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Deutsches Reichsgesetz über die Erlaubnispflicht für die Herstellung von Zündhölzern. Vom 28....

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Deutsches Reichsgesetz über die Erlaubnispflicht für die Herstellung von Zündhölzern. Vom 28. Mai 1927 Source: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, 44. Jahrg., H. 2 (1927), pp. 277-290 Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KG Stable URL: http://www.jstor.org/stable/40907653 . Accessed: 12/06/2014 16:58 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to FinanzArchiv / Public Finance Analysis. http://www.jstor.org This content downloaded from 62.122.79.56 on Thu, 12 Jun 2014 16:58:16 PM All use subject to JSTOR Terms and Conditions
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Deutsches Reichsgesetz über die Erlaubnispflicht für die Herstellung von Zündhölzern. Vom28. Mai 1927Source: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, 44. Jahrg., H. 2 (1927), pp. 277-290Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KGStable URL: http://www.jstor.org/stable/40907653 .

Accessed: 12/06/2014 16:58

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Deutsches Reichsgesetz über die Erlanbnispflickt für die Herstellung von Zündhölzern. Vom 28. Mai 1927.

(R.G.Bl. I 1927 Nr. 22 S. 123.)

§ 1.

Die Herstellung von Zündhölzern ist nur mit Erlaubnis des Reichswirtschafts- ministers zulässig.

Zündhölzer im Sinne dieses Gesetzes sind Hölzer, Spänchen, Stäbchen od. dgl., die aus Holz, Stroh oder Pappe hergestellt und mit einer durch Reibung entflamm- baren Zündmasse versehen sind. Dem Gesetz unterliegen nicht bengalische und andere Feuerwerkszündhölzer1).

§2. Die Erlaubnis ist nur zu erteilen, wenn ein volkswirtschaftliches Bedürfnis

besteht, insbesondere wenn 1. der Inlandsbedarf durch die Erzeugung der bestehenden inländischen

Betriebe nicht gedeckt wird, 2. in volkswirtschaftlich nicht gerechtfertigter Weise die Erzeugung oder der

Absatz von Zündhölzern eingeschränkt, die Preise gesteigert oder hochgehalten werden oder wenn die wirtschaftliche Freiheit durch Sperren oder durch Fest- setzung unterschiedlicher Preise oder Bedingungen unbillig beeinträchtigt wird oder durch technische Neuerung ein Fortschritt der Produktion erzielt werden kann2).

Die Erlaubnis ist ferner zu erteilen für Betriebe, mit deren Errichtung vor dem 1. Juli 1926 begonnen worden ist, wenn die Herstellung von Zündhölzern bis zum 31. Dezember 1927 aufgenommen wird. Der Reichswirtschaftsminister kann bei Verliegen eines wichtigen Grundes von der Einhaltung dieser Zeitpunkte entbinden.

Die Erlaubnis ist auch zu erteilen, sofern der eigene Bedarf der dem Zentral- verbande deutscher Konsumvereine, Hamburg, oder dem Reichsverbande deut- scher Konsumvereine, e. V., Köln, angeschlossenen Genossenschaften die Erwei- terung bestehender oder die Errichtung neuer Fabriken erfordert3).

Vor der Genehmigung eines neuen Betriebs ist der Reichswirtschaftsrat zu hören3).

§3. Die Erlaubnis wird nur für bestimmte natürliche oder juristische Personen

und nur für ein bestimmtes Betriebsunternehmen erteilt. Ist die Erlaubnis einer natürlichen Person erteilt, so kann nach dem Tode des

Unternehmers der Betrieb von der Witwe oder den Abkömmlingen des Unter- nehmers ohne neue Erlaubnis fortgesetzt werden.

§4. Die Erlaubnis darf weder auf Zeit noch auf Widerruf erteilt werden.

*) Dieser Satz fehlte im Entwurf. 2) Im Entwurf fehlten die Worte „oder durch technische Neuerung ein Fortschritt der Pro-

duktion erzielt werden kann". •) Dieser Absatz fehlte im Entwurf.

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278 Deutsches Reichsges. über die Erlaubnispflicht für die Herstellung von Zündhölzern«

§5. Bei der Erteilung der Erlaubnis können Auflagen gemacht werden. Die Erlaubnis kann zurückgenommen werden, wenn die Auflagen nicht

vollzogen werden.

§6- Die Erlaubnis erlischt, 1. wenn mit der Herstellung von Zündhölzern nicht spätestens binnen 18 Mo-

naten nach Erteilung der Erlaubnis begonnen wird. Der Ileichswirtschaftsminister kann diese Frist verlängern, wenn ein wichtiger Grund vorliegt;

2. wenn die Herstellung von Zündhölzern länger als 1 Jahr eingestellt ist.

§7- Für Betriebe, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes Zündhölzer seit mindestens

3 Monaten herstellen, ist die Erlaubnis nicht erforderlich, soweit nicht ihre bei Inkrafttreten dieses Gesetzes vorhandene Erzeugungsfähigkeit um mehr als 33 V3 v. H. erweitert werden soll. Die Erlaubnis ist ferner nicht erforderlich, soweit die Erweiterung der Erzeugungsfähigkeit um mehr als 337s v. H. dadurch herbei- geführt wird, dass unter Einstellung eines oder mehrerer Betriebe deren Erzeugungs- fähigkeit ganz oder teilweise auf andere Betriebe übertragen wird.

Umfasst ein Unternehmen mehrere Betriebe, so ist für die Bemessung der Erzeugungsfähigkeit die Gesamterzeugungsfähigkeit aller Betriebe zugrunde zu legen.

Die Vorschriften der §§ 1 - 5 finden auch auf stillgelegte Betriebe Anwendung, wenn die Ausübung des Betriebs

a) entweder auf einen anderen Betrieb übertragen oder b) aus anderen Gründen länger als ein Jahr eingestellt ist.

§8. Wird in einem Betriebe die Herstellung von Zündhölzern eingestellt, so ist

dieses dem Beichswirtschaftsminister innerhalb 3 Monaten schriftlich anzuzeigen. Die Einstellung ist innerhalb 2 Wochen anzuzeigen, falls die Herstellung von Zündhölzern infolge Uebertragung der Erzeugungsfähigkeit auf einen anderen Betrieb eingestellt worden ist.

Sofern für die Herstellung von Zündhölzern nach diesem Gesetze die Erlaubnis erforderlich ist, ist auch der Beginn der Herstellung innerhalb 2 Wochen an- zuzeigen.

§ 91). Aenderungen des Gesellschaftsvertrags der Deutschen Zündholz-Verkaufs-

A.G. bedürfen der Genehmigung des Reichswiirtschaftsministers. Der Reichswirtschaftsminister kann Preise beanstanden oder herabsetzen,

die in volkswirtschaftlich nichtgerechtfertigter Weise gesteigert oder hochgehalten werden.

Die im § 19 der Verordnung gegen Missbrauch wirtschaftlicher Machtstellung vom 3. November 1923 (R.G.B1. I S. 1067) vorgesehene Ausnahme findet auf die Zündholz- Verkauf s-A.G. keine Anwendung.

§ 101). Die Uebertragung der Erzeugungsfâhigkeit und des Lieferungsanteils eines

Betriebs auf einen anderen Betrieb darf nur erfolgen, wenn dadurch die Verteilung nach § 4 Abs. 1 des Vertrags der Deutschen Zündholz-Verkaufs- A.G. mit den Zündholzfabrikanten vom 12. Juli 1926 nicht geändert wird.

*) Dieser Paragraph fehlte im Entwurf. 746

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Deutsches Reichsges. über die Erlaubnispflicht für die Herstellung von Zündhölzern. 279

§ 111)- Werden wegen Uebertragung der Erzeugungsfähigkeit auf einen anderen

Betrieb Arbeiter oder Angestellte entlassen und beschäftigungslos, ohne eine ihren Fähigkeiten entsprechende Arbeitsgelegenheit zu finden, oder erleiden sie infolge der Entlassung eine Verminderung ihres Arbeitsverdienstes, so ist ihnen der Unter- schied zwischen ihrem tatsächlichen Arbeitsverdienst und dem Arbeitsverdienste, der sich unter Zugrundelegung der vollen Lohn- oder Gehaltssätze der letzten gültigen Lohn- oder Gehaltszahlung ergeben würde, bis zur Dauer von 26 Wochen zu ersetzen.

Nehmen Arbeiter und Angestellte infolge einer derartigen Uebertragung der Erzeugungsfähigkeit auf einen anderen Betrieb bei einer anderen Arbeitsstelle Arbeit, die mehr als 6 km von ihrem bisherigen Wohnort entfernt ist, so sind ihnen im Falle eines hierdurch veranlassten Wohnungswechsels die notwendigen Um- zugskosten zu gewähren, sofern dies nicht von anderer Stelle bereits geschieht.

Arbeiter und Angestellte, welche infolge der Uebertragung einen Wechsel ihrer Arbeitsstelle derart haben vornehmen müssen, dass sie unter Aufrechterhaltung eines eigenen Haushalts mehr als 6 km davon entfernt an einem anderen Orte wohnen müssen, haben während dieses Zustandes Anspruch darauf, dass ihnen als Ausgleich für die durch den doppelten Wohnsitz entstehenden Mehrausgaben auf die Dauer von längstens 26 Wochen ein Zuschlag von mindestens 20 v. H. ihres in den letzten 3 Monaten verdienten Durchschnittslohns oder Gehalts gezahlt wird, soweit nicht durch Tarif vertrag eine höhere Entschädigung vereinbart wird.

Die Entschädigung ist von demjenigen zu zahlen, der die Erzeugungsfähigkeit des stillgelegten Betriebs übernommen hat.

Alle Streitigkeiten, die sich über die Ansprüche der Arbeiter oder Angestellten aus diesen Bestimmungen ergeben, unterliegen den Entscheidungen eines Schieds- gerichts. Das Schiedsgericht besteht aus je zwei Vertretern der Arbeitgeber und Arbeiter und einem unparteiischen Vorsitzenden. Bei Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Angestellten wirken an Stelle der zwei Vertreter aus den Kreisen der Arbeiter zwei Vertreter aus den Kreisen der Angestellten mit. Den Vorsitzenden ernennt der Reichswirtschaftsminister.

Gegen die Entscheidung des Schiedsgerichts ist innerhalb von einem Monat von der) Zustellung des Schiedsspruchs an der ordentliche Rechtsweg zulässig, wenn die Entscheidung mit weniger als vier Stimmen erfolgt ist. In der Entscheidung ist das Stimmverhältnis anzugeben.

§ 122). Wer ohne die nach diesem Gesetz erforderliche Erlaubnis Zündhölzer herstellt,

kann hieran durch polizeilichen Zwang nach Massgabe der Landesgesetze gehindert werden.

§ 13. Wer ohne die nach diesem Gesetz erforderliche Erlaubnis Zündhölzer herstellt,

wird mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu 6 Monaten bestraft.

§ 14. Wer die nach § 8 erforderlichen Anzeigen nicht oder nicht rechtzeitig macht,

wird mit Geldstrafe bis zu 150 RM. oder mit Haft bestraft.

§ 153). Mit Geldstrafe wird bestraft, wer vorsätzlich die gemäss § 9 Abs. 2 von dem

Reichflwirtschaftsminister festgesetzten Preise überschreitet.

') Dieser Paragraph fehlte im Entwurf. *) Die §§ 12-14 sind im Entwurf die §§9-11. ») § 15 fehlte im Entwurf.

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280 Deutsches Reichsges. über die Erlaubnispflicht für die Herstellung von Zündhölzern.

§ 161). Die durch die Erteilung oder Versagung der Erlaubnis entstehenden Kosten

trägt der Antragsteller. Die Beitreibung dieser Kosten erfolgt nach den Vorschriften über die Beitreibung von Gemeindeabgaben.

§ H1). Der Reichswirtschaftsminister kann mit Zustimmung des Reichsrats zur

Durchführung dieses Gesetzes allgemeine Verwaltungsvorschriften erlassen.

§ 181). Die Vorschriften der Reichsgewerbeordnung über die Errichtung und den

Betrieb von Anlagen zur Herstellung von Zündhölzern bleiben unberührt; auch im übrigen finden die Vorschriften der Gewerbeordnung auf die Herstellung von Zündhölzern insoweit Anwendung, als nicht in diesem Gesetze besondere Be- stimmungen getroffen sind.

§ 191). Dieses Gesetz tritt mit dem auf die Verkündung folgenden Tage in Kraft2).

Den Zeitpunkt des Ausserkrafttretens bestimmt die Reichsregierung. Das Gesetz ist ausser Kraft zu setzen, wenn es der Reichsrat oder der Reichstag

verlangt3).

Begründung zum Gesetzentwurf vom 28. Februar 1927 4).

Der schwedisch-amerikanische Zündholztrust, der bereits den grössten Teil der Weltproduktion an Zündhölzern kontrolliert, hat in der Nachkriegszeit auch in Deutschland Fuss gefasst und im Laufe des letzten Jahres, gestützt auf seine grosse Kapitalmacht, seinen Einfluss durch Angliederung weiterer Betriebe stark ausgedehnt, so dass heute über 70 v. H. der deutschen Produktion in seiner Hand oder doch mittelbar von ihm abhängig sind. Diese Entwicklung ist dadurch wesent- lich gefördert worden, dass die deutsche Zündholzindustrie seit langer Zeit unter starker Ueberproduktion leidet. Die Betriebe sind jetzt im Durchschnitt nur noch zu etwa 50 v. H. beschäftigt. Versuche, zu Abmachungen über Produktion, Absatz und Preise zu gelangen, sind aus der Industrie heraus mehrfach unternommen worden; doch haben sie einen Erfolg nicht gehabt. Die Ueberproduktion hat viel- mehr zu schärfster gegenseitiger Unterbietung geführt, durch welche die Preise vielfach unter die Herstellungskosten herabgedrückt wurden. Um diesen für die gesamte Zündholzindustrie verlustreichen Konkurrenzkampf zu beenden, hat ein Teil der deutschen Zündholzbetriebe, der in dem „Verein Deutscher Zündholz- fabrikanten" zusammengeschlossen ist, die Wiedereinführung der Zwangskontingen- tierung gefordert, wie sie im Jahre 1909 bis 1919 bestanden hat5); die Zünd waren -

a) Die §§ 16-19 sind im Entwurf die §§ 12-15. 2) Am 5. Juni 1927. s) Dieser Absatz fehlte im Entwurf. 4) Reichstag. III. 1924/27. Drucks. Nr. 3057. *) Siehe Zündwarensteuergesetz. vom 15. Juli 1909, §3; es ist mitgeteilt im Finanzarchiv

27 (1910) S. 326, das Gesetz vom 10. September 1919 im Finanzarchiv 37 (1920) S. 265. Ueber die Gesetze vom 8. April 1922, 9. Juli/ 11. August 1923, 21. Dezember 1924 siehe Finanzarchiv 3© (1922) S. 647; 40 (1923) S. 465, 466; 41 (1924) S. 212.

Durch Gesetz vom 10. August 1925 wurde die Steuer vom 1. Oktober 1925 ab folgender- massen festgesetzt:

1. für Zündhölzer, für Zündspänehen und für Zündspänehen aus Strohhalmen, Pappe oder sonstigen Stoffen a) in Schachteln oder Behältnissen mit einem Inhalt von weniger als 21 Stück 0,2 Reichspfennige, von 21 bis 30 Stück 0,3 RPf., von 31 bis 60 Stück 0,6 RPf. für jede Schachtel

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Deutsches Reichsges. über die Erlaubnispflicht für die Herstellung von Zündhölzern. 281

Steuer sollte für bestimmt kontingentierte Produktionsmengen der einzelnen Be- triebe stark ermässigt und die über diese Kontingente hinaussehende Produktions- menge hoch besteuert werden. Der Verein Deutscher Zündholzfabrikanten erhoffte von dieser Massnahme, dass den deutschen Zündholzfabriken der Absatz des ihnen zugestandenen Kontingents und damit bei entsprechender Bemessung dieser Kontingente ihr Bestand gesichert werde.

Nachdem mehrfach auch aus dem Reichstag in Interpellationen und Anfragen auf die Schutzbedürftigkeit der deutschen Zündholzindustrie hingewiesen worden war (Anfrage Nr. 169 und Interpellation Nr. 2246 und Nr. 2456 der Reichstags- drucksachen), hat die Reichsregierung Veranlassung genommen, den Vorläufigen Reichswirtschaftsrat um die Erstattung eines Gutachtens in dieser Frage zu ersuchen. Der von dem Reichswirtschaftsrat eingesetzte Ausschuss ist nach Ver- nehmung einer grösseren Anzahl von Sachverständigen und Interessenten zu einer Ablehnung der Zwangskontingentierung gekommen, weil die Zwangskontingen- tierung den schwedisch-amerikanischen Zündholztrust auf seinem Wege zur Er- richtung eines Monopols nicht würde aufhalten können. Gleichzeitig aber empfahl der Reichswirtschaftsrat Verhandlungen unter den Interessenten zum Zwecke der Schaffung einer gemeinsamen Vertriebsorganisation, deren Preispolitik in gewissem Umfang der Aufsicht der Regierung unterliegen sollte.

Die im Anschluss hieran unter den beteiligten Gruppen eingeleiteten Ver- handlungen haben zu dem Ergebnis geführt, dass eine Einigung nahezu der gesamten Zündholzindustrie, d. h. der Trustfabriken und der unabhängigen Fabriken ein- schliesslich der über eigene Werte verfügenden Grosseinkaufsgesellschaft deutscher Konsumvereine, erzielt worden ist. Die vorgenannten Gruppen haben gemeinsam eine Zündholzverkaufs- Aktiengesellschaft gegründet und sich mit Ausnahme der Grosseinkaufsgesellschaft deutscher Konsumvereine verpflichtet, in Zukunft ihre gesamte Produktion dieser Verkaufsgesellschaft zur Verfügung zu stellen, die ihrer- seits den Absatz im Inland und Ausland übernimmt. Die Grosseinkaufsgesellschaft deutscher Konsumvereine wird dagegen die ihr angeschlossenen Organisationen nach wie vor unmittelbar beliefern und unterliegt keinen Beschränkungen hin- sichtlich der Menge ihrer Produktion, verpflichtet sich aber, nicht an Dritte zu verkaufen. Für alle anderen Werke werden die Preise, die Lieferungsbedingungen sowie die Gesamtmenge der herzustellenden Zündhölzer von Zeit zu Zeit durch den Aufsichtsrat der Verkaufsgesellschaft festgesetzt. Diese Mengen werden auf die einzelnen Unternehmungen in der Weise umgelegt, dass 65 v. H. auf die von dem schwedischen Trust abhängigen Betriebe und 35 v. H. auf die unabhängigen Betriebe entfallen. An dem Gesellschaftskapital ist die schwedische Gruppe trotz ihres grösseren Anteils an der Produktion nur mit 50 v. H. beteiligt, während sich in die restlichen 50 v. H. die unabhängigen Fabriken, die Grosseinkaufsgesellschaft deutscher Konsumvereine und die Reichs-Kredit-A.-G. teilen. Der Verkauf von Zündholzbetrieben, Produktionsquoten und Aktien ist durch besondere Bestimmung in der Weise geregelt worden, dass eine Verschiebung des Stimmenverhältnisses zwischen der schwedischen und deutschen Gruppe innerhalb derVerkauf sgesellschaf t ausgeschlossen ist.

Sowohl die dem Trust angeschlossenen wie die unabhängigen Fabriken und die Grosseinkaufsgesellschaft deutscher Konsumvereine haben sich ein Rück- trittsrecht von diesem Vertrage vorbehalten, wenn nicht die Reichsregierung bis zum 1. März 1927 ein Gesetz erlässt, durch das die Errichtung neuer Fabriken in Deutschland verhindert oder an die Genehmigung der Reichsregierung geknüpft wird, und die Reichsregierung nicht die Genehmigung versagt, solange der deutsche Bedarf gedeckt wird.

oder jedes Behältnis, b) in Schachteln oder anderen Behältnissen mit einem Inhalt von mehr als 60 Stück 0,6 RPf. für je 60 Stück oder einen Bruchteil davon; 2. für Zündkerzen aus Stearin, Wachs oder ähnlichen Stoffen a) in Schachteln oder anderen Behältnissen mit 20 oder weniger Zündkerzen 2 RPf. für jede Schachtel oder jedes Behältnis, b) in grösseren Packungen für je 20 Zündkerzen oder einen Bruchteil davon 2 RPf. Die höheren Steuersätze treten nicht ein, wenn die angegebenen Stückzahlen um nicht mehr als 10 v. H. überschritten werden.

Durch dieses Gesetz ist also die durch Gesetz vom 9. Juli 1923 eingeführte 60%ige Wert- besteuerung mit Fakturazwang aufgegeben und wieder zur Mengenbesteuerung zurückgekehrt worden.

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282 Deutsches Reichsges. über die Erlaubnispflicht für die Herstellung von Zündhölzern.

Der Vorläufige Reichswirtschaftsrat hat zu diesem Zusammenschlüsse der Zündholzindustrie auf Veranlassung der Reichsregierung in einem weiteren Gut- achten Stellung genommen. Er sieht in den zwischen den verschiedenen Gruppen geschlossenen Verträgen im Gegensatze zu der Zwangskontingentierung eine brauch- bare Lösung und einen Weg, zu einer Gesundung der Zündholzindustrie zu gelangen, gleichzeitig aber auch den kleineren selbständigen Werken die Erhaltung ihres Bestandes und ihrer Selbständigkeit zu ermöglichen. Durch den jetzigen Zu- sammenschluss wird vor allem der Konkurrenzkampf, dem die kapitalschwachen Betriebe auf die Dauer nicht gewachsen sind, beendet; die notwendigen Umstel- lungen und Zusammenfassungen in der Produktion können planmässig durch- geführt werden. Dabei liegt für die trustfreien Fabriken eine besondere Sicherung in den erwähnten Vertragsbestimmungen über den Aktienbesitz, die eine Majori- sierung der deutschen Gruppen in der Zündholz-Verkauf s-A.G. durch den schwe- disch-amerikanischen Trust ausschliessen. Ferner werden den notleidenden Werken Mittel zugeführt, deren sie zur Weiterführung ihres Betriebs und damit zur Erhal- tung ihrer Selbständigkeit dringend bedürfen. Auf Grund seiner Erhebungen ist der Vorläufige Reichswirtschaftsrat zu der Ueberzeugung gekommen, dass der Zusammenschluss in der deutschen Zündholzindustrie nur dann von Bestand sein wird, wenn die Durchführung der geplanten Umstellungen und Zusammen- fassungen nicht durch Errichtung neuer Anlagen in ihrer finanziellen Wirkung gefährdet wird. In Uebereinstimmung mit der Industrie hat er sich daher für eine Beschränkung der Errichtung neuer Betriebe ausgesprochen.

Die Reichsregierung glaubt nach eingehender Prüfung der ganzen Sachlage, der deutschen Zündholzindustrie zur Durchführung des von dem Vorläufigen Reichswirtschaftsrat empfohlenen Gesundungsplans die Mitwirkung nicht versagen zu sollen. Sie erkennt die Gründe, die den Vorläufigen Reichswirtschaftsrat zu seiner Stellungnahme veranlasst haben, als berechtigt an und ist der Ansicht, dass die schwierige Lage der deutschen Zündholzindustrie gegenüber dem schwedisch - amerikanischen Zündholztrust besondere Massnahmen rechtfertigt, um die nach langwierigen Verhandlungen erzielte Einigung zu sichern. Die Mitglieder der Zündholz- Verkauf s-A.G. haben, da die Grosseinkaufsgesellschaft deutscher Kon- sumvereine an ihren Kundenkreis, die anderen Mitglieder an ihre Produktions- beteiligungen gebunden sind, kein Interesse, ihre Anlagen über die damit gesetzte Grenze hinaus zu erweitern. Es muss aber damit gerechnet werden, dass Aussen- seiter trotz der starken Ueberproduktion in der deutschen Zündholzindustrie neue Anlagen zu Spekulationszwecken zu errichten versuchen oder auch nur die Er- richtung neuer Betriebe in Aussicht nehmen, um die Zündholz- Verkauf S-A.G. zur Zahlung erheblicher Abstandssummen zu veranlassen. Falls der Bau neuer Fabriken nicht beschränkt würde, wäre mit der Aufhebung des Vertrags und dem Wieder- aufleben des Konkurrenzkampfs zu rechnen. Dieser Kampf würde voraussichtlich in Kürze mit dem Siege des schwedisch-amerikanischen Trustes enden und damit zu einem Privatmonopol in ausländischer Hand führen.

Obwohl durch die vorgeschlagene Regelung der freie Wettbewerb in der deutschen Zündholzindustrie ausgeschaltet wird, sind gleichwohl hiervon Benach- teiligungen der Verbraucher nicht zu erwarten. Denn einmal haben die vertrag- schliessenden Teile der Reichsregierung das Recht eingeräumt, gegen Preis- erhöhungen der Zündholz- Verkauf S-A.G. Einspruch zu erheben und auch eine Herabsetzung der Preise zu verlangen, wenn die Reichsregierung es aus Gründen des öffentlichen Wohles für notwendig erachten sollte. Falls der Einfluss der Reichsregierung auf die Preisbildung beeinträchtigt werden sollte, wird sie auf Grund des ihr durch § 15 (Gesetz § 19) eingeräumten Rechtes das Gesetz ausser Kraft setzen. Sodann aber hat die Reichsregierung die Möglichkeit, jederzeit durch die Zulassung neuer Zündholzfabriken einer ungerechtfertigten Preispolitik der Zündholz- Verkauf s-A.G. entgegenzutreten. Das Gesetz trägt also den Bedürf- nissen der Zündholzindustrie Rechnung, ohne nennenswerte Nachteile für die Verbraucher in sich zu schliessen.

Zu den einzelnen Vorschriften des Gesetzes ist folgendes zu bemerken: § 2: Nach Abs. 1 ist die Erlaubnis für die Errichtung neuer Zündholzbetriebe

zu erteilen, wenn ein volkswirtschaftliches Bedürfnis vorliegt. Da nach den zwischen 750

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Deutsches Reiehsges. über die Erlaubnispflicht für die Herstellung von Zündhölzern. 283

den Parteien geschlossenen Verträgen die Grosseinkaufsgesellschaft deutscher Konsumvereine berechtigt ist, die ihr angeschlossenen Organisationen in Höhe ihres gesamten Zündholzbedarfs auch in Zukunft unmittelbar zu beliefern, bestehen keine Bedenken, die Bestimmung des Abs. 1 dahin auszulegen, dass der genannten Grosseinkaufsgesellschaft die Errichtung von Neuanlagen zur Versorgung des ihr vertraglich vorbehaltenen Abnehmerkreises ohne weiteres genehmigt wird.

Durch die Uebergangsvorschrift des Abs. 2 im § 2 soll eine Schädigung der- jenigen Unternehmer vermieden werden, die in Unkenntnis der beabsichtigten Beschränkung des Baues von Zündholzfabriken bereits die Errichtung einer Zündholzfabrik in Angriff genommen haben.

§ 3 : Die persönliche und sachliche Beschränkung der Erlaubnis im § 3 Abs. 1 soll einerseits zur Durchführung einer gesicherten Kontrolle verhindern, dass mit der Veräusserung eines Betriebs die Erlaubnis ohne weiteres auf den Erwerber übergeht, und anderseits ausschliessen, dass der Inhaber einer Erlaubnis auch noch andere als die zunächst beabsichtigten Anlagen errichten kann. Der im Abs. 2 des § 3 vorgesehene Uebergang der Genehmigung auf die Witwe oder die Ab- kömmlinge des Unternehmers entspricht einer auch im § 46 der Reichsgewerbe- ordnung zum Ausdruck gekommenen Billigkeitserwägung.

§ 4: Die Bestimmung im § 4 entspricht einem Grundgedanken des deutschen Gewerberechts, der für die sonstigen Gewerbezweige ebenfalls bereits in der Reichs- gewerbeordnung § 40 Abs. 1 zum Ausdruck gekommen ist.

§ 5 : Bei den im § 5 vorgesehenen Auflagen ist in erster Linie daran gedacht, von dem Antragsteller eine dem volkswirtschaftlichen Bedürfnis entsprechende Mindesterzeugung von Zündhölzern zu verlangen, ferner auch daran, durch Auf- erlegung besonderer Verpflichtungen die wirtschaftliche Unabhängigkeit des neuen Unternehmens von der Zündholz-Verkauf s-A.G. zu sichern.

§ 6: Das Erlöschen der Erlaubnis nach § 6 Ziff. 1 hat den Grund, dass die Zulassung eines neuen Unternehmens ihren wirtschaftlichen Zweck nur dann erfüllen kann, wenn innerhalb der für die Errichtung einer neuen Fabrik reichlich bemessenen Frist von 18 Monaten auch tatsächlich mit der Herstellung von Zündhölzern begonnen wird.

§ 7 : Nach § 7 unterliegen Betriebe, die bei Inkrafttreten des Gesetzes seit mindestens 3 Monaten an ihrer gegenwärtigen Betriebsstelle Zündhölzer herstellen, nicht den Bestimmungen des Gesetzes über die Erlaubnispflicht. Sie dürfen also grundsätzlich ohne Erlaubnis Zündhölzer herstellen und ein durch Veräusserung oder durch Erbgang eintretender neuer Betriebsinhaber bedarf nicht der Erlaubnis. Diesen Betrieben ist ferner eine Erweiterung ihrer Erzeugungsfähigkeit bis zu 331/3 v. H. gestattet worden, um für eine Modernisierung der Anlagen den not- wendigen Spielraum zu lassen. Für eine darüber hinausgehende Erweiterung der Erzeugungsfähigkeit ist im allgemeinen zwar eine Erlaubnis erforderlich. Falls aber die Erzeugung mehrerer Betriebe zusammengefasst und aus diesem Grunde die Erzeugungsfähigkeit eines Betriebs erweitert wird, soll dieses auch über 33V3 v. H. hinaus ohne eine Erlaubnis möglich sein, um eine derartige, sich als notwendig erweisende Entwicklung nicht zu behindern. Die Wiederaufnahme der Erzeugung von Zündhölzern in den aus wirtschaftlichen Gründen stillgelegten Betrieben ist zweckmässigerweise von dem Nachweis des volkswirtschaftlichen Bedürfnisses abhängig zu machen und unterliegt deshalb ebenfalls der Erlaubnis des Reichswirtschaftsministers.

§ 8: Die im § 8 vorgesehenen Anzeigen sind erforderlich, um die Einhaltung der in diesem Gesetze vorgesehenen Fristen nachprüfen zu können.

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284 Deutsches Reiclisges. über die Erlaubnispflicht für die Herstellung von Zündhölzern.

Bericht des zur Beratung eines Gutachtens über Fragen der deutschen Zfindholzindustrie eingesetzten Arbeitsausschusses Tom 19. Juli 1926.

(Vorläufiger Wirtschaftsrat Tgb.-Nr. 1877/26.)

Unter dem 15. Juni ( 1926) hatte der Ausschuss auf Ersuchen des Herrn Reichs- wirtschaftsministers an den Wirtschaftspolitischen Ausschuss des Vorläufigen Reichswirtschaftsrats ein Gutachten erstattet, über den Kampf des schwedischen Zündholztrustes gegen die noch freien deutschen Zündholzfabriken und über die Vorschläge, die zur Abwehr in diesem Kampfe seitens der deutschen Zündholz- fabriken der Reichsregierung unterbreitet waren. Der Ausschuss hatte, um sich ein Urteil über die Lage zu bilden, eine grosse Reihe von Sachverständigen und Interessenten vernommen, darunter auch den Generaldirektor des schwedischen Zündholztrustes Herrn IvarKreuger aus Stockholm, der sich dem Ausschuss zur Auskunfterteilung zur Verfügung gestellt hatte. Das Ergebnis der Ausschuss- untersuchungen war damals, dass die Verhältnisse in der Zündholzindustrie dringend einer Rationalisierung bedürften, und zwar viel weniger nach der rein betriebstechnischen als nach der kommerziellen Seite. Der Ausschuss konnte nicht verkennen, dass die* Bestrebungen des schwedischen Trustes beim Aufkauf deutscher Fabriken wesentlich eine solche Rationalisierung begünstigen. Er musste erklären, dass die Vorschläge der freien deutschen Fabriken auf keinen Fall die notwendige Rationalisierung herbeiführen, dass sie aber vor allem nicht einmal dem weiteren Aufkauf der Fabriken durch den Trust Einhalt tun könnten, vielmehr war die Wahrscheinlichkeit, dass, gleichgültig, ob man die den deutschen Fabriken zuge- teilten Kontingente übertragbar machte oder nicht, weitere Aufkäufe von Fabriken erfolgen und für den Trust nutzbringend sein würden. Der schliessliche Sieg des Trustes schien dem Ausschuss schon wegen der ausserordentlichen kapitalistischen Ueberlegenheit des Trustes unbezweifelbar.

Eine andere Frage war, ob in diesem Falle der Trust das faktische Monopol über die deutschen Zündholzwerke erlangen würde. Der Ausschuss glaubte, das nach dem Ergebnis seiner Untersuchungen für durchaus unwahrscheinlich halten zu müssen, insbesondere weil die Fabriken der Grosseinkaufsgesellschaften deutscher Konsumvereine, die heute bereits etwa 7 v. H. der deutschen Zündholzfabrikation herstellen, in der Lage sind, in kurzer Zeit ihre Produktionsfähigkeit auf 20 v. H. der wahrscheinlichen Aufnahmefähigkeit Deutschlands auszudehnen, und weil für spätere Zeit weitere Ausdehnungsmöglichkeit, insbesondere aber auch die Ver- bindung der deutschen Konsumvereinsfabriken mit den finnischen durchaus im Bereiche der Möglichkeit lag. Das damalige Gutachten des Ausschusses schloss mit folgenden Sätzen:

„Für die Reichsregierung ergibt sich nach der Auffassung des Ausschusses die Notwendigkeit, Vorkehrungen zu treffen, die es ermöglichen, die Preispolitik der deutschen Zündholzindustrie unter ständiger Kontrolle zu halten. Der Schweden- trust hat sich bereit erklärt, eine derartige Reichskontrolle anzuerkennen und mit den noch freien Fabriken Abmachungen über Preis und rationelle Verteilung der Produktion zu treffen. Im Zusammenhang damit ist auch bereits im Ausschuss die Möglichkeit der Schaffung einer Vertriebsorganisation unter Beteiligung des Reichs erwogen.

Der Ausschuss empfiehlt den zuständigen Reichsinstanzen, diese Möglichkeit eingehend zu prüfen und stellt sich der Reichsregierung zur weiteren Mitarbeit zur Verfügung."

Diese Anregung des Ausschusses ist auf fruchtbaren Boden gefallen. Unter Beteiligung der Reichsregierung haben sich die schwedischen und deutschen Interessenten zu Verhandlungen bereit gefunden, als deren Ergebnis eine Reihe von Verträgen zu betrachten sind, die in ihrer Gesamtheit die Gründung eines Syndikats sämtlicher in Deutschland arbeitenden Zündholzfabriken - und zwar sowohl der bereits in schwedischem Besitz befindlichen wie der noch freien als auch der Fabriken der Grosseinkaufsgesellschaft deutscher Konsumvereine - be- schlossen. Der Reichswirtschaftsminister hat diese Verträge dem Ausschuss vor-

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Deutsches Reichsges. über die Erlaubnispflicht für die Herstellung von Zündhölzern. 285

gelegt und ihn ersucht, ihm ein Gutachten zu erstatten. Der Ausschuss gibt sein Gutachten wie folgt ab:

1. Das durch die Verträge gegründete Syndikat ergibt diejenigen Rationali- sierungsmöglichkeiten, die der Ausschuss für die deutsche Zündholzindustrie auch in seinem ersten Gutachten für unbedingt notwendig erklärt hat. Die Verträge gestatten die Zusammenlegung von Fabriken und insbesondere die Verteilung der Auftragsausführung an diejenigen Fabriken, die im Verhältnis zum Käufer am günstigsten liegen. Dadurch wird eine rationelle Frachtenverteilung möglich. Es wird durch die Bestimmungen der Syndikatsverträge aber innerhalb der einzelnen Fabriken auch eine betriebstechnische Rationalisierung insofern möglich, als Kredite bis zur Höhe von 150 000 RM. pro Komplettmaschine allen Syndikats- teilnehmern zur Verfügung gestellt werden, die die vorgeschriebenen Bedingungen erfüllen. Dadurch sind die Kreditnehmer in der Lage, die neuesten Modelle der Komplettmaschinen im Wechsel gegen ihre bisherigen aufzustellen und dadurch bessere Qualitäten mit geringerem Arbeitsaufwand herzustellen.

2. Bei den internen Verhandlungen, die dem Abschluss der Verträge voraus- gingen, hat sich ergeben, dass in Wirklichkeit die Verfügung über die deutsche Produktion seitens des Schwedentrustes bereits erheblich weiter entwickelt war, als der Ausschuss bei seiner ersten Beratung annehmen konnte. Er nahm damals an, dass der Schwedentrust 64 v. H. der deutschen Produktion herstelle und dem Verein deutscher Zündholzfabriken sowie den keiner Gruppe angehörigen deutschen Fabriken ein tatsächliches Kontingent von 29 v. H. verbleibe, abgesehen von den 7 v. H., die durch die Grosseinkaufsgesellschaft deutscher Konsumvereine her- gestellt wurden. Der Ausschuss hatte damals nach den Angaben, die ihm gemacht wurden, in das Kontingent des Schwedentrustes nur die Produktion derjenigen Fabriken eingerechnet, die sich entweder vollkommen im Besitz des Schweden- trustes befanden oder deren Aktien wenigstens teilweise vom Schwedentrust an- gekauft waren. Die Verhandlungen ergaben aber, dass die Jahresproduktion der Union-Zündholzfabrik, die als eine freie Fabrik galt, auf eine ganze Reihe von Jahren an den Trust verpachtet ist. Berücksichtigt man diesen Umstand, so ergibt sich, dass der faktische Produktionsanteil der für den Markt produzierenden noch freien deutschen Fabriken sich nur auf 18 - 20 v. H. stellt. Es ist nun in den Ver- handlungen gelungen, der noch freien deutschen Produktion ein Kontingent von 35 v. H. zu sichern, was zweifellos angesichts der bestehenden Verhältnisse als günstiger Erfolg beurteilt werden muss.

3. Der Schwedentrust hat sich ferner bereit erklärt, ein Exportquantum von 5000 Kisten fest zu übernehmen, und zwar zu „Weltmarktpreisen", die nach den Durchschnittspreisen bestimmter ausländischer Monopole berechnet werden. Die endgültige Abrechnung dieses Exportquantums erfolgt aber zu den tatsächlich erlösten Preisen abzüglich der billigen Kommissionsgebühr für die Schweden. Das bedeutet an sich bereits eine Verbesserung der Produktionslage der deutschen Fabriken. Das Verhältnis ist aber dadurch noch günstiger gestaltet, dass die Auf- stellung des Exportkontingentes zwischen den vom Schwedentrust beherrschten und den deutschen freien Fabriken nicht nach ihrem Syndikatskontingent 65 : 35 erfolgt, sondern dass die Beteiligung an dem Exportquantum von 5000 Kisten zu 50 v. H. den freien deutschen Fabriken zugeteilt ist.

4. Das neue Syndikat führt tatsächlich zu einem Zündholzmonopol. Wäh- rend man noch zweifelhaft sein konnte, ob die Erringung des Sieges des Schweden- trustes über die freien Fabriken faktisch zu einem Monopol führen würde, ist das gegenüber diesem Syndikat (namentlich unter Berücksichtigung des in Ziff. 6 er- wähnten Sperrgesetzes) nicht zu leugnen. Schon deshalb nicht, weil dem Syndikat die Fabriken der Grosseinkaufsgesellschaft deutscher Konsumvereine angegliedert sind. Die Mitgliedschaft der Konsumvereinsfabriken ist allerdings nur bedingt. In Wahrung des besonderen Charakters der konsumgenossenschaftlichen Produktion haben sich die Fabriken weder verpflichtet, die Syndikatspreise für ihre Verkäufe als massgebend anzuerkennen, noch sind sie eingegliedert in das Kontingent- system. Sie sind nur die Verpflichtung eingegangen, auf dem freien Markt überhaupt nicht zu verkaufen, wogegen ihnen gewisse Zugeständnisse hinsichtlich ihres Abnehmerkreises und des Ausbaues ihrer Produktionsfähigkeit gemacht worden

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sind. Aber die Verpflichtung der Genossenschaften, nicht als Konkurrenten auf dem freien Markt aufzutreten, schaltet sie natürlich auch für den Fall eines Miss- brauchs des Monopols durch die privatwirtschaftlich betriebenen Zündholzfabriken als Mittel zur Bekämpfung der dadurch entstehenden volkswirtschaftlichen Schaden aus. Es war deshalb vom Ausschuss zu untersuchen, welche Möglichkeiten durch die Vertrage dafür geschaffen sind, dass weder die Gesamtheit der Zündholzfabriken ihr Monopol zur Ausbeutung der Konsumenten benutzt, oder dass gar durch das Monopol wieder der Schwedentrust in die Lage versetzt wird, die Ausbeutung der deutschen Konsumenten zu betreiben.

5. Hinsichtlich der Vorherrschaft, die eventuell der Schwedentrust innerhalb des Kartells erringen könnte, sind wirksame Vorkehrungen dadurch getroffen worden, dass die Aktien der Syndikatsgesellschaft, deren Kapital insgesamt 1 Mill. Mk. betragt, nicht nach der Kontingentquote, sondern in der Weise verteilt sind, dass die Hälfte der Aktien dem Schwedentrust, die andere Hälfte den deutschen Beteiligten bzw. der Reichskreditgesellschaft gehören soll. Die Aktien lauten auf den Namen. Aktienurkunden werden nicht ausgegeben, die Aktienrechte sind viel- mehr nur im AJrtaenbuch beurkundet. Der deutsche Aktienanteil ist ausserdem noch in der Weise gepoolt, dass sämtliche deutsche Aktienbesitzer ihre insgesamt 50 v. H. des Aktienkapitals ausmachenden Aktien auf eine Zündholzaktienver- waltungsgesellschaft mit beschränkter Haftung übertragen und das Stimmrecht dieser Aktien auf die Gesellschaft übergeht. Der Verkauf der Aktien bleibt den einzelnen Besitzern unbenommen, ohne dass der Verwaltung das Stimmrecht der Aktien entzogen werden kann. Die Veräusserung des Geschäftsanteils der Zündholz- aktien verwaltungs-G. m. b. H. an andere Persönlichkeiten ist nur mit Genehmigung des Aufsichtsrats zulässig. Infolge dieser Bestimmungen ist es zwar dem Schweden- trust möglich, durch Aufkauf weiterer deutscher Aktiengesellschaften deren Kontingente zu Rationalisierungszwecken zu verwenden, aber er kann dadurch niemals deren Stimmrecht im Syndikat kaufen. Er kann infolgedessen auch auf die Aufsichtsratsstellen bestimmenden Einfluss über den ihm zustehenden hälftigen Anteil hinaus nicht gewinnen. Es erscheint deshalb ausgeschlossen, dass innerhalb des Syndikats die Schwedengruppe die Herrschaft und damit einen übermächtigen Einfluss auf die Festsetzung der Verkaufspreise an sich reisst.

6. Die Reichsregierung hat es an sich für richtiger gehalten, statt einer Ent- wicklung zuzusehen, die zu übermächtigem Einfluss einer ausländischen Gruppe auf dem Zündholzmarkt führen und damit vielleicht doch stärkere monopolistische Folgen haben könnte, als sich im Augenblick voraussehen lässt, lieber selbst die Initiative zu ergreifen, um das Monopol herbeizuführen, es aber gleichzeitig so zu gestalten, dass eine willkürliche Beherrschung des Marktes ausgeschlossen ist. Sie glaubt das in der Weise zu erreichen, dass sie sich durch die Syndikats vertrage gegen die vom Aufsichtsrat des Syndikats festgesetzten Verkaufspreise in den Verträgen ein Widerspruchsrecht gegen die Preise hat bestätigen lassen. Und zwar steht ihr das Recht gegen solche Preiserhöhungen zu, welche gegen das öffentliche Wohl verstossen. Ausserdem ist der Regierung das Recht eingeräumt, eine Herab- setzung der Preise zu verlangen, wenn dies aus zwingenden Gründen des öffentlichen Wohles erforderlich erscheint. Durch diese Bestimmung erscheint tatsächlich das Interesse der Konsumenten und der allgemeinen Volkswirtschaft in hinreichendem Masse gesichert.

Nun haben die Vertragsparteien verlangt, dass die Voraussetzung zur Gültig- keit der zwischen ihnen geschlossenen Verträge die Annahme einer Art von Sperr- gesetz durch den Reichstag sei. Sie haben den folgenden Gesetzestext vorge- schlagen:

„Die Errichtung neuer und die Umwandlung bestehender Betriebe in Betriebe zur Herstellung von Zündhölzern ist nur mit Genehmigung des Reichswirtschafts- ministers zulässig.

Als Errichtung eines neuen Betriebes gilt auch die Erweiterung eines be- stehenden Betriebes um mehr als 331/3 v. H. der Erzeugungsfähigkeit.

Sofern mit der Errichtung oder Umwandlung von Betrieben vor Inkrafttreten dieses Gesetzes begonnen worden ist, ist der Eigentümer verpflichtet, dem Reichs- wirtschaftsminister von solchen Arbeiten bis zum Mitteilung zu

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Deutsches Reichsges. über die Erlaubnispflicht für die Herstellung von Zündhölzern. 287

machen. Der Reichswirtschaftsminister kann die Fortsetzung oder Umwandlung der Betriebe verbieten."

Hierzu ist zu bemerken, dass in ihren ursprünglichen Vorschlägen an die Reichsregierung um Zwangskontingentierung zum Schütze gegen das weitere Vordringen des Schwedentrustes die freien deutschen Fabriken ebenfalls ein Sperr- gesetz verlangt hatten, und zwar in der scharfen Form, dass die Errichtung weiterer Zündholzfabriken verboten werden soll. Die Stattgabe dieses Verlangens hätte zur Folge gehabt, dass den vorhandenen Zündholzfabriken ein Monopol überliefert worden wäre, ohne aber die Sicherheit zu geben, dass dieses Monopol nicht schliess- lich doch einseitig in die Hand des Schwedentrustes gelangte. Das Sperrgesetz in der jetzt vorgeschlagenen Form macht natürlich, solange neue Fabriken infolge dieses Gesetzes nicht genehmigt werden, das dem Zündholzsyndikat gegebene Monopol erst perfekt. Aber da es sich diesmal nicht um das Verbot der Errichtung von Fabriken, sondern um die Genehmigungspflicht der Fabriken handelt, so ist dadurch gleichzeitig in die Hand der Regierung eine sehr wirksame Möglichkeit gegeben, ihrem Recht auf Preiskontrolle und Preisbeeinflussung Nachdruck zu verleihen. Der Ausschuss spricht sich deshalb für den Erlass des vorgeschlagenen Sperrgesetzes aus. Er glaubt aber vorschlagen zu müssen, dass im Gesetz die Ver- pflichtung der Regierung zur Erteilung der Genehmigung neuer Fabriken für den Fall vorgesehen werden muss, dass der Inlandsbedarf durch die bestehenden Fabri- ken auch bei voller Beschäftigung nicht mehr gedeckt wird. Auf der anderen Seite aber würde es wünschenswert sein, in dem Gesetz auch festzulegen, dass die erteilte Genehmigung zur Neueinrichtung von Fabriken jederzeit zurückgezogen werden kann, wenn deren Bau und Betrieb nicht in einer angemessenen Zeit in Angriff genommen wird. Denn es muss unter allen Umständen verhütet werden, dass die Nachsuchung oder Erlangung der Errichtungsgenehmigung lediglich zu dem Zwecke erfolgt, erpresserische Einwirkungen auf das Syndikat zu üben, die durch die gezahlten Abfindungen neue Kapitalsbelastungen und daher unnötige Gestehungs- unkosten und hohe Preise zur Folge haben.

Berlin, den 19. Juli 1926. Vorsitzender des Wirtschaftspolitischen Aus- schusses: Hans Kraemer; Berichterstatter: Georg Bernhard.

Gutachten vom 22. Februar 1927 zu dem Entwurf eines Gesetzes über die Erlaubnispflicht für die Herstellung von Zündhölzern.

(Vorläufiger Reichswirtschaftsrat Tgb.-Nr. 557/27.)

Der Wirtschaftspolitische Ausschuss des Reichswirtschaftsrats hatte im Juni 1926 einen Arbeitsausschuss eingesetzt, der die Fragen der Zündholzindustrie bearbeiten sollte. Dieser Ausschuss ist am 19. Februar 1927 erneut zusammen- getreten, um den Entwurf eines Gesetzes über die Erlaubnis- pflichtfürdie Herstellung von Zündhölzern zu beraten, den der Herr Reichswirtschaftsminister mit Schreiben vom 11. Februar 1927 - II 2901 II - dem Vorläufigen Reichswirtschaftsrat zur Begutachtung vorgelegt hat.

Das Gutachten wird wie folgt abgegeben: Der Ausschuss bezieht sich auf die dem Reichswirtschaftsministerium bereits

früher erstatteten Gutachten vom 15. Juni 1926 - Tgb.-Nr. 1543/26 - und vom 19. Juli 1926 - Tgb.-Nr. 1877/26 - . Der Entwurf des jetzt vorliegenden Sperr- gesetzes, dass die Herstellung von Zündhölzern von der Erlaubnis des Reichswirt- schaftsministeriums abhangig macht, entspricht den Vorschlagen, die in den frühe- ren Gutachten des vorläufigen Reichswirtschaftsrats gemacht worden sind. Dem Verlangen nach einem Sperrgesetz, das früher bereits von den deutschen Zünd- holzfabrikanten gefordert wurde, konnte so lange nicht stattgegeben werden, als nicht wirksame Vorkehrungen gegen die dadurch mögliche Ausbeutung des deutschen Konsums getroffen waren. Die Gründung der Verkaufsgesellschaft sämtlicher in Deutschland arbeitender grösseren Zündholzfabriken, über die das Gutachten des

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vorläufigen Reichswirtschaftsrats vom 19. Juli 1926 sich ausführlich äusserte, hat nach Auffassung des Ausschusses die notwendigen Kautelen geschaffen. Die Voraussetzung dafür, dass diese Verkaufsgesellschaft zur Rationalisierung der deutschen Zündholzproduktion beitragen kann, ist, dass nicht von Neuem durch Gründung von Zündholzfabriken Unordnung in den Markt hineingetragen und Ueberproduktion er- zeugt wird.

Auf die Bedürfnisse nach fortschreitender Rationalisierung in dieser eigen gearteten Industrie nimmt der § 7 des Gesetzentwurfs in geeigneter Weise Rück- sicht. Er knüpft bei bereits bestehenden Betrieben die Voraussetzung für neue Erlaubniserteilungen an die Erweiterung der bei Inkrafttreten des Gesetzes vor- handenen Erzeugungsfähigkeit um mehr als 3373 v* H. und lässt die Notwendigkeit neuer Erlaubniserteilungen dann in Fortfall kommen, wenn die Erweiterung der Erzeugungsfähigkeit dadurch herbeigeführt wird, dass unter Einstellung eines oder mehrerer Betriebe deren Erzeugungsfähigkeit ganz oder teilweise auf andere Be- triebe übertragen wird. In der gleichen Richtung bewegt sich, wie der Ausschuss anerkannte, auch die Bestimmung, dass beim Vorhandensein mehrerer Betriebe eines Unternehmens für die Bemessung der Erzeugungsfähigkeit die Gesamt- erzeugungsfähigkeit aller zum Unternehmen gehörigen Betriebe zur Grundlage ge- nommen werden soll.

Im Ausschuss wurde lebhaft die Frage erörtert, ob es nicht notwendig sei, im Gesetz ausdrücklich das Recht der Reichsregierung auf Kontrolle der Zündholzpreise und namentlich ihr Recht festzulegen, eine Herabsetzung der Preise zu verlangen, wenn durch die Preisfestsetzung des Syndikats allgemeine Interessen geschädigt werden. Die Prüfung dieser Frage war um so notwendiger, als die Regierung in der Begründung zur Gesetzesvorlage, die im § 15 (Gesetz § 19) vorgesehene Er- mächtigung der Reichsregierung, den Zeitpunkt des Ausserkrafttretens des Ge- setzes zu bestimmen, mit der Möglichkeit motivierte, dass etwa einmal der Einfluss der Reichsregierung auf die Preisbildung beeinträchtigt Werde.

Tatsächlich beruhen die Kontroll- und Preisreduktionsrechte der Regierung heute lediglich auf dem privatrechtlichen Vertrag, der zwischen den Zündholz- industriellen zum Zweck der Gründung der Zündholzverkaufsaktiengesellschaft geschlossen wurde. Eine Abänderung dieses Vertrages könnte natürlich sich auch auf die der Reichsregierung zugestandenen Rechte erstrecken. Es war deshalb zu prüfen, inwieweit eine Abänderung dieser Verträge gegen die Reichsregierung möglich sei. Die Konstruktion der Zündholz Verkaufsaktiengesellschaft ist nun so, dass bei der Gründung das Aktienkapital zu gleichen Teilen zwischen den Fabriken des Schwedentrustes und den rein deutschen Zündholzfabriken geteilt worden ist. Die deutschen Fabriken haben sofort ihre 50 v. H. Anteile in eine besondere Gesellschaft mit beschränkter Haftung eingebracht, in der diese Anteile gepoolt bleiben. Die Stimmführung der von der G. m. b. H. vertretenen Aktien liegt in ihrer Gesamtheit bei der Reichskreditgesellschaft, deren Aktien sich wieder im Besitz des Reichs befinden. Der Mehrheit des Ausschusses schien dadurch genügende Garantie für die Una n ta s t ba r ke i t der dem Reiche zustehenden Rechte gegeben zu sein. Ausserdem aber ging die Meinung der Mehrzahl der Ausschussmitglieder dahin, dass die Wahrung von Reichsrechten in privatwirtschaftlichen Formen wünschens- wert sei, weil dadurch eine regelmässigere Information und vor allem auch eine weitergehende Wirksamkeit der die Rechte des Reichs vertretenden Personen gewährleistet scheine. Gleichwohl schien es dem Ausschuss ratsam, zur Ver- stärkung der Autorität der Mitwirkung des Reichs bei der Gestaltung der Zündholz- preise die Bestimmung im § 15 (Gesetz § 19) gutzuheissen, derzufolge die Reichs- regierung jederzeit das Sperrgesetz ausser Kraft setzen kann. Ob man die Be- stimmung darüber allein der Reichsregierung überlassen soll oder ob es sich emp- fiehlt, irgendwelche staatsrechtliche Einengungen hier zu treffen, ist eine poli- tische Frage, über die zu befinden nicht Aufgabe des Reichswirtschaftsrats sein kann.

Das Gesetz gibt jetzt der Reichsregierung ausser der Möglichkeit, den Schutz 756

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Deutsches Reichsges. über die Erlaubnispflicht für die Herstellung von Zündhölzern. 289

für die bestehenden Zündholzfabriken überhaupt wieder aufzuheben und im vollen Umfange den freien Wettbewerb wieder herzustellen, die Möglichkeit, neue Betriebe zuzulassen. Die Voraussetzungen für die Vermehrung der bestehenden Produk- tionsstätten, die der § 2 festlegt, schienen dem Ausschuss die Gewähr dafür zu bieten, dass Preistreibereien seitens des Syndikats verhütet werden. Insbesondere ist ja auch die Erlaubnis für die Errichtung neuer Fabriken dann zu erteilen, wenn etwa später einmal, sei es durch eine unerwartete Steigerung des Verbrauchs, sei es durch eine einschränkende Produktionspolitik der Verkaufsgesellschaft, der Inlandsbedarf durch die Erzeugung der bestehenden inländischen Betriebe nicht gedeckt werden sollte.

Der Ausschuss war sich in seiner Gesamtheit darüber klar, dass durch dieses Gesetz ein vollkommenes Privatmonopol für einen Gewerbezweig in Deutschland geschaffen wird, und dass dieses Privatmonopol, das ja formell bereits durch die Gründung der Zündholzverkaufsgesellschaft und durch deren engen Zusammenhang mit dem die Welt beherrschenden Schwedentrust bereits geschaffen war, praktisch erst perfekt wird durch den Erlass des Sperrgesetzes. Aber wie der Ausschuss schon in seinen beiden vorausgegangenen Gutachten zum Ausdruck gebracht hat, gab es gegenüber der Gefahr der Beherrschung der deutschen Zündholzindustrie durch eine ausländische Kapitalmacht auf der einen Seite und der Gefahr, eventuell gegenüber der technisch hoch entwickelten Konkurrenz eine technisch rückständige deutsche Fabrikation unter Opfern des Reichs oder der Konsumenten zu erhalten, keinen anderen Weg, als Formen eines Privatmonopols zu schaffen, die eine technische und kaufmännische Kon- solidierung der Zündholzindustrie ermöglichten, gleich- zeitig aberauchdurchdie Mitwirkung des Reichs beider Preisbildung den deutschen Konsum schützten. Die be- sondere Eigenart der Zündholzfabrikation rechtfei tigte die Schaffung eines solchen Monopols unter Mitwirkung der öffentlichen Hand auch für diejenigen Ausschuss- mitglieder, die während der Beratung grundsätzlich den privatkapitalistischen Standpunkt ihrer Wirtschaftsauffassung hervorhoben.

Wenn das Reich sich im Gesetze die Möglichkeit vorbehält, durch Genehmi- gung neuer Betriebe eine exzessive Preispolitik der Verkaufsgesellschaft zu ver- hindern und die Leitung der Gesellschaft dadurch unter Druck zu halten, um in zweifelhaften Fällen der Auffassung des Reichs ein besonderes Gewicht zu schaffen, so muss natürlich dafür gesorgt werden, dass dieses Druckmittel nicht etwa im entgegengesetzten Interesse missbraucht werden kann. Schon bei den früheren Be- ratungen des Ausschusses wurde die Möglichkeit in Erwägung gezogen, dass sich jemand die Erlaubnis zur Errichtung eines neuen Zündholzfabrikats erteilen lässt, die erteilte Konzession aber erpresserisch benutzt, um sie sich möglichst teuer von der Verkaufsgesellschaft abkaufen zu lassen. In einem solchen Falle würde nicht nur keine Produktionserweiterung erfolgen, sondern durch die um die Abfindungs- summe erhöhte Kapitalsanlage der Verkaufsgesellschaft würden deren Unkosten erhöht und der Nachweis der Notwendigkeit erhöhter Preise seitens der Leitung erleichtert werden. Deshalb sieht der § 6 des Entwurfs vor, dass die Erlaubnis er- lischt, wenn mit der Herstellung von Zündhölzern nicht spätestens binnen 18 Mo- naten nach Erteilung der Erlaubnis begonnen wird. Der Ausschuss war sich darüber klar, dass auch durch diese Bestimmung allein keine Gewähr für eine unerwünschte Ausnutzung der Konzessionserteilung gegeben ist. Insbesondere besteht die Mög- lichkeit freiwilliger hoher Angebote seitens des Syndikats an Konzessionäre, um sie zu veranlassen, die Herstellung der Produktionsstätten zu verzögern, und da- durch ein Wiedererlöschen der Konzession herbeizuführen. Aber die Mehrheit des Ausschusses stimmte der in den Beratungen geäusserten Auffassung zu, dass es keine Gesetzesparagraphen und auch keine Kartellbestimmungen gäbe, die nicht zu umgehen seien. Gerade deshalb schien es dem Ausschuss besonders wertvoll, dass die Mitwirkung der Regierungsinstanzen sich nicht auf die Tätigkeit eines Reichs- kommissars beschränkt, sondern vielmehr in den Organen der Verkaufsgesellschaft selbst ausgeübt wird, so dass von ihnen Beschlüsse verhütet werden können, die den Zweck des Gesetzes zu vereiteln geeignet scheinen. Der Ausschuss war ferner der Meinung, dass es sich empfehlen wird, von der Ermächtigung des § 5 geeigneten

Finanzarchiv. XLIV. Jahrg. 757 19

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Gebrauch zu machen, der vorsieht, dass bei Erteilung der Erlaubnis Auflagen technischer oder wirtschaftlicher Art gemacht werden können. Insbesondere kommt ja hier die Möglichkeit der Auferlegung hoher Konventionalstrafen für die Nichtausübung der Konzession in Betracht.

Aus den vorstehenden Darlegungen geht bereits hervor, dass die im § 13 des Entwurf s ( Ges. §17) erwähnten Rechtsverordnungen und allgemeinen Verwaltungs- vorschriften, die der Reichswirtschaftsminister mit Zustimmung des Reichsrats zur Durchführung dieses Gesetzes erlassen kann, eine besondere Bedeutung haben werden. Der Ausschuss des Reichswirtschaftsrats hält es für selbstverständlich, dass vor Erlass solcher Verordnungen und Vorschriften die Reichsregierung das Gutachten des Reichswirtschaftsrats einholen wird, zumal ja die ganze jetzt getroffene Regelung der deutschen Zündholzwirtschaft auf die Initiative zurück- zuführen ist, die er dank dem Vertrauen des Herrn Reichswirtschaftsministers in dieser Frage entfalten konnte.

Berlin, den 22. Februar 1927. Vorsitzender des Wirtschaftspolitischen Ausschusses: Hans Kraemer; Berichterstatter: Georg Bernhard.

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