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Deutsches Reichsgesetz über die Autonomie der Reichsbank. Vom 26. Mai 1922

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Deutsches Reichsgesetz über die Autonomie der Reichsbank. Vom 26. Mai 1922 Source: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, 39. Jahrg., H. 1 (1922), pp. 284-290 Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KG Stable URL: http://www.jstor.org/stable/40906368 . Accessed: 17/06/2014 22:39 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to FinanzArchiv / Public Finance Analysis. http://www.jstor.org This content downloaded from 62.122.73.250 on Tue, 17 Jun 2014 22:39:32 PM All use subject to JSTOR Terms and Conditions
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Deutsches Reichsgesetz über die Autonomie der Reichsbank. Vom 26. Mai 1922Source: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, 39. Jahrg., H. 1 (1922), pp. 284-290Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KGStable URL: http://www.jstor.org/stable/40906368 .

Accessed: 17/06/2014 22:39

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Deutsches Reichsgesetz über die Autonomie der Reichsbank. Vom 26. Mai 1922.

(R.G.B1. 1922, Teil II, Nr. 8, S. 135.)

Das Bankgesetz vom 14. März 1875 (R.G.B1. S. 177) wird wie folgt geändert : 1. Im § 12 Abs. 1 werden die Worte „und Leitung" gestrichen. 2. Die §§ 26, 27, 28 und 37 erhalten folgende Fassung:

§26. Die Leitung der Reichsbank steht ausschließlich dem Reichsbankdirektorium

nach Maßgabe der Bestimmungen des Gesetzes zu.

§27. Das Reichsbankdirektorium ist die verwaltende und ausführende sowie die

die Reichsbank nach aussen vertretende Behörde. Es besteht aus einem Präsi- denten und der erforderlichen Anzahl von Mitgliedern und fasst seine Beschlüsse nach Stimmenmehrheit.

Der Präsident wird nach gutachtlicher Äeusserung des Reichsbankdirektoriums und des Zentralausschusses auf Vorschlag des Reichsrats vom Reichspräsidenten auf Lebenszeit ernannt. Die Mitglieder werden nach gutachtlicher Aèusserung des Zentralausschusses ( § 30) auf Vorschlag des Reichsbankdirektoriums und 'mit Zu- stimmung des Reichsrats vom Reichspräsidenten auf Lebenszeit ernannt.

§ 28. Die Beamten der Reichsbank haben die Rechte und Pflichten der Reichs-

beamten. Ihre Besoldungen, Ruhegelder und sonstigen Dienstbezüge sowie die Ruhe-

gelder und Unterstützungen für ihre Hinterbliebenen trägt die Reichsbank. Der Besoldungs- und Ruhegeldhaushalt des Reichsbankdirektoriums wird jährlich auf Antrag des Reichsbankdirektoriums nach gutachtlicher Aeusserung des Zentral- ausschusses durch Gesetz festgestellt. Der Besoldungs- und Ruhegeldhaushalt der übrigen Beamten wird vom Reichsbankdirektorium nach gutachtlicher Aeusse- rung des Zentralausschusses aufgestellt und jährlich auf Antrag des Reichskanzlers vom Reichspräsidenten im Einvernehmen mit dem Reichsrat festgesetzt.

Die Beamten der Reichsbank werden, soweit sie nicht in Gemässheit der §§27 und 36 vom Reichspräsidenten zu ernennen sind, vom Präsidenten des Reichsbankdirektoriums, und zwar die Vorstandsbeamten der Zweiganstalten so- wie die Vorsteher der Büros und Kontore der Reichshauptbank nach Benehmen mit dem Reichsbankdirektorium ernannt.

Die §§ 60 a, 80 und 81 des Reichsbeamtengesetzes finden gegenüber dem Präsidenten und den Mitgliedern des Reichsbankdirektoriums keine Anwendung. Zur Ausübung der nach den §§ 84, 85, 96 bis 98, 101, 127 und 128 des Reichs- beamtengesetzes der obersten Reichsbehörde beigelegten Funktionen ist in bezug auf den Präsidenten und die Mitglieder des Reichsbankdirektoriums das Reichs- bankkuratorium nach Anhörung des Reichsbankdirektoriums zuständig.

Kein Beamter der Reichsbank darf Reichsbankanteilscheine besitzen. § 37. Die Errichtung sonstiger Zweiganstalten erfolgt durch das Reichs-

bankdirektorium. 284

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Deutsches Reichsgesetz über die Autonomie der Reichsbank vom 26. Mai 1922. 285

3. Im § 32 Abs. 2 fallen die Vorschriften unter b und c fort. 4. Im § 36 Abs. 2 Satz 1 und Satz 3, Abs. 3 und im § 38 Abs. 2 wird das

Wort „Reichskanzler" durch das Wort „Reichsbankdirektorium" ersetzt.

Begründung zum Entwurf. Vom 21. März 19221).

Die Reichsbank ist ausschliesslich auf Privatkapital gegründet und als eine selbständige, vom Reichsfiskus völlig unabhängige juristische Person errichtet. Angesichts der grossen wirtschaftspolitischen Bedeutung des ihr verliehenen Notenausgaberechts steht sie jedoch gemäss § 12 des Bankgesetzes vom 14. März 1875 (R.G.B1. S. 177) unter Aufsicht und Leitung des Reichs.

Die dem Reiche zustehende Aufsicht wird nach § 25 des Bankgesetzes in der Fassung der Novelle vom 16. Dezember 1919 (R.G.B1. S. 2117) durch ein Bank- kuratorium ausgeübt, das aus dem Reichskanzler als Vorsitzenden und acht, teils vom Reichspräsidenten, teils vom Reichsrat ernannten Mitgliedern ge- bildet ist.

Die dem Reiche zustehende Leitung findet ihren Ausdruck I. in der Stellung des Reichskanzlers als des obersten Leiters der Reichs-

bank, II. in den Beamtenverhältnissen, insbesondere in den Vorschriften über die

Ernennung der Reichsbankbeamten und in den Disziplinarvorschriften, III. in der etatmässigen Regelung. Nach Lage der Verhältnisse erscheint es geboten, der Reichsbank eine auto-

nome Stellung einzuräumen. Demgemäss muss die dem Reiche zustehende Leitung in Fortfall kommen. Nr. 1 des Gesetzentwurfs bringt durch Streichung der Worte „und Leitung" diese grundsätzliche Änderung klar zum Ausdruck. In Verbindung hiermit bedürfen die vorbezeichneten auf die Leitung der Reichsbank bezüglichen Vorschriften einer Umgestaltung.

I. Die §§26 und 27 Abs. 1 und 2 des Bankgesetzes in der Fassung der Novelle

vom 16. Dezember 1919 (R.G.B1. S. 2117) bestimmen, was folgt:

㤠26. Die dem Reiche zustehende Leitung der Bank wird vom Reichskanzler und

unter diesem von dem Reichsbankdirektorium ausgeübt. Der Reichskanzler leitet die gesamte Bankverwaltung innerhalb der Be-

stimmungen dieses Gesetzes und des zu erlassenden Statuts ( § 40). Er erläset die Geschäftsanweisungen für das Reichsbankdirektorium und für die Zweiganstalten sowie die Dienstinstruktionen für die Beamten der Bank und verfügt die erforder- lichen Abänderungen der bestehenden Geschäftsanweisungen (Reglements) und Dienstinstruktionen.

§27. Das Reichsbankdirektorium ist die verwaltende und ausführende sowie die

die Reichsbank nach aussen vertretende Behörde. Es besteht aus einem Präsidenten und der erforderlichen Anzahl von Mit-

gliedern und fasst seine Beschlüsse nach Stimmenmehrheit, hat jedoch bei seiner Verwaltung überall den Vorschriften und Weisungen des Reichskanzlers Folge zu leisten."

Die hier grundsätzlich festgelegte Leitung der Reichsbank durch den Reichs- kanzler als den Chef der Bank umfasst den gesamten Geschäftsbetrieb und er- mächtigt den Reichskanzler, nicht nur dem Reichsbankdirektorium allgemeine Weisungen zu erteilen, sondern auch in die Einzelheiten der Verwaltung einzu-

1 Reichstag. I. Wahlperiode 1920 1 22, Drucksache Nr. 38S3. 285

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286 Deutsches Reichsgesetz über die Autonomie der Reichsbank vom 26. Mai 1922.

greifen. Nur müssen seine Weisungen und Vorschriften sich innerhalb des Gesetzes halten. Dass die Bestimmung im § 27 Abs. 2 dies zur Voraussetzung habe, wurde bei der Beratung des Bankgesetzes in der zweiten Lesung der Reichstagskommission unter Zustimmung der Regierungsvertreter widerspruchslos festgestellt und aus- drücklich zu Protokoll genommen (vgl. Berichte der 8. Kommission über den Ent- wurf eines Bankgesetzes, Reichstagsdrucksachen Nr. 195, 2. Leg. -Per., II. Session 187, S.48).

Es leuchtet ohne weiteres ein, dass eine derartige Leitungsbefugnis dem Reichs- kanzler nicht verbleiben kann, wenn die Leitung der Reichsbank durch das Reich fortfällt. Sie begegnet aber auch insofern erheblichen Bedenken, als sie die in der kollegialen Verfassung des Reichsbankdirektoriums liegende Garantie für die Kontinuität und Stabilität der Verwaltung ausser Kraft zu setzen geeignet ist, da sie dem Reichskanzler die Möglichkeit eröffnet, die Verwaltung der Bank selbst mehr oder weniger in die Hand zu nehmen. Diesen Gesichtspunkt hat bereits in der Sitzung der Preussischen II. Kammer vom 20. März 1851 der damalige Abgeordnete v. Bismarck- Schönhausen, der spätere Reichskanzler, hinsichtlich der Preussischen Bank, deren Statut dem Chef der Bank die gleiche weitgreifende Befugnis einräumte, nachdrücklich betont. Wenn die gerade für eine Zentral- notenbank unerlässliche Kontinuität und Stabilität der Verwaltung durch die §§26 und 27 tatsächlich bisher nicht gefährdet worden ist, so findet dies seine Begründung darin, dass der Reichskanzler von seiner Befugnis nur ganz vereinzelt Gebrauch gemacht hat.

Der Entwurf schlägt hiernach eine Aenderung der §§26 und 27 dahin vor, dass die Leitung der Reichsbank ausschliesslich dem Reichsbankdirektorium zu- steht. Das Direktorium würde demgemäss die Verwaltung der Reichsbank un- abhängig von der Reichsleitung zu führen haben und insbesondere für die Hand- habung der Bankpolitik selbständig verantwortlich seinl

(?# Neben der allgemeinen Leitung sind dem Reichskanzler im Bankgesetz und im Bankstatut ausdrücklich eine Reihe besonderer, auf die äusseren Verhältnisse der Reichsbank bezüglicher Befugnisse übertragen worden. Er ist befugt:

1. Die Form zu bestimmen, in welcher die jährliche Rechnungslegung der Reichsbank zu erfolgen hat (Bankgesetz § 29),

2. die Jahresbilanz und die Gewinnberechnung definitiv festzusetzen (§ 32 Abs. 2 a),

3. die Mitglieder der Bezirksausschüsse - unter Umständen die Beigeord- neten - aus den vom Bankkommissar und vom Zentralausschuss aufgestellten Vorschlagslisten auszuwählen sowie Anträge und Vorschläge der Bezirksausschüsse entgegenzunehmen (§ 36 Abs. 2 und 3),

4. über die Errichtung der dem Reichsbankdirektorium unmittelbar unter- geordneten Zweiganstalten Bestimmung zu treffen ( § 37),

5. festzustellen, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Form die Unterschriften der Bankstellen eine Verpflichtung für die Reichsbank begründen (§38 Abs. 2),

6. die im § 41 vorgesehene Ankündigung der Aufhebung oder Verstaatlichung der Reichsbank an das Reichsbankdirektorium zu erlassen (§ 41 Abs. 1),

7. die Generalversammlung der Anteilseigner einzuberufen (Reichsbank- statut § 18),

8. den Vorsitz in der Generalversammlung zu führen (Reichsbankstatut § 19),

9. die für die Anteilseigner bestimmten Bekanntmachungen zu erlassen und die Blätter zu bestimmen, in denen diese Bekanntmachungen zur Veröffentlichung gelangen (Reichsbankstatut § 30 Abs. 1),

10. im Falle einer Aufhebung der Reichsbank die Liquidation zu leiten (Reichsbankstatut § 31).

Von diesen Befugnissen hängen die unter Nr. 1, 2, 6 und 10 bezeichneten mit der öffentlich-rechtlichen Struktur der Reichsbank eng zusammen. Sie be- rühren die Rechte, die dem Reiche in bezug auf die Beteiligung am Reichsbank- gewinn und die etwaige Aufhebung oder Übernahme der Reichebank zustehen

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Deutsches Reichsgesetz über die Autonomie der Reichsbank vom 26. Mai 1922. 287

und müssen somit auch fernerhin dem Reichskanzler verbleiben. Die übrigen Be- fugnisse, welche Nebenpunkte der äusseren Verwaltung betreffen, werden nach Beseitigung der Leitung durch das Reich dem Reichsbankdirektorium (Nr. 3, 4, 5, 7 und 9) oder dem Präsidenten des Reichsbankdirektoriums (Nr. 8) zu über- tragen sein.

Hinsichtlich des Bankgesetzes trifft der Entwurf unter Ziff. 2 (Schlussabsatz), Ziff. 3 und Ziff. 4 eine dahingehende Regelung. Was die Punkte unter Nr. 7, 8 und 9 anlangt, so ist eine entsprechende Umgestaltung des Statuts in Aussicht genommen1).

II. Nach § 28 des Bankgesetzes haben „die Beamten der Reichsbank die Rechte

und Pflichten der Reichsbeamten". Dieser Vorschrift entsprechend findet die Beamtengesetzgebung auch auf die Reichsbankbeamten sinngemäss Anwendung. Hieran wird auch fernerhin grundsätzlich festgehalten werden müssen. Denn der § 28 ist für die Reichsbank und für deren ganzen Geschäftsbetrieb von grösster Bedeutung und hat sich bisher in jeder Hinsicht bewährt. Mit seiner Hilfe ist der mustergültige Beamtenkörper der Reichsbank gebildet worden, auf dessen un- geschmälerte Erhaltung vom Standpunkt der Reichsbank entscheidender Wert gelegt werden muss.

Mit der Autonomie der Reichsbank ist der § 28 durchaus vereinbar. Nur be- dürfen von diesem Gesichtspunkt aus einige aus dem § 28 abgeleitete Einzel- bestimmungen der Abänderung. In Frage kommen die Vorschrift über die An- stellung der Beamten, eine Einzelvorschrift über die Pensionierung und die Diszi- plinarvorschriften.

1. Was zunächst die Anstellung betrifft, so bestimmt § 27 Abs. 3 für das Reichsbankdirektorium, dass Präsident und Mitglieder (einschliesslich des Vize- präsidenten) „auf den Vorschlag des Reichsrats vom Reichspräsidenten auf Lebens- zeit ernannt" werden. Vor der Beschlussfassung des Reichsrats ist nach § 32 Abs. 2 lit. c. über die Besetzung erledigter Stellen im Reichsbankdirektorium, mit Aus- nahme der Stelle des Präsidenten, der Zentralausschuss gutachtlich zu hören.

Hinsichtlich des Präsidenten kann es ohne Beeinträchtigung der Autonomie bei der Ernennung durch den Reichspräsidenten auf Vorschlag des Reichsrats ver- bleiben, wenn, wie der Entwurf empfiehlt, das Reichsbankdirektorium als die bankleitende Behörde und der Zentralausschuss als die ständige Vertretung der Anteilseigner vor der Ernennung Gelegenheit zu einer gutachtlichen Aeusserung erhalten.

Dagegen erfordert es das Wesen der Autonomie, dass das Reichsbankdirek- torium bei der Besetzung der Mitgliederstellen bestimmend mitwirkt. Der Ent- wurf sieht daher vor, dass das Reichsbankdirektorium nach gutachtlicher Aeusse- rung des Zentralausschusses dem Reichskanzler über die zu ernennende Persön- lichkeit einen Vorschlag mit dem Ersuchen unterbreitet, ihn dem Reichsrat zur Beechlussfassung zu übermitteln. Der Reichsrat kann zwar den Vorschlag ab- lehnen, seinerseits aber einen anderen Vorschlag ohne Zustimmung des Reichs- bankdirektoriums nicht machen. Die Ernennung setzt also ein Einvernehmen zwischen Reichsrat und Reichsbankdirektorium voraus. Damit wird das bisher tatsächlich geübte Verfahren gesetzlich festgelegt. Der Präsident hat sich regel- mässig über die Person eines zu ernennenden Mitglieds mit dem Kollegium ins Ein- vernehmen gesetzt und nach Anhörung des Zentralausschusses den betreffenden Kandidaten dem Reichskanzler mit dem Antrag namhaft gemacht, ihn dem Reichsrat gemäss § 27 Abe. 3 zur Wahl in Vorschlag zu bringen. Die vom Präsi- denten im Einvernehmen mit dem Kollegium vorgeschlagenen Kandidaten sind bisher ausnahmslos vom Reichsrat gewählt und vom Reichsoberhaupt ernannt worden.

Soweit die Beamten der Reichsbank nicht vom Reichspräsidenten zu er- nennen sind, werden sie nach Massgabe des § 1 der Kaiserl. Verordnung vom

]) Siehe jetzt die VO. des Reichspräsidenten vom 24. Juli 1922 betr. die Abänderung áes Statuts der Reichsbank. R.G.B1. 1922, Teil II, Nr. 19 S. 633. 287

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288 Deutsches Reichsgesetz über die Autonomie der Reichsbank vom 26. Mai 1922.

19. Dezember 1875 (R.G.B1. S. 378) vom Reichskanzler oder auf Grund der von dem letzteren erteilten Ermächtigung vom Reichsbankpräsidenten angestellt. Die erteilte Ermächtigung erstreckt sich auf alle Beamten mit Ausnahme der Ersten Vorstandsbeamten der Reichsbankhauptstellen. Die Ernennung dieser Ersten Vorstandsbeamten dem Reichskanzler vorzubehalten, liegt nicht im Bedürfnis und steht mit der Autonomie der Reichsbank nicht im Einklang. Das gleiche gilt von der Bestimmung, dass der Reichsbankpräsident zur Besetzung der übrigen Beamtenstellen einer Ermächtigung durch den Reichskanzler bedarf. Das Be- setzungsrecht wird vielmehr dem Reichsbankpräsidenten selbst zu übertragen sein. Dass er sich dabei, soweit es sich um die Ernennung höherer Beamten han- delt, mit dem Kollegium ins Benehmen setzt, liegt in den Verhältnissen begründet und entspricht dem tatsächlich bestehenden Verfahren.

2. Aus § 60 a des Reichsbeamtengesetzes liesse sich für den Reichskanzler die Befugnis herleiten, gegen den Präsidenten und die Mitglieder des Reichsbank- direktoriums, welche das 65. Lebensjahr vollendet haben, die Versetzung in den Ruhestand in der nämlichen Weise zu verfügen, wie wenn sie ihre Pensionierung selbst beantragt hätten. Ob diese Bestimmung auf das Reichsbankdirektorium anwendbar ist, erscheint freilich angesichts der im § 27 ausdrücklich vorgeschrie- benen Anstellung auf Lebenszeit zweifelhaft, da die letztere Vorschrift sich dem Reichsbeamtengesetze gegenüber als eine Sondervorschrift qualifiziert. Unzweifel- haft aber dürfte es sein, dass die Anwendbarkeit dem Grundsatz der autonomen Stellung widerspricht. Der Entwurf schlägt deshalb, um jeden Zweifel auszu- schliessen, die Streichung vor. Ein Bedürfnis, im Zusammenhange hiermit auch die Vorschriften über die Zwangspensionieruhg abzuändern, wird nicht als vor- liegend angesehen.

3. Nach dem geltenden Rechte finden die im Reichsbeamtengesetz enthalte- nen Vorschriften über das materielle Disziplinarstrafrecht und über das Disziplinar- verfahren auf den Präsidenten und die Mitglieder des Reichsbankdirektoriums Anwendung; nach § 2 der obenerwähnten Verordnung vom 19. Dezember 1875 hat der Reichskanzler die im Reichsbeamtengesetze der obersten Reichsbehörde und der vorgesetzten Dienstbehörde beigelegten Funktionen in bezug auf den Präsidenten und die Mitglieder auszuüben.

Hieraus ergibt sich, dass der Reichskanzler als Dienstvorgesetzter des Präsi- denten und der Mitglieder Warnungen und Verweise ihnen erteilen ( § 80) und als oberste Reichsbehörde gegen sie sowohl Geldstrafen bis zum Betrage des ein- monatlichen Diensteinkommens festsetzen (§ 81), wie auch das förmliche Diszi- plinarverfahren nach Massgabe der Vorschriften in den §§84, 85, 96-98, 101, 127, 128 in die Wege leiten und betreiben kann. Dass sich bisher kein Anlass er- geben hat, von diesen Befugnissen Gebrauch zu machen, bedarf kaum der Er- wähnung. Ebensowenig bedarf es der Begründung, dass ihr Fortbestand mit der autonomen Stellung der Reichsbank unverträglich ist. Auf der anderen Seite er- scheint es nicht geboten, für den Präsidenten und die Mitglieder des Reichsbank- direktoriums ein besonderes Disziplinarrecht nach dem Vorbild der für die Mit- glieder des Reichsgerichts und des Reichsfinanzhofs in den §§ 128, 129 des Ge- richtsverfassungsgesetzes und im § 36 der Reichsabgabenordnung enthaltenen Bestimmungen zu schaffen. Die für die Reichsbeamten mit vereinzelten Aus- nahmen allgemein geltenden Vorschriften über das materielle Disziplinarstrafrecht und das Disziplinarverfahren können vielmehr auch für die mit der Reichsbank- leitung betrauten Beamten in vollem Umfang in Kraft bleiben, sofern nur die er- wähnten, dem Reichskanzler bisher vorbehaltenen Eingriffsmöglichkeiten aus- geschaltet werden. Der Entwurf beschränkt sich daher darauf, die Streichung der §§80 und 81 des Reichsbeamtengesetzes und die Uebertragung der der obersten Reichsbehörde nach den §§84, 85, 96-98, 101, 127 und 128 obliegenden Funk- tionen auf das Reichsbankdirektorium1) vorzuschlagen. Bei dieser Rechtsgestaltung wird dem Reichsbankdirektorium die Möglichkeit gewährt, die Disziplin über die leitenden Beamten der Reichsbank in gewissem Umfang und unter Beobachtung

l) Der Reichstag hat dafür das Reichsbankkuratorium gesetzt. 288

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Deutsches Reichsgesetz üoer die Autonomie der Beichsbank vom 26. Mai 1922. 289

der gesetzlichen Formen selbst auszuüben. Die Handhabung der Disziplinarstraf- gewalt bleibt aber, sofern sich die Sache wegen der Schwere der Verfehlung zur Verweisung an die Disziplinarkammer eignet, wie bisher der Disziplinarkammer und im zweiten Rechtszug dem Disziplinarhof vorbehalten. Die Zuständigkeitsnorm im § 131 des Reichsbeamtengesetzes wird im Entwürfe nicht erwähnt, weil sie, wie näherer Ausführung nicht bedarf, für die hier in Betracht kommenden Ver- hältnisse gegenstandslos ist.

III. Ueber die etatsmässige Regelung bestimmt § 28 Abs. 2 Satz 2 des Bank-

gesetzes : „Der Besoldungs- und Pensionsetat des Reichsbankdirektoriums wird jähr-

lich durch den Reichshaushaltsetat, der der übrigen Beamten jährlich vom Reichs- präsidenten im Einvernehmen mit dem Reichsrat auf den Antrag des Reichs- kanzlers festgesetzt."

Aus § 32 Abs. 2 lit. b ergibt sich weiterhin, dass der Zentralausschuss über Abänderungen des Besoldungs- und Pensionsetats gutachtlich zu hören ist. Eine Beteiligung des Reichsbankdirektoriums ist nicht ausdrücklich vorgeschrieben; sie wird offenbar im Zusammenhange mit den Verwaltungsbefugnissen des Reichs- bankdirektoriums als selbstverständlich vorausgesetzt.

Um die Autonomie der Reichsbank auch etatsmässig ausser Zweifel zu stellen, erscheint es geboten, nach zwei Richtungen hin die Fassung des § 28 zu ändern.

Der Ausdruck „durch den Reichshaushaltsetat festgesetzt", gibt der Aus- legung Raum, als ob der Etat des Reichsbankdirektoriums einen Teil des Reichs- haushaltsetats bilde. Diese Auffassung wäre selbstverständlich unrichtig, da nicht das Reich, sondern die vermögensrechtlich vom Reichsfiskus völlig getrennte Reichsbank die gesamten Besoldungen, Ruhegelder und sonstigen Dienstbezüge der Reichsbankbeamten sowie die Ruhegelder und Unterstützungen für ihre Hinter- bliebenen trägt. Dementsprechend wird denn auch der Besoldungs- und Ruhe- gelçjshaushalt des Reichsbankdirektoriums dem Reichshaushaltsplane nicht or- ganisch ein-, sondern nur als selbständige Anlage beigefügt. Aber auch eine der- artige rein äusserliche Verbindung entspricht der vermögensrechtlich selbständigen Stellung der Reichsbank nicht. Der Entwurf schreibt deshalb vor, dass die Fest- setzung des Besoldungs- und Ruhegeldshaushalts des Reichsbankdirektoriums jährlich durch Gesetz zu erfolgen hat.

Abgesehen hiervon ist es unerlässlich, dem Reichsbankdirektorium im Zu- sammenhang mit seinen leitenden und verwaltenden Befugnissen eine förmliche Beteiligung an der für die Entwicklung des Instituts überaus wichtigen Regelung der Beamtenbezüge ausdrücklich zuzuerkennen und die in dieser Hinsicht bestehen- den Rechte des die Gesamtheit der Anteilseigner vertretenden Zentralausschusses zu verstärken. Dies sucht der Entwurf durch die Bestimmung zu erreichen, dass der Besoldungs- und Ruhegeldshaushalt des Reichsbankdirektoriums auf Antrag des Reichsbankdirektoriums nach gutachtlicher Aeusserung des Zentralausschusses festgestellt werden soll. Der Besoldungs- und Ruhegeldshaushalt der übrigen Beamten ist vom Reichsbankdirektorium nach gutachtlicher Aeusserung des Zen- tralausschusses aufzustellen und jährlich auf Antrag des Reichskanzlers vom Reichs- präsidenten im Einvernehmen mit dem Reichsrat festzusetzen.

Da die Vorschriften des § 32 Abs. 2 b und c des Bankgesetzes durch die Neu- fassung der §§27 und 28 gegenstandslos werden, bringt Ziff. 3 des Entwurfs sie in Fortfall.

Erfahren hiernach die Bestimmungen über die Leitung der Reichsbank eine wesentliche Abänderung, so bleibt die dem Reich zustehende, durch das Bank- kuratorium ausgeübte Aufsicht über die Reichsbank auch weiterhin unverändert bestehen. Im Zusammenhange hiermit muss angesichts der den Bankkommissarien im § 36 Abs. 1 des Bankgesetzes übertragenen Aufsichtsbefugnis auch die Er- nennung der Kommissarien durch den Reichspräsidenten bestehen bleiben.

Alles in allem hält der Entwurf die bewährte öffentlich-rechtliche Struktur der Reichsbank voll aufrecht. Innerhalb dieses Rahmens stellt er jedoch das

Finanzarchiv. XXXIX. Jahrg. 2*9 19

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290 Deutsches Reichsgesetz über die Autonomie der Reichsbank vom 26. Mai 1922.

Reichsbankdirektorium in jeder Beziehung unabhängig von der Reicheleitung und sichert ihm auf diesem Wege die völlige Freiheit und Selbständigkeit seiner die Leitung und Verwaltung der Reichsbank betreffenden EntSchliessungen. Da- durch wird der Reichsbank selbst eine Autonomie gewährt, die das Ansehen und den Kredit des Instituts erhöht und nicht allein der Reichsbank selbst sowie dem Reich Vorteile bringt, sondern auch im Interesse der Zentralnotenbanken über- haupt liegt, deren geschäftlicher Verkehr unter- und miteinander durch die poli- tische Unabhängigkeit der einzelnen Institute nur gefördert und erleichtert werden kann1).

*) In der von der Reparationekommission der deutschen Kriegslastenkommission am 14. Juni 1922 überreichten Note wurde über die Autonomie der Reichsbank ausgeführt: Die Reparationskonimission erkenne an, dass durch das Gesetz vom 25. Mai die Regierung auf das Recht verzichtet habe, direkt auf die Geschäftsführung der Reichsbank einzuwirken, wozu sie nach dem Gesetz vom Jahre 1875 berechtigt gewesen sei. Um aber der Reichs- bank völlige Unabhängigkeit zu sichern, müsse nicht allein die Unabhängigkeit der In- stitution gesichert, sondern auch eine Unabhängigkeit des Per so nais geschaffen werden. Der Kommission sei bekannt, dass die Befugnisse der Reichsregierung bei der Ernennung des Präsidenten und der Mitglieder des Aufsichtsrats sich auf ein Veto beschränkten und dass im übrigen die Aktionäre bzw. ihre Vertreter volle Freiheit in der Wahl ihrer Be- amten hätten. Sie lege grossen Wert auf diese Bestimmung und würde es sogar vorziehen, wenn das Vetorecht sich lediglich auf die Wahl des Präsidenten beschränken würde. Sie sei ausserdem der Ansicht, dass der Präsident stets aus den Reihen der Aufsichtsrats- mitglieder gewählt werden sollte. In dieser Hinsicht seien die Bestimmungen des neuen Gesetzes nicht ganz klar. Die Kommission wünsche von der Reichsregierung die Zu- sicherung zu erhalten, dass diese Bestimmungen in der von ihr angekündigten Weise an- gewandt würden. Sie wünsche ferner, dass die Frage der Honorierung der Beamten der Reichsbank ausschliesslich den Vertretern der Aktionäre überlassen bleibe. Die Kom- mission verlange nicht, dass diese Punkte sofort durch ein neues Gesetz geregelt würden, wenn die deutsche Regierung sich verpflichte, die Wünsche der Kommission auf dem Ver- waltungswege zu erfüllen; sie behalte sich aber das Recht vor, gegebenenfalls Rege- lung auf gesetzgeberischem Wege zu verlangen Die Unabhängigkeit der Reichsbank könne aber, selbst wenn sie in der von der Reparationskommission gewünschten Weise durch- geführt werde, nur dann von praktischem Nutzen für die Auf recht erhalt ung des Kredits und der Währung Deutschlands sein, wenn effektiv erreicht werde, dass die Reichebank nur auf Grund der Prinzipien einer gesunden Bankpolitik Vorschüsse an die Reichs- regierung gewähre. Solange aber die Reichsbank in der Lage sei2 auf Grund der ihr über- gebenen Schatzbons Papiergeld auszugeben, könne man sich in dieser Hinsicht wenig ver- sprechen. Die Kommission erkennt an, dass jede Einschränkung des Papiergeldumlaufs davon abhänge, dass öffentliche Ausgaben in wirklichen, aus Steuern und inneren An- leihen herrührenden Einnahmen ihre Deckung fänden mit Ausschlug* der Methode der direkt oder indirekt von der Reichsbank diskontierten Schatzanweisungen. Sie bestreitet nicht, dass es gegenwärtig verfrüht wäre, die Beschränkung der Papiergeldausgabe, wie sie im Gesetz von 1875 vorgesehen gewesen und seit 1914 aufgehoben sei, wieder herzu- stellen, ohne vorher die Finanzen des Reiches in Ordnung gebracht zu haben, aber sie sei der Ansicht, dass die deutsche Regierung schon jetzt alle Massnahmen vorbereiten müsse, die sich später als notwendig erweisen würden2 um eine vernünftige Beschränkung des Emissionsreohts durchführen zu können. Wenn dies nicht geschehe, so sei zu be- fürchten, dass die Opfer, die gegenwärtig vom Deutschen Reich verlangt würden, um das Anwachsen seiner schwebenden Schuld zu verhindern, das erhoffte Ziel verfehlen würden. (Frkf. Ztg. Nr. 439, vom 15. Juni 1922.)

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