigen. Dazu gehören in erster Linie die Steuer- und Finanzbehörden, aber auch z.B. die Beschaffungsämter.

politische Verwaltung: Von den fünf Verwaltungszweigen steht die politische Verwaltung der Politik am nächsten. Sie umfasst die Instanzen, die die Regierungspolitik in programmorientierten Entscheidungsvor-bereitungen unterstützen sowie in der Planung und Gestaltung der politischen Führung involviert sind. Als Beispiele gelten hierbei vornehm-lich die Ministerien auf Bundes- und Landesebene ebenso wie die Bundestagsverwaltung.

Organisationsverwaltung: Als Verwaltung der Verwaltung fungiert die Organisationsverwaltung. Sie besetzt die Querschnittsaufgaben, die das Funktionieren der übrigen Verwaltungszweige bedingt. Dies be-trifft Personalfragen und Fortbildung genauso wie Besoldung oder Organisationsentwicklung.

Die fünf Verwaltungszweige entsprechen keinesfalls einer umfassenden und scharf abgrenzenden Typisierung. So gibt es durchaus Misch-formen von Verwaltungsinstanzen, die sowohl zwei oder mehr Ver-

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Beispiele für Aufgaben und Leistungsbereiche

Öffentlicher Dienst und Verwaltung

waltungszweigen entsprechen können. Forstämter und Finanzämter zum Beispiel verwalten sowohl Einnahmen und Vermögen, sind aber auch kontrollierende und eingreifende Ordnungsbehörden.

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Bürger/innen

Bundesverwaltung

Minister

Bundeskanzler

Bundestag

Minister

Ministerpräsident

Landtag

oberste Verwaltungsinstanz

kommunale Volksvertretung

Landesverwaltung kommunale Selbstverwaltung

PasswesenWohngeld

Landrat

leitet

wählenwählen

je nach Bundesland

wählenwählen

wähltwähltwählt

leitet leitet

bestimmt bestimmtBürgermeister

Gemeinderat Stadtverordnetenversammlung

WahlenGerichtePolizeiSchulen und HochschulenBundespolizeiBundesfinanzverwaltung Bundeswehr

Pflichtaufgaben

Freiwillige Aufgaben

Aufgaben nach Artikel 30, 83, 84 GGAufgaben nach Artikel 87 GG

delegiert Aufgaben an delegiert Aufgaben an

delegiert Aufgaben an

Aufgaben nach Artikel 28 Abs. 2 GG

SportanlagenBüchereienSchwimmbäderÖffentliche VerwaltungTräger und Beispiele für Zuständigkeiten

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Träger und Beispiele für Zuständigkeiten

Öffentliche Verwaltung

Die öffentliche Verwaltung ist in der Bundesrepublik Deutschland hauptsächlich in drei verschiedene Trägerschaften aufgeteilt: Bund, Länder und Kommunen.

Von den rund 4,5 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst waren 2008 laut Statistischem Bundesamt rund 11,9 Prozent in der Bundes-verwaltung, 50,2 Prozent in der Landesverwaltung und 29,6 Prozent in der kommunalen Selbstverwaltung angestellt. Weitere 8,3 Prozent des Verwaltungspersonals sind bei verschiedenen Sozialversicherungs-trägern und der Bundesagentur für Arbeit beschäftigt.

Die Trennung der Verwaltungszuständigkeiten wird zwischen den drei Trägern im Grundgesetz geregelt. Artikel 87 Grundgesetz (GG) schreibt zum Beispiel vor, welche Aufgaben ausschließliche Bundesaufgaben sind und nicht den Ländern überlassen werden dürfen. Dies betrifft insbesondere die Ressorts Verteidigung und Auswärtige Beziehungen, aber auch andere Bundesverwaltungen wie die Bundesfi nanzverwal-tung oder die Bundespolizei. Der personell am stärksten ausgestattete Bereich ist die zivile Verwaltung der Bundeswehr, die dem Bundesminis-terium für Verteidigung unterstellt ist.

Die Bundesverwaltung ist in vier Hierarchie-Ebenen unterteilt: Oberste Bundesbehörden, Oberbehörden, Mittel- und Unterbehörden. Die Obersten Bundesbehörden bilden u. a. die Bundesministerien sowie das Bundespräsidialamt, das Bundeskanzleramt, das Bundespresse-amt und der Bundesrechnungshof. Alle nachfolgenden Behörden sind den Obersten Bundesbehörden in der Rangfolge nachgeordnet und unterstehen in letzter Instanz deren Aufsicht und Leitung.

Die Länder verfügen gegenüber dem Bund über ein Vielfaches an Ver-waltungsaufgaben. Während der Bund große Teile der Gesetzgebung für sich gesichert hat, sind die Länder mehrheitlich mit deren verwal-tungstechnischer Ausübung betraut. Grundlage dafür sind die Art. 30, 83 und 84 GG. Zu den klassischen Länderaufgaben gehören die Ressorts Bildung und Erziehung, Wissenschaft, Kultur sowie öffent-liche Ordnung und Sicherheit. Die Mehrzahl des Landesverwaltungs-personals arbeitet im Bildungsbereich oder bei der Polizei.Neben den eigenen Verwaltungsaufgaben vollziehen die Länderver-waltungen auch Aufgaben, die ihnen vom Bund auf Grundlage von Art. 85 GG übertragen werden. Als Beispiele gelten hier die Verwaltung der Autobahnen oder die Genehmigung von Flughäfen. Ähnlich wie der Bund sind auch die Länder in Hierarchie-Ebenen gegliedert. Der Ministerpräsident und die Landesministerien bilden die Obersten Landesbehörden. Denen unterstellt sind nachfolgend die Landesober-behörden, Landesmittelbehörden und Landesunterbehörden.

Die kürzeste Distanz zwischen Bürger und Verwaltung herrscht auf kommunaler Ebene. Hier kommen der Bürger und die Bürgerin am ehesten mit Vertretern der öffentlichen Verwaltung in Kontakt und können sich umgekehrt auch am ehesten bei öffentlichen Angelegen-heiten einbringen. Die kommunale Selbstverwaltung ist im Grund-gesetz in Art. 28 Abs. 2 festgeschrieben. Der starke gesetzliche Schutz der Gemeindeverwaltungen wird allerdings de facto durch die Ab-hängigkeit von Finanzmitteln von Bund und Ländern sowie die recht-liche Einbindung in die jeweiligen Landesverfassungen kontrastiert. Bei den Aufgaben der kommunalen Selbstverwaltung unterscheidet man in der Regel zwischen freiwilligen Aufgaben und Pfl ichtaufgaben.

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Träger und Beispiele für Zuständigkeiten

Öffentliche Verwaltung

Freiwillige Aufgaben, wie z. B. die Verwaltung von Sportanlagen, Kultur-einrichtungen oder des öffentlichen Personennahverkehrs, erfüllen die Gemeinden nach eigenem Ermessen und fi nanziellen Ressourcen. Pfl ichtaufgaben hingegen werden durch Bundes- oder Landesgesetze bzw. direkt durch Bundes- oder Landesbehörden an die Gemeinden übertragen. Dazu gehören zum Beispiel Feuerschutz, Abwasserbe-seitigung, Bauaufsicht oder Passwesen. Der oberste Verwaltungschef ist in der Regel der Bürgermeister, der in allen Gemeinden – außer in Schleswig-Holstein – direkt von den Bürgern gewählt wird. In den Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg gelten aufgrund ihres dualen Rechtscharakters (Bundesland und Stadt zugleich) davon abweich-ende Regelungen.

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Beiträge

Steuern

Versicherungsleistungen

Versorgungsleistungen

Rentenzahlungen Arbeitslosengeld Iversicherung

Kranken-

Arbeitslosengeld II Sozialhilfe Wohngeld

Fürsorgeleistungen

Bürger

Pensionen Kindergeld Elterngeld

öffentliche Hand

weitere

weitere

weitere

Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (Art. 20 Abs. 1 GG)

Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokra-tischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. (Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG.)

Der deutsche SozialstaatBeispiele des Leistungsspektrums

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Beispiele des Leistungsspektrums

Der deutsche Sozialstaat

Wohngeld, Sozialhilfe, Renten: die Grundlage für das Prinzip des Sozialstaates schafft Artikel 20 des Grundgesetzes: „Die Bundes republik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.“

Artikel 20 bildet - zusammen mit dem Auftrag an die Länder, in ihrer Ordnung dem Prinzip des „sozialen Rechtsstaates“ zu folgen (Art. 28 Abs. 1 GG) - die verfassungsmäßige Grundlage für das Sozialstaats-prinzip. Dieses Prinzip genießt wie die Grund- und Menschenrechte den Schutz des Art. 79 Abs. 3 GG und kann nicht abgeschafft werden. Allerdings besteht ein gewisser Interpretationsspielraum.

Im Grundgesetz der Bundesrepublik sind nur wenige soziale Grund-rechte direkt verankert. Art. 6 Abs. 4 GG garantiert zum Beispiel Müttern den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft. Andere Grund-gesetzartikel können dagegen so interpretiert werden, dass sich aus ihnen die Aufforderung zum staatlichen Handeln ablesen lässt. So kann man zum Beispiel aus der Garantie der Menschenwürde (Art. 1 GG) und dem Diskriminierungsverbot (Art. 3 GG) eine Aufgabe des Staates ableiten, durch eine aktive Rolle in der Steuerung wirtschaft-licher Ab läufe den Menschen in Deutschland Chancengleichheit und ein Existenzminimum zuzusichern.

Das Sozialstaatsprinzip der Bundesrepublik hat sich geschichtlich ins-besondere aus der Sozialgesetzgebung des Kaiserreiches unter dem Reichskanzler Otto von Bismarck entwickelt. Dieser plante, mit einer positiven staatlichen Sozialpolitik die Lage der Arbeiterschaft zu ver-

bessern und so den Einfl uss der Sozialdemokratie zurückzudrängen. So wurden in den 1880er Jahren unter Bismarcks Führung eine erste Krankenversicherung, eine Unfallversicherung und eine Alters- und Invalidenrente eingeführt. Zur gleichen Zeit wurden auch in anderen Ländern Sozialgesetze eingeführt. Das Kaiserreich war geprägt durch ein Versicherungssystem, in dem den Arbeitnehmern und den Arbeit-gebern jeweils annähernd gleich große Beiträge abverlangt wurden. Auf diesem Prinzip ruht der deutsche Sozialstaat noch heute.

Das hauptsächliche Ziel des modernen Sozialstaates ist es, Menschen in Notlagen zu helfen und diesen Notlagen, wenn möglich, aktiv vor-zubeugen. Dessen Verwirklichung vollzieht sich in vielen einzelnen Politikfeldern und umfasst die eigentliche Sozialpolitik genauso wie die Steuerpolitik, die Arbeitsmarktpolitik oder die Bildungspolitik.

Das Leistungsspektrum des deutschen Sozialstaates lässt sich in drei Kategorien einteilen: die Fürsorgeleistungen, die Versorgungs leis-tungen und die Versicherungsleistungen. Das Fürsorgeprinzip umfasst staatliche Hilfe für bedürftige Bürger, wie z. B. Wohngeld, Arbeits losen-geld II oder auch Sozialhilfe. Unter Versorgungsleistungen fallen die staatlichen Leistungen für Bürger, die entweder Opfer oder besondere Leistungen für die Gemeinschaft erbracht haben. Dazu gehören sowohl Entschädigungszahlungen an Hinterbliebene von Kriegsopfern wie auch das Kindergeld oder die Beamtenversorgung. Die Versiche rungs-leistungen dienen der Vorsorge von Einkommens ausfall durch z. B. Alter, Arbeitslosigkeit, Invalidität, Krankheit, Mutter schaft, Pfl ege-ab hängigkeit oder durch den Tod des Ernährers.

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Beispiele des Leistungsspektrums

Der deutsche Sozialstaat

Darüber hinaus sind noch weitere grundlegende Prinzipien kennzeich-nend für den deutschen Sozialstaat. So unterliegen heute große Teile der Bevölkerung einer Versicherungspfl icht, d. h. sie müssen gegen bestimmte Risiken versichert sein. Für nicht Pfl ichtversicherte existiert die Möglichkeit einer freiwilligen Versicherung. Die Pfl ichtversicherung basiert auf dem Prinzip der Solidarität. Unabhängig von der Inanspruch-nahme der Leistungen zahlen alle Versicherten in die Versicherung ein. So werden diejenigen, die mehr Leistungen in Anspruch nehmen müssen, durch die anderen Mitglieder abgesichert.

Die Beiträge richten sich nach dem Einkommen des Versicherten. Nur im Falle der Rentenversicherung gilt das sogenannte Äquivalenz-prinzip, welches besagt, dass die Leistungen von den eingezahlten Beiträgen abhängig sind. In den anderen Sozialversicherungssystemen werden die Leistungen durch einen solidarischen Ausgleich verteilt und die Risiken abgesichert.

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Arbeitslosigkeit

Tod

Alter

Krankheit

Mutterschaft

Pflegeabhängigkeit

Berufsunfähigkeit

Gesetzliche Krankenversicherung

Rentenversicherung

Unfallversicherung

Arbeitslosenversicherung

Pflegeversicherung

Mutterschaftsgeld

Unterstützung im Pflegefall

Arbeitslosengeld, Arbeitsvermittlung, berufliche Bildung

Hinterbliebenenrente

Prävention, Rehabilitation, Verletztenrente

Sterbegeld bei Tod durch Arbeitsunfall oder Berufskrankheit

Altersrente

berufliche Rehabilitation, Erwerbsminderungsrenten

RehabilitationPrävention, Früherkennung, Behandlung, Krankengeld

Das deutsche SozialversicherungssystemBeispiele für Versicherungsleistungen

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Die Sozialversicherungen basieren auf mehreren Prinzipien. Da ist zunächst das Prinzip der Versicherungspfl icht zu nennen. Ein großer Teil der deutschen Bevölkerung unterliegt der Versicherungspfl icht, d. h. der Pfl icht gegen bestimmte Risiken versichert sein zu müssen (Ausnahmen möglich z.B. für Selbstständige, Freiberufl er, geringfügig Beschäftigte, Beamte und Soldaten). Bei den meisten Versicherungs-typen zahlen sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer Beiträge in die Sozialversicherungssysteme ein. Für nicht pfl ichtversicherte Personen existiert die Möglichkeit einer freiwilligen Versicherung.

Die Pfl ichtversicherung basiert auf dem Prinzip der Solidarität. Unab-hängig von der Inanspruchnahme von Leistungen zahlen alle Versicherten in die Versicherung ein. So werden diejenigen, die mehr in Anspruch nehmen, durch die anderen Mitglieder abgesichert. Die Beiträge richten sich nach dem Einkommen des Versicherten, die Leistungen werden hingegen durch einen solidarischen Ausgleich verteilt. Die fünf wich-tigsten Sparten der Sozialversicherung sind die Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Rentenversicherung, Unfallversicherung und Pfl egeversicherung.

Insbesondere am Beispiel der gesetzlichen Krankenversicherung wird der solidarische Charakter der deutschen Sozialversicherungen deut-lich. Alle gesetzlich Versicherten zahlen entsprechend ihrem Einkommen den gleichen Beitragssatz in den Gesundheitsfonds ein. Einzelne gesetzliche Krankenversicherungen können aber im Ausnahmefall Zusatz beiträge erheben. Die Einnahmen kommen dann durch den solidarischen Ausgleich den Versicherten im Bedarfsfall zugute. Neben der gesetzlichen Krankenversicherung existieren in Deutschland aber auch die privaten Krankenkassen. Hier wird die Höhe der Beiträge

(Prämien) individuell festgelegt und richtet sich nach Kriterien wie Alter, Geschlecht, Vorerkrankungen und dem vereinbarten Leistungsumfang.

Die Arbeitslosenversicherung wird vornehmlich durch die Beiträge der Arbeitnehmer und Arbeitgeber fi nanziert. Der Bund beteiligt sich ledig lich an den Kosten für versicherungsfremde Aufgaben. Eine der wichtigsten Aufgaben der Arbeitslosenversicherung ist die sogenannte Entgeltersatzleistung, also die Zahlung von Arbeitslosengeld nach dem Verlust des Arbeitsplatzes des Versicherten. Diese Leistungen zum Lebensunterhalt sollen den Arbeitslosen helfen, eine angemessene Lebenshaltung zu sichern. Damit wird der Verdienstausfall bis zur Annahme einer neuen Arbeitsstelle zumindest teilweise und zeitlich begrenzt ausgeglichen.Wie lang und in welcher Höhe einer Person Arbeitslosengeld zusteht, wird individuell berechnet, beziehungsweise ist bei längerfristiger Arbeitslosigkeit gesetzlich geregelt. Zu den weiteren Leistungsangeboten der Arbeitslosenversicherung gehören die Unter-stützung bei der Arbeits- oder Ausbildungsplatzsuche, die Berufs-förderung und die Eingliederung bzw. Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt.

Versicherte der gesetzlichen Rentenversicherung genießen einen lebens langen Schutz gegenüber den Risiken der Erwerbsminderung, des Alters und des Todes. Hinterbliebene erhalten aus ihr Waisen- und Witwenrenten. Die Leistungen der Rentenversicherung stehen in einem Verhältnis zu den eingezahlten Beiträgen (Rentenformel).

Von diesen Versicherungssparten unterscheidet sich die Unfall-versicherung insofern, als dass sie sich nur durch Beiträge der Arbeit-geber fi nanziert. Diese tragen das fi nanzielle Risiko, der Versicherte

Beispiele für Versicherungsleistungen

Das Deutsche Sozialversicherungssystem

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Beispiele für Versicherungsleistungen

Das Deutsche Sozialversicherungssystem

das gesundheitliche. Die Unfallversicherung tritt bei Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten ein und sorgt für eine umfangreiche Gesund-heitsversorgung, aber auch für eine nötige Umschulung.

Die Pfl egeversicherung ist die jüngste der Sozialversicherungen und deckt in Fällen der Pfl egebedürftigkeit den Versorgungsbedarf ab. Mit ihr ist 1995 ein Loch in der sozialen Versorgung der Bevölkerung geschlossen worden. Bis dahin gab es keine ausreichende Absicherung gegen das hohe fi nanzielle Risiko der Pfl egebedürftigkeit nach Unfall oder durch Alter. Pfl ege musste durch die Pfl egebedürftigen oder deren Familien fi nanziert werden oder belastete die Krankenversicherungen.

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Bürger/innen

politische Verantwortung übernehmen politisches Personal ausbilden gesellschaftliche Interessen bündeln und vertreten Legitimation schaffen

Wahl Gründung Mitgliedschaft Mitarbeit Spenden

Parteien

Aufgaben

Streit, Diskussionen, KompromisseStreit, Diskussionen, Kompromisse

Meinungen und Vorschläge Meinungen und Vorschläge

ParteienBeispiele für Aufgaben und gesellschaftliche Einbindung

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Parteien bündeln und vertreten die Interessen von Gruppen und Einzel-personen. Laut Grundgesetz wirken sie bei der politischen Willens-bildung des Volkes mit. Sie sind daher ein Bindeglied zwischen Staat und Gesellschaft.

Im politischen System der Bundesrepublik Deutschland wird den Parteien eine herausragende Stellung im politischen Meinungsbildungsprozess zugebilligt. Diese wird im Artikel 21 des Grundgesetzes (GG) festgelegt. Parteien dienen als wichtigstes Instrument zur Bündelung und Ver-mittlung der politischen Ziele von Einzelpersonen und Gruppen. Diese wichtige Rolle spiegelt sich auch darin wider, dass sie durch die staat-liche Parteienfi nanzierung zu einem gewissen Teil auch aus Steuermitteln fi nanziert werden.

Jedem Bürger steht es frei, eine Partei zu gründen, solange diese ihren Zielen nach die freiheitliche demokratische Grundordnung respektiert. Der bereits erwähnte Artikel 21 GG verpfl ichtet die Parteien zur Einhaltung einer innerparteilichen Demokratie. Ihre Mitglieder müssen durch Wahlen zu den Parteigremien, durch Diskussionen und durch Wahrung der freien Meinungsäußerung an der politischen Willensbildung beteiligt werden. Wie dies im Einzelnen geregelt ist, bestimmt das Parteien-gesetz, welches 1967 in Kraft trat.

Um die Einhaltung dieser Grundsätze zu gewährleisten, regelt das Grund gesetz auch die Möglichkeit eines Verbotes von Parteien. Aus-schließlich das Bundesverfassungsgericht kann auf Antrag der Bundes- bzw. Landes regierung, des Bundestages oder des Bundesrates ein Verbot aussprechen. Die Möglichkeit, eine Partei verbieten zu können, ist ein Resultat aus dem Scheitern der Weimarer Republik und wird oft mit dem Prinzip einer streitbaren oder wehrhaften Demokratie

begründet. Das sogenannte Parteienprivileg aber setzt die Grenzen für das Verbot einer Partei sehr eng. Die Bedingung ist, dass eine Partei mit ihrem Ziel oder durch das Verhalten ihrer Anhänger darauf hinarbeitet, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beein-trächtigen oder zu beseitigen.

Seit der Gründung der Bundesrepublik ist ein Verbot nur zweimal –1952 gegen die Sozialistische Reichspartei und 1956 gegen die Kommunistische Partei Deutschlands – ausgesprochen worden. 2001 hatten Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung ein Verbotsver-fahren gegen die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) eingeleitet. Das Verfahren wurde aber wegen Fehlern im Vorfeld des Verfahrens eingestellt, die eigentliche Prüfung der Verfassungsfeind-lichkeit hat nicht stattgefunden.

Die Arbeit von Parteien erfordert Finanzmittel. Bei großen Parteien entsteht immer ein Bedarf an hauptamtlichen Arbeitskräften, um die Parteiarbeit zu koordinieren. Wichtige Finanzmittel von Parteien sind Mitgliederbeiträge und Spenden. Um eine unangemessene Einfl uss-nahme durch Spender auf die Parteien aber auszuschließen, wird die maximale Spendenhöhe durch das Parteiengesetz reguliert und von den Parteien ein Rechenschaftsbericht verlangt. Als weiteren großen Posten erhalten Parteien Gelder aus der staatlichen Parteienfi nanzierung. Die Höhe der Zuschüsse ist abhängig von den erreichten Stimmen bei der jeweils vergangenen Europa- und Bundestagswahl und den jeweils vergangenen Landtagswahlen sowie der Höhe der gesammelten Spenden und Mitgliedsbeiträgen.

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Beispiele für Aufgaben und gesellschaftliche Einbindung

Parteien

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Diskussion Mitgliedschaft und Mitarbeit

Wahl

Bürgerforen

Bürgerentscheide

Beschwerde

DemonstrationPetition

Kandidatur

Bürgerbeteiligung

Politische PartizipationBeispiele für Beteiligungsmöglichkeiten

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Bei Wahlen können die Bürger Einfl uss auf die Politik nehmen. Doch auch zwischen den Wahlen gibt es zahlreiche Möglichkeiten, um sich politisch zu engagieren und einzumischen.

Die Bürger und Bürgerinnen der Bundesrepublik haben in der Regel alle vier Jahre die Möglichkeit, die Abgeordneten des Bundestages neu zu wählen. Auch auf der Ebene der Länder und der Kommunen stellen Wahlen die am meisten genutzte Möglichkeit zur Beteiligung dar. Die Mehrheit der Länderparlamente werden alle fünf Jahre neu gewählt, in einigen wenigen Bundesländern dauert die Legislatur-periode nur vier Jahre.

Eng mit der Möglichkeit des Wählens ist die Mitarbeit und Mitglied-schaft in einer Partei verbunden. Zwar können auch unabhängige Kandidaten auf allen Ebenen des politischen Prozesses kandidieren, den Parteien aber wird durch das Grundgesetz (GG) eine besondere Rolle bei der politischen Willensbildung zugewiesen (Art. 21 GG). Sie dienen als wichtigstes Instrument zur Bündelung und Vermittlung der politischen Ziele von Einzelpersonen und Gruppen. Jedem Bürger steht es frei, mit weiteren Mitstreitern eine eigene Partei zu gründen, solange diese ihren Zielen nach die freiheitlich demokratische Grundordnung respektiert. Mittels der Mitarbeit in einer Partei und der Kandidatur für Parteiämter können Bürger gestaltenden politischen Einfl uss gewinnen.

Ein Mittel der Beteiligung aus dem Instrumentarium der direkten Demo-kratie ist der Bürgerentscheid. Dieser ist eine Abstimmung über einen spezifi schen Politikgegenstand – zum Beispiel den Ausbau eines Flug-hafens oder die Sanierung eines Hallenbades. Der Bürgerentscheid wird entweder durch ein Bürgerbegehren oder durch eine Vorlage der

kommunalen Volksvertretung zur Abstimmung gebracht. Ein soge-nanntes Bürgerbegehren wird nach der Sammlung einer Mindestanzahl von Unterstützungsunterschriften wahlberechtigter Bürger durch die Gemeinde als Bürgerentscheid zur Abstimmung gestellt. Volksentscheide bilden in gewisser Weise das Gegenstück von Bürgerentscheiden auf Bundesebene. Sie sind in der Bundesrepublik allerdings nur bei einer Neugliederung des Bundesgebietes vorgesehen und werden auch nur in den betroffenen Ländern abgehalten. Dagegen ist in einigen Länder-verfassungen bzw. gesonderten Landesgesetzen die Möglichkeit der Volksentscheide fest verankert.

Bürgerinitiativen behandeln, ähnlich wie Bürgerentscheide, konkrete politische Problemstellungen, meistens auf kommunaler Ebene. Es handelt sich in der Regel bei diesen Initiativen um parteiunabhängige Interessenvertretungen. Deren Hauptziel ist es sehr häufi g, Aufmerk-samkeit für ihre Position oder Forderung zu erzeugen. Oft sind Bürger-initiativen auch die Initiatoren von weiteren basisdemokratischen Referenden wie Volksinitiativen, Volksbegehren oder Volksentscheide.

Laut Artikel 8 GG haben alle Deutschen das „Recht sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.“ Dieses Grundrecht soll garantieren, dass sich die Bürger treffen und über politische Fragen austauschen können. Zwar legt das Versammlungs-recht Bedingungen dafür fest, grundsätzlich können Bürger aber nach einer polizeilichen Anmeldung ihre Forderungen mittels öffentlicher Demonstrationen ausdrücken.

Ferner haben die Bürger das Recht, eine Petition, also eine Eingabe oder eine Bittschrift, an die zuständigen Stellen oder sogar den Bundes tag

Beispiele für Beteiligungsmöglichkeiten

Politische Partizipation

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Beispiele für Beteiligungsmöglichkeiten

Politische Partizipation

zu richten. Im deutschen Parlament ist dazu extra ein Petitions ausschuss eingerichtet, der die Eingaben prüft und gegebenenfalls Informationen von Behörden einfordert. Er kann abschließend den Bundestag auffordern, sich der Petition anzuschließen. Ein solcher Entschluss kann helfen, dem vom Bittsteller geäußerten Missstand zu beseitigen.

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Wirtschaft Information und Kommunikation

Personal bereitstellen

Entscheidungsträger integrieren

Politikfinanzierung

Druck ausüben

Ziel: Interessen vertreten und durchsetzen

Gesellschaft Parteien

Soziales

Kultur

RegierungAdressaten

Parlamente

Medien und

Öffentlichkeit

Artikel 9 GG

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegendie verfassungsmäßige Ordnungoder gegen den Gedanken der Völker- verständigung richten, sind verboten.

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jeder- mann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig.

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InteressenvertretungBeispiele für Methoden und Adressaten von Lobbyismus

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Industrieverbände, Gewerkschaften, Sozialverbände oder Kirchen sind Interessengruppen. Durch sie werden soziale Anliegen, Umweltschutz oder Wirtschaftsinteressen in die Politik einge-bracht.

In einer parlamentarischen Demokratie werden die meisten Entschei-dungen der Parlamente vor der Abstimmung in Ausschüssen vorbereitet. Kaum ein Mitglied des Bundestages, der Länderparlamente oder der Kommunalparlamente und Gemeinderäte verfügt über ein ausreichendes Wissen, um alle zur Entscheidung stehenden Fragen ohne eine Beratung beantworten zu können.

Auch die Regierung und die Ministerien benötigen externe Experten. Zudem gibt es in der Politik oft Interessen, die zunächst einmal formuliert werden müssen, um den Politikern zu Gehör gebracht zu werden. Die Aufgabe dieser Kommunikation übernehmen Interessen-gruppen oder Verbände. Ihre Vertreter werden in den Ausschüssen oft als Experten herangezogen. Zu den Interessengruppen gehören Industrieverbände ebenso wie die Gewerkschaften, Sozialverbände oder die Kirchen. Durch sie werden soziale Anliegen, Umweltschutzaspekte oder auch die Anliegen von Wirtschaftsunternehmen oder Mittelständlern einer Region in den Entscheidungsprozess eingebracht.

Artikel 9 des Grundgesetzes gewährleistet, dass alle Deutschen das Recht haben, Vereinigungen zur Förderung der Arbeits- und Wirt-schaftsbedingungen zu gründen. Diese können sich auch außerhalb der Ausschüsse mit ihrem Fachwissen den Entscheidungsträgern anbieten und sie informieren. Dabei spielen die Medien eine große Rolle. Presse konferenzen, Hintergrundgespräche mit Journalisten, Demonst-

rationen oder Veranstaltungen der Interessengruppen schaffen eine Öffentlichkeit für deren Anliegen.

Die Arbeit von Interessengruppen wird oft als Lobbyismus bezeichnet. Das Wort Lobby war ursprünglich die Bezeichnung für die Wandelhalle des britischen Parlaments, zu der auch Nichtmitglieder Zutritt hatten und in der sie die Abgeordneten treffen konnten. Für manche Bürger ist der Begriff Lobbyismus ausschließlich negativ besetzt. Sie gehen davon aus, dass es sich hierbei vor allem um die Beeinfl ussung von Entscheidungsträgern durch Wirtschaftsunternehmen handelt. Tatsäch-lich aber gehören zu den Interessenvertretern, die sich um die Politiker bemühen, zu einem nicht unbeträchtlichen Teil auch Nichtregierungs-organisationen, Gewerkschaften, Mittelstandsvereinigungen, Umwelt-schutzverbände, Sozialverbände oder Religionsgemeinschaften. Es handelt sich also entgegen landläufi ger Meinung nicht ausschließlich um Autoproduzenten, die chemische Industrie oder die Militärindustrie.

Allerdings ist ein gewisses Ungleichgewicht in den Möglichkeiten der Einfl ussnahme zwischen den verschiedenen Interessen festzustellen. So können größere Unternehmen beispielsweise durch die Drohung, Arbeitsplätze im Wahlkreis eines Bundestagsabgeordneten abzubauen, durchaus einen gewissen Druck ausüben. Auch können sich Wirtschafts-unternehmen oder -verbände Repräsentanzen in der Nähe der Entscheidungsträger leisten und teure Informationsveranstaltungen fi nanzieren, während die Vertreter fi nanzschwacher Interessen oft mit wenig Mitteln ihre Anliegen kommunizieren müssen.

Es wird auch oft kritisiert, dass sich Lobbyismus manchmal in der Gefahr befi ndet, im Spannungsverhältnis zwischen berechtigter Interessen-

Beispiele für Methoden und Adressaten von Lobbyismus

Interessenvertretung

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Beispiele für Methoden und Adressaten von Lobbyismus

Interessenvertretung

vertretung und unberechtigter Einfl ussnahme den schmalen Grad zu einer gefährlichen einseitigen Beeinfl ussung von Politikern zu über-schreiten. Die extremste Form ist dann Korruption, die sich nicht nur auf direkte, versteckte Geldzahlungen beschränken muss. Manchmal wird Politikern auch eine Anstellung durch die Verbände oder der sie tragenden Unternehmen angeboten. Zudem spenden Interessengruppen Parteien Geld für deren politische Aufgaben. Zwar tragen sie dadurch zur Finanzierung von Politik bei, die Gefahren einer übermäßigen Beeinfl ussung sind aber offensichtlich.

Aus diesem Grund müssen Bundestagsabgeordnete ihre Nebeneinkünfte offenlegen, um den Bürgern zu ermöglichen, sich ein Bild über die Gefahren einer möglichen Beeinfl ussung der Volksvertreter zu machen. Parteien müssen die Listen ihrer Spender ebenfalls veröffentlichen. Transparenz ist ein entscheidendes Mittel zur Verhinderung schädlicher Einfl ussnahme durch Dritte.

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Entscheidungsvermittlung

Medien

Interessenvermittlung

Themensetzung und Filterung Themensetzung und Filterung

Thematisierung eigener Informationen

Bürger

Meinungsartikulation

Kritik und Kontrolle

Herstellung von Öffentlichkeit

Aktivierung

Öffentliche Meinung

Staat

Fernsehen

Radio

Print

Online-Medien

Artikel 5 Grundgesetz: Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort,Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich ausallgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. DiePressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunkund Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

MedienAufgaben und Funktionen

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Artikel 5 des Grundgesetzes garantiert die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung. Medien informieren, kontrollieren, kritisieren - setzen aber auch eigene Themen und beeinfl ussen die öffentliche Meinung.

Für die Teilnahme an Wahlen und an der politischen Meinungsbildung ist ein Mindestmaß an Information über politische Vorgänge erforderlich. Begründete Entscheidungen können von den Bürgerinnen und Bürgern nur auf der Basis einer möglichst unvoreingenommenen Information getroffen werden.

In einer modernen Demokratie übernehmen diese Informationsfunktion neben den Publikationen der Parteien und Verbände insbesondere die Massenmedien. Artikel 5 des Grundgesetzes garantiert die Presse-freiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film. Die Pressefreiheit schützt die Medien vor einem Eingriff der staatlichen Gewalt und die Straffreiheit von Meinungsäußerungen. Auf diese Weise dienen die Medien als Mittler zwischen der Politik und den Bürgern –als „Transmissionsriemen“ bei der Willensbildung.

Oft werden die Massenmedien ihrer Bedeutung aber auch ihres Ein-fl usses wegen als „Vierte Gewalt“ (neben der Legislative, der Exekutive und der Judikative des klassischen Systems der Gewaltenteilung) bezeichnet. Dabei schwingt in dieser Bezeichnung einerseits ein Un behagen darüber mit, dass Journalisten und Medien ihre Einfl uss-möglichkeiten missbrauchen könnten. Andererseits hebt dieser Begriff die wichtige Kontrollfunktion hervor, die Massenmedien bei der Auf-deckung von Missständen und Amtsmissbrauch haben.

Neben Kritik und Kontrolle verstehen sich Medien auch als Anwalt der öffentlichen Meinung gegenüber dem Staat. Durch bewusste Themen-setzung und Filterung der Informationsfülle können Medien aber auch eine aktivierende und mobilisierende Instanz für die Bürger übernehmen. Das Herstellen von Öffentlichkeit spielt dabei eine wichtige Rolle, da die dadurch geschaffene Transparenz des Staatswesens ein wichtiger Bestandteil einer liberalen Demokratie ist.

Zwar sind die meisten der mehr als 300 überregionalen und regionalen Abonnementzeitungen in Deutschland in privater Hand, bei den Rundfunk- und Fernsehsendern aber existiert seit der Liberalisierung des Rundfunkmarktes Mitte der 1980er Jahre das sogenannte duale Rundfunksystem: ein Nebeneinander von öffentlich-rechtlichen und privaten, meist werbefi nanzierten Sendern.

Den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten (z. B. ARD, ZDF und Deutschland radio) kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Laut Bundesverfassungsgericht sollen sie die Grundversorgung der Bevöl-kerung mit Informationen und Unterhaltung gewährleisten. Um diese Aufgabe unabhängig vom Staat und wirtschaftlichen Interessen wahr-nehmen zu können, werden sie durch Gebühren der Rundfunkteilnehmer, also der Hörer und Zuschauer, fi nanziert. Diese werden durch die Gebühreneinzugszentrale (GEZ) eingezogen. Die Grundlage für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk bildet der von allen Bundesländern unterzeichnete Rundfunkstaatsvertrag.

Die große Bedeutung, die den Medien zukommt, erfordert seitens der Bundesregierungen eine bewusste Medienpolitik. Diese beinhaltet

Aufgaben und Funktionen

Medien

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Aufgaben und Funktionen

Medien

sowohl ordnende Elemente (Grundlagen und Rahmenbestimmungen), Elemente der Ressourcenbeschaffung (technisch und personell) als auch eine aktive Programmpolitik. Bei letzterem werden die Struktur der kommunizierten Medieninhalte und der Anteil an Information geregelt, nicht aber deren Inhalt. Auf der Bundesebene ist hierfür im engeren Sinne der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien zuständig. Auf der Länderebene sorgen zum Beispiel die Landesrund-funkanstalten für eine Ausgestaltung der Medienpolitik in den öffentlich-rechtlichen Medien.

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Bürger/innen

Europäische Kommission

Zusammenarbeit

je nach Politikbereich und Verfahren

Zusammenarbeit

je nach Politikbereich und Verfahren

Verordnungen EntscheidungenRichtlinien

Europa

Deutschland

Rat der EUEuropäisches Parlament

Bundeskanzler / Regierung

Bundeskanzler bestimmt Leitlinien der Europapolitik

Regierungen anderer EU-Staaten

Umsetzung in nationales Recht unmittelbar geltendes Recht

unmittelbar geltendes Recht

Bundesrat

Landesparlament

Ministerpräsident

Landesregierung

Bundestag

deutsche Abgeordnete

Abgeordnete

Europaausschuss

wählen

wählen wählen

wählt

bildet

ist Teil von

Deutschland in der Europäischen UnionBeispiele für Mitwirkung an Rechtsakten der EU

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Ob Europaparlament, Europäische Kommission oder Rat der EU: Die „Brüsseler Politik“ spielt eine wichtige Rolle bei Gesetzen und Rechtsakten. An deren Entstehung wirken Deutschland und die anderen Mitgliedsstaaten mit.

Die Bundesrepublik ist Mitglied in einer Vielzahl von internationalen Organisationen und Vertragspartner einer ganzen Reihe von Abkommen. Das vielleicht wichtigste außenpolitische Engagement der Bundes-republik vollzieht sich aber im Rahmen einer ganz besonderen Orga-nisation: der Europäischen Union (EU).

Sie ist eine Institution „sui generis“, also ganz eigener Art und ohne historisches Vorbild. Die Bundesrepublik Deutschland war eines der sechs Gründungsmitglieder der EU. Zusammen mit Belgien, Frank-reich, Italien, Luxemburg und den Niederlanden gründete sie 1951 die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, aus der sich später die Europäische Gemeinschaft und die Europäische Union entwickelten. Mittlerweile hat die EU 27 Mitgliedsstaaten.

In der EU haben die Mitgliedsstaaten eine Reihe ursprünglich national-staatlicher Entscheidungsbefugnisse freiwillig auf diese Organisation und ihre Organe übertragen. In einer wachsenden Zahl von Politikfeldern werden immer mehr Entscheidungen auf der Ebene der Europäischen Union getroffen. Richtlinien, Verordnungen und Entscheidungen von EU-Organen sind oft unmittelbar geltendes Recht in der Bundesrepublik oder werden durch die Parlamente auf Landes- und Bundesebene in nationales Recht umgesetzt.

Um dieses zu ermöglichen, ist 1992 der Artikel 23 des Grundgesetzes (GG) dahingehend geändert worden, dass eine Übertragung von

Hoheits rechten unter Zustimmung von Bundestag und Bundesrat möglich ist. Um zu koordinieren und zu garantieren, dass die Bürger und deren gewählte Vertreter nicht übergangen werden, hat der Bundes-tag zum Beispiel einen Europaausschuss eingerichtet, der für diese Fragen zuständig ist. Ihm gehören neben Mitgliedern des Bundestages auch deutsche Abgeordnete des Europäischen Parlamentes an.

Es gilt, dass keine Entscheidung, die maßgeblich in das Leben der Bürger eines Mitgliedsstaates eingreift, ohne Beteiligung der Mitglieds-staaten selbst getroffen wird. Die Bundesrepublik hat hier eine starke Vertretung in den verschiedenen EU-Gremien. So verfügt die Bundes-republik über 29 Stimmen im Rat der Europäischen Union, in dem die Fachminister der Mitgliedsstaaten beraten. Damit hat die Bundes-republik zusammen mit den größten Nachbarländern den‚ relativ höchsten Stimmenanteil im Rat. Dieser ist gemeinsam mit dem Euro-päischen Parlament entscheidend am Gesetzgebungsverfahren in der EU beteiligt.

Deutschland entsendet mit 99 Mitgliedern von insgesamt 736 (Stand November 2009) auch die höchste Anzahl an EU-Parlamentariern in das Europaparlament. Auf diese Weise wird gewährleistet, dass die Bürger des bevölkerungsreichsten Landes der EU auch ein großes Maß an Mitbestimmung genießen – entweder über direkt gewählte Vertreter oder über die Vertreter des Bundestages und der Bundes-regierung. Da viele der EU-Entscheidungen auf kommunaler Ebene und Landesebene wirksam werden, ist an der Übertragung von EU-Recht auch der Bundesrat maßgeblich beteiligt.

Es gibt neben den Befürwortern der europäischen Integration auch Kritiker. Manche befürchten zum Beispiel, dass die Teilnahme an einem

Beispiele für Mitwirkung an Rechtsakten der EU

Deutschland in der Europäischen Union

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Beispiele für Mitwirkung an Rechtsakten der EU

Deutschland in der Europäischen Union

gemeinsamen Binnenmarkt, Arbeitsplätze in Deutschland gefährden könne. Die Befürworter verweisen hingegen auf die Chancen, die ihrer Meinung nach in der Zollunion, dem Binnenmarkt, der gemeinsamen Währung und einer vereinheitlichten Beschäftigungspolitik liegen. Auch verweisen sie auf die Möglichkeiten, die eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit für die Sicherheit aller Unionsbürger bedeuten können.

Mehr Informationen auf www.bpb.de

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NATOGemeinsame Verteidigung

EU Europäische Zusammenarbeit

Internationale Gerichtshöfe

G8Wirtschaft und Politik

WTOWelthandel

OECDWirtschaft und Entwicklung

InterpolPolizei

Europarat Menschenrechte

CERN Forschung

UNO Weltfrieden und Völkerrecht

OSZE Friedenssicherung

Internationale Entwicklungshilfefonds

und -programme

Rohstoffübereinkommen

Deutschland in internationalen OrganisationenBeispiele für die Einbindung der Bundesrepublik Deutschland

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Die Sicherung des Friedens ist eine treibende Kraft internationaler Politik. Aber auch als Exportnation und Rohstoff-Importeur ist Deutschland auf gute Beziehungen zu anderen Ländern der Erde angewiesen. In der deutschen Außenpolitik spielen internationale Organisationen daher eine große Rolle.

Neben der Europäischen Union (EU) ist die Bundesrepublik Mitglied in einer Vielzahl von internationalen Organisationen. Die bekanntesten und wichtigsten außerhalb der EU sind die Vereinten Nationen (United Nations Organization, UNO) und der Nordatlantikpakt (North Atlantic Treaty Organization, NATO).

In die NATO ist die Bundesrepublik bereits 1955 nach Ratifi zierung des Deutschlandvertrages aufgenommen worden. Diese Mitgliedschaft war Teil der Strategie des damaligen Bundeskanzlers Konrad Adenauer, die Bundesrepublik in die westliche Staatengemeinschaft zu integrieren. Das Verteidigungsbündnis wurde zu Beginn des Kalten Krieges gebildet. Es sollte sich einer Bedrohung durch die Staaten im sowjetischen Einfl ussbereich entgegenstellen. Damals war die Mitgliedschaft auch in der westdeutschen Gesellschaft nicht unumstritten, da sie mit einer Wieder bewaffnung der Bundesrepublik einherging. Nach Ende des Kalten Krieges hat sich die Ausrichtung des Militärbündnisses gewandelt. Es versteht sich zunehmend als Interessenvereinigung zur Minderung von Konfl iktrisiken und betont seine nicht-militärischen Koordinierungs-funktionen sowie friedenserhaltenden Maßnahmen. Seit der Wieder-vereinigung und einer intensiven innenpolitischen Diskussion sind nach Abstimmungen des Deutschen Bundestages auch Bundeswehr-einheiten an NATO-Einsätzen beteiligt.

Die größte internationale Organisation sind die Vereinten Nationen, der 1973 BRD und DDR beitraten. Die UNO ist keine Handelsorganisation oder ein Militärbündnis. Sie ist 1945 gegründet worden, um den Welt-frieden und die Einhaltung des Völkerrechts zu fördern. Die große Mehr-heit der Staaten der Welt ist Mitglied in der UNO. Die Entscheidungen der Generalversammlung haben oft weitreichende Folgen. Sie kann ihre Mitgliedsstaaten zur Teilnahme an friedenserhaltenden Maßnahmen aufrufen und diese in Krisengebieten koordinieren. Seit einigen Jahren bemüht sich die jeweilige Bundesregierung auch um einen ständigen Sitz für die Bundesrepublik im einfl ussreichsten Organ der UNO, dem Sicher-heitsrat. Zurzeit sind die Vereinigten Staaten, die Russische Föderation, die Chinesische Volksrepublik, Frankreich und das Vereinigte König-reich ständige Mitglieder des Sicherheitsrates.

Die Sicherung von Frieden und Menschenrechten ist auch der Grund für die Mitgliedschaft der Bundesrepublik in der OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) und im Europarat. Beides sind Institutionen, die sich der Förderung der Menschenrechte und der Einhaltung demokratischer Prinzipien verschrieben haben. Delegationen der OSZE tragen dazu bei, freie Wahlen, die Freiheit der Medien und die Einhaltung der Menschenrechte in den Mitgliedsländern zu garantieren. Ihre Berichte und die Beratungen der OSZE erreichen eine große Öffentlichkeit und sind so ein viel beachtetes Druckmittel. Ein solches stellen auch die Entscheidungen internationaler Gerichtshöfe dar, denen sich die Bundesrepublik unterwirft.

Der Sicherung des Friedens dient im weiteren Sinne auch die inter-nationale Polizeiorganisation Interpol (International Criminal Police

Beispiele für die Einbindung der Bundesrepublik Deutschland

Deutschland in internationalen Organisationen

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Beispiele für die Einbindung der Bundesrepublik Deutschland

Deutschland in internationalen Organisationen

Organization). Zu den Aufgaben von Interpol gehört die Koordinierung der Terrorismusbekämpfung und der internationalen Kriminalität.

Die Bundesrepublik ist auch Mitglied der G8, einer Gruppe von acht großen Industrienationen, die sich als Abstimmungsforum für die gemeinsamen Interessen versteht. Kritiker bemängeln, dass die G8 und die World Trade Organisation, in der die Bundesrepublik auch vertreten ist, nicht ausreichend auf die Bedürfnisse der Entwicklungsländer ein gingen. Eben dieser wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern ist in der Bundesregierung mit dem Bundes-ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) ein ganzes Ressort gewidmet.

Viele der am höchsten entwickelten Länder der Erde sind in der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) zusammengeschlossen, die sich der Förderung von Marktwirtschaft und Demokratie verpfl ichtet fühlt. Da deren Interessen oft sehr ähnlich sind, haben sie sich in der OECD zusammengeschlossen, um gemeinsam den Herausforderungen der Globalisierung zu begegnen.

Mehr Informationen auf www.bpb.de


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