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Deutsches Reichsgesetz über die gegenseitigen Besteuernngsrechte des Reichs, der Länder und der...

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Deutsches Reichsgesetz über die gegenseitigen Besteuernngsrechte des Reichs, der Länder und der Gemeinden. Vom 10. August 1925 Source: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, 43. Jahrg., H. 2 (1926), pp. 140-153 Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KG Stable URL: http://www.jstor.org/stable/40907610 . Accessed: 12/06/2014 16:03 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to FinanzArchiv / Public Finance Analysis. http://www.jstor.org This content downloaded from 62.122.76.62 on Thu, 12 Jun 2014 16:03:06 PM All use subject to JSTOR Terms and Conditions
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Deutsches Reichsgesetz über die gegenseitigen Besteuernngsrechte des Reichs, der Länder undder Gemeinden. Vom 10. August 1925Source: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, 43. Jahrg., H. 2 (1926), pp. 140-153Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KGStable URL: http://www.jstor.org/stable/40907610 .

Accessed: 12/06/2014 16:03

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Deutsches Reichsgesetz über die gegenseitigen Besteuernngsrechte des Reichs, der Länder und der Gemeinden. Vom 10. August 1925.

(R.G.Bl. 1925 I, Nr. 39, S. 252.)

§ 1.

(*) Das Reich hat den Ländern und den Gemeinden (Gemeindeverbänden), die Länder und die Gemeinden ( Gemeindeverbände) haben dem Reich für die Be- nützung ihrer im öffentlichen Interesse unterhaltenen Veranstaltungen sowie für die Handlungen ihrer Behörden die allgemein festgesetzten Gebühren zu ent- richten, es sei denn, dass die Handlungen der Behörden in Ausübung einer öffent- lichen Gewalt veranlasst und vorgenommen werden. Die Gebührenpflicht tritt nicht ein, wenn durch Gesetz, Satzung oder Vertrag Gebührenfreiheit begründet ist. Der Anspruch der Deutschen Reichspost auf die ihr zustehenden Gebühren bleibt unberührt.

(2) Das Reich ist von allen Gerichtsgebühren, die Länder sind von den Ge- bühren in dem Verfahren vor den Gerichten des Reichs befreit.

§2.

(*) Das Reich hat den Ländern und den Gemeinden (Gemeindeverbänden), die Länder und die Gemeinden ( Gemeinde ver bände) haben dem Reiche die Bei- träge zu entrichten, die zur Deckung der Kosten für die Herstellung und Unter- haltung der durch das öffentliche Interesse erforderten Veranstaltungen von den Grundeigentümern und Gewerbetreibenden erhoben werden, denen hierdurch be- sondere wirtschaftliche Vorteile erwachsen. Zu diesen Beiträgen gehören ins- besondere Strassenbaubeiträge.

(2) Die Deutsche Reichspost kann nur als Grundeigentümerin zu Beiträgen herangezogen werden. Sie kann ferner zu Beiträgen (Vorausleistungen) zur Deckung von Kosten für eine aussergewöhnliche Abnutzung der Wege (§ 12 Satz 5 des Finanzausgleichsgesetzes) herangezogen werden; diese Beiträge dürfen jedoch nur für Fahrten, die der entgeltlichen Personenbeförderung dienen, erhoben werden und dürfen für die übrigen Benutzer der Wege nicht günstiger sein.

§ 3.

Das Reich, die Länder und die Gemeinden ( Gemeinde ver bände) sind körper- schaftssteuerpflichtig und vermögensteuerpflichtig nach Massgabe der Vorschriften des Körperschaftssteuergesetzes und des Vermögensteuergesetzes.

§4. (*) Die Länder und die Gemeinden ( Gemeinde ver bände) können das Reich

zu ihren Grund- und Gebäudesteuern heranziehen, sofern es sich nicht um Grund- stücke handelt, die zu einem öffentlichen Dienste oder Gebrauche bestimmt sind. Den Grund- und Gebäudesteuern stehen die Steuern gleich, die dem Geldent- wertungsausgleich bei bebauten Grundstücken dienen.

(2) Soweit Grundstücke des Reichs Wohnzwecken dienen, sind sie nicht als zu einem öffentlichen Dienste oder Gebrauche bestimmt anzusehen. Dies gilt nicht für Kasernenquartiere der Wehrmacht, für Bereitschaftsräume der Schutzpolizei und des Reichswasser Schutzes sowie für mit den Kasernenquartieren und den Be-

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reitschaftsräumen zusammenhängende oder in ihrer Nähe gelegene Wohnungen, die Angehörigen der Wehrmacht, der Schutzpolizei oder des Reichswasserschutzes im dienstlichen Interesse zugewiesen worden sind. Die Vorschriften des Gesetzes, betreffend die Besteuerung der Dienstwohnungen der Reichsbeamten, vom 16. Juni 1920 (R.G.B1. 1 S. 517), bleiben unberührt.

(3) Zu den Grund- und Gebäudesteuern der Gemeinden ( Gemeinde verbände) kann auch die Reichsbahngesellschaft mit den zum Reichseisenbahn ver mögen ge- hörigen Grundstücken herangezogen werden, jedoch in den einzelnen Ländern nur in dem Umfang, in dem das Unternehmen „Deutsche Reichsbahn" am 12. Fe- bruar 1924 diesen Steuern unterworfen war. Von den Grund- und Gebäudesteuern der Länder sowie von den Steuern, die dem Geldent Wertungsausgleich bei Grund- stücken dienen, sind die zum Reichseisenbahn vermögen gehörigen Grundstücke befreit.

§ 5. Die Länder und die Gemeinden (Gemeinde ver bände) können zu ihren Ge-

werbesteuern nur die Betriebe und Verwaltungen des Reichs heranziehen, die nach den Vorschriften des Körperschaftssteuergesetzes körperschaftssteuerpflichtig sind.

§ 6.

(*) Das Reich kann die Länder und die Gemeinden (Gemeindeverbände), die Länder und die Gemeinden (Gemeindeverbände) können das Reich zu Ver- kehrssteuern heranziehen, jedoch nur insoweit, als die Behörden mit den Hand- lungen, die den Anlass der Besteuerung bilden, nicht eine ihnen anvertraute öffentliche Gewalt ausüben. Diese Voraussetzung ist bei dem gesamten Verkehr der Deutschen Reichspost gegeben.

(2) Das Reich kann die Länder und die Gemeinden (Gemeindeverbände) in keinem weiteren Umfang zu Verkehrssteuern heranziehen, als das Reich ihnen unterliegt ; in den einzelnen Ländern kann das Reich in keinem weiteren Umfang zu Verkehrssteuern herangezogen werden, als das Land ihnen unterliegt.

(3) Die Vorschrift des Abs. 1 Satz 2 steht der Heranziehung der Deutschen Reichspost zu den Abgaben der Länder und der Gemeinden (Gemeindeverbände) nicht entgegen, die ganz oder zum Teil für die Unterhaltung der öffentlichen Wege verwendet werden; diese Abgaben dürfen nicht für Fahrten erhoben werden, die lediglich der Postsachenbeförderung dienen1).

(4) Die besonderen Befreiungs Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes bleiben unberührt1).

§7. Die Vorschriften des § 6 finden auf die Heranziehung der Länder und der

Gemeinden (Gemeinde ver bände) zu Verbrauchssteuern des Reichs und auf die Heranziehung des Reichs zu Verbrauchssteuern der Länder und der Gemeinden (Gemeinde verbände) entsprechende Anwendung.

§8.

(x) Die Reichsbetriebe, die der Ausübung der öffentlichen Gewalt dienen einschliesslich der Deutschen Reichspost und der Monopolverwaltungen des Reichs sowie die Bahnhöfe, Werkstätten und ähnlichen Einrichtungen der Reichsbahn- gesellschaft haben auf Anforderung den Wohngemeinden ihrer Arbeitnehmer Zu- schüsse zu deren Verwaltungsaufwand nach Massgabe der §§9, 10 zu leisten.

(2) Wohngemeinden im Sinne dieser Vorschriften sind Gemeinden, in denen am Tage der letzten allgemeinen Personenstandsaufnahme Arbeitnehmer (Beamte, Angestellte, Arbeiter), die in den im Abs. 1 bezeichneten Betrieben und Verwal- tungen beschäftigt waren, ihren Wohnsitz oder in Ermangelung eines inländischen Wohnsitzes ihren gewöhnlichen Aufenthalt gehabt und mit ihren Haushaltungs- angehörigen mehr als 5 v. H. der Zivilbevölkerung ausgemacht haben. Als letzte

x) Abs. 3 u. 4 waren im Gesetzentwurf nicht enthalben. 491

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allgemeine Personenstandsaufnahme gilt die Personenstandsaufnahme, die dem Rechnungsjahre der Wohngemeinde vorausgegangen ist, für das der Zuschuss angefordert wird.

(3) Den Gemeinden im Sinne dieser Vorschriften stehen die selbständigen Gutsbezirke gleich.

§9-

(*) Die Zuschüsse werden nur zu den fortdauernden Ausgaben der Wohn- gemeinden für allgemeine Verwaltungszwecke, Volksschulwesen, Wohlfahrtspflege, Wohnungsbau und bauliche Unterhaltung der öffentlichen Strassen, Wege und Plätze geleistet. Zu diesen fortdauernden Ausgaben gehören auch die Verzinsungs- und Tilgungsraten von Anleihen, die ausschliesslich zu einmaligen Ausgaben für die im Satz 1 bezeichneten Verwaltungszwecke verwendet worden sind.

(2) Der Berechnung der Zuschüsse werden die im Abs. 1 bezeichneten Ver- waltungsausgaben der Wohngemeinden in dem Rechnungsjahre zugrunde gelegt, das dem Rechnungsjahre vorausgegangen ist, für das die Zuschüsse angefordert werden. Diese Verwaltungsausgaben werden gleichmässig auf den Kopf der Be- völkerung nach dem Stande der letzten allgemeinen Personenstandsaufnahme ver- teilt; von dem Teile, der dabei auf die in den Betrieben und Verwaltungen be- schäftigten Arbeitnehmer und deren Haushaltungsangehörigen entfällt, wird ein der Zahl dieser Arbeitnehmer entsprechendes Vielfaches des Betrags abgezogen, der in der Beschäftigungsgemeinde (§ 23 des Gesetzes über Aenderungen des Finanzausgleichs zwischen Reich, Ländern und Gemeinden) als Gemeindeanteil an der durch Steuerabzug vom Arbeitslohn erhobenen Einkommensteuer im voraus- gegangenen Rechnungsjahr durchschnittlich auf den Kopf des einzelnen in der Gemeinde beschäftigten Arbeitnehmers abgeführt worden ist. Der Zuschuss be- läuft sich

auf 30 v. H. des sich ergebenden Betrags, wenn die Arbeitnehmer mit ihren Haushaltungsangehörigen nicht mehr als 20 v. H.,

auf 50 v. H. des sich ergebenden Betrags, wenn die Arbeitnehmer mit ihren Haushaltungsangehörigen mehr als 20 v. H., jedoch nicht mehr als 40 v. H.,

auf 70 v. H. des sich ergebenden Betrags, wenn die Arbeitnehmer mit ihren Haushaltungsangehörigen mehr als 40 v. H., jedoch nicht mehr als 60 v. H.,

auf 90 v. H. des sich ergebenden Betrags, wenn die Arbeitnehmer mit ihren Haushaltungsangehörigen mehr als 60 v. H. der Bevölkerung ausgemacht haben.

(3) Soweit Ausgaben der im Abs. 1 bezeichneten Art von dem Gemeinde- verband, zu dem die Wohngemeinde gehört, übernommen worden sind, können sie der Zuschussberechnung in der Höhe zugrunde gelegt werden, in der sie ohne die Uebernahme der Wohngemeinde zur Last fallen würden. Die Wohngemeinde hat den hiernach auf den Gemeindeverband entfallenden Anteil an den Zuschüssen an diesen abzuführen.

(4) Beihilfen, die zuschussberechtigte Gemeinden auf Grund von Verträgen aus Reichsmitteln zu ihrem Verwaltungsaufwand erhalten, sind auf die Zuschüsse anzurechnen.

§ 10.

(1) Die Zuschussanforderungen müssen den in Anspruch genommenen Be- trieben und Verwaltungen bis zum Ablauf des Rechnungsjahrs zugestellt worden sein, für das sie geltend gemacht werden.

(2) Für die Verwaltung der Zuschüsse und das Rechtsmittelverfahren gelten dieselben Vorschriften wie für Reichssteuern. Die Geschäfte der Finanzämter wer- den von den nach Landesrecht für die Festsetzung von Gemeindeabgaben zustän- digen Behörden wahrgenommen; bei Zweifeln über die Zuständigkeit entscheidet die Landesregierung. In dem weiteren Verfahren ( Beruf ungs verfahr en) treten an die Stelle der Finanzgerichte die nach Landesrecht zuständigen Verwaltungs- behörden oder Verwaltungsgerichte, sofern sie zur tatsächlichen Nachprüfung berufen sind. In letzter Instanz entscheidet der Reichsfinanzhof.

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(3) Der Reichsminister der Finanzen wird ermächtigt, mit Zustimmung des Reichsrats nähere Bestimmungen über die Berechnung der Zuschüsse zu erlassen.

§ H. Die Ausführungsbestimmungen zu diesem Gesetz erlässt der Reichsminister

der Finanzen mit Zustimmung des Reichsrats.

§ 12. Die Berechnung der Zuschüsse, die gemäss den §§ 8 - 10 für Rechnungsjahre

angefordert werden, die in den Kalenderjahren 1925, 1926 und 19271) beginnen, erfolgt in der Weise, dass von den Verwaltungsausgaben, die nach § 9 Abs. 2 auf die in den Betrieben und Verwaltungen beschäftigten Arbeitnehmer und deren Haushaltungsangehörigen entfallen, ein der Zahl dieser Arbeitnehmer entsprechen- des Vielfaches des landesrechtlich festgesetzten Gemeindeanteils an dem Ein- kommensteuerlohnabzug abgezogen wird, den die Zuschusspflichtigen Betriebe und Verwaltungen im vorausgegangenen Rechnungsjahr durchschnittlich auf den Kopf ihrer Arbeitnehmer abgeführt haben.

§ 13. Das Reichsbesteuerungsgesetz vom 15. April 19112) (R.G.B1. S. 187) wird

aufgehoben. § 14.

Die Vorschriften der §§ 8 u. 9 dieses Gesetzes treten mit Wirkung vom 1. April 1925 an die Stelle des § 6 des Reichsbesteuerungsgesetzes, im übrigen tritt das Gesetz mit dem 1. Oktober 1925 in Kraft. Die vor diesen Zeitpunkten nach dem Reichsbesteuerungsgesetz begründeten Ansprüche und Befreiungen bleiben jedoch unberührt, anhängige Verfahren sind nach den bisherigen Vorschriften durchzuführen.

Begründung zum Gesetzentwurf vom 23. April 1925 3).

A. Im allgemeinen. I. Das Reichsbesteuerungsgesetz.

In dem heute noch geltenden Reichsbesteuerungsgesetz vom 15. April 191 14) (R.G.B1. S. 187) hat der Reichsgesetzgeber Grundsätze über die Besteuerung des Reichs durch Länder und Gemeinden (Gemeinde verbände) aufgestellt. Der Grund- gedanke dieses Gesetzes ist der : das Reich ist der die Gliedstaaten zur politischen Einheit zusammenfassende Gesamtstaat; mit dieser staatsrechtlichen Stellung des Reichs wäre es unvereinbar, wenn es den Gliedstaaten überliesse, Umfang und Mass seiner Besteuerung zu bestimmen, und dadurch die Möglichkeit seiner un- gleichmässigen steuerlichen Inanspruchnahme in den einzelnen Gliedstaaten be- stehen Hesse (vgl. Entwurf eines Reichsbesteuerungsgesetzes in Verhandlungen des Reichstags 12. Leg.-Per. II. Session Nr. 310). Von der Auffassung ausgehend, dass die Besteuerung des Reichs durch die Gliedstaaten und ihre Gemeinden (Ge- meindeverbände) dem Gedanken der Reichshoheit überhaupt zuwiderlaufe, stellt das Reichsbesteuerungsgesetz das Reich von Staats- und Gemeindesteuern grund- sätzlich frei. Dieser Grundsatz erfährt - abgesehen von minder wichtigen Aus- nahmen bezüglich der Abgaben von Malz und Bier, die durch den Eintritt der

a) Gesetzentwurf: 1925 und 1926. 2) Mitgeteilt nebst Begründung des Gesetzentwurfs im Finanzarchiv 29 (1912) S. 317. s) Reichstag III 1924/25 Drucksache Nr. 801; Ausschussbericht vom 25. Juli 1925 Druck-

sache Nr. 1259. 4) Nebst Entwurfsbegründung mitgeteilt im Finanzarchiv 29 (1912) S. 317.

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süddeutschen Staaten in die Biersteuergemeinschaft inzwischen gegenstandslos geworden sind - eine wesentliche Einschränkung nur für die Gemeindesteuern vom Grundvermögen. Das Grundeigentum des Reichs besteht zum erheblichen Teil aus Grundstücken, die den Bundesstaaten gehört haben und die nach § 1 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der zum dienstlichen Gebrauch einer Reichsverwaltung bestimmten Gegenstände vom 25. Mai 1873 (R.G.B1. S. 113) in das Eigentum des Reichs übergegangen sind. Hatte schon dieses Gesetz (§ 1 Abs. 2) dahin Vorsorge getroffen, dass der Uebergang des Eigentums auf das Reich keine Aenderungen in den Besteuerungsverhältnissen der Grundstücke begründen sollte, so nahm das Reichsbesteuerungsgesetz diesen Gedanken auf und gab die Grundstücke sowohl für die Realbesteuerung wie für die auf dem Grundstücks- verkehr ruhenden Steuern der Gemeinden (Gemeindeverbände) in dem Umfang frei, in dem die Gemeinden ( Gemeinde ver bände) auch ihren Gliedstaat zu diesen Steuern heranzuziehen berechtigt sind; da dingliche Lasten begriffsmässig zu der Persönlichkeit des Besitzers der belasteten Grundstücke in keiner Beziehung stehen, so glaubte die Begründung zum Entwurf eines Reichsbesteuerungsgesetzes (a. a. 0. S. 9) aus dieser Einschränkung der grundsätzlichen Steuerfreiheit des Reichs keine unmittelbaren Folgerungen für dessen staatsrechtliche Stellung befürchten zu müssen. An der Befreiung des Reichs von den Gewerbesteuern der Gemeinden hält das Reichsbesteuerungsgesetz jedoch fest. Für die fehlende Gewerbebesteue- rung gewährt es den Gemeinden, denen aus fabrikmässigen oder fabrikähnlichen Reichsbetrieben, die sich in ihnen oder in benachbarten Gemeinden befinden, be- sondere Aufwendungen erwachsen, dadurch Ersatz, dass es den Gemeinden das Recht gibt, von den Reichsbetrieben nach bestimmten Massstäben, die dem Ver- hältnis der in ihnen wohnenden Arbeitnehmer der Betriebe zu ihrer Zivilbevölke- rung angepasst sind, Zuschüsse zu ihren wichtigsten Verwaltungsausgaben ein- zufordern. Schliesslich hat das Reichsbesteuerungsgesetz den elsass-lothringischen Gemeinden eine Beteiligung an den Erträgnissen der in Elsass -Lothringen für Rechnung des Reichs betriebenen Eisenbahnen gewährt; das Reichsbesteuerungs- gesetz bestimmte ausdrücklich, dass aus der Beteiligungssumme die Gemeinden, in denen sich Werkstätten und ähnliche Einrichtungen der elsass-lothringischen Eisen- bahnen befanden, vorweg zu bedenken seien, und nahm demgemäss jenen Ge- meinden das Recht, von den Werkstätten usw. Verwaltungskostenzuschüsse ein- zufordern.

II. Die Absichten des Entwurfs.

a) Im allgemeinen.

Das Reichsbesteuerungsgesetz ist zu einer Zeit entstanden, in der die Gesetz- gebung auf dem Gebiete der Besitzsteuern fast ausschliesslich von den Glied- staaten ausgeübt wurde. Gerade wegen der weitgehenden Gesetzgebungskompe- tenzen der Gliedstaaten war es notwendig, Normen aufzustellen, die die gleich- massige Besteuerung des Reichs in den einzelnen Gliedstaaten gewährleisteten. Diese Notwendigkeit ist damit, dass das Reich nunmehr die massgebende Gesetz- gebungsgewalt in bezug auf die gesamte Besteuerung übernommen hat, weitgehend entfallen. Denn nunmehr sind es Reichsgesetze - das Körperschaftssteuergesetz, das Vermögensteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz, das Kapital ver kehrssteuer- gesetz usw. - , die für das ganze Reich bindend vorschreiben, ob und inwieweit eine Heranziehung sowohl des Reichs wie der Länder und Gemeinden (Gemeinde- verbände) zu den grossen Steuern stattfindet. Damit aber tritt eine andere Frage in den Vordergrund. Den Ländern sind wichtige Besteuerungsmöglichkeiten ver- blieben: auf dem Gebiete der Besitzsteuern vor allem die Grundsteuern und die Gewerbesteuern sowie der Geldentwertungsausgleich bei Grundstücken, auf dem Gebiete der Verkehrssteuern vor allem die Stempelsteuern, die Zuschläge zur Grund- erwerbssteuer, die Wertzuwachssteuer und die meistens den Gemeinden (Gemeinde- verbänden) überlassenen Aufwands- und Verbrauchssteuern (Vergnügungssteuern, Getränkesteuern usw.). Die Heranziehung des Reichs, der Länder und der Ge- meinden auf diesen Steuergebieten muss mit der Heranziehung auf dem Gebiete

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der Reichssteuern in Einklang stehen. Gegenwärtig ist die gegenseitige Besteuerung von Reich, Ländern und Gemeinden (Gemeinde ver bänden) durch ein Neben- einander von sich im Grundsätzlichen widersprechenden Reichssteuergesetzen, Landessteuergesetzen und Gemeindesteuerordnungen gekennzeichnet. Die System - losigkeit der heutigen Regelung erhellt aus den als Anlage beigefügten Tabellen1) ; in ihnen werden die Wirkungen an einem Beispiel - dem Lande Preussen und seinen Gemeinden - veranschaulicht. Die grundsätzliche Uebereinstimmung des Reichssteuerrechts und des Landessteuerrechts in bezug auf die Besteuerungs- verhältnisse des Reichs, der Länder und der Gemeinden kann aus doppeltem Grunde nicht entbehrt werden. Zunächst stellt die öffentliche Gewalt, auch wenn sie sich auf Reichs-, Landes- und Gemeindebehörden verteilt, eine organische Einheit dar. Diese Einheit erfordert einheitliche steuerliche Behandlung. Es geht nicht an, dass der Reichsgesetzgeber bestimmte behördliche Funktionen als Ausübung der öffentlichen Gewalt ansieht und ihnen Steuerbefreiungen zuteil werden lässt, die der Landesgesetzgeber ihnen versagt. Sodann hat das heutige Steuersystem die planmässige Bewirtschaftung aller vorhandenen Steuerkraft zugunsten des Reichs, der Länder und Gemeinden (Gemeinde ver bände) zum Ziele. Mit diesem Ziele würde es nicht zusammenstimmen, wenn das Reichsrecht zwar dem Reiche die Möglich- keit, sich selbst, Länder und Gemeinden (Gemeindever bände) zu besteuern, er- öffnen, den Ländern und Gemeinden (Gemeindeverbände) aber entsprechende Be- steuerungsmöglichkeiten bezüglich des Reichs versagen würde. Neben der Aufgabe, die das Reichs besteuerungsgesetz zu lösen unternommen hat: der Besteuerung des Reichs durch Länder und Gemeinden (Gemeinde ver bände) eine Grenze zu ziehen - ergibt sich also aus der nunmehrigen Verteilung der Gesetzgebungs- kompetenzen die weitere Aufgabe: die Voraussetzungen für eine gleichmässige steuerliche Behandlung des Reichs, der Länder und der Gemeinden (Gemeinde- verbände) im Reichs- und Landessteuerrecht zu schaffen und damit die Einheit des Steuersystems in wichtiger Hinsicht zu wahren. Der Entwurf versucht, beide Aufgaben zu lösen.

b) Bezüglich gleichmässiger steuerlicher Behandlung des Reichs, der Länder und der Gemeinden im

Reichs- und Landessteuerrecht.

Soweit Reich und Länder ihre macht-, wirtschafts- und kulturpolitischen Aufgaben erfüllen, soweit Gemeinden (Gemeinde ver bände) die ihnen als Selbst- verwaltungskörpern oder kraft staatlichen Auftrags obliegenden Angelegenheiten wahrnehmen, ist von ihrer Heranziehung zu einer Steuer oder sonstigen Abgabe grundsätzlich abzusehen. Denn der Sinn jeder Besteuerung ist, der besteuernden Körperschaft die Mittel zuzuführen, deren sie zur Verwirklichung ihrer Zwecke bedarf. Da nun jene Aufgaben die eigentlichen Lebenszwecke des Reichs, der Länder und der Gemeinden (Gemeindeverbände) darstellen, so würde ihre Be- schwerung mit einer Steuer nicht gerechtfertigt werden können. Die Frage ist nur, wie weit der Kreis der Aufgaben zu ziehen ist, die als Verwirklichung der eigent- lichen Lebenszwecke des Reichs, der Länder und Gemeinden (Gemeindeverbände) anzusehen sind und daher für die Besteuerung ausscheiden. In dieser Frage ist dem Entwürfe die Entscheidung im wesentlichen vorgezeichnet. Denn da der Ent- wurf vor allem Gleichmässigkeit in der steuerlichen Behandlung des Reichs, der Länder und der Gemeinden (Gemeindeverbände) herbeiführen soll, so geben ihm die übrigen Reichssteuergesetze die Richtpunkte, innerhalb derer eine Besteuerung des Reichs, der Länder und Gemeinden ( Gemeindeverbände) überhaupt in Frage kommt.

Die Heranziehung des Reichs, der Länder und der Gemeinden (Gemeinde- verbände) zur Körperschaftssteuer wird in dem mit diesem Entwürfe vorgelegten Entwurf eines Körperschaftssteuergesetzes geregelt. Nach § 22) dieses Gesetz- entwurfs sind Betriebe und Verwaltungen von Körperschaften des öffentlichen

x) Sie werden hier weggelassen. 8) Siehe oben Bd. I S. 257 § 2 des Gesetzes.

Finanzarchiv. XLIII. Jahrg. 495 10

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Rechtes und öffentliche Betriebe und Verwaltungen mit eigener Rechtspersönlich- keit körperschaftssteuerpflichtig, es sei denn, dass die Betriebe und Verwaltungen dienen: a) der Ausübung der öffentlichen Gewalt; b) lebenswichtigen Bedürfnissen der Bevölkerung, zu deren Befriedigung die Bevölkerung auf die Betriebe und Verwaltungen angewiesen ist (Versorgungsbetriebe); c) gemeinnützigen oder mild- tätigen Zwecken; d) kirchlichen Zwecken. Der Körperschaftssteuergesetzentwurf (§7) überlässt es einer vom Reichsminister der Finanzen mit Zustimmung des Reichsrats zu erlassenden Ausführungsordnung, die hiernach körperschaftssteuer- pflichtigen Betriebe und Verwaltungen von den Betrieben und Verwaltungen ab- zugrenzen, die unter den zu a, b, c, d bezeichneten Gesichtspunkten von der Körperschafts Steuer ausgenommen sind1).

Der Körperschaftssteuergesetzentwurf schreitet mit der grundsätzlichen Be- steuerung der nicht der Ausübung der öffentlichen Gewalt dienenden Betriebe und Verwaltungen des Reichs, der Länder und der Gemeinden (Gemeinde ver bände) auf dem Wege fort, den erstmalig das Gesetz zur Aufbringung der Industrie- belastung vom 30. August 1924 2) (R.G.B1. II S. 269) eingeschlagen hat, indem es den industriellen und gewerblichen Betrieben des Reichs, der Länder und Ge- meinden (Gemeinde ver bände) gleiche Aufbringungspflichten wie den Unterneh- mungen der Privatwirtschaft auferlegt. Die Steuergesetzgebung trägt damit einer besonders in den letzten Jahren klar hervorgetretenen Entwicklungstendenz der öffentlichen Verwaltung Rechnung. Die finanziellen Nöte der Nachkriegszeit haben das Reich, die Länder und die Gemeinden (Gemeinde ver bände) vor die Notwendig- keit gestellt, ihre Verwaltungen so wirtschaftlich wie möglich zu gestalten. Zu diesem Zwecke mussten sie vor allem den Betrieben und Verwaltungen, die ihnen Mittel für die Erfüllung ihrer eigentlichen Aufgaben abwerfen sollten, Organi- sationsformen geben, die deren möglichste Rentabilität gewährleisteten. Die Bin- dungen, denen die öffentlichen Betriebe - wie sich überall deutlich erwies - bei zu enger Eingliederung in den behördlichen Verwaltungsorganismus unterlagen, standen der vollen Ausnützung ihrer wirtschaftlichen Möglichkeiten entgegen. Die öffentlichen Verbände sind daher in immer weiterem Umfang dazu übergegangen, ihre Betriebe der behördlichen Organisation zu entkleiden und ihnen Formen privat- wirtschaftlicher Unternehmungen zu geben oder sie wenigstens solchen Formen anzunähern. Um die öffentlichen Betriebe zur höchsten Wirtschaftlichkeit zu steigern, müssen sie auch unter dieselben Kalkulationsbedingungen wie privat- wirtschaftliche Unternehmungen gestellt werden. Dazu gehört vor allem, dass auch sie mit der die Privatwirtschaft schwer belastenden Spese der Steuer zu rechnen haben. Für die Wirtschaftlichkeit eines öffentlichen Betriebs fehlt, solange ihm diese Spese erspart bleibt, der Massstab. Die öffentlichen Betriebe mögen da- her, wenn sie besteuert werden, eines finanziellen Vorteils verlustig gehen, der ihnen bisher gegenüber privatwirtschaftlichen Unternehmungen zukam. Sie tauschen dafür aber die Möglichkeit ein, sich, was ihre rationelle Gestaltung und Führung betrifft, mit privatwirtschaftlichen Unternehmungen auf gleicher Grundlage zu messen. Damit werden sie der belebenden, ihre Produktivität steigernden Wir- kungen des wirtschaftlichen Wettbewerbes teilhaftig. Zweifellos sind öffentliche Betriebe vielfach mit besonderen Ausgaben und Lasten, insbesondere auf dem Gebiete der Arbeiterwohlfahrt beschwert; auch diese Betriebe werden durch die Besteuerung zu grösserer Wirtschaftlichkeit angeregt, denn sie werden veranlasst, bei der Kalkulation klar zu unterscheiden zwischen den Spesen, in bezug auf die sie mit privatwirtschaftlichen Unternehmungen gleichstehen, und den Spesen, die sie infolge ihres öffentlichen Charakters zu tragen haben. Schliesslich stellt die grundsätzliche Steuerbefreiung öffentlicher Betriebe ein Hindernis für das Ein- gehen gemischt-wirtschaftlicher Unternehmungsformen dar, denn die öffentlichen Betriebe werden der Verbindung mit Privatkapital so lange ausweichen, als sie mit dieser Verbindung Steuerlasten übernehmen, die sie sonst nicht zu tragen brauchten. Das Privatkapital wird also verhindert, in die öffentlichen Betriebe einzuströmen und an ihrem Ausbau zu grösserer Produktivität mitzuwirken. Die Lage der deutschen Wirtschaft verlangt Ausnützung aller wirtschaftlichen Mög-

J) Siehe Durchführungsverordnung vom 17. Mai 1926- (R.G.B1. 1, S. 244). 2) Mit Entwurfsbegründung mitgeteilt im tfmanzarcniv r¿ (1Mb) s. Züü î.

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lichkeiten; sie lässt es nicht zu, auf bewährte Organisationsformen zu verzichten. Neben diesen für die Besteuerung der öffentlichen Betriebe sprechenden Erwä- gungen spielt der fiskalische Gesichtspunkt der Steigerung der Steuererträge nur eine geringe Rolle. Die Steuern der öffentlichen Betriebe fliessen - dies gilt vor- nehmlich für die Körperschaftssteuer - den die Betriebe unterhaltenden öffentlich- rechtlichen Verbänden wieder zu; sie bilden daher im gewissen Umfang ein Vor- aus, das die öffentlich-rechtlichen Verbände auf die Erträge ihrer Betriebe erhalten.

So sehr der Grundsatz der Besteuerung der öffentlichen Betriebe aus diesen Erwägungen als berechtigt anzuerkennen ist, so stehen seiner restlosen Durch- führung doch schwere Bedenken entgegen. In der Finanzwirtschaft mehrerer deutscher Länder und vieler Gemeinden spielen die Einkünfte aus Landwirtschaft und Forstwirtschaft eine erhebliche Rolle. Bezüglich dieser Einkünfte ist nicht damit zu rechnen, dass die Minderungen, die sie durch die Besteuerung erfahren würden, durch Vorteile der geschilderten Art in nennenswertem Umfang aus- geglichen werden. Daher lässt sich unter den heutigen Verhältnissen ihre Besteue- rung nicht rechtfertigen. Auch für die Verwaltung des Kapitalvermögens und die Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen der Körperschaften des öffentlichen Rechtes spielt der Gesichtspunkt der durch wirtschaftlichen Wett- bewerb gesteigerten Produktivität nur eine sehr geringe Rolle. Der Entwurf eines Körperschaftssteuergesetzes zieht hieraus die Konsequenz, indem er vorschreibt, dass bei der Ermittlung des Einkommens der öffentlich-rechtlichen Körperschaften Einkünfte der bezeichneten Art ausser Betracht bleiben (§11 Nr. 1 des Körper- schaftssteuergesetzentwurfs)1) .

Aus gleichen Erwägungen sieht der Entwurf eines Gesetzes über Vermögen- und Erbschaftssteuer den Zeitpunkt nicht als gekommen an, in dem die Betriebe und Verwaltungen des Reichs, der Länder und der Gemeinden auch zur Vermögen- steuer heranzuziehen sind. Der Gesetzentwurf hält in seinen §§ 2,4 die bisherigen Vermögensteuer befreiungen der Körperschaften des öffentlichen Rechts im wesent- lichen aufrecht; eine Aenderung gegenüber dem bisherigen Rechtszustand tritt nur insofern ein, als die Kreditanstalten des öffentlichen Rechts, sofern der Sitz oder der Ort der Leitung im Inland liegt, in gewissem Umfange vermögensteuer- pflichtig sind.

Der Entwurf lehnt sich an die Entwürfe eines Körperschaftssteuergesetzes und eines Gesetzes über Vermögen- und Erbschaftssteuer unmittelbar an. Dem- gemäss spricht er in seinem § 3 den Grundsatz aus, dass Reich, Länder und Ge- meinden (Gemeinde ver bände) körperschaftssteuerpflichtig und vermögensteuer- pflichtig sind „nach Massgabe der Vorschriften des Körperschaftssteuergesetzes und des Vermögensteuergesetzes". Ist es Aufgabe des Entwurfs, die gleichmässige steuer- liche Behandlung des Reichs, der Länder und der Gemeinden (Gemeinde ver bände) im Reichs- und Landessteuerrecht zu ermöglichen, so muss der Entwurf auf der anderen Seite den Ländern und den Gemeinden ( Gemeindever bänden) die Be- steuerung des Reichs in demselben Umfang freigeben, in dem Reich, Länder und Gemeinden (Gemeinde ver bände) der Reichssteuer unterliegen.

Bezüglich der Heranziehung des Reichs zu den Gewerbesteuern der Länder und der Gemeinden ( Gemeindeverbände) vermag der Entwurf an die Körperschafts - steuerpflicht des Reichs, der Länder und der Gemeinden (Gemeinde ver bände) un- mittelbar anzuknüpfen. Er schreibt in seinem § 5 vor, dass die Länder und Ge- meinden ( Gemeindeverbände) zu ihren Gewerbesteuern die Betriebe und Verwal- tungen des Reichs heranziehen können, die nach den Vorschriften des Körperschafts- steuergesetzes körperschaftssteuerpflichtig sind. Demgemäss sind der § 2 Abs. 1 Nr. 3 des Körperschaftssteuergesetzentwurfs und die gemäss § 7 dieses Gesetz- entwurfs zu erlassende Ausführungsverordnung auch für den Umfang der Ge- werbesteuerpflicht des Reichs massgebend.

Da eine Vermögensteuerpflicht des Reichs, der Länder und der Gemeinden ( Gemeindever bände) nach den Vorschriften des Entwurfs eines Gesetzes über Ver- mögen- und Erbschaftssteuern gegenwärtig grundsätzlich nicht besteht, so kann der Entwurf die Heranziehung des Reichs zu den Grundsteuern der Länder und

]) Siehe Bd.I S. 260 § 11 Nr. 1 des Gesetze?. 497

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148 Deutsches Reichsgeä. über die gegenseitigen Besteuerungsrechte des Reichs, der Länder usw.

Gemeinden (Gemeinde verbände) nicht in gleicher Weise an den Vermögensteuer- gesetzentwurf anlehnen. Nun sind Betriebe und Verwaltungen des Reichs, die nach den Vorschriften des Körperschaftssteuergesetzentwurfs körperschaftssteuerpflichtig und demgemäss nach § 5 des Entwurfs gewerbesteuerpflichtig sind, in weit ge- ringerer Zahl als entsprechende Betriebe und Verwaltungen der Länder und Ge- meinden (Gemeindeverbände) vorhanden. Der Entwurf gewährt dafür in seinem § 4, in dem er die Grundsteuerpflicht des Reichs regelt, den Ländern und Ge- meinden (Gemeindeverbänden) einen Ausgleich. Zunächst gibt er für die Grund- steuern der Länder und Gemeinden (Gemeindeverbände) alle Grundstücke des Reichs - gleichviel ob sie zu einer Hoheits ver waltung oder zu einer Betriebs- verwaltung gehören - frei, „sofern sie nicht zu einem öffentlichen Dienste oder Gebrauche bestimmt sind". Ausserdem stellt der Entwurf ausdrücklich fest, dass Grundstücke des Reichs, die Wohnzwecken dienen - mit Ausnahme der Kasernen« quartiere der Wehrmacht und der Bereitschaftsräume der Schutzpolizei und des Reichswasserschutzes - nicht als zu einem öffentlichen Dienste oder Gebrauche bestimmt anzusehen sind. Damit erwerben die Länder und Gemeinden ( Gemeinde- verbände) das Recht, sowohl die Grundstücke des Reichs, die zu Wohnzwecken vermietet sind, wie die Dienstwohnungen der Reichsbeamten und sonstige im dienstlichen Interesse vergebenen Wohnungen in reichseigenen Gebäuden zu ihren Steuern vom Grundvermögen heranzuziehen (vgl. Einzelbegründung zu § 4). Ferner unterwirft sich das Reich in demselben Umfang, in dem es grundsteuer- pflichtig ist, den Steuern der Länder und der Gemeinden, die dem Geldentwertungs- ausgleiche bei bebauten Grundstücken dienen (§§ 26 - 36 der Dritten Steuer- notverordnung) x).

Ist die Besteuerung der öffentlichen Betriebe und Verwaltungen grundsätzlich als berechtigt und zweckmässig anerkannt, so ist sie auch in bezug auf die sonstigen Steuern, insbesondere die Verkehrssteuern, durchzuführen. Bezüglich der Ver- kehrssteuern enthält der Entwurf ( § 6) die allgemeine Vorschrift, dass Reich, Länder und Gemeinden sich gegenseitig zu diesen Steuern heranziehen können, „jedoch nur insoweit, als die Behörden mit den Handlungen, die den Anlass der Besteuerung bilden, nicht eine ihnen anvertraute öffentliche Gewalt ausüben". Diese Beschränkung ist notwendig, um die Einheit der öffentlichen Gewalt steuer- lich zur Geltung zu bringen. Sie bezieht sich nur auf reine Hoheitsakte, d. h. Hand- Jungen, die selbst die Ausübung einer öffentlichen Gewalt darstellen. Hierher ge- hört z. B. die Ausstellung von Urkunden, die nur der öffentliche Verband kraft eines Hoheitsrecht auszustellen befugt ist (Ernennungsurkunden, Diplome u. dgl.). Nicht hierher gehören aber Handlungen, die nur Zwecken der öffentlichen Gewalt dienen: z. B. ein Land schliesst einen Mietvertrag über Räume, in denen es eine Polizeiwache unterbringen will, eine Gemeinde verkauft ein Schulhaus, das in ein Wohnhaus umgewandelt wird; dies sind Rechtshandlungen, die nicht mit der öffentlich-rechtlichen Eigenart des vertragschliessenden Verbandes in unlösbarem Zusammenhange stehen, es sind Handlungen, in deren Vornahme der öffentliche Verband sich vertreten lassen kann.

c) Bezüglich der Reichsbesteuerung im besonderen.

Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 2)des Entwurfs eines Körperschaftssteuergesetzes sollen körperschaftssteuerfrei sein: die Deutsche Reichspost, die Monopolverwaltungen des Reichs und die Reichsbahngesellschaft. Damit kommen für diese Betriebe und Verwaltungen zugleich auch die landesrechtlichen Gewerbesteuern in Fortfall. Aus der geschichtlichen Entwicklung erweist sich jedoch die Notwendigkeit, jene Be- triebe und Verwaltungen zu den Gemeindelasten heranzuziehen.

Im § 6 des Reichsbesteuerungsgesetzes ist die Heranziehung von aus Reichs- mitteln unterhaltenen fabrikmässigen oder fabrikähnlichen Reichsbetrieben zu den Gemeindelasten in der Weise geregelt, dass die Reichsbetriebe den Gemeinden Zuschüsse zu bestimmten Verwaltungsausgaben zu leisten haben: allgemeine Ver-

*l Siehe Finanzarchiv 41 (1924) S. 378 und unten S.567 neue Fassung vom 1. Juni 1926. 2) Siehe Bd. I S. 259 § 9 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes.

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Dentedles Reichsges. über die gegenseitigen Besteuerungsrechte des Reichs, der Länder usw. 149

waltungskosten, Volksschulwesen, Armenlasten, Strassenunterhaltung usw. (vgl. oben AI S. 144). Als Zuschusspflichtige Reichsbetriebe kamen früher vornehmlich die Betriebe in Betracht, die den Zwecken der Wehrmacht dienten: die Marine- werften, die Artillerie- und Munitionswerkstätten, Gewehrfabriken u. dgl. Da die Zuschüsse den Zweck haben, den Gemeinden für die fehlende Gewerbebesteuerung Ersatz zu bieten, so dehnt der Entwurf die Zuschusspflicht folgerichtig auf alle nach § 5 nicht gewerbesteuerpflichtigen Betriebe und Verwaltungen des Reichs aus, nämlich die der Ausübung der öffentlichen Gewalt dienenden Reichsbetriebe ein- schliesslich der Deutschen Reichspost und der Monopolverwaltungen des Reichs sowie auf die Bahnhöfe, Werkstätten und ähnliche Einrichtungen der Reichsbahn- gesellschaft.

Es ist die Frage aufgeworfen worden, ob die Heranziehung der Reichsbahn- gesellschaft zu den Verwaltungskostenzuschüssen an die Gemeinden mit der Vor- schrift des § 14 des Reichsbahngesetzes vom 30. August 19241) (R.G.B1. II S. 272) vereinbar ist. Nach § 14 des Reichsbahngesetzes darf die Deutsche Reichsbahn- gesellschaft zu keiner direkten Steuer herangezogen werden, „der das Unter- nehmen Deutsche Reichsbahn am 12. Februar 1924 nicht unterworfen war". Diese Vorschrift berührt die Zuschusspflicht der Reichsbahngesellschaft schon darum nicht, weil die Zuschüsse Beiträge im Sinne des Abgabenrechts, keine Steuern sind. Sie sind Beiträge, Weil sie für bestimmte genau begrenzte Verwaltungszwecke verwendet werden, deren Erfüllung durch das Zuschusspflichtige Unternehmen not- wendig wird. Zudem geht der Grundgedanke des Reichsbesteuerungsgesetzes, wie dargelegt worden ist, gerade dahin, das Reich nicht zu besteuern; die Zuschüsse sollen ja die fehlende Besteuerung ersetzen und werden daher auch nach besonderen Massstäben erhoben. Wenn man aber auch die Zuschüsse als Steuern ansprechen wollte, so würde die Vorschrift des § 14 des Reichsbahngesetzes der Anforderung der Zuschüsse wenigstens von den fabrikmässigen oder fabrikähnlichen Betrieben der Reichsbahngesellschaft, nämlich den Werkstätten und ähnlichen Einrich- tungen, darum nicht entgegenstehen, weil eine Zuschusspflicht der Reichsbahn in- soweit am 12. Februar 1924 bestand. Nach dieser Richtung gibt die Auslegung des § 6 des Reichsbesteuerungsgesetzes allerdings zu Zweifeln Anlass. Diese Zweifel haben ihren Grund darin, dass das Reichsbesteuerungsgesetz den Begriff „Reichs- eisenbahnen" mit Bezug auf die vom Reich in Elsass-Lothringen betriebenen Eisenbahnen verwendet. Diese „Reichseisenbahnen" hatten nach § 7 des Reichs- besteuerungsgesetzes eine einkommensteuerähnliche Abgabe zu tragen, die darin bestand, dass ein Teil des Reinertrags, mindestens jedoch 200 000 ÌVL, der elsass- lothringischen Regierung zur Verteilung unter die Gemeinden, in deren Gemar- kung oder Umgebung Eisenbahneinrichtungen bestanden, überwiesen wurden; die Gemeinden, in denen sich Eisenbahnwerkstätten u. dgl. befanden, sollten hier- aus vorweg bedacht werden. Wenn § 6 Abs. 4 bestimmt, dass Werkstätten und ähnliche Einrichtungen der „Reichseisenbahnen" nicht als fabrikmässige oder fabrikähnliche Betriebe im Sinne der Vorschriften der Abs. 1 - 3 gelten sollen, so dass sie zu Verwaltungskostenzuschüssen nicht herangezogen werden können, so kann sich das nach dem ganzen Zusammenhange des Gesetzes ausschliesslich auf jene „Reichseisenbahnen" beziehen, die bei Entstehung des Reichsbesteuerungs- gesetzes allein in Frage kamen: nämlich die Reichseisenbahnen in Elsass-Loth- ringen. Die Ausnahmestellung dieser Eisenbahnen erklärt sich sachlich aus der Sondervorschrift des § 7 Abs. 1, nach der die vom Reiche in Elsass-Lothringen betriebenen Eisenbahnen einen bestimmten Teil ihrer Erträgnisse vornehmlich zu- gunsten der Gemeinden abzuführen hatten, in denen Eisenbahnwerkstätten u. dgl. lagen. Mit dem Fortfall der elsass-lothringischen Eisenbahnen ist die Vorschrift des § 6 Abs. 4 gegenstandslos geworden. Auf die Reichsbahn in der rechtlichen Ge- stalt, die sie am 12. Februar 1924 hatte, konnte die Vorschrift sich schon deshalb nicht beziehen, weil es für diese an Ausgleichs Vorschriften wie derjenigen des § 7 Abs. 1 fehlte. In der Tat hat daher eine Zuschusspflicht der Reichsbahn am 12. Februar 1924 bestanden. Nachdem die Reichsbanngesellschaft den Betrieb der Reichseisenbahnen übernommen hat, ist es freilich zweifelhaft, ob der Betrieb

J) Nebst Entwuifsbegründimg mitgeteilt im Finanzardiiv 42 (1925) S. 165 f. 499

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25Q Deutsches Eeichsges. über die gegenseitigen Beäteuerungsrechte des Reichs, der Länder usw.

der Reichsbahnen noch als ein Reichsbetrieb angesprochen werden darf. Dieser Zweifel wird durch die Reglung des Entwurfs für die Zukunft gegenstandslos,

Zuschusspflichten der Deutschen Reichspost und der Monopolverwaltungen des Reichs dürften in der Praxis nur dadurch entstehen, dass durch Zusammen- zählung der Arbeitnehmer (Beamte, Angestellte, Arbeiter) der Reichspost oder der Monopolverwaltungen mit denen eines sonstigen der öffentlichen Gewalt dienenden Reichsbetriebs oder der Reichsbahngesellschaft das Mindestverhältnis zur Gesamtbevölkerung erreicht wird, das nach § 8 Abs. 2 eine Zuschussberechti- gung der Gemeinde begründet.

B. Im einzelnen. Zu § 1.

Der § 1 geht - entsprechend der gegenüber dem Reichsbesteuerungsgesetz erweiterten Aufgabe des Entwurfs - über den § 1 des Reichsbesteuerungsgesetzes insofern hinaus, als er auch dem Reich das Recht einräumt, von den Ländern und den Gemeinden ( Gemeinde verbänden) Gebühren, und zwar sowohl „Benutzungs- gebühren" wie „Verwaltungsgebühren", zu erheben.

Die Finanznöte der Nachkriegszeit haben das Gebührenwesen in mehreren Ländern zu grösserer Entfaltung gebracht. Zahlreiche Hoheitsakte sind gebühren- pflichtig geworden (z. B. Genehmigungen, Ablehnungen, Bescheide usw.). Dem Gedanken der organischen Einheit der öffentlichen Gewalt würde es zuwiderlaufen, wenn Reich, Länder lind Gemeinden ( Gemeinde ver bände) sich gegenseitig auch zu Gebühren für solche Handlungen ihrer Behörden heranziehen würden, die in Ausübung einer öffentlichen Gewalt veranlasst und vorgenommen werden. Als solche behördliche Handlungen kommen insbesondere in Betracht: gegenseitige amtliche Auskünfte, Amtshilfehandlungen u. dgl.; soweit die Gebühren jedoch nur Ersatz barer Auslagen sind - z. B. Gebühren der Katasterbehörden im amt- lichen Verkehr - bleibt die Gebührenpflicht unberührt. Wird für einen Neubau des Reichs, auch wenn er zu Zwecken der öffentlichen Gewalt (z. B. Finanzamts- gebäude) errichtet wird, eine baupolizeiliche Genehmigung erteilt, so ist die Ge- nehmigung gebührenpflichtig, denn zwar die baupolizeiliche Genehmigung, nicht aber die sie veranlassende Tätigkeit des Reichs ist als Ausübung der öffentlichen Gewalt anzusehen. Der Entwurf schliesst sich damit grundsätzlich der Regelung an, die einzelne Länder - z. B. Preussen im § 1 Abs. 2 des Gesetzes über staat- liche Verwaltungsgebühren vom 23. September 1923 (Gesetzsamml. S. 455) - bezüglich der Gebührenfreiheit der Behörden untereinander bereits getroffen haben. Die Reg lung entspricht auch dem § 9 des Gesetzes über den Beistand bei Ein- ziehung von Abgaben und Vollstreckung von Vermögensstrafen vom 9. Juni 1895 (R.G.B1. S. 256); denn auch nach dieser Vorschrift sollen bei der Gewährung von Beistand zwischen Behörden verschiedener Bundesstaaten keine Gebühren fällig werden, vielmehr lediglich die baren Auslagen erstattet werden.

Nach § 1 Abs. 3 des Reichsbesteuerungsgesetzes ist das Reich von allen Ge- richtsgebühren befreit. Der Entwurf hält diese Befreiung aufrecht und befreit entr sprechend die Länder von den Gebühren im Verfahren vor den Gerichten des Reichs : dem Reichsgerichte, dem Reichswirtschaftsgerichte, dem Reichsfinanzhot und den Finanzgerichten.

Zu § 2. Der § 2 nimmt den Grundgedanken des § 1 Abs. 2 des Reichsbesteuerungs-

gesetzes auf. Der Unterschied liegt darin, dass das Reich den Ländern und den Gemeinden (Gemeinde ver bänden), die Länder und die Gemeinden (Gemeinde- verbände) dem Reiche nicht bloss die Beiträge, die von Grundeigentümern erhoben Werden, sondern auch die Beiträge zu leisten haben, die von Gewerbetreibenden erhoben werden. Das Reichsbesteuerungsgesetz hatte von der Erwähnung der Ge- werbetreibenden abgesehen, weil „das Reich kein Gewerbe betreibt" (vgl. Be- gründung zum Entwurf eines Reichsbesteuerungsgesetzes a. a. O. S. 2). Da Reich, Länder und Gemeinden ( Gemeinde ver bände) gegenwärtig durchaus als Gewerbe <■ treibende in Betracht kommen, so nimmt der Entwurf die entsprechende Ergän- zung vor. Die Deutsche Reichspost betreibt kein Gewerbe und kann daher zwar

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Deutsches Eeichsges. über die gegenseitigen Besteuerungsrechte de3 Reichs, der Länder usw. 151

als Grundeigentümer in, nicht jedoch als Gewerbetreibende zu Beiträgen heran- gezogen werden. Sie unterliegt in dem im Abs. 2 Satz 2 bezeichneten Umfange der Beitragspflicht (Vorausleistungspflicht) zur Deckung von Kosten für eine ausser- gewöhnliche Abnutzung der Wege ( § 12 Satz 5 des Finanzausgleichsgesetzes).

Zu § 3. Vgl. allgemeine Begründung II b.

Zu § 4. Die Begriffe „öffentlicher Dienst" und „öffentlicher Gebrauch" sind dem

Landesrecht (vgl. Preussisches Kommunalabgabengesetz vom 14. Juli 1893, § 24 Abs. 1 c) entnommen. Nach der Rechtsprechung des Preussischen Ober- verwaltungsgerichts sind als „zu einem öffentlichen Dienste bestimmt" die dem Behördengebrauch gewidmeten Grundstücke, als „zu einem öffentlichen Gebrauch bestimmt" die dem Gebrauch des Publikums gewidmeten Grundstücke anzusehen.

Die Vorschrift des Abs. 2 gewährt den Ländern und Gemeinden (Gemeinde- verbänden) das Recht, nicht nur die Mietwohnungen, sondern auch die Dienst- wohnungen in reichseigenen Gebäuden sowie Wohnungen, die in solchen Gebäuden nichtbeamteten Personen im dienstlichen Interesse überlassen worden sind, zu besteuern. Nach der gegenwärtigen Rechtslage ( § 3 des Reichsbesteuerungsgesetzes) unterliegen diese Wohnungen nur den Grundsteuern der Gemeinden, und zwar nur insoweit, als nach Landesrecht die Gemeinden gleichartige Wohnungen ihrer Länder zu besteuern berechtigt sind. Indem das Reich nunmehr die Besteuerung seiner Dienstwohnungen freigibt, schliesst es sich der Praxis mehrerer Länder, insbesondere Preussens, an. Der Entwurf nimmt nur die Kasernenquartiere der Wehrmacht, die Bereitschaftsräume der Schutzpolizei und des Reichswasser- schutzes sowie die mit den Kasernenquartieren und mit den Bereitschaftsräumen zusammenhängenden oder in ihrer Nähe gelegenen Wohnungen, die Angehörigen der Wehrmacht, der Schutzpolizei oder des Reichswasserschutzes im dienstlichen Interesse zugewiesen worden sind, von der Besteuerung aus. Da eine unterschied- liche Regelung für die Grund- und Gebäudesteuern und für die dem Geldentwertungs- ausgleich dienenden Steuern, auch soweit sie in Form einer besonderen Auf- wertungssteuer erhoben werden (§ 28 Abs. 1 der Dritten Steuernotverordnung), nicht begründet ist, so stellt der Entwurf (vgl. auch § 11) die Steuern einander gleich. Die Vorschriften des Gesetzes, betreffend die Besteuerung der Dienst- wohnungen, vom 16. Juni 1922 (R.G.B1. 1 S. 517) beziehen sich lediglich darauf, inwieweit die Beamten zu Steuerleistungen für die ihnen überlassenen Dienst- wohnungen herangezogen werden können; die Rechte der Beamten aus diesen Vorschriften werden durch die Reglung des Entwurfs nicht berührt.

Nach § 14 des Reichsbahngesetzes ist die Reichsbahngesellschaft von jeder „neuen direkten Steuer" befreit. Als „neue Steuer" bestimmt das Gesetz „jede Steuer, der das Unternehmen Deutsche Reichsbahn am 12. Februar 1924 nicht unterworfen war". Der Abs. 3 legt den sich für die Reichsbahngesellschaft danach ergebenden Rechtszustand wie folgt fest:

1. Nur Gemeinden (Gemeinde verbände) können die Reichsbahngesellschaft zu Grundsteuern heranziehen, und zwar nur in dem Umfang, in dem nach Landes- recht die Reichsbahn am 12. Februar 1924 gemeindlichen Grundsteuern unterlag. 2. Da erst die Dritte Steuernotverordnung vom 14. Februar 1924 die Grund- lage für den Geldentwertungsausgleich bei Grundstücken geschaffen hat, so kann die Reichsbahngesellschaft zu Steuern, die dem Geldentwertungsausgleich dienen, nicht herangezogen werden.

3. Das Reich als Eigentümer der Grundstücke kann steuerlich nicht in An- spruch genommen werden. Für die Gemeindegrundsteuern haftet nur die Reichs- bahngesellschaft mit dem Reichseisenbahnvermögen. Der Begriff des Reichseisen- bahnvermögens ist im § 6 des Reichsbahngesetzes festgelegt.

Zu § 5. Vgl. allgemeine Begründung A II b (oben S. 147)

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152 deutsches Reichsges. über die gegenseitigen Besteuerungsrechte des Reichs, der Länder usw.

Zu § 6.

Vgl. allgemeine Begründung A II b (oben S. 148). Der Abs. 2 soll, wie es dem Grundgedanken des Entwurfs entspricht, eine

gleichmässige steuerliche Behandlung des Reichs, der Länder und der Gemeinden (Gem einde verbände) im Reichs- und Landessteuerrecht herbeiführen. Zum Bei- spiel soll vermieden werden, dass Gemeinden, die das Land, zu dem sie gehören, von ihrer Wertzuwachssteuer befreien, das Reich zu dieser Wertzuwachssteuer heranziehen.

Zu § 7. Die Branntweinmonopolverwaltung übt, auch indem sie Branntwein ver-

treibt und herstellt, öffentliche Gewalt aus. Zu den Getränkesteuern der Gemeinden kann sie daher - wie sich bei entsprechender Anwendung der Vorschrift des § 6 Abs. 1 Satz 1 ergibt - nicht herangezogen werden.

Zu § 8. VgL allgemeine Begründung Alle (oben S. 148 f.) Zu den Reichsbetrieben, die der Ausübung der öffentlichen Gewalt dienen,

gehört die Marinewerft in Wilhelmshaven ; die Tatsache, dass diese Werft, um ihren dem Zwecke der Reichsmarine gewidmeten Betrieb aufrechtzuerhalten, auch Privataufträge annimmt, tut ihrer Eigenschaft als eines der öffentlichen Gewalt dienenden Betriebes keinen Abbruch.

Während das Reichsbesteuerungsgesetz für die Feststellung, ob das für die Entstehung der Zuschussberechtigung massgebende Mindestverhältnis zwischen der Arbeitnehmerzahl und der Zivilbevölkerung vorhanden ist, den Stand bei Beginn des Rechnungsjahrs zugrunde legt, geht der Entwurf von dem Stande bei der letzten allgemeinen Personenstandsaufnahme aus. Mit der Personenstands - aufnähme lassen sich am zweckmässigsten die Erhebungen verbinden, die für die Feststellung und Berechnung der Zuschussansprüche erforderlich sind; diese Er- hebungen bilden gleichzeitig die Grundlage für das in den §§ 25 - 31 des Entwurfs eines Gesetzes über Aenderungen des Finanzausgleichsgesetzes geregelte Aus- glei chungs verfahr en .

Zu §9. Die Berechnung der Zuschüsse erhellt aus folgendem Beispiel: Zivilbevölkerung der Gemeinde 50 000 Seelen; Arbeitnehmer der Zuschusspflichtigen Betriebe nebst Haushaltungsangehö-

rigen 20 000 Seelen; Verwaltungsausgaben, zu denen Zuschüsse zu leisten sind, 1500 000 RM.; Arbeitnehmer der Zuschusspflichtigen Betriebe 8000; in der Beschäftigungsgemeinde sind als Gemeindeanteil an der Einkommen-

steuer vom Arbeitslohn im vorausgegangenen Rechnungsjahr durchschnittlich auf den Kopf der in der Gemeinde beschäftigten Arbeitnehmer abgeführt worden 40 RM.

In diesem Beispiel entfällt auf den Kopf der Bevölkerung ein zu bezuschus- sender Verwaltungsaufwand von 30 RM. Die Arbeitnehmer der Zuschusspflichtigen Betriebe nebst Haushaltungsangehörigen sind an dem zu bezuschussenden Ver- waltungsaufwand mit 20 000 X 30 = 600 000 RM. beteiligt. Im vorausgegangenen Rechnungsjahr sind in der Beschäftigungsgemeinde als Gemeindeanteil an der Einkommensteuer vom Arbeitslohn durchschnittlich 40 RM. auf den Kopf des Arbeitnehmers abgeführt worden; davon kommen auf die Arbeitnehmer der Zuschusspflichtigen Betriebe 8000x40 = 320 000 RM. Der der Berechnung der Zuschüsse zugrunde zu legende Verwaltungsaufwand beträgt demgemäss 600 000 - 320 000 = 280 000 RM. Die Arbeitnehmer nebst Haushaltungsange- hörigen machen 40 v. H. der Bevölkerung aus. Daraus ergibt sich, dass der Zuschuss sich auf 50 v. H. des berechneten Verwaltungsaufwandes, nämlich auf 140 000 RM. beläuft. Wenn die Arbeitnehmer nebst Haushaltungsangehörigen einen höheren Hundertsatz als die Zivilbevölkerung ausmachen, so beläuft sich der Zuschuss auf einen höheren Hundertsatz der zu bezuschussenden Verwaltungsausgaben. Dies

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Deutsches Reichsges. über die gegenseitigen Besteueningsrechte des Reichs, der Länder usw. 153

ist gerechtfertigt; denn je grosser der in den Betrieben arbeitende Teil der Be- völkerung ist, umso ausschliesslicher kommt der Betrieb für die zu deckenden Gemeindelasten in Betracht.

Auch wenn die Wohngemeinde nicht mit der Beschäftigungsgemeinde zu- sammenfällt, ist von dem Verwaltungsaufwand gleichwohl der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer vom Arbeitslohn abzuziehen, der in der Beschäftigungs- gemeinde durchschnittlich auf den Kopf der in ihr beschäftigten Arbeitnehmer ab- geführt worden ist. Denn dieser Gemeindeanteil bildet zugleich die Grundlage, auf der der Ausgleichungsanspruch der Wohngemeinde, sofern das Land nicht abweichende Bestimmungen getroffen hat, gegen die Beschäftigungsgemeinde be- rechnet wird (§§ 28-31 des Entwurfs).

Das Reichsbesteuerungsgesetz ( § 6 Abs. 2) führt als zu bezuschussende Ver- waltungsausgaben auf: die fortdauernden allgemeinen Verwaltungskosten, Volks- schul-, Armenlasten und Kosten zur Unterhaltung der Decke von öffentlichen Strassen, Wegen und Plätzen in dem dem laufenden Rechnungsjahr vorangehen- den Rechnungsjahr sowie die einmaligen allgemeinen Verwaltungskosten, Volks- schul- und Armenlasten aus ordentlichen Mitteln nach dem Durchschnitt der vorangegangenen 5 Rechnungsjahre, ausserdem die Verzinsungs- und Tilgungs- raten für Anleihen, die für einmalige derartige Kosten und Lasten aufgenommen worden sind. Der Entwurf dehnt die Zuschusspflicht auf die Wohlfahrtspflege über- haupt sowie auf den Wohnungsbau aus. In den Ausführungsbestimmungen wird der zu bezuschussende Verwaltungsaufwand - insbesondere für allgemeine Ver- waltungszwecke, Wohlfahrtspflege und Wohnungsbau - derart abzugrenzen sein, dass solche Ausgaben bei der Berechnung ausser Betracht bleiben, die mit der Arbeitnehmerschaft der Zuschusspflichtigen Betriebe in keinem oder nur in losem Zusammenhang stehen. Der Entwurf enthält gegenüber dem Reichsbesteuerungs- gesetz eine Einschränkung insofern, als er die aus ordentlichen Mitteln zu deckenden einmaligen Ausgaben für die aufgeführten Zwecke nicht berücksichtigt. Diese Einschränkung erscheint für die Wohngemeinden darum tragbar, weil sie infolge des Steuerabzugs vom Arbeitslohn in höherem Masse als früher Einkommensteuer von den Arbeitnehmern erhalten und weil von dem zu bezuschussenden Ver- waltungsaufwand nur die Einkommensteuer vom Arbeitslohn abgezogen wird und die übrigen steuerlichen Vorteile, die der Gemeinde als Wohngemeinde der Arbeitnehmer erwachsen, ausser Ansatz bleiben. Die im Reichsbesteuerungsgesetz vorgesehene Durchschnittsberechnung der einmaligen Ausgaben würde schon mit Rücksicht auf die unlängst abgeschlossene Inflationsperiode unlösbaren Schwierig- keiten unterliegen.

Zu § 10. Die Angleichung der Verfahrensvorschriften an die für Reichssteuern gelten-

den Vorschriften und die Bestellung des Reichsfinanzhofs als letztinstanzliche Spruchbehörde soll möglichste Einheitlichkeit in der praktisch-technischen und juristischen Handhabung der Zuschüsse herbeiführen.

Zu § 121). Die Vorschrift ist eine Uebergangsvorschrift. Sie bezieht sich auf die Zeit,

in der für die Berechnung der Zuschüsse selbständig erhobene Gemeindeanteile an der Einkommensteuer vom Arbeitslohn - die Berechtigung der Gemeinden zur selbständigen Anteilerhebung nach den Vorschriften des Entwurfs eines Gesetzes über Aenderungen des Finanzausgleichs soll erst mit Wirkung vom 1. April 1926 beginnen ( § 36 daselbst) - noch nicht zur Verfügung stehen. An Stelle der von den Gemeinden selbst erhobenen durchschnittlichen Anteile an der Einkommen- steuer vom Arbeitslohn wird der durchschnittliche Reichseinkommensteuerlohn- abzug zugrunde gelegt, soweit die Gemeinden nach Landesrecht daran beteiligt sind. Die Finanzämter sind in der Lage, festzustellen, wieviel durch Steuerabzug vom Arbeitslohn erhobene Einkommensteuer die einzelnen Betriebe im voraus- gegangenen Rechnungsjahr auf den Kopf ihrer Arbeitnehmer abgeführt haben.

3) Siehe oben S.143 die Aendenmg des § 12 im Gesetz.

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