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Deutsches Umsatzsteuergesetz vom 24. Dezember 1919 mit Abänderungen vom 18. August 1920, 8. April...

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Deutsches Umsatzsteuergesetz vom 24. Dezember 1919 mit Abänderungen vom 18. August 1920, 8. April 1922, 30. November 1922, 20. März 1923, 25. Juni 1923 Source: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, 40. Jahrg., H. 2 (1923), pp. 62-92 Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KG Stable URL: http://www.jstor.org/stable/40907540 . Accessed: 14/06/2014 01:16 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to FinanzArchiv / Public Finance Analysis. http://www.jstor.org This content downloaded from 185.44.78.113 on Sat, 14 Jun 2014 01:16:05 AM All use subject to JSTOR Terms and Conditions
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Page 1: Deutsches Umsatzsteuergesetz vom 24. Dezember 1919 mit Abänderungen vom 18. August 1920, 8. April 1922, 30. November 1922, 20. März 1923, 25. Juni 1923

Deutsches Umsatzsteuergesetz vom 24. Dezember 1919 mit Abänderungen vom 18. August1920, 8. April 1922, 30. November 1922, 20. März 1923, 25. Juni 1923Source: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, 40. Jahrg., H. 2 (1923), pp. 62-92Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KGStable URL: http://www.jstor.org/stable/40907540 .

Accessed: 14/06/2014 01:16

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Deutsches Umsatzsteuergesetz vom 24. Dezember 19191) mit Abänderungen vom 18. August 1920, 8. April 1922, 30. No-

vember 1922, 20. März 1923, 25. Juni 1923. (R.G.BL Teil 1 1919 Nr. 250 S. 373; 1920 Nr. 179 S. 1607; 1922 Nr. 30 S. 344;

1922 I Nr. 79 S. 890; 1923 I Nr. 22 S. 198; Nr. 47 S. 466.)

I. Allgemeine Vorschriften. Die allgemeine Umsatzsteuer auf Lieferungen

und sonstige Leistungen.

§1. Der Umsatzsteuer unterliegen: 1. Lieferungen und sonstige Leistungen, die jemand innerhalb der von ihm

selbständig ausgeübten gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit im Inland gegen Entgelt ausführt. Als gewerbliche Tätigkeit gelten für dieses Gesetz auch die Urerzeugung und der Handel. Die Steuerpflicht wird weder dadurch ausgeschlossen, dass die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt, oder ein Verein, eine Gesellschaft oder eine Genossenschaft, die nur an die eigenen Mitglieder liefern, die Tätigkeit ausüben, noch dadurch, dass die Leistung auf Grund gesetzlicher oder behörd- licher Anordnung bewirkt wird oder kraft gesetzlicher Vorschrift als bewirkt gilt;

2. Entnahmen von Gegenständen aus dem eigenen Betrieb, um sie zu Zwecken, die ausserhalb der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit liegen, zu gebrauchen oder verbrauchen;

3. Lieferungen auf Grund einer Versteigerung, auch wenn der Auftraggeber keine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit ausübt, es sei denn, dass die Ver- steigerung im Wege der Zwangsvollstreckung oder unter Miterben zur Teilung eines Nachlasses erfolgt oder Grundstücke und Berechtigungen betrifft, auf welche die Vorschriften des bürgerlichen Hechtes über Grundstücke Anwendung finden.

§2. Von der Besteuerung sind ausgenommen: 1. a) (1) Umsätze aus dem Ausland in das Inland, wenn die Bestimmungen

des Reichsrats über die Sicherstellung der Herkunft der Gegenstände innegehalten werden und nicht in diesem Gesetze (§17 Nr. 3, § 23 Abs. 1 Nr. 4) ein anderes bestimmt ist. Der Reichsrat bestimmt, inwieweit die dem Zollauslande gleich- stehenden Gebiete des Inlandes, der gebundene Verkehr des Zollinlandes und bei zollfreien Gegenständen besonders bezeichnete sonstige inländische Lager wie das Ausland zu behandeln sind. Das Verbringen der auf dem Meere einschliesslich der Dreimeilenzone und im Bodensee erzielten Fänge der Fischerei in das Inland ist der Einfuhr aus dem Ausland gleichzuachten.

(2) Getreide und Hülsenfrüchte können bei seewärtiger Einfuhr ohne Rück- sicht auf ihre Herkunft nach näherer Bestimmung des Reichsrats als aus dem Aus- land kommend behandelt werden3).

i) Mitgeteilt im Finanzarchiv 37 (1920) S. 223. 3) ia, b, o sind neue Fassungen infolge des Abänderungsgesetzes vom 8. April 1922.

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Deutsches Umsatzsteuergesetz nebst Begründung. g g

b) Die ersten Umsätze aus dem Ausland eingeführter Gegenstände im Inland, die der Reichsrat nach Anhörung des Reichswirtschaftsrats oder eines von ihm bestimmten Ausschusses näher bezeichnet, zu denen insbesondere die notwendigen Lebens- und Futtermittel sowie Rohstoffe und Halberzeugnisse gehören sollen, soweit die Umsätze ausserhalb des Kleinhandels erfolgen und die Bestimmungen des Reichsrats über die Sicherstellung der Herkunft der Gegen- stände innegehalten werden1).

c) Umsätze solcher Gegenstände in das Ausland, die der ausführende Unter- nehmer erworben hat und ohne vorherige Bearbeitung oder Verarbeitung ins Ausland liefert, wenn die Bestimmungen des Reichsrats über die Sicherstellung der Herkunft und der Bestimmung der Gegenstände innegehalten werden und nicht in diesem Gesetze (§ 23 Abs. 1 Nr. 5) ein anderes bestimmt ist1).

2. Kreditgewährungen und Umsätze von Geldforderungen, insbesondere von Wechseln und Schecken, sowie von Wertpapieren, Anteilen von Gesellschaften und sonstigen Vereinigungen, Banknoten, Papiergeld, Geldsorten und von in- ländischen amtlichen Wertzeichen.

3. Umsätze von Edelmetallen und Edelmetallegierungen ausserhalb des Kleinhandels (§ 22) nach näherer Bestimmung des Reichsrats.

4. Verpachtungen und Vermietungen von Grundstücken und von Berech- tigungen, auf welche die Vorschriften des bürgerlichen Rechtes über Grundstücke Anwendung finden, sowie von staatlichen Hoheitsrechten, die sich auf die Nutzungen von Grund und Boden beziehen, mit Ausnahme der Verpachtungen und Ver- mietungen eingerichteter Räume.

5. Beförderungen im Sinne des Gesetzes über die Besteuerung des Personen- und Güterverkehrs vom 8. April 1917 (R.G.B1. S. 329) mit Ausnahme der im § 3 Nr. 4 u. 5 daselbst genannten.

6. Umsätze der in Tarifnummer 5 des Reichsstempelgesetzes vom 3. Juli 1913 (R.G.B1. S. 369) und der im Rennwett- und Lotteriegesetz vom 8. April 1922 (R.G.B1. Teil I, S. 393) genannten Gegenstände.

7. Leistungen, für welche Vergütungen im Sinne der Tarif nummer 9 des Reichsstempelgesetzes gewährt werden.

8. Versicherungen im Sinne des Versicherungssteuergesetzes vom 8. April 1922 (R.G.B1. Teil I, S. 400).

9. Aerztliche und ähnliche Hilfeleistungen sowie Arznei- und Heilmittel, die zur Krankenpflege dienen, soweit die Entgelte für sie von den Krankenkassen (§ 225 der Reichs Versicherungsordnung), den knappschaftlichen Krankenkassen, den Krankenkassen der selbständigen Handwerker und Gewerbetreibenden sowie den Ersatzkassen (§§ 503 ff. der Reichs Versicherungsordnung) zu zahlen sind1).

10. Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen, die ein Unternehmer den innerhalb seiner gewerblichen Tätigkeit beschäftigten An- gestellten und Arbeitern als Vergütung für die geleisteten Dienste gewährt, ein- schliesslich der innerhalb der gewerblichen Tätigkeit des Unternehmers voll- beschäftigten und der Versicherungspflicht unterstellten Familienangehörigen, sofern dieselben das sechzehnte Lebensjahr überschritten haben2).

10 a. Die Gewährung von Beherbergung, Beköstigung und der üblichen Naturalleistungen durch Personen und Anstalten, soweit sie Personen unter 18 Jahren für Erziehungs- und Ausbildungszwecke ausserhalb des Wohnsitzes der Eltern bei sich aufnehmen3).

10 b. Die Entnahme von Gegenständen aus dem eigenen Betriebe zum eigenen Gebrauch (§ 1 Nr. 2), soweit es sich um Erzeugnisse der Kleingarten- wirtschaft, der Kleinlandwirtschaft und Kleinviehzucht handelt, wenn diese in der Regel ohne Mithilfe von gegen Entgelt beschäftigten Personen durch Arbeiter, Angestellte, Beamte und durch Rentenempfänger aus der sozialen Versicherung und aus der Versorgung der Kriegsbeschädigten und - hinter bliebenen sowie durch Pensionäre und Kleinrentner betrieben werden2).

!) 1 a. b. c sind neue Fassungen infolfre des Abänderunessresetzes vom 8. April 1922. 2) Neue Fassung infolge des Abänderungsgesetzes vom 8. April 1922. ■°0 10a und 10 b neu eingefügt durch AbiinderuDgsgesetz vom 8. April 1922.

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β 4 Deutsches Umsatzsteuergesetz nebst Begründung«

11. (1) Bei eingetragenen Genossenschaften, die der gemeinschaftlichen Ver- wertung von Erzeugnissen der Genossen oder dem gemeinschaftlichen Einkauf von Waren ausschliesslich für die Genossen dienen, derjenige Teil des Umsatzes, der als Entgelt für Rücklieferung von Rückständen aus der im Betriebe der Ge- nossenschaft erfolgten Verarbeitung der von den Genossen eingelieferten Er- zeugnisse oder als Rückvergütung auf den Kaufpreis der von den Genossen be- zogenen Waren auf Grund der Beschlüsse der Generalversammlung für das ab- gelaufene Geschäftsjahr gewährt wird1).

(2) Nach näherer Bestimmung des Reichsministers der Finanzen ist die gleiche Steuerbefreiung durch das Landesfinanzamt auf Antrag Gesellschaften mit beschränkter Haftung zuzugestehen, die Zwecke der im Abs. 1 bezeichneten Art verfolgen, sofern die Gesellschafter sich in ihrer Eigenschaft als Hersteller oder Verbraucher für die gemeinsame Wahrnehmung der von der Gesellschaft mit beschränkter Haftung übernommenen Aufgaben im allgemeinen der Rechts- form der eingetragenen Genossenschaften zu bedienen pflegen. Das gleiche gilt von Gesellschaften mit beschränkter Haftung, deren Gesellschafter ausschliessHch oder doch überwiegend die im Abs. 1 bezeichneten Genossenschaften oder die ihnen gleichgestellten Gesellschaften mit beschränkter Haftung sind. Der Antrag ist spätestens mit Einlegung des Rechtsmittels gegen eine Veranlagung zu stellen. Gegen die Entscheidung des Landesfinanzamts über den Antrag ist die Beschwerde an den Reichsfinanzhof gegeben; der Reichsfinanzhof entscheidet im Beschluss- verfahren.

12. Die Leistungen der Revisions verbände gemäss § 54 f. des Genossen- schaftsgesetzes2).

§3. (1) Von der Steuer sind befreit: 1. Reich und Länder wegen des Post-, Telegraphen- und Fernsprechverkehrs

sowie Beförderungsunternehmungen wegen der auf Gesetz beruhenden Leistungen für diesen Verkehr.

2. Reich, Länder, Gemeinden und Gemeinde verbände wegen der Schlacht- höfe, Gas-, Elektrizitäts- und Wasserwerke.

3. Unternehmungen oder einzelne Zweige von Unternehmen, deren Zwecke ausschliesslich gemeinnützig oder wohltätig sind, wegen solcher Umsätze, die diesen Zwecken unmittelbar dienen und bei denen die Entgelte hinter den durch- schnittlich für gleichartige Leistungen von Erwerbsunternehmungen verlangten Entgelten zurückbleiben1).

4. Nichtöffentliche Schulen und Erziehungsanstalten, die der staatlichen Aufsicht unterliegen und ihren Betrieb nur mit Zuschüssen aus öffentlichen Mitteln, Stiftungen oder aus staatlich genehmigten Sammlungen aufrechterhalten können2).

(2) Der Reichsminister der Finanzen wird ermächtigt, mit Zustimmung des Reichsrats nähere Bestimmungen zur Ausführung der Vorschriften des § 3 Nr. 3 u. 4 zu erlassen2).

§4. (Gestrichen durch Art. I Nr. 10 des Ges. vom 8. April 1922.)

§5. (1) In den Fällen, in denen die Steuer lediglich an die Lieferung anknüpft,

liegt eine Lieferung im Sinne dieses Gesetzes vor, wenn der Lieferer dem Ab- nehmer die Verfügung über eine Sache verschafft. Als Lieferung ist auch eine Leistung aus einem Vertrag über die Bearbeitung und Verarbeitung einer Sache anzusehen, wenn der Unternehmer Stoffe, die er beschafft, verwendet, und es sich hierbei nicht nur um Zutaten oder Nebensachen handelt. Das gilt auch, wenn Sachen in Ausführung eines solchen Vertrags mit dem Grund und Boden fest verbunden werden.

*) Neue Fassung: infolge des Abänderuneseresetzes vom 8. Aüril 1922. 2) Zugefügt durch Abänderungsgesetz vom. 8. April 1922.

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Deutsches Umsatzsteuergesetz nebst Begründung. gg

(2) Der Lieferung steht die Uebertragung der mit dem Besitz eines Pfand- scheins verbundenen Rechte gleich.

§6. (1) Ist bei einer Lieferung für die Höhe des Steuersatzes die Beschaffenheit

des Gegenstandes massgebend, so entscheidet bei Gegenständen, die aus mehreren Stoffen zusammengesetzt sind, der wertvollere Bestandteil über den Steuersatz.

(2) Die Vorschrift findet auf die Steuerpflicht nach § 1 Nr. 2 entsprechende Anwendung.

§7.

(1) Bei Abwicklung mehrerer von .verschiedenen Unternehmern über die- selben Gegenstände oder über Gegenstände gleicher Art abgeschlossenen Umsatz- geschäfte sind nur die Lieferungen derjenigen Unternehmer steuerpflichtig, die den unmittelbaren Besitz übertragen. Der Uebertragung des unmittelbaren Be- sitzes durch einen Unternehmer steht die Uebertragung durch denjenigen gleich, der die Gegenstände auf Grund eines besonderen, mit dem Unternehmer ab- geschlossenen Vertrags für diesen, besitzt, es sei denn, dass er lediglich die Be- förderung der Gegenstände übernommen hat.

(2) Betrifft im Falle des Abs. 1 eines der Umsatzgeschäfte eine Lieferung der in den §§ 15 u. 21 bezeichneten Art, so ist der Lieferer auch dann steuerpflichtig, wenn er den unmittelbaren Besitz nicht überträgt.

(3) Die Lieferung von Elektrizität, Gas und Wasser durch zusammen- hängende Leitungen mehrerer Unternehmungen gilt als nur einmalige Uebertragung des unmittelbaren Besitzes; steuerpflichtig ist die erste Liefererin1).

§8.

( 1 ) Die Steuer wird von dem für die steuerpflichtige Leistung vereinnahmten Entgelte berechnet. Erfolgt die Besteuerung nach Zeitabschnitten (§ 33), so ist die Gesamtheit der in den Zeitabschnitten vereinnahmten Entgelte zugrunde zu legen.

(2) In den Fällen der § 17 Nr. 3, § 23 Abs. 1 Nr. 4 ist dem Entgelte der auf den Gegenstand entfallende Eingangszoll hinzuzurechnen, sofern er nicht bereits im Lieferungspreis enthalten ist.

(3) In den Fällen des § 1 Nr. 2 tritt an die Stelle des Entgelts der gemeine Wert der entnommenen Gegenstände; dabei ist von den Preisen auszugehen, die am Orte und zur Zeit der Entnahme für Gegenstände der gleichen oder ähn- lichen Art von Wiederverkäufern gezahlt zu werden pflegen.

(4) In den Fällen des § 5 Abs. 2 gilt als Entgelt der Preis des Pfandscheins zuzüglich der Pfandsumme.

(5) Ist für die Steuerpflicht einer einzelnen Lieferung die Höhe des Entgelts massgebend, so ist vom Entgelte für die Lieferung jedes einzelnen Gegenstandes auszugehen, es sei denn, dass mehrere auf einmal entnommene Gegenstände eine wirtschaftliche Einheit bilden oder nach der Bestimmung des Lieferers nur zu einem Gesamtpreis gemeinsam lieferbar sind.

(6) Beträge, die vom Leistungs verpflichteten für die Beförderung und Ver- sicherung der Gegenstände, auf die sich die Verpflichtung bezieht, in Rechnung gestellt werden, sind nur insoweit nicht als Teil des Entgelts anzusehen, als durch sie die Auslagen des Leistungsverpflichteten für die Beförderung und Versicherung ersetzt werden.

(7) Die Kosten der Warenumschliessung dürfen nur dann vom Entgelt gekürzt werden, wenn die Warenumschliessung vom Lieferer zurückgenommen und das Entgelt um den auf sie entfallenden Teil gemindert wird.

(8) Bei Geschäften, deren Abwicklung in einer steuerpflichtigen Leistung jedes der Beteiligten an den andern besteht (ζ. Β. Tauschgeschäften), gilt der Wert jeder der Leistungen als Entgelt für die andere; diese Vorschrift findet bei Hingabe an Zahlungs Statt entsprechende Anwendung.

!) Abs. 3 zugefügt durch Abänderungsgesetz vom 8. April 1922. Finanzarchiv. XXXX. Jahrg. 417 5

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gg Deutsches Umsatzsteuergesetz nebst Begründung.

(9) Ausländische Werte sind nach näherer Bestimmung des Reichsministers der Finanzen umzurechnen.

§ 8 a1). (1) Die Anzeigen Vermittler (Annoncenexpeditionen) sind befugt, der Be-

rechnung der Umsatzsteuer lediglich die Vermittlungsgebühr zugrunde zu legen, die sie als Entgelt für zugewiesene Anzeigeneinrückungen erhalten, selbst wenn sie hierbei im eigenen Namen und für eigene Rechnung tätig gewesen sind.

(2) Diese Vorschrift gilt bereits mit Wirkung vom 1. Januar 1921 ab.

§9. (1) Auf Antrag kann die Steuerstelle gestatten, dass die Steuer nicht nach

den vereinnahmten Entgelten, sondern nach den Entgelten für die bewirkten Leistungen ohne Rücksicht auf die Vereinnahmung berechnet wird. Der Antrag kann auf einen von mehreren gesonderten Betrieben desselben Steuerpflichtigen beschränkt werden. Dem Antrag ist nur stattzugeben, wenn Bücher nach kauf- männischen Grundsätzen geführt werden.

(2) Ist die Besteuerung nach den Entgelten für die bewirkten Leistungen gestattet, so finden die Vorschriften dieses Gesetzes mit der Massgabe Anwendung, dass, soweit in ihnen von den vereinnahmten Entgelten gehandelt wird, an deren Stelle die Entgelte für die bewirkten Leistungen treten.

(3) Einen Uebergang von einer zur andern Versteuerungsart kann die Steuer- stelle zur Sicherung des Steueraufkommens an Bedingungen knüpfen, über die der Reichsminister der Finanzen nähere Bestimmungen erlässt.

(4) Eine Festsetzung der Versteuerungsart auf Grund des Umsatzsteuer - gesetzes vom 26. Juli 1918 (R.G.B1. S. 779) behält auch für dieses Gesetz ihre Wirkung.

§ 10. Die Steuerbeträge sind, soweit die Besteuerung nach Zeitabschnitten erfolgt

(§ 33), auf volle Mark, in den übrigen Fällen auf volle zehn Pfennig nach unten abzurunden. Kleinere Beträge sind nicht zu erheben2).

§ Π.

(1) Die Steuer ist in den Fällen des § 1 Nr. 1 u. 2 von demjenigen zu ent- richten, der die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit ausübt. Dabei werden die in mehreren Betrieben desselben Steuerpflichtigen vereinnahmten Entgelte zusammengerechnet.

(2) Im Falle des § 1 Nr. 3 liegt die Entrichtung der Steuer dem Versteigerer ob, und zwar auch dann, wenn der Auftraggeber eine selbständige berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt. Er ist berechtigt, sich bei seinem Auftraggeber für die entrichteten Steuerbeträge schadlos zu halten.

§ 12.

( 1 ) Bei Leistungen aus Verträgen, die nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes abgeschlossen sind, ist der Steuerpflichtige nicht berechtigt, die Steuer dem Leistungsberechtigten neben dem Entgelte ganz oder teilweise gesondert in Rech- nung zu stellen, es sei denn, dass als Entgelt für eine Leistung gesetzlich bemessene Gebühren angesetzt werden. Der Abnehmer aus einem Lieferungsvertrag ist nicht berechtigt, das ihm von seinem Lieferer in Rechnung gestellte Entgelt um die bei der Weiterveräusserung des Gegenstandes fällige Steuer zu kürzen.

(2) Auf eine Vereinbarung, die den vorstehenden Vorschriften entgegensteht, kann sich der Steuerpflichtige, im Falle des Abs. 1 Satz 2 der Abnehmer, nicht berufen.

*) Neu hinzugefügt durch Abänderungsgesetz vom 8. April 1922. 2) Siehe jetzt die Abrundungsverordnungen vom 31. März 1923, 9. Aug. 1923, 4. Okt.

1923, 31. Okt. 1923 (R.G.B1. 1923 I Nr. 29 S. 247; Nr. 73 S. 795; Nr. 97 S. 942 ; Nr. Ill S. 1049). 418

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Deutsches Umsatzsteuergesetz nebst Begründung. g 7

§ 13. Die Steuer beträgt bei jedem steuerpflichtigen Umsatz 2 ν. Η. des Ent-

geltes. Soweit in den folgenden Vorschriften (§§ 15, 21, 25 u. 26) höhere Steuer- sätze vorgesehen sind, finden diese auf Umsätze von Gegenständen in das Ausland keine Anwendung.

§ U.

(Aufgehoben durch § 57 des Einkommensteuergesetzes vom 29. März 1920.)

II. Erhöhte Umsatzsteuer auf die Lieferung bestimmter Luxusgegenstände durch den Hersteller.

§ 15. (1) Die Steuer erhöht sich auf 15 ν. Η. des Entgelts bei der Lieferung der

unter I u. II bezeichneten Gegenstände durch denjenigen, der sie innerhalb seiner gewerblichen Tätigkeit herstellt oder gewinnt (Hersteller). Die erhöhte Steuer- pflicht tritt nicht ein, wenn diese Gegenstände ihrer Beschaffenheit nach nicht für die Hauswirtschaft, sondern für den Gebrauch oder Verbrauch innerhalb einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit bestimmt sind; dies ist dann nicht anzunehmen, wenn die Gegenstände der Befriedigung von Bedürfnissen zu dienen geeignet sind, die sowohl in der Hauswirtschaft wie bei Gelegenheit der Ausübung einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit bestehen. Die erhöhte Steuerpflicht tritt ferner, unbeschadet der Vorschriften zu I Nr. 9 Ba, II Nr. 21 u. 23, nicht ein, wenn die Gegenstände ihrer Beschaffenheit nach zur Errichtung eines Bau- werkes bestimmt sind. Von der erhöhten Steuer befreit sind Arzneimittel, mit Ausnahme der zu II Nr. 16 genannten, Verbandstoffe, Gegenstände der Kranken-, Säuglings- und Wochenpflege und Vorrichtungen, die zum Ausgleich körperlicher Gebrechen dienen.

(2) I. Der erhöhten Steuer unterliegen mit Rücksicht auf den Stoff oder die Art der Bearbeitung1):

II. Der erhöhten Steuer unterliegen ferner mit Rücksicht auf den Ver- wendungszweck die folgenden Gegenstände, soweit sie nicht bereits unter I fallen2): -

§ 163). ( 1 ) Der Reichsrat ist ermächtigt, nähere Bestimmungen über die Abgrenzung

der luxussteuerpflichtigen Gegenstände zu erlassen. Er ist befugt, im § 15 be- zeichnete Gegenstände von der erhöhten Umsatzsteuer zu befreien und andere für erhöht steuerpflichtig zu erklären. Er ist auch befugt, bei bestimmten Gruppen von Gegenständen an Stelle der Fertigerzeugnisse die zu ihrer Herstellung er- forderlichen Halberzeugnisse für erhöht steuerpflichtig zu erklären, sowie zu bestimmen, dass die Steuer auch dann erhoben wird, wenn die Halberzeugnisse nicht veräussert, sondern an einen anderen Betriebszweig desselben Unternehmers zur weiteren Bearbeitung oder Verarbeitung abgegeben werden.

(2) Vor Erlass der Bestimmungen sollen sie einem vom Reichswirtschaftsrat eingesetzten sachverständigen Ausschuss zur Begutachtung vorgelegt werden. Die Bestimmungen treten ausser Kraft, soweit der Reichstag es verlangt.

!) Die Liste ist mitgeteilt im Finanzarchiv 37 (1920) S. 227. Siehe aber dazu S iß. 2) Siehe die umfangreiche Liste im Finanzarchiv 37 (1920) S. 227; es ist aber zu be-

achten § 16. 3) Neue Fassung infolge Abänderung vom 8. April 1922. Ueber die gegenüber den

Vorschriften des Gesetzes auf Grund von § 16 und § 21 Abs. 2 des Gesetzes oder § 1< 8 Abs. 2 der R. Abg. 0. vorgenommenen Erweiterungen, Einschränkungen oder Befreiungen von der Luxussteuerpflicht, sowie Verschiebungen zwischen Hersteller- und der Kleinhandelsluxus- steuer, ferner über die auf Grund § 18 Abs. 3 und § 19 des Gesetzes getroffenen näheren Bestimmungen über den Begriff des Herstellers und über die Zulässigkeit oder den Aus- schluss von Vergütungen siehe die Ausfiihrungsbestimmungen vom 6. Mai 1H22 und 23. September 1922 (Zentralbl. f. d. Deutsche Reich 1922 S. 183 und S. 897). Aenderungen der Ausführungsbestimmungen erfolgten am 9. Juni 1923 (Reichsministerialblatt 19*3 S. 525.)

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β g Deutsches Umsatzsteuergesetz nebst Begründung.

§ Π. Die erhöhte Steuerpflicht des § 15 umfasst auch 1. die Entnahme aus dem eigenen Betriebe (§ 1 Nr. 2); 2. die Lieferung auf Grund einer Versteigerung (§ 1 Nr. 3), wenn der Ver-

steigerer vom Hersteller beauftragt ist; 3. das Verbringen von Gegenständen der im § 15 bezeichneten Art in das

Inland. § 8 Abs. 3 findet entsprechende Anwendung. Steuerpflichtig ist der erste inländische Erwerber oder, wenn der Gegenstand nicht aus dem Ausland an einen inländischen Erwerber geliefert wird, derjenige, der den Gegenstand im Inland in Gewahrsam nimmt.

§ 18. (1) Als Hersteller im Sinne des § 15 gilt derjenige Unternehmer, der Roh-

stoffe oder H alber Zeugnisse zu Gegenständen umgestaltet, die ihrer Beschaffenheit nach, ohne einer weiteren Bearbeitung oder Verarbeitung zu bedürfen, zum un- mittelbaren Gebrauch oder Verbrauche fertiggestellt sind. Eine Behandlung der Gegenstände durch Putzen, Umpackung und ähnliche äussere Einwirkung, die nur der Hebung der Verkäuflichkeit dient, gilt nicht als weitere Bearbeitung oder Verarbeitung.

(2) Stellt ein Unternehmer auf Grund eines Bearbeitungs- oder Verarbeitungs- vertrags einen Gegenstand für einen Besteller her, der Gegenstände dieser Art innerhalb seiner gewerblichen Tätigkeit weiterveräussert, so gilt als Hersteller der Besteller.

(3) Der Reichsrat kann für bestimmte Bearbeitungs- und Verarbeitungs- verfahren und bestimmte Arten von Gegenständen über die Anwendung der vor- stehenden Vorschriften nähere Bestimmungen erlassen.

§ 19. Wird ein Gegenstand von einem Unternehmer, der ihn nach seiner Her-

stellung oder seiner Einfuhr aus dem Ausland erworben hat, weiterbearbeitet oder verarbeitet (§18 Abs. 1), so ist die Lieferung des infolge der Bearbeitung oder Verarbeitung entstandenen Gegenstandes, wenn auch dieser seinerseits zu den im § 15 bezeichneten gehört, ebenfalls erhöht steuerpflichtig. Die Steuer- stelle vergütet aber dem Bearbeiter oder Verarbeiter den Teil des von ihm bei der Beschaffung des bearbeiteten oder verarbeiteten Gegenstandes entrichteten Entgelts, der dem Unterschiede zwischen der nach den Steuersätzen des § 13 und des § 15 berechneten Steuer für die Lieferung an ihn entspricht; dies gilt auch, wenn der Hersteller die infolge der Bearbeitung oder Verarbeitung ent- standenen Gegenstände in das Ausland ausführt. Der Antrag ist für den Steuer- abschnitt (§ 33) gleichzeitig mit der Steuererklärung (§ 35) zu stellen. § 18 Abs. 3 findet entsprechende Anwendung.

§ 19 a1). (1) Weist ein Unternehmer nach, dass er im § 15 bezeichnete Gegenstände

erworben und ohne weitere Bearbeitung oder Verarbeitung ins Ausland geliefert hat, so vergütet ihm die Steuerstelle einen Betrag zum Ausgleich der auf den Gegenständen nach § 15 oder nach § 17 Nr. 3 lastenden erhöhten Steuer.

(2) Die näheren Vorschriften über die Berechnung des Betrags und über das Vergütungsverfahren erlässt der Reichsminister der Finanzen mit Zustimmung des Reichsrats.

§20. Dem Erwerber von Gegenständen der im § 15 bezeichneten Art vergütet

die Steuerstelle auf Antrag nach näherer Bestimmung des Reichsrats 10 ν. Η. des von ihm beim Erwerb entrichteten Entgelts, wenn er nachweist, dass er

J) Neu zugefügt durch Abänderungsgesetz vom 8. April 1922. 420

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Deutsches Umsatzsteuergesetz liebst Begründung. g g

1. die Gegenstände im öffentlichen Interesse, insbesondere auch für kirch- liche oder wissenschaftliche Zwecke, erworben hat oder,

2. soweit es sich um Flügel, Klaviere, Harmonien, Streich- und Zupf- instrumente handelt, diese für Lehr- oder berufliche Zwecke erworben hat oder,

3. soweit es sich um Orchestrions oder um selbsttätige Klavierspielapparate und deren Bestandteile und Zubehör handelt, diese zu gewerblichen Zwecken erworben hat oder,

4. soweit es sich um Fahrzeuge zur Personenbeförderung handelt, diese ausschliesslich zur Ausübung des Fuhrhaltergewerbes erworben sind1).

III. Erhöhte Umsatzsteuer auf die Lieferung bestimmter Luxusgegenstände im Kleinhandel.

§ 21.

(1) Die Steuer erhöht sich auf 15 ν. Η. bei der Lieferung der folgenden Gegenstände im Kleinhandel:

1. Edelmetalle, sowie Gegenstände des Juweliergewerbes oder der Gold- und Silberschmiedekunst aus oder in Verbindung mit Edelmetallen, wenn es sich nicht um eine blosse Belegung oder einen Ueberzug unedler Stoffe mit Edelmetall- teilen handelt; Edelsteine, einschliesslich der synthetischen, und Perlen sowie Gegenstände aus oder in Verbindung mit Edelsteinen und Perlen. Als unedler Stoff gilt auch eine Legierung mit nicht mehr als 5OO/1Ooo Silber. Vorrichtungen, die zum Ausgleich körperlicher Gebrechen dienen, unterliegen der erhöhten Steuer nicht.

2. (1) Originalwerke der Plastik, Malerei und Graphik; Radierungen, Holz- schnitte und Kupferstiche gelten als Originalwerke.

(2) Von der erhöhten Steuer frei bleiben Originalwerke der Plastik, Malerei und Graphik deutscher lebender Künstler, wenn sie unmittelbar vom Künstler vertrieben werden. Bedient sich der Künstler der Vermittlung dritter Personen, so gelten diese als erhöht steuerpflichtige Lieferer mit dem gesamten vom Ab- nehmer entrichteten Entgelt, auch wenn sie im Namen des Künstlers aufge- treten sind2).

(3) Die vorstehende Vorschrift findet auf Original werke der Plastik, Malerei und Graphik innerhalb der letzten 5 Jahre verstorbener Künstler entsprechende Anwendung, wenn sie nach dem. Tode des Künstlers unmittelbar von seinem Ehegatten, seinen Abkömmlingen oder seinen Eltern vertrieben werden. Die Frist von 5 Jahren wird vom Abschluss des Umsatzgeschäfts über das Werk ab ge- rechnet2).

3. Antiquitäten, einschliesslich alter Drucke, und Gegenstände, wie sie aus Liebhaberei von Sammlern erworben werden, wenn diese Gegenstände nicht vor- wiegend zu wissenschaftlichen Zwecken gesammelt zu werden pflegen.

4. Gebinde oder sonstige Herrichtungen aus Blumen und Pflanzen, wenn das Entgelt für die einzelne Lieferung, einschliesslich der als Behälter oder zur Zusammenfassung oder Ausschmückung verwendeten Gegenstände, 30 M. über- schreitet.

5. Reit- und Kutschpferde. 6. Lebendes Wild. (2) § 16 findet entsprechende Anwendung3).

§ 22.

(1) Eine Lieferung im Kleinhandel im Sinne des § 21 liegt nicht vor, wenn die Gegenstände zur gewerblichen Weiterveräusserung, sei es in derselben Be-

J) Neue Fassung von Nr. 4 infolge des Abänderungsgesetzes vom 8. April 1922 2) Abs. 2 und 3 sind durch Abänderungsgesetz vom 18. August 1920 (R.G.B1. S. 1607) an die Stelle des Absatzes : „Künstlersteinzeichnungen bleiben von der erhöhten Steuer

frei, sofern es nicht Vorzugsdrucke auf besserem Paüier sind" getreten. 3) Siehe oben Note zu § 16.

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70 Deutsches Umsatzsteuergesetz nebst Begründung.

schaffenheit, sei es nach vorheriger Bearbeitung oder Verarbeitung, für eigene oder fremde Rechnung erworben werden.

(2) Nimmt der Steuerpflichtige bei der Lieferung der im § 21 genannten Gegenstände die Befreiung von dem erhöhten Steuersatze für sich in Anspruch, weil die Gegenstände zur gewerblichen Weiterveräusserung geliefert worden seien, so muss er sich von dem Erwerber nachweisen lassen, dass sie in dem Unternehmen, für das der Erwerb stattfindet, eine solche Verwendung finden können. Der Nachweis muss nach näherer Bestimmung des Reichsrats durch Vorlegung einer behördlichen Bescheinigung, die gebühren- und stempelfrei auszustellen ist, geführt werden. Der Lieferer braucht bei der einzelnen Bestellung oder Entnahme die Vorlegung der Bescheinigung nicht zu verlangen, wenn er mit dem Abnehmer in ständigen Geschäftsbeziehungen steht und ihm Inhalt und Geltungsdauer der Bescheinigung bekannt sind.

(3) Wird gegen die vorstehenden Vorschriften verstossen, so sind die Liefe- rungen ohne Rücksicht darauf, ob eine Lieferung im Kleinhandel im Sinne des § 21 vorliegt oder nicht, mit 15 ν. Η. steuerpflichtig.

§ 23.

(1) Die erhöhte Steuerpflicht des § 21 umfasst auch 1. die Entnahme aus dem eigenen Betriebe (§ 1 Nr. 2). Ist für die Steuer-

pflicht einer Lieferung die Höhe des Entgelts massgebend, so ist bei der Schätzung des Wertes des entnommenen Gegenstandes ( § 8 Abs. 3) zur Feststellung der Steuerpflichtigkeit von dem Preise auszugehen, der am Orte und zur Zeit der Entnahme von Personen, welche die Gegenstände nicht zur gewerblichen Weiter- veräusserung erwerben, gezahlt zu werden pflegt (Kleinhandelspreis);

2. die Lieferung auf Grund einer Versteigerung (§ 1 Nr. 3), es sei denn, dass die versteigerten Gegenstände zur gewerblichen Weiterveräusserung erworben werden. Weist derjenige, der in einer Versteigerung den Zuschlag erhalten hat, dem Versteigerer in der im § 22 Abs. 2 vorgeschriebenen Form nach, dass er zur gewerblichen Weiterveräusserung erworben hat, so hat er Anspruch auf eine Ermässigung des Zuschlagpreises um den Unterschied der Steuersätze der §§13 und 21;

3. die entgeltliche Lieferung im Inland durch Personen, die keine gewer bliche Tätigkeit ausüben, und ausserhalb einer Versteigerung, sofern die Lieferung die im § 15 unter I Nr. 1, 2, 3, 5, unter II Nr. 1, 6, 8, 10, 22 und im § 21 Nr. 1, 2 u. 3 bezeichneten Gegenstände betrifft. Steuerpflichtig ist der Lieferer; mit ihm haftet der Abnehmer für die Erfüllung der Steuerpflicht;

4. die entgeltliche Lieferung in oder aus dem Ausland an eine Person, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt zur Zeit der Lieferung im Inland hat. Die Steuerpflicht tritt ein, sobald der Gegenstand ins Inland gelangt, ohne Rücksicht darauf, ob der Lieferer ein Unternehmer ist oder nicht. Steuerpflichtig ist der erste inländische Erwerber des Gegenstandes;

5. das Verbringen von Originalwerken im Sinne des § 21 Nr. 2, von Anti- quitäten ( § 21 Nr. 3) und solchen sonstigen im § 21 Nr. 3 genannten Gegenständen, die für die Geschichte, die Kulturgeschichte oder die Urgeschichte der Pflanzen- und Tierwelt von Bedeutung sind, in das Ausland, es sei denn, dass der Hersteller am Tage des Verbringens ins Ausland noch nicht 50 Jahre tot ist oder, wenn ein Hersteller nicht bekannt ist, seit der Herstellung noch nicht 50 Jahre verflossen sind, die erhöhte Steuerpflicht tritt ohne Rücksicht darauf ein, ob der Verbringer ein Unternehmer ist oder nicht und ob das Verbringen gegen Entgelt erfolgt.

(2) In den Fällen der Nr. 3 u. 4 tritt völlige Steuerbefreiung ein, wenn der Gegenstand zur gewerblichen Weiterveräusserung erworben wird und der Erwerber dies bei Nr. 3 dem Lieferer, bei Nr. 4 der Steuerstelle in der im § 22 Abs. 2 vor- geschriebenen Form nachweist.

§ 24.

(1) Dem Erwerber von Gegenständen der im § 21 bezeichneten Art vergütet die Steuerstelle auf Antrag nach näherer Bestimmung des Reichsrats den Teil

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Deutsches Umsatzsteuergesetz nebst Begründung. f'

des von ihm beim Erwerb entrichteten Entgelts, der dem Unterschiede zwischen der Steuer nach § 13 und § 21 für die Lieferung an ihn entspricht, wenn er nach- weist, dass er

1. die Gegenstände im öffentlichen Interesse, insbesondere auch für kirch- liche oder wissenschaftliche Zwecke, erworben hat, oder,

2. soweit es sich um die im § 21 Abs. 1 Nr. 1 bezeichneten Gegenstände handelt, sie für technische oder Heilzwecke erworben hat, oder

3. soweit es sich um die im § 21 Nr. 5 bezeichneten Gegenstände handelt, diese ausschliesslich oder überwiegend der Ausübung seines Gewerbes oder Berufs dienen und nicht ihrer Beschaffenheit nach die Absicht äusserer Wirkung im Vordergrunde steht.

(2) Wird nachgewiesen, dass die Gegenstände in einer nach der vorstehenden Vorschrift zur Vergütung Anlass gebenden Art verwendet werden sollen, so kann nach näherer Bestimmung des Reichsrats die Steuerstelle dem Lieferer gestatten, die Steuer nur nach dem Steuersatze des § 13 in Ansatz zu bringen.

(3) Die Vorschriften _der Abs. 1 u. 2 finden in den Fällen des § 23 'Abs. 1 Nr. 3 u. 4 entsprechende Anwendung, und zwar im Falle des § 23 Abs. 1 Nr. 3 auch bei den Musikinstrumenten, die für Lehr- oder berufliche Zwecke erworben werden; sowie bei Fahrzeugen zur Personenbeförderung, wenn sie der Ausübung des Fuhrhaltergewerbes dienen. Die Vergütung (Abs. 1) oder die Steuerbefreiung (Abs. 2) umfasst dabei den gesamten Steuerbetrag.

(4) Die Steuerstelle vergütet ferner die nach § 23 Abs. 1 Nr. 5 entrichtete Steuer, wenn die dort genannten Gegenstände von demjenigen, der die Steuer entrichtet hat, oder dessen Erben wieder in das Inland gebracht werden.

IV. Umsatzsteuer auf Leistungen besonderer Art.

§ 251).

( 1 ) Die Steuer erhöht sich auf 10 ν. Η. des Entgelts bei folgenden Leistungen: 1. der Gewährung eingerichteter Schlaf- und Wohnräume in Gasthöfen,

Pensionen oder Privathäusern zu vorübergehendem Aufenthalte, wenn das Entgelt für den Tag oder die Uebernachtung 40 M. oder mehr beträgt;

2. der Aufbewahrung von Geld, Wertpapieren, Wertsachen, Gegenständen der im § 21 Abs. 1 Nr. 1-3 bezeichneten Art, Pelzwerk, Bekleidungsstücken aus oder unter Verwendung von Pelzwerk;

3. der Vermietung von Reittieren. (2) Bei Leistungen der im Abs. 1 Nr. 1 bezeichneten Art tritt die Steuer-

pflicht auch ein, wenn der Leistende kein Unternehmer ist.

§ 261).

(1) Die Steuer erhöht sich unbeschadet der Vorschrift des § 27 auf 5 ν. Η. des Entgelts bei der Uebernahme von Anzeigen, soweit sie sich nicht auf öffentliche Wahlen beziehen.

(2) Als Uebernahme einer Anzeige gilt 1. die Herstellung von Anzeigen durch Druck oder auf einem anderen Weg

als durch Handschrift, Schreibmaschinenschrift, Handzeichnung oder Handmalerei; 2. die Ueberlassung von Flächen und Räumen zur Aufnahme von An-

kündigungen ; 3. die Vornahme von Ankündigungen auf andere Weise als der in Nr. 1 u. 2

bezeichneten Art (z. B. durch Beleuchtung, Umhertragen von Tafeln, Umher- fahren von Reklamewagen, Ausrufen).

(3) Steuerpflichtig ist im Falle des Abs. 1 Nr. 1, sofern es sich um Druck- schriften oder sonstige Vervielfältigungen handelt, der Verleger und, wenn ein solcher nicht vorhanden ist, der Drucker oder Vervielfältiger. Ist bei einer Druck- schrift die Anzeigenaufnahme von dem Verleger an einen Dritten verpachtet, so ist dieser steuerpflichtig.

0 Neue Fassung infolge des Abänderungsgeeetzes vom 8. April 1922. 423

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72 Deutsches Umsatzsteuergesetz nebst Begründung«

(4) Die Besteuerung nach Abs. 2 Nr. 2 oder 3 wird nicht dadurch aus- geschlossen, dass bereits die Herstellung der Anzeige nach Nr. 1 der Steuer unter- liegt.

(5) Bei Leistungen der vorbezeichneten Art tritt die Steuerpflicht auch ein, wenn der Leistende kein Unternehmer ist.

§ 271). (1) Die Steuer für die Uebernahme von Anzeigen nach § 26 ermässigt sich

bei Zeitungen und Zeitschriften von den ersten 10 Millionen M. des innerhalb eines Kalender vier tel jähr s

vereinnahmten Entgelts auf 1/2v. H., von den nächsten 10 Millionen M. des innerhalb eines Kalender Vierteljahrs

vereinnahmten Entgelts auf 1 ν. Η., von den nächsten 10 Millionen M. des innerhalb eines Kalendervierteljahrs

vereinnahmten Entgelts auf l1^ ν. Η., von den darüber hinausgehenden Beträgen auf 2 ν. Η. (2) Gibt ein Steuerpflichtiger mehrere Zeitungen oder Zeitschriften heraus,

so ist für die etwaige Ermässigung jede Zeitung und jede Zeitschrift selbständig zu behandeln.

(3) Der Reichsminister der Finanzen wird ermächtigt, mit Zustimmung des Reichsrats die Staffeln des Abs. 1 der Veränderung des Geldwerts anzupassen.

§ 28.

(1) Als vorübergehender Aufenthalt im Sinne des § 25 Abs. 1 Nr. 1 ist ein solcher anzusehen, der nach den Umständen bei Beginn des Aufenthalts auf nicht länger als auf 3 Monate berechnet ist.

(2) Die Steuer ist für jeden Tag oder jede Uebernachtung und für jede Person nach dem für das Zimmer oder die Wohnung festgesetzten oder zu berechnenden Tagespreise zu bemessen. Ist für Beherbergung und Beköstigung ein Gesamt - entgelt vereinbart, so kann für die Beköstigung ein angemessener Teil abgesetzt werden. Abzüge für Bedienung und sonstige Nebenleistungen dürfen nicht ge- macht werden.

§ 29.

(1) Im Falle des § 25 Abs. 1 Nr. 2 wird die erhöhte Steuerpflicht dadurch nicht berührt, dass der Unternehmer sich neben der Aufbewahrung auch zu einer Verwaltungstätigkeit verpflichtet.

(2) Die Entgegennahme geschlossener Depots oder die Vermietung von Schliessfächern durch Banken, Sparkassen und ähnliche Geldinstitute fällt auch dann unter die erhöhte Steuerpflicht nach § 25 Abs. 1 Nr. 2, wenn nicht feststeht, ob es sich um die Aufbewahrung der daselbst genannten Gegenstände handelt.

(3) Die Aufbewahrung ist nicht steuerpflichtig, wenn sowohl der Verwahrer wie der Hinterleger Unternehmen der im Abs. 2 bezeichneten Art betreiben.

V. Ueberwachung der Steuerpflichtigen.

§ 30.

(1) Die Steuerpflichtigen haben innerhalb 2 Wochen nach dem Beginn ihrer Tätigkeit hiervon der Steuerstelle Anzeige zu erstatten. In ihr ist anzugeben, ob die im § 15 bezeichneten Gegenstände hergestellt oder die im § 21 bezeichneten Gegenstände im Kleinhandel umgesetzt oder Leistungen der in § 25 und § 26 bezeichneten Art ausgeführt werden. Die Anzeige ist innerhalb 2 Wochen zu

i) Diese Fassung beruht auf Gesetz vom 25. Juni 1923, das am l. Januar 1923 in Kraft getreten ist. Durch VO. v. 21. August 1923 (R.G.B1. 1923 I Nr. 76 S. 819) wurden mit Wirkung v. 1. August 1923 die 10 Millionen M. in Abs. 1 auf je 50 Millionen M. erhöht. Ueber die vom 1. Januar 1922 bis 31. Dezember 1922 gegoltenen Sätze siehe Gesetz vom 30. November 1922 (R.G.B1. 1922 I Nr. 79 S. 890), über die vom 1. Januar 1920 bis 31. Dezember 1921 gegoltenen Sätze Gesetz v. 24. Dezember 1919 (R.G.B1. 1919 Nr. 250 S. 2157.

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Deutsches Umsatzsteuergesetz nebst Begründung. 7.3

ergänzen, wenn der Betrieb auf die Herstellung der im § 15 bezeichneten Gegen- stände oder auf den Kleinhandel der im § 21 bezeichneten Gegenstände oder auf die im § 25 und § 26 bezeichneten Leistungen erstreckt wird.

(2) Wer eine steuerpflichtige Tätigkeit bei dem Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits ausübt, hat innerhalb des Monats Januar 1920 der Steuerstelle anzuzeigen, wenn er die im § 15 bezeichneten Gegenstände herstellt oder die im § 21 bezeichneten Gegenstände im Kleinhandel umsetzt oder die Leistungen der in § 25 und § 26 bezeichneten Art ausführt.

(3) Die vorstehenden Vorschriften finden auf Angehörige der freien Berufe keine Anwendung.

§ 31.

(1) Die Steuerpflichtigen sind verpflichtet, zur Feststellung der Entgelte Aufzeichnungen zu machen. Der Reichsrat trifft hierüber nähere Bestimmungen; sie treten ausser Kraft, wenn der Reichstag es verlangt. Aus den Aufzeichnungen muss zu ersehen sein, wie sich die vereinnahmten Entgelte auf die Gruppen von Umsätzen, für die verschiedenartige Steuersätze bestehen (§§ 13, 15, 21, 25, 26, 27), verteilen.

(2) Die zur Entrichtung der erhöhten Steuersätze nach den §§ 15 u. 21 Verpflichteten haben für die Gegenstände, bei deren Lieferung die erhöhte Steuer- pflicht in Betracht kommen kann, ein Steuerbuch und ein Lagerbuch zu führen. In das Steuerbuch müssen die Lieferungen nach Gegenstand, Betrag des Entgelts und Tag der Lieferung und Zahlung eingetragen werden ; in den Fällen, in denen die erhöhte Steuer nach den Vorschriften des Gesetzes nicht zu entrichten ist, muss der Grund aus dem Steuer buche zu ersehen sein; insbesondere ist im Falle des § 22 Abs. 2 auf die vom Wiederveräusserer vorgelegte Bescheinigung zu ver- weisen. Aus dem Lagerbuche muss der Bestand der Gegenstände bei Beginn jedes Steuerabschnitts ( § 33) und der tägliche Ein- und Ausgang zu entnehmen sein.

(3) Die Vorschriften des Abs. 2 finden auf die Unternehmer, die Leistungen der im § 25 und § 26 bezeichneten Art ausführen, entsprechende Anwendung.

(4) Nähere Bestimmungen über die in Abs. 2 u. 3 angeordnete Buchführung erlässt der Reichsrat; er bestimmt nach Anhörung der amtlichen Berufsvertretungen, unter welchen Voraussetzungen die Bücher miteinander verbunden werden können und von der Buchführung ganz oder teilweise entbunden werden kann.

§ 32.

(1) Wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit im Sinne des § 1 Nr. 1 ausübt, unterliegt der Steueraufsicht.

(2) Ergeben sich bei Ausübung der Aufsicht Tatsachen, die die Annahme zulassen, dass bei einem Unternehmen der Eingang der Steuer für den laufenden Steuerabschnitt gefährdet ist, so kann die Steuerstelle die Leistung einer Sicherheit verlangen. Gegen den Bescheid, der die Sicherheit festsetzt, ist die Verwaltungs- beechwerde an die Oberbehörde, die endgültig entscheidet, gegeben.

VI. Steuerberechnung und Veranlagungsverfahren.

§ 33.

(1) Die Steuer wird in den Fällen des § 1 Nr. 1 u. 2 nach dem Gesamtbetrage der Entgelte berechnet, die der Steuerpflichtige im Laufe eines Steuerabschnitts für seine Leistungen vereinnahmt hat.

(2) Der Steuerabschnitt beträgt ein Kalenderjahr und, wenn sich die steuer- pflichtige Tätigkeit nicht auf das ganze Kalenderjahr erstreckt, den entsprechenden Teil des Kalenderjahres. Bei der erhöhten Steuer der §§ 15, 21, 25 u. 26 beträgt der Steuerabschnitt ein Kalender viertel jähr und, wenn sich die steuerpflichtige Tätigkeit nicht auf das ganze Kalender viertel jähr erstreckt, den entsprechenden Teil des Kalendervierteljahrs. Nach näherer Bestimmung des Reichsministers der Finanzen kann die Steuerstelle anordnen, dass die Steuerabschnitte ( Satz 1 u. 2)

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74 Deutsches Umsatzsteuergesetz nebst Begründung.

kürzer bemessen werden, und auf Antrag1) gestatten, dass auch in den Fällen der §§ 15, 21, 25 u. 26 die Steuerberechnung nach Kalenderjahren erfolgt.

(3) Für die Fälle des § 1 Nr. 3 bestimmt der Reichsrat, unter welchen Vor- aussetzungen die Besteuerung nach Steuerabschnitten oder für jede einzelne Versteigerung zu erfolgen hat.

(4) In den Fällen der § 17 Nr. 3, § 23 Abs. 1 Nr. 3-5, § 25 Abs. 2 und § 26 Abs. 5 wird die Steuer für jeden einzelnen steuerpflichtigen Rechtsvorgang be- rechnet. Nach näherer Bestimmung des Reichsministers der Finanzen kann die Steuerstelle gestatten, dass in den Fällen der § 17 Nr. 3, § 23 Abs. 1 Nr. 4 die Steuer für die in bestimmten Zeitabschnitten eintretenden steuerpflichtigen Rechts- vorgänge gemeinsam berechnet wird. Uebt im Falle des § 23 Abs. 1 Nr. 5 der Verbringer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit aus, so wird die Steuer gleichzeitig mit derjenigen für die Lieferungen im Inland nach Abs. 2 berechnet.

§ 34.

(1) Hat der Steuerpflichtige Entgelte in dem gleichen Steuerabschnitt, in dem sie vereinnahmt wurden, zurückgewährt, so kann er sie von der Gesamtheit der im Steuerabschnitte vereinnahmten Entgelte absetzen.

(2) Hat der Steuerpflichtige Entgelte in einem späteren Steuerabschnitt, als sie vereinnahmt wurden, zurückgewährt, so kann er den entsprechenden Betrag von dem steuerpflichtigen Gesamtbetrage der Entgelte desjenigen Steuer- abschnitts, in dem die Rückgewährung erfolgt, absetzen.

§ 35.

(1) Der Steuerpflichtige hat der Steuerstelle innerhalb eines Monats nach Ablauf des Steuerabschnitts (§33) oder in den Fällen der § 17 Nr. 2 u. 3 und § 23 Abs. 1 Nr. 2, 4 u. 5 nach Eintritt des steuerpflichtigen Vorganges eine Steuer- erklärung abzugeben. Die Steuerstelle kann auf Antrag die Frist verlängern, sie kann die Fristverlängerung von einer Sicherheitsleistung abhängig machen. Hat der Steuerpflichtige seine Tätigkeit eingestellt und sind die Entgelte für seine Leistungen noch nicht vollständig eingegangen, so haben nach näherer Anordnung der Steuerstelle Nachanmeldungen stattzufinden.

(2) Die Steuererklärung hat, wenn sie sich auf einen Steuerabschnitt bezieht (§ 33 Abs. 1 u. 2), zu enthalten:

1 . die Gesamtheit der vereinnahmten Entgelte, einschliesslich der für steuer- freie Leistungen; nach Massgabe der näheren Bestimmungen des Reichsrats können hiervon Ausnahmen zugelassen werden;

2. die für steuerpflichtige Leistungen vereinnahmten Entgelte; 3. die Trennung dieser Entgelte, je nachdem sie Leistungen betreffen, die

unter die §§ 13, 15, 21, 25, 26 u. 27 fallen; gilt für diese ein kürzerer Steuerabschnitt und ist daher über sie eine Steuererklärung bereits abgegeben, so sind sie noch- mals in der Steuererklärung für das ganze Kalenderjahr gesondert aufzuführen;

4. die nach § 34 Abs. 2 zurückgewährten Entgelte; 5. die nach den §§ 19 u. 19a beantragten Vergütungen. (3) Der Reichsminister der Finanzen kann nähere Bestimmungen über den

Inhalt und die Form der Steuererklärung erlassen.

§ 36.

(1) Die Steuer stelle setzt die Steuer fest und erteilt dem Steuerpflichtigen einen Bescheid.

(2) Im Falle des § 33 Abs. 2 Satz 2 kann nach Abschluss eines Kalender- jahres für den gesamten Umfang des abgelaufenen Jahres oder, bei vorheriger Einstellung der Tätigkeit, nach der Einstellung für den Umfang des verflossenen Teiles des Jahres eine Nachveranlagung vorgenommen werden.

!) Die Worte „auf Antrag'" infolge des Abänderungsgesetzes vom 8. April 1922J ■126

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Deutsches ümsatzsteuergesetz nebst Begründung·. yg

§ 37.

(1) Die Steuer ist innerhalb 2 Wochen nach der Bekanntgabe des Bescheids zu entrichten1).

(2) Der Steuerpflichtige hat innerhalb eines Monats nach Ablauf jedes Kalender viertel jahrs eine Vorauszahlung zu leisten. Ist der Steuerabschnitt das Kalender viertel jähr oder ein kürzerer Zeitabschnitt und ist die Steuer nicht inner- halb eines Monats nach Ablauf des Kalender Vierteljahrs, in das der Steuerabschnitt fällt, fällig geworden, so ist die Vorauszahlung in Höhe des Betrags zu leisten, der sich aus der Steuererklärung ergibt. Ist der Steuerabschnitt länger als ein Kalendervierteljahr, so hat der Steuerpflichtige innerhalb eines Monats nach Ablauf jedes Kalender Vierteljahrs eine Voranmeldung abzugeben, in der er die in dem abgelaufenen Kalender Vierteljahre vereinnahmten Entgelte nach Mass- gabe des § 35 bezeichnet, und gleichzeitig eine diesen entsprechende Voraus- zahlung zu leisten.

(3) Gibt der Steuerpflichtige im Falle des Abs. 2 Satz 2 eine Steuererklärung oder im Falle des Abs. 2 Satz 3 eine Voranmeldung bis zum Ablauf der Voraus- zahlungsfrist (Abs. 2 Satz 1) nicht ab, so setzt die Steuerstelle die Vorauszahlung auf ein Viertel der für das vorausgegangene Kalenderjahr veranlagten Steuer fest. Hat die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit im vorausgegangenen Kalender- jahre noch nicht bestanden oder hat die A^eranlagung noch nicht stattgefunden, so wird geschätzt.

(4) Ist der Steuerabschnitt das Kalenderjahr, so hat der Steuerpflichtige bei Abgabe der Steuererklärung, spätestens bis zum 31. Januar des auf das Ver- anlagungsjahr folgenden Jahres, den etwa vorhandenen Unterschied zwischen dem sich aus der Steuererklärung ergebenden Betrag und der Summe der für die Um- sätze des Veranlagungs jahrs entrichteten Vorauszahlungen zu zahlen. Im Falle des § 35 Abs. 1 Satz 2 hat der Steuerpflichtige zu schätzen. Eine Verlängerung der Frist für die Restzahlung findet nicht statt2).

(5) Der Zuschlag ist im Falle des Art. III § 1 des Gesetzes über die Berück- sichtigung der Geldentwertung in den Steuergesetzen vom 20. März 1923 von der Vorauszahlung, mindestens jedoch von einem Viertel der für das vorangegangene Kalenderjahr veranlagten Steuer zu zahlen. Abs. 3 Satz 2 findet entsprechende Anwendung2).

(6) Uebersteigt die am Schlüsse des Steuerabschnitts vorgenommene Ver- anlagung den Gesamtbetrag der Vorauszahlungen um mehr als 20 ν. Η., so erhöht sich die Steuer um 10 v. H. dieses überschiessenden Betrags2).

(7) Die Voranmeldung gilt als Steuererklärung im Sinne der Abgaben- ordnung2).

!) Ueber die Folgen der nicht rechtzeitigen Entrichtung siehe Art. III § 1 und 2 des Gesetzes über die Berücksichtigung der Geldentwertung in Steuergesetzen vom 20. März 1923 (Finanzarchiv 40, 1928, S. 292), sowie V.O. zur Entlastung der Finanzämter vom 19. Sep- tember 1922 (R.G.B1. 1922 I S. 773), V.O. über die Verzinsung der Reichssteuern vom 3. April 1923 (R.G-Bl. 1923 1 S. 24Õ) und 20. April 1923 (R.G.B1. 1923 I S. 256), vom 21. Juli 1923 (R.G.B1. 1923 I S. 728).

-) Absatz 4 in neuer Fassung und Abs. δ- 7 neu lunzugetugt durch (iesetz vom 20. März 1923. Die Vorschriften der Abs. 4 - 7 gelten für Zahlungen, die vor dem 30. Juni 1924 fällig geworden und nicht rechtzeitig entrichtet worden sind; sie finden erstmals auf die am 1. April 1923 fälligen Zahlungen Anwendung. - Auf Grund des Artikel VI Abs. 1 Nr. 2 des Notgesetzes vom 24. Februar 1923 (R.G.B1. I S. 147) wurde mit Zustimmung des Reichsrats folgende V.O. vom 4. August 1923 (R.G.B1. 1923 I Nr. 69 S. 761) erlassen:

Artikel I. In Abweichung von § 37 Abs. 2-4 und 6 des Umsatzsteuergesetzes vom 24. Dezember

3 919 in der Fassung der Gesetze vom 8 April 1922 (R.G.B1. I S. 373) und vom 20. März 1923 (R.G Bl. I 8. 198) gelten für die auf die Umsatzsteuer zu leistenden Abschlagszahlungen bis auf weiteres folgende Bestimmungen:

Der Steuerpflichtige hat bis zum 10. jeden Monats, erstmalig zum 15. August 1923, eine Voranmeldung abzugeben, in der er die in dem abgelaufenen Monat vereinnahmten Entgelte nach Massgabe des § 35 des Umsatzsteuergesetzes bezeichnet ; gleichzeitig hat er eine diesen Entgelten entsprechende Abschlagszahlung zu leisten. Für Steuerpflichtige, deren Umsätze im Kalenderjahr 1922 nach ihrer Erklärung oder, falls eine Veranlagung bereits erfolgt ist, nach dieser den Betrag von 1,-, Millionen Mark nicht überstiegen haben, bewendet es bei den Vorschriften des § 37 Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes.

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7 g Deutsches Umsatzsteuergesetz nebst Begründung.

§ 38.

(1) In den Fällen der § 17 Nr. 3, § 23 Abs. 1 Nr. 4 läuft die Frist des § 35 von dem Eintritt der Steuerpflicht ab. In der Erklärung ist die Art des Gegen- standes und die Höhe des Entgelts anzugeben.

(2) Gibt der Erwerber über die Höhe des Entgelts keine ausreichenden Aufklärungen, so kann der Reichsminister der Finanzen nach näherer Bestimmung des Reichsrats den Gegenstand zu dem vom Erwerber angegebenen Entgelt oder, wenn der Erwerber die Angabe verweigert, zum gemeinen Werte übernehmen. Mit Erlass des Bescheids, in dem die Steuerstelle die Uebernahme erklärt, ist der Gegenstand für den Reichsfiskus beschlagnahmt; die Beschlagnahme hat die Wirkung eines Veräusserungsverbots. Das Eigentum geht auf den Reichsfiskus über, sobald der Bescheid unanfechtbar geworden ist.

(3) Ist die Steuerstelle nicht gleichzeitig für die Zollabfertigung zuständig, so hat die Zollstelle, welche die Gegenstände zum freien Verkehr des Inlandes abfertigt, der Steuerstelle von dem Eingang der Gegenstände unverzüglich Kenntnis zu geben; sie kann von demjenigen, der den Gegenstand ins Inland einbringt, Sicherstellung des Steuerbetrags in seiner voraussichtlichen Höhe ver- langen. In die Zollquittung ist ein Hinweis aufzunehmen, dass der Gegenstand umsatzsteuerpflichtig ist und die Steuerstelle zur Ueberwachung der Steuer- entrichtung benachrichtigt wird.

§ 39. (1) In den Fällen des § 23 Abs. 1 Nr. 3, § 25 Abs. 2 und § 26 Abs. 5 ist die

Steuer vom Lieferer oder sonstigen Leistungsverpflichteten zu dem Empfangs- bekenntnis über die Zahlung zu entrichten. Er ist verpflichtet, ein schriftliches Empfangsbekenntnis binnen zweier Wochen nach dem Empfange der Zahlung zu erteilen. Bei Teilzahlungen ist für jede Teilzahlung ein Empfangsbekenntnis zu erteilen und dazu die entsprechende Steuer zu entrichten. Das Empfangsbekenntnis muss den Namen des Lieferers oder sonstigen Leistungsverpflichteten, den Gegen- stand oder die Art der Leistung nach der handelsüblichen Bezeichnung, den Betrag des Entgelts, den Tag der Zahlung und den Steuerbetrag enthalten.

(2) Die Steuer wird entrichtet, indem zu der Bescheinigung Vordrucke, die vor dem Gebrauch abgestempelt sind, oder Stempelmarken nach näherer Anordnung des Reichsrats verwendet werden. Der Reichsminister der Finanzen bestimmt, ob und unter welchen Voraussetzungen die Steuer ohne Verwendung von Stempelzeichen entrichtet werden kann.

(3) Ist die Steuer von dem Lieferer oder dem sonstigen Leistungsverpflich- Gibt der Steuerpflichtige eine Voranmeldung bis zum Ablauf der Abschlagszahlungs- frist nicht ab, so setzt die Steuerstelle die Abschlagszahlung nach näherer Bestimmung

des Reichsministers der Finanzen fest- § 2.

Ist der Steuerabschnitt das Kalendervierteljahr, so hat der Steuerpflichtige bei Ab- gabe der Steuererklärung, spätestens bis zum 10. des auf den letzten Monat des Steuer- abschnitts folgenden Monats den etwa vorhandenen Unterschied zwischen dem sich aus der Steuererklärung ergebenden Betrag und der Summe der für die Umsätze des Veran- lagungsvierteljahrs entrichteten Abschlagszahlungen zu zahlen. Diese Vorschi ift findet entsprechende Anwendung, wenn der Steuerabschnitt länger als das Kalendervierteljahr ist. Im Falle des § 35 Abs. 1 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes hat der Steuerpflichtige zu schätzen. Eine Verlängerung der Frist für die Nachzahlung findet nicht statt.

§ 3. Die Erhöhung der Steuer gemäss § 37 Abs. 6 des Umsatzsteuergesetzes bemisst sich

nach einem Hundertsatze, den der Reichsminister der Finanzen bestimmt. . Artikel II.

Artikel I dieser Verordnung und Artikel III § l des Gesetzes über die Berücksichti- gung der Geldentwertung in den Steuergesetzen in der jeweils geltenden Fassung finden auf die Abgabe nach § 2 des Gesetzes über Massnahmen gegen die wirtschaftliche Notlage der Presse vom 81. Juli 1922 (R.G.B1. I S. 629) in der Fassung des Gesetzes vom 3. März 1923 (R.G.B1 I S. 159) sinngemässe Anwendung.

Nach Art. IV des Gesetzes vom 11. August 1923 (R.G.B1. 1923 I S. 773) bleibt diese Verordnung auch nach Ausserkrafttreten des Notgesetzes in Kraft.

Weiterhin kommen jetzt in Betracht die VO. vom 11. Oktober 1923 über Steuerauf- wertung und Vereinfachung im Besteuerungsverfahren (R.G.B1. 1 Nr. 97 S. 939) und die Durch- führungsbestimmungen dazu v. 13. Okt. und 25. Okt. 1923 (ebenda Nr. 99 S. 951 ; Nr. 109 S. 1032.)

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Deutsches Umsatzsteuergesetz nebst Begründung. 7 7

teten nicht entrichtet worden, so hat der Empfänger des Empfangsbekenntnisses binnen zweier Wochen nach dem Tage des Empfanges und jedenfalls vor der weiteren Aushändigung des Empfangsbekenntnisses die Steuer durch Verstempe- lung (Abs. 2) des Empfangsbekenntnisses zu entrichten. Erhält derjenige, der das Entgelt entrichtet hat, kein Empfangsbekenntnis, so hat er der Steuerstelle innerhalb eines Monats nach der Zahlung des Entgelts hiervon Mitteilung zu machen. Die Mitteilung muss die im Abs. 1 für das Empfangsbekenntnis vor- geschriebenen Angaben enthalten; zu ihr ist die Steuer in der im Abs. 2 bezeichneten Art zu entrichten.

(4) Nimmt im Falle des § 23 Abs. 1 Nr. 3 der Erwerber Steuerbefreiung nach § 23 Abs. 2 für sich in Anspruch, so hat er die im § 22 Abs. 2 vorgeschriebene Bescheinigung dem Lieferer vorzulegen; dieser hat auf dem Empfangsbekenntnisse Namen und Wohnort des Erwerbers unter Angabe der Bescheinigung zu ver- merken und eine Abschrift des Empfangsbekenntnisses als Ausweis gegenüber der Steuerstelle zurückzubehalten.

(5) Wer aus einem unter § 23 Abs. 1 Nr. 3, § 25 Abs. 2 oder § 26 Abs. 5 fallenden Umsatzgeschäfte zahlungspflichtig ist, kann in einem Rechtsstreit gegen- über dem Anspruch auf Entrichtung des Entgelts den Einwand der Tilgung nur geltend machen, wenn er nachweist, dass die Steuer für die Lieferung oder die sonstige Leistung entrichtet worden ist oder die Lieferung nach § 23 Abs. 2 in Verbindung mit der Vorschrift des Abs. 4 steuerfrei war.

(6) Die Vorschriften der §§ 12, 36 bis 38 finden auf die Besteuerung gemäss Abs. 1 - 3 keine Anwendung.

§ 40.

(1) Wer in einer Druckschrift, die zur Verbreitung bestimmt ist, Verkaufs- angebote von Gegenständen der im § 23 Abs. 1 Nr. 3 bezeichneten Art macht, ohne in dem Angebote seinen Namen und seine Wohnung anzugeben, hat Namen und Wohnung dem Verleger der Druckschrift gleichzeitig mit der Erteilung des Auftrags mitzuteilen.

(2) Der Verleger der Druckschrift darf Veröffentlichungsaufträge der im Abs. 1 genannten Art nur annehmen, wenn ihm von dem Auftraggeber Name und Wohnung mitgeteilt werden.

(3) Ist ein Verleger nicht vorhanden, so tritt an seine Stelle der Drucker der Druckschrift.

(4) Der Verleger der Druckschrift oder im Falle des Abs. 3 der Drucker hat nach näherer Bestimmung des Reichsrats der Steuerstelle, in deren Bezirk die Druckschrift erscheint, das Verkaufsangebote ohne Namens- und Wohnungs- angabe enthaltende Stück der Druckschrift unmittelbar nach seiner Ausgabe abzuliefern und dabei Namen und Wohnung der Auftraggeber zu bezeichnen.

(5) Die Steuerstelle hat unverzüglich diejenigen Steuerstellen zu benach- richtigen, die für den Wohnort der Auftraggeber zuständig sind.

§41. (1) Auf die Entrichtung der Steuer im Falle des § 23 Abs. 1 Nr. 5 finden,

wenn der Steuerpflichtige keine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit ausübt, die Vorschriften des § 38 entsprechende Anwendung.

(2) § 38 Abs. 2 gilt auch, wenn der Steuerpflichtige eine gewer buche oder berufliche Tätigkeit ausübt.

§ 42.

(1) Bei Steuerpflichtigen, die eine gewerbliche Tätigkeit ausüben, ist für die Veranlagung diejenige Stelle zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe be- trieben wird.

(2) Bei Steuerpflichtigen, die eine berufliche Tätigkeit ausüben, sowie in den Fällen der § 1 Nr. 3, § 17 Nr. 3, § 23 Abs. 1 Nr. 3-5, § 25 Abs. 2 und § 26 Abs. 5 ist die Steuerstelle des Wohnsitzes oder Aufenthalts des Steuerpflichtigen zuständig.

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γ g Deutsches Unisatzsteuergesetz nebst Begründung.

VII. Straf-, Uebergangs- und Schlussvorschriften.

§ 43.

(1) Die Hinterziehung der Umsatzsteuer wird mit einer Geldstrafe bis zum zwanzigfachen Betrage der hinterzogenen Steuer oder mit Gefängnis bestraft.

(2) Wer den Vorschriften des § 40 Abs. 1 - 4 zuwiderhandelt, wird mit einer Geldstrafe bis zu 500 M.1) bestraft.

(3) Die Festsetzung einer Ordnungsstrafe unterbleibt bei Unterlassung der Aufzeichnung (§ 31) und bei nicht ordnungsmässiger Aufzeichnung, wenn die Zuwiderhandlungen aus Gründen, die in der Person des Verpflichteten oder in der Art seines Geschäftsbetriebs liegen, entschuldbar erscheinen.

§ 44.

Länder und Gemeinden (Gemeindeverbände) dürfen von dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ab Steuern vom Warenumsatz nicht mehr erheben.

§ 45. Die Ausführungsbestimmungen zu diesem Gesetz erlässt der Reichsminister

der Finanzen mit Zustimmung des Reichsrats2). Aus dem am 1. Januar 1922 in Kraft getretenen Gesetz vom 8. April 1922

betr. Abänderung des Umsatzsteuergesetzes vom 24. Dezember 1919.

Begründung zum Gesetzentwurf vom 25. Oktober 1921 zur Abänderung des Umsatzsteuergesetzes vom 29. Dezember 1919 8).

I. Die Umsatzsteuer nach dem Gesetze vom 24. Dezember 1919 hat sich als ertragreicher erwiesen, als es bei IJrlass der Gesetzes angenommen wurde. Die erstmalige Veranlagung, die zu Beginn dieses Jahres für die Umsätze des Kalender- jahrs 1920 stattfand, hat Erträge gebracht, die den die anfängliche Schätzung schon übersteigenden Ansatz im Haushaltsplane 1921 mit 5,4 Milliarden M. bereits als zu niedrig erscheinen lassen. Es kann damit gerechnet werden, dass etwa 9 Milliarden M. eingehen. Dieses Ergebnis lässt die Hoffnung begründet erscheinen, dass die Umsatzsteuer sich in der Tat als das hervorragende Hilfsmittel für die Gesundung unserer Finanzen erweist, das in ihr bereits bei Aufkommen des Ge- dankens der Umsatzbesteuerung von vielen Seiten erkannt worden ist. Wenn

1) Siehe jetzt das Geldstrafengesetz v. 27. April 1923 und 13. Oktober 1923 (R.G.B1. 1923 I S. 254, 943).

2) .Siehe jetzt die Ausführungsbestimmungen vom G. Mai und 23. September 1922 (Zentralbl. f. d. Deutsche Reich S. 189 u. 897), sowie vom 9. Juni 1923 (Reichsministerialbl. 1923 S. 525). - Die §§ 46 und 47 des Gesetzes konnten hier wegbleiben, sie sind mitgeteilt im Finanzarchiv 27 (1920) S. 241.

3) Reicht ags-Wahlperiod β 1921, Drucks. Nr. 2866.

Aus dem am 1. Januar 1922 in Kraft getretenen Gesetz vom S.April 1922 betr. Abänderung des Umsatzsteuer gesetzes vom 24. Dezember 1919.

Artikel 2. Die Bestimmungen über die Abgrenzung der luxussteuerpflichtigen Gegenstände

nach § 16 des Umsatzsteuergesetzes sind im Sinne einer völligen Umarbeitung und Ver- einfachung sowie wesentlicher Einschränkung des Umfanges der luxussteuerpflichtigen Gegenstände neu zu fassen, wobei die hochwertige deutsche Arbeitsleistung zu schätzen ist. Ist die neue Fassung nicht bis zum 1 Oktober 1922 dem Reichstag vorgelegt, so treten die Vorschriften der §§ 15-24 ausser Kraft1).

Artikel 3. Der § 212 Abs. 3 der Reichsabgabeordnung 2) findet auf die Umsatzsteuer keine An-

wendung 3). i) Siehe oben Note zu 8 IG. 2) Finanzarchiv 38 (1921) S. 260. 3) Art. 4 konnte hier weggelassen werden.

eöV

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Deutsches Umsatzsteuergesetz nebst Begründung. ^Q

man berücksichtigt, dass die erste Veranlagung noch unter mannigfachen ver- waltungstechnischen Schwierigkeiten gestanden hat und keineswegs alle Umsätze wirklich erfasst Worden sind, so lässt sich annehmen, dass für die Zukunft schon in der jetzigen Gestaltung des Umsatzsteuergesetzes noch höhere Erträge erzielt werden können. Die Finanzlage des Reichs gestattet es aber nicht, sich lediglich auf eine verwaltungs technische Entwicklung der Umsatzsteuer zu beschränken. Es ist vielmehr notwendig, die Umsatzsteuer auch gesetzgeberisch noch weiter auszubauen, um aus ihr die grossen Beträge herauszuwirtschaften, die durch die Annahme des Ultimatums erforderlich werden.

Die Prüfung, welche weitere Ausgestaltung die Umsatzsteuer erfahren kann, wird sich in erster Linie mit zwei Fragen zu beschäftigen haben. Einmal ist zu untersuchen, ob es möglich ist, durch Beseitigung von Befreiungsvorschriften, die das gegenwärtige Gesetz enthält, weitere Erträgnisse zu erzielen; sodann ent- steht die Frage, ob eine Erhöhung des Steuersatzes der allgemeinen Umsatzsteuer angängig erscheint oder in Welcher sonstigen Form das Umsatzsteuersystem ertrag- reicher gemacht werden kann.

II. Das jetzige Gesetz sieht weitgehende Bevorzugungen des Auslands - handeis vor. Nach § 2 Nr. 1 in Verbindung mit § 4 sind befreit die Einfuhr, d. h. die Lieferung aus dem Ausland in das Inland, ferner die ersten Umsätze nach der Einfuhr, also der Verkauf durch den Einfuhrhändler, sodann die Ausfuhr, d. h. die Lieferung aus dem Inland unmittelbar in das Ausland, und endlich auch, durch das Vergütungssystem des § 4, die im Inland erfolgende Lieferung an einen Ausfuhrhändler. Die Beträge, die durch diese Befreiungen der Steuer verloren- gehen, sind sehr gross. Das ergibt sich, wenn man sich gegenwärtig hält, dass im Jahre 1920 die Einfuhr auf rund 100 Milliarden M. angenommen werden kann und die Ausfuhr etwa 70 Milliarden M. betragen hat. Es entsteht die Frage, wie- weit man diese Befreiungen beseitigen oder einschränken kann.

1. Die Einfuhr selbst wird von der Umsatzsteuer nicht wohl erfasst werden können. Nach dem Aufbau des Gesetzes werden die liefernden Unternehmer besteuert. Bei der Einfuhr liefert ein im Ausland befindlicher Unternehmer in das Inland, der Lieferer untersteht danach nicht der deutschen Steuerhoheit. Es würde also, wenn man die Einfuhr selbst besteuern wollte, nötig sein, eine subsidiäre Steuerpflicht des ersten inländischen Empfängers einzuführen, ähnlich wie das bei der für die Einfuhr bestehenden Luxussteuerpflicht im § 17 Nr. 3 und § 23 Abs. 1 Nr. 4 geschehen ist. Das erscheint aber kaum durchführbar. Schon für die kleine Gruppe der Luxusgegenstände macht die Erfassung an der Grenze sehr grosse Schwierigkeiten. Die Person des Steuerpflichtigen (des Emp- fängers oder Verbringers) ist nicht leicht festzustellen, es gefährdet ausserdem für ihn als Einfuhrhändler sein Geschäft, dass er zweimal, als Empfänger der Lieferung und als Lieferer beim Weiterverkauf, Umsatzsteuer zu entrichten hat. Vor allem ist der Steuermassstab schwer zu handhaben: es bedarf ja einer Feststellung der Beträge, die der ausländische Lieferer aus dem Inland erhält, und wenn diese nicht feststellbar sind, so muss der gemeine Wert der Gegenstände festgestellt werden. Daraus ergibt sich, dass die Erfassung der Einfuhr durch die Umsatz- steuer der Einführung eines Wertzolls gleichkommen würde. Es bedürfte dazu nicht nur einer vollkommenen Umänderung in der Praxis der Grenzbehörden, sondern auch der machtpolitischen Möglichkeit, die Angaben der ausländischen Lieferer zur Kontrolle für die inländischen Empfänger heranzuziehen. Jedenfalls wird man sagen müssen, dass die Besteuerung bei der Einfuhr eine Angelegenheit ist, die durch die Zolltarifgesetzgebung geregelt Werden muss und auch im engen Zusammenhange mit den Fragen der Handelsverträge und der internationalen Rechtsbeziehungen steht. Das Umsatzsteuergesetz kann daher mit diesem Problem nicht belastet werden.

2. Zweifelhafter ist es, ob die jetzt bestehende Befreiung des ersten Um- satzes nach der Einfuhr aufgehoben werden kann. Der Grund dafür, dass der Einfuhrhändler bisher auch noch mit seinem im Grosshandel erfolgenden Weiter- verkaufe von der Steuer befreit ist, liegt darin, dass man den deutschen Einfuhr - handel vor einer Ausschaltung schützen wollte, die ihm durch unmittelbare Ge-

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gQ Deutsches Umsatzsteuergesetz nebst Begründung.

Schäftsbeziehungen zwischen seinen Kunden und dem Ausland drohen könnte. Insbesondere fürchtete man, dass die Tätigkeit des deutschen Einfuhrhandels durch Zwischenhandelsfirmen verdrängt werden würde, die ihren Sitz im Aus- land, insbesondere in Holland, der Schweiz und Skandinavien nehmen würden. Es fragt sich, ob diese wirtschaftlich zweifellos sehr beachtlichen Erwägungen eine derart weitgehende Befreiung, wie sie im § 2 Nr. 1 bisher enthalten ist, recht- fertigen. Man könnte davon ausgehen, dass die Gleichstellung der Freihäfen und des gebundenen Verkehrs des Zollinlandes mit dem Ausland und die Privilegierung besonderer Läger für zollfreie Waren in Verbindung mit den im § 7 des Umsatz- steuergesetzes enthaltenen Möglichkeiten dem Einfuhrhändler einen derartigen Schutz gewähren, dass es möglich wäre, die Befreiung der ersten Umsätze nach der Einfuhr aufzuheben. Im Laufe der über die Frage sehr eingehend geführten Verhandlungen hat sich aber ergeben, dass die gleichen Verhältnisse, die bisher zur Befreiung des ersten Umsatzes nach der Einfuhr geführt haben, auch heute noch bestehen und dass die erwähnten Vergünstigungen die Gefahr des aus- ländischen Wettbewerbes nicht aufheben. In erster Linie könnte nur eine sehr erhebliche Ausdehnung des Freilagersystems helfen. Einer derartigen Massnahme steht aber, von den Schwierigkeiten der technischen Bewältigung der Anträge auf Befreiung ganz abgesehen, entgegen, dass die bisherigen Freilager nicht aus- reichen, und dass es daher der Errichtung neuer Freilager bedürfen würde. Die Errichtung neuer Lager wird sich aber mit Rücksicht auf die Höhe der Errichtungs- kosten keineswegs in dem erforderlichen Umfang durchführen lassen, verteuert in jedem Falle die Geschäftsunkosten und beeinträchtigt dadurch die Wett- bewerbsfähigkeit. Daher erscheint grundsätzlich auch weiterhin die Befreiung de3 ersten Umsatzes nach der Einfuhr geboten. Es wird aber nicht übersehen werden dürfen, dass die deutsche Wirtschaft an der Befreiung aller Waren nicht interessiert ist. Ein grosser Teil der Fertigfabrikate würde nämlich bei Herstellung in Deutschland nicht nur um die Mehrbelastung der deutschen Vorprodukte um die Umsatzsteuer, sondern auch um zwei volle Umsatzquoten teurer sein als ent- sprechende vom Ausland eingeführte Fabrikate; denn diese können unmittelbar aus dem Ausland dem Konsum zugeführt werden, wenn sie sowohl bei der Ein- fuhr wie bei dem ersten Umsatz nach der Einfuhr umsatzsteuerfrei sind. An der Ausdehnung der Befreiung des ersten Umsatzes nach der Einfuhr auf die Fabrikate hat also die deutsche Wirtschaft grundsätzlich, von besonders ge- lagerten Fällen abgesehen, kein Interesse, Wohl aber tritt zu dem erwähnten Interesse des deutschen Einfuhrhandels das Konsumenteninteresse an einer möglichsten Verbilligung der notwendigen Lebens- und Futtermittel sowie von Rohstoffen und Halberzeugnissen. Die Gegenstände, um die es sich hierbei im einzelnen handelt, soll der Reichsrat nach Anhörung des Reichswirtschaftsrates in einer Freiliste näher bezeichnen.

3. Was die Ausfuhr anlangt, so bestand bisher ein gewisses Missverhältnis insofern, als das Umsatzsteuergesetz die Ausfuhr frei liess, Während auf der andern Seite die Ausfuhr mit der sogenannten sozialen Ausfuhrabgabe belastet War. Man hielt also auf der einen Seite eine völlige Befreiung der Ausfuhr für erforder- lich und sprach sich auf der andern Seite dafür aus, dass sie eine Abgabe tragen könnte. EJs ist daher zu erwägen, ob die Befreiung im Umsatzsteuergesetze tat- sächlich wirtschaftlich unbedingt geboten erscheint. Zweifellos muss die Aus- fuhr so sehr als möglich gefördert Werden. Es fragt sich aber, ob für den Kon- kurrenzkampf auf den Auslandsmärkten der Satz der Umsatzsteuer für nur einen weiteren Umsatz von ausschlaggebender Bedeutung sein kann, oder ob er nicht eine Geschäftsspese darstellt, mit der auch bei der Lieferung ins Ausland ge- rechnet werden kann. Us ist zu bedenken, dass die Ausfuhr in die meisten Länder durch den niedrigen Stand unserer Valuta einen starken Anreiz erhält. Auch muss betont werden, dass die Ausfuhr an den Lasten der Wiedergutmachung, die sich zum Teil nach der Höhe der Ausfuhr richten, auch ihr Teil mittragen muss. Es erscheint danach geboten, auch die Lieferung in das Ausland der Steuer zu unterwerfen. Auf der anderen Seite bleibt allerdings zu prüfen, ob diese Be- steuerung auch diejenigen Lieferungen umfassen kann, die nicht der Fabrikant

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Deutsches ümsatzsteuergesetz nebst Begründung. gj

selbst ins Ausland vornimmt, sondern die durch den Ausfuhrhändler (Exporteur) erfolgen. Würde man auch diese Ausfuhren mit der Steuer belegen, so würde diejenige Ausfuhr, die nach den wirtschaftlichen Verhältnissen eines Ausfuhr- händlers bedarf, mit einer Umsatzsteuerquote mehr belastet sein, und es würde die sehr grosse Gefahr entstehen, dass man den deutschen Ausfuhrhändler zur Ersparung dieser Quote durch einen ausländischen Einfuhrhändler oder einen neutralen Zwischenhändler ersetzte. Der Stand der deutschen Ausfuhrhändler ist aber von entscheidender Wichtigkeit für die Erlangung ausländischer Märkte für deutsche Produkte. Es ist für Deutschland, auch in steuerlicher Beziehung, unbedingt erforderlich, dass die Vermittlungsfunktion des Ausfuhrhändlers sich durch deutsche Firmen vollzieht. Diesem Gesichtspunkt kann leicht Rechnung getragen werden, ohne dass das bisherige vielen Klagen Anlass gebende Ver- gütungssystem des § 4 beibehalten werden müsste. Geht man davon aus, dass auch die Lieferung in das Ausland an sich steuerpflichtig ist, so wird die Mehr- belastung durch die Einschaltung eines Ausfuhrhändlers vermieden, wenn man zwar die Lieferung durch den inländischen Fabrikanten oder Zwischenhändler an ihn steuerpflichtig lässt, aber seine Ausfuhr von der Steuer befreit. Dieser Vorschlag wird im Art. 1 zu I b des Entwurfs gemacht. Eine Vergütung ist dann nur noch in denjenigen Fällen erforderlich, in denen es sich um Luxusgegenstände handelt. Hier muss dem Ausfuhrhändler, der die Ware mit 15 ν. Η. belastet kauft, der Unterschied zwischen der allgemeinen Umsatzsteuer und der Luxus- steuer nach wie vor vergütet werden. Dies sieht der neue § 19 a (Art. 1 zu 5 des Entwurfs) vor, der im übrigen wegen der Art der Berechnung des Betrags und wegen des Vergütungsverfahrens eine freie Anpassung an die Geschäftsformen des Ausfuhrhandels ermöglicht.

Die zu 2 und 3 näher erörterten Neuregelungen unterwerfen sehr erhebliche Umsätze der Besteuerung. Nach den bereits genannten Zahlen handelt es sich um Umsätze von rund 30 Milliarden bei der Einfuhr und von rund 70 Milliarden bei der Ausfuhr, von denen der Satz der allgemeinen Umsatzsteuer mehr als bisher erhoben werden soll. Die Streichung weiterer Befreiungen des Gesetzes wird nicht wohl angängig sein. Vor allem sei bemerkt, dass gerade bei einer grösseren Anspannung der Umsatzsteuer (vgl. zu III) die Befreiung des reinen Handels, der sich ohne Lagerung der gekauften und weiter veräusserten Ware vollzieht, nach § 7 des Gesetzes unentbehrlich erscheint, wenn nicht eine Über- lastung des Verbrauchers und eine schwere Gefährdung des notwendigen Zwischen- handels eintreten soll. Auf die Bedeutung der Vorschrift für den deutschen Ein- fuhrhandel wurde bereits hingewiesen.

ΙΠ. Die Frage nach einer weiteren Ausgestaltung der Umsatzsteuer ist von schwerwiegender wirtschaftlicher Bedeutung. Man muss sich darüber klar sein, dass die Ausgestaltung mit dem Ziele grosser neuer Erträge unter allen Umständen zu einer weiteren Belastung des Verbrauchs führt. Denn die Um- satzsteuer wird ihrer Tendenz nach stets als Geschäftsspese behandelt und in der Preisbildung bis zum letzten Verbraucher weitergewälzt werden. Ist man sich hierüber klar, so handelt es sich bei der Frage über die Art derAusgestaltung nur noch darum, wie diese erfolgen kann mit möglichst geringer Beunruhigung des wirtschaftlichen Aufbaues von Produktion und Handel. Die steuertechnisch einfachste Lösung liegt unzweifelhaft in einer Erhöhung des Steuersatzes. Die bereits durch die zurückliegenden Veranlagungen bei den Behörden einiger- massen eingespielte Steuer würde mit einem erhöhten Satze ohne neue organi- satorische Schwierigkeiten durchführbar sein. Auch die Steuerpflichtigen brauchten sich nicht erneut auf abweichende Gestaltungen umzustellen. Diese Erwägungen entheben selbstverständlich nicht der Pflicht einer sorgfältigen Prüfung, ob eine weitere Erhöhung des Steuersatzes wirtschaftlich erträglich erscheint. Bei der Lage der deutschen Finanzen kann diese Frage freilich nur dann vollständig verneint werden, wenn an die Stelle der Erhöhung ein anderes System der Um- satzbesteuerung tritt, das gleichwertige finanzielle Ergebnisse verspricht. Es sind in dieser Beziehung drei Vorschläge gemacht worden.

1. Es ist der Plan einer Pr oduktions- und Fabrikatssteuer Finanzarchiv. XXXX. Jahrg. 433 6

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32 Deutsches Umsatzsteuergeeetz nebst Begründung.

zur Erwägung gestellt worden. Man geht davon aus, die allgemeine Umsatz- steuer bei allen Umsätzen in der bisherigen Höhe zu belassen, aber auf der Wirt- schaftsstufe der Produktion oder der Fabrikation die Steuer auf einen bestimmten Steuersatz (etwa auf 10-20 ν. Η.) zu erhöhen. In gewissem Umfang findet sich bereits im jetzt geltenden Gesetz ein Vorbild für eine solche Regelung, nämlich in der Herstellerluxussteuer des § 15. Deren Ausbau oder die Verwendung dieser Steuerform wäre also in Betracht zu ziehen. Dabei muss man sich aber darüber klar sein, dass es etwas völlig anderes ist, für eine kleine Anzahl besonders aus- gewählter Fertigfabrikate den Umsatz aus der Fabrik zu besteuern, oder im ge- samten Wirtschaftsleben sämtliche Fabrikate einschliesslich der in der Land- wirtschaft und im Handwerk gewonnenen zu erfassen und besonders steuerlich zu behandeln. Es würde das ausserordentlich schwierige Problem zu lösen sein, näher zu bestimmen, auf welcher Stufe der Produktion der besteuerungsfäbige Umsatz angenommen werden soll. Es bedürfte einer für alle Produktions- und Fabrikationsmöglichkeiten zutreffenden Begriffsbestimmung des Fabrikats. Man müsste zunächst allgemein wählen, ob man die Rohstoffe oder die Halberzeugnisse oder Fertigerzeugnisse erfassen will, und müsste nach Entscheidung dieser all- gemeinen Vorfrage dann einen Begriff finden, der für alle Produktionszweige passen würde. Um die Schwierigkeiten voll zu würdigen, braucht man sich nur zu vergegenwärtigen, dass etwa, wenn man vom Halberzeugnis ausgehen wollte, für die Textilindustrie bestimmt werden müsste, um welche Halberzeugnisse es sich handeln solle: es kommen wieder eine grosse Reihe von Stufen von Halb- erzeugnissen in Betracht (etwa gekämmte Wolle, Wollgarne, Wollgewebe). Nicht wenige Industrien sind von ihrem technischen Stande fortdauernd so beeinflusst, dass es fast unmöglich sein würde, für sie bestimmte Produktionsstufen als Aus- gangspunkt der Steuer festzulegen; das gilt ζ. Β. von der chemischen Industrie, zum Teil auch von der Schwerindustrie. Durch neue Erfindungen können Fa- brikationsstufen übersprungen oder ausgeschaltet werden. Im Zusammenhange hiermit steht die schwierige Frage, wie man sich verhalten sollte, Wenn der Her- steller des für die Besteuerung ausgewählten Fabrikats dieses nicht selbst ver- äussert, sondern in eigenem Betriebe weiter verarbeitet. Ferner würden sehr schwierige Fragen zu lösen sein für den Fall der Ausfuhr, da die Konkurrenz- fähigkeit auf dem Auslandsmarkt unmöglich werden könnte, wenn die Belastung auf der Fabrikationsstufe nicht bei der Ausfuhr in irgendeiner Art ausgeglichen werden würde. Es erscheint in hohem Masse zweifelhaft, ob solche Vorarbeiten überhaupt zu einem wirtschaftlich erträglichen und steuertechnisch durchführ- baren Ergebnis führen würden. Im gegenwärtigen Zeitpunkt muss daher von der Einführung einer Produktions- oder Fabrikatsteuer in das System der Umsatz- steuer abgesehen werden.

2. Ein anderer Vorschlag geht dahin, die Umsatzsteuer in der bisherigen Höhe in allen Wirtschaftsstufen der Produktion und des Handels zu belassen, aber auf der letzten Wir tschaftss tufe, d. h. bei dem Übergange vom Kleinhändler in die Hand des Verbrauchers, einen erhöhten Satz (etwa 5 v. H. bis 10 v. H.) zu erheben. Es würde sich also um eine Kleinhandelssteuer, die der Umsatzsteuer eingefügt würde, handeln. Dem Vorschlag liegt die wirtschaftlich richtige Erwägung zugrunde, dass bei einer solchen Regelung das gesamte übiige Wirtschaftsleben, die Aufeinanderfolge von Produktion und Handel, unbehelligt bleiben würde, dass sich die Ausfuhr ohne neue schwere Vorbelastung vollziehen könnte, und dass lediglich am Schlüsse, wo nur noch eine Überwälzung an den letzten Verbraucher erforderlich wird, die Last getragen wird. Die Reichs - regierung hatte bei Einbringung des jetzigen Umsatzsteuergesetzes den gleichen Vorschlag gemacht. Der Entwurf (vgl. Drucksachen der Nationalversammlung 1919 Nr. 676) enthielt eine allgemeine Kleinhandelssteuer in Höhe von 5 v. H. für die letzten Umsätze hauswirtschaftlicher Gegenstände. Diese Steuer ist aber bereits im Ausschuss der Nationalversammlung (vgl. den Bericht, Drucksache Nr. 1753) gestrichen worden, und die Vollversammlung der Nationalversammlung hat sich dem angeschlossen. Es fragt sich, ob die Gründe, die damals für diese Ablehnung des Entwurfs massgebend waren, heute als entkräftet gelten können.

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Im Vordergrunde der gegen den Vorschlag bestehenden Erwägungen stand damals ein innerpolitischer Gesichtspunkt. Wird die Steuerlast beim Kleinhändler gleichsam komprimiert und diesem die Pflicht auferlegt, einen hohen Prozentsatz dem Steuerfiskus abzuführen, so muss der Kleinhändler auf seinen Kleinhandels- preis einen entsprechend hohen Aufschlag nehmen. Die Steuer tritt damit an einer dem Verbraucher unmittelbar nahestehenden Stelle in ihrer ganzen den Verbrauch stark belastenden Form überaus deutlich hervor. Sie verliert den Charakter einer für den einzelnen Geschäftsmann erträglichen Geschäftsspese, die er nach aussen unmerklich in seine Kalkulation einsetzt, und bringt den Kleinhändler in die Lage desjenigen, der sich dem Publikum gegenüber wegen seiner im Verhältnis zu den Grosshandelspreisen auffallend stark erhöhten Preise zu verteidigen hat. Er wird diese Verteidigung ständig führen mit dem Hinweis auf die Steuerlast, die gerade ihm auferlegt ist. Es ist zweifellos, dass er auch bei jeder anderen aus sonstigen wirtschaftlichen Gründen erforderlichen Preis- erhöhung stets die Steuer als das preiserhöhende Moment dem Publikum gegen- über ins Feld führen wird. Jeder Verbraucher, jede Hausfrau wird auf diese Weise bei dem Einkauf des Wirtschaftsbedarfs immer wieder auf die Umsatzsteuer in ihrer den Verbraucher drückenden Wirkung hingewiesen. Man könnte gewiss begrüssen, wenn auf diese Weise ein Zwang ausgeübt würde, den Verbrauch so sehr als möglich zu beschränken, und jeder bei jedem Einkauf sich dieser Not- wendigkeit erneut bewusst werden müsste. Es ist aber zu bedenken, dass der grösste Teil der Bevölkerung doch nur in geringfügigerem Umfang seinen Bedarf einschränken kann, und dass er gerade bei denjenigen Einkäufen, bei denen er sparen könnte, viel weniger sich des Druckes der Verbrauchssteuer bewusst werden würde, als bei den unentbehrlichen Einkäufen für seinen täglichen Bedarf. Es darf daher auch heute der psychologische Gesichtspunkt nicht unterschätzt werden, der 1919 zur Ablehnung der Kleinhandelssteuer geführt hat. Es erscheint sehr wohl möglich, dass man gerade in solcher unmittelbaren Belastung der letzten Hand neuen Anlass zu Lohn- und Gehaltserhöhungen erblicken könnte. Stellt man aber bei dem Ernste unserer Lage dieses Bedenken zurück und versucht, die Erkenntnis entgegenzusetzen, dass auch bei einer Erhöhung der allgemeinen Umsatzsteuer ohne Vorbelastung des Kleinhandels die Belastung des Verbrauchers im Erfolge die gleiche sein würde, so entsteht die zweifellos ebenso wichtige Frage nach der steuertechnischen Durchführbarkeit einer solchen Kleinhandelssteuer. In dieser Beziehung sind nun überaus schwere Bedenken zu erheben. Es ist die Gefahr vorhanden, dass die Steuer einen ausserordentlich grossen Kontroll- apparat notwendig machen würde und trotzdem in weitem Umfang unerfasst bleiben würde. Man muss sich vergegenwärtigen, dass es sich bei denjenigen, die die Steuer zu zahlen hätten, gerade um einen Teil der Kaufmannschaft handelt, der in weitem Umfang über geordnete Buchführung und leicht kontrollierbare Betriebe nicht verfügt. Man darf nicht von den grossstädtischen, mit Registrier- kassen arbeitenden Ladenbetrieben allein ausgehen, man muss vielmehr an die vielen Hunderttausende von kleinen und kleinsten Geschäften denken und an die ausserordentlich grosse Zahl der Handwerksbetriebe, die ja auch zu den Kleinhändlern zählen. Dazu taucht die Frage auf, wie die kaum übersehbare Menge der Landwirte aller Grössengrade zu behandeln wäre, die ebenfalls un- mittelbar an den Verbraucher einen nicht unwesentlichen Teil ihrer Produkte absetzen. Es bedarf einer genauen Feststellung, bei welchen Umsätzen man einen Umsatz im Kleinhandel annehmen wollte. Schon die erwähnten Beispiele zeigen, dass das äussere Merkmal etwa eines Ladens dafür nicht ausschlaggebend ist. Es wäre überhaupt irrtümlich, anzunehmen, dass es sich bei den Klein- händlern um einen scharf gegen andere Geschäftsformen abgegrenzten Stand handelt. Vielmehr sind in grossem Umfang Grosshandel und Kleinhandel und auch Fabrikation und Kleinhandel miteinander verbunden. Man braucht nur an die Versandgeschäfte zu denken und an die Fabrikanten, die unmittelbar an Privatkunden veräussern, ganz abgesehen von den bereits erwähnten Hand- werkern und Landwirten. Versagt also ein äusseres Merkmal, so bleibt nur eine formale Bestimmung möglich. Eine solche hat der erwähnte Entwurf des jetzt

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geltenden Umsatzsteuergesetzes versucht, indem er als Umsatz im Kleinhandel denjenigen bezeichnete, der nicht an Wiederveräusserer erfolgt. Ob aber der Käufer ein Wiederveräusserer ist, das ist nicht ohne weiteres festzustellen, weder in allen Fällen für den Veräusserer (man denke an die Schneiderin, die im Laden die Zutaten für die von ihr weiterverkauften Kleider kauft, oder an den Hand- werker, der sich im Eisenwarengeschäfte seine Bedarfsartikel kauft) noch vor allem für die Steuerbehörde.. Es bleibt danach nur die Einführung eines formalen Beweisverfahrens übrig. Ein solches sah der erwähnte Entwurf darin, dass er nur dann die Befreiung von der Kleinhandelssteuer annahm, wenn der Lieferer für den betreffenden Umsatz als Beleg auf eine Weiterveräusserungsbescheinigung hinweisen konnte, die ihm der Käufer vorlegen sollte. Danach würde es also erforderlich gewesen sein, das gesamte Wirtschaftsleben mit einem Bescheinigungs- system zu überziehen, und jeder Umsatz hätte die erhöhte Steuer zu tragen gehabt, der sich ohne einen solchen Bescheinigungsaustausch vollzogen hätte. Der Ausschuss der Nationalversammlung hat seinerzeit in eingehenden Beratungen einen anderen Weg zu finden versucht. Aber auch alle anderen Vorschläge haben zu keinem praktischeren Ergebnis geführt. Man hat darauf hingewiesen, es würde genügen, wenn den Eintragungen des Lieferers in seinem Verkaufsbuch eine Eintragung des Empfängers in dessen Einkaufsbuch entspräche, wobei auch an eine Kontrolle durch Verstempelung (vgl. auch unten zu IV) gedacht wird. Etwas derartiges würde aber nur durchführbar sein, wenn man mit der Möglichkeit rechnet, in allen für die Steuer in Betracht kommenden Stufen die Bücher der Lieferer und der Abnehmer nachprüfen und miteinander vergleichen zu können. Davon kann selbstverständlich keine Rede sein, wenn man nicht den Beamten- apparat noch weiter ganz ausserordentlich vermehren wollte. Man würde dabei auch den Lieferer der Gefahr aussetzen, dass er die Steuer bezahlen müsste, wenn sein Abnehmer nicht die entsprechenden Buchungen vorgenommen hätte, und gerade bei diesen Abnehmern handelt es sich eben um die Kleinhändler, die in weitem Umfang an eine übersichtliche und lückenlose Buchführung noch nicht gewöhnt sind. Man kann auch nicht darauf hinweisen, dass im Ausland die Durchführung solcher Kleinhandelssteuern gelungen sei. Sie besteht zurzeit überhaupt nur in der Beschränkung auf bestimmte listenmässig aufgeführte Luxusgegenstände in einzelnen Staaten (Frankreich, Italien, in beschränktem Umfang auch nach § 21 des deutschen Umsatzsteuergesetzes). Gerade in Frank- reich und Italien wird aber ausserordentlich darüber geklagt, dass die Kontrolle nicht gelänge und die Steuer nicht eingehe. Eine allgemeine Kleinhandelssteuer hat ganz kurze Zeit in Frankreich bestanden, nämlich von 1918 bis Ende 1919; sie arbeitete mit dem gleichen Bezugsscheinsystem, wie der deutsche Entwurf von 1919. Frankreich hat diese Steuer aufgehoben und die allgemeine Umsatz- steuer an seine Stelle gesetzt, Weil das Ergebnis ein vollkommen ungenügendes war. Aus all dem ergibt sich, dass die Kleinhandelssteuer den Steuerbehörden und den Steuerpflichtigen eine kaum lösbare Aufgabe stellen würde. Der Erfolg würde eine weitere schwere Gefährdung der Steuermoral sein. Die vielen Hundert- tausende, um deren Steuerpflicht es sich handeln würde, würden stets vor der Versuchung stehen, durch Verschweigung von Umsätzen, durch Missbrauch der Weiterveräusserungsbescheinigungen usw. nicht bloss die Steuer in der Höhe der allgemeinen Umsatzsteuer, sondern die Steuer in dem beträchtlich erhöhten Ausmasse zu ersparen. Schleichhandel, Gelegenheitshandel, Strassenhandel, Warenangebot in allen Betrieben und Behörden würden neuen Anreiz erhalten. Es erscheint daher wirtschaftlich geboten, von diesem Experiment Abstand zu nehmen.

3. Der dritte Vorschlag, den man als Veredelung der Umsatz- steuer bezeichnet hat und der vor allem von dem verstorbenen Geheimrat Dr. Wilhelm von Siemens schon seit Jahren vertreten worden ist, sieht von einer Differenzierung des Steuersatzes ab, rechnet also mit einem einheitlichen Steuer- satz in allen Umsatzstufen. Er will aber eine Beziehung zu der Werterhöhung herstellen, die in einem Betriebe zwischen Einkauf und Verkauf erfolgt. Es soll nicht das gesamte, beim Verkaufe vereinnahmte Entgelt den Steuermassstab

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bilden, sondern nur dieser Betrag abzüglich der vom veräussernden Unternehmer beim Einkauf der verarbeiteten Stoffe verauslagten Beträge und der Aufwen- dungen für neue Betriebsanlagen; an die Stelle des Bruttoumsatzes soll der Netto- umsatz treten. Die Vertreter der Siemensschen Steuer führen aus, dass die ver- edelte Umsatzsteuer eine gleichmässige Belastung vom Produzenten bis zum Kleinhändler darstelle, die die rohen und schädlichen Wirkungen der allgemeinen Umsatzsteuer vermeidet. Die Steuer verhindere ferner eine Beschleunigung des vertikalen Aufbaues, der durch eine Erhöhung der Umsatzsteuer begünstigt werde. Endlich solle sie die Gefahren beseitigen, die dem volkswirtschaftlich notwendigen und nützlichen Handel daraus erwachsen, dass die Erhöhung der allgemeinen Umsatzsteuer einen starken Anreiz zur Ausschaltung des Handels schaffe. Die eingehenden Erwägungen über den Typ und die Ausbaumöglichkeiten der Steuer haben zu dem Ergebnis geführt, dass sie zum mindesten im gegenwärtigen Zeit- punkt zur Einführung nicht geeignet erscheint. Zunächst ist zu klären, was unter Nettoumsatz zu verstehen ist, ob man sich nur auf den Abzug der Einkaufspreise der Stoffe, die unverändert oder veredelt weiterverkauft Werden, beschränken soll, oder ob man auch die für sonstige Anschaffungen (Betriebsgebäude, Werk- zeuge, Maschinen) aufgewendeten Beträge abziehen soll. Von einer gleichmässigen Besteuerung kann nicht die Rede sein, denn die Steuer hängt in der vorgeschlagenen Form von dem Verhältnis ab, in dem Ein- und Verkaufspreise zueinander stehen, und damit von der Art und Weise des Betriebs des einzelnen Unternehmers und dem Geschick, mit dem er seine Einkäufe zu tätigen versteht, ferner auch von der Machtstellung, die er gegenüber dem Markte einnimmt. Es wird also ein subjektives Moment in eine Steuer hineingetragen, die als allgemeine Verbrauchs- steuer gedacht ist. Der Steuergegenstand nähert sich dem Gewinn (Nettoertrag) und bringt einen äusserst verschiedenartig wirkenden Faktor in das System der Umsatzsteuer. Der Steuerpflichtige wird in der Lage sein, die Höhe seiner Steuer zu beeinflussen, indem er in einem Steuerabschnitt, in den an sich hohe Umsätze fielen, etwa vor Schluss des Abschnitts sich für längere Zeit mit Vorprodukten eindeckt oder neue Anlagen errichtet. Schwankungen in der Konjunktur würden von grossem Einfluss auf den Ertrag der Steuer sein. Eine weitere grosse Schwierig- keit liegt in der Behandlung der Ein- und Ausfuhr. Wenn man die Siemenssche Steuer auf 10 v. H. bemisst, so würde die Belastung der sämtlichen deutschen Produkte mit 10 v. H. ihres jeweiligen Wertes eine Einfuhrprämie für ausländische Rohstoffe, Halbfabrikate und Fertigfabrikate bedeuten, falls es nicht gelänge, die ausländischen Produkte in derselben Weise zu belasten. Das aber erscheint zur- zeit unmöglich. Der Vorschlag, ausländische Rohstoffe, Halbfabrikate und Fertig- fabrikate nicht in den Vorumsatz einsetzen zu dürfen, ist eine Belastung der Steuermoral, die gegenwärtig nicht durchführbar erscheint. In vielen Fällen würde alles geschehen, um die ausländische Herkunft solcher Waren zu verbergen und dadurch den Steuer Zuschlag von 10 ν. Η. zu diesen Waren zu vermeiden. Vom Standpunkt der Ausfuhr würde die Siemenssche Steuer in vielen Fällen belastender wirken als die allgemeine Umsatzsteuer, nämlich stets dann, wenn eine Ware aus- geführt wird, die im Wesentlichen aus deutschen Rohstoffen hergestellt ist und deren Ausfuhr keine oder nur wenige Vorumsätze vorausgingen. Hierzu kommt folgendes: die Steuer würde in Kollision mit den Ertragssteuern (Gewerbesteuern) geraten, die nach dem Landessteuergesetze den Ländern und den Gemeinden verbleiben sollen; es erscheint aber bei der Finanzlage der Länder und Gemeinden nicht erträglich, das ihnen offenstehende Besteuerungsgebiet noch weiter zu be- schränken. Der Plan versagt auch der Urerzeugung, ζ. Β. der Landwirtschaft, gegenüber, ebenso in allen Fällen, in denen der Unternehmer nicht Warenliefe- rungen tätigt, sondern Leistungen sonstiger Ait der Wirtschaft zuführt. Er würde ferner ein viel ausgedehnteres Veranlagungsverfahren als jetzt notwendig machen, da nicht bloss die Einnahmenseite eines Unternehmers, sondern auch die Aus- gabenseite genau nachgeprüft werden müeste und bei mangelhafter oder ganz fehlender Buchführung schwierige Schätzungen notwendig werden würden. Vor allem aber würde bei dieser veredelten Umsatzsteuer das gewünschte finanzielle Ergebnis nur dann erreicht werden, wenn die Steuersätze mindestens drei- bis

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viermal so hoch angesetzt werden, als sie für die allgemeine Umsatzsteuer geplant sind. Damit würden sich aber die Nachteile der wiederholten Umsatzsteuer wiederum überaus verstärken.

Glaubt danach die Reichsregierung die drei erwähnten Vorschläge ablehnen zu müssen, so bleibt bei dem Zwange der Finanzlage ein anderer Weg, als eine weitere Erhöhung der allgemeinen Umsatzsteuer, nicht übrig. Die verantwortungs- volle Entscheidung, die dabei zu treffen ist, geht freilich dahin, wie hoch man mit dem Steuersatze gehen könnte, ohne schwere Schädigungen für das Wirt- schaftsleben herbeizuführen. Schon bei den früheren Beratungen, die den 1916 bewilligten Warenumsatzstempel von 0,1 ν. Η. zunächst auf 0,5 (1918) und dann auf 1,5 ν. Η. (1919) brachten, sind die Erhöhungen nur mit schweren Bedenken hingenommen worden. Dass eine weitere Erhöhung dem Wirtschaftsleben eine schwere Belastungsprobe auferlegen wird, kann keinem Zweifel unterliegen. Die Reichsregierung glaubt es jedenfalls nicht verantworten zu können, Vorschlägen stattzugeben, die einen Satz von 4 oder 5 und mehr vom Hundert für erträglich halten. Bei diesen Vorschlägen wird die feine Gliederung des Wirtschaftslebens und die Aufgabe des die einzelnen Produktionsstufen verbindenden Handels durchaus verkannt. Die Notwendigkeit, Einnahmen zu schaffen, zwingt aber zu einer nicht unwesentlichen Erhöhung. Es werden danach 2V2 ν. Η.1) in Vorschlag gebracht.

IV. Es ist im Anfang der Ausführungen von der Möglichkeit gesprochen worden, dass sich das Aufkommen der Umsatzsteuer auch, abgesehen von den vorgeschlagenen Aenderungen und Erhöhungen, nicht unwesentlich heben würde, wenn das Veranlagungsverfahren verwaltungstechnisch besser ein- gestellt würde. Es war zu erwägen, ob nicht in dieser Beziehung noch weitere steuertechnische Verbesserungen des Gesetzes selbst stattfinden können. Es ist vielfach darüber geklagt worden, dass die Umsatzsteuer zu lange Zeit in den Händen der vereinnahmenden Unternehmer bliebe und erst zu spät an den Steuer- fiskus abgeführt würde.

Die theoretisch beste Lösung würde darin liegen, dass der Steuerbetrag unmittelbar mit der Vereinnahmung jedes einzelnen Entgelts einginge. Das wäre in der Form denkbar, dass der vereinnahmende Unternehmer jedesmal unmittel- bar mit der Vereinnahmung einen Stempel entwertete. Das würde die Ausstellung eines 'Schriftstücks über den Zahlungsvorgang (Quittung, Kaufzettel, Schlussnote) voraussetzen. Ein solcher Zwang erscheint aber praktisch undurchführbar, ganz abgesehen von den allgemeinen Bedenken, die gegen einen Quittungszwang und die Quittungsverstempelung sprechen und die zuletzt 1916 zur Ablehnung des Entwurfs eines Quittungssteuergesetzes (Drucksache des Reichstags 1916 Nr. 224, Kommissionsbericht daselbst Nr. 321) geführt haben. Für grosse Geschäfte mit geordnetem Kassenverkehre liesse sich wohl an sich die gesonderte steuerliche Behandlung jeder Zahlung denken, obgleich die damit verbundene Belästigung gerade für diese unnötig ist, da die Kontrolle an der Hand der Bücher und periodischer Anmeldungen hier vollständig ausreicht. Für die Unternehmungen kleineren' Umfanges, die mit kleinen Einzeleinnahmen und ohne kaufmännische Buchführung, vielfach ohne fremdes Personal arbeiten, ist die Möglichkeit einer Einhaltung der Vorschriften über eine Verstempelung jedes Zahlungsvorganges nicht gegeben. Es ist nicht vorstellbar, dass jeder Einkauf im Krämerladen, jede Reparatur beim Handwerker, jede Leistung eines Strassenhändlers, jedes Geschäft im Marktverkehr oder gar die Umsätze der Landwirte aller Grossen gerade schrift- lich festgehalten und verstempelt würden. Man darf sich nicht durch die Ver- hältnisse in grösseren Städten, wo viele Geschäfte mit Kaufzetteln und Registrier- kassen arbeiten, beeinflussen lassen, ganz abgesehen davon, dass der lückenlose Gebrauch der Registrierkassen doch noch unkontrollierbar ist. Gerade die Um- sätze der im Kleinhandel tätigen Hunderttausenden von Geschäftsleuten, die ihr Geld Zug um Zug vereinnahmen, bringen aber die grossen Einnahmen, die jetzt auf Grund der Tagesaufzeichnungen der Unternehmer und erforderlichen-

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falls von Schätzungen erfasst werden und immer mehr bei steigender Verbesserung der Veranlagungspraxis erfasst werden können. Der unter Strafe gestellte Zwang der Verstempelung jedes Geschäfts könnte leicht einen Anreiz zur völligen Ver- heimlichung der getätigten Umsätze, zu weiterer Ausbreitung von Schleichhandel und von gegen Barzahlung erfolgenden Gelegenheitsgeschäften führen. Man kann auch in die Kontrolle durch den für die Verstempelung mithaftbar gemachten Käufer kein Vertrauen setzen. Es wäre eine Verkennung der Volkspsychologie, wenn man annehmen wollte, dass das kaufende Publikum dazu drängen würde, bei jedem Verkaufe der täglichen Bedarfsartikel des Steuerfiskus zu gedenken, und nicht vielmehr glauben würde, vorteilhaft zu kaufen, Geld zu sparen, wenn die Verstempelung unterbliebe. Es würde ein Zustand stillschweigender Beihilfe zur Steuerverheimlichung, verbunden mit höchst unerfreulichem Anreiz zur Nötigung durch Denunziationsdrohung entstehen. Tatsächlich besteht auch das Verstempelungssystem für eine so allgemeine Verkehrssteuer, wie die Umsatz- steuer, im Ausland fast nirgends. Frankreich hat die Steuererhebung durch Ver- stempelung, die für Umsätze, im Kleinhandel nach dem Gesetze vom 31. Dezem- ber 1917 (vgl. Drucksachen des Reichstags 1918 zu Nr. 1461) bestand, für den jetzigen impôt sur le chiffre d'affaires nach dem Gesetze vom 25. Juni 1920 (Art. 59-72) nicht beibehalten, ist vielmehr allgemein (auch bei der Luxussteuer) zum Veranlagungssystem übergegangen. Ebenso ist es bei der Umsatz- und Luxussteuer in den übrigen europäischen Ländern. Nur Italien erhebt die Umsatz- und Luxussteuer (Gesetz vom 28. Februar 1920) durch Verstempelung der zwingend vorgeschriebenen Quittung; der Erfolg ist, soweit bekannt geworden, sehr wenig befriedigend. Nicht hierher gehören selbstverständlich die vielfach (in England, Oesterreich, zum Teil auch Frankreich) bestehenden Fixstempel auf Quittungen aller Art, die vom Werte des Umsatzes unabhängig sind, die (freiwillige) Aus- stellung einer Quittung voraussetzen und nur relativ geringfügige Einnahmen bringen können.

Es muss daher von dem Gedanken der Verstempelung, als einer teils über- flüssigen, teils unmöglichen Massnahme abgesehen werden und ein anderer Weg zur Beschleunigung der Steuerabführung gesucht werden. Dieser Weg liegt in der Einführung eines Abzahlungs Verkehrs. Der Entwurf sieht in dieser Beziehung eine Aenderung vor. Er lässt es zwar dabei, dass die Veranlagung bei der all- gemeinen Umsatzsteuer nur einmal am Schlüsse des Kalenderjahres grundsätz- lich stattfindet. Es würde eine unerträgliche Belastung der Steuerbehörden und der Steuerpflichtigen darstellen, wenn man diese Veranlagungen etwa alle Monate oder alle Vierteljahre vornehmen wollte. Es handelt sich ja nicht bloss darum, dass der Steuerpflichtige nach seinen Büchern seine Umsätze zusammenschreibt und die danach errechnete Steuersumme dem Steuerfiskus abführt. Die Praxis hat vielmehr ergeben, dass leider nur in einer verhältnismässig geringen Anzahl von Fällen die Angaben der Steuerpflichtigen unbeanstandet hingenommen werden können. In den meisten Fällen sind Rückfragen, Verhandlungen, Buch- und Betriebsprüfungen bei dem Stande der Steuerunkenntnis und der Steuer- moral unausbleibbar. Dazu kommt, dass für eine ganz ausserordentlich grosse Anzahl von Betrieben leider bisher überhaupt eine buchmässige Kontrolle noch immer nicht zu erreichen gewesen ist. Trotz der Vorschriften des Gesetzes über die Aufzeichnungspflicht haben die meisten kleineren und mittleren Landwirte und sehr viele Handwerker und Kleinhändler Bücher überhaupt nicht oder führen ihre Aufzeichnungen in einer Art, die sie steuerlich unverwendbar machen. In allen solchen Fällen bedarf es der Schätzung nach der Abgabenordnung. Dieser ganzen Arbeit sind die Steuerbehörden nur einmal jährlich gewachsen. Sie können dabei die Arbeit zum Teil im Anschluss an die Einkommensteuerveranlagung bewältigen. Es muss also bei der einmaligen Veranlagung für die allgemeine Umsatzsteuer bleiben. IJs kann aber auf andere Weise für einen schnelleren Steuereingang Sorge getragen Werden, indem auf das Vorauszahlungssystem zurückgegriffen wird, das seinerzeit beim Warenumsatzstempel und bei der Um- satzsteuer nach dem Gesetze vom 26. Juli 1918 bestanden hat. Der Entwurf gestaltet dieses Verfahren nur insofern noch aus, als er die Steuerpflichtigen zu

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vierteljährlichen Voranmeldungen verpflichtet, die also die tatsächlichen Umsätze des verflossenen Vierteljahrs enthalten sollen. Im übrigen wird versucht werden müssen, in grösserem Umfang als bisher eine Mitwirkung der Fachverbände und Berufsvertretungen bei der Veranlagung und der Ueberwachung der Steuer- pflichtigen herbeizuführen. § 191 der Reichsabgabenordnung gibt hierfür An- sätze. Es wird sich fragen, ob im Laufe der Zeit der Gedanke der berufsständischen Selbstverwaltung nicht noch weiterer Entwicklung fähig ist.

V. Das Umsatzsteuergesetz enthält ausser der allgemeinen Umsatzsteuer bekanntlich eine Reihe von Sondersteuerarten. Unter diesen spielt die Luxus- steuer (§§ 15 ff.) eine besonders grosse Rolle. Seit einigen Monaten ist eine umfangreiche Propaganda zur völligen Beseitigung der Luxussteuer eingeleitet Worden, und es ist anzunehmen, dass bei Gelegenheit der Beratung des vorliegenden Entwurfs erneut diese Frage zur Erörterung gestellt Werden wird. Bei der Prüfung der Frage Werden selbstverständlich nur sachliche Gesichtspunkte Beachtung finden können; die Uebertreibungen der organisierten Gegnerschaft müssen un- beachtet bleiben. Auf der anderen Seite muss zugegeben werden, dass sich bei der Durchführung der Luxussteuer in nicht geringem Umfang Schwierigkeiten ergeben haben, und dass im einzelnen Unklarheiten und Härten nicht ausgeblieben sind. Es ist aber in Betracht zu ziehen, dass die Durchführung der Luxussteuer unter dem späten Zustandekommen des Umsatzsteuergesetzes, das erst kurz vor seinem Inkrafttreten verabschiedet worden ist, stark gelitten hat, und dass infolgedessen Uebergangsschwierigkeiten erst während der Geltung des Gesetzes allmählich überwunden werden konnten und auch jetzt noch zum Teil nicht voll überwunden worden sind. Es ist bereits gelegentlich der Beantwortung der kleinen Anfrage Nr. 819 (Drucksache Nr. 208 von 1921) in der Sitzung vom 14. Juni 1921 (Stenographische Berichte S. 3838) darauf hingewiesen worden, dass die Auswahl der Luxusgegenstände grosse Schwierigkeiten bereitete, einmal wegen des subjektiven Begriffs des Luxus überhaupt und weiter auch wegen der oft stark widersprechenden und von Interessen bedingten Stellungnahme der einzelnen untereinander keineswegs einigen Industriezweige. Die Reichsfinanz - Verwaltung ist aber im Vereine mit dem Reichsrat und den in ihm vertretenen Landesregierungen fortdauernd bemüht gewesen, schädliche Folgen, die sich für einen einzelnen Industriezweig zeigten, durch Aenderungen der zunächst erlassenen Ausführungsbestimmungen vom 12. Juni 19*20 (Zentralblatt für das Deutsche Reich S. 937) zu beseitigen. Es ist das insbesondere durch zwei um- fängliche Abänderungsverordnungen vom 3. Dezember 1920 und 10. März 1921 (Zentralblatt für das Deutsche Reich 1920 S. 1549, 1921 S. 187) und ausserdem durch zahlreiche im Reichssteuer blatte veröffentlichte Einzelerlasse geschehen. Es kann nicht bestritten Werden, dass auch jetzt noch Klagen bestehen, und es Wird weiterer Bemühungen bedürfen, um diesen Klagen, soweit angängig, ab- zuhelfen. Die Reichsregierung ist aber der Auffassung, dass man sich durch die vorhandenen Schwierigkeiten nicht dazu bestimmen lassen dürfe, die Luxussteuer überhaupt als schädlich abzulehnen und die in der Durchführung begriffenen Vorschriften und Bestimmungen wieder zu beseitigen. Der Grund der Luxus - Steuer, der bei ihrer Einführung 1918 und ihrer Ausgestaltung 1919 massgebend gewesen ist, spricht auch heute noch für ihre Beibehaltung. Es ist ein durchaus sozial gesunder Gedanke, dass eine Verbrauchsbelastung von dem Umfang, wie es die allgemeine Umsatzsteuer darstellt, einen gewissen Ausgleich finden muss durch Vorbelastung desjenigen Bedarfs, der im Wesentlichen nur für die be- mittelteren Kreise oder für die über ihre notwendigen Bedürfnisse hinaus zu Ausgaben geneigten Personen besteht. Es handelt sich dabei um einen Gedanken, der in der Stimmung und der Auffassung aller Völker nach dem Kriege hervor- getreten ist. In fast allen Staaten, die Deutschland umgeben, und auch in den Vereinigten Staaten von Amerika hat man dieser berechtigten Auffassung durch die während und nach dem Kriege erfolgten Einführung von Luxussteuern Rech- nung getragen. Nur England, wo ein Entwurf nicht verabschiedet worden ist, macht davon eine Ausnahme. In allen diesen Ländern sind, wie sich aus den Parlamentsberichten und aus der Tagespresse ergibt, Schwierigkeiten bei der

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Durchführung aufgetreten, die im wesentlichen die gleichen sind wie in Deutsch- land. Trotzdem haben alle diese Länder den Versuchen der Interessenten, die Luxussteuer zu beseitigen, Widerstand geleistet; erst jüngst hat das französische Parlament bei Abänderung einiger Vorschriften der dort geltenden Umsatzsteuer sich ausdrücklich für die Notwendigkeit, die Luxussteuer beizubehalten, aus- gesprochen. Der gegenwärtige Zeitpunkt, in dem Deutschland besonders harte Lasten zu übernehmen genötigt worden ist, erscheint denkbar ungeeignet, um eine vorhandene Luxussteuer zu beseitigen. Es würde nicht nur im deutschen Volke, sondern auch in dem die deutsche Lebensführung aufmerksam verfolgenden Ausland nicht wohl verstanden werden, wenn gerade Deutschland den Versuch, den Bedarf an hochwertigen hauswirtschaftlichen Gegenständen vorzubelasten, einstellen Würde. Danach wird das Problem der Luxussteuer auf die Frage zu beschränken sein, was geschehen könnte, um die Fehler und Ungleichmässigkeiten, die sich bei der jetzigen Art der Durchführung rinden, zu mildern. Das geltende System krankt daran, das s man es versucht hat, den Begriff des Luxus im Wege der Spezialisierung und Differenzierung zu bestimmen. Die hierdurch entstehende Kasuistik wirkt vielfach ungerecht; sie hemmt und gefährdet die wirtschaftliche und technische Entwicklung der deutschen Produktion in erheblichem Masse. In vielen Fällen besteht die Gefahr, dass sich die Produktion lediglich mit Rück- sicht auf die Luxussteuer derart umstellt, dass ihre Produkte nunmehr nicht unter die Luxussteuer fallen. Hierdurch entsteht viel unnützer Kraftaufwand und oft ein weniger wirtschaftliches Arbeitsergebnis. Bei der Vielheit der Einzel- bestimmungen sind zahlreiche Steuerpflichtige und auch Steuerbehörden über den Umfang der Steuerpflicht im Unklaren. Ein Umbau der Luxussteuer ist daher erforderlich. Dabei wird für fest umrissene Gruppen von Gegenständen unter tunlichstem Verzicht auf Spezialisierung über die Luxussteuerpflicht klar und eindeutig zu entscheiden sein. Es wird unter Umständen in Kauf genommen werden müssen, die Luxussteuer da ganz zu beseitigen, Wo auch auf dem neuen Wege die Nachteile des bisherigen Systems nicht vermieden werden können. Für eine derartige Arbeit ist es erforderlich, die Befugnisse der Reichsregierring möglichst weit zu gestalten. Dieser Aufgabe sucht die neue Fassung des § 16 gerecht zu Werden, die im Einvernehmen mit dem vorläufigen Reichswirtschafts- rate gefunden worden ist. Sie hebt die bisherigen Beschränkungen auf. Weder soll es auf die wirtschaftliche Verwendung der Gegenstände ankommen, noch darauf, ob die Ausdehnung der Luxussteuer zur Herbeiführung einer gleich- massigen Belastung geboten erscheint, noch, ob der Gegenstand als Zubehör eines erhöht steuerpflichtigen Gegenstandes anzusehen ist. Damit nicht im einzelnen Falle die Bestimmung des wirtschaftlich Richtigen durch rechtliche Schranken beeinträchtigt wird, erschien es ferner erwünscht, die Delegation noch in einer Beziehung zu erweitern. Im Gegensatze zu dem Entwürfe, der der National- versammlung vorlag, enthält die schliesslich verabschiedete Luxussteuerliste des § 15 im Wesentlichen nur Fertigfabrikate. Es ist danach, von einzelnen Ausnahmen abgesehen, nicht möglich, die Luxussteuer in die Wii tschaftsstufe des Vorprodukts, etwa des Halberzeugnisses letzter Ordnung, zurückzuverlegen. Eine solche Zurück- verlegung kann aber von grossem praktischen Werte für einzelne Industriegruppen sein. Schon bisher sind die Ausführungsbestimmungen in einigen Fällen dazu übergegangen, im Einvernehmen mit den beteiligten Industriezweigen Halb- erzeugnisse an Stelle der Fertigerzeugnisse als luxussteuerpfiichtig zu erklären; so wird ζ. Β. das geblasene oder gegossene Spiegelglas und nicht der fertige Spiegel oder die fertige Spiegelscheibe besteuert, ist unter Umständen nicht der Bilder- rahmen, sondern die Bilderleiste luxussteuerpflichtig; bei Teppichen ist die Steuer auch auf die Meterware ausgedehnt usw. Es ist denkbar, dass hier weitere Möglich- keiten sich zeigen, insbesondere bei der Textilindustrie, wo die jetzige Besteuerung der fertigkonfektionierten Ware alle die Fälle unbesteuert lässt, in denen die Haus- frau die Meterstoffe selbst im Geschäfte kauft, die erforderlichen Zutaten an Spitzen, Stickereien, Futterstoffen, Bändern usw. ersteht und in eigener Arbeit und mit Hilfe der von ihr beauftragten Schneiderin das hochwertigste Luxus- kleid unversteuert herstellen kann.

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QQ Deutsches Umsatzsteuergesetz nebst Begründung.

Da die Delegation dem Reichsrat erteilt ist und in diesem die Landesregie- rungen die Entscheidung beeinflussen, da ferner vor Erlass der Bestimmungen ein vom Reichswirtschaftsrat eingesetzter sachverständiger Ausschuse sich gut- achtlich zu äussern hat, ist sichergestellt, dass nur Wege beschritten werden, die wirtschaftlich als gangbar betrachtet werden können. Die Bestimmungen werden, ebenso wie die bisherigen Ausführungsbestimmungen, dem Reichstag vorgelegt werden.

VI. Bei der Kritik der Luxussteuer ist vielfach darauf hingewiesen worden, dass sie an bestimmten Arten des Luxus vorübergehe, und zwar gerade an solchen, wo sich besonders zudringlicher Aufwand breit mache. Es ist nicht mit Unrecht hervorgehoben worden, dass nicht nur in Berlin, sondern auch in anderen deutschen Grossstädten bis herab zu vielen Mittelstädten das Treiben in den Luxus- wirtschaften aller Art höchst unerwünschte und unschöne Formen an- genommen habe. Es wird auf die oft ausserordentlich hohen Preise hingewiesen, die für Speisen und Getränke in den besseren Hotels und Luxusgaststädten ein- schliesslich der Bars und der sogenannten Dielen gefordert und anstandslos bezahlt werden. Es kann zugegeben werden, dass diese Preise zum Teil den überaus hohen Spesen der Geschäfte entsprechen, aber es erscheint als ein durchaus sozial berechtigter und gesunder Gedanke, diejenigen, die in der Lage sind, im Gegen- satze zu breiten schwer notleidenden Teilen der minderbemittelten Bevölkerung und des in seiner Lebenshaltung herabgedrückten Mittelstandes, diese Gast- stätten zu besuchen, durch eine Steuer auf die gewährte Beköstigung vorzu- belasten. Auch hier handelt es sich um einen Gedanken, der in gleicher Weise im Ausland aufgetaucht ist und insbesondere in Frankreich und Italien zu hoher Besteuerung der Schank- und Speisewirtschaften nach ihrem Umsatz geführt hat. Die Art der Durchführung ist in den beiden Staaten im wesentlichen in der gleichen Form erfolgt, wie es der Entwurf vorsieht. Bei der engen Verknüpfung derartiger Gaststätten mit den örtlichen Verhältnissen empfiehlt es sich, den Gemeinden eine möglichst weite Mitwirkung dabei einzuräumen, der auf der anderen Seite ihre starke Beteiligung am Ertrage (vgl. Art. 2 des Entwurfs) und ihre Befugnis zu einer Erhöhung der Sätze (vgl. daselbst) entsprechen soll. Der Anteil der Länder bleibt unberührt1).

VII. Uebersicht über das Aufkommen an Umsatzsteuer in der Fassung des Entwurfs.

Es ist bereits zu Beginn der Begründung erwähnt worden, dass das Auf- kommen an Umsatzsteuer nach dem gegenwärtigen Umfang des Gesetzes schon jetzt auf etwa 9 Milliarden angenommen werden kann. Es ist zweifellos, dass sich eine grosse Menge von Umsätzen noch der Besteuerung entzieht. Vor allem ist es noch nicht voll gelungen, die grossen Umsätze der Landwirtschaft restlos zu erfassen. Wenn der Verwaltungsapparat sich allmählich besser eingespielt hat, die Organisation zur Ruhe gekommen ist, ein fester Stamm von Beamten sich mit der Umsatzsteuer beschäftigt, der Zusammenhang mit der Einkommensteuer völlig ausgenutzt ist und die Buch- und Betriebsführung ihre Aufgaben erfüllt, so kann damit gerechnet werden, dass das Aufkommen noch sehr erheblich zu- nimmt. Eis erscheint danach nicht zu optimistisch, von einem Aufkommen von 11 Milliarden für den Beharrungszustand auszugehen. Zu diesen 11 Milliarden würden die Umsätze nach der Einfuhr und die Umsätze ins Ausland treten, die bisher frei sind. Sie sind mindestens auf 100 Milliarden zu bemessen (vgl. II 3 Abs. 2), was bei dem jetzigen Steuersatze von 1,5 v. H. rund 1,5 Milliarden M. ausmacht. Es kann danach von 12,5 Milliarden M. ausgegangen werden, um zu berechnen, welches Aufkommen bei einer Erhöhung der Steuer auf 2% ν. Η. anzunehmen ist. Die Umrechnung ergibt 20,85 Milliarden M. Hierzu treten noch die Sondersteuern, die bei dieser Aufstellung noch nicht berücksichtigt sind. Da die Statistiken über das Aufkommen dieser erhöhten Umsatzsteuern, insbesondere der Luxussteuer, noch nicht abgeschlossen vorliegen, so lässt sich noch kein klares

!) Die vorgeschlagene Erhöhung der Umsatzsteuer auf 5 u. 10°|0 bei Luxusgaststätten hat im Reichstag nicht Annahme gefunden.

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Deutsches Umsatzsteuergesetz nebst Begründung. gj

Bild über deren Wirkung geben. Die Zahlen der laufenden Veranlagungsperiode sind auch kaum von ausschlaggebender Bedeutung, da die Luxussteuer im Vor- jahr erst von der zweiten Hälfte an in weiterem Umfang durchgeführt worden ist und noch sehr stark unter den Einführungsschwierigkeiten gelitten hat. Immer- hin lässt sich daraus, dass an Luxussteuer bisher nahe an 500 Millionen M. ein- gegangen sind, der Schluss ziehen, dass die Luxussteuer bei voller Durchführung und insbesondere mit den vorgeschlagenen Verbesserungen mehr als 3/4 Milliarde M. bringt. Dazu kommen die anderen Sondersteuerarten und insbesondere auch die neu vorgeschlagene Steuer auf Luxusgaststätten1). Schätzungen sind hier ziem- lich schwierig. Es wird genügen für das Gesamtaufkommen an Umsatzsteuer mit allen Sondersteuerarten den Betrag von mindestens 21,6 Milliarden M. bei dieser Form der Ertragsermittlung anzunehmen.

Es erscheint nun aber geboten, diese Ertragsermittlung, die im wesentlichen von den bisherigen Veranlagungsergebnissen ausgeht, noch zu ergänzen durch eine Berechnung vom Standpunkt der Wirtschaftsstatistik. Es lässt sich danach etwa folgendes entwickeln, wobei man sich darüber klar sein muss, dass die Un- vollkommenheit der Wirtschaftsstatistik und die Unsicherheit der wirtschaft- lichen Verhältnisse sichere Berechnungen völlig ausschliessen. Vor dem Kriege ist angenommen worden, dass der Gesamtwert der deutschen Produktion (In- dustrie und Landwirtschaft) auf 32 Milliarden M. zu bemessen sei. Es handelt sich hierbei um einen Wert, dem Grosshandelspreise (also die Preise, die der Klein- händler anzulegen hat) im wesentlichen zugrunde liegen. Diese 32 Milliarden M. sind Goldmark. Die Produktion hat sich nun zweifellos infolge der Abtretung verschiedener Gebietsteile und infolge starker Rückgänge in der landwirtschaft- lichen Produktion sowohl wie in der Leistungsfähigkeit der industriellen Betriebe stark vermindert. In den Kreisen der wirtschaftswissenschaftlichen Sachver- ständigen wird die Verminderung auf etwa 20 Milliarden Goldmark angenommen. Diese 20 Milliarden Goldmark müssen nun auf den Stand der entwerteten Kauf- kraft unserer Mark gebracht werden. Da nur der kleinere Teil unserer Produktion auf den Weltmarkt kommt, ist nicht von dem Stande unserer Valuta im Ver- hältnis zu den valutastarken Geldsorten auszugehen, sondern es kommt im wesent- lichen auf die Kaufkraft der Mark in der inneren Wirtschaft an. Man mag sie auf 1/12 des Friedenswerts annehmen. Bei Multiplikation mit 12 ergeben sich rund 240 Milliarden M. Da diese 240 Milliarden im Durchschnitt als Grosshandels- preis zu betrachten sind, so bedarf es, um den Kleinhandelspreis zu erreichen, einer weiteren Erhöhung. Dabei ist allerdings davon auszugehen, dass keines- wegs alle Güter, die in diesem Betrag enthalten sind, zum Kleinhandel gelangen, dass vielmehr ein grosser Betrag (etwa 70 Milliarden) ausgeführt und ein weiterer Betrag auf industrielle Bedarfsartikel (Maschinen, Handwerkszeug usw.) und auf Baumaterialien entfällt. Es dürfte danach eine Erhöhung auf 300 Milliarden M. genügen, um den Wert der Umsätze letzter Hand zu bemessen. Die Umsätze letzter Hand ergeben danach bei 2,5 v. H. eine Steuer von 7,5 Milliarden M. Dazu kommen die Grosshandelsumsätze, die man mit einem bestimmten Abzug für umsatzsteuerfreie Umsätze auf 220 Milliarden gleich 5,5 Milliarden M. Steuer ansetzen kann. Nimmt man ferner an, dass, zurückschreitend bis zur Produktion oder Einfuhr des Rohstoffs, weitere vier Umsätze mindestens vorliegen, und dass die Umsatz werte für diese sich auf 175 Milliarden, 150 Milliarden, 100 Milliarden und 50 Milliarden bemessen, so ergeben sich weitere 11,38 Milliarden Steuern. Das würden zusammen 24,88 Milliarden M. Umsatzsteuer sein, Wozu dann noch die erhöhten Umsatzsteuern hinzutreten.

Die beiden Schätzungen, die aufgestellt wurden, weichen also um über 3 Milliarden voneinander ab. Es ist selbstverständlich schwer zu übersehen, welche Schätzung die richtige sein mag. Vor allem ist denkbar, dass sich die bei der wirtschaftswissenschaftlichen Schätzung aufgestellten Werte im einzelnen sehr stark verschieben; es ist aber auch denkbar, dass die Steuerreserve, die noch in

*) Die vorgeschlagene Erhöhung der Umsatzsteuer auf 5 u. 10 o/o bei Luxusgaststätten bat im Reichstag nicht Annahme gefunden.

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der Umsatzsteuer steckt, erheblicher ist, als bei der steuertechnischen Schätzung angenommen wurde. Jedenfalls kann man annehmen, dass sich das Gesamt- aufkommen der nach dem Entwurf ausgestalteten Umsatzsteuer in der Grössen- ordnung von 21 bis 25 Milliarden bewegen wird. Ueber die Erörterungen im vorläufigen Reichswirtschaftsrate gibt der Bericht des vom Reparationsausschuss des Reichswirtschaftsrats eingesetzten Unterausschusses zur Beratung des Gesetz- entwurfs Aufschluss.

VIII. Begründung im einzelnen. Zu Artikel 1 Nr. 5 (§ 19a des Ges.).

Während bei der allgemeinen Umsatzsteuer sich ein Vergütungsverfahren bei der Ausfuhr mit Rücksicht auf die Neufassung des § 2 Nr. 1 (zu Art. 1 Nr. 1 b) erübrigt, bedarf es nach wie vor bei Luxuswaren einer Vergütung an den Ausfuhr- händler. Der Fabrikant des Luxusgegenstandes, der nicht unmittelbar ausführt, sondern die Ware einem inländischen Händler verkauft, hat die Luxussteuer zu entrichten, sie ist also in seinem Preise einkalkuliert. Führt der Händler aus, so würde er mit einem Einstandspreise rechnen müssen, der ihn infolge der darin enthaltenen Luxuss teuer im Ausland konkurrenzunfähig machen kann. Um das zu vermeiden, sieht § 19 a eine Vergütung vor.

Zu Artikel 1 Nr. 6 (§ 20 Nr. 4 und § 24 Abs. 3 des Ges.). Die Vergütung an Gewerbetreibende, die Automobile und sonstige Kutsch-

wagen haben, führt dazu, dass diese Gegenstände fast sämtlich der Luxussteuer entgehen. Es hat sich herausgestellt, dass Automobile kaum je als Privatfahrzeuge geführt Werden, sondern dass stets der Nachweis erbracht werden kann, dass sie dem Geschäfte des Käufers dienen. Trotzdem zeigt das Strassenbild die nicht geringe Verwendung des Automobils für Vergnügungszwecke. Die Luxussteuer auf Automobile und Kutschwagen bleibt ein Fehlschlag, solange der Vergütungs- anspruch besteht. Es wird daher vorgeschlagen, ihn aufzuheben.

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