+ All Categories
Home > Documents > Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Date post: 15-Jan-2017
Category:
Upload: dinhcong
View: 238 times
Download: 1 times
Share this document with a friend
126
Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926 Source: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, 43. Jahrg., H. 1 (1926), pp. 132-256 Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KG Stable URL: http://www.jstor.org/stable/40906610 . Accessed: 18/06/2014 09:31 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to FinanzArchiv / Public Finance Analysis. http://www.jstor.org This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AM All use subject to JSTOR Terms and Conditions
Transcript
Page 1: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar1926Source: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, 43. Jahrg., H. 1 (1926), pp. 132-256Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KGStable URL: http://www.jstor.org/stable/40906610 .

Accessed: 18/06/2014 09:31

Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at .http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp

.JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range ofcontent in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new formsof scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected].

.

Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access toFinanzArchiv / Public Finance Analysis.

http://www.jstor.org

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 2: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommeiisteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926.

(R.G.B1. 1925 I Nr. 39 S. 189; Nr. 55 S. 469; 1926 I Nr. 11 S. 107.)

§1. Von dem Einkommen der natürlichen Personen wird nach den Vorschriften

dieses Gesetzes eine Einkommensteuer erhoben.

I. Persönliche Steuerpflicht.

§2. Mit dem gesamten Einkommen sind steuerpflichtig (unbeschränkt einkom-

mensteuerpflichtig): 1. alle natürSchen Personen, solange sie im Deutschen Reiche einen Wohnsitz

oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Als gewöhnlich gilt ein Aufenthalt von mehr als 6 Monaten; beträgt der Aufenthalt mehr als 6 Monate, so erstreckt sich die Steuerpflicht auch auf die ersten 6 Monate;

2. Beamte des Reichs, Beamte der Länder und Angehörige der Wehrmacht (Reichsheer und Reichsmarine), die ihren dienstlichen Wohnsitz im Ausland haben. Wahlkonsuhi gelten nicht als Beamte im Sinne dieser Vorschrift. Den Beamten des Reichs stehen die Beamten der Deutschen Reichsbahn- Gesellschaft und der Reichsbank gleich.

§3. Í1) Mit Einkommen, das aus dem Inland bezogen wird (inländischem Einkom-

men), sind steuerpflichtig (beschränkt einkommensteuerpflichtig) alle natürlichen Personen, wenn sie nicht schon nach § 2 unbeschränkt steuerpflichtig sind.

(2) Als inländisches Einkommen im Sinne des Abs. 1 unterliegen der Besteue- rung nuri

1. Einkünfte aus einer im Inland betriebenen Land- und Forstwirtschaft (§ 6 Abs. 1 Nr. 1);

2. Einkünfte aus Gewerbebetrieb, für den im Inland eine Betriebsstätte unter- halten wird oder ein ständiger Vertreter bestellt ist (§ 6 Abs. 1 Nr. 2);

3. Einkünfte aus Vermietung oder Verpachtung von unbeweglichem Ver- mögen, Sachinbegriffen und Rechten, die im Inland belegen oder in ein inländisches öffentliches Buch oder Register eingetragen sind (§ β Abs. 1 Nr. 6);

4. Einkünfte aus einer im Inland ausgeübten sonstigen selbständigen Berufs- tätigkeit (§ 6 Abs. 1 Nr. 3);

5. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 6 Abs. 1 Nr. 4), die im Inland ausgeführt wird oder ausgeführt worden ist;

6. Einkünfte aus Hypotheken, Grundschulden und 1 anderen Forderungen oder Rechten, die durch inländischen Grundbesitz oder inländische grundstücks- gleiche Rechte gesichert sind;

7. Dividenden, Zinsen, Ausbeuten und sonstige Gewinne, die entfallen auf inländische Aktien, Kuxe, Genussscheine, sowie auf Anteile an der Reichsbank, an inländischen Kolonialgesellschaften, an inländischen bergbautreibenden Vereini- gungen, welche die Rechte einer juristischen Person haben, an inländischen Ge- nossenschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung;

13*

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 3: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1926119. Dez.l925/2ö.Febr. 1926. 13g

8. Einkünfte aus der Beteiligung an einem inländischen Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter;

9. Zinsen aus Anleihen, die in inländischen öffentlichen Schuldbüchern ein- getragen oder über die Teilschuldverschreibungen ausgegeben sind, wenn der Sitz oder Ort der Leitung des Schuldners im Inland liegt;

10. Einkünfte aus Veräusserungsgeschäften im Sinne des § 42, die bei der Veräusserung von inländischen Grundstücken sowie von Rechten, auf die die Vor4 Schriften des bürgerlichen Rechtes über Grundstücke Anwendung finden, erzielt werden ;

11. regelmässig wiederkehrende Bezüge aus inländischen öffentlichen Kassen, die mit Rücksicht auf ein gegenwärtiges oder früheres Dienstverhältnis gewährt werden (§36 Abs. 1), soweit sie nicht nach Nr. 5 besteuert werden. Den öffent- lichen Kassen stehen die Kassen der Deutschen Reichsbahn- Gesellschaft und der Reichsbank gleich.

§4. Der Reichsminister der Finanzen wird ermächtigt, mit Zustimmung des

Reichsrats in Fällen, in denen ein auswärtiger Staat das Einkommen eines Deut- schen insbesondere aus Gewerbebetrieb schwerer belastet als das Einkommen seiner eigenen Staatsangehörigen oder das der Angehörigen der meistbegünstigten Na- tionen, eine höhere Besteuerung des inländischen Einkommens für Angehörige dieses Staates anzuordnen.

§5. Von der Einkommensteuer sind Personen befreit, soweit ihnen unter Wahrung

der Gegenseitigkeit nach allgemeinen völkerrechtlichen Grundsätzen oder soweit ihnen nach besonderen mit anderen Staaten getroffenen Vereinbarungen ein An- spruch auf Befreiung von den persönlichen Steuern zusteht.

II« Einkommen.

§ 6.

(x) Der Besteuerung des Einkommens nach diesem Gesetz unterliegen nur: 1. Einkünfte aus dem Betriebe von Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Garten-

bau und sonstiger nicht gewerblicher Bodenbewirtschaftung (Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft);

2. Einkünfte aus Gewerbebetrieb; 3. Einkünfte aus sonstiger selbständiger Berufstätigkeit; 4. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn); 5. Einkünfte aus Kapitalvermögen; 6. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Ver-

mögen, Sachinbegriffen und Rechten einschliesslich des Mietwerte der Wohnung im eigenen Hause;

7. andere wiederkehrende Bezüge; 8. sonstige Leistungsgewinne nach Massgabe der §§ 41, 42. (2) Welche Einkünfte den einzelnen Einkommensarten (Abs. 1 Nr. 1-8) zu-

zurechnen sind, bestimmt sich nach der Verkehrsauffassung, soweit nicht in den §§ 26-45 eine besondere Regelung getroffen ist.

(3) Der Besteuerung des Einkommens unterliegen insbesondere nicht ein- malige Vermögensanfälle, wie Schenkungen, Erbschaften, Aussteuern, Ausstat- tungen, Lotteriegewinne, Kapitalempfänge auf Grund von Lebensversicherungen, Kapitalabfindungen, die als Entschädigungen für Unfälle und Körperverletzungen gezahlt werden, ferner Kapitalabfindungen auf Grund der Reichsversicherung, der Beamtenpensionsgesetze und der Militärversorgung mit Ausnahme der Kapital- abfindungen nach dem Wehrmachtversorgungsgesetze1).

x) Entwurf: auf Grund der Reichsversicherung, der Militärversorgung und der Beamten· Pensionsgesetze.

133

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 4: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

134 Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925J19.Dez. 1925/26. Febr. 1926.

§7. (*) Zur Steuer wird das Einkommen herangezogen, das der Steuerpflichtige

innerhalb des Steuerabschnitts (§ 10) bezogen hat (§ 11). (2) Als Einkommen gilt: 1. bei Einkünften der im § 6 Abs. 1 Nr. 1-3 bezeichneten Art der Gewinn

(§§ 12, 13); 2. bei Einkünften der im § 6 Abs. 1 Nr. 4-8 bezeichneten Art der Ueber-

schuss der Einnahmen (§ 14) über die Ausgaben (§§ 15-17). (3) Treffen bei einem Steuerpflichtigen mehrere Einkommensarten zusammen

oder hat er Einkünfte derselben Art aus mehreren Betrieben oder hat er Ausgaben (§ 15), die bei keiner einzelnen Einkommensart abgesetzt werden können, so ist das Einkommen durch Zusammenrechnung und Ausgleich der bei der gesonderten Ermittlung gewonnenen Ergebnisse zu berechnen.

§8. Bei Ermittlung des Einkommens bleiben ausser Ansatz: 1. die Versorgungsgebührnisse nach dem Reichsversorgungsgesetz vom 12. Mai

1920 in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Juli 1925 (R.G.B1. 1 S. 166)1) und nach dem Reichsgesetz über die durch innere Unruhen verursachten Schäden vom 12. Mai 1920 (R.G.B1. S. 941);

2. die Verstümmelungs-, Kriegs-, Luftdienst-, Alters- und Tropenzulagen, Pensions- und Rentenerhöhungen der Militärpensions- und -Versorgungsgesetze, ferner die auf Grund des Kolonialbeamtengesetzes vom 8. Juni 1910 (R.G.B1. S. 881) bezogenen Tropenzulagen;

3. Versorgungsgebührnisse, die auf Grund einer infolge eines Krieges er- littenen Dienstbeschädigung nach der Minderung der Erwerbsfähigkeit gewährt werden, und die Kriegsversorgung der Militärhinterbliebenen;

4. die auf Grund des Besatzungspersonenschädengesetzes vom 17. Juli 1922 (R.G.B1. I S. 624) bezogenen Renten nebst den etwaigen Zulagen;

5.2) Vorzugsrenten auf Grund des Gesetzes über die Ablösung öffentlicher Anleihen vom 16. Juli 1925 (R.G.B. I S. 137);

6. die im § 19 Abs. 7 des Besoldungsgesetzes vom 30. April 1920 (R.G.B1. S. 805) und im § 11 des Reichsgesetzes über die Schutzpolizei der Länder vom 17. Juli 1922 (R.G.B1. 1 S. 597) bezeichneten Naturalbezüge und Entschädigungen der Angehörigen der Wehrmacht und der staatlichen Schutzpolizei, das Dienstein- kommen von mobil verwendeten Angehörigen der Wehrmacht nach § 39 Abs. 2 des Wehrgesetzes vom 23. März 1921 (R.G.B1. S. 329), sofern die Dauer der Ver- wendung mindestens einen Monat beträgt, die einmalige Uebergangsbeihilfe und die einmalige Umzugsentschädigung nach §§ 15, 16, 54, 55, 80 des Wehrmacht- versorgungsgesetzes vom 4. August 1921 (R.G.B1. S. 993) in der Fassung des Ge- setzes vom 22. Juni 1923 (R.G.B1. 1 S. 409), sowie die Entschädigung für Rück- gabe von Versorgungsscheinen;3)

7. die mit deutschen Kriegsdekorationen verbundenen Ehrensolde; 8. Bezüge des Steuerpflichtigen aus einer Krankenversicherung; 9.4) Entschädigungen auf Grund des § 87 des Betriebsrätegesetzes; 10. Bezüge aus öffentlichen Mitteln oder aus Mitteln einer öffentlichen Stiftung,

die als Unterstützungen wegen Hilfsbedürftigkeit oder als Unterstützungen für Zwecke der Erziehung oder Ausbildung, der Wissenschaft oder Kunst bewilligt sind, und Bezüge aus der öffentlichen Erwerbslosenfürsorge. Nach näherer An- ordnung des Reichsministers der Finanzen können auch andere Bezüge von der Steuer befreit werden, sofern sie zu ausschliesslich mildtätigen oder gemeinnützigen Zwecken gewährt werden und dem Vermögen oder Einkommen von naturlichen Personen, juristischen Personen, oder Personenvereinigungen ohne RechtspersÖn-

*) Entwurf: in der Fassung vom 30. Juni 1923 (R.G.B1. 1 S. 523). 2) Die Nr. 5 fehlte im Entwurf. ») Die Worte „sowie die Entschädigung" usw. fehlten im JEntwurt. *) Die Nr. 9 fehlte im Entwurf.

184

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 5: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug.l925|19.Dez. 1925/26. Febr. 1926. Jg5

lichkeit entstammen, die im Inland keinen Wohnsitz, Aufenthalt, Sitz oder Ort der Leitung haben.

§9.

(x) Bei unbeschränkt Steuerpflichtigen im Sinne des § 2 Nr. 2 bleiben die Einkünfte ausser Ansatz, die in dem Staate der Besteuerung unterliegen, in dessen Gebiet diese Steuerpflichtigen ihren dienstlichen Wohnsitz haben. Der Reichs- minister der Finanzen ist ermächtigt mit Zustimmung des Reichsrats anzuordnen, inwieweit bei anderen unbeschränkt Steuerpflichtigen, die sich des Erwerbes wegen im Ausland aufhalten, die im Ausland erhobene Einkommensteuer ganz oder zum Teil auf die inländische Einkommensteuer angerechnet wird.

(2) Die Vorschriften des Abs. 1 finden auf inländisches Einkommen (§ 3) keine Anwendung.

§ 10. (*) Steuerabschnitt ist a) bei Steuerpflichtigen, die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§ 6

Abs. 1 Nr. 1) beziehen, das Wirtschaftsjahr vom 1. Juli bis 30. Juni; als Wirt- schaftsjahr in diesem Sinne gilt auch das Wirtschaftsjahr, für das regelmässige Abschlüsse in der Zeit vom 24. Juni bis 6. Juli einschliesslich auf einen anderen Tag als den 30. Juni gemacht werden;

b) bei Gewerbetreibenden, die Handelsbücher nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuches zu führen verpflichtet sind oder, ohne dazu verpflichtet zu sein, Handelsbücher nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuches tatsächlich führen1), das Wirtschaftsjahr, für das sie regelmässige Abschlüsse machen;

c) bei den übrigen Steuerpflichtigen das Kalenderjahr. (2) Hat ein Steuerpflichtiger neben Einkünften aus Land- und Forstwirt-

schaft oder Gewerbebetrieb noch Einkünfte anderer Art, so ist auch für die anderen Einkünfte der Steuerabschnitt massgebend, der nach Abs. 1 für die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft oder Gewerbebetrieb gilt. Hat ein Steuerpflichtiger mehrere Betriebe mit verschiedenen Wirtschaftsjahren der im Abs. 1 a, b bezeich- neten Art, so ist Steuerabschnitt das Wirtschaftsjahr, das als letztes im Kalender- jahr endet; in diesem Falle sind bei der Einkommensermittlung die Einkünfte aus einem Betriebe, dessen Wirtschaftsjahr mit dem Steuerabschnitt nicht überein- stimmt, nicht mit dem im Steuerabschnitt erzielten, sondern mit dem im Wirt- schaftsjahr erzielten Betrag anzusetzen.

(3) Nach näherer Bestimmung des Reichsministers der Finanzen kann a) für Steuerpflichtige mit Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, b) im Falle des Zusammentreffens mehrerer Einkommensarten2),

auch ein anderer als der in Abs. 1, 2 bezeichnete Zeitraum als Steuerabschnitt zu- gelassen werden.

(4) Hat die Steuerpflicht nicht während des ganzen Kalender- oder Wirt- schaftsjahres bestanden, so verkürzt sich der Steuerabschnitt entsprechend.

§ n. (x) Einnahmen gelten innerhalb des Steuerabschnitts als bezogen, in dem sie

fällig geworden oder, ohne fällig zu sein, dem Steuerpflichtigen tatsächlich zu- geflossen sind. Soweit ein geschuldeter Betrag in einem Steuerabschnitt fällig ge- worden, sein Eingang aber zweifelhaft geworden ist, kann der Steuerpflichtige ihn bis zu dem Steuerabschnitt unberücksichtigt lassen, in dem er einbringlich wird.

(2) Bei Steuerpflichtigen, die für Einkünfte der im § 6 Abs. 1 Nr. 1-3 be- zeichneten Art regelmässige Abschlüsse fertigen, gelten Einnahmen in dem Steuer- abechnitt als bezogen, für den sie nach den Grundsätzen ordnungsmässiger Buch- führung spätestens in den Abschlüssen auszuweisen sind; werden die Einnahmen ohne Verstoss gegen die Grundsätze ordnungsmässiger Buchführung in dem Ab-

*) Die Worte „oder, ohne - führen" fehlten im Entwurf. a) Im Entwurf war diese Bestimmung mit c) bezeichnet; b) lautote: „für Gewerbetreibende, die nach den Grundsätzen ordnungsmässiger Buchführung regelmässige Abschlüsse machen, ohne

dazu verpflichtet zu sein." iau

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 6: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

1 36 Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925(19. Dez. 1925/29. Febr. 1926.

schluss für einen früheren Steuerabschnitt ausgewiesen, so gelten sie als in diesem Steuerabschnitt bezogen.

(3) Laufende Bezüge aus nichtselbständiger Arbeit ( § 6 Abs. 1 Nr. 4), die vor Beginn1) des Verdienstzeitraums zugeflossen sind, gelten in dem Steuerabschnitt als bezogen, in den der Verdienstzeitraum fällt; die Vorschrift über die Einbehal- tung der Steuer vom Arbeitslohne bei der Lohnzahlung (§ 70 Abs. 3) bleibt un- berührt.

(4) Die Vorschriften der Abs. 1-3 finden auf die Frage, für welchen Steuer- abschnitt ein Betrag als ausgegeben gilt, entsprechende Anwendung.

(5) Wenn nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Einkünfte eines Wirtschaftsjahrs einem später endenden Steuerabsóhnitt zugerechnet werden, so tritt für die Frage, wann Beträge als vereinnahmt oder ausgegeben gelten, an die Stelle des Steuerabschnitts dieses Wirtschaftsjahr.

§ 12.

(x) Der Gewinn (§ 7 Abs. 2 Nr. 1) ist der Ueberschuss der Einnahmen über die Ausgaben zuzüglich des Mehrwerts oder abzüglich des Minderwerts der Erzeug- nisse, Waren und Vorräte des Betriebs, der dem Betriebe dienenden Gebäude nebst Zubehör, sowie des beweglichen Anlagekapitals am Schlüsse des Steuerabschnitts gegenüber dem Stande am Schlüsse des vorangegangenen Steuerabschnitts. Ein- nahmen aus der Veräusserung von Grund und Boden, der zum Anlagekapital gehört, bleiben ausser Betracht. Bei Steuerpflichtigen, bei denen nach der Art des Betriebs das der Berufstätigkeit dienende Vermögen am Schlüsse der einzelnen Steuerabschnitte wesentlichen Schwankungen nicht zu unterliegen pflegt und am Schlüsse des Steuerabschnitts Waren über das übliche Mass hinaus nicht vorhanden sind, ist es zulässig, lediglich den Ueberschuss der Einnahmen über die Ausgaben zugrunde zu legen.

(2) Ist während des Steuerabschnitts ein Gegenstand veräussert worden und das Entgelt bis zum Schlüsse des Steuerabschnitts noch nicht fällig geworden (§ 11), so ist bei Berechnung des Gewinns an Stelle des Gegenstandes der Wert der Gegenforderung anzusetzen. Hinzuzurechnen ist auch der Wert der Gegen- stände, Ausbeuten, Nutzungen oder Dienstleistungen, die der Steuerpflichtige aus seinem Betriebe für sich und seinen Haushalt oder für andere Zwecke, die ausser- halb des Betriebs liegen, entnommen hat.

(3) Bei Aufgabe, Veräusserung oder unentgeltlicher Uebertragung des Be- triebs tritt für die Berechnung des Gewinns aus diesem Betrieb an die Stelle des Schlusses des Steuerabschnitts der Zeitpunkt der Aufgabe, Veräusserung oder Uebertragung. An die Stelle des Schlusses des vorangegangenen Steuerabschnitts tritt bei Eröffnung eines Betriebs der Zeitpunkt der Eröffnung, bei Erwerb eines Betriebs der Schluss des Steuerabschnitts des Rechtsvorgängers oder der für diesen massgebende Zeitpunkt im Sinne des Satzes 1.

§ 13. Bei Steuerpflichtigen, die Handelsbücher nach den Vorschriften des Handels-

gesetzbuches zu führen verpflichtet sind oder, ohne dazu verpflichtet zu sein, Handelsbücher nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuchs tatsächlich führen2), ist der Gewinn (§ 7 Abs. 2 Nr. 1, § 12) der nach den Grundsätzen ordnungsmässiger Buchführung für den Schluss des Steuerabschnitts ermittelte Ueberschuss des Be- triebsvermögens über das Betriebsvermögen, das am Schlüsse des vorangegangenen Steuerabsohnitts der Veranlagung zugrunde gelegen hat. Bei der Ermittlung des Gewinns sind die Vorschriften dieses Gesetzes über die Entnahmen aus dem eigenen Betriebe (§12 Abs. 2), die abzugsfähigen Ausgaben (§§ 15-18) und die Bewer- tung (§§ 19- 21) zu beachten. Die Vorschriften des § 12 Abs. 3 finden entsprechende Anwendung3).

*) Entwurf hatte noch die Worte: „oder nach Ablauf". 2) Die Worte „oder, ohne - führen" fehlten im Entwurf. s) Der Entwurf enthielt noch als Abs. 2: „Die Vorschriften des Abs. 1 gelten nach näherer Be-

stimmung des Reichsministers der Finanzen auch für Gewerbetreibende, die nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung regelmäßige Abschlüsse machen, ohne dazu verpflichtet zu sein."

186

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 7: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925] 19. Dez. 1926/26. Febr. 1926. J37

§ 14. Zu den Einnahmen (§ 7 Abs. 2 Nr. 2, § 12 Abs. 1) gehören alle dem Steuer-

pflichtigen zufliessenden Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen; hierzu zählen insbesondere auch der Wert der Nutzung einer Wohnung im eigenen Hause und einer dem Steuerpflichtigen ganz oder teilweise unentgeltlich überlassenen Wohnung einschliesslich der zugehörigen sonstigen Räume, Gärten und Park- anlagen.

§ 15.

i1) Ausgaben (§ 7 Abs. 2 Nr. 2, § 12 Abs. 1, § 13) sind: 1. die Werbungskosten (§16); 2. die im § 17 bezeichneten Sonderleistungen; 3. die Schuldzinsen und die auf besonderen privatrechtlichen, öffentlich-

rechtlichen oder gesetzlichen Verpflichtungsgründen beruhenden Renten und dauernden Lasten, soweit sie nicht zu den Werbungskosten gehören und nicht mit Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhange stehen, die für die Einkommen- steuer ausâer Betracht bleiben. Aufwendungen zur Erfüllung einer gesetzlichen Unterhaltspflicht gehören auch dann nicht hierzu, wenn sie auf Grund einer be- sonderen privatrechtlichen Verpflichtung erfolgen.

(2) Soweit die Ausgaben Werbungskosten sind oder mit einer bestimmten Einkommensart in wirtschaftlichem Zusammenhange stehen, sind sie bei dieser Art, im übrigen vom Gesamtbetrage der bei den einzelnen Einkommensarten gewonne- nen Ergebnisse abzuziehen. Bei beschränkt Steuerpflichtigen ist der Abzug der im Abs.l Nr. 2 bezeichneten Sonderleistungen überhaupt nicht, der Abzug der übrigen im Abs. 1 genannten Aufwendungen nur insoweit statthaft, als sie mit Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhange stehen, die der Besteuerung unterliegen.

§ 16.

(x) Werbungskosten sind die zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einkünfte gemachten Aufwendungen.

(2) Aufwendungen für die Anschaffung oder Herstellung von Gegenständen, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen sich bestimmungs- gemäss auf einen längeren Zeitraum erstreckt, dürfen nicht in dem Steuerabschnitte der Anschaffung oder Herstellung voll abgezogen werden. Sie können vielmehr für einen Steuerabschnitt höchstens mit dem Betrage berücksichtigt werden, der sich bei der Verteilung auf die Gesamtdauer der Verwendung oder Nutzung ergibt (Ab- setzung für Abnutzung).

(3) Die Absetzungen für Abnutzung sind nur zulässig für Maschinen und son- stiges Betriebsinventar, für gewerbliche, literarische und künstlerische Urheber- rechte, für Gebäude, Be- und Entwässerungsanlagen und fischereiwirtschaftliche Anlagen. Die Absetzungen bemessen sich nach der gemeingewöhnlichen Nutzungs- dauer des Gegenstandes. Absetzungen für aussergewöhnliche Abnutzung in einem Steuerabschnitt sind zulässig, bedürfen jedoch besonderen Nachweises. Die Ab- setzungen dürfen von keinem höheren als dem Anschaffungs- oder Herstellungspreise (§ 19 Abs. 2) vorgenommen werden und sind nach Hundertsätzen zu bemessen.

(4) Bei Bergbauunternehmungen, Steinbrüchen und anderen einen Verbrauch der Substanz bedingenden Betrieben sind Absetzungen für Substanzverringerungen zulässig; die Vorschriften des Abs. 3 Satz 2-4 *) finden entsprechende Anwendung.

(δ) Zu den Werbungskosten gehören auch: 1. Steuern vom Grundvermögen und Gewerbebetrieb, sonstige öffentliche

Abgaben und die2) Beiträge zur Versicherung von Gegenständen, soweit diese Auf- wendungen zu den Geschäftsunkosten oder Verwaltungskosten zu rechnen sind;

2. die nach dem Aufbringungsgesetz vom 30. August 1924 (R.G.B1. II S. 269) zu entrichtenden Jahresleistungen einschliesslich der Zuschläge; der für den Rück-

*) Die Worte „Satz 2-4" fehlten im Entwurf. 2) Das Wort „die" fehlte im Entwurf.

137

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 8: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

jgg Deutsches Heichseinkommensteuergesetz. VomlO. Aug. 1925|19. Dez. 1025/26. Febr. 1»2β.

kauf von Einzelobligationen nach §§ 57-66 des Industriebelastungsgesetzes vom 30. August 1924 (R.G.B1. II S. 257) aufgewendete Betrag ist nicht abzugsfähig;

3. die auf Grund des § 4 des Gesetzes über die Liquidierung des Umlaufs1) an Rentenbankscheinen vom 30. August 1924 (R.G.B1. II S. 252) zu entrichtenden Grundschuldzinsen;

4. notwendige Ausgaben des Steuerpflichtigen durch Fahrten zwischen Woh- nung und Arbeitsstätte;

5.2) Aufwendungen des Arbeitnehmers für Arbeitsmittel (Werkzeuge und Be- rufskleidung);

6.2) Kosten für die Zusammenlegung von Grundstücken (Flurbereinigung).

§ Π.

(x) Abzugsfähige Sonderleistungen sind: 1. Beiträge, die der Steuerpflichtige für sich und seine nicht selbständig ver-

anlagten Haushaltungsangehörigen zu Kranken-, Unfall-, Haftpflicht-, Angestell- ten-, Invaliden- und Erwerbslosenversicherungs-, Witwen-, Waisen* und Pensions- kassen gezahlt hat;

2. Beiträge zu Sterbekassen für den Steuerpflichtigen und seine nicht selb- ständig veranlagten Haushaltungsangehörigen;

3. Versicherungsprämien, die für Versicherungen des Steuerpflichtigen und seine nicht selbständig veranlagten Haushaltungsangehörigen auf den Todes- oder Lebensfall gezahlt werden; den Versicherungsprämien werden gleichgestellt Spar- einlagen für den Steuerpflichtigen und seine nicht selbständig veranlagten Haus- haltungsangehörigen, sofern die Rückzahlung des Kapitals nur für den Todesfall oder für den Fall des Erlebens innerhalb einer Zeit von nicht weniger als 20 Jahren vereinbart ist und die Vereinbarung unter Verzicht beider Vertragsteile auf eine Abänderung oder Aufhebung dem für den Steuerpflichtigen zuständigen Finanz- amt angezeigt wird;

4.3) Ausgaben für die Fortbildung in dem Berufe, den der Steuerpflichtige ausübt;

5. Steuern an die im Art. 137 der Reichs Verfassung genannten Körperschaften, soweit diese Steuern in dem Steuerabschnitte fällig geworden sind. Im Benehmen mit der zuständigen obersten Landesbehörde kann der Reichsminister der Finanzen den Steuern im Sinne des Satzes 1 regelmässige Beiträge gleichstellen, die an nicht öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu leisten sind4).

6.5) Beiträge zu den öffentlich-rechtlichen Berufs- oder Wirtschaftsvertre- tungen sowie zu Berufsverbänden ohne öffentlich-rechtlichen Charakter, deren Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist;

7.6) Zuwendungen an Unterstützungs-, Wohlfahrts- und Pensionskassen des Betriebs des Steuerpflichtigen, wenn die dauernde Verwendung für die Zwecke der Kassen gesichert ist.

(a) Die Abzüge nach Abs. 1 Nr. 1-4 dürfen zusammen den Jahresbetrag von 480 RM.7) nicht übersteigen; dieser Betrag erhöht sich für die zur Haushaltung des Steuerpflichtigen zählende Ehefrau sowie für jedes zu seiner Haushaltung zählende und nicht selbständig zu veranlagende minderjährige Kind um je 100 RM8).

(3) Den nicht selbständig veranlagten Haushaltungsangehörigen im Sinne der Abs. 1, 2 werden die im § 56 Abs. 2 genannten Personen gleichgestellt9).

*) „des Umlaufs" fehlten im Entwurf. s* Nr. ß und Nr. ß fohlten im Entwurf: siehe auch Note 5. 8> Nr. 4 fehlte im Entwurf. 4) „Im Benehmen - zu leisten sind" fehlten im Entwurf. «) Die Nr. β war im Entwurf in § 16 hinter Abs. 5 Nr. 3 eingestellt· ·) Nr. 7 fehlte im Entwurf. ') Entwurf: 360 Reichsmark. 8) Entwurf: 60 HM. ») Abs. 3 fehlte im Entwurf.

138

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 9: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/36. Febr. 1926. jgQ

§ 18.

i1) Als Ausgaben dürfen unbeschadet des § 15 Abs. 1 Nr.3, § 17 Aufwendungen nicht abgesetzt werden, die sich als Verwendung des Einkommens darstellen. Hierher gehören insbesondere:

1. Aufwendungen zur Verbesserung und Vermehrung des Vermögens, zu Ge- schäftserweiterungen, zu Kapitalanlagen, zur Schuldentilgung oder zu Ersatz- beschaffungen, soweit diese Aufwendungen über den Rahmen der §§ 15, 16 hinaus- gehen und nicht für Gegenstände gemacht worden sind, die beim Vermögensver- gleiche (§§ 12, 13) berücksichtigt werden;

2. die zur Bestreitung des Haushalts des Steuerpflichtigen und zum Unter- halte seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge;

3. die von dem Steuerpflichtigen entrichtete Einkommensteuer sowie sonstige Personalsteuern.

(2) Ferner sind nicht abzugsfähig Zinsen für das in dem land- und forstwirt- schaftlichen oder gewerblichen Betrieb angelegte eigene Vermögen des Steuer- pflichtigen.

§ 19.

i1) Für die einzelnen dem Betriebe gewidmeten Gegenstände ist für den Schluss des Steuerabschnitts (§ 12 Abs. 1, § 13) der gemeine Wert zugrunde zu legen. Bei der Ermittlung des gemeinen Wertes von Gegenständen, die nicht zum Verkauf bestimmt sind, ist nicht der bei der Veräusserung jedes Gegenstandes im einzelnen erzielbare Preis zu ermitteln, vielmehr ist davon auszugehen, dass der Gegenstand auch fernerhin der Fortführung des Betriebs dient, dem er zur Zeit der Bewertung angehört.

(2) An Stelle des gemeinen Wertes kann der Steuerpflichtige den Anschaffungs - oder Herstellungspreis unter Abzug der nach § 16 Abs. 2-4 zulässigen Absetzungen für Abnutzung und Substanzverringerung einsetzen. Ist ein Anschaffungs- oder Herstellungspreis nicht gegeben, so gilt als solcher der Betrag, der für den Gegen- stand im Zeitpunkt seines Erwerbes durch den Steuerpflichtigen unter gemein- gewöhnlichen Verhältnissen hätte aufgewendet werden müssen.

(3) Werden einem Betriebe Gegenstände gewidmet, die dem Steuerpflichtigen schon vorher gehört haben, so dürfen sie mit keinem höheren als dem gemeinen Werte im Zeitpunkt der Widmung angesetzt werden. Ist bei einem Steuerpflich- tigen ein Steuerabschnitt, für den eine Gewinnermittlung nach § 12 Abs. 1, § 13 vorzunehmen war, nicht vorangegangen, so dürfen unbeschadet der Vorschrift des Satzes 1 für den Beginn des Steuerabschnitts die dem Betriebe gewidmeten Gegen- stände mit keinem höheren als dem Anschaffungs- oder Herstellungspreis angesetzt werden.

§ 20.

(*) Bei Gegenständen, die bereits am Schlüsse des vorangegangenen Steuer- abschnitts zum Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen oder im Falle unentgelt- lichen Erwerbs eines Betriebs zum Betriebsvermögen des Rechtsvorgängers gehört haben, ist der für den Schluss eines Steuerabschnitts angesetzte Wert eines Gegen- standes bei der Veranlagung des Steuerpflichtigen oder seines Rechtsnachfolgers1 auch weiterhin für die folgenden Steuerabschnitte anzusetzen; der Steuerpflichtige kann jedoch für den Schluss des Steuerabschnitts an Stelle des Anschaffungs- oder Herstellungspreises den niedrigeren gemeinen Wert und an Stelle des angesetzten gemeinen Wertes den um die Absetzungen für Abnutzung oder Substanzverringe- rung verminderten Anschaffungs- oder Herstellungspreis ansetzen, wenn dieser niedriger ist.

(2) Bei unentgeltlicher Uebertragung eines Betriebs kann für die Veran- lagung des letzten Betriebsinhabers stets auch der höhere gemeine Wert angesetzt werden, ohne Rücksicht darauf, ob beim Schlüsse des vorangegangenen Steuer- abschnitts der gemeine Wert oder der Anschaffungs- oder Herstellungspreis ein- gesetzt war.

139

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 10: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

2 40 Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926.

§ 21.

Nicht in Geld bestehende Einnahmen, wie Naturalien, Waren, Kost, Woh- nung, Genuss von Rechten und Gütern, Ausbeuten und Dienstleistungen, sind, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, mit den üblichen Mittelpreisen des Ver- brauchsortes1) anzusetzen.

§ 22.

(*) Dem Einkommen eines unbeschränkt steuerpflichtigen Ehemanns wird das Einkommen seiner Ehefrau hinzugerechnet, solange sie unbeschränkt steuer- pflichtig ist und nicht dauernd von ihm getrennt lebt, und zwar erstmals für das auf den Eintritt der Voraussetzungen folgende Kalender- oder Wirtschaftsjahr; die Ehegatten werden insoweit für den nach § 10 massgebenden Steuerabschnitt zusammen veranlagt. Haben die Ehegatten Einkünfte, für die nicht dasselbe Kalender- oder Wirtschaftsjahr als Steuerabschnitt gilt, so finden für die Frage, welcher Steuerabschnitt für die Zusammenveranlagung massgebend ist, die Vor- schriften des § 10 Abs. 2, 3 entsprechende Anwendung. Für die Feststellung des zusammengerechneten Einkommens der Ehegatten gilt die Vorschrift des § 7 Abs. 3 sinngemäss.

(2) Die Haftung eines Ehegatten für die Steuer nach § 95 Abs. 2 der Reichs- abgabenordnung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass er Einkommen2) im Steuerabschnitte nicht bezogen hat.

(3) Für die vermögensrechtlichen Beziehungen der Ehegatten untereinander gilt jeder Ehegatte als Schuldner des Steuerteils, der nach den Verhältniszahlen berechnet wird, die sich ergeben, wenn jeder Ehegatte getrennt mit seinem Ein- kommen veranlagt worden wäre.

(4) Oie Vorschriften der Abs. 1-3 gelten nicht für Einkünfte der im § 6 Abs. 1 Nr. 3 und 4 bezeichneten Art, die die Ehefrau aus der Beschäftigung in einem dem Ehemanne fremden Betriebe bezieht.

§ 23.

(x) Dem Einkommen eines unbeschränkt steuerpflichtigen Haushaltungsvor- standes wird das Einkommen seiner minderjährigen Kinder hinzugerechnet, so- lange sie unbeschränkt steuerpflichtig sind und zu seiner Haushaltung zählen, und zwar vom Eintritt der Voraussetzungen an; hatte jedoch ein minderjähriges Kind bereits vor Eintritt der Voraussetzungen des Satzes 1 Einkommen, so finden für den Beginn der Zusammenrechnung und für die Frage, welcher Steuerabschnitt für die Zusammenveranlagung massgebend ist, die Vorschriften des § 22 Abs. 1 entsprechende Anwendung. Der Haushaltungsvorstand und die Kinder werden insoweit für den nach § 10 massgebenden Steuerabschnitt zusammen veranlagt. Für die Feststellung des zusammengerechneten Einkommens des Hauehaltunge- vorstandes und seiner Kinder gilt die Vorschrift des § 7 Abs. 3 sinngemäss.

(2) Als Kinder im Sinne des Abs. 1 gelten neben den Abkömmlingen des Haus- haltungsvorstandes auch Stief-, Schwieger-, Adoptiv- und Pflegekinder sowie deren Abkömmlinge.

(3) Im Falle der Zusammen Veranlagung haften der Haushaltungsvorstand und die Kinder nebeneinander für die Steuer. Die Vorschriften des § 22 Abs. 2, 3 finden entsprechende Anwendung.

(4) Die Vorschriften der Abs. 1-3 gelten nicht für Einkünfte der im § 6 Abs. 1 Nr. 3 und 4 bezeichneten Art, die minderjährige Kinder beziehen.

§24.

Bei fortgesetzter Gütergemeinschaft gelten in das G^samtgut fallende Ein- künfte als Einkünfte des überlebenden Ehegatten.

*) Entwurf: mit den ortsüblichen Mittelpreisen. -) Entwurf: steuerbares Einkommen.

140

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 11: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aiig. 198S/19. Dez. 1925/36. Febr. 1986. J^J

§25. f1) Die Einkommensteuer wird nach Ablauf des Steuerabschnitts (§ 10) ver-

anlagt, und zwar nach Massgabe des Einkommens, das in diesem Steuerabschnitte bezogen ist.

(2) Fällt der Steuerabschnitt mit dem Kalenderjahre zusammen oder endet er in der zweiten Hälfte eines Kalenderjahrs, so wird die Einkommensteuer nach Ablauf dieses Kalenderjahrs veranlagt.

(3) Endet der Steuerabschnitt in der ersten Hälfte eines Kalenderjahrs, so wird die Einkommensteuer nach Ablauf des ersten Kalenderhalbjahrs veranlagt.

(4) Fällt die Steuerpflicht weg oder ändert sich der Steuerabschnitt durch Eintritt oder Wegfall der Voraussetzungen der § 10 Abs. 1 a, b, § 22 Abs. 1, § 23 Abs. 1, so ist das Einkommen, das bis zum Wegfall der Steuerpflicht oder bis zum Beginne des künftig massgebenden Steuerabschnitts bezogen wird, bei der nächsten regelmässigen Veranlagung zu veranlagen, soweit es bisher noch nicht veranlagt ist. Dies gilt nicht, soweit die in dieser Zeit bezogenen Einkünfte den Einkünften des künftig massgebenden Steuerabschnitts hinzugerechnet werden.

(*) Ist der Wegfall der Steuerpflicht oder in den Fällen des Abs. 4 eine sofor- tige Veranlagung erforderlich, so kann sie alsbald vorgenommen werden.

III. Die einzelnen Einkommensarten·

1. Land- und Forstwirtschaft.

§ 26.

(*) Zu den Einkünften aus dem Betriebe von Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Gartenbau und sonstiger nichtgewerblicher Bodenbewirtschaftung (Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft) gehören auch Einkünfte:

1. aus Tierzucht; 2. aus Gemüse- und Obstbau1), Baumschulen und Samenzucht; 3. aus Wein- und Hopfenbau; 4. aus Binnenfischerei2), Fischzucht und Teichwirtschaft; 5. aus Torfstich und der Gewinnung von Steinen und Erden,

es sei denn, dass es sich um einen selbständigen gewerblichen Betrieb handelt. (2) Zu den Einkünften aus dem Betriebe von Land- und Forstwirtschaft ge-

hören auch Einkünfte aus der Ausübung der Jagd, soweit sie mit dem Betrieb einer Land- oder Forstwirtschaft im Zusammenhange stehen.

§ 27.

Bei der Ermittlung der Einkünfte3) aus Land- und Forstwirtschaft sind ein- zubeziehen:

1. der Wert der Nutzung der Wohnung des Unternehmers, soweit ihr Umfang bei Betrieben gleicher Art üblich ist;

2. die im Betrieb anfallenden Einkünfte aus Rechten an Grundstücken, aus Gefällen sowie aus, solchen Rechten, auf welche die Vorschriften des bürgerlichen Rechtes über Grundstücke Anwendung finden.

§ 28.

(*) Werden von den Steuerpflichtigen über den Betrieb der Land- und Forst- wirtschaft ordnungsmässige, den Reinertrag nachweisende Bücher geführt, so ist der Gewinn auf Grand der Abschlüsse dieser Bücher zu ermitteln; die Bücher gelten vorbehaltlich der Prüfung ihres Inhalts als ordnungsmäßig, wenn sie

1. alle geschäftlichen Vorgänge des Betriebs, nach bestimmten Grundsätzen *) Entwurf: Obstbau einschliesslich der. a) Fehlt im Entwurf. *) Entwurf: des Eiokommens.

1*1

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 12: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

142 Deutsches Reichseinkommensteaergesetz. VomlO. Aug. 1926/l9.Dez. 1925/26. Febr. 1926.

geordnet, mit ihrem Geldwert in Erscheinung bringen, insbesondere auch die Be- ziehungen des Betriebsunternehmers zum Betrieb (Eigenverbrauch, Entnahmen, Zuschüsse zum Betrieb aus anderen Vermögensbestandteilen) fortlaufend ver- zeichnen;

2. auf Grund einer jährlichen Inventur die Aenderung der einzelnen Bestand- teile des im Betrieb angelegten Vermögens darstellen.

(2) Der Reichsminister der Finanzen kann im Benehmen mit dem Reichs* minister für Ernährung und Landwirtschaft nähere Bestimmungen darüber er- lassen, ob und inwieweit eine Buchführung gemäss Abs. l1) anzuerkennen ist.

2. Gewerbebetrieb.

§29. Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören auch: 1. Einkünfte aus bergbaulichen Unternehmungen; 2. bei persönlich haftenden Gesellschaftern einer Kommanditgesellschaft auf

Aktien die Vergütungen (Tantiemen) sowie die Gewinnanteile dieser Gesellschafter, welche auf ihre nicht auf das Grundkapital gemachten Einlagen entfallen;

3. bei Gesellschaftern einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommandit- gesellschaft oder einer anderen Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Unter- nehmer (Mitunternehmer) des Gewerbebetriebs anzusehen ist, ihr Anteil am Ge- schäftsgewinne zuzüglich etwaiger besonderer Vergütungen, die der Gesellschafter für Mühewaltungen im Interesse der Gesellschaft für deren Rechnung bezogen hat.

§ 30.

*) Als Einkünfte2) aus Gewerbebetrieb gelten auch Gewinne, die erzielt werden bei der Veräusserung

1. des Gewerbebetriebs als ganzen oder eines Teiles des Gewerbebetriebs; 2. von Beteiligungen eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kom-

manditgesellschaft auf Aktien (§ 29 Nr. 2), von Anteilen eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist (§ 29 Nr. 3).

(2) Für die Ermittlung des Gewinns im Sinne des Abs. 1 gelten die Vor- schriften der §§ 12, 13 mit der Massgabe, dass der Veräusserungspreis mit dem Werte zu vergleichen ist, der am Schlüsse des vorangegangenen Steuerabschnitts der Veranlagung zugrunde gelegen hat; hat der letzten Veranlagung ein Wert nicht zugrunde gelegen, so tritt an seine Stelle der Anschaffungs- oder Herstellungspreis im Sinne des § 19 Abs. 2. Bei der Gegenüberstellung bleibt der Wert des Grund und Bodens insoweit ausser Ansatz, als er bei der Gewinnermittlung während der Geschäftsführung nicht zu berücksichtigen ist.

(3) Der Veräusserung eines Gewerbebetriebs als ganzen oder eines Teiles des Gewerbebetriebs (Abs. 1 Nr. 1) steht es gleich, wenn Anteile an einer Erwerbs- gesellschaft (Anteile einer G. m. b. H., Aktien, Kuxe, Genussscheine oder ähnliche Beteiligungen sowie Anwartschaften auf solche Beteiligungen) veräussert werden und der Veräusserer am Kapital der Gesellschaft wesentlich beteiligt war. Eine wesentliche Beteiligung liegt nur vor, wenn der Veräusserer oder seine Angehörigen im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2, 3 der Reichsabgabenordnung unmittelbar oder durch Vermittlung eines Treuhänders oder einer Erwerbsgesellschaft zusammen an der Gesellschaft zu mehr als einem Viertel beteiligt sind oder innerhalb der letzten zehn Jahre zu mehr als einem Viertel beteiligt waren. Satz 1 gilt nicht, wenn die im Steuerabschnitte veräusserten Anteile weniger als 2 v. H. des Kapitals der Gesell- schaft ausmachen. Für die Ermittlung des Gewinns gilt die Vorschrift des § 7 Abs. 2 Nr. 2 mit der Massgabe, dass als Einnahmen der Veräusserungspreis und als Ausgaben neben den Werbungskosten der auf die veräusserten Anteile entfal- lende Teil des Anschaffungspreises anzusetzen ist.

i) Im Entwurf fehlten die Worte „gemäss Abs. 1". 2) Entwurf: Einkommen.

142

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 13: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichaeinkora mensteuergeset ζ. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/2Ö. Febr. 1926. j^g

(4) Der Veräusserung eines Gewerbebetriebs als ganzen oder eines Teiles des Gewerbebetriebs (Abs. 1 Nr. 1) steht es ferner gleich, wenn ein Gewerbebetrieb aufgegeben wird. Hierbei ist für die Ermittlung des Gewinns von den Veräusse- rungspreisen der einzelnen dem Betriebe gewidmeten Gegenstände auszugehen. Für Gegenstände, die nicht veräussert werden, tritt an Stelle des Veräusserungs- preises der gemeine Wert im Zeitpunkt der Aufgabe. Waren an dem Gewerbe- betriebe mehrere Unternehmer (Mitunternehmer) beteiligt und erfolgt die Aufgabe im Wege der Auseinandersetzung, so darf bei jedem einzelnen nicht mehr angesetzt werden, als der gemeine Wert der Gegenstände, die er bei der Auseinandersetzung erhalten hat.

§ 31. Hat im Falle des § 30 Abs. 1 Nr. 1 der Veräusserer das Betriebsvermögen

innerhalb der letzten 3 Jahre vor der Veräusserung unentgeltlich erworben, so ist auf Antrag auf die nach dem Veräusserungsgewinne ( § 30 Abs. 2) sich berechnende Einkommensteuer der Teil der Erbschaftsteuer anzurechnen, der auf den Unter- schied zwischen dem der Veranlagung zur Erbschaftssteuer zugrunde gelegten und dem bei der Veranlagung des Rechtsvorgängers des Steuerpflichtigen zur Ein- kommensteuer zuletzt angesetzten Werte des Betriebsvermögens entfällt. Ent- sprechendes gilt in den Fällen des § 30 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, wenn der Veräusserer die Beteiligung oder die Anteile innerhalb der letzten 3 Jahre vor der Veräusse- rung unentgeltlich erworben hat.

§ 32. Die Vorschriften der §§ 30, 31 finden nur Anwendung, insoweit a) bei Veräusserung des Gewerbebetriebs als ganzen der Gewinn den Betrag

von 10,000 RM., b) bei Veräusserung eines Teiles des Gewerbebetriebs, von Beteiligung oder Anteilen der Gewinn den dem Anteil entsprechenden Teil von 10,000 RM.

übersteigt1); der nach den Vorschriften der §§6-25 für die Zeit von der letzten Veranlagung bis zur Veräusserung sich ergebende Gewinn gilt nicht als Veräus- serungsgewinn im Sinne dieser Vorschrift.

§ 33. (*) Steht der Gewinn aus einem inländischen Gewerbebetrieb infolge beson-

derer Vereinbarungen des Steuerpflichtigen mit einem im Inland nicht unbeschränkt Steuerpflichtigen in offenbarem Missverhältnis zu dem Gewinne, der sonst bei Ge- schäften gleicher oder ähnlicher Art erzielt wird, so kann dieser Gewinn, min- destens aber die übliche Verzinsung des dem Betriebe dienenden Kapitals bei der Einkommensermittlung für den inländischen Gewerbebetrieb angesetzt werden2). Als Kapital im Sinne dieser Vorschrift gilt ausser dem Anlagekapital auch das um- laufende Betriebskapital, insbesondere Waren, Erzeugnisse und Vorräte.

(2) Die Vorschrift des Abs. 1 findet keine Anwendung, wenn der Steuer- pflichtige nachweist, dass weder er am Vermögen oder am Gewinne des ausländi- schen Gewerbebetriebs3) noch dessen Inhaber am Gewinn oder am Vermögen seines Gewerbebetriebs4) wesentlich beteiligt ist; was als wesentliche Beteiligung anzusehen ist, bestimmt sich nach § 30 Abs. 3 Satz 2.

§ 34. (x) Ist bei beschränkter Steuerpflicht nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 der inländische

Gewerbebetrieb Zweigniederlassung eines ausländischen Unternehmens, so kann6) ') Entwurf: Anwendung, wenn der Veräusserungsgewinn den Betrag von 5000 RM. übersteigt. ?) Entwurf: Wird der Gewinn aus einem inländischen Gewerbebetrieb auf Grund besonderer

Vereinbarungen des Steuerpflichtigen mit einem in Deutschland nicht unbeschränkt Steuerpflichtigen auf ein der kaufmännischen Preisberechnung nicht entsprechendes Mass herabgemindert, so ist bei der Einkommensermittlung für den inländischen Gewerbebetrieb der Gewinn anzusetzen, der sonst bei Geschäften gleicher oder ähnlicher Art erzielt worden wäre, mindestens aber die übliche Verzin- sung des dem Betrieb gewidmeten Kapitals.

3) Entwurf: weder er an dem ausländischen Gewerbebetrieb. *) Entwurf: noch dessen Inhaber an seinem Gewerbebetrieb. *) Entwurf: ist.

148

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 14: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

144 Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez· 1926/26. Febr. 1926.

bei der Einkommensermittlung für den inländischen Gewerbebetrieb der Gewinn angesetzt werden1), der sonst bei inländischen Geschäften gleicher oder ähnlicher Art erzielt worden wäre, wenn es sich um ein selbständiges Unternehmen handelte, mindestens aber die übliche Verzinsung des der inländischen Zweigniederlassung gewidmeten Kapitals. Als Kapital im Sinne dieser Vorschrift gilt ausser dem An- lagekapital auch das umlaufende Betriebskapital, insbesondere Waren, Erzeugnisse und Vorräte. Die Vorschrift findet auch dann Anwendung, wenn nach den Mass- nahmen der Geschäftsleitung der Gewinn zwischen der inländischen Zweignieder- lassung und dem ausländischen Hauptunternehmen anderweit verteilt wird.

(2) Der Reichsminister der Finanzen oder das von ihm beauftragte Landes- finanzamt ist ermächtigt, im Einvernehmen mit der Landesregierung oder der von ihr bezeichneten Verwaltungsbehörde die Einkommensteuer auf Antrag des Steuer- pflichtigen auch in einem Pauschbetrage festzusetzen3).

3. Sonstige selbständige Berufstätigkeit.

§ 35.

Í1) Zu den Einkünften aus sonstiger selbständiger Berufstätigkeit gehören insbesondere:

1. Einkünfte aus freien Berufen, insbesondere der Erwerb aus wissenschaft- licher, künstlerischer, schriftstellerischer, unterrichtender oder erzieherischer Tätig- keit, aus der Berufstätigkeit der Aerzte, Rechtsanwälte, Architekten und Inge- nieure;

2. andere Einkünfte aus selbständiger Arbeitstätigkeit, insbesondere Ver- gütungen für Vermögensverwaltungen und für Vollstreckung von Testamenten sowie Vergütungen (Tantiemen) oder unter sonstiger Benennung gewährte Bezüge, geldwerte Vorteile und Entschädigungen, die den Mitgliedern des Aufsichtsrats von Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Genossenschaften und von sonstigen Personenvereinigungen gewährt werden, bei denen der Steuerpflichtige nicht als Unternehmer (Mitunter- nehmer) anzusehen ist.

(2) Einkünfte der im Abs. 1 bezeichneten Art sind auch dann als Einkünfte aus sonstiger selbständiger Berufstätigkeit anzusehen, wenn es sich nur um eine vorübergehende Tätigkeit handelt.

4. Nichtselbständige Arbeit.

§ 36.

Í1) Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) gehören, ohne Rücksicht darauf, ob es sich um eine nachhaltige Tätigkeit handelt oder nicht, insbesondere:

1. Gehälter, Besoldungen, Löhne, Tantiemen, Gratifikationen oder unter sonstiger Benennung gewährte Bezüge, geldwerte Vorteile und Entschädigungen der in öffentlichem oder privatem Dienste angestellten oder beschäftigten Per- sonen;

2. Wartegelder, Ruhegehälter, Witwen- und Waisenpensionen und andere Bezüge oder geldwerte Vorteile für frühere Dienstleistung.

(2) Zum Arbeitslohne gehören nicht: 1. die aus öffentlichen Kassen gewährten Aufwandsentschädigungen, Tage-

gelder und Reisekosten. Zu den Aufwandsentschädigungen der im öffentlichen Dienste angestellten Personen gehört auch der nach ausdrücklicher Anordnung zur

l) Entwurf: anzusetzen. >) Entwurf: Der Reichsminister der Finanzen ist ermächtigt, im jsmvernenmen mit aer

obersten Finanzbehörde des beteiligten Landes über die Teilung des Gewinnes aus einem Ge- werbebetrieb, bei dem sich die Hauptniederlassung in dem einen, die Zweigniederlassung in dem anderen Staate befindet, Vereinbarungen zu treffen.

144

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 15: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925J19. Dez.1925/26. Febr. 1926. J^g

Bestreitung des Dienstaufwandes bestimmte Teil des Gehalts oder einer etwaigen Zulage;

2. Entschädigungen, die den im privaten Dienste angestellten Personen nach ausdrücklicher Vereinbarung zur Bestreitung des durch den Dienst veranlassten Aufwandes gezahlt werden, wenn sie nur in Höhe des nachgewiesenen Dienstauf- wandes gewährt werden oder die tatsächlichen Aufwendungen offenbar nicht über- steigen; dazu gehört auch die Entschädigung für vom Arbeitnehmer gestellte Arbeitsmittel1).

(3) Zum Arbeitslohne gehören nicht Entgelte für Lieferungen und sonstige Leistungen, die der Umsatzsteuer auf Grund des Umsatzsteuergesetzes unterliegen.

(4) Der Reichsminister der Finanzen kann für bestimmte Gruppen von Fällen entscheiden, ob das Entgelt für eine Leistung als Arbeitslohn anzusehen oder umsatzsteuerpflichtig ist.

5. Kapitalvermögen.

§ 37.

Í1) Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören insbesondere: 1. Dividenden, Zinsen, Ausbeuten und sonstige Gewinne, welche ent allen

auf Aktien, Kuxe, Genussscheine sowie auf Anteile an der Reichsbank, an Ko- lonialgesellschaften, an bergbautreibenden Vereinigungen, welche die Rechte einer juristischen Person haben, an Gesellschaften mit beschränkter Haftung und an Genossenschaften;

2. Einkünfte aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesell- schafter;

3. Zinsen von Anleihen, die in öffentlichen Schuldbüchern eingetragen oder über die Teilschuldverschreibungen ausgegeben sind;

4. Zinsen aus Kapitalforderungen jeder Art einschliesslich der Zinsen aus Einlagen und Guthaben bei Sparkassen, Banken und anderen Kreditanstalten;

5. Zinsen von Hypotheken und Grundschulden, Renten von Rentenschulden. Bei Tilgungshypotheken und Tilgungsgrundschulden gilt nur der Teil der Zahlung als Kapitalertrag, der auf den jeweiligen Kapitalrest als Zins entrichtet wird.

6. Diskontbeträge von Wechseln und Anweisungen einschliesslich der Schatz- wechsel, soweit es sich um Kapitalanlagen handelt.

(2) Als Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des Abs. 1 gelten auch: 1. besondere Entgelte oder Vorteile, die neben Kapitalerträgen der im Abs. 1

genannten Art oder an deren Stelle gewährt werden; 2. Einkünfte aus der Veräusserung von Dividenden und Zinsscheinen sowie

sonstigen Gewinnen, sofern die dazu gehörigen Aktien, Schuldverschreibungen und sonstigen Anteile im Eigentume des Steuerpflichtigen bleiben.

(3) Soweit Kapitalerträge der in Abs. 1 und 2 bezeichneten Art in einem land- und forstwirtschaftlichen oder gewerblichen Betrieb anfallen, gelten sie als Einkünfte aus dem Betriebe der Land- oder Forstwirtschaft oder aus Gewerbe- betrieb.

6. Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen, Sachinbegriffen und Rechten.

§ 38.

(*) Zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung von unbeweg lichem Vermögen, Sachinbegriffen und Rechten gehören insbesondere:

1. Einkünfte aus Vermietung, Verpachtung und sonstiger zeitlich begrenzter Ueberlassung von Grundstücken, Gebäuden und Gebäudeteilen, von Schiffen, die ins Schiffsregister eingetragen sind, sowie von Rechten, auf die die Vorschriften des bürgerlichen Rechtes über Grundstücke Anwendung finden;

2. Einkünfte aus Vermietung, Verpachtung und sonstiger zeitlich begrenzter

x) Die Worte: „dazu gehört - Arbeitsmittel" fehlten im Entwurf. Finanzarchiv. XLIII. Jahrg. 145 10

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 16: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

146 Deutsche* Reichseinkommeneteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19, Dez. 1925/26* Febr. 1926.

Ueberlaseung von landwirtschaftlichem Inventar, von beweglichem Betriebs- vermögen und von einer zur Ausübung einer selbständigen Berufstätigkeit dienen- den Einrichtung;

3. Einkünfte aus Verpachtung oder sonstiger zeitlich begrenzter Ueber- laseung von literarischen, künstlerischen und gewerblichen Urheberrechten, von Rechten, Gerechtigkeiten und Gefällen, soweit diese Einkünfte nicht den Ein- künften aus Gewerbebetrieb oder aus sonstiger selbständiger Berufstätigkeit zu- zurechnen sind.

(2) Als Einkünfte im Sinne des Abs. 1 gelten auch Einkünfte aus der Ver- äusserung von Miet- und Pachtzinsforderungen, und zwar auch dann, wenn die Einkünfte im Veräuseerungspreise von Grundstücken enthalten sind und die Miet- oder Pachtzinsen sich auf einen Zeitraum beziehen, in dem der Veräusserer noch Besitzer war.

(3) Den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung werden der Wert der Nutzung einer Wohnung im eigenen Hause und einer dem Steuerpflichtigen ganz oder teilweise unentgeltlich überlassenen Wohnung einschliesslich der zugehörigen sonstigen Räume, Gärten und Parkanlagen gleichgestellt, soweit der Wert nicht schon nach § 27 Nr. 1 bei Einkünften anderer Art einbezogen worden ist.

(4) Soweit Einkünfte der im Abs. 1 - 3 bezeichneten Art in einem land- und forstwirtschaftlichen oder gewerblichen Betrieb anfallen oder zu* den Ein- künften aus sonstiger selbständiger Berufstätigkeit, aus nichtselbständiger Arbeit oder zu anderen wiederkehrenden Bezügen gehören, sind sie diesen Einkünften zuzurechnen.

§39. Bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sind für die Einkommens-

ermittlung dem Pacht- oder Mietzins die dem Pächter oder Mieter zum Vorteil des Verpächters oder Vermieters obliegenden Natural- oder sonstigen Neben- leistungen sowie die dem Verpächter oder Vermieter vorbehaltenen Nutzungen hinzuzurechnen; abzurechnen sind die dem Verpächter oder Vermieter obliegenden, abzugsfähigen Lasten.

7. Andere wiederkehrende Bezüge.

§ 40. Zu den anderen wiederkehrenden Bezügen gehören insbesondere: 1. vererbliche Renten; 2. Leibrenten, Leibgedinge, Zeitrenten und andere unvererbliche Renten; 3. Zuschüsse und sonstige Vorteile, die als wiederkehrende Bezüge gewährt

werden, und zwar auch dann, wenn ein klagbarer Anspruch auf sie nicht besteht. Ist die Zuwendung freiwillig oder zur EnüUung einer gesetzlichen Unterhalts- pflicht erfolgt, so hat sie der Empfänger nicht zu versteuern, wenn der Geber unbeschränkt steuerpflichtig ist (§ 2).

8. Sonstige Leistungsgewinne.

§41. (x) Sonstige Leistungsgewinne sind: 1. Einkünfte aus Veräusserungsgeschäften in den Grenzen des § 42, es sei

denn, dass es sich um Gegenstände handelt, deren Wert bei einer Gewinnermitt- lung nach §§ 12, 13 oder bei Einkünften der im § 6 Abs. 1 Nr. 4-7 bezeichneten Art als Einnahme in Ansatz gebracht wird;

2. Einkünfte, soweit sie infolge einer anderen Tätigkeit anfallen, die nicht zu den im § 6 Abs. 1 Nr. 1-4, 6 bezeichneten gehört, insbesondere Einkünfte aus gelegentlichen Vermittlungen und aus der Vermietung beweglicher Gegen- stände einschliesslich der Schiffe, die nicht ins Schiffsregister eingetragen sind.

146

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 17: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkominensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926. ^47

(2) Einkünfte der im Abs. 1 Nr. 2 genannten Art unterliegen der Besteuerung nur, wenn die Einnahmen im Steuerabschnitt den Betrag von 500 RM. über- stiegen haben.

§ 42.

(x) Einkünfte aus Veräusserungsgeschäften unterliegen der Besteuerung nur, wenn sie als Spekulationsgeschäfte anzusehen sind. Als Spekulationsgeschäfte gelten vorbehaltlich des Abs. 2 Veräusserungsgeschäfte,

1. wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräusserung a) bei Grundstücken weniger als 2 Jahre, b) bei anderen Gegenständen, insbesondere Wertpapieren, weniger als

3* Monate beträgt oder 2. wenn es sich um Geschäfte handelt, bei denen der Erwerb der Ver-

äusserung zeitlich folgt1). (2) Einkünfte aus Veräusserungsgeschäften bleiben steuerfrei, wenn: 1. der veräusserte Gegenstand nicht zum vermögensteuerpflichtigen Ver-

mögen des Veräusserers gehört; 2. der im Steuerabschnitt aus Veräusserungsgeschäften erzielte Gewinn ins-

gesamt weniger als 1000 RM. beträgt; 3. der Steuerpflichtige dartut, dass der veräusserte Gegenstand nicht zum

Zwecke gewinnbringender Wieder veräusserung erworben worden ist2). (3) Verluste aus Veräusserungsgeschäften im Sinne des Abs. 1 3) können nur

bis zur Höhe der im gleichen Steuerabschnitt erzielten und der Besteuerung unterliegenden Veräusserungsgewinne abgezogen werden.

§ 43.

Für die Ermittlung des Gewinns und des Verlustes bei Veräusserungs- geschäften (§ 41 Abs. 1 Nr. 1, § 42) sind als Einnahmen der Veräusserungspreis und als Ausgaben neben den Werbungskosten der Anschaffungspreis anzusetzen; zu den Werbungskosten gehört auch die Wertzuwachssteuer. Ist der Anschaffungs- preis nicht zu ermitteln, so gilt als solcher der gemeine Wert, den der Gegenstand zur Zeit des Erwerbes gehabt hat4).

8. Gemeinsame Vorschriften.

§ 44.

Zu den Einkünften der im § 6 bezeichneten Art gehören ausser den in §§ 26-40, § 41 Abs. 1 Nr. 2 den einzelnen Einkommensarten ausdrücklich zu- gewiesenen insbesondere:

1. Entschädigungen, die als Ersatz für entgehende Einnahmen oder für die Aufgabe einer Tätigkeit, einer Gewinnbeteiligung oder einer Anwartschaft auf eine solche gewährt werden;

2. Einkünfte, die dem Steuerpflichtigen aus einer ehemaligen Tätigkeit im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1 - 4 oder aus einem erloschenen Rechtsverhältnis im

x) Im Entwurf lautete der Text, der in 4 Absätze zerfällt, bis hierher: Ο Einkünfte aus Veräusserungsgeschäften unterliegen der Besteuerung nur: 1. wenn durch

Veräusserung von Gegenständen, insbesondere durch Veräusserung von Teilgrundstücken eine Ver- wertungsmöglichkeit unter Umständen ausgenützt wird, die auf weitere gleichartige Veräußerungen schliessen läset: 2. wenn sie als Spekulationsgeschäfte anzusehen sind.

(8) Als Spekulationsgeschäfte werden Veräusserungsgeschäfte angesehen: 1. wenn der Zeit- raum zwischen Anschaffung und Veräußerung a) bei Grundstücken weniger als 2 Jahre, b) bei anderen Gegenständen, insbesondere Wertpapieren, weniger als 6 Monate beträgt oder 2. wenn es sich um Geschäfte handelt, bei denen der Erwerb der Veräußerung zeitlich folct.

a) Im Entwurf fehlt Nr. 3. *) Entwurf: Abs. 1. 2. 4) Der Entwurf hatte noch den Zusatz: Liegt im Falle des § 42 Abs. 1 Nr. 1 der Erwerb des

Gegenstandes vor dem 1. August 1914, so ist der Wert an diesem Tage als Anschaffungspreis anzu- setzen. Fällt der Erwerb in die Zeit vom 1. August 1914 bis zum 31. Dezember 1918, so ist der Wert am 1. August 1914, fällt er in die Zeit vom 1. Januar 1919 bis zum 31. Dezember 1023, so ist der für die Vermögensteuerveranlagung auf den 31. Dezember 1923 massgebende Wert ale Anschaf- fungspreis anzusetzen.

147

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 18: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

14_g Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926.

Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 5-8 zufliessen; dies gilt auch dann, wenn diese Ein- künfte dem Steuerpflichtigen als Rechtsnachfolger zufliessen.

§ 45. Für die Einreihung unter die Einkünfte im Sinne des § 6 Abs. 1-3 ist es

ohne Bedeutung, ob der Unternehmer oder der Berufstätige Eigentümer, Niess- braucher, Pächter oder ein sonstiger Nutzungsberechtigter ist. Einkünfte aus Verpachtung (§38) gehören. im Sinne dieses Gesetzes nicht zu den Einkünften der im § 6 Abs. 1 Nr. 1-3 bezeichneten Art.

§ 46.

Als Hilfsmittel für die Besteuerung können Durchschnittssätze für das Ein- kommen oder für seine Ermittlungsgrundlagen festgesetzt werden; hierbei ist die Landesregierung oder die von ihr bezeichnete Verwaltungsbehörde zu beteiligen. Die Durchschnittssätze sind der Feststellung des Einkommens zugrunde zu legen, es sei denn, dass der Steuerpflichtige in seiner Steuererklärung abweichende Angaben macht und sie entweder beweist oder so belegt, dass eine von den Purchschnittssätzen abweichende Schätzung geboten ist.

§47. Bei Steuerpflichtigen, die durch Zuzug aus dem Ausland unbeschränkt

steuerpflichtig werden, kann der Reichsminister der Finanzen anordnen, dass im einzelnen Falle oder in bestimmten Gruppen von Fällen für die Dauer von 5 Jahren seit Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht von der Heran- ziehung von Einkünften bestimmter Art, insbesondere von der Heranziehung des ausländischen Einkommens, ganz oder teilweise abgesehen wird oder dass solche Personen nach Massgabe ihres inländischen Verbrauchs besteuert werden; der Reichsminister der Finanzen oder das von ihm beauftragte Landesfinanzamt1) kann in solchen Fällen im Einvernehmen mit dem Steuerpflichtigen die Ein- kommensteuer auch in einem Pauschbetrage festsetzen.

§ 48. Der Reichsminister der Finanzen wird ermächtigt, mit Zustimmung des

Reichsrats Richtlinien darüber zu erlassen, was als inländisches Einkommen (§3) bei beschränkt Steuerpflichtigen anzusehen ist, bei denen eine gesonderte Be- rechnung des Einkommens aus inländischer Erwerbs- oder Berufstätigkeit (§ 3 Abs. 2 Nr. 1-4) nicht möglich ist. Der Reichsminister der Finanzen oder das von ihm beauftragte Landesfinanzamt kann in solchen Fällen auf Antrag des Steuer- pflichtigen die Steuer für das inländische Einkommen auch in einem Pausch- betrage festsetzen2).

17· Besteuerung nach dem Verbrauch,

§ 49.

(x) Steht das festgestellte Einkommen eines unbeschränkt Steuerpflichtigen unter Berücksichtigung der gesamten Lebensverhältnisse in einem offenbaren Miss- verhältnis zu seinem Verbrauche, so kann3) dieser an Stelle des Einkommens der Besteuerung zugrunde gelegt werden4), soweit der Steuerpflichtige nicht nachweist, dass er seinen Verbrauch aus Bezügen bestritten hat, die nach §§ 8, 9, 40 Nr. 3 Satz 2 bei Ermittlung des Einkommens ausser Ansatz bleiben, oder dass der Verbrauch in Ausgaben besteht, die nach § 40 Nr. 3 Satz 1 bei einem anderen Steuerpflichtigen als wiederkehrende Bezüge besteuert werden.

x) Die Worte „oder - Landesfinanzamt" fehlten im Entwurf. 2) Der letzte Satz fehlte im Entwurf. 8) Entwurf: ist. ') Entwurf: zugrunde zu legen.

148

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 19: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1926/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926. j^g

(2) Verbrauch im Sinne des Abs. 1 sind insbesondere die zur Bestreitung des Haushalts und der Lebensführung des Steuerpflichtigen einschliesslich der zu seinem und seiner Familienangehörigen Unterhalt aufgewendeten Beträge sowie die Ausgaben zum Erwerbe von Gegenständen, die beim Steuerpflichtigen nicht der Vermögenssteuer unterliegen.

(3) Zum Verbrauche gehören nicht Ausgaben: a) für Aussteuern und Ausstattungen, soweit sie das den Verhältnissen des

Steuerpflichtigen entsprechende Mass nicht übersteigen; b) für Schuldzinsen, Renten und dauernde Lasten im Sinne des § 15 Abs. 1

Nr. 3; c) für Steuern vom Einkommen, Vermögen, Grundbesitz und Gewerbebetrieb; d) für Sonderleistungen im Sinne des § 17 sowie einmalige und wieder-

kehrende Beiträge an inländische Vereinigungen, die ausschliesslich wissenschaft- liche, künstlerische, kirchliche, mildtätige oder gemeinnützige Zwecke verfolgen;

e) für Arzneien und andere Gegenstände zu Heilzwecken oder zum Aus- gleich körperlicher Gebrechen.

(4) Neben den im Abs. 3 bezeichneten Ausgaben können auf Antrag auch unberücksichtigt bleiben:

a) Ausgaben, die durch Krankheiten oder Unglücksfälle verursacht wor- den sind;

b) aussergewöhnliche Aufwendungen, die durch die Geburt, den Unterhalt oder1) die Erziehung eines Kindes notwendig geworden sind;

c) Aufwendungen für Angestellte oder frühere Angestellte, sofern diese Aus- gaben aus sozialen Gründen erforderlich erscheinen.

(δ) Ein offenbares Miss Verhältnis zwischen dem Einkommen und dem Ver- brauche kann nur dann angenommen werden, wenn der Verbrauch mindestens um die Hälfte höher ist als das Einkommen. Die Vorschrift des Abs. 1 findet ferner keine Anwendung, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass er den Ver- brauch aus Vermögen bestritten hat, das bei seinem Entstehen in den letzten 3 Jahren der Besteuerung nach dem Einkommensteuergesetz unterlegen hat2).

(e) Die Vorschrift des Abs. 1 findet nur Anwendung, wenn der Verbrauch mindestens 15 000 RM. s) jährlich beträgt.

V. Steuertarif.

§ 50.

(*) Die Einkommensteuer wird nicht festgesetzt, wenn die Einnahmen des Steuerpflichtigen weniger als 1300 RM.4) im Jahre betragen6).

(2) Der Betrag von 1300 RM. erhöht sich für die zur Haushaltung des Steuer- pflichtigen zählende Ehefrau und die zu seiner Haushaltung zählenden minder- jährigen Kinder (§23 Abs. 2) um folgende Beträge:

1. für die Ehefrau um 100 RM. 2. für das erste Kind um 100 „ 3. für das zweite Kind um 180 „ 4. für das dritte Kind um 360 „ 5. für das vierte Kind um 540 „ 6. für das fünfte und jedes folgende Kind um je 720 ,,e)

im Jahre. Kinder im Alter von mehr als 18 Jahren, die Einkünfte im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 3 oder 4 beziehen, werden nicht gerechnet7).

(3) Die Vorschriften der §§ 93, 94, 102 Abs. 3 bleiben unberührt7). z) Entwurf: und. *) Der letzte Satz fehlte im Entwurf. ») Entwurf: 8000 RM. A) Entwurf 000; Ges. vom 10. Aug. 1925: 1100 KM. *) Der Entwurf hatte noch den Zusatz: die Vorschrift des § 100 Abs. 3 bleibt unberührt. ·) Im Ges. vom 10. Aug. 1925 fehlte Nr. 6; Nr. 5 lautete: für das vierte und jedes folgende

Sind um je 450 RM. 7) Abs. 2 und teilweise Abs. 3 (siehe Note 5) fehlten im Entwurf.

149

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 20: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

250 Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926.

§ 51 *).

Sofern nicht höhere Abzüge für Sonderleistungen (§ 17) im einzelnen geltend gemacht werden, sind für Abgeltung der Sonderleistungen 240 RM.2) vom Gesamt - betrage der Einnahmen abzuziehen.

§523). (x) Vom Einkommen sind für die Festsetzung der Einkommensteuer folgende

Beträge im Jahre abzuziehen: 1. 720 RM.4) als steuerfreier Einkommensteil, sofern das Einkommen des

Steuerpflichtigen den Betrag von 10,000 RM. im Jahre nicht tibersteigt, 2. für die zur Haushaltung des Steuerpflichtigen zählende Ehefrau und jedes zu

seiner Haushaltung zählende minderjährige Kind ( § 23 Abs. 2) je 8 ν. Η. des über 720 RM.4) (Nr. 1) hinausgehenden Einkommens, höchstens je 600 RM.6) für die Ehefrau und jedes Kind, insgesamt aber nicht mehr als 8000 RM. Es bleiben aber

a) für die Ehefrau 100 RM. b) für das erste Kind 100 „ c) für das zweite Kind 180 „ d) für das dritte Kind 360 „ e) für das vierte Kind 540 „ f) für dás fünfte und jedes folgende Kind je . 720 „ el

steuerfrei, wenn der nach Buchstabe a- f insgesamt steuerfrei bleibende Betrag höher ist als der nach Satz 1 insgesamt steuerfrei bleibende Betrag. Kinder im Alter von mehr als 18 Jahren, die Einkünfte im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 3 oder 4 beziehen, werden nicht gerechnet.

(2) Beträgt der Steuerabschnitt weniger als ein Jahr oder wird das Ein- kommen des Steuerpflichtigen, seiner Ehefrau und seiner minderjährigen Kinder nach §§ 22, 23 nicht oder nicht für das ganze Jahr zusammengerechnet, so mindern sich die im Abs. 1 genannten Beträge in dem Verhältnis, in dem die Zahl der vollen Monate, für die die Veranlagung oder Zusammenrechnung erfolgt, zu 12 Monaten steht.

(3) Die im Abs. 1, 2 bezeichneten Beträge dürfen insoweit nicht abgezogen werden, als sie bereits beim Steuerabzüge vom Arbeitslohne berücksichtigt wor- den sind.

§ 53 7). (*) Bestehen die Einnahmen des Steuerpflichtigen ganz oder zum Teil aus

Arbeitslohn, so sind in jedem Falle vom Arbeitslohne die Beträge abzuziehen, die nach § 70 Abs. 1 vom Steuerabzüge frei geblieben sind.

(a) Bestehen die Einnahmen eines Steuerpflichtigen hauptsächlich aus Arbeitslohn, so treten für die ersten 8000 RM. des Einkommens an die Stelle der im § 52 Abs. 1 Nr. 2 genannten Beträge die im § 70 Abs. 2 genannten Beträge.

*) Im Entwurf lautete der Paragraph 51: (*) Betragen die Einnahmen des Steuerpflichtigen mindestens 900 RM. und übersteigt das

Einkommen 12 000 RM. im Jahre nicht, so ist für die Festsetzung der Steuer der Betrag von 600 RM. vom Einkommen abzuziehen. Neben dem Betrag von 600 BJC. im Jahr dürfen Sonderleistungen im Sinne des § 17 nur insoweit abgezogen werden, als sie nachweislich den Betrag von 120 RM. über- stiegen haben.

(*) Mat im .baue aes ads. ι aer »teuerpmcntige jätnnanmen genant, aie aem öieueranzug vom Arbeitslohn unterlegen haben, so darf der steuerfreie Einkommensteil von 600 RM. insoweit vom sonstigen Einkommen nicht abgezogen werden, als er bereits als steuerfreier Lohnbetrag (§ 70 Abs.3) vom Steuerabzug frei gelassen worden ist.

*) Ges. vom 10. Aug. 1925: 180 RM. s) Im Entwurf lautete der § 52: Besteht das Einkommen des Steuerpflichtigen ganz oder

zum Teil aus Arbeitslohn, so sind in jedem Fall bei der Veranlagung vom Arbeitslohn die Beträge abzuziehen, die als steuerfreie Lohnbeträge (§ 70 Abs. 1) vom Steuerabzug frei gelassen worden sind.

') Ges. vom 10. Aug. 1925: 600 RM. *) Ges. vom 10. Aug. 1925: 540 RM. ·) Im Ges vom 10. Aug. 1925 fehlte f) und e) lautete: für das vierte und jedes folgende Kind

je 450 RM. In der nächsten Zeile hieß es a- e statt a- f . ') Entwurf: § 52. Siehe Note 3.

150

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 21: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26 .Febr. 1986. J g j

§ 54*). Zur Berechnung der Einkommensteuer wird das nach §§51-53 verminderte

Einkommen auf volle VLO RM.*) nach unten ̂abgerundet.

§ 55s). Die Einkommensteuer beträgt: für die ersten angefangenen oder vollen 8000 RM. des Einkommens 10 ν. Η., für die weiteren angefangenen oder vollen 4000 RM. des Einkommens

12V, v. H.4), für die weiteren angefangenen oder vollen 4000 RM.5) des Einkommens

15 ν. Η., für die weiteren angefangenen oder vollen 4000 RM.e) des Einkommens

20 ν. Η., für die weiteren angefangenen oder vollen 8000 RM.7) des Einkommens

25 ν. Η., für die weiteren angefangenen oder vollen 18 000 RM.8) des Einkommens

30 ν. Η., für die weiteren angefangenen oder vollen 34 000 RM. des Einkommens

35 v. H.9), für die weiteren Beträge des Einkommens 40 v. H.10).

§ 5611). (*) Bei der Veranlagung können besondere wirtschaftliche Verhältnisse, die

die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen wesentlich beeinträchtigen, durch Er- mässigung oder Erlass der Einkommensteuer berücksichtigt werden, wenn das Einkommen 30000 RM.12) nicht übersteigt. Als Verhältnisse dieser Art gelten insbesondere aussergewöhnliche Belastungen durch Unterhalt oder Erziehung ein- schliesslich Berufsausbildung13) der Kinder, durch gesetzliche oder sittliche Ver- pflichtung zum Unterhalte mittelloser Angehöriger, auch wenn sie nicht zur Haus- haltung des Steuerpflichtigen zählen14), durch Krankheit, Körperverletzung, Ver- schuldung, Unglücksfälle (darunter auch ausserordentliche Ernte- und Hoch- wasserschäden)15) oder durch besondere Aufwendungen im Haushalt, die durch Erwerbstätigkeit einer Witwe mit minderjährigen Kindern veranlasst worden sind.

(2) In Ausführung des Abs. 1 können die im § 52 Abs. 1 Nr. 2 vorgesehenen Ermässigungen auch:

a) für die Ehefrau und die minderjährigen Kinder, die nicht zur Haushaltung des Steuerpflichtigen zählen,

b) für uneheliche minderjährige Kinder, die nicht zur Haushaltung des Steuerpflichtigen zählen,

*) Entwurf: § 53. 8) Entwurf : 100 RM. ■) Entwurf: § 54. 4) Fehlte im Entwurf. *) Entwurf: 8000. ·) Entwurf: 8000. ') Entwurf: 24 000. ·) Entwurf: 50 000. ·) Entwurf: für die weiteren Beträge des Einkommens 35 v. H. mit der Massgabe, das» die

Steuer ein Drittel des Einkommens nicht übersteigen darf. 10) Fehlt im Entwurf. ") Vor diesem Paragraph enthielt der Entwurf einen Paragraphen (55): Der im § 54 (=» § 55

des Gee.) vorgesehene Satz von 10 v. H. ermässigt sich für die zur Haushaltung des Steuerpflichtigen zählende Ehefrau sowie für jedes zu seiner Haushaltung zählende minderjährige Kind (f 28) um je 1 v. H. Kinder im Alter von mehr als 17 Jahren, die Einkünfte im Sinne des § β Abs. 1 Nr. 3 und 4 beziehen, werden nicht gerechnet. Wird nach den §§ 22, 23 das Einkommen des Steuerpflichtigen, seiner Ehefrau und seiner minderjährigen Kinder nicht oder nicht für den ganzen Steuerabschnitt zusammengerechnet, so hat der Steuerpflichtige insoweit keinen Anspruch auf die Ermässigung.

") Entwurf: 16 000. 13) Im Entwurf fehlten die Worte „einschließlich Berufsausbildung". ") Im Entwurf fehlten „auch wenn - zählen". ") Im Entwurf fehlten die Worte (darunter - Hochwasserschäden).

151

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 22: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

152 Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 19 25/19. Dez. 1925/26. Febr,192Ç.

gewährt werden, wenn sie vom Steuerpflichtigen ganz oder im wesentlichen unter- halten werden1).

§57. Sind in dem Einkommen eines unbeschränkt Steuerpflichtigen Gewinne aus

Anteilen an einer unbeschränkt körperschaftssteuerpflichtigen Gesellschaft mit beschränkter Haftung enthalten und beträgt das Gesamteinkommen des Steuer- pflichtigen nicht mehr als 20 000 RM., so ermässigt sich die Einkommensteuer um 10 v. H. der Gewinne, jedoch höchstens um 10 v. H. von 5000 RM.2).

§ 58.

(*) Uebersteigt das Einkommen den Betrag von 8000 RM. im Jahre und sind darin ausserordentliche, nicht regelmässig wiederkehrende Einkünfte sowie Einkünfte enthalten, welche die Entlohnung für eine sich über mehrere Jahre erstreckende Tätigkeit darstellen, so ist die Steuer auf Antrag des Steuer- pflichtigen3) nach Massgabe des Abs. 2 zu ermässigen.

(2) Die Steuer für das Einkommen, das nicht aus Einkünften der im Abs. 1 bezeichneten Art besteht, wird nach § 55 für sich berechnet; dem sich ergebenden Betrage sind als Steuer für die im Abs. 1 bezeichneten Einkünfte hinzuzurechnen,

a) wenn es sich um Bezüge im Sinne der §§9, 38, 51, 794) des Wehrmacht- versorgungsgesetzes vom 4. August 1921 (R.G.B1. S. 993) in der Fassung des Gesetzes vom 22. Juni 1923 (R.G.B1. I S. 409) handelt, 10 ν. Η. dieser Ein- kommensteile; im übrigen:

b) wenn das Einkommen den Betrag von 30 000 RM. nicht übersteigt, mindestens 10 aber nicht mehr als 15 ν. Η. der genannten Einkommensteile;

c) wenn das Einkommen den Betrag von 30 000 RM. übersteigt, mindestens 15 aber nicht mehr als 20 ν. Η. der genannten Einkommensteile.

(3) Als ausserordentliche, nicht regelmässig wiederkehrende Einkünfte im Sinne dieser Vorschrift gelten:

1. Einkünfte aus der Veräusserung eines Gewerbebetriebes im Sinne des § 30; hierzu gehört nicht der nach den Vorschriften der §§ 6-25 für die Zeit von der letzten Veranlagung bis zur Veräusserung sich ergebende Gewinn;

2.5) Entschädigungen im Sinne des § 44 Nr. 1; 3.e) Zinsen, die gemäss §§ 14, 34, 43 des Gesetzes über die Ablösung öffent-

licher Anleihen vom 16. Juli 1925 (R.G.B1. I S. 137) bei der Einlösung von Aus- losungsrechten bezogen werden.

§ 59.

(x) Bei Einkünften aus Forstwirtschaft wird auf Antrag des Steuerpflichtigen die Steuer für ausserordentliche Waldnutzungen gemäss § 55 getrennt berechnet und der Steuer hinzugezählt, die sich nach § 55 für das übrige Einkommen ergibt. Hierbei dürfen bei der Steuer für die Waldnutzung Ermässigungen nach § 52 nur noch insoweit vorgenommen werden, als sie nicht bereits bei Berechnung der Steuer für das übrige Einkommen berücksichtigt worden sind. Als ausserordent- liche Waldnutzungen im Sinne des Satzes 1 gelten ohne Unterschied der Betriebs- art alle aus wirtschaftlichen Gründen gebotenen Nutzungen, die über die nach forstwirtschaftlichen Grundsätzen nachhaltig zu erzielenden jährlichen regel- mässigen Nutzungen hinausgehen7).

»Ï Abs. 2 fehlte im Entwurf. 8) Der Entwurf hatte noch den Zusatz: An die Stelle des Satzes von 10 ν. Η. tritt in den

Fällen des § 55 der dort vorgesehene niedrigere Satz. 8) Im Entwurf fehlten die Worte „auf Antrag des Steuerpflichtigen". 4) 79 fehlte im Entwurf., ') Im Entwurf Nr. 3; Nr. 2 des Entwurfs lautete: 2. Veräusserungsgewinne im Sinne des § 42

Abs. 1 Nr. 1. ·) Fehlte im Entwurf. 7) Abs. 1 zerfiel im Entwurf in zwei Absätze, die lauteten: 0) Hat ein Steuerpflichtiger Einkommen aus Forstwirtschaft, die aussetzend betrieben -wird,

so wird die Steuer für die Waldnutzungen aus dem aussetzenden Betriebe gemäss §54 getrennt be- 152

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 23: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 192δ/26. Febr. 1926. Jgg

(2) Bei ausserordentlichen Waldnutzungen infolge höherer Gewalt (Eis-, Schnee-, Windbruch, Raupenfrass oder Brand) findet ohne Unterschied der Be- triebsart die Vorschrift des Abs. 1 mit der Massgabe entsprechende Anwendung, dass der nach Abs. 1 auf den ausserordentlichen Mehrerlös entfallende Teil der Einkommensteuer um die Hälfte des Betrags ermässigt wird1).

§ 60.

(x) Bei beschränkt Steuerpflichtigen (§3) beträgt für Einkünfte der im § 3 Abs. 2 Nr. 4-11 bezeichneten Art, die nicht in einem land- oder forstwirtschaft- lichen oder gewerblichen Betrieb anfallen, die Steuer 10 ν. Η., auch wenn das Einkommen 8000 RM. übersteigt.

(2) Die Vorschriften der §§ 50-53, 56 2) finden auf beschränkt Steuerpflichtige (§3) keine Anwendung.

VI. Verfahren.

1. Allgemeine Vorschriften.

§ 61.

(x) Zur Abgabe einer Steuererklärung sind verpflichtet: 1. Steuerpflichtige, deren Einkommen im Steuerabschnitt den Betrag von

8000 RM. überstiegen hat; 2. ohne Rücksicht auf die Höhe des Einkommens Steuerpflichtige, bei denen

der Gewinn auf Grundlage des Abschlusses ihrer Bücher zu ermitteln ist; 3. ohne Rücksicht auf die Höhe des Einkommens Steuerpflichtige, die hierzu

vom Finanzamt besonders aufgefordert werden. Im übrigen erlässt der Reichsminister der Finanzen die näheren Bestim-

mungen über Umfang und Inhalt der Steuererklärung sowie über den Zeitpunkt der Abgabe3). Die Verpflichtung kann auf die Abgabe einer Erklärung über die Höhe des Verbrauchs ausgedehnt werden. Steuerpflichtige, die zur Abgabe einer Erklärung nicht verpflichtet sind, können innerhalb der für die Abgabe von Steuererklärungen allgemein festgesetzten Frist eine Steuererklärung abgeben.

(2) Zur Vorbereitung der Festsetzung von Durchschnittssätzen (§46) können die Finanzbehörden nach näherer Bestimmung des Reichsministers der Finanzen auch schon vor Beginn der Steuerveranlagung Auskünfte, Gutachten und andere Unterlagen einfordern. Sämtliche Rechte, die den Finanzämtern im Steuer- ermittlungs- und Steueraufsichtsverfahren zustehen, können von den Finanz- behörden für die Vorbereitung der Festsetzung von Durchschnittssätzen sinn- gemäss ausgeübt werden.

§ 62. (*) Nach näherer Bestimmung des Reichsministers der Finanzen hat jeder

darüber Aufschluss zu geben, ob er zur Einkommensteuer für den letzten Steuer- abschnitt veranlagt worden ist und für den laufenden Steuerabschnitt zu Voraus- zahlungen oder zum Steuerabzüge herangezogen wird. Durch diese Bestimmungen können Meldepflichten und besondere Ausweise über die Erfüllung der steuer- lichen Verpflichtungen vorgeschrieben werden. rechnet und der Steuer hinzugezahlt, die sich nach § 54 für das übrige Einkommen ergibt. Hierbei dürfen bei der Steuer für die Waldnutzung Ermässigungen nach § 55 nur noch insoweit vorgenommen werden, als sie nicht bereits bei Berechnung der Steuer für das übrige Einkommen berücksichtigt worden sind.

Ο Hat ein Steuerpflichtiger Einkommen aus Forstwirtschaft, die laufend jährlich betrieben wird (Nachhaltsbetrieb), so findet die Vorschrift des Abs. 1 für solche über die regelmäßigen Nut- zungen hinausgehenden ausserordentlichen Waldnutzungen entsprechende Anwendung, die durch behördliche Anordnung, durch eine Bodenmelioration oder durch besondere, die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen wesentlich beeinträchtigende Verhältnisse veranlasst worden sind.

*) Abs. 2 war im Entwurf Abs. 3. *) Entwurf: §§ 50, 51, 55, 56. ·) Bis hieher lautete der § 61 im Entwurf: (') Der Reichsminister der Finanzen bestimmt,

unter welchen Voraussetzungen Steuerpflichtige zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet sind· 153

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 24: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

1 54 Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1985/26. Febr. 1926.

(2) Der Reichsminister der Finanzen regelt das bei der Durchführung der Vorschrift des Abs. 1 zu beobachtende Verfahren.

(3) Die im Abs. 1, 2 vorgesehenen Bestimmungen bedürfen der Zustimmung des Reichsrats.

§63. (*) Wer Personen gegen Gehalt, Lohn oder sonstiges Entgelt länger als

2 Monate beschäftigt hat, ist verpflichtet, nach näherer Anordnung des Reichs- ministers der Finanzen Namen, Stellung und Wohnung sowie die von ihm her- rührenden Einnahmen dieser Personen dem Finanzamt mitzuteilen.

(2) Die gleiche Verpflichtung besteht für die Vorstände juristischer Personen und von Vereinen aller Art sowie für die Vorstände aller Stellen, Behörden und Anstalten des öffentlichen Dienstes hinsichtlich der Berufs-, Pensions- und son- stigen Bezüge ihrer Beamten, Angestellten, Bediensteten sowie der Empfänger von Ruhegehältern, Witwen- und AVaisenpensionen oder Unterhaltsbeiträgen.

§ 64.

Soweit die Veranlagung zur Festsetzung eines Steuerbetrags führt, erteilte das Finanzamt dem Steuerpflichtigen einen schriftlichen Bescheid.

2. Einheitliche Feststellung bei Beteiligung mehrerer an den Einkünften.

? 65.

(*) Einheitlich sollen festgestellt werden: 1. bei Land- und Forstwirtschaft (§ 6 Abs. 1 Nr. 1) der gesamte im Betrieb

erzielte Gewinn ( § 7 Abs. 2 Nr. 1 ), sofern der Betrieb von mehreren auf gemein- same Rechnung ausgeübt wird;

2. bei Gewerbebetrieb (§ 6 Abs. 1 Nr. 2) der Geschäftsgewinn einer Gesell- schaft oder Gemeinschaft, an der mehrere Personen als Unternehmer (Mitunter- nehmer des Betriebs) beteiligt sind;

3. bei sonstiger selbständiger Berufstätigkeit (§ 6 Abs. 1 Nr. 3) der Gewinn (§ 7 Abs. 2 Nr. 1), sofern an ihm mehrere mitberechtigt sind;

4. bei Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen (§ 38 Abs. 1 Nr. 1 ) der Ueberschuss der Einnahmen über die Ausgaben ( § 7 Abs. 2 Nr. 2), sofern dieser auf Grund Eigentums oder dinglichen Nutzungsrechts mehre- ren zufliesst.

(2) Die Vorschriften des Abs. 1 gelten nur, wenn das unbewegliche Ver- mögen (Abs. 1 Nr. 1, 4) im Inland belegen oder in ein inländisches öffentliches Buch oder Register eingetragen ist oder wenn die Gesellschaft oder die Gemein- schaft (Abs. 1 Nr. 2) Sitz oder Ort der Leitung im Inland hat. Von Anwendung der Vorschriften kann in Fällen von geringerer Bedeutung abgesehen werden.

(3) Hört die Gesellschaft oder Gemeinschaft vor Abschluss des Verfahrens auf zu bestehen, so gilt sie für die Durchführung des Verfahrene als fortbestehend.

(4) Die näheren Bestimmungen, insbesondere über die Zuständigkeit, erlässt der Reichsminister der Finanzen.

§ 66.

(*) Ueber die Höhe des festgestellten Gewinns oder Ueberschusses (§ 65 Abs. 1) ist ein schriftlicher Bescheid (Feststellungsbescheid) zu erteilen. Der Fest- stellungebescheid gilt als Steuerbescheid im Sinne der Reichsabgabenordnung.

(a) In den Fällen des § 65 Abs. 1 Nr. 2 sind zur Einlegung von Rechts- mitteln ausser dem Vorsteher des Finanzamts (§§ 245, 265 der Reichsabgaben - Ordnung) nur die zur Geschäftsführung befugten Gesellschafter berechtigt. Andere Personen sind auch nicht befugt, dem Rechtsmittel beizutreten.

(3) In den Fällen des § 65 Abs. 1 Nr. 1, 3, 4 ist jeder Mitberechtigte zur Einlegung von Rechtsmitteln befugt. Mehrere Rechtsmittel gleicher Art sind zu

131

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 25: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 192β. jg^

verbinden. Die Rechtsmittelentscheidungen haben Wirksamkeit für und gegen alle Mitberechtigten.

§ 67. Ο Der in dem Feststellungsbescheide festgestellte Betrag ist für die Ver-

anlagung jedes einzelnen der beteiligten Gesellschafter oder Mitberechtigten zur Einkommensteuer massgebend, auch wenn der Feststellungsbescheid noch nicht unanfechtbar geworden ist. Der Einkommensteuerbescheid kann nicht mit der Begründung angefochten werden, dass der gesamte Gewinn (§ 65 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3) oder der gesamte Ueberschuss der Einnahmen über die Ausgaben ( § 65 Abs. 1 Nr. 4) in dem Feststellungsbescheid unrichtig festgestellt worden sei.

(2) Wird der Feststellungsbescheid nach Erteilung des Einkommensteuer- bescheids durch Rechtsmittelentscheidung, Neufeststellung, Berichtigung oder eine andere Verfügung abgeändert und ist die abändernde Entscheidung un- anfechtbar geworden, so ist der Einkommensteuerbescheid von Amts wegen ent- sprechend zu berichtigen, auch wenn er bereits unanfechtbar geworden war.

VIL Entrichtung* der Steuer.

§ 68.

Soweit die Steuer nicht nach den §§69-82 durch Steuerabzug vom Arbeits- lohn oder nach §§ 83-88 durch Steuerabzug vom Kapitalertrag erhoben worden ist, sind nach den §§ 95- 103 1) Vorauszahlungen und Abschlusszahlung zu entrichten.

1. Steuerabzug vom Arbeitslohn2).

§ 69. (*) Bei Einkünften aus nicht selbständiger Arbeit (Arbeitslohn) wird die

Steuer durch Einbehaltung eines Lohnteils erhoben (Steuerabzug vom Arbeits- lohn); der Steuerabzug ist vom Arbeitgeber zu bewirken.

(2) Besteht der Arbeitslohn ganz oder teilweise aus Sachbezügen und reicht der Barlohn zur Deckung der unter Berücksichtigung des Wertes der Sachbezüge einzubehaltenden Steuer nicht aus, so hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber den zur Deckung der Steuer erforderlichen Betrag, soweit er nicht durch den Barlohn gedeckt ist, zu zahlen. Soweit der Arbeitnehmer dieser Verpflichtung nicht nachkommt, hat der Arbeitgeber einen dem Betrag im Werte entsprechenden Teil der Sachbezüge nach seiner Wahl zurückzubehalten und daraus die Steuer zu decken.

§ 70 3). Í1) Vom Arbeitslohn bleiben für den Arbeitnehmer 1200 EM. jährlich vom

Steuerabzug frei, und zwar: ») Entwurf: nach den §§ 93 - 101 und nach den maßgebenden Vorschriften des Finanz-

ausgleichsgesetzes vom . . . 1925. 2) Das Gesetz über Beschränkung der Einnahmen aus der Lohnsteuer vom 3. September 1925

(R.G.B1. 1925 I Nr. 44, S. 331) bestimmt: „Uebersteigt das Aufkommen aus der Lohnsteuer in der Zeit vom 1 . Oktober 1925 bis zum 31. März 1926 oder spater in einem Zeitraum von zwei aufeinander folgenden Kalendervierteljahren den Betrag von Θ00 Mill. RM., so hat die Reichsregierung einen Gesetzentwurf vorzulegen, der eine Erhöhung der Abzüge der kinderreichen Familien und des steuer- freien Betrags herbeiführt." Auf Grund dieses Gesetzes erfolgte das Gesetz vom 19. Dezember 1925 über die Senkung der Lohnsteuer, dessen Änderungen in den einzelnen Paragraphen berück- sichtigt sind.

*) Im Entwurf lautete der § 70: (*) Vom Arbeitslohn bleibt für den Arbeitnehmer ein Betrag von 60 KM. monatlich (15 KM.

wöchentlich) vom Steuerabzug frei (steuerfreier Lohnbetrag). Hierdurch sind auch vorbehaltlich der Vorschrift des § 74 die nach $ 15 Abs. 1, § 16 Abs. 1, Abs. 5 Nr. 4 und 5, § 17 zulässigen Abzüge abgegolten.

(a) Von dem den Betrag von 60 KM. monatlich (15 KM. wöchentlich) übersteigenden Arbeits- lohn hat der Arbeitgeber bei jeder Lohnzahlung einen Betrag von 10 v. H. für Rechnung des Arbeit- nehmers als Steuer einzubehalten.

155

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 26: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

156 Deutsches Reicliseinkommensteuergesetz. VomlO. Aug. 1925/19. Dez. 1925/20. Febr. 1926.

a) 720 RM. jährlich (60 RM. monatlich, 14,40 RM. wöchentlich) als steuer- freier Lohnbetrag,

b) 240 RM. jährlich (20 RM. monatlich, 4,80 RM. wöchentlich) zur Ab- geltung der Werbungskosten (§ 15 Abs. 1 Nr. 1, § 16 Abs. 1, Abs. 5 Nr. 4, 5),

c) 240 RM. jährlich (20 RM. monatlich, 4,80 RM. wöchentlich) zur Ab- geltung der Sonderleistungen (§ 17)1).

(2) Ausser den im Abs. 1 bezeichneten Beträgen bleiben für die zur Haus- haltung des Arbeitnehmers zählende Ehefrau sowie für jedes zu seiner Haushaltung zählende minderjährige Band (§ 23 Abs. 2) je 10 ν. Η. des Arbeitslohns, der über die im Abs. 1 bezeichneten Beträge hinausgeht, vom Steuerabzug frei. Es bleiben aber:

1. für die Ehefrau 120 RM. jährlich (10 RM. monatlich, 2.40 RM. wöchentlich), 2. für das erste Kind 120 RM. jährlich (10 RM. monatlich, 2.40 RM.

wöchentlich), 3. für das zweite Kind 240 RM. jährlich (20 RM. monatlich, 4.80 RM.

wöchentlich), 4. für das dritte Kind 480 RM. jährlich (40 RM. monatlich, 9.60 RM.

wöchentlich) , 5. für das vierte Kind 720 RM. jährlich (60 RM. monatlich, 14,40 RM.

wöchentlich) , 6. für das fünfte und jedes folgende Kind je 960 RM. jährlich (80 RM.

monatlich, 19,20 HM. wöchentlich2) steuerfrei, wenn der nach Ziff. 1-6 insgesamt steuerfrei bleibende Betrag höher ist als der nach Satz 1 insgesamt steuerfrei bleibende Betrag.

Kinder im Alter von mehr als 18 Jahren, die Einkünfte im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 3 oder 4 beziehen, werden nicht gerechnet.

(3) Von dem die steuerfreien Beträge (Abs. 1, 2) übersteigenden Arbeitslohn hat der Arbeitgeber bei jeder Lohnzahlung einen Betrag von 10 v. H. für Rechnung des Arbeitnehmers als Steuer einzubehalten.

(4) Der auf den Arbeitslohn entfallende Steuerbetrag wird nicht erhoben, wenn er

a) bei Zahlung des Arbeitslohns für volle Monate 0.80 RM. monatlich, b) bei Zahlung des Arbeitslohns für volle Wochen 0.20 RM. wöchentlich

nicht übersteigt. (5) Der Reichsminister der Finanzen ist ermächtigt, Bestimmungen über die

Abrundung des einzubehaltenden Betrags zu erlassen und für den Steuerabzug vom Arbeitslohn der im § 2 Nr. 2, § 3 genannten Personen Pauschbeträge fest- zusetzen.

§ 71.

Für die nach § 70 Abs. 2 abzusetzenden Beträge ist, unbeschadet der Vor- schrift des § 72, der Familienstand des Arbeitnehmers an dem vom Reichs-

(») Der Satz von 10 v. H. (Abs. 2) ermässigt sich für die zur Haushaltung des Arbeitnehmers zahlende Ehefrau sowie für jedes zu seiner Haushaltung zählende minderjährige Kind (§ 23) um je 1 v. H., für das dritte und jedes weitere minderjährige Kind beträgt die Ermässigung jedoch je 2 v. H. Kinder im Alter von mehr als 17 Jahren, die Einkünfte im Sinne des § 6 Abs. 1 Kr. 3 und 4 beziehen, werden nicht gerechnet.

(4) Der sich nach Abs. 1-3 ergebende Steuerbetrag wird nicht erhoben, wenn er 0,80 EM. monatlich (0,20 RM. wöchentlich) nicht übersteigt.

(6) Der Reichsminister der Finanzen ist ermächtigt, Bestimmungen über dieAbrunderung des einzubehaltenden Betrags zu erlassen und mit Zustimmung des Reichsrats den im Abs. 1 bezeich- neten Betrag anderweitig festzusetzen. Er ist ferner ermächtigt, für den Steuerabzug vom Arbeits- lohn der in § 2 Nr. 2, § 3 genannten Personen Pauschbeträge festzusetzen.

>) Abs. 1 lautete im Ges. vom 10. August 1925: 0) Vom Arbeitelohn bleiben für den Arbeitnehmer vom Steuerabzug frei: a) 600 RM.

jährlich (50 RM. monatlich, 12 RM. wöchentlich) als steuerfreier Lohnbetrag, b) 180 RM. jährlich (15 RM. monatlich, 3,60 RM. wöchentlich) zur Abgeltung der Werbungekosten (§ 15, Abs. 1 Nr. 1, § 16 Abs. 1, Abs. 5 Nr. 4, 5), c) 180 RM. jährlich (15 RM. monatlich, 3,60 RM. wöchentlich) zur Abgeltung der Sonderleistungen.

") Im Gesetz vom 10. August 1925 fehlte Nr. 6; Nr. 5 lautete: für das vierte und jedes folgende Kind je 600 RM. jährlich (50 RM. monatlich, 12 RM. wöchentlich). In der nächst- folgenden Zeile hieß es Ziff. 1-5 statt 1-6.

156

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 27: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19.Dez. 1925/26. Febr. 1926. jcjy

minister der Finanzen für die letzte Personenstandsaufnahme festgesetzten Stichtag massgebend.

§ 721). (x) Weist der Arbeitnehmer nach, dass die Zahl der Personen, für die der

Abzug vom Arbeitslohn sich nach § 70 Abs. 2 ermässigt, grosser ist, als auf der Steuerkarte angegeben ist, so hat die Gemeindebehörde auf seinen Antrag die Tatsache auf der Steuerkarte zu vermerken. In diesem Falle tritt die Ermässigung für die hinzugekommene Person bei der ersten Lohnzahlung, bei der die ergänzte Steuerkarte vorgelegt wird, in Kraft.

(2) Bestehen die Voraussetzungen für die Zulassung einer Ermässigung nach § 70 Abs. 2 am 10. Oktober eines Kalenderjahres nicht mehr, so hat das Finanz- amt eine Berichtigung der Steuerkarte vorzunehmen. Es kann zu diesem Zwecke den Arbeitnehmer zur Vorlage der Steuerkarte auffordern. Die Berichtigung tritt bei der ersten auf die Berichtigung der Steuerkarte folgenden Lohnzahlung, jedoch nicht vor dem 1. Januar des folgenden Kalenderjahrs in Kraft.

§ 73 2). Erhält ein Arbeitnehmer neben den laufenden Bezügen sonstige, insbesondere

einmalige Einnahmen (Tantiemen, Gratifikationen usw.), so sind von diesen 10 v. H. vermindert um je 1 ν. Η. für die zur Haushaltung des Arbeitnehmers zählende Ehefrau sowie für jedes zu seiner Haushaltung zählende minderjährige Kind (§ 23 Abs. 2) einzubehalten3). Die Vorschriften des § 70 Abs. 1-4 finden keine Anwendung.

§ 74*). (χ) Wird der Arbeitslohn nicht für einen bestimmten Zeitraum gezahlt, so

hat der Arbeitgeber vom vollen Arbeitslohne 2 ν. Η. δ), bei Heimarbeitern 1 ν. Η.β) einzubehalten. Die Vorschriften des § 70 Abs. 1-4 finden keine Anwendung.

(2) Der Reichsminister der Finanzen wird ermächtigt, Bestimmungen dar- über zu treffen, inwieweit bei den im Abs. 1 bezeichneten Heimarbeitern, deren Arbeitslohn die im § 70 Abs. 1 u. 2 bezeichneten Freigrenzen nicht übersteigt, der Steuerabzug vom Arbeitslohne zu unterbleiben hat.

§ 75 7). Auf Antrag erfolgt eine Erhöhung 1. des im § 70 Abs. 1 a vorgesehenen steuerfreien Lohnbetrags, wenn die

Voraussetzungen für die Anwendung des § 56 gegeben sind, 2. der im § 70 Abs. 1 b, c vorgesehenen Beträge, wenn der Arbeitnehmer

nachweist, dass die Werbungskosten und Sonderleistungen (§15 Abs. 1 Nr. 1, § 16 Abs. 1, Abs. 5 Nr. 4, 5, § 17) zusammen den Betrag von 40 RM. monatlich über- steigen.

§ 76 8). (*) Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, sich vor Beginn eines jeden Kalender- *) Fehlt im Entwurf. Siehe Note 8. *) Entwurf: § 72. 8) Im Entwurf lautet der Nachsatz: so sind von diesen 10 ν. Η. unter Berücksichtigung der im § 70 Abs. 3 vorgesehenen Ermässigungen einzubehalten. «) Entwurf § 73. 6) Entwurf: 4. «) Entwurf: 2. 7) In der Fassung des Gesetzes vom 26. Februar 1926, das mit dem 3. März 1926 in Kraft

getreten ist. Der Entwurf vom 23. April 1925 lautete: „§ 74. Auf Antrag ist eine Erhöhung des im § 70 Abs. 1 vorgesehenen Betrags zuzulassen, wenn der Arbeitnehmer nachweist, dass die ihm zustehenden Abzüge nach § 15 Abs. 1, § 16 Abs. 1, Abs. 5 Nr. 4 und 5, § 17 den Betrag von 240 RM. jährlich übersteigen. Eine Erhöhung des im § 70 Abs. 1 vorgesehenen Betrags ist ferner zuzulassen, wenn die Voraussetzungen für die Anwendung des § 56 gegeben sind. Ueber den An- trag entscheidet das Finanzamt." Im Ges. vom 10. August 1925 lautete Nr. 2: der im § 70 Abs. lb, c vorgesehenen Beträge, wenn der Arbeitnehmer nachweist, dass die Werbungskosten (§ 15 Abs. 1 Nr. 1, § 16 Abs. 1, Abs. 5 Nr. 4, 5 oder die Sonderleistungen (§17) je den Betrag von 15 RM. im Monat übersteigen"; das Gesetz vom 19. Dezember 1925 setzte 20 RM. an Stelle von 15 RM.

8) Entwurf: § 75. Im Entwurf folgt dann der § 76, der dem Wortlaut nach identisch ist mit § 72 des Gesetzes.

157

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 28: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Jgg Deutsches Reicheeinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/86. Febr. 1926.

jahrs oder vor Beginn eines Dienstverhältnisses von der Gemeindebehörde eine Steuerkarte ausstellen zu lassen.

(2) Bei Beginn eines jeden Kalenderjahrs oder bei Beginn eines Dienst- verhältnisses hat der Arbeitnehmer seine Steuerkarte dem Arbeitgeber auszu- händigen. Der Arbeitgeber hat die Steuerkarte während der Dauer des Dienst- verhältnisses aufzubewahren und dem Arbeitnehmer am Ende des Kalenderjahrs oder bei Beendigung des Dienstverhältnisses zurückzugeben.

(3) Der Reichsminister der Finanzen kann Ausnahmen von den Vorschriften der Abs. 1, 2 anordnen.

§ 77. Der Arbeitgeber hat die nach §§ 70, 73, 74 einbehaltenen Steuerbeträge an

die Finanzkasse in bar oder durch Ueberweisung abzuführen. Der Reichsminister der Finanzen kann ein hiervon abweichendes Verfahren anordnen, insbesondere bestimmen, dass für die Beträge Steuermarken in die Steuerkarte eingeklebt und entwertet werden.

§ 78. (χ) Der Arbeitgeber haftet dem Reiche für die Einbehaltung und Ent-

richtung der in den §§ 70, 73, 74 bestimmten Beträge neben dem Arbeitnehmer. (2) Die Haftung des Arbeitnehmers beschränkt sich auf die Fälle, in denen 1. der Arbeitslohn nicht vorschriftsmässig gekürzt worden ist; 2. der Arbeitgeber die einbehaltenen Beträge nicht vorschriftsmässig ver-

wendet hat und dem Arbeitnehmer dies bekannt ist; in diesem Falle erlischt die Haftung, wenn der Arbeitnehmer dem Finanzamt von dieser Kenntnis unver- züglich Mitteilung macht.

§ 79. Ob und inwieweit im einzelnen Falle die Vorschriften der §§ 69-77 anzu-

wenden sind, entscheidet auf Anrufen eines der Beteiligten das Finanzamt. Gegen die Entscheidung des Finanzamts ist nur die Beschwerde an das Landesfinanzamt zulässig.

§ 80. Die Träger der Reichsversicherung nach der Reichsversicherungsordnung

und die Träger der Versicherung nach dem Angestelltenversicherungsgesetze haben den Finanzbehörden jede zur Durchführung der §§ 69-77 und der den Finanzämtern obliegenden Prüfung und Aufsicht dienliche Hilfe zu leisten. In- soweit finden die Vorschriften des § 142 der Reichsversicherungsordnung und des § 346 des Angestelltenversicherungsgesetzes keine Anwendung.

§81. Soweit nach gesetzlicher Vorschrift die Veranlagung zur Einkommensteuer

als Grundlage für Besteuerungsrechte von Körperschaften des öffentlichen Rechtes zugelassen ist und die auf den Arbeitslohn entfallende Einkommensteuer nicht veranlagt wird, gelten die nach §§ 70, 73, 74 einbehaltenen und nach § 77 vor- schriftsmässig abgeführten oder verwendeten Beträge als veranlagt. Soweit eine Feststellung der vom Arbeitslohn einbehaltenen Beträge während der ersten Jahre der Geltung dieses Gesetzes1) nicht erfolgt, können an ihrer Stelle Pauschbeträge festgesetzt werden. Setzen die Landesregierungen Pauschbeträge als Grundlage für die Veranlagung der Kirchensteuer fest, so treffen sie die näheren Bestim- mungen zur Durchführung im Einvernehmen mit dem Reicheminister der Finanzen und nach Benehmen mit den beteiligten Körperschaften*). Setzt in einem Lande, in dem eine Kirchensteuer in Form von Zuschlägen zur Einkommensteuer erhoben wird, die Landesregierung Pauschbeträge hierfür nicht rechtzeitig fest, so ist der Reichsminister der Finanzen ermächtigt, nach Benehmen mit der beteiligten Körperschaft die Festsetzung mit Zustimmung des Reichsrate vorzunehmen3).

x) Im Entwurf fehlten die Wort« ..während der ersten Jahre der Geltung dieses Gesetzes*4. *) Im Entwurf fehlten die Worte «und nach Benehmen mit den beteilicten Körperschaften". ») Der letzte Satz „Setzt - verzinsen" fehlte im Entwurf.

158

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 29: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 19S6. J5^

§ 82. Die zur Durchführung der Vorschriften der §§ 69-81 erforderlichen An·

Ordnungen trifft der Reichsminister der Finanzen.

2. Steuerabzug vom Kapitalertrag.

§ 83.

(*) Bei folgenden inländischen Kapitalerträgen wird die Steuer durch Ein- behaltung von 10 ν. Η. erhoben (Steuerabzug vom Kapitalertrag):

1. Dividenden, Zinsen, Ausbeuten und sonstige Gewinne, welche entfallen auf Aktien, Kuxe, Genussscheine sowie auf Anteile an der Reichsbank, an Kolonial- gesellschaften, an bergbautreibenden Vereinigungen, welche die Rechte einer juristi- schen Person haben, und an Genossenschaften, sofern bei letzteren die Zinsen je Mitglied und Jahr 10 RM. übersteigen1);

2. Einkünfte aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesell- schafter ;

3. Zinsen aus Anleihen, die in öffentlichen Schuldbüchern eingetragen oder über die Teilschuldverschreibungen ausgegeben sind, wenn die Eintragung in öffentlichen Schuldbüchern oder die Ausgabe von Teilschuldverschreibungen nach Einführung der Rentenmark (15. November 1923) erfolgt ist, oder wenn es sich um wertbeständige Anleihen handelt.

(2) Als inländische Kapitalerträge gelten Kapitalerträge, wenn der Sitz oder Ort der Leitung des Schuldners im Inland liegt.

(3) Der Steuerabzug (Abs. 1 ) ist auch vorzunehmen, wenn die Kapitalerträge in einem land- oder forstwirtschaftlichen oder in einem gewerblichen Betrieb anfallen.

(4) Als Kapitalerträge im Sinne des Abs. 1 gelten auch besondere Entgelte oder Vorteile, die neben Kapitalerträgen der im Abs. 1 genannten Art oder an deren Stelle gewährt werden.

§84. Der Steuerabzug ist nicht vorzunehmen von Zinsen, Dividenden und son-

stigen Gewinnbeträgen der im § 83 Abs. 1 Nr. 1, 3 bezeichneten Art, sofern Gläubiger und Schuldner die gleiche Person sind.

§ 85.

(x) Der Steuerabzug ist vom Schuldner der Kapitalerträge zu bewirken. (2) Dem Steuerabzug unterliegt der volle Kapitalertrag ohne Abzug von

Schuldzinsen, Werbungskosten und des als Steuer abzuziehenden Betrags.

§ 86. Der Schuldner hat die Steuer bei Fälligkeit des Kapitalertrags für Rech-

nung des Gläubigers einzubehalten und innerhalb einer Woche nach Fälligkeit an das für den Schuldner zuständige Finanzamt abzuführen. Er hat die Steuer auch dann abzuführen, wenn der Gläubiger die Einforderung des Kapitalertrags unterlässt.

§ 87. Uebernimmt der Schuldner die Steuer zugunsten eines Gläubigers, der im

Inland keinen Wohnsitz, Sitz oder Ort der Leitung hat, so ist die Steuer so zu berechnen, als ob diese Vereinbarung nicht getroffen wäre.

i) Im Entwurf fehlten die Worte „sofern - übersteigen". 1Õ9

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 30: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

160 Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926.

§ 88.

Die Vorschriften des § 78 über die Haftung des Arbeitgebers und Arbeit- nehmers finden auf die Haftung des Schuldners und des Gläubigers der Kapital- erträge entsprechende Anwendung.

3. Veranlagung von Einkünften, die dem Ste u e r a b ζ u g unterliegen.

§ 89.

Uebersteigt das gesamte nach § 54 abgerundete Einkommen eines Steuer- pflichtigen nicht den Betrag von 8000 RM. und besteht es entweder aus Ein- künften, die nach §§ 69, 83 dem Steuerabzug unterlegen haben, oder aus solchen Einkünften und aus sonstigem Einkommen bis zu 500 RM., so findet eine Ver- anlagung nicht statt.

§ 90. Uebersteigt das gesamte nach § 54 abgerundete Einkommen eines Steuer-

pflichtigen nicht den Betrag von 8000 RM. und besteht es ausser aus Einkünften, die nach §§ 69, 83 dem Steuerabzug unterlegen haben, aus sonstigem Einkommen über 500 RM., so findet eine Veranlagung nur für das sonstige Einkommen statt. Hierbei dürfen Ausgaben nach §§ 15-17 insoweit nicht geltend gemacht werden, als sie mit dem Arbeitslohn in wirtschaftlichem Zusammenhange stehen oder durch Erhöhung des im § 70 Abs. 1 b oder c vorgesehenen Betrags nach § 75 Nr. 2 bereits berücksichtigt sind. Die in § 52 vorgesehenen Beträge dürfen von dem sonstigen Einkommen nur insoweit abgesetzt werden, als sie den nach § 70 Abs. 1 a, Abs. 2 berücksichtigten Betrag übersteigen.

§ 91. In den Fällen der §§ 89, 90 gilt die auf den Arbeitslohn und die abzugs-

pflichtigen Kapitalerträge entfallende Steuer für den Arbeitnehmer oder für den Gläubiger der Kapitalerträge als getilgt, wenn ihre Haftung nach §§ 78, 88 er- loschen ist. Die Haftung des Arbeitgebers oder des Schuldners der Kapital- erträge erlischt jedoch nur, wenn die nach §§ 70, 73, 74, 83 einbehaltenen Beträge vorschriftsmässig abgeführt oder verwendet worden sind.

§ 92. Uebersteigt das nach § 54 abgerundete Einkommen eines Steuerpflichtigen

den Betrag von 8000 RM., so werden auch die Einkünfte veranlagt, die dem Steuerabzug vom Arbeitslohn oder vom Kapitalertrag unterlegen haben.

§ 93 !). (*) Wenn eine Veranlagung2) nicht erfolgt, sind Steuerbeträge, die vom

Arbeitslohn einbehalten worden sind, auf Antrag zu erstatten, wenn 1. die im § 70 Abs. 1, 2 bezeichneten Beträge infolge Verdienstausfalls3)

beim Steuerabzüge nicht in voller Höhe berücksichtigt worden sind oder 2. besondere wirtschaftliche Verhältnisse der im § 56 bezeichneten Art vor-

liegen, soweit sie nicht schon durch Erhöhung des steuerfreien Lohnbetrags nach § 75 Nr. 1 berücksichtigt worden sind.

Dies gilt auch, wenn der Arbeitslohn nicht für einen bestimmten Zeitraum gezahlt worden ist und der Steuerabzug nach § 74 erfolgt ist 4).

*) Der § 93, der im Entwurf fehlte, iät hier in der Fassung des Gesetzes vom 26. Fe- bruar 192Ó mitgeteilt, das mit dem 3. März 1926 in Kraft getreten ist.

*) Gesetz vom 10. August 1925: Veranlagung des Arbeitslohnes. . *) Im Geserz vom 10. August 1925 fehlten „infolge Verdienstausfalls". *) Vor diesem Satz hatte das Gesetz vom 10. August 1925 als Nr. 3 : „die Werbungs-

kosten (§ 15 Abs. 1 Nr. 1, § 16 Abs. 1, Abs. 5 Nr. 4, 5) oder die Sonderleistungen (§ 17) je den Betrag von 50 RM. - im Gesetz vom 19. Dezember 1925 ersetzt durch 65 RM. - im Kalender- vierteljahr übersteigen und sie nicht schon nach § 75 Nr. 2 berücksichtigt worden sind."

160

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 31: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926. Jßj

(2) In den Fällen des Abs. 1 Nr. 1 ist der Reichsminister der Finanzen ermächtigt, auf Grund des steuerfreien Lohnbetrags und der Familienermässi- gungen, die in dem betreffenden Kalenderjahr in Geltung gewesen sind, den zu erstattenden Betrag mit rechtsverbindlicher Kraft für Gruppen von Steuer- pflichtigen pauschal festzusetzen 1).

(8) Der Antrag kann nur jeweils für ein Kalenderjahr gestellt werden. Er muss spätestens bis zum 31. März eines Jahres für das vorangegangene Kalender- jahr eingereicht sein; § 68 der Reichsabgabenordnung gilt entsprechend1).

(4) Als Nachweis des Verdienstausfalls kann im Falle der Krankheit eine Bescheinigung der Krankenkasse, im Falle der Erwerbslosigkeit, der Aussperrung oder des Streikes die Erwerbslosenkontrollkarte, eine Bescheinigung der Erwerbs- losenfürsorge, eines Berufsverbandes oder des Arbeitgebers anerkannt werden1).

(5) Der zu erstattende Betrag darf die Höhe der einbehaltenen Steuerabzugs- beträge nicht übersteigen; Jahresbeträge unter 4 RM. werden nicht erstattet1).

§ 94.2) Uebersteigt das gesamte nach § 54 abgerundete Einkommen eines Steuer-

pflichtigen nicht den Betrag von 1300 RM.3) und sind in diesem Einkommen Ein- künfte enthalten, die dem Steuerabzüge vom Kapitalertrage unterlegen haben, so werden die einbehaltenen Steuerbeträge erstattet, soweit sie vierteljährlich 5 RM. übersteigen.

4. Vorauszahlungen und Abschlusszahlung.

§ 95. Bis zum Empfang eines Steuerbescheids (§64) für einen Steuerabschnitt hat

der Steuerpflichtige auf die Steuerschuld dieses Abschnitts am 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November Vorauszahlungen in Höhe von je einem Viertel der zuletzt festgestellten Steuerschuld zu entrichten. Steuerpflichtige, die hauptsächlich Einkünfte aus Landwirtschaft beziehen, haben die Voraus- zahlungen am 15. November in Höhe der Hälfte, am 15. Februar und 15. Mai in Höhe von je einem Viertel der zuletzt festgestellten Steuerschuld zu entrichten. Der Reichsminister der Finanzen ist ermächtigt, für Betriebe bestimmter Art, insbesondere Gartenbau, andere Vorauszahlungstermine zu bestimmen. Eine Vor- auszahlung gilt als Vorauszahlung für den Steuerabschnitt, in den der mass- gebende Zahlungstag fällt.

§ 96. Soweit eine Veranlagung nach § 92 erfolgt ist, hat der Steuerpflichtige

Vorauszahlungen nach § 95 bis zum Empfange des nächsten Steuerbescheids nur insoweit zu entrichten, als die Steuerschuld nicht durch die Steuerabzugs- beträge des der Veranlagung zugrunde liegenden Steuerabschnitts gedeckt ist.

§ 97. Ist der Steuerabschnitt, für den der Steuerbescheid (§§ 64, 95) erteilt wird,

kürzer als ein Jahr, so sind die Vorauszahlungen nach der Steuer festzusetzen, die sich ergibt, wenn das dem Steuerbescheide zugrunde liegende Einkommen in ein Jahreseinkommen umgerechnet wird.

*) Abs. 2, 4, 5 neu nach dem Gesetz vom 26. Februar 1926. Im Abs. 3 (früher 2) fehlte nach dem Gesetz vom 10. August 1925 nach „kann" das Wort „nur" und hiess in Zeile 1 .Kalendervierteljahr" statt „Kalenderjahr". Der frühere Abs. S lautete im Gesetz vom 10. August 1925: „Erstattet wird der Unterschied zwischen dem einbehaltenen Steuerbetrag und dem Steuerbetrage, der sich ergeben hätte, wenn die im Abs. 1 Nr. 1 bezeichneten Beträge oder die im Abs. 1 Nr. 2, 3 bezeichneten Tatsachen bereits beim Steuerabzüge nach §70 Abs. 1, 2, § T5 in vollem Umfang berücksichtigt worden wären"; der frühere Abs. 4 : „Tierteljahrsbeträge unter 1 RM., Jahresbeträge unter 4 RM. werden nicht erstattet."

■) § 94 fehlte im Entwurf. ■) Gesetz vom 10. August 1925: 1100 RM. - Der Betrag von 1300 RM. findet Anwen-

dung auf Einkünfte, die nach dem 31. Dezember 1925 dem Steuerabzug vom Kapitalertrag unterlegen haben. (Gesetz vom 19. Dezember 1925. Artikel III Abs 3 RGB1. 1925, 1 Nr. 55 S.469).

Finanzarchiv. XLIII. Jahrg. 161 Π

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 32: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

1 62 deutsches Reiehseinkominensteuergesetz , γοηι ίο. Aug. 1325/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926 .

§98; Ist die Steuerpflicht neubegründet worden, so sind die bis zum Empfange

des ersten Steuerbescheide gemäss § 95 zu entrichtenden Vorauszahlungen nach dem Einkommen festzusetzen, das in dem auf die Begründung der Steuerpflicht folgenden Jahre mutmasslich erzielt werden wird.

§ 99.

(*) Erhöht sich das Einkommen eines Steuerpflichtigen für einen Steuer- abschnitt gegenüber dem zuletzt festgestellten Einkommen voraussichtlich um mehr als den fünften Teil, mindestens aber um 2000 RM., so können die gemäss § 95 zu entrichtenden Vorauszahlungen neu festgesetzt werden.

(2) Tritt infolge Aenderung der Erwerbs Verhältnisse an die Stelle von Ein- künften, die dem Steuerabzug unterliegen, voraussichtlich sonstiges Einkommen, das dem Steuerabzüge nicht unterliegt, im Betrage von mehr als 2000 RM., so können die bis zum Empfange des nächsten Steuerbescheids zu leistenden Voraus- zahlungen nach dem Einkommen neu festgesetzt werden, das in dem auf die Aenderung der Erwerbsverhältnisse folgenden Jahre mutmasslich erzielt werden wird.

§ 100. (*) Macht ein Steuerpflichtiger glaubhaft, dass sich sein Einkommen1) für

einen Steuerabschnitt gegenüber dem zuletzt festgestellten Einkommen2) voraus- sichtlich um mehr als den fünften Teil, mindestens aber um 1000 RM. niedriger berechnen wird, so ist ihm auf Antrag der auf den wahrscheinlichen Betrag der Verminderung des Einkommens3) entfallende Teil der Vorauszahlungen zu stunden.

(a) Macht ein Steuerpflichtiger glaubhaft, dass infolge Aeilderung der Er- werbsverhältnisse voraussichtlich Einkünfte, die dem Steuerabzug unterliegen, an die Stelle von sonstigem Einkommen treten und die Minderung des sonstigen Einkommens mindestens 500 RM. beträgt, so sind ihm auf Antrag die Voraus- zahlungen bis auf den Betrag zu stunden, der voraussichtlich als Einkommen- steuer von dem der Veranlagung unterliegenden Einkommen zu entrichten ist.

§ 101.

(x) Die Festsetzung nach §§ 97-99 erfolgt durch das Finanzamt; eine Mit- wirkung der Ausschüsse nach § 25 der Reichsabgabenordnung ist nicht erforderlich.

(a) Ueber die Höhe der Vorauszahlungen erteilt das Finanzamt dem Steuer- pflichtigen einen schriftlichen Bescheid. Der Bescheid über die Vorauszahlungen kann mit dem Steuerbescheid im Sinne des § 64 verbunden werden.

(3) Gegen Entscheidungen über die Vorauszahlungen ist nur die Beschwerde gegeben (§§ 224,· 281 der Reichsabgabenordnung).

§ 102.

(x) Auf die nach § 25 für den Steuerabschnitt festgesetzte Steuerschuld werden angerechnet:

1. die nach § 95 auf die Steuerschuld des Steuerabschnitts geleisteten Vorauszahlungen;

2. die für denselben Steuerabschnitt nach §§ 70, 73, 74, 83 einbehaltenen Beträge, soweit sie auf Einkünfte entfallen, die nach §§ 69, 83 dem Steuerabzug unterlegen haben und die nach § 92 veranlagt worden sind.

(2) Soweit die Steuerschuld nach Abs. 1 die angerechneten Beträge über- steigt, ist sie innerhalb eines Monats nach Zustellung des Steuerbescheids zu ent- richten (Abechlttsszahlung). Die Verpflichtung, rückständige Beträge schon vorher zu entrichten, bleibt unberührt.

(8) Soweit die nach Abs. 1 angerechneten Beträge die Steuerschuld über-

*) Entwurf: steuerbares Einkommen. 2) Entwurf: steuerbaren Einkommen. *) Entwurf: steuerbaren Einkommens.

16a

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 33: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkpmmensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1920/26. Febr. 1926. j^gg

steigen, sind sie nach der Veranlagung bis zur Höhe der geleisteten Vorauszahlungen zu erstatten, sobald die Veranlagung unanfechtbar geworden ist1).

§ 103.

(x) Bei Wegfall der persönlichen Steuerpflicht hat der Steuerpflichtige späte- stens bis zum Zeitpunkt des Wegfalls Sicherheit für die Abschlusszahlung zu leisten. In diesem Falle kann das Finanzamt die Steuer auch in einem Pausch- betrag festsetzen; eine Mitwirkung der Ausschüsse nach § 25 der Reichsabgaben- ordnung ist nicht erforderlich. Die Vorschrift des § 101 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Die Vorschrift des Abs. 1 findet keine Anwendung, wenn die Steuer- pflicht infolge Todes erlischt.

Till. Uebergangs- und Schlnss vor Schriften.

§ 104.

Bei der ersten Veranlagung auf Grund dieses Gesetzes regelt sich in den Fällen, in denen ein Vermögensvergleich stattfindet (§§ 12, 13) oder in denen Absetzungen für Abnutzung oder Substanzverringerung gemacht werden können (§ 16 Ab. 2-4), die Feststellung der Werte (§ 19 Abs. 2, 3 Satz 2) für den Beginn des Steuerabschnitts nach Massgabe der §§ 105-110.

§ 105.

(x) Bei Steuerpflichtigen, die zur Führung von Handelsbüchern nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuches verpflichtet sind oder, ohne dazu ver- pflichtet zu sein, Handelsbücher nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuchs tatsächlich führen2), ist für den Ansatz der Gegenstände des Betriebsvermögens die handelsrechtliche Bilanz als Grundlage zu verwenden, soweit sich nicht aus den §§ 106-108 ein anderes ergibt.

(2) Als handelsrechtliche Bilanz im Sinne des Abs. 1 gilt: 1. bei Steuerpflichtigen, deren Wirtschaftsjahr mit dem Kalenderjahr über*

einstimmt, die handelsrechtliche Bilanz für den 31. Dezember 1924; 2. bei Steuerpflichtigen, deren Wirtschaftsjahr mit dem Kalenderjahre nicht

übereinstimmt, a) wenn sie die Eröffnungsbilanz in Goldmark im Sinne des § 2 Abs. 2 der

Verordnung über Goldbilanzen vom 28. Dezember 1923 (R.G.B1. I S. 1253) für den Beginn des Wirtschaftsjahrs 1924/25 aufgestellt haben, diese Eröffnungsbilanz,

b) wenn sie die Eröffnungsbilanz in Goldmark schon vor Beginn des Wirt- schaftsjahrs 1924/25 aufgestellt haben, die handelsrechtliche Bilanz für den Schluss des Wirtschaftsjahrs, das dem Steuerabschnitt 1924/25 unmittelbar vorange- gangen ist.

§ 106.

Für Gegenstände des Betriebsvermögens, die nach dem 31. Dezember 1923 angeschafft oder hergestellt worden sind, ist unbeschadet der Vorschrift des § 108 der tatsächliche Anschaffungs- oder Herstellungspreis anzusetzen; § 16 Abs. 2-4 und8) § 19 Abs. 2 Satz 2 finden Anwendung4).

x) Dei Entwurf hatte noch den Satz: Der Steuerpflichtige hat keinen Anspruch auf Er- stattung von Steuerabzussbeträaen.

2) Statt „oder - führen" heißt es im Entwurf: „oder solchen Steuerpflichtigen auf Grund des § 13 Abs. 2 gleichgestellt worden sind."

3) Im Entwurf fehlten 㤠16 Abs. 2 - 4 und". Statt ..finden" hiess es ..findet". *) Der Entwurf enthielt noch einen Abs. 2: Weist ein Steuerpflichtiger, der nach den Vor-

schriften des Steuerüberleitungsgesetzes zu einem erhöhten Ablösungsbetrag herangezogen worden ist, nach, dass Gegenstände des Betriebsvermögens, die nicht zum Anlagekapital gehören, nach §§ 11, 12 des Steuerüberleitungsgesetzes für den 31. Dezember 1924 mit einem höheren als dem nach Abs. 1 maßgebenden Wert angesetzt worden sind, so ist auf seinen Antrag der höhere Wert an Stelle des im Abs. 1 bezeichneten Werts anzusetzen.

Iß3

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 34: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

1 64 Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926.

§ 107. (x) Für den Ansatz von Gegenständen, die vor dem 1 . Januar 1924 an-

geschafft oder hergestellt worden sind, gelten unbeschadet des § 108 die Vor- schriften der Abs. 2, 3.

(2) Bebaute Grundstücke, die zum Anlagekapital gehören, dürfen höchstens mit dem gemeinen Werte zu Beginn des Steuerabschnitts angesetzt werden. Die übrigen Gegenstande des Anlagekapitals dürfen mit keinem höheren Werte an- gesetzt werden als dem um ein Drittel verminderten Betrage, der am Stichtage der Eröffnungsbilanz in Goldmark1) für die Anschaffung oder Herstellung des Gegenstandes hätte aufgewendet werden müssen ( § 4 Abs. 3 der Zweiten Ver- ordnung zur Durchführung der Verordnung über Goldbilanzen vom 28. März 1924 - R.G.B1. I S. 385 - ). Von dem nach Satz 2 sich ergebenden Betrage sind die dem Alter und der Lebensdauer entsprechenden Absetzungen für Abnutzung (§ 16 Abs. 2- 4) abzuziehen.

(3) Waren, Erzeugnisse und Vorräte sowie sonstige Gegenstände des um- laufenden Betriebskapitals dürfen mit keinem höheren Werte angesetzt werden als dem Betrage, der für die Anschaffung oder Herstellung des Gegenstandes bei Beginn des Steuerabschnitts hätte aufgewendet werden müssen·

§ 108. (*) Forderungen und Schulden, die der Aufwertung nach dem Aufwertungs-

gesetze vom 16. Juli 1925 (R.G.B1. 1 S.117) unterliegen, sind mit dem Werte anzusetzen, der sich bei Anwendung der Grundsätze des Aufwertungsgesetzes vom 16. Juli 1925 (R.G.B1. 1 S. 117) für den massgebenden Zeitpunkt (§ 104) ergibt2).

(2) Gegenstände des Betriebsvermögens, die an dem für die Vermögensteuer 1925 massgebenden Stichtag zum Vermögen des Steuerpflichtigen gehört haben, dürfen ohne Rücksicht darauf, ob sie vor oder nach dem 1. Januar 1924 ange- schafft oder hergestellt worden sind, mit keinem höheren Werte angesetzt werden- als bei der Veranlagung zur Vermögensteuer für das Kalenderjahr 1925; dies gilt nicht für Anteile an Erwerbsgesellschaften, die bei der Vermögensteuer nur mit der Hälfte des festgesetzten Steuerkurswerts oder ermittelten Verkaufswerts an- zusetzen sind (§ 43 des Reichsbewertungsgesetzes).

(3) Sind Gegenstände in der handelsrechtlichen Bilanz mit einem Werte an- gesetzt worden, der hinter den in §§ 106, 107 vorgeschriebenen Höchstwerten zurückbleibt, so sind sie auf Antrag des Steuerpflichtigen mit diesen Höchst- werten, jedoch niemals mit einem höheren Betrag als dem Vermögenssteuerwert (Abs. 2) anzusetzen*

§ 109. Bei anderen als den im § 105 bezeichneten Steuerpflichtigen, die Einkünfte

im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3 beziehen, finden für die Feststellung der Werte die Vorschriften der §§ 106-108 sinngemässe Anwendung.

§ 110. Bei Gebäuden und sonstigen Gegenständen, die nicht zu einem Betriebs-

vermögen gehören, ist für die Bemessung der nach § 16 Abs. 2-4 zulässigen Absetzungen für Abnutzung von dem gemeinen Werte des Gegenstandes am 1. Januar 1925 auszugehen.

§ Hl 3). Die Vorschrift des § 59 Abs. 1 b des Einkommensteuergesetzes vom 29. März

1920 (R.G.B1. S. 359) in der Fassung des Gesetzes vom 20. März 1923 (R.G.B1. I S. 198) findet noch auf die Zuwendungen Anwendung, die bis zum 31. Dezember 1926 zur Förderung des Kleinwohnungsbaues gemacht werden, wenn der Steuer- pflichtige sich vor dem 1. Januar 1925 zur Entrichtung dieser Beträge ver- pflichtet hat.

l) „in Goldmark" fehlten im Entwurf. ·) Abs. 1 fehlte im Entwurf. ·) Fehlte im Entwurf.

161

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 35: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10, Aug. 1925/11, I>ez. 1926/26. Febr. 1926. jßg

§Π21). Bei Steuerpflichtigen, deren Einkommen den Betrag von 15 000 RM. und

deren Vermögen den Betrag von 50 000 RM. nicht übersteigt, erhöht sich bei Versicherungsprämien und Spareinlagen, zu denen sich der Steuerpflichtige in den Jahren 1923-26 verpflichtet hat, der nach § 17 Abs. 2 zum Abzug zu- gelassene Betrag von 480 RM.,

a) wenn der Steuerpflichtige mehr als 50, aber nicht mehr als 55 Jahre alt ist, auf 960 RM.;

b) wenn der Steuerpflichtige mehr als 55, aber nicht mehr als 60 Jahre alt ist, auf 1200 RM.;

c) wenn der Steuerpflichtige über 60 Jahre alt ist, auf 1440 RM. Dies gilt nicht, wenn der Steuerpflichtige einen Anspruch oder eine Anwartschaft auf Ruhegehalt oder andere wiederkehrende Bezüge von mehr als 2000 RM. im Jahre hat.

§1131). Die im § 10 Abs. 3 des Steuerüberleitungsgesetzes vom 29. Mai 1925 (R.G.B1. 1

S. 75) vorgesehene Frist wird bis zum 31. Dezember 1925 verlängert.

§ 114. Soweit in Reichs- oder Landesgesetzen auf Vorschriften des bisherigen Ein-

kommensteuergesetzes verwiesen ist, treten an deren Stelle die entsprechenden Vorschriften dieses Gesetzes.

§ Π5. Der Reichsminister der Finanzen wird bis zum 31. Dezember 1930 er-

mächtigt, mit Zustimmung des Reichsrats und eines Ausschusses des Reichstage Einkünfte aus Anleihen, die im Ausland zahlbar sind9) und zum Handel an den deutschen Börsen nicht zugelassen sind, von der beschränkten Steuerpflicht zu befreien.

§ 116. Die Ausführungsbestimmungen zu diesem Gesetz erlässt der Reichsminister

der Finanzen mit Zustimmung des Reichsrats.

§ 117. (x) Dieses Gesetz findet unbeschadet des Abs. 4 3) erstmalig Anwendung auf

Veranlagungen für das Kalenderjahr 1925 oder die im Kalenderjahr 1925 endenden Wirtschaftsjahre.

(2) Die Vorschriften über den Steuerabzug vom Arbeitslohn (§§ 69-82) finden erstmalig auf den Arbeitslohn Anwendung, der für eine nach dem 30. Sep- tember 1925 4) erfolgende Dienstleistung gewährt wird.

(3) Die Vorschriften des § 83 Abs. 1 Nr. 2 finden erstmalig auf die vom 1. September 1925 ab5) fällig gewordenen Kapitalerträge Anwendung.

(4) Bei der ersten Veranlagung auf Grund dieses Gesetzes (Abs. 1) gelten für alle zu veranlagenden Steuerpflichtigen hinsichtlich der Ermässigungen nach dem Familienstande für die Zeit bis zum 30. September 1925 die Vorschriften, die nach § 21 des Steuerüberleitungsgesetzes vom 29. Mai 1925 (R.G.B1. I S. 75) für die Vorauszahlungen der Angehörigen der freien Berufe (Art. 1 § 7 der Zweiten Steuernotverordnung) gegolten haben, für die Zeit nach dem 30. September 1925 ein entsprechender Teil der im § 52 Abs. 1 Nr. 2 vorgesehenen Beträge. Der steuer- freie Einkommensteil ist nach Massgabe der Beträge zu ermitteln, die im mass-

*) Fehlte im Entwurf. 8) Entwurf: »Der Reichsminister der Finanzen wird ermächtigt, mit Zustimmung des

Reichsrats und eines Ausschusses des Ε eichst ags bis zum 31. Dezember 1930 Einkünfte aus An- leihen, die atif ausländische Währung lauten, im Ausland zahlbar sind".

8) Im Entwurf fehlten die Worte „unbeschadet des Abs. 4". *) Entwurf: 31. Dezember 1925. b) Entwurf: „auf die nach dem 15. ... 1925".

165

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 36: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Jgg Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Ayg. 1925719. Dez. 1325/26. Febr. im.

gebenden Steuerabschnitte beim Steuerabzüge vom Arbeitslohne jeweils frei- gelassen worden sind. Die zur Durchführung dieser Vorschriften erforderlichen Bestimmungen erlässt der Reichsminister der Finanzen1).

Begründung zum Entwurf eines Einkommensteuergesetzes vom 23. April 1925 2).

Á. Im allgemeinen· Das Reichseinkommensteuergesetz ist am 29. März 1920 (R.G.B1. S. 359) er-

lassen worden. Es sollte erstmalig für die Einkommensteuerveranlagung 1920 gelten. In seiner ursprünglichen Fassung hat jedoch das Einkommensteuergesetz nie, nicht einmal für das Jahr 1920, gegolten. Denn die Steuerabzugsbestimmungen, die ursprünglich nach § 58 des Gesetzes vom 29. März 1920 am 1. April 1920 in Kraft treten sollten, sind nach dem Gesetz zur Durchführung des Einkommen- steuergesetzes vom 31. März 1920 durch Verordnung vom 24. Mai 1920 erst mit dem 25. Juni 1920 in Kraft gesetzt worden; in dieser ursprünglichen Form wurde der Steuerabzug jedoch nur bis zum 31. Juli 1920 vorgenommen, da die Bestim- mungen über den Steuerabzug vom Arbeitslohn bereits durch die Novelle vom 21. Juli 1920 mit Wirkung vom 1. August 1920 abgeändert worden sind3). Bevor dann im Frühjahr 1921 die Einkommensteuer für 1920 veranlagt wurde, erging unter dem 24. März 1921 eine Novelle, deren wesentlichste Aenderungen die Sen- kung des Tarifs bei den unteren Einkommenstufen, die Ansetzung der Gegentände des Betriebsvermögens mit dem Anschaffungs- oder Herstellungspreis oder dem niedrigeren gemeinen Wert (§ 33 a), die Bildung von steuerfreien Rücklagen für Ersatzbeschaffungen ( § 59 a ) und die Beschränkung der Steuerpflicht von Ver- äusserungsgewinnen auf die Spekulationsgewinne (§11 Nr. 5) betraf.4) Das Gesetz vom 11. Juli 1921 regelte die vereinfachte Besteuerung des Arbeitslohns in der Weise, dass der Steuerabzug nicht mehr als Abschlagszahlung auf die endgültig geschuldete Einkommensteuer galt, sondern bei der grossen Mehrzahl der Arbeit- nehmer bereits die endgültige Tilgung der Einkommensteuer darstellte. Ausserdem wurden in diesem Gesetz die beim Steuerabzug zu berücksichtigenden Ermässi- gungssätze geändert. Das Gesetz vom 20. Dezember 1921 brachte eine erneute Aenderung der Ermässigungssätze beim Steuerabzug und die Umstellung des Steuerjahrs (Rechnungsjahr) auf das Kalenderjahr4). Es folgten im Jahre 1922 zwei weitere Novellen, und zwar die vom 20. Julil9225), die einen Tarif brachte, der nie praktisch geworden ist und ausserdem die Ermässigungen beim Steuerabzug wieder änderte, und die Novelle vom 23. Dezember 1922, die den später angewendeten Tarif für 1922 enthielt und ausserdem abermals die Ermässigungen beim Steuer- abzug erhöhte6). Durch das Gesetz über die Berücksichtigung der Geldentwertung in den Steuergesetzen vom 20. März 1923 wurden für die Veranlagung für das Kalenderjahr 1922 die § 33 a Abs. 3 und § 33 b eingefügt7). Nach § 33 a Abs. 3 durften die Bestände an Erzeugnissen, Waren und Vorräten zu zwei Dritteln mit dem Wert des Vorjahrs und zu einem Drittel mit dem gemeinen Wert abzüglich 60 v. H. angesetzt werden. Der § 33 b sah besonders berechnete Abschreibungen für Abnutzung des Anlagekapitals vor. Beide Vorschriften sollten der damals bereits in hohem Masse eingetretenen Geldentwertung Rechnung tragen. Ausser-

*) Abs. 4 fehlte im Entwurf. 2) Reichstag III 1924/25. Drucksachen Nr. 795. *) Das Reichseinkommensteuergesetz vom 29. März 1920 nebst Entwurfsbegründung, sowie

die Novellen vom 31 Mfirz 1020 und 21. Juli 1920 sind mitgeteilt im Finanzarchiv 37 (1920) S. 573. *) Über die Abänderungsgesetze vom 24. März, 11. Juli, 20. Dezember 1921 siehe Finanz-

archiv 38 (1921) S. 414, 558 f. 6) Mitgeteilt im Finanzarchiv 39 (1922). S. 211. ·) Mitgeteilt im Finanzarchiv 40 (1923), S. 265. ') Die Änderungen des Einkommensteuergesetzes durch die Novelle vom 20. März 1923

nebst Entwurfsbegründung sind mitgeteilt im Finanzarchiv 40 (1923) S. 280, 287, 292, 298 f. 166

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 37: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/20*. Febr. 1926. Jgy

dem brachte das Jahr 1923 verschiedene Verordnungen, durch die die Ermässi- gungen beim Steuerabzug entsprechend dem Fortschreiten der Geldentwertung, zuletzt entsprechend der Erhöhung des Lebenshaltungsindex, wöchentlich geändert wurden. Die letzte Aenderung war inder Zweiten Steuernotverordnung enthalten, welche der Abwicklung der Einkommensteuer für 1923 und die Vorauszahlungen für 1924 regelte und den Steuerabzug vom 1. Januar 1924 ab auf eine neue Grund- lage stellte1). In der Zweiten Verordnung des Reichspräsidenten über wirtschaftlich notwendige Steuermilderungen vom 10. November 1924 ist das Vorauszahlungs- system mit den durch die Verordnung beschlossenen Milderungen bis zur end- gültigen Regelung in dem neuen Einkommensteuergesetz über den 31. Dezember 1924 hinaus verlängert worden.

In dem gleichzeitig vorgelegten Entwurf eines Steuerüberleitungsgesetzes sind für 1924 eine vereinfachte Veranlagung und für 1925 Vorauszahlungen vorgesehen; für beides sind die Normen im vorgelegten Entwurf eines Steuerüberleitungs- gesetzes2) gegeben. Das neue Einkommensteuergesetz wird daher erst für die Veranlagung des Wirtschaftsjahrs 1924/25 und für das Kalenderjahr 1925 gelten. Die Veranlagung soll für die Wirtschaftsjahre 1924/25, die in der ersten Hälfte des Jahres 1925 enden, nach dem 30. Juni 1925, im übrigen nach dem 31. Dezem- ber 1925 stattfinden.

Wenn hiernach auch bis zur ersten Anwendung des neuen Einkommensteuer- gesetzes einige Zeit vergehen wird, so handelt es sich doch um eine Angelegenheit, die alsbaldiger Erledigung bedarf. Es ist eine der berechtigsten Klagen in der Ver- gangenheit gewesen, dass die schnell aufeinanderfolgenden gesetzlichen Regelungen über Steuerfragen oft unmittelbar nach der Veröffentlichung der Gesetze in Kraft traten und nicht selten Rückwirkungen auf bereits vergangene Zeitabschnitte aus- übten. Dieser Zustand erklärte sich in dieser Periode aus der zu ständigem gesetz- geberischen Eingreifen zwingenden Geldentwertung. Nachdem jetzt in der Wäh- rung stabile Verhältnisse eingetreten sind, erscheint es unbedingt geboten, bei wichtigen Gesetzen eine längere Zeitspanne zwischen den Tag der Verabschiedung und den des Inkrafttretens zu legen. Nur so kann vermieden werden, dass die Durchführung überstürzt und unvorbereitet vor sich geht und damit die Grund- sätze der Gerechtigkeit und der Gleichmässigkeit bei der Verteilung der Steuer- lasten nicht genügend beachtet werden. Die Verwaltung muss die Möglichkeit haben, sich auf grundlegende neue Steuernormen einzustellen, und es bedarf auch' nach der Verabschiedung des Entwurfs noch der sorgfältigen Ausarbeitung von Durchführungsbestimmungen. Ebenso kann auch die Wirtschaft fordern, dass ihr die nötige Zeit bleibt, die Wirkungen der neuen gesetzlichen Vorschriften in ihre Ueberlegungen einzuschalten. Gerade für die Preisbildung ist es erforderlich, dass die Lasten, die die Wirtschaft zu tragen hat, genau bekannt und berechenbar sind, so dass eine für die deutsche Volkswirtschaft erforderliche knappe Kalkulation sichergestellt und für die Wirtschaftskreise zu verantworten ist.

Ist aus diesem allgemeinen Grunde bereits ein überstürztes Inkrafttreten des Einkommensteuergesetzes unerwünscht, so ist in der Begründung zum Entwurf eines Steuerüberleitungsgesetzes dargelegt, dass für die allernächste Zeit eine ge- regelte Einkommensteuer Veranlagung noch nicht möglich ist. Bis zum Herbst dieses Jahres und für den grössten Teil der Steuerpflichtigen bis zum Beginn des Jahres 1926 muss von der Ermittlung des tatsächlichen Einkommens abgesehen werden. Ist dann aber zu dem angegebenen Zeitpunkt die Veranlagung einer Ein- kommensteuer durchführbar, so darf sie auch keinesfalls länger hinausgeschobon werden. Es fehlt freilich nicht an Stimmen, die die Notwendigkeit einer echten Einkommensteuer auch für die Zukunft verneinen und diese Steuer durch andere Besteuerungsmöglichkeiten ersetzen wollen. Diese Anschauungen erklären sich in erster Linie aus den Erfahrungen, die mit der Einkommensteuer in den letzten Jahren gemacht worden sind, und verkennen, dass es einmal möglich sein wird, ge-

*) Mitgeteilt im Finanzarchiv 41 (1924), S. 137. 2) Das Steuerüberleitungsgesetz vom 29. Mai 1925 nebst allgemeiner Begründung zum

Gesetzentwurf ist mitgeteilt im Finanzarchiv 42 (1925), fc. 491 f. Die Durchführungsbestimmungen dazu vom 30. Juli 1925 wurden im Reichsministerialblatt 1925 8. 495 veröffentlicht.

167

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 38: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

jgg Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1926/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926·

wisse grundlegende Fehler im Aufbau der bisherigen Einkommensteuer zu vermei- den und dass weiter das Versagen der Einkommenbesteuerung in erster Linie seinen Grund in der zerstörenden Wirkung der sprunghaft fortschreitenden Geldentwer- tung hatte. Aus den Aeusserungen der zur Vertretung der Wirtschaft berufenen Kreise ergibt sich jedenfalls der dringende Wunsch, so bald als möglich wieder zu einer echten, die individuellen Verhältnisse des Steuerpflichtigen berücksichtigen- den Personalsteuer zurückzukehren. Auf diesem Standpunkt steht auch der Entwurf,

Was die grundlegende Einstellung des neuen Einkommensteuerrechts an« langt, so versucht der Entwurf vor allem einen Fehler zu vermeiden, der bei dem bisherigen Reichseinkommensteuergesetz gemacht worden ist, nämlich die Ueber- spannung des Tarifs. Es kann dahingestellt bleiben, aus welchen besonderen Grün- den man sich seinerzeit zu dem bis 60 ν. Η. des Einkommens gehenden Tarif ent- schlossen hat. Jedenfalls zeigen die Erfahrungen, dass eine Besteuerung bis zu dieser Höhe schlechterdings undurchführbar ist. Die Steuermoral hält solchen Anforderungen einfach nicht stand, die grossen Einkommen werden entweder un- mittelbar verschwiegen oder es werden alle zur Verfügung stehenden rechtlichen und buchtechnischen Möglichkeiten ausgenutzt, um die Betriebsergebnisse nied- riger erscheinen zu lassen, als sie bei der Anwendung normaler Methoden der Cre- winnermittlung sein würden. Das ist eine Erfahrung, die nicht etwa nur in Deutsch- land nach Beendigung des Krieges und nach dem Zusammenbruch gemacht worden ist. Hohe Tarife sind gleichzeitig in fast allen grossen Staaten eingeführt worden, und überall hat sich das gleiche gezeigt: die Einkommensteuer setzte sich immer mehr in Widerspruch mit dem durch sie angestrebten Ziel einer der Leistungs- fähigkeit angepassten gerechten und gleichmässigen Verteilung des Steuerbedarfs. Daher sind die meisten Staaten- vgl. ζ. Β. England und die Vereinigten Staaten von Nordamerika - bereits zu einem wesentlichen Abbau ihrer hohen Steuer- sätze gekommen. Im übrigen entspricht es nur dem Ergebnis der finanzwissen- schaftlichen Untersuchungen, wenn man davon ausgeht, dass die Steuermoral im Höchstfall eine Belastung von mehr als etwa ein Drittel des Einkommens nicht aushält. Bei einer solchen Senkung des Tarifs wird es der Wirtschaft wieder mög- lich gemacht, gekünstelte Betriebsformen und Transaktionen, die sich nur aus der Rücksichtnahme auf die Steuern erklären, zu vermeiden und damit die unheilvollen Folgen auszuschalten, die neben der fiskalischen Wirkung mit solchen Massnahmen und Umbildungen verbunden zu sein pflegen. Für ein Land in der wirtschaft- lichen Lage Deutschlands erscheint es noch besonders geboten, in der Anspannung der Steuersätze vorsichtig zu sein. Es ist für die Entwicklung der deutschen Wirt- schaft geradezu eine Lebensfrage, dass das Interesse an der Neubildung von Kapital aufrechterhalten und auf jede Weise gefördert wird. Nur so kann erreicht werden, dass die deutsche Wirtschaft die Grundlage ihrer Produktion und damit der Arbeitsmöglichkeit für alle Erwerbstätigen wieder in ihrer eigenen Kraft findet. Es braucht anderseits nicht betont zu werden, dass von Steuersätzen in der massigen Höhe der Friedenszeit für eine lange Zukunft auch nicht an- nähernd die Bede sein kann. Es muss auch weiterhin damit gerechnet werden, dass der Anteil, den die Staatswirtschaft aus der Produktion für sich in Anspruch nehmen muss, ein ungewöhnlich starker sein wird. Die Folgen des Krieges und der ihm folgenden Wirtschaftszerrüttung machen es unabweisbar, dass die Stärke der deutschen Steuerbelastung auch fernerhin eine aussergewöhnliche und von den unter ähnlichen Kriegsfolgen leidenden anderen Staaten unerreichte bleiben wird.

Auch abgesehen von der wichtigen Frage der Höhe des Steuersatzes galt es, bei der Ausarbeitung des neuen Einkommensteuergesetzes die Erfahrungen der Vergangenheit zu verwerten. Mit dem Wiedereintritt Deutschlands in die Welt- wirtschaft erlangt die Frage der Besteuerung der Einkommensquellen bei ihrer Verknüpfung mit dem Ausland besondere Bedeutung. Das bisherige Einkommen- steuergesetz war bestrebt, die persönliche Steuerpflicht so weit als möglich auszu- dehnen, und führte dadurch bei den im Inland tätigen oder interessierten Steuer- pflichtigen zu sehr starken Doppelbesteuerungsmöglichkeiten. Der Entwurf ver- sucht hier, ausländischen Vorbildern folgend, gewisse Einschränkungen zur Scho-

163

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 39: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkomineneteuergesetz« Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926. jßQ

nung der Interessen des wichtigen Auslandsdeutschtums. Es wird anderseits von dem Grundsatz ausgegangen, dass jeder, der aus dem Inland Einkommen bezieht, auch wenn er nicht Deutscher ist und nicht in Deutschland wohnt, mit den Ein- künften aus diesen inländischen Quellen zur Besteuerung herangezogen werden muss; auch das entspricht dem Vorgang ausländischer Steuergesetze.

Besonderer Wert ist auf eine gute Durcharbeitung der Grundbegriffe des Ein- kommensteuerrechts gelegt worden. Hier liegen sehr wesentliche Aenderungen gegenüber dem bisherigen Gesetz auch in dem Aufbau und in der Fassung vor. Wenn sich dabei auch· nicht immer vermeiden liess, den Vorschriften eine scharfe juristische Fassung zu geben, so darf nicht verkannt werden, dass die wirtschaft- liche Bedeutung einer sicherer Auslegung zugänglichen Formulierung der grund- legenden Vorschriften ausserordentlich gross ist. Man braucht nur die zahllosen Erkenntnisse der bundesstaatlichen Oberverwaltungsgerichte und des Reichs- finanzhofes heranzuziehen, die zu den früheren Einkommensteuergesetzen ergangen sind, um zu erkennen, welche tiefgehende Unklarheit gerade bezüglich der grund- legenden Begriffe des Einkommens, des Gewinns, der Werbungskosten, der Bewer- tung vorhanden war. Daraus ergab sich eine weitgehende Unsicherheit, die übri- gens auch im Schrifttum zum Ausdruck kommt. Ist es aber eine allgemeine steuer- wissenschaftliche Forderung, dass die Steuerrechtsnormen bestimmt und ihr© Wirkungen berechenbar sind, so gilt das in besonders hohem Masse von der Ein- kommensteuer, die den Steuerpflichtigen zur Hergäbe eines hohen, nach dem Um- fang des Einkommens gestaffelten Teiles seines Gewinns veranlasst. Gerade mit Bücksicht auf diese Bestrebungen ist davon abgesehen worden, lediglich ein Ab- änderungsgesetz zum bestehenden Einkommensteuergesetz vorzulegen. Es mus» das Ziel sein, ein Gesetz zu schaffen, das in seinen grundlegenden Vorschriften für die Dauer bestimmt ist und in das sich Verwaltung, Rechtsprechung und Wirtschaft in vollem Umfang einleben können.

I. Persönliche Steuerpflicht.

Wie schon in der Einleitung betont ist, müssen die Fesseln, die die bisherigen Vorschriften über die persönliche Steuerpflicht der so dringend erforderlichen Wiederanknüpfung der wirtschaftlichen Beziehungen mit dem Ausland anlegten, nach Möglichkeit beseitigt werden. Deshalb sollen Deutsche, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt ins Ausland verlegen, nicht mehr wie bisher noch zwei Jahre steuerpflichtig bleiben, ihre Steuerpflicht soll vielmehr mit dem Zeit- punkt, in dem sie ins Ausland gehen, aufhören. Die unbeschränkte Steuerpflicht soll für Deutsche und Nichtdeutsche nur noch durch Wohnsitz oder mehr als sechs- monatigen Aufenthalt begründet werden, nicht mehr durch gewöhnlichen Aufent- halt des Erwerbes wegen. In diesen Rahmen gehören auch die Vorschriften der §§ 9, 47. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 soll Deutschen, die sich des Erwerbes wegen im Ausland aufhalten, aber dadurch, dass sie ihre Familie (schulpflichtige Kinder) im Inland lassen, hier unbeschränkt steuerpflichtig bleiben, die im Ausland erhobene Einkommensteuer ganz oder zum Teil auf die inländische Einkommensteuer an- gerechnet werden können. Nach § 47 ist für aus dem Ausland Zuziehende (Deutsche und Nichtdeutsche) vorgesehen, dass sie während der ersten Jahre nach ihrem Zuzug nach ihrem Verbrauch besteuert oder Teile ihres ausländischen Einkommens freigestellt werden können. Im einzelnen wird auf die Sonderbegründung verwiesen.

Die beschränkte Steuerpflicht, die bisher nur das Einkommen aus inlän- dischem Grundbesitz, aus inländischem Gewerbebetrieb, aus einer im Inland aus- geübten Erwerbstätigkeit und aus Bezügen aus inländischen öffentlichen Kassen umfasste, ist entsprechend den Gesetzen anderer Staaten in der Weise ausgedehnt worden, dass insbesondere auch Einkünfte aus inländischem Kapitalvermögen der Besteuerung unterworfen werden. Doch wird, soweit es sich nicht um Einkommen aus inländischem Grundbesitz oder Gewerbebetrieb handelt, im Interesse der Ver- einfachung und zur Vermeidung einer zu krassen Doppelbesteuerung auf die Pro- gression verzichtet und lediglich der Steuersatz von 10 ν. Η. erhoben.

169

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 40: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

J 70 Deutsches Keichseinkomnipnsteuergesetz. Yom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1D25/86*. Febr. me.

II. Der Begriff des Einkommens.

Die in der Begründung zum Reichseinkommensteuergesetzentwurf von 1920 und im Ausschuss der Nationalversammlung eingehend erörterte Frage, ob die Quellentheorie im Sinne des früheren preussischen Einkommensteuerrechts oder die Schanz sehe Theorie (Einkommen ist Reinvermögenszugang innerhalb eines bestimmten Zeitabschnitts einschliesslich der Nutzungen und geldwerten Lei- stungen) zugrunde zu legen sei, wird sich bei der Ausgestaltung eines Gesetzes mit Aüsschliesslichkeit in dem einen oder in dem anderen Sinne niemals entscheiden lassen. Die Quelle und das sich daraus ergebende Kriterium der Regelmassigkeit (das* Fliessen der Quelle) werden zweifellos immer wichtige Merkmale des Einkorn* mensbegriffs sein. Aber man kommt damit allein nicht aus, wie u.a. die Auf- nahme der Spekulationsgewinne in das preussische Einkommensteuergesetz und die preussische Novelle vom 30. Dezember 1916 (sogenannte Lex Schweckendieck) gezeigt haben , wonach abweichend von den sonstigen Vorschriften des preussischen Kinkommensteuergesetzes Beträge, die einem Steuerpflichtigen während des Krieges aus gewerblicher Tätigkeit oder aus gewinnbringender Beschäftigung oder als stiller Teilhaber oder als Mitglied einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung zugeflossen sind und die bei der Veranlagung sonst nicht zur Anrechnung kommen, weil die Einkommensquelle weggefallen ist oder sich wesentlich geändert hat, ein schliesslich der Einkünfte aus einer einmaligen Tätigkeit für steuerpflichtig erklärt sind. Auf der anderen Seite ist auch mit dem Schanz sehen Einkommensbegriff nicht restlos auszukommen. Das bisherige Reichseinkommensteuergesetz hat sich zwar grundsätzlich auf den Boden der Schanz sehen Auffassung gestellt, ohne jedoch seine Begriffsbestimmung im Wortlaut zu übernehmen (vgl. Begründung 8. 17- 241); Nr. 1024 der Drucksachen der Nationalversammlung). Das kam dadurch zum Ausdruck, dass nach § 4 des bisherigen Einkommensteuergesetzes als steuer- bares Einkommen der Gesamtbetrag der in Geld oder Geldwert bestehenden Ein- künfte nach Abzug gewisser in § 13 des bisherigen Gesetzes genannter Beträge galt, soweit im Gesetz selbst nichts anderes vorgeschrieben war. § 5 des bisherigen Einkommensteuergesetzes bestimmte dann, welche Einkünfte zum steuerbaren Einkommen gehören, nämlich solche aus Grundbesitz, Gewerbebetrieb, Kapital- vermögen und Arbeit sowie sonstige Einnahmen ohne Rücksicht darauf, ob es sich um einmalige oder wiederkehrende Einkünfte handelt oder aus welchem rechtlichen oder tatsächlichen Grunde sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Durch Ver- wendung des Wortes „gehören" war zum Ausdruck gebracht, dass die Aufzählung der vier Arten keine erschöpfende, sondern nur eine beispielsweise war; die Sammel- bezeichnung „sonstige Einnahmen" für die übrigen Einkommensarten zeigte, das« alle Einkünfte der Besteuerung unterlagen, soweit im Gesetz nichts anderes vor- geschrieben war. In den §§ 6-11 des bisherigen Gesetzes wurden die haupt- sächlich unter den § 5 fallenden Einkommensarten aufgezählt. Damit war aber gegenüber dem vorangegangenen § 4 nicht etwa neues Recht geschaffen. Die Rechts- norm war bereits in vollem Umfang im § 4 enthalten. Der § 5 sowohl wie die §§ jf> bis 11 des bisherigen Gesetzes wollten vielmehr unter Wiederaufnahme allgemein geläufiger Begriffe dem Steuerpflichtigen die Abgabe der Steuererklärung und den Behörden die Veranlagung erleichtern. Auch hier handelte es sich aber wieder nur um eine beispielsweise, nicht um eine erschöpfende Aufzählung. Das prägte sich besonders deutlich im § 11 des bisherigen Gesetzes aus, der von einer letzten Gattung „sonstige Einnahmen" sprach und darunter einzelne Beispiele aufzählte. Erschöpfend war lediglich die Aufzählung dessen, was nicht als Einkommen zu «reiten hatte (§ 12). Die §§ 13- 15 des bisherigen Einkommensteuergesetzes regelten die Frage, was vom Gesamtbetrage der Einkünfte (Roheinkünfte) abgezogen und was nicht abgezogen werden durfte. Den Abschluss bildeten die §$ 31 - 38 a. a. O., in denen die Grundsätze für die Ermittlungen der verschiedenen Einkommensarten enthalten waren. Rein durchgeführt war der Schanz sehe Einkommensbegriff im bisherigen Gesetz aber auch nicht: einmal wegen des § 12. der in Verbindung

0 Firianzorrhiv 37 (1920), S. r>'):j f. 170

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 41: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Itaiiteclics fieichbeinkuinmenstcuergesctz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. lí»-jõ/ái;. Febr. 1926. ] y γ

mit § 11 zahlreiche Durchbrechungen vorsah, so ζ. B. bei der Besteuerung der ein- maligen Veräueserungsgewinne, sodann wegen des durch die Novelle vom 24. März 1921 eingeführten § 33 a, der bei Gewerbetreibenden und Landwirten die Ansetzung der Gegenstände des Betriebsvermögens nicht allgemein zum gemeinen Wert, sondern zum Anschaffungspreis oder zum niedrigeren gemeinen Wert vorsah; un- realisierte Gewinne, dir nach Schanz zum Einkommen gehören, blieben also steuerfrei.

Der vorliegende Entwurf geht von einem anderen Gesichtspunkt aus. Das Einkommen ist in erster Linie ein wirtschaf tliclicr Begriff. Damit kommt man aber für ein Steuergesetz nicht aus. Soll ein Steuergesetz Tür die Pflichtigen und fur die Verwaltung verstandlich uttd durchführbar sein und soll es für alle Steuerpflichtigen sleichmässig wirken, so muss es klare Normen darüber schaffen, was überhaupt für die Besteuerung in Frage kommt, was bei den einzelnen Gruppen von Steuer- pflichtigen als Einkommen zugrunde zu legen ist und wie die Bewertung vorzu- nehmen ist. In den bisherigen Einkommensteuergesetzen sind der Aufbau des Einkommensbegriffes und die Terminologie nicht immer scharf umrissen gewesen. Das hat zu vielen Zweifeln bei der praktischen Handhabung des Gesetzes und zu zahllosen Rechtsstreitigkeiten geführt. Der Entwurf hat bei dieser wesentlichen Materie des Einkommensteuerrechts die Normen über das Einkommen umzubauen und organisch zu gliedern versucht. Er beginnt im § G mit der Aufzählung der Ein- kommensarten, die für die Besteuerung überhaupt nur in Frage kommen. Die Aufzählung ist eine abschliessende („nur"). Im § 7 folgt dann die Vorschrift über das, was als Einkommen im Sinne des Gesetzes zu gelten hat. Dazu gehört einmal die Bestimmung des Zeitabschnitts, innerhalb dessen ein Einkommen bezogen ist und zur Besteuerung gelangt und zweitens eine Bestimmung darüber, was das Gesetz als Einkommen bei den einzelnen Einkommensarten heranziehen will. Bei Einkom- men aus landwirtschaftlichem und forstwirtschaftlichem Betrieb, aus Gewerbe- betrieb und sonstiger selbständiger Berufstätigkeit soll es der Gewinn sein, der allgemein im § 12 und für die Steuerpflichtigen, die Handelsbücher nach den Vor- schriften des Handelsgesetzbuches zu führen verpflichtet sind, im § 13 näher er- läutert wird. Bei den übrigen Einkommensarten soll als Einkommen der Ueber- schuss der Einnahmen über die Ausgaben gelten. AVann Betrage als eingenommen oder ausgegeben gelten, muss schon vorbei· - im § 1 1 - gesagt werden. Was Ein- nahmen sind, bestimmt der § 14. Die Ausgaben werden in den §$ 15-18 geregelt. Dann folgen in den §§ 19-21 die Wer ter mit things Vorschriften. Die S§ 22-24 re- geln die Zusammenrechnung des Einkommens bei Ehegatten und Kindern (die sogenannte Haushaltsbesteueriinir). Erst dann kommt im § 25 eine Vorschrift darüber, wann veranlagt wird. An diese a 1 Ige meinen Vorschriften über das Ein- kommen schliessen sich die Vorschriften über die einzelnen Einkommensarten an. Der Aufbau der Vorschriften über das Einkommen dürfte hiermit systematischer als bisher gegliedert sein. Entsprechend ist auch die Terminologie konsequent durchgeführt, was für die praktische Handhabung von besonderer Wichtigkeit ist. Einnahmen sind stets die Roheinnahmen. Ausgaben sind alle abzugsfähigen Be- träge im Sinne der §$ 15-17 des Entwurfs; auch diese sind scharf geschieden. Es kommen in Frage einmal Werbungskosten, zu denen grundsätzlich auch die Be- triebsausgaben gehören, dann Schuldzinsen, sofern sie nicht schon unter die Wer- bungskosten fallen, und endlich sonstige durch besondere positive Bestimmung für abzugsfähig erklärte Beträge, wie Versicherungsprämien (im Entwurf als Sonder- leistungen bezeichnet). Gewinn ist das Einkommen bei all den Steuerpflichtigen, bei denen sich das Einkommen nicht allein aus dem Ueberschuss der Einnahmen über die Ausgaben ergibt, sondern bei denen, sei es daneben, sei es statt dessen (wie bei den zur Führung von Handelsbüchorn Verpflichteten) ein Bestandsver- gleich in Frage kommt. Als Einkünfte behandelt der Entwurf alle Zugänge aus den im § 6 angeführten Einkommensarten (vgl. § 7 Abs. 3) ohne Rücksicht darauf, ob sie lediglich Einnahmen darstellen oder ob es sich um den Ueberschuss der Ein- nahmen über die Ausgaben oder ob es sich um den Gewinn handelt. Einkommen selbst ist der Betrag, der schlicsslich zur Steuer herangezogen wird. Der Unter- schied zwischen steuerbarem und steuerpflichtigem Einkommen, der bisher zu mancherlei Zweifeln Anlass goeoben hatte, konnte bei diesem neuen Aufbau fallen

πι

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 42: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

172 Deutsches Beichseinkominenßteuergesetz. VonilO. Aüg. 1925/19.Dez.l926/2tf.Febr. 1926,

gelassen werden. Beträgt das Reineinkommen 10 000 RM., so ist nach § 51 für die Berechnung der Steuer nur der Betrag von 9400 RM. zugrunde zu legen.

Der § 6 Abs. 3 des Entwurfs, wonach nicht zum Einkommen einmalige Ver- mögensanfälle, wie z. B. Erbschaften, Lotteriegewinne, Kapitalempfänge auf Grund von Lebensversicherungen, Kapitalabfindungen als Entschädigungen für Unfälle, gehören, bedeutet der erschöpfenden Aufzählung des § 6 Abs. 1 gegenüber nichts Neues, sondern nur eine Klarstellung. Mit Ausnahme der Lotteriegewinne waren diese Anfälle stets frei. Die Lotteriegewinne waren im § 11 des bisherigen Gesetzes ausdrücklich für steuerpflichtig erklärt. Ihre Freistellung ist im Hinblick auf die starke Sonderbelastung, der sie unterliegen, schon seit langem angestrebt worden und auch im Reichstag wiederholt Gegenstand eingehender Beratung gewesen.

Bei Einkünften der im § 6 Abs. 1 Nr. 1-3 (Landwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbständiger Berufstätigkeit) bezeichneten Art soll der erzielte Gewinn, d. h. der Ueberschuss der Einnahmen über die Ausgaben, unter Berücksichtigung der Er- zeugnisse, Waren und Vorräte des Betriebs am Schluss eines Steuerabschnitts gegenüber dem Bestand am Anfang desselben, bei den übrigen im § 6 Abs. 1 be- zeichneten Einkünften der Ueberschuss der Einnahmen über die Ausgaben als Ein- kommen gelten (§ 7 Abs. 2, §§ 12, 13). Der grundsätzliche Unterschied der Be- steuerungsart dieser beiden Gruppen von Steuerpflichtigen ist hierdurch deutlich hervorgehoben.

Nach dem bisherigen Gesetz bestanden Zweifel, wie Aufwendungen für die Beschaffung oder Herstellung von Gegenständen des Anlagekapitals, insbesondere wenn es sich um Ersatzbeschaffungen handelt, zu behandeln waren, ob sie gleich ganz oder teilweise als Werbungskosten abzugsfähig waren und demgemäss im Bestandesvergleich gar nicht oder mit 1 M. angesetzt werden konnten oder ob sie gemäss § 33 a des bisherigen Gesetzes mit dem Anschaffungspreis abzüglich ein- getretener Abnutzung oder mit dem niedrigeren gemeinen Wert anzusetzen waren. Dieser Zweifel wird durch § 16 Abs. 2 des Entwurfs klargestellt.

Was die Bewertung anlangt, so ergeben sich da, wo lediglich der Ueberschuss der Einnahmen über die Ausgaben versteuert wird, keine besonderen Schwierig- keiten. Anders liegt es bei den Steuerpflichtigen, bei denen neben dem Ueberschuss der Einnahmen über die Ausgaben der Stand der Waren, Erzeugnisse und Vorrate am Anfang und am Ende eines Steuerabschnitts in Rechnung zu ziehen ist. Hier müssten an sich die gemeinen Werte an den beiden Stichtagen eingesetzt werden. Das führt zur Besteuerung unrealisierter Gewinne und zum Abzug unrealisierter Verluste. Im § 33 a des bisherigen Einkommensteuergesetzes war das erstere aus- geschlossen, das letztere zulässig; denn danach mussten Gegenstände des Betriebs- kapitals, wenn der gemeine Wert über den Anschaffungspreis hinausgegangen ist, nach wie vor mit dem Anschaffungswert, wenn der gemeine Wert aber unter den Anschaffungswert zurückgegangen ist, mit dem gemeinen Werte angesetzt werden. Nicht im Interesse der Einzelwirtschaft, sondern im Interesse der Gesamtwirt- schaft, der daran gelegen sein muss, dass Steuern nicht da herausgezogen werden, wo wirkliche Gewinne noch nicht entstanden sind oder vielleicht nie entstehen werden, wird im Entwurf grundsätzlich an dieser Regelung festgehalten.

Der Entwurf unterscheidet folgende Einkommensarten:

1. Einkünfte aus dem Betrieb von Landwirtschaft, Forstwirtschaft usw.; 2. Einkünfte aus Gewerbebetrieb; 3. Einkünfte aus sonstiger selbständiger Berufstätigkeit; 4. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit; 5. Einkünfte aus Kapitalvermögen; 6. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Ver-

mögen, Sachinbegriffen und Rechten; 7. andere wiederkehrende Bezüge; 8. sonstige Leistungsgewinne.

Die vorstehenden acht Einkommensarten werden in den §§26-48 näher er- läutert. Im einzelnen wird auf die Sonderbegründung verwiesen. Hier soll nur zu drei grundsätzlichen Fragen Stellung genommen werden.

172

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 43: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseickommensteuergegetz. VomlO.Aug. 1925/19. Dez. 1985/26. Febr. 1926. jyg

a) Die Behandlung des Gewinnes, der sich bei der Veräusserung des Gewerbe^ betriebe als ganzen ergibt:

Nach § 30 des Entwurfs gelten als Einkommen aus Gewerbebetrieb auch Ge- winne, die erzielt werden bei der Veräusserung des Gewerbebetriebs als ganzen oder eines Teiles des Gewerbebetriebs, bei der Veräusserung von Beteiligungen an offenen Handelsgesellschaften u. dgl. und bei der Veräusserung von Aktien, Kuxen, G. m. b. H. -Anteilen usw., hier allerdings nur, sofern der Veräusserer am Kapital der Gesellschaft wesentlich (zu mehr als einem Viertel) beteiligt ist. Die Steuer- pflicht der bei der Veräusserung des Betriebs erzielten Gewinne ist nicht zweifellos gewesen. Das hanseatische Oberlandesgericht hat in einem Urteil vor dem Krieg den in einem solchen Fall erzielten Gewinn als steuerpflichtig erklärt. Es gibt aber auch Entscheidungen im gegenteiligen Sinne. Der Reichsfinanzhof hat sich mit dieser Frage bisher nur einmal befasst. Es handelt sich um ein Urteil des VI. Se- nats vom 29. Oktober 1924 (Bd. 15 S. 47), in dem die Steuerpflicht grundsätzlich bejaht wird und im konkreten Fall nur deshalb verneint ist, weil für die Veranla- gung zur Einkommensteuer 1922 die besonderen Vorschriften des Geldentwer- tungsgesetzes bestanden und bei der Geldentwertung der Gewinn sich nicht zu- verlässig ermitteln Hess. Der Ansicht des Reichsfinanzhofs ist durchaus beizutreten. Der Entwurf spricht daher die Steuerpflicht im § 30 ausdrücklich aus. Hierbei wird von folgenden Erwägungen ausgegangen: Der Gewerbetreibende ist gegen- über den anderen Gruppen von Steuerpflichtigen dadurch privilegiert, dass er bei dem Bestandsvergleich die Gegenstände des Betriebsvermögens nicht mit dem jeweiligen gemeinen Wert, sondern mit dem Anschaffungs- oder Herstellungspreis einsetzen kann und daher nur, wenn der Anschaffungs- oder Herstellungspreis höher ist als der gemeine Wert, den gemeinen Wert ansetzen wird. Dadurch bleiben die unrealisierten Konjunkturgewinne unversteuert, während die unrealisierten Ver- luste abgesetzt werden (vgl. § 19). Das Privileg hat der Gewerbetreibende, wie die Reichsregierung z. B. auch bei der Beratung des Geldentwertungsgesetzes im Jahre 1923 im Steuerausschuss des Reichstags (Drucksache Nr. 5600 S. 8) betont hat, aber nicht um seiner selbst willen, sondern um einer volkswirtschaftlichen Not- wendigkeit willen, nämlich der Erhaltung des produktiven Kapitals. Es würde aber hiermit unvereinbar sein und auch den Grundsätzen steuerlicher Gleichmässig- keit widersprechen, wenn diese Gewinne auch dann unversteuert blieben, wenn der Pflichtige den Betrieb veräussert und aus dem Wirtschaftsleben ausscheidet. Denn dann ist der Grund für das Privileg fortgefallen und kein Grund mehr vorhanden, weshalb ein solcher Pflichtiger nicht ebenso behandelt werden sollte wie die übrigen Gruppen der Steuerpflichtigen. War ζ. Β. bei der letzten Steuerveranlagung ein Wert von 100 000 RM. ausgewiesen, und verkauft der Pflichtige den Betrieb im Laufe des nächsten Jahres für 300 000 RM., so muss er den Gewinn von 200 000 RM. versteuern. Würde das nicht geschehen, so würde der Gewinn, der im Laufe weniger oder vieler Jahre zwecks Erhaltung des Betriebs unversteuert geblieben sein kann, steuerlich überhaupt wegfallen, da der Rechtsnachfolger den Betrieb selbstverständlich mit dem Anschaffungspreis von 300 000 RM. in der Eröffnungs- bilanz ansetzt. Zudem liegt hierin ein gewisser Ersatz für die laufende Vermögens- zuwachssteuer, die nach Art. 1 § 25 des gleichzeitig vorgelegten Entwurfs über Ver- mögen- und Erbschaftssteuer vorläufig ausser Hebung gesetzt werden soll. Eine Härte kann nur dadurch entstehen, dass der zur Nachversteuerung gelangende Ge- winn, der nicht in einem Jahr erzielt ist, vielmehr in einem längeren Zeitraum erzielt sein kann, nun in einen zu hohen Steuersatz kommt. Zum Ausgleich solcher Härte soll der Steuersatz nach § 58 bis auf 15 v. H. (bzw. 10 v. H.) ermässigt werden können. Um leistungsschwache Steuerpflichtige zu schonen, soll jedoch der durch Veräusserung des Gewerbebetriebs im ganzen erzielte Gewinn nur heran- gezogen werden, wenn er den Betrag von 5000 RM. übersteigt. Bei gewissen Grup- pen von Kleingewerbetreibenden, bei denen, wie z. B. bei Ladenbesitzern, ein Ver- kauf des Betriebes häufig erfolgt, bleibt infolge dieser Freigrenze der Veräusse- rungsgewinn steuerfrei.

In engem Zusammenhang hiermit steht die Frage der steuerlichen Behand- lung des unentgeltlichen Uebergangs eines Betriebs auf einen Rechtsnachfolger

173

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 44: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

174 lJeutschtsUeicheçinkoiLiiiensteuergesetz. Vom 10. Aug.l92.VlD.Dez.l:)?6/2t>.Febr 192«:.

(von Todes wegen oder durch Schenkung). Nach den vorstehend dargelegten Grundsätzen mtissten an sich auch in diesen Fällen die unversteuert gebliebenen Einkommeneteile beim Tod des Erblassers nachversteuert werden. Hier ist aber zu berücksichtigen, dass beim Tod des Erblassers grundsätzlich auch die Erbschafts- steuer zur Erhebung kommt und dass sie nicht vom Buchwert, sondern vom wirk- lichen Wert am Todestag berechnet wird. Es würde, zumal der Tod des Ernährers an sich schon auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Hinterbliebenen ungünstige Einwirkungen zu haben pflegt, die Summierung der Erbschaftssteuer und der Ein- kommensteuer, auch wenn sie auf 15 v. H. bzw. 10 v. H. (§ 58) ermässigt wird, vielfach nicht getragen werden können. Daher soll beim Tod nicht ohne weiteres die volle Nachversteuerung eintreten, sondern grundsätzlich nur dann, wenn von den Erben der Betrieb veräussert wird. Wird also der Betrieb fortgeführt, so hat der Erbe den Wert zugrunde zu legen, der zuletzt beim Erblasser zugrundegelegt worden ist. Führt er ihn dauernd fort, so geniesst er auch das Privileg seines Erb- lassers weiter; für die Erbschaftsteuer muss selbstverständlich auch hier der wahre Wert am Todestag angesetzt werden. Veräussert dagegen der Erbe den Betrieb später einmal, so muss er - das erscheint folgerichtig - auch die beim Erblasser unversteuert gebliebenen Einkommensteile mit zur Einkommensteuer versteuern. Eine Besonderheit soll nur für den Fall gelten, dass die Veräusserung schon inner- halb dreier Jahre nach dem Erbfall erfolgt. Hier liegt die Belastung mit der Erb- schaftsteuer noch verhält η ismässig kurze Zeit zurück. Ausserdem kann die ur- sprüngliche Fortführung des Betriebs ein Versuch gewesen sein, der aus besonderen Gründen nicht hat durchgeführt werden können. Die volle Einziehung der Ein- kommensteuer neben der kurz vorher bezahlten Erbschaftssteuer könnte Folgen haben, die nicht gewollt sind. Daher soll auf die Einkommensteuer vom Veräusse- rungsgewinn der Teil der Erbschaftssteuer angerechnet werden, der auf den Unter- schied zwischen dem bei der letzten Einkommensteuerveranlagung des Erblassers und dem bei der Berechnung der Erbschaftssteuer angesetzten Wert des Betriebs- vermögens entfällt (§ 31 des Entwurfs). Im übrigen wird auf die Einzelbegründung verwiesen. Selbstverständlich ist von dem Einkommen, das der Erblasser seit der letzten Einkommensteuer Veranlagung bis zu seinem Tod erzielt hat, Einkommen- steuer zu zahlen (vgl. auch § 12 Abs. 3 des Entwurfs).

Diese Grundsätze sollen für Ueberlassung des Betriebs oder eines Teils im Wege der Schenkung entsprechend gelten. Gewisse Umgehungsversuche sind nicht ausgeschlossen. Das wird zugegeben. Von einer Sonderregelung ist aber abgesehen worden, weil sie zu kompliziert geworden wäre. Im allgemeinen wird der § 5 der Reichsabgabenordnung ausreichen, solchen Umgehungs versuchen zu begegnen.

b) Die sonstigen Leistungsgewinne: Neu ist im § 6 Abs. 1 die Nr. 8 (sonstige Leistungsgewinne). Die Regelmässig-

keit wird vielfach als ein wichtiges Kriterium des Einkommens hingestellt. Bei den Nummern 1 - 7 kann diese im allgemeinen als gegeben unterstellt werden. In dem „Betrieb" oder in der „Berufstätigkeit" oder in den „Kapitalerträgen" ist die Regelmässigkeit des Fliessens der Einkünfte gewissermassen enthalten, das gleiche gilt für die Nr. 7 (wiederkehrende Bezüge). Auch bei Nr. 6 (Vermietung und Ver- pachtung von unbeweglichem Vermögen, Sachinbegriffen und Rechten) wird man in der Regel von fortlaufenden Einkünften sprechen können. Immerhin ist die Regelmässigkeit begrifflich nicht notwendig. So soll z. B. nach § 35 Abs. 2 des Entwurfs unter die sonstige selbständige Berufstätigkeit auch eine nur vorüber- gehende Tätigkeit fallen und nach § 36 (nichtselbständige Arbeit) soll es nicht darauf ankommen, ob es sich um eine nachhaltige Tätigkeit handelt oder nicht.

Sehr bestritten ist es immer gewesen, ob auch andere einmalige Einkünfte steuerpflichtig sind oder nicht, ob ζ. Β. das Entgelt aus der einmaligen Vermietung eines Klaviers oder die Einnahme, die ein Gewerbetreibender aus einer einmaligen künstlerischen Betätigung, ζ. Β. einem einmalig von ihm gegebenen Konzert, er- zielt, oder der Gewinn, den ein Nichtgewerbetreibender aus der Veräusserung eines Gegenstandes (Möbelstückes, Bildes o. dgl.) erzielt, der Einkommensteuer unter- liegt oder nicht. Gelöst hat diese Frage restlos nur Schanz. Denn bei seinem Einkommensbegriff (Einkommen gleich Reinvermögenszugang zuzüglich Nut-

174

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 45: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommonsteuergesetz. Vom 10. Aug.lJ33/19.Doz. 1^5/ 2t>. Febr. l!>26. jyg

zungen und geldwerter Leistungen) kommt es auf die Regelmässigkeit oder Ein- maligkeit der Einnahmen überhaupt nicht an ; allerdings hat er für die Besteuerung sehr wichtige Einschränkungen (z. B. Steuerfreiheit der Erbschaften und Schen- kungen usw.) machen müssen. Ungleich grosser waren die Schwierigkeiten bei allen den Theorien, die von dem Begriff des regelmässigen Fliessens aus einer Quelle ausgingen. Bekannt ist, dass die Einkommensteuergesetze, die, wie das preussische. das Quellenprinzip am stärksten ausgebaut hatten, an der Besteuerung einer Gruppe von einmaligen Einnahmen, nämlich der Spekulationsgewinne, auch nicht vorübergegangen sind. Nach dem bisherigen Einkommensteuergesetz, das trot/, aller Einschränkungen doch auf dem Grundgedanken der Schanz sehen Theorie beruht, musste die Steuerpflicht der sogenannten einmaligen Einnahmen grund- sätzlich bejaht werden. Sie fielen unter den Sammelbegriff „sonstige Einnahmen** im § 1 1 des bisherigen Gesetzes. Hierunter musste daher auch das Entgelt aus der einmaligen Vermietung eines Klaviers und das einmalige Konzerthonorar eines Industriellen fallen. Lediglich bei den einmaligen Veräusserungsgewinnen war der Umfang der Steuerpflicht entgegen dem Gesetz vom 29. März 1920 durch die Novelle vom 24. März 1921 im § 11 Nr. 5 des bisherigen Gesetzes insofern einge- schränkt, als nur die Spekulationsgewinne steuerpflichtig sein sollten.

Der vorliegende Entwurf bejaht grundsätzlich die Steuerpflicht der einmaligen Einnahmen, indem er nach Aufzählung aller übrigen Einkommensarten im § (> Abs. 1 Nr. 8 die „sonstigen Leistungsgewinne" als steuerpflichtig aufführt, aller- dinge nur nach Massgabe der §§ 41, 42 des Entwurfs, in denen wichtige Einschrän- kungen gemacht worden sind. Danach sollen nämlich nur steuerpflichtig sein einmal Einkünfte aus bestimmten Veräusserungsgeschäften und zweitens sonstige Ein- künfte aus Leistungen einmaliger Art, ζ. Β. der Verdienst, den ein Industrieller aus gelegentlicher schriftstellerischer Tätigkeit oder den jemand aus gelegentlichen Vermittlungen oder aus der Vermietung beweglicher Gegenstände bezieht. Die Freilassung von Einkünften der letztgenannten Art ist nicht angängig, würde auch den Grundsätzen der steuerlichen Leistungsfähigkeit widersprechen. Auf der anderen Seite würde es vom Standpunkt der Verwaltung wie der Pflichtigen zu weit gehen, wenn man alle, auch die geringsten Einkünfte solcher Art versteuern wollte. Sie sollen daher - und darin liegt eine sehr wichtige Einschränkung - steuerfrei sein, wenn die Einnahmen von einem Steuerabschnitt (Kalenderjahr) den Betrag von 500 RM. nicht überstiegen haben. Einkünfte aus Veräusserungs- geschaften - sofern sie nicht solche gewerblicher Art sind oder bei anderen Ein- kommensarten als Einkünfte anzusetzen sind - sollen nur steuerpflichtig sein, wenn es sich um Spekulationsgeschäfte handelt oder wenn durch die Veräusserung eine Verwertungsmöglichkeit unter Umständen ausgenutzt wird, die auf weitere gleichartige Veränderungen schliessen lassen, z. B. wenn ein Besitzer eines grossen Areals, das durch die Ausdehnung einer Grossstadt dieser allmählich nahe gerückt ist, fortgesetzt Teile dieses Areals verkauft, die dann bebaut werden. Einkünfte» aus Spekulationsgeschäften sind schon nach bisherigem Rechte steuerpflichtig (§11 Nr. 5). Wie in den früheren bundesstaatlichen Einkommensteuergesetzen ist die praktische Durchführung dieser Vorschrift auf grosse Schwierigkeiten gestossen, hauptsächlich deswegen, weil aus den nicht feststellbaren inneren Motiven eines Steuerpflichtigen Rückschlüsse auf die Steuerpflicht gezogen werden mussten. In der Inflationszeit suchte man mit Verwaltungsanordnungen zu helfen. Aber auch dadurch konnte die Frage nicht befriedigend gelöst werden. Die Schwierigkeiten sucht der Entwurf dadurch zu überwinden, dass er feste Normen darüber aufstellt, unter welchen Voraussetzungen ein Veräusserungsgeschäft als Spekulationsgeschäft gelten soll, nämlich dann, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräusse- rung bei Grundstücken weniger als 2 Jahre und bei anderen Gegenständen - haupt- sächlich Wertpapieren - weniger als 6 Monate beträgt oder wenn das Geschäft so abgeschlossen ist, dass der Erwerb der Veräusserung zeitlich folgt. Es ist zuzu- geben, dass dadurch Gewinne, die an sich Spekulationsgewinne sind, aus der Ver- steuerung herausfallen. Umgekehrt kann auch einmal ein Gewinn steuerpflichtig werden, der strenggenommen kein Spekulationsgewinn ist; immerhin wird wegen der kurzen Bemessung der Frist (Grundstücke 2 Jahre, sonstige Gegenstände, ins- besondere Wertpapiere, ein halbes Jahr) die Zahl dieser Fälle gering sein. Die vor-

176

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 46: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

£7g Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926.

geschlagene Regelung bietet aber vom Standpunkt der Steuerpflichtigen, die genau wissen, woran sie sind, und vom Standpunkt der Verwaltungsbehörden so grosse Vorteile, dass die geschilderten Nachteile und selbst ein gewisser finanzieller Aus- fall in Kauf genommen werden können. Ebenso wie bei den Gewinnen aus der Ver- äusserung eines Gewerbebetriebs im ganzen soll bei der Versteuerung von Veräusse- rungsgewinnen im Sinne des § 42 Abs. 1 Nr. 1 zur Vermeidung von Härten bis auf •einen Steuersatz von 15 bzw. 10 v. H. ( § 58) herabgegangen werden können. Steuer- frei sind Gewinne aus der Veräusserung von Hausrat und anderen Gegenständen, die der Vermögensteuer nicht unterliegen. Steuerfreiheit besteht ferner, wenn die gesamten in einem Steuerabschnitt (Kalenderjahr) erzielten Gewinne den Be- trag von 1000 RM. nicht übersteigen.

c) Die Behandlung des gewerblichen Gewinns bei physischen Personen und Erwer bsgese llschaf ten.

Eingehend geprüft worden ist die Frage, ob die Besteuerung des gewerblichen Gewinns, gleichviel um welche Unternehmungsform es sich handelt (Einzelfirma, offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft, Gesellschaft m. b. H., Aktien- gesellschaft), einheitlich geregelt werden kann. Nach dem bisherigen Recht haben der Einzelkaufmann und der offene Handelsgesellschafter den auf sie entfallenden Gesamtgewinn, gleichviel ob er thesauriert oder verbraucht oder sonstwie ver- wendet ist, voll zu versteuern; ein Abzug für eigene Tätigkeit ist nicht zugelassen. Die Gesellschaften mit beschränkter Haftung und die Aktiengesellschaften haben nach dem Körperschaftssteuergesetz ebenfalls ihr gesamtes Einkommen zu ver- steuern. Es wurde aber zwischen dem ausgeschütteten und dem nichtausgeschütte- ten Gewinn insofern unterschieden, als das Gesamteinkommen (ausgeschüttetes und nichtausgeschüttetes Einkommen) mit einem festen Satz (20 ν. Η.) besteuert wurde, daneben der ausgeschüttete Gewinn noch mit einer Zusatzsteuer, die zu- letzt 25 ν. Η. betrug. Die Empfänger der Dividenden und Gewinnanteile hatten diese zur Einkommensteuer zu versteuern unter teilweiser Anrechnung der erwähn- ten Zusatzsteuer. Die Gehälter der Geschäftsführer, Vorstandsmitglieder usw. durften ausserdem vom Einkommen abgezogen werden. Es haben sich in der Vergangenheit durch diese verschiedenen Besteuerungsarten sehr auffallende Unterschiede ergeben. Wer es sich leisten konnte, viel zu thesaurieren und wenig auszuschütten, wählte die Form der Körperschaft. Wo der gesamte Gewinn mehr oder weniger zum Verbrauch verwendet wurde, wurde die Form der Einzelfirma oder der offenen Handelsgesellschaft oder der Kommanditgesellschaft bevorzugt. Nun gibt es aber Erwerbszweige, bei denen trotz weitgehender Thesaurierungs- möglichkeit eine persönliche Form des Unternehmens gewählt werden muss, wie ζ. Β. beim Handel, insbesondere beim Ein- und Ausfuhrhandel, und es gibt ander- seits zahlreiche Steuerpflichtige, die zwar keine grosse Thesaurierungsmöglichkeit haben, aus Gründen der Beschränkung der Haftung aber gezwungen sind, sich in eine Gesellschaft mit juristischer Persönlichkeit, wie ζ. Β. eine Gesellschaft mit be- schränkter Haftung, zu kleiden. Es ist erwogen worden, ob man nicht die Unter- nehmungen gleichviel, in welcher Form sie betrieben werden, einheitlich besteuern kann, etwa in der Art, dass die Einzelfirmen, offenen Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften wie Körperschaften, oder umgekehrt, dass die Gesell- schaften mit beschränkter Haftung und Aktiengesellschaften wie offene Handels- gesellschaften besteuert werden. Die Prüfung dieser Frage hat ergeben, dass eine Regelung auf diesem Weg nicht möglich ist. Einzelfirmen, offene Handelsgesell- schaften können nicht wie Körperschaften besteuert werden, weil bei diesen Unter- nehmungsformen niemals mit Sicherheit festgestellt werden kann, was als aus- geschütteter und was als nicht ausgeschütteter Gewinn zu gelten hat, und auch Abzüge für die Tätigkeit des Inhabers oder der Gesellschafter, die ja immer nur fiktive sein können, nicht möglich sind. Ebensowenig können aber auch Aktien- gesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung wie offene Handels- gesellschaften besteuert werden. Hinsichtlich der Aktiengesellschaften bedarf •dies keiner Erläuterung. Aber auch im übrigen würde eine solche Besteuerung neben den technischen Schwierigkeiten insbesondere dem überall anerkannten Grundsatz widersprechen, dass die Gesellschaften mit juristischer PersÖnlich-

176

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 47: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1985/26. Febr. 1926. jyy

keit wegen der Vorteile, die sie den Beteiligten bieten, eine Vorausbelastung verdienen.

Zu diesem Ergebnis ist im wesentlichen auch das Gutachten gekommen, das im September 1924 dem Deutschen Juristentag in Heidelberg über die Frage er- stattet worden ist, ob es erwünscht sei, das Einkommen aus Gewerbebetrieb nach gleichmässigen Grundsätzen ohne Rücksicht auf die Rechtsform, in dem das Ge- werbe betrieben wird, zu besteuern und welche Wege rechtlicher Ausgestaltung sich für eine solche Besteuerung bieten. Eine gleichmassige Regelung der Be- steuerung für die zwei Gruppen von Unternehmungsformen ist von beiden Be- richterstattern ziemlich übereinstimmend abgelehnt worden. Die vom Deutschen Juristentag hierüber aufgestellten gemeinschaftlichen Leitsätze sind als Anlage 1 abgedruckt.

Die sehr wichtige Frage kann nach Ansicht des Entwurfs nur auf andere Weise geregelt werden. In erster Linie dadurch, dass der zu hohe Einkommensteuertarif erheblich herabgesetzt wird. Daraus hatten sich ja gerade die grössten Unter- schiede ergeben, dass ein thesaurierter Gewinn, je nachdem er von einer Körper- schaft oder von einem Einzelkauf mann erzielt war, mit 20 v. H. oder bis zu 60 ν. Η. besteuert wurde. Wenn nunmehr der Tarif auf den Höchstsatz von 33V3 ν. Η. gesetzt wird (vgl. Abschnitt III), so bedeutet das eine erhebliche Milderung des Unterschieds. Ausserdem ist in dem gleichzeitig vorgelegten Körperschaftsteuer- gesetzentwurf vorgesehen, dass der Zuschlag auf die Körperschaftsteuer von den ausgeschütteten Gewinnen fortfallen soll.

Eine Sonderregelung rechtfertigt sich für einen gewissen Kreis von Gesell- schaften mit beschränkter Haftung. Soweit, dass alle Gesellschaften mit beschränk- ter Haftung wie offene Handelsgesellschaften zu behandeln seien, die Doppelbe- steuerung also ganz auszuschliessen sei, oder dass der G. m. b. H. wenigstens das Wahlrecht gegeben werden solle, ob sie sich nach dem Körperschaftsteuergesetz oder nach dem Einkommensteuergesetz besteuern lassen will, glaubte der Entwurf nicht gehen zu sollen. Auch eine Beschränkung auf bestimmte Gesellschaften erschien nicht angängig, etwa solche Gesellschaften, bei denen die Zahl der Gesell- schafter nicht über drei oder nicht über den Familienkreis hinausgeht oder bei denen das Stammkapital einen gewissen Betrag nicht übersteigt. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben deutlich gezeigt, dass es sich gerade bei solchen Unter- nehmungen häufig um sehr leistungsfähige Gesellschaften handelt, bei denen der Ausschluss der Doppelbesteuerung gegenüber anderen Steuerpflichtigen und vom fiskalischen Standpunkt nicht zu vertreten wäre. Schutzbedürftig erscheinen lediglich die G. m. b. H. mit kleinem Gewinn und ohne nennenswerte Thesau- rierungsmöglichkeit. Man denke z. B. an zwei Ingenieure, die, ohne im Be- sitz nennenswerten Vermögens zu sein, sich zwecks Verwertung einer gemein- schaftlichen Erfindung zu einer G. b. m. H. zusammenschliessen und in den ersten Jahren nur geringe Einnahmen erzielen, die sie ganz zu ihrem Lebens- unterhalt verwenden müssen. Den Interessen solcher Kreise wird durch einen Vorzugstarif für die Gesellschaft bei der Körperschaftsteuer und durch eine bevor- zugte Behandlung der Gesellschafter bei der Einkommensteuer (vgl. Abschnitt III) Rechnung getragen.

Unter den gegenwärtigen Verhältnissen konnte auch auf die Besteuerung nach dem Verbrauch als Korrektiv nicht ganz verzichtet werden. Die Vorschriften sind aber gegenüber der Zweiten Steuernotverordnung in bezug auf die Höhe und die Art des Verbrauchs erheblich eingeschränkt worden, so dass nur die wirklich leistungsfähigen Personen durch die Besteuerung nach dem Verbrauch betroffen werden. Auf die Einzelbegründung zu § 49 wird verwiesen.

III. Tarif.

Auf die Bedeutung eines richtigen Tarifs ist bereits in der Einleitung hin- gewiesen worden. Hier ist noch folgendes nachzutragen:

Es ist klar, dass die Tarife, die vor dem Kriege in den einzelnen Bundesstaaten gegolten und mit den Gemeindezuschlägen im allgemeinen 15 v. H. nicht über-

Finanzarchiv. XLIII. Jahrg. 177 12

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 48: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

17g Deutsches lleichseinkommenstouergesetz. Vom 10. Aug. 192ô/lí). Dez. 1925/20'. Febr. îOlm;

stiegen haben, nach dem Kriege angesichts der ungeheueren Lasten, die Deutsch- land auferlegt sind, nicht mehr aufrechterhalten werden konnten oder können. Immerhin muss ein Tarif, wie er im Einkommensteuergesetz vom 29. März 1920 festgelegt ist, als überspannt und für eine stabile Wirtschaft als schlechterdings unerträglich bezeichnet werden. Bezeichnend ist in dieser Richtung, dass der ur- sprüngliche Tarif für die unteren Einkommensteuerstufen niemals gegolten hat, sondern durch die Novelle vom 24. März 1921 schon bedeutend gemildert worden ist. Die oberen Sätze konnten auch nur in der Inflationszeit getragen werden.

Bei der Aufstellung des neuen Tarifs ist neben der Rücksicht auf die not- wendige Neubildung von Kapital der Gesichtspunkt vorangestellt worden, das** überspannte Steuertarife die Steuermoral mehr und mehr untergraben. Sie führen einmal zu unrichtigen Deklarationen. Daneben stehen die nicht minder gefähr- lichen Umgehungen kaufmännischer xVrt, die insbesondere auf betriebstechnischem Gebiet liegen. Dazu gehört z. B., wenn ein Gewerbetreibender den Verdienst nicht im Inland, sondern im Ausland entstehen lässt, wie das etwa dadurch geschieht, dass ein inländischer Betrieb ein Lohn Verhältnis zu einem ausländischen eingeht oder dass mit ausländischen Betrieben, an denen der betreffende Steuerpflichtige ganz oder überwiegend beteiligt ist, Abmachungen in der Weise getroffen werden, dass Rohprodukte u. dgl. zu übermässig hohen Preisen aus dem Ausland bezogen oder Fertigwaren zu ungewöhnlich niedrigen Preisen ins Ausland geliefert werden, so dass dem Inlandbetrieb kein oder nur ein kleiner Gewinn zufliesst, der wirkliche Gewinn vielmehr der ausländischen Gesellschaft zufliesst. Ein Anreiz für solche Transaktionen ist heute um so mehr geschaffen, als gerade die nächstgelegenen Staaten, wie Holland und die Schweiz, den thesaurierten Gewinn völlig unver- steuert lassen und nur noch den ausgeschütteten Gewinn besteuern. Mag auch in einem oder dem anderen Falle mit § 5 der Reichsabgabenordnung eine Besteuerung herbeigeführt worden sein, mag auch der § 33 des Entwurfs in Zukunft vielfach Abhilfe schaffen, zahlreiche Fälle werden nicht zu erfassen sein. Den Schaden davon haben die deutsche Gesamt Wirtschaft und der deutsche Fiskus.

Adolph Wagners Satz, dass eine Einkommensteuer nicht mehr als ein Drittel des Einkommens betragen dürfe, ist heute so richtig wie damals, als er ihn aussprach. Ebenso wie das Ausland, und zwar auch die Staaten, die während des Krieges oder nach dem Kriege sehr hohe Einkommensteuern hatten, langsam aber stetig mit ihren Tarifen zurückgehen, glaubt auch der Entwurf eine erhebliche Senkung der Höchstsätze vornehmen und nicht über 331/3 v. H. hinausgehen zu sollen, wobei aber zu betonen ist, dass in Verbindung mit sonstigen Steuern, wie Grund- und Gewerbesteuern, die Gesamtbelastung noch wesentlich höher ist.

Der Tarif ist in der AVeise aufgestellt, dass von den ersten angefangenen oder vollen 8 000 RM. des Einkommens 10 v. H., für die weiteren angefangenen ' oder vollen 8 000 „ ., 15 .. ., ., ., ,. ..

' .. ., 8 000 !'. ..

„ ., 20 „ .,

„ „ ., .. „ ., 24 000 „ ., „ 25 ., ., » „ „ „ „ „ 50 000 „ „ „ 30 ., .,

für die weiteren Beträge 35 v. H. erhoben werden mit der Massgabe, dass die Steuer ein Drittel des gesamten steuerbaren Einkommens nicht übersteigen darf.

So ist der Höchstsatz von 33 V3 v. H. bei Ledigen bei 582 000 RM. erreicht. Bei einem Einkommen von 15 000 RM. beträgt die Belastung 12,3 'r. H., bei 25 000 RM. 15,4 ν. Η., bei 50 000 RM. 20,4 ν. Η., bei 75 000 RM. 23,6 ν. Η., bei 100 000 RM. 25,3 ν. Η. Alles Nähere ergibt sich aus Anlage 2.

Den Einkommensbeziehern zwischen 8000 und 16,000 RM. ist gegenüber der Zweiten Steuernotverordnung in der Weise Rechnung getragen worden, dass von den 8000, aber nicht 16 000 RM. übersteigenden Beträgen nicht 20 ν. Η., sondern nur 15 v. H. erhoben werden. Der Sprung von 10 auf 20 v. H. bei den über 8000 RM. liegenden Einkommenssätzen ist zu hoch. Eine weitere Senkung, insbesondere eine Steigerung der Einkommensgrenze, bis zu der 10 ν. Η. erhoben werden, ζ. Β. auf 10 000 oder 12 000 RM., ist nicht angängig. Diese würde mit dem Ziel, die Ein- kommensteuer so ertragreich wie möglich zu gestalten, nicht im Einklang stehen. Denn das Schwergewicht ruhte schon vor dem Kriege - ein Blick auf die Statistiken

17S

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 49: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Ang. 1925/] 9. Dez. 1925/26. Febr. 1926. jyg

zeigt das -- nicht bei den grossen, sondern bei den kleinen und mittleren Einkom- men; heute ist dies in noch stärkerem Masse der Fall. Eine Tarifsenkung würde hier untragbare Ausfälle bringen.

Bei den Einkommen bis zu 8000 RM. beträgt der Steuersatz, wie bereits be- tont, grundsätzlich 10 v. H. Damit ist aber selbstverständlich nicht gesagt, dass die prozentuale Belastung des Einkommens stets 10 ν. Η. beträgt. Insbesondere bei den kleinen und kleinsten Einkommen ist sie durch den steuerfrei bleibenden Einkommensbetrag erheblich geringer; weitere Ermässigungen treten durch die prozentualen Abschläge für Ehefrau und Kinder ein. Dadurch wird gerade für die untersten Einkommensstufen eine starke Degression erreicht. Hinsichtlich des steuerfrei bleibenden Einkommens betrage gilt folgendes : Betragen die Einnahmen eines Steuerpflichtigen weniger als 900 RM. jährlich, so wird, gleichviel aus welchen Einkommensarten das Einkommen besteht, keine Steuer erhoben ( § 50 des Ent- wurfs). Dieser Betrag entspricht ungefähr dem Betrag, der beim Arbeitnehmer als steuerfreier Lohnteil (720 RM., vgl. § 70 des Entwurfs) und wegen der Nicht- erhebung von 0,80 RM. monatlich (vgl. § 70 Abs. 4 des Entwurfs) frei bleibt. Bei diesen ganz geringen Einkommen erscheint eine Gleichstellung von Arbeitnehmern und anderen Steuerpflichtigen billig. Beträgt das Einkommen mindestens 900 RM., beträgt es aber nicht mehr als 12 000 RM., so bleibt ein Betrag von 600 RM. frei, womit grundsätzlich auch die im § 17* bezeichneten Sonderleistungen abgegolten sein sollen. Dieser Betrag ist in der Weise errechnet worden, dass von dem steuer- frei bleibenden Lohnbetrage des Arbeitnehmers (720 RM., § 70 Abs. 1) ausgegangen ist. In diesem Betrag sollen Werbungskosten und abzugsfähige Sonderleistungen mit abgegolten sein. Die Absetzungen für Werbungskosten und abzugsfähige Son- derleistungen werden bei Arbeitnehmern mit insgesamt 240 RM., und zwar als auf die beiden Arten je zur Hälfte entfallend, angenommen. Die 720 RM. bleiben bei Arbeitnehmern auch dann steuerfrei, wenn solche Ausgaben überhaupt nicht oder - was besonders häufig ist, denn 240 RM. werden in der grossen Zahl der Fälle nicht erreicht - nicht in entsprechender Höhe vorhanden sind ; sind sie höher, so kann der Arbeitnehmer Erhöhung des steuerfreien Lohnbetrages beantragen ( § 74). Eine Pauschalierung der Werbungskosten bei Einkommen von Nichtarbeit- nehmern erscheint nicht angängig. Daher wird der steuerfrei bleibende Betrag für den Nichtarbeitnehmer um den Betrag von 120 RM. gekürzt, so dass 600 RM. steuerfrei bleiben; darin sind die abzugsfähigen Sonderleistungen bis zu 120 RM. mit abgegolten; sind sie höher, so kann der über 120 RM hinausgehende Betrag der Sonderleistungen - entsprechend der Vorschrift im § 74 - noch besonders abgezogen werden. Die Grenze, bis zu welcher der steuerfreie Betrag von 600 RM. gewährt wird, soll bei 12 000 RM. gezogen werden. Dadurch, dass die erste Tarif - stufe 8000 RM.) um 4000 RM. überschritten wird, werden die Einkommen von 8000 bis 12 000 RM. etwas entlastet. Die Steuer steigt bei diesen Einkommen also weniger stark. Der Abzug des steuerfreien Betrags hat also für die Einkommen von 8000 bis 12 000 RM. etwa die gleiche Wirkung wie die vielfach vorgeschlagene Einführung einer Zwischenstufe von 121/2 ν. Η. Eine Durchstaffelung des steuer- freien Betrags fand früher nicht statt. In Preussen blieben Einkommen bis zu 900 RM. frei. Ueberstieg das Einkommen aber diesen Betrag, so wurde es voll besteuert. Die Gemeinden gingen vielfach erheblich unter diesen Betrag - bis zu 450 RM. - herunter. Das Existenzminimum ist auch im § 26 des bisherigen Gesetzes, in dem übrigens kein bestimmter Einkommensteil freigelassen wurde, sondern die Steuerschuld sich um feste Beträge ermässigte, an bestimmte Ein- kommensgrenzen geknüpft.

Es erscheint zweckmässig, beim Kinderprivileg für die Nichtarbeitnehmer das- selbe System anzuwenden wie bei den Arbeitnehmern, nämlich den prozentualen Abschlag vom 10 v. H.-Satz. Bei beiden Gruppen von Steuerpflichtigen soll sich der Steuersatz für die Ehefrau und für jedes der beiden ersten Kinder um 1 ν. Η. ermässigen. Während bei den Arbeitnehmern die Ermässigung für das dritte und jedes folgende Kind 2 v. H. betragen soll, soll jedoch bei den Nichtarbeitnehmern auch für das dritte und jedes folgende Kind die Ermässigung um nur je 1 ν. Η. eintreten. Eine Vergünstigung für die kinderreichen Arbeitnehmer erscheint in diesem Punkte notwendig. Die Gleichstellung mit den Nichtarbeitnehmern wäre

179

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 50: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

J gQ Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1993/96. Febr. 1926.

hier auch um deswillen nicht vertretbar, weil bei letzteren vielfach die Kinder mit im Betriebe tatig sind. Die Anlage 6 zeigt, wie der Entwurf den kinderreichen Familien beider Gruppen von Steuerpflichtigen viel weiter entgegenkommt, als dies in den bundesstaatlichen Einkommensteuergesetzen der Fall war.

Wegen der übrigen Tarif Vorschriften ( § 50 ff.) wird auf die Einzelbegründung verwiesen.

Mit der Ausgestaltung des Tarifs steht in engstem Zusammenhang die Frage der Steuervergünstigungen und Steuerbefreiungen. Bei dem hohen Tarif der Ver- gangenheit spielte naturgemäss diese Frage eine sehr wesentliche Rolle. Auch neuer- dings sind in dieser Richtung zahlreiche Wünsche geäussert worden. Es handelt sich hierbei insbesondere um die Aufwendungen für den Bau von Kleinwohnungen sowie um die Aufwendungen für die Kultivierung von Moor- und Oedlandflächen. Darüber hinaus werden Wünsche geäussert, alle Aufwendungen aus dem steuer- baren Einkommen von der Steuer freizustellen, die für die Schaffung von Wohn- räumen (z. B. für den Bau von Kontorhäusern oder Villen aller Art, wodurch Woh- nungen frei werden), oder allgemein zu werbenden Zwecken gemacht werden und mittelbar oder unmittelbar zur Hebung der Volkswirtschaft beitragen; ferner werden Vergünstigungen verlangt für wirtschaftlich notwendige und zweckmässige Verbesserungen des Betriebs, für Erweiterungsanlagen, insbesondere, wenn dadurch eine bestehende Arbeitslosigkeit behoben wird, endlich Privilegierung von Anleihen, insbesondere die Freistellung der Zinserträge, sofern die Anleihen für werbende Zwecke aufgenommen werden. Die Reichsregierung hat geglaubt, derartigen Wünschen nicht stattgeben zu können. Die Einkommensteuer soll nach der per- sönlichen Leistungsfähigkeit bemessen werden. Hierbei ist es wohl möglich, gewisse Einkommensarten zu begünstigen oder gewisse Einkommensteile mit Rücksicht auf ihre Herkunft bei der Ermittlung des Einkommens ausser Ansatz zu lassen (vgl. z. B. § 8 des Entwurfs). Dagegen handelt es sich in den genannten Fällen lediglich um die Art der Verwendung des Einkommens; diese Verwendung liegt im freien Ermessen des Steuerpflichtigen und steht mit der steuerlichen Leistungs- fähigkeit in keinem Zusammenhang. Im übrigen sind derartige Wirtschaftsunter- stützungen nicht Aufgabe der Steuergesetzgebung. Wenn die von allen Seiten veranlagte Vereinfachung der Steuergesetze und damit auch der Steuererklärungen wirklich durchgeführt werden soll, so ist notwendige Voraussetzung, dass insbe- sondere das Einkommensteuergesetz nicht mit Sonderregelungen für einzelne wirt- schaftliche Zwecke belastet wird. Alle Sonderregelungen und Sondervergünstigungen stehen einer gleichmässigen Belastung entgegen und erschweren die technische Durchführung des Gesetzes. Die Prüfung im einzelnen Falle, ob die Vorausset- zungen für die Steuerbefreiung gegeben sind, erfordert eine sehr erhebliche un- produktive Verwaltungsarbeit, die in der Vergangenheit mit der Grund für die allen Beteiligten unerwünschte Komplizierung der Durchführung der Steuern gewesen ist. Mit der allerseits geforderten Vereinfachung würden alle derartigen Vorschrif- ten im Widerspruch stehen. Auch die ausländische Gesetzgebung baut die Steuer- privilegien immer mehr ab. Ueberdies würden solche Vergünstigungen im wesent- lichen grösseren und grossen Einkommen zugute kommen. Denn es bedarf keiner näheren Erläuterung, dass Steuerpflichtige, die in der Lage sind, grössere Auf- wendungen für steuerlich begünstigte Zwecke zu machen, in der Regel ein erheb- licheres Einkommen haben. Durch die Freistellung gewisser Aufwendungen würden die jeweils höchsten Hundertsätze der Einkommensteuer in Wegfall kommen; die Einkommensteuer würde sich nicht unbeträchtlich mindern.

IV. Veranlagung und Erhebung. Nach § 29 des bisherigen Einkommensteuergesetzes erfolgt die Veranlagung

für ein Kalenderjahr nach dem Einkommen, das der Steuerpflichtige in diesem Kalenderjahr bezogen hat. Für Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft und Gewerbebetrieb ist bei Steuerpflichtigen, die regelmässig Geschäftsabschlüsse machen, das Wirtschaftsjahr massgebend, wenn dieses vom Kalenderjahr abweicht. Die Veranlagung findet nach Ablauf des Kalenderjahres statt. Der festgesetzte

180

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 51: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches B eichseiukommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/1 9. Dez. 192δ/£6. Febr. 1926. j g j

Steuer betrag ist binnen einem Monat nach Zustellung des Steuerbescheids zu ent- richten. Bis zum Empfang des Steuerbescheids sind auf die Einkommensteuerschuld eines Jahres Vorauszahlungen nach der Höhe des Einkommens des Vorjahres zu leisten (§ 42 b des bisherigen Eink.St.Ges.). Das Reichseinkommensteuergesetz hat sich hiermit dem Prinzip der Veranlagung nach der Vergangenheit angeschlos- sen. Im Gegensatz dazu steht das Prinzip der Veranlagung nach der Gegenwart bzw. Zukunft. Beide Systeme gehen allerdings grundsätzlich von dem Einkommen des Vorjahres aus. Praktisch unterscheiden sie sich aber insofern, als beim ersten Prinzip Aenderungen des Einkommens, die in dem Jahre eintreten, in dem die Steuer veranlagt wird, unberücksichtigt bleiben, während im zweiten Falle davon ausgegangen wird, dass die nach dem Einkommen des Vorjahres berechnete Steuer die Steuer des laufenden Jahres (Veranlagungsjahr) sei, die Entrichtung der vom Einkommen des Vorjahrs berechneten Einkommensteuer sich über das laufende Veranlagungs- oder Rechnungsjahr verteilen und daher Aenderungen des Ein- kommens, die in diesem Jahre, ζ. Β. durch Neuentstehen oder Wegfall einer Ein- kommensquelle, eintreten, berücksichtigt werden müssten. Die früheren bundes- staatlichen Einkommensteuergesetze hatten diese Materie verschieden geregelt. Die Hansestädte hatten das Prinzip der Veranlagung nach der Vergangenheit, Preussen und die nach der preussischen Quellentheorie aufgebauten Einkommen- steuergesetze aller Bundesstaaten das Prinzip der Veranlagung nach der Gegenwart bzw. Zukunft zugrunde gelegt.

Die Frage, ob an dem Prinzip des bisherigen Einkommensteuergesetzes fest- gehalten oder ob eine Systemänderung in der Weise vorgenommen werden soll, dass die nach dem Einkommen des Vorjahres bemessene Einkommensteuer als Ein- kommensteuer für das folgende Jahr gilt, hat neuerdings wieder grössere Bedeutung gewonnen hauptsächlich unter dem Gesichtspunkt, dass den Ländern und Ge- meinden ein Zuschlagsrecht zur Reichseinkommensteuer gegeben werden könne und dass das Zuschlagsverfahren mit dem Prinzip des bisherigen Reichseinkommen - steuergesetzes in der Veranlagungsfrage nicht vereinbar sei. Der Unterschied zwi- schen den beiden Systemen liegt in folgendem:

Nach dem System des bisherigen Einkommensteuergesetzes wird das Ein- kommen des Kalenderjahrs 1928 im Frühjahr 1929 veranlagt. Im Februar, Mai, August und November 1928 werden auf die Einkommensteuer vom Einkommen des Jahres 1928 Vorauszahlungen geleistet, die sich bei der Februarzahlung noch nach der Einkommensteuerschuld für 1926, vom Mai, spätestens vom August ab nach der Einkommensteuerschuld für das Jahr 1927 richten. Diese vier Voraus- zahlungen werden auf die im Frühjahr 1929 festgesetzte Einkommensteuerschuld angerechnet. Je nachdem ob die endgültige Einkommensteuerschuld sich mit der Summe der Vorauszahlungen deckt oder hinter ihr zurückbleibt oder über sie hinausgeht, ist die Einkommensteuerschuld erledigt, oder es ist ein Betrag zurück- zuerstatten, oder es ist ein Betrag als Abschlusszahlung nachzufordern. Bei dem anderen System (sogenannten preussischen System) gilt die vom Einkommen dee Jahres 1927 im Frühjahr 1928 festgesetzte Steuer als Steuer für das Rechnungs- jahr 1928, die in vier Raten am 15. Mai, 15. August, 15. November 1928 und 15. Februar 1929 zahlbar ist und die vom Einkommen des Jahres 1928 im Früh- jahr 1929 festgesetzte Einkommensteuer als Einkommensteuer für das Rechnungs- jahr 1929, die in vier Raten im Mai, August und November 1929 und Februar 1930 f ällig ist.

Ziel einer nach innen und aussen gleich wirkenden Einkommensteuergesetz- gebung muss es sein, für alle Zensiten einen möglichst gleichen Zeitraum als Er- mittlungszeitraum zugrunde zu legen. Solange der Arbeitslohn im Wege des Steuerabzugs, auf den naturgemäss nicht verzichtet werden kann, erfasst wird, würden bei der Systemänderung die Arbeitnehmer auf der einen Seite und die übrigen Zensiten auf der anderen Seite nach dem Einkommen zweier verschiedener Jahre versteuert werden, wobei noch besondere Schwierigkeiten für die Arbeit- nehmer, die über 8000 RM. Einkommen beziehen und neben dem Steuerabzug nachher noch veranlagt werden, eintreten würden. Es würden beispielsweise im Rechnungsjahre 1927 die veranlagten Zensiten das Einkommen des Jahres 1926, die Arbeitnehmer das Einkommen des Jahres 1927 versteuern. In Zeiten schwan-

181

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 52: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

132 Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/l^Dez. 1915/26. Febr. im

kender Wirtschaftsverhältnisse, mit denen vorerst noch gerechnet werden muss, kann das zu recht ungleichen Belastungen der verschiedenen Gruppen von Steuer« Pflichtigen führen. Noch viel ungleichmassiger wird die Belastung, wenn die Höhe des Zuschlags sich ändert. Erhebt z. B. eine Gemeinde 1929 100 ν. Ή., 1930 200 v. H. und 1931 150 ν. Η. als Zuschlag, so ist das Einkommen, das die Lohnsteuer- pflichtigen 1929 bezogen haben, mit 100 v. H., das Einkommen, das die Gewerbe- treibenden 1929 bezogen haben, mit 200 ν. Η. Zuschlag belegt. Dagegen ist das Einkommen, das die Lohnsteuerpflichtigen 1930 bezogen haben, mit 200 ν. Η., das Einkommen, das die Gewerbetreibenden im gleichen Jahre bezogen haben, nur mit 150 ν. Ή. Zuschlag belastet. Ausgleiche würden zwar im Laufe der Zeit ein- treten; im gegebenen Augenblick würden jedoch diese Ungleichmässigkeiten von der jeweils benachteiligten Gruppe ebensowenig verstanden werden wie beispiels- weise bisher von der Landwirtschaft die Zugrundelegung zweier verschiedenen Ernten, je nachdem es sich um buchführende oder nicht buchführende Landwirte handelte, verstanden worden ist, ein Umstand, der dazu geführt hat, jetzt für alle Landwirte das Wirtschaftsjahr vom 1. Juli bis 30. Juni zugrunde zu legen. Dazu kommen dann noch steuertechnische Schwierigkeiten, die sich an folgendem Beispiel zeigen: Wandelt ein Gewerbetreibender (Einzelkaufmann oder offener Handelsgesellschafter) sein Unternehmen in eine Aktiengesellschaft um, deren Direktor er wird, so würde er bei einer Systemänderung in dem auf die Umwand- lung folgenden Jahre doppelte Steuer zahlen, einmal die aus seinem gewerblichen Einkommen für das Rechnungsjahr veranlagte Einkommensteuer und gleichzeitig den Steuerabzug als Direktor der Aktiengesellschaft. Umgekehrt würde der Pro- kurist einer offenen Handelsgesellschaft, wenn er Mitinhaber wird, im nächsten Jahre gar nichts zahlen; denn einmal fällt der Steuerabzug vom Arbeitslohn weg und zweitens liegt eine Veranlagung für ein Vor Jahrseinkommen aus Gewerbe- betrieb noch nicht vor. Alle diese Schwierigkeiten fallen bei der bisherigen Regelung fort. Nach § 97 Abs. 2 des Entwurfs können in solchen Fällen bis zum Empfang des nächsten Steuerbescheids Vorauszahlungen entsprechend dem mutmassHchen gewerblichen Einkommen festgesetzt werden.

Wollte man jetzt eine Systemänderung vornehmen, so würden übrigens wieder die gleichen Uebergangsschwierigkeiten eintreten wie bei Inkrafttreten der Reichs- einkommensteuer in den Jahren 1920/21. Wenn damals ursprünglich das Ein- kommen des Jahres 1920 zweimal zugrunde gelegt werden sollte, so müsste jetzt bei einer erneuten Systemänderung das Einkommen des Jahres 1925 zweimal zugrunde gelegt werden/ Die zweimalige Heranziehung des Einkommens des Jahres 1920 hat sich als undurchführbar erwiesen, und zwar nicht nur wegen der Inflationsverhältnisse, die damals noch ziemlich im Anfangsstadium standen, son- dern auch wegen des damit verbundenen Anreizes für die Steuerpflichtigen, das Einkommen des doppelt herangezogenen Jahres auf erlaubte oder unerlaubte Weise zu mindern. Die zweimalige Heranziehung des Einkommens ein und des- selben Jahres wird auch für 1925 und die nächstfolgenden Jahre noch nicht möglich sein, da dazu die ganzen Wirtschaftsverhältnisse noch nicht genug gefestigt sind. Ueberdies müsste, wenn eine Systemänderung vorgenommen und deshalb das Einkommen eines Jahres zweimal herangezogen würde, die Vorschrift, dass das Einkommen eines Jahres noch für ein weiteres Jahr herangezogen werden soll, erst nach Ablauf des betreffenden Jahres erlassen werden; sonst würde die Gefahr bestehen, dass der Steuerpflichtige das Einkommen dieses Jahres be- sonders zu drücken versuchte. Keineswegs könnte daher vor Ablauf des Jahres 1925 verordnet werden, dass das Einkommen des Jahres 1925 die Grundlage für zwei Steuerjahre bilden soll. Dann bliebe nur noch die Möglichkeit, eine einjährige Lücke eintreten zu lassen, woran aber ernstlich wohl nicht gedacht werden kann.

Es wird nun eingewendet, dass sich das bisherige Veranlagungsverfahren mit einem eventuell kommenden Zuschlagssystem insofern nicht vertrage, als zunächst die Vorauszahlungen mit einem Zuschlag belegt würden und dann zur Abschluss- zahlung ein anderer Zuschlag erhoben würde, nämlich nach dem Verhältnisse der Zuschläge, die im vergangenen Jahre gegolten hätten. Da in diesem Fall eine Ab- rechnung erfolgen müsse, so werde das Kassenverfahren äusserst kompliziert·

18t

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 53: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1125/1 9. Dez. 1925/86. Febr. 1926. jgg

Ausserdem würde damit den Gemeinden die Möglichkeit genommen, ihre Zu- schläge richtig zu treffen, da zu der Zeit, zu der sie solche Beschlüsse fassten, die etwa noch kommenden Erstattungen und Abschlusszahlungen nicht bekannt seien und diese ihre ganze Finanzgebarung erschüttern könnten. Alles das erledige sich, wenn die nach dem Vorjahr festgesetzte Einkommensteuer die Steuer für das laufende Jahr sei. Dann erübrigten sich die Abrechnungen. Die Gemeinden könnten bis Mitte März oder spätestens bis Mitte Juli ihre Zuschlagsbeschlüsse lassen, ohne dem Unsicherheitsfaktor ausgesetzt zu sein, plötzlich vor dem Eingang grosser Abschlusszahlungen oder voi der Notwendigkeit grosser Rückerstattungen zu stehen. Dem ist folgendes entgegenzuhalten:

Wenn man den Grundsatz, dass die nach dem Einkommen des Vorjahre fest- gesetzte Steuer, die in vier Raten fällige Einkommensteuer des laufenden Jahres sein soll» ganz konsequent durchführt, so ist dies Verfahren allerdings unzweifelhaft einfacher. Wenn also z. B. die Steuer des Einkommens 1927 Anfang Mai 1928 auf 1 00 000 RM. festgesetzt wird, so ist diese Steuer im Mai, August und November 1928 und Februar 1929 in vier gleichen Raten zu zahlen. Tatsächlich liegen die Verhält^ nisse jedoch so, dass dies Prinzip nicht konsequent durchgeführt werden kann. Es trifft nun einmal nicht zu, dass sich der einzelne Steuerpflichtige die Steuer vom jeweils bezogenen Einkommen zurücklegt, er zahlt sie vielmehr erst aus dem Einkommen des Jahres, in dem die Steuer angefordert wird. Wenn also im laufen- den Jahre wesentliche Aenderungen in seinen Einkommensverhältnissen eintreten, so werden diese berücksichtigt werden müssen. Der Steuerpflichtige wird vor- stellig werden und unter Darlegung seiner Verhältnisse einen Ermässigungsantrag stellen. Ein solcher Ermässigungsantrag muss sehr genau geprüft werden, da, wenn ihm stattgegeben wird, es sich um die endgültige Aufgabe einer Steuer handelt. Selbstverständlich können diese Prüfungen nur auf Vermutungen beruhen, da nie- mand die endgültige Gestaltung des Jahreseinkommens vor Ablauf des Jahres genau kennen kann. Es kann also nicht behauptet werden, dass Aenderungen nicht mehr eintreten, nachdem die Steuer einmal festgesetzt ist. Solche Aende- rungen der Einkommensverhältnisse wurden bereits im preussischen Einkommen· steuergesetz und den ihm nachgebildeten Gesetzen berücksichtigt und müssen heute, wo die wirtschaftlichen Verhältnisse noch überaus schwankend sind und «ich insbesondere bei grösseren Zensiten die Einkommensziffern von Jahr zu Jahr er- heblich ändern, noch mehr berücksichtigt werden. Auf der anderen Seite dürfte es auch übertrieben sein, wenn man behaupten wollte, dass bei dem geltenden System in jedem einzelnen Falle eine Rückzahlung oder Erstattung erfolgen müsste. Die Vorauszahlungen im laufenden Jahre sollen grundsätzlich die endgültige Einkom- mensteuerschuld decken. Tatsächlich haben sie diese Funktion noch nie erfüllt, da seit Inkrafttreten des Reichseinkommensteuergesetzes die Inflation von Jahr zu Jahr fortschritt und daher die nach dem Einkommen des Vorjahrs festgesetzten Steuerbeträge in der Regel weit hinter der Steuerschuld des folgenden Jahres zu- rückblieben. Bei der Rückkehr zu geordneten Wirtschaftsverhältnissen werden diese Schwankungen für die Mehrzahl der kleinen Zensiten nicht mehr so gross sein, so dass angenommen werden kann, dass für eine grosse Anzahl von Fällen die Vorauszahlungen die endgültige Steuerschuld decken werden. Auch die son- stigen Schwierigkeiten, die sich bei dem anderen System, wie oben geschildert, ergeben, fallen bei dem geltenden System fort. Dem Grundgedanken, dass jemand die jeweils ihm auferlegte Steuer aus dem laufenden Einkommen zahlt, wird durch das System der Vorauszahlungen vollauf Rechnung getragen. Sie bemessen sich allerdings nach der Steuerschuld des Vorjahrs. Den Aenderungen im laufenden Jahre kann jedoch im Rahmen der §§ 97, 98 des Entwurfs durch Erhöhung oder Stundung der Vorauszahlungen Rechnung getragen werden. Diese Erhöhungen und insbesondere Minderungen sind aber etwas ganz anderes als die Ermässigungen der laufenden Steuer beim anderen System. Denn während es sich dort um di^ endgültige Aufgabe einer Steuer handelt, bei der der Fiskus sehr vorsichtig handeln muss, wenn er nicht zu Unrecht einen endgültigen Schaden erleiden will, ist eine Ermässigung der Vorauszahlungen viel weniger gefährlich, weil der Steuerpflioh«· tige am Schlüsse des Jahres veranlagt wird und von ihm alles das, was er weniger vorausgezahlt hat, als die veranlagte Steuer beträgt, nachgefordert wird, so das»

m

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 54: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Jg4 Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926,

das Interesse an einer allzustarken Senkung der Vorauszahlungen für ihn regel- massig gar nicht so gross sein wird.

Hieraus ergibt sich, dass der Ausgangspunkt der Verfechter des preussischen Veranlagungssystems unrichtig ist, weil eine konsequente Durchführung ihres Systems nicht möglich ist. Mag vielleicht bei dem sogenannten preussischen System die Zahl der Fälle, die wieder aufgenommen werden müssen, etwas geringer sein als bei dem Reichssystem, so steht doch so viel fest, dass der geringeren Kassen- belastung bei ersterem eine geringere Belastung der Veranlagungsbehörden bei letzterem gegenübersteht. Denn wenn nach dem geltenden System durch das Abrechnungsverfahren die Kassen mehr in Anspruch genommen werden, so werden nach dem preussischen System die Veranlagungsbehörden viel starker belastet; aus den oben geschilderten Gründen werden die Ermässigungsanträge bei ihnen in viel grösserem Umfang eingehen als die Anträge auf Minderung der Voraus- zahlungen; ferner müssen die Anträge auf Ermässigung der Steuer viel gründlicher geprüft werden als die Anträge auf Minderung der Vorauszahlungen. Die Vorteile des preussischen Systems sind somit keineswegs so überwiegend, dass ihm der Vor- zug zu geben ist. Schwerwiegende Gründe sprechen vielmehr, wie oben dargelegt, für die Beibehaltung des geltenden Systems. Dass auch bei diesem System die Zuschläge praktisch durchführbar sind, ist im Entwurf eines Finanzausgleich - gesetzes und in der Begründung dazu noch näher dargelegt. Hier mag nur noch betont werden, dass kein geringerer als Fui s ting in seinem Buch „Einkommens- besteuerung der Zukunft" (Berlin 1903, S. 73 ), obwohl es auch damals ein Zuschlags- recht der Gemeinden gab und die Probleme somit ähnliche waren wie heute, gegen das preussische System folgendes geschrieben hat:

„Für die Beseitigung aller im vorstehenden erörterten Missstände erscheint als der geeignetste Weg die Zugrundelegung des Einkommens des letzten Jahres

. vor der Veranlagung. Den für die Ermittlung des Einkommens in jeder Beziehung massgebenden Zeitabschnitt bildet ausschliesslich das letzte Vorjahr - Kalender- jahr oder je nach der Art der Ertragsquellen Wirtschafts- oder Betriebsjahr - mit seinen abgeschlossenen wirklichen Ergebnissen. Die weiter rückwärts liegende Vergangenheit bleibt ganz ausser Betracht, und die Zukunft - das bevorstehende Steuerjahr, für welches die Veranlagung erfolgt - ist nur insoweit zu berück- sichtigen, als es sich um Ermässigung der tarifmässigen Steuersätze aus besonderen, gesetzlich anerkannten Billigkeitsgründen handelt. Die nach den Ergebnissen des letzten Jahres bemessene Steuer wird also nachzahlungsweise (postnumerando) im folgenden Jahre, dem Steuererhebungsjahre, entrichtet. Dieser in den Grund- zügen (§§ 50, 122) näher beschriebene Weg ist so einfach und natürlich, dass die jetzigen künstlichen und verwickelten Einrichtungen sich nur aus Liebhaberei für das Hergebrachte erklären lassen/4

Das geltende Gesetz legt das Einkommen in dem vergangenen Kalenderjahr oder in dem an dessen Stelle tretenden Wirtschaftsjahr zugrunde. Nach § 10 des Entwurfs ist massgebend

1. bei Steuerpflichtigen, die Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft be- ziehen, das Wirtschaftsjahr vom 1. Juli bis 30. Juni (ohne Rücksicht darauf, ob sie Buch führen oder nicht),

2. bei Vollkaufleuten das Wirtschaftsjahr, für das sie Abschlüsse machen. 3. bei den übrigen Steuerpflichtigen das Kalenderjahr. Die Gründe für die Regelung zu 1 sind in der Begründung zum Steuerüber-

leitungsgesetz eingehend dargelegt. Auf sie kann verwiesen werden. Die Regelung zu 2 und 3 entspricht dem bisherigen Gesetz. Dem vielfach vorgetragenen Wunsch, für Vollkaufleute wieder zur dreijährigen Durchschnittsbesteuerung zurückzukeh- ren, kann wenigstens im gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht stattgegeben werden, denn die Jahre 1922- 1924 sind dafür jedenfalls ungeeignet. Die Frage wird, wenn erst einmal mehrere Jahre ruhiger Wirtschaft rückwärts liegen, erneut geprüft werden können. Es sei aber darauf hingewiesen, dass auch das Ausland in steigen- dem Masse von der dreijährigen Durchschnittsbesteuerung abkommt. So sind insbesondere in England in den letzten Jahren schwere Bedenken gegen die Auf- rechterhaltung dieser Vorschrift geltend gemacht worden.

184

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 55: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches ReichseÍDkomniensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926. jg^

Den Zeitraum, der der Ermittlung des Einkommens zugrunde gelegt wird (1-3) und der gleichzeitig den Erhebungszeitraum bildet, nennt der Entwurf ein- heitlich Steuerabschnitt (§ 10 Abs. 1).

Wie verfahren werden soll, wenn bei einem Steuerpflichtigen mehrere Ein- kommensarten für die vorstehenden Steuerabschnitte massgebend sind, ist im § 10 Abs. 2 geregelt. Auf die Einzelbegründung wird verwiesen.

Dass die Einkommensteuer nach Ablauf des Zeitraums, der der Berechnung des Einkommens zugrunde gelegt wird, also des Steuerabschnitts, veranlagt wird (§ 25 Abs. 1), ist bereits dargelegt. Insofern besteht auch Uebereinstimmung mit dem bisherigen Recht ( § 29 Abs. 1 Satz 2 des bisherigen Gesetzes). Ein Unterschied besteht nur darin, dass nach bisherigem Rechte, da stets erst nach Ablauf eines Kalenderjahrs veranlagt wurde, der Pflichtige, der auf den 31. März 1921 abge- schlossen hatte, seine Steuererklärung ebenso im Februar oder März 1922 abzugeben hatte, wie der, der erst am 31. Dezember 1921 abgeschlossen hat, und beide grund- sätzlich auch zur selben Zeit den Steuerbescheid zugestellt bekamen, während nach dem Entwurf, je nachdem, ob der Steuerabschnitt mit dem Kalenderjahr zu- sammenfällt bzw. in der zweiten Hälfte eines Kalenderjahres endet oder ob er in der ersten Hälfte eines Kalenderjahrs endet, die Steuer nach Ablauf des Kalender- jahrs oder nach Ablauf des ersten Kalenderhalbjahrs veranlagt wird. Dadurch wird vermieden, dass die Spanne zwischen Abschlusstag und tatsächlicher Veran- lagung allzu gross ist (vgl. § 18 des bisherigen Körperschaftsteuergesetzes und Be- gründung zum Steuerüberleitungsgesetz).

Hinsichtlich der Entrichtung der Steuer ist im wesentlichen an den Grund- sätzen des bisherigen Rechts festgehalten worden. Die Steuer wird nach Ablauf des Jahres durch Veranlagungsbescheid eingefordert; die nach der Steuerschuld des Vorjahrs entrichteten Vorauszahlungen werden angerechnet. Die beiden Ein- kommensarten, bei denen sich Roheinkommen und Reineinkommen im wesent- lichen decken, nämlich Arbeitslohn und Kapitaleinkommen, werden an der Quelle durch Steuerabzug besteuert. Wegen des Steuerabzugs vom Arbeitslohn wird auf Abschnitt V, wegen des Steuerabzugs vom Kapitalertrag auf Abschnitt VI verwiesen.

V. Der Steuerabzug vom Arbeitslohn.

In den früheren Einkommensteuergesetzen der einzelnen Bundesstaaten unter- lag die Besteuerung des Arbeitslohns den gleichen Vorschriften wie das übrige Ein- kommen, d. h. die Steuer wurde im Wege der Veranlagung festgesetzt und war dann binnen einer bestimmten Zeit nach Zustellung des Steuerbescheids in Teilbeträgen zu zahlen. Bei diesem Verfahren haben sich viele Unzuträglichkeiten eingestellt. Die im Steuerbescheid festgesetzte Steuer bezog sich auf das Einkommen des ver- gangenen Jahres. Die grosse Masse der Arbeitnehmer ist nun aber einmal nicht in der Lage und gewillt, die auf ihr jeweils bezogenes Einkommen entfallende Steuer zurückzulegen. Es ist daher vorgekommen, dass an den Zahlungsterminen das er- forderliche Geld nicht vorhanden war. Gutwillige Steuerzahler suchten sich mit der Steuerbehörde auf der Grundlage einer Reihe kleiner und kleinster Teilzah- lungen zu einigen. Bei anderen wiederum musste das Beitreibungsverfahren ein- geleitet werden, was Lohnpfändungen u. dgl. zur Folge hatte. Dass bei diesem Verfahren, ganz abgesehen von der Verärgerung, die in den beteiligten Kreisen ent- stand, bei der grossen Masse der in Frage kommenden Personen auch sehr namhafte Beträge für den Fiskus ausfielen, war selbstverständlich. Deshalb wurde in dem Entwurf eines Reichseinkommensteuergesetzes, der am 29. November 1919 der Nationalversammlung vorgelegt wurde, für die Besteuerung des Arbeitslohns das Steuerabzugsverfahren vorgeschlagen (vgl. Begründung S. 40, 63 Nç. 1624 der Drucksachen der Nationalversammlung). Hier war jedoch noch an dem Grund- gedanken, dass, wie alle übrigen Einkommensteuerpflichtigen, auch die Arbeit- nehmer am Schluss eines jeden Jahres veranlagt werden müssten, festgehalten. Die 10 v. H. des Arbeitslohns, die in jedem Falle und ohne Berücksichtigung des Familienstandes einzubehalten waren, sollten lediglich Abschlagszahlungen auf die endgültig zu veranlagende Einkommensteuer darstellen und die Entrichtung

185

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 56: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

j gg Deutsches Reiehseinkommenstenergesetz. Vom 10. Aug. 1926/19. Dez. 19*5/26. Febr. 1938.

der veranlagten Steuer erleichtern. Je nachdem bei der endgültigen Veranlagung mehr oder weniger herauskam, als durch Steuerabzug einbehalten war, sollte eine Nachforderung oder Erstattung nach Ablauf des Jahres, in dem das Einkommen bezogen war, eintreten. Im Steuerausschuss der Nationalversammlung, dem der Entwurf überwiesen wurde, wurden die Gründe, die für und gegen das Steuerabzuge- verfahren sprechen, eingehend erörtert (S. 52-56 des Berichts des 10. Ausschusses über den Entwurf eines Reichseinkommensteuergesetzes, Nr. 2149 der Drucksachen der Nationalversammlung). Es standen sich hier zwei Meinungen schroff gegenüber. Die eine sprach sich für das Steuerabzugs verfahren aus : Einmal bekomme das Reich durch dieses Verfahren schnell und regelmässig Geld. Zweitens komme dadurch das überaus lästige Beitreibungs verfahren fast gänzlich in Fortfall; würde an dem früheren System der Entrichtung der Steuer nach Ablauf des Jahres festgehalten, so würde die Zahl der Beitreibungsverfahren ins Ungemessene steigen, weil die Sätze der künftigen Einkommensteuer viel höher als bisher sein müssten und die Arbeiter, wenn sie ihren Lohn wöchentlich empfingen, aus wirtschaftlichen Gründen es nicht würden ermöglichen können, die Steuer mit den für die Zukunft in Betracht kom- menden hohen Beträgen vierteljährlich zurückzulegen und zu zahlen. Der dritte grosse Vorteil sei, dass man durch nahezu völlige Beseitigung des Beitreibungsver- fahrens eine grosse Anzahl von Beamten spare. Die andere Auffassung bekämpfte das Steuerabzugsverfahren. Die Gründe waren im wesentlichen die, dass dem Arbeitgeber grosse Lasten auferlegt würden, dass die Steuerpflichtigen mit den Steuerbehörden in ein umständliches Abrechnungsverfahren hineinkämen und dass der Steuerabzug zu einer allgemeinen Verteuerung führen würde insofern, als er auf den Lohn aufgeschlagen würde, daher auch gar nicht den eigentlich steuer- pflichtigen Arbeitnehmer, sondern den Arbeitgeber treffen würde. Die erste Auf- fassung siegte, und das Steuerabzugsverfahren wurde in der Vorlage des Entwurfs Gesetz. Durch die Novelle vom 21. Juli 1920 (R.G.B1. S. 1463) wurde eine Berück- sichtigung der individuellen Verhältnisse in der Weise eingeführt, dass für den Steuerpflichtigen 125 RM. monatlich und für die Ehefrau und jedes minderjährige Kind je 40 M. monatlich in Abzug gebracht werden durften. Ausserdem wurde der Steuerabzug zur Anpassung an den Tarif bis zu 55 ν. Η. herauf gestaffelt. Im übrigen blieb es bei dem System des Einkommensteuergesetzes. Für das Kalender- jahr 1920 ist der Arbeitslohn noch veranlagt worden; auf die Steuerschuld wurde der Steuerabzug vom Arbeitslohn (Abschlagszahlung) angerechnet. Nach der No- velle vom 24. März 1921 (R.G.B1. S. 313) betrug der Steuerabzug wieder einheitlich 10 v. H. ; die Staffelung wurde aufgegeben. Die vom Bruttolohn abzugsfähigen Be- träge wurden geändert. Während bisher für den Steuerpflichtigen 125 M. monat- lich und für Frau und Kinder je 40 M. monatlich abzugsfähig waren, durften nun- mehr für den Steuerpflichtigen und seine Ehefrau 100 M. monatlich und für jedes minderjährige Kind 150 M. abgesetzt werden. Die Novelle vom 11. Juli 1921 brachte die wichtige Aenderung, dass der Steuerabzug vom Arbeitslohn die end- gültige Einkommensteuer (also nicht mehr eine Abschlagszahlung) darstellt, sofern der Arbeitslohn den Betrag von 24 000 M. nicht überschreitet. Ausserdem wurde das System in der Weise umgestellt, dass nicht mehr vom Bruttolohn gewisse Be- träge abgezogen wurden und von dem verbleibenden Rest 10 ν. Η. einbehalten wurden, sondern dass vom Arbeitslohn 10 ν. Η. einbehalten wurden und dieser Be- trag von 10 ν. Η. sich um feste Beträge nach dem Familienstand und einen Betrag zur Abgeltung der Werbungskosten ermässigte (für den Steuerpflichtigen und seine Ehefrau je 10 M. monatlich, für jedes Kind 15 M. monatlich, zur Abgeltung der Werbungskosten 15 M. monatlich). Auf dieser Grundlage ist auch der Arbeitslohn über 24 000 M. für das Kalenderjahr 1921 veranlagt worden. Die Novelle vom 20. Dezember 1921 brachte wiederum insofern eine wesentliche Aenderung, als ent- sprechend, dem System in dem Gesetz vom 21. Juli 1921 vom Bruttolohn keine Beträge mehr in Abzug gebracht werden durften, dagegen die Steuer von 10 ν. Η. des Arbeitslohns für den Steuerpflichtigen und seine Frau um je 20 M. monatlich, für jedes minderjährige Kind um 30 M. monatlich und für Werbungskosten um 45 M. monatlich ermässigt wurde. Die Einkommensgrenze, bis zu der der Steuer- abzug die endgültige Einkommensteuer darstellen sollte, wurde für 1922 auf 50000 Mark erhöht. Diese Grenze ist aber ebensowenig praktisch geworden, wie die durch

136

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 57: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkomiuensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1915/19. Des. 1925/26. Febr. 1 3 2β. £gy

die Novelle vom 20. Juli 1922 eingeführte Grenze von 100 000 M. Praktisch wurde vielmehr die Novelle vom 23. Dezember 1922, in der die Einkommensgrenze, bis zu der der Steuerabzug die endgültige Einkommensteuer darstellt, auf 400000 M. erhöht wurde; für 1922 wurden also Arbeitslöhne bis zu 400 000 M. nicht veranlagt. In der Novelle vom 20. Juli 1922 wurden gleichzeitig die Beträge, um die sich die Steuer ermässigte, auf je 200 M. für den Steuerpflichtigen und seine Frau, auf 1000 M. für jedes minderjährige Kind und auf 1000 M. für Werbungskosten festgesetzt. Die Aenderungen im Laufe des Jahres 1923 beschränkten sich darauf, dass in 19 Verordnungen, die schliesslich vom Oktober 1923 ab sich wöchentlich ablösten, die Beträge, um die der Steuerabzug ermässigt wurde, entsprechend der Steigerung des Lebenshaltungsindex, immer weiter erhöht wurden, zuletzt durch Verordnung vom 20. Dezember 1923, und zwar für die Zeit vom 21. bis 31. Dezember 1923 auf je 103,68 Milliarden M. für den Steuerpflichtigen und seine Ehefrau, auf 691,2 Mil- liarden M. für jedes minderjährige Kind, auf 864 Milliarden M. für Werbungskosten.

Die Reichsregierung hat, als sie die Zweite Steuernotverordnung ausarbeiten liess, geglaubt, an dem System des Steuerabzugs vom Arbeitslohn festhalten zu müssen, das Verfahren selbst aber in einer Reihe wichtiger Punkte grundlegend geändert. Während, wie bereits erwähnt, vordem vom Arbeitslohn in jedem Falle 10 v. H. erhoben und der sich dabei ergebende Steuerbetrag abgestuft nach der Zahl der Familienangehörigen und zur Abgeltung der Werbungskosten um feste Markbeträge ermässigt wurde, ist in der Zweiten Steuernotverordnung einmal ein steuerfreier Lohnbetrag, der gleichzeitig der Abgeltung der Werbungskosten dient und monatlich 50 RM., im Jahre also 600 RM. beträgt, und zweitens das prozen- tuale Abzugsverfahren eingeführt worden derart, dass nicht mehr in jedem Falle 10 v. H., sondern nur von dem unverheirateten Steuerpflichtigen 10 ν. Η. und für jeden zum Haushalt gehörigen Familienangehörigen im Sinne des Einkommen- steuergesetzes 1 ν. Η. weniger abgezogen werden. Einem verheirateten Arbeit- nehmer mit zwei minderjährigen Kindern, der 200 RM. monatlich bezieht, werden also 7 v. H. von 150 RM = 10,50 RM. monatlich abgezogen. Das Markenkleben ist nur noch für Arbeitgeber, die nicht mehr als 3 Arbeitnehmer beschäftigen, zu- gelassen und im übrigen das Ueberweisungsverfahren bindend vorgeschrieben. Die Arbeitgeber haben die Steuerabzugsbeträge dreimal monatlich bis zum 5., 15. und 25. abzuführen und lediglich einmal im Monat, und zwar mit der Abfüh- rung am 5., eine Bescheinigung des Inhalts auszustellen, dass der für den vergange- nen Monat einbehaltene Betrag mit dem abgeführten Betrag übereinstimmt. Die. Üeberweisungsblätter, die nach Gemeinden, in denen die Arbeitnehmer wohnen, unter Angabe von Namen und Adresse der Arbeitnehmer, der gezahlten Löhne und der einbehaltenen Steuerabzugsbeträge früher vierteljährlich auszustellen waren, eind jetzt nur noch am Beginn eines Jahres für das vergangene Jahr aufzustellen, pas geschah hauptsächlich für die Durchführung des Finanzausgleiche. Für 1923 ist, ebenso wie übrigens auch für 1924, auf die Einreichung der Ueberweisungs- blätter und sonstigen Steuerabzugsbelege verzichtet worden.

Die Reichsregierung war jetzt von neuem vor die Frage gestellt, ob sie dieses Verfahren beibehalten oder es durch ein anderes ersetzen sollte. Im Parlament und in Wirtschaftskreisen sind die Klagen über den Steuerabzug vom Arbeitslohn in der Zeit vor Einführung der Rentenmark niemals verstummt. Immer und immer wieder ist geltend gemacht worden, dass die Unternehmer mit unproduktiver Arbeit belastet würden, dass der Steuerabzug nicht den Arbeitnehmer, sondern den Arbeit- geber treffe u. dgl. Noch im Anschluss an die Verabschiedung des Geldentwer- tungsgesetzes hat der Reichstag eine Entschliessung angenommen, in der die Reichsregierung ersucht wurde, dem Reichstag einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Besteuerung des Einkommens, insbesondere von Lohn- und Gehalts- empfängern, auf eine neue gerechte und die Erhebung der Steuer vereinfachende Grundlage stellen sollte. Zur Begründung war damals angeführt worden, dass es mit Rücksicht auf die Ueberlastung sowohl der Aemter als auch der privaten Be- triebe durch unproduktive Arbeit beim Steuerabzug erforderlich sei, neben dem Gesichtspunkt der Gerechtigkeit auch den der Einfachheit obwalten zu lassen und dass es zu erwägen wäre, ob nicht eine Arbeitgebersteuer eingeführt werden könne, ^twa dahingehend, dass der Arbeitgeber seinerseits einen gewissen Prozentsatz der

187

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 58: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Jgg Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. VomlO. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926.

von ihm gezahlten Monatslöhne als seine Steuer abführt. Zur Kürzung des Lohnes seiner Arbeitnehmer sollte er dann nicht berechtigt sein.

Vom Standpunkt der Vereinfachung wäre eine solche Steuer allerdings un- bedingt zu begrüssen. Der Arbeitgeber könnte sie, da er auf die persönlichen Ver- hältnisse, insbesondere auf die Familienverhältnisse des Arbeitnehmers, keine Bücksicht zu nehmen hätte, ebenso leicht errechnen, wie die Steuerbehörde sie nachprüfen könnte; der Arbeitnehmer bliebe äusserlich ganz unbeteiligt.

Abgesehen hiervon sind aber die Bedenken, die gegen eine „Arbeitgebersteuer" sprechen, so gewichtig, dass die Reichsregierung nicht in der Lage ist, dieser An- regung näher zu treten. Es bestehen zwei Möglichkeiten. Entweder stellt die Arbeitgebersteuer den Ersatz für die Einkommensteuer der Arbeitnehmer dar, oder sie bestehen beide nebeneinander.

1. Wenn die Arbeitgebersteuer in der Weise gedacht ist, dass sie den Ersatz für die Besteuerung des Arbeitslohns der Arbeitnehmer darstellt, so würde die grössere Zahl der Steuerpflichtigen im Deutschen Reiche einkommensteuerfrei bleiben. Die Gesamtzahl der Steuerpflichtigen kann gegenwärtig auf ungefähr 28 Millionen geschätzt werden. Davon sind rund drei Viertel, also etwa 21 Millionen Arbeitnehmer. Selbst wenn man eine Anzahl der höher bezahlten Arbeitnehmer in die Gruppe derjenigen, die veranlagt werden, mit hereinnähme, so würde noch der bei weitem grössere Teil der Gesamtzahl der Steuerpflichtigen zu einer direkten Steuer überhaupt nicht mehr herangezogen werden. Ein solcher Zustand muss au» staatspolitischen und ethischen Gründen aufs entschiedenste abgelehnt werden. Bei der ungeheuren Bedeutung, die die Steuerbelastung als Ganzes gesehen und innerhalb dieses Gesamtkomplexes wieder die Verteilung von direkten und indirek- ten Steuern für das Deutsche Reich gegenwärtig hat und noch lange haben wird, erscheint es nicht angängig, den grösseren Teil der Staatsbürger aus dem einen Teil der Belastung, nämlich aus den direkten Steuern, ganz herauszulassen. Der Einwand, dass auch schon nach dem gegenwärtigen System der Steuerabzug nicht vom Arbeitnehmer, sondern vom Arbeitgeber getragen werde, ist nicht stichhaltig. In gewissem Sinne wird volkswirtschaftlich schliesslich jede Steuer überwälzt oder wenigstens der Versuch dazu gemacht; ob und inwieweit es gelingt, ist eine andere Frage. Sie hängt von der Konjunktur, von Angebot und Nachfrage auf dem Ar- beitsmarkt und anderen Dingen ab. In Zeiten wirtschaftlichen Hochgangs, in denen die Nachfrage des Arbeitgebers das Angebot des Arbeitnehmers überwiegt, mag e» durchaus richtig sein, dass die Steuer auf den Arbeitslohn aufgeschlagen wird. Das würde aber in gleichem Masse der Fall sein, wenn der Arbeitnehmer wie die übrigen Steuerpflichtigen seine Steuer auf Grund von Veranlagung und Steuerbescheid bezahlt. Berücksichtigt würde sie bei den Tarifverträgen u. dgl. auch in diesem Falle; ob sie schliesslich in die Hände des Staates gelangen würde, wäre eine andere Frage. In Zeiten wirtschaftlicher Depression dagegen, in denen Arbeiterentlassungen erfolgen und Arbeitsgelegenheit gesucht wird, kommt ein Hinzuschlagen der Steuer betrage, gleichviel ob es sich um eine veranlagte oder eine an der Quelle er- hobene Steuer handelt, nicht in Frage. Durch die Konkurrenz der Arbeitnehmer stellt sich der Arbeitslohn allein nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten ein. Es· kann also keine Rede davon sein, dass der Arbeitnehmer nach dem gegenwärtigen System die Steuer nicht trägt. Dadurch, dass die Höhe des Steuerabzugs auf indi- viduelle Verhältnisse, insbesondere auf den Familienstand abgestellt ist, kommt dies noch besonders deutlich zum Ausdruck. Alles das würde wegfallen, wenn die Arbeitgebersteuer eingeführt würde.

Der Eindruck der Ungleichmässigkeit in der steuerlichen Behandlung der verschiedenen Bevölkerungsschichten würde denkbar gross sein, denn während ein Arbeitnehmer mit einem Einkommen von z. B. 2400 RM. nun keine Einkommen- steuer mehr zahlen würde, würden andere Kreise, z. B. Rentner mit 1800 RM. Einkommen, zur Einkommensteuer herangezogen werden. Der Gedanke, etwa alle Steuerpflichtigen mit Einkommen bis zu der Grenze, innerhalb deren das Ein- kommen der grossen Masse der Arbeitnehmer liegt, frei zu lassen, ist mit Rücksicht auf den damit verbundenen erheblichen Ausfall an Steuern nicht durchführbar. Wollte man aber diesem Einwand gegenüber den Gegeneinwand machen, dase der Arbeitnehmer ja in Form der Arbeitgebersteuer seine Steuer gezahlt habe, so würde

188

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 59: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsche» Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926. j gg

man zu völlig unmöglichen Ergebnissen kommen, denn dann würde, da der Arbeit- geber von allen Löhnen einen bestimmten einheitlichen Prozentsatz abzuziehen hätte/der Arbeitnehmer mit mehreren Kindern gegenüber dem unverheirateten Arbeitnehmer stark benachteiligt sein, weil der durch den höheren Familienstand bedingten geringeren Leistungsfähigkeit dann nicht Rechnung getragen wäre.

Schliesslich würde eine Arbeitgebersteuer auch mit dem gegenwärtigen Be- steuerungsrechte der Gemeinden unvereinbar bleiben. Es braucht nur darauf hin- gewiesen zu werden, dass in Gemeinden Lohnsummensteuern, die nichts anderes sind als die Arbeitgebersteuer, als Gewerbesteuern oder als Teil der Gewerbe- steuern erhoben werden.

2. Dächte man aber daran, neben der Arbeitgebersteuer den Arbeitslohn wieder nach dem früheren Verfahren, also durch Veranlagung zur Steuer, heran- zuziehen, so würden alle Bedenken, die stets gegen die Veranlagung der Arbeit- nehmer bestanden haben, im verstärkten Masse wieder aufleben. Gerade bei den durch die jetzigen Wirtschaftsverhältnisse bedingten Löhnen würden vielfach grössere Steuerbeträge nachträglich nicht mehr gezahlt werden; es müsste zur zwangsweisen Beitreibung kommen. Auch die Zahl der Beamten müsste wieder erheblich höher werden. Solange die Steuerabzugsbeträge nur Abschlagszahlungen auf die Einkommensteuer, die doch veranlagt werden müsste, darstellten, mögen die im Steuerausschuss der Nationalversammlung vorgebrachten Argumente, dass das Steuerabzugsverfahren eine Verminderung der Beamtenzahl nicht zur Folge haben werde, berechtigt gewesen sein. Seitdem der Steuerabzug aber bei dem weitaus grösseren Teile der Arbeitnehmer die endgültige Einkommensteuer dar- stellt, fällt die grosse Masse der Pflichtigen aus dem Veranlagungsverfahren heraus. Das hat ohne Zweifel eine Verringerung des Beamtenapparats zur Folge. Ausser- dem können sich die Finanzämter, wenn die grosse Masse der Arbeitnehmer aus dem Veranlagungsverfahren ausscheidet, viel eingehender der Veranlagung der leistungsfähigen Steuerpflichtigen widmen. Diese zweifellos sehr erheblichen Vorteile würden fortfallen, wenn wieder allgemein zur Veranlagung der Arbeit- nehmer zurückgekehrt würde.

Beachtlich wäre nur die Frage, ob den Arbeitgebern durch das geltende System so viel unproduktive Arbeit aufgebürdet wird, dass sie ihnen billigerweise nicht zugemutet werden kann. Das muss verneint werden. In den Zeiten der Inflation, in denen die Ermässigungsbeträge für den Steuerpflichtigen, seine An- gehörigen und Werbungskosten in immer kürzeren Zeiträumen, schliesslich sogar wöchentlich, geändert wurden, mag die Belastung nicht mehr erträglich gewesen sein. Seit der Rückkehr zur stabilen Verhältnissen kann aber die Arbeitsbelastung nicht mehr als unerträglich bezeichnet werden. Die Arbeit wird im wesentlichen im Anschluss an die Berechnung und Zahlung der Versicherungsbeiträge geleistet. Der steuerfreie Lohnbetrag und der im einzelnen Falle anzuwendende Prozentsatz sind feststehende Beträge, die Berechnung des Steuerabzugs macht keine besondere Mühe. Nicht mehr mit der einzelnen Abführung, sondern nur einmal im Monat braucht eine Bescheinigung darüber ausgestellt zu werden, dass der abgeführte Betrag mit dem einbehaltenen Betrag übereinstimmt. Das Markenkleben ist fast ganz in Fortfall gekommen, die früher vierteljährlich einzureichenden Ueberwei- sungsblätter usw. sind jezt nur noch einmal im Jahre einzureichen. Für die Jahre 1923 und 1924 ist, wie bereits erwähnt, von deren Einreichung abgesehen worden. Von übermässigen Belastungen kann also keine Rede mehr sein. Das wird auch von den einsichtigen Kreisen der Wirtschaft durchweg anerkannt.

Durch die Zweite Steuermilderungs Verordnung vom 10. November 1924 (R.G.B1. 1 S. 737) ist der Steuerabzug vom Arbeitslohn unter Beibehaltung des seit dem 1. Januar 1924 bestehenden Systems in einzelnen wesentlichen Punkten gemildert worden. Diese in der Hauptsache für die niedrigsten Lohneinkommen sich auswirkenden Erleichterungen bestehen in folgenden zwei Punkten:

1. Der steuerfreie Lohnbetrag betrug vom Beginn des Kalenderjahrs 1924 ab monatlich 50 RM., also jährlich 600 RM. Wenn man bedenkt, dass vor dem Krieg z. B. in Preussen ein Einkommen bis zu 900 M. steuerfrei war und damals die Le- bensführung erheblich billiger war, so müsste der Betrag von 600 RM. als reichlich niedrig bezeichnet werden. Bei der Zweiten Steuernotverordnung konnte man

189

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 60: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

I9Q Deutsche« Reieksemkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez.lS25/2t>. Febr. 19*»;.

noch nicht darüber hinausgehen, weil man damals die wirtschaftliche Entwicklung noch nicht übersehen konnte und jede Steuerquelle auf das äusserste ausgeschöpft werden musste. Inzwischen hatten sich jedoch die wirtschaftlichen Verhältnisse etwas geändert. Das gesamte Lohnniveau ist etwas gestiegen. Eine Erhöhung um 75, also von 600 RM. auf 720 RM. jährlich, erschien unter diesen Umständen ver- tretbar. Es ist daher durch die obenerwähnte Verordnung der steuerfreie Lohn- betrag erstmalig für den Monat Dezember 1924 von 50 RM. auf 60 RM. erhöht, worden. Diese Freigrenze von nunmehr 60 RM. monatlich bleibt nach wie vor durchgestaffelt und kommt daher allen Arbeitnehmern zugute.

2. Nach den bisherigen Steuerabzugs bestimmungen wurde der unter Berück- sichtigung des steuerfreien Lohnbetrags und der Ermässigung nach dem Familien - stände bemessene Lohnabzug auf den nächsten durch 5 Pf. teilbaren Betrag nach unten abgerundet. Diese Erhebung auch der kleinsten Beträge hatte zur Folge, dass auch Lohnsteuerpflichtige, die einen Arbeitslohn bezogen, der nur wenig über der Freigrenze lag, noch zur Steuer herangezogen wurden. Um hier eine Erleichte- rung zu schaffen, wurde in der Zweiten Steuermilderungsverordnung bestimmt. dass der auf den Arbeitslohn entfallende Steuerbetrag nicht erhoben wird, wenn ei 0,80 RM. monatlich (0,20 RM. wöchentlich) nicht übersteigt.

Die Wirkung der Massnahmen zu 1 und 2 ist, dass folgende Beträge steuerfrei bleiben:

pjj ^.^ -ta S ·♦* S -« 2 -^ S -taU ·*> S +» £ £« Se Z£ ££ 2g 2£ 55 23 55 .sp £« s& Se su Z£ si ££ si 2g s* 2£ si 55 si si s?

'S 'S» *3^ eM "S 14 '«« '» M 'S M "®W '«W J fis fi* fi« fi« fi* fi* fi· fi*· *~ ►•g >* >i ►•g >·§ '-·§ ►■g >·§ ►■§

lOv.H. 9v.H. 8v.H. 7v.H. 6v.H. δν.Η. 4v.H. 3v.H. 2y.H. lv.H.

a) Monatlich . . . 68,49 69,44 70,62 72,14 74,16 76,99 81,24 88,88 102,49 144,»» b) Wöchentlich . . 17,49 17,77 18,12 18,67 19,16 19,99 21,24 28,33 27,49 39,99 c) Täglich .... 2,99 3,05 8,12 3,21 3,33 3,49 3,74 4,16 4,99 7,49 d) Zweistündlich . 1,09 1,15 1,22 1,31 1,43 1,59 1,84 2,26 3,09 5,59

Aufs Jahr umgerech- net besteht Steuer- ; I freiheit nach Um- ; j reehnung des Wo- | j I ! chenlohns unter b ι

loh^Ms^U /und *". 875,00 889,00 906,00 929,00 958,00 1000,00 1062,00 1167,00 1375,00 2000,00

Es ergibt sich aus dieser Uebersicht, dass einmal der steuerfreie Lohnbetrag in allen Fällen sich um 120 RM. jährlich, also auf 720 RM. jährlich, erhöht und dass dann für die ganz kleinen Lohnempfänger durch die Nichterhebung der Kleinbeträge eine weitere Begünstigung eintritt, und zwar abgestuft nach dem Familienstand: Je mehr Kinder ein Steuerpflichtiger hat, desto grosser ist die Begünstigung.

Mit diesen Aenderungen, die erstmalig bei Lohnzahlungen, die für eine im Dezember 1924 erfolgte Dienstleistung gewährt werden, Anwendung fanden, gilt der Steuerabzug nach Art. I § 3 der Zweiten Steuermilderungsverordnung auch über den 31. Dezember 1924 hinaus bis zu einer anderweitigen Regelung der Ein- kommenbesteuerung. Um jedoch den kinderreichen Familien nach Möglichkeit entgegenzukommen, sieht der Entwurf des Steuer Überleitungsgesetzes vor, dass künftig die Ermässigung nach dem Familienstand, die bisher für die zur Haushal- tung des Steuerpflichtigen zählende Ehefrau und seine minderjährigen Kinder - mit Ausnahme der Kinder, die über 17 Jahre alt sind und eigenes Arbeitseinkommen beziehen - je 1 v. H. beträgt, künftig für das dritte und jedes weitere zu berück- sichtigende minderjährige Kind nicht mehr je 1 v. H., sondern je 2 v. H. betragen soll. Nach diesen in Aussicht genommenen Massnahmen ergibt sich folgender ein- zu behaltender Hundertsatz :

190

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 61: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches ReieheeiökommeneteuergeeeU. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1985/26. Febr. 1926. ] Q J

a) Ν a c h dem bisherigen Rechtszustand.

Zahl der minder- verheirateter lediger oder verwit- jährigen Kinder Arbeitnehmer weter Arbeitnehmer

- ! 9v.H. 10 ν. Η. 1 ! 8 ., ! 9 ., 2 j 7 ., I 8 ., 3 i 6 „ 7

.,

.. 4 ! 5 ., 6 „ 5 ! 4 .. 5 , 6 I 3 ., 4 ., 7 i 2 „ 3 „ 8 ; 1 ., i 2 ., 9 j ----- i 1 „

10 j _ |

b) Nach der in Aussicht genommenen Regelung.

Zahl der minder- verheirateter lediger oder verwit- jährigen Kinder Arbeitnehmer weter Arbeitnehmer

0 | 9v. H. 10 ν. Η. 1 8 ., j 9 „ 2 7 .. ! 8 „ 3 i 5 ., ! 7 .,

'

4 | 3 ., i 4 ., 5 ! 1 .,

., I 2

.,

., 6 ; 7 !

Die Auswirkung der geplanten Massnahmen ist, dass folgende Beträge steuer- frei bleiben:

Φ CD &&&£&&<&&

M Isl ha Is! is! lai s-| 13 ! M I - | S | S I 5 I S 10 ν. H. 9 ν. Η. 8 ν. Η. 7 ν. Η. 5 ν. Η. 3 ν. Η. 1 ν. Η.

a) Monatlich 68,49 69,44 70,62 72,14 76,9:> 88,33 144,99 b) Wöchentlich 17,49 17,77 18,12 18,57 19,99 23,33 39,99 C) Täglich 2,99 3,05 3,12 3,21 3,49 4,16 7,49 d) Zweistündlich ! 1,09 1,15 1,22 1,31 1,59 2,26 5,59 Aufs Jahr umgerechnet besteht I Steuerfreiheit nach Umrech- nung des Wochenlohns unter b bei einem Arbeitslohn bis zu ι rund I 875,00 889,00 906,00 929,00 1000,00 1367,00 20C0,CO

191

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 62: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

1 92 Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1926/19. Dez. 1926/36. Febr. 192«.

Es unterbleibt demnach bei verheirateten Arbeitnehmern mit 6 und mehr minderjährigen Kindern der Steuerabzug vom Arbeitslohn, und zwar ohne Bück- sicht auf die Höhe des Arbeitslohns. Dagegen bleibt bei Arbeitnehmern, die mehr als 8000 RM. jährlich Arbeitslohn beziehen, die Verpflichtung zur Leistung von Vorauszahlungen für die 2000 RM. vierteljährlich übersteigenden Beträge selbst- verständlich unberührt. Man ersieht daraus, wie der steuerfrei bleibende Betrag und der prozentuale Familienabschlag sich gerade bei den unteren Einkommen- stufen als starke Degression des Tarifs auswirken und zu einer erheblich geringeren Belastung als 10 ν. Η. führen.

Es besteht für die Reichsregierung kein Anlass, an dem gegenwärtigen System der Besteuerung des Arbeitslohns Aenderungen vorzunehmen. Der Entwurf schlägt deshalb vor, das System des Steuerabzugs, insbesondere das in der Zweiten Steuernotverordnung eingeführte Verfahren, einen bestimmten Betrag des Lohnes frei zu lassen und den Steuersatz nach dem Familienstand abzustufen, das sich auch in der Praxis bewährt hat, auch künftig beizubehalten. Bezüglich einzelner, nicht grundsätzlicher Aenderungen wird auf die Sonderbegründung verwiesen.

VI. Der Steuerabzug vom Kapitalertrag.

Die im Jahre 1920 eingeführte Kapitalertragsteuer stellte eine zehnprozentige Vorausbelastung des Einkommens aus Kapitalvermögen dar. Im Interesse einer sicheren Erfassung wurde sie weitgehend an der Quelle durch Einbehaltung und Abführung seitens des Zinsschuldners erhoben. Sie beruhte auf dem an sich rich- tigen Gedanken, dass das Einkommen aus Kapitalvermögen eine Sonderbelastung vor dem den Zufälligkeiten des Fortbestandes und der Dauer der Arbeitskraft aus- gesetzten unfundierten Einkommen rechtfertige. Je weiter die Geldentwertung Fortschritt, desto unhaltbarer wurde aber die Vorausbelastung, bis durch das Geld- entwertungsgesetz vom 20. März 1923 das Kapitalertragssteuergesetz vorläufig suspendiert wurde und nur die Kapitalertragssteuer von den Dividenden in die Körperschaftsteuer auf die ausgeschütteten Gewinne hineingearbeitet wurde. Durch die Zweite Steuernotverordnung wurde der Steuerabzug vom Kapitalertrag bei Dividenden und Zinsen wertbeständiger Anleihen eingeführt, aber nicht als Vorausbelastung des Kapitaleinkommens, sondern lediglich als Vorauszahlung auf die Einkommensteuer, also als eine Belastung nicht ausserhalb, sondern innerhalb der Einkommensteuer. Die endgültige Feststellung sollte der gesetzlichen Rege- lung nach Ablauf des Jahres 1924 vorbehalten bleiben.

Wie die Verhältnisse jetzt liegen, erscheint es nicht angängig, eine Voraus- belastung des Einkommens aus Kapitalvermögen, also die ehemalige Kapitaler- tragssteuer, wieder einzuführen. Das Kapitalvermögen ist durch die Inflation im grössten Umfange verloren gegangen. Es wird sich erst langsam wieder bilden. Dieser Prozess muss aus volkswirtschaftlichen Gründen gefördert werden. Jeden- falls wäre eine Vorausbelastung unter den gegenwärtigen Umständen nicht zu rechtfertigen, wobei die Frage offen bleibt, ob nicht später, wenn wieder geordnete Wirtschaftsverhältnisse eintreten, eine Vorausbelastung wieder in Frage kommen kann.

Unabhängig davon ist die Frage der Erhebung an der Quelle in Form des Steuerabzugs vom Kapitalertrag, wie dies bereits für bestimmte Kapitalerträge nach der Zweiten Steuernotverordnung gilt. In Uebereinstimmung mit der aus- ländischen Steuergesetzgebung, in der das Kapitaleinkommen ebenfalls, und zwar nicht als Vorausbelastung, sondern im Rahmen der allgemeinen Einkommensteuer an der Quelle, d. h. beim Schuldner besteuert wird, glaubt auch der Entwurf, auf diese Erhebungsform nicht verzichten zu können. Das Kapitaleinkommen ist, wie das in der Begründung zum Kapitalertragssteuergesetz ausgeführt worden ist, immer das Einkommen gewesen, das sich wegen der Beweglichkeit des Kapital- vermögens am leichtesten der Besteuerung entziehen kann. Im Interesse einer gleichmässigen Erfassung aller Steuerpflichtigen erscheint die Erhebungsform an der Quelle unentbehrlich. Sie soll gelten für Dividenden von Aktiengesellschaften und Gewinnanteile von sonstigen Erwerbsgesellschaften, für Zinsen aus Anleihen

192

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 63: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926. ^93

und für Einkünfte aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesell- schafter. Im Kapitalertragssteuergesetz war der Kreis der dem Steuerabzug unterliegenden Kapitalerträge noch weiter gezogen, insbesondere allgemein auf alle Hypothekenzinsen ausgedehnt; doch hat sich dies Verfahren nicht bewährt. Schwierigkeiten, die sich bei den Kontrollarbeiten ergeben, haben dem Vorteil für den Fiskus nicht entsprochen ; überdies werden Hypothekenzinsen wegen der Ein- tragung der Hypotheken im Grundbuch noch verhältnismässig am zuverlässigsten deklariert. Bekennt man sich aus den eben angegebenen Gründen zu der Form des Steuerabzugs vom Kapitalertrag, so muss dieser aber auch konsequent durch- geführt und darf nicht auf individuelle Verhältnisse abgestellt werden. Denn da dem Schuldner die Prüfung der individuellen Verhältnisse seines Gläubigers nicht überlassen werden kann, muss erst er einmal ausnahmslos den Steuerabzug vor- nehmen. Eine Berücksichtigung individueller Verhältnisse würde dann zur Folge haben, dass ein Erstattungsantrag gestellt und geprüft wird, alsdann würde ge- gebenenfalls eine Rückzahlung vorzunehmen sein. Die Erfahrungen der Ver- gangenheit haben gelehrt, dass das nicht angängig ist. Der Verwaltungsapparat wird in einer geradezu unerträglichen Weise erschwert, wenn jeder derartige An- trag genau geprüft und jeder noch so geringfügige Betrag erstattet werden muss. Will man eine Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse im einzelnen Falle zulassen, so muss man auf das Verfahren der Erhebung an der Quelle verzichten und sich mit Deklarationen der Gläubiger begnügen. Das wiederum würde dem Fiskus erhebliche Ausfälle bringen, zumal man mit einer langsamen Erholung der gesamten Volkswirtschaft, mit Neubildung von Kapital und dementsprechend auch im Laufe der nächsten Jahre wiederum mit einer Erhöhung des Kapitaleinkommens rechnen muss. Unter diesem Gesichtspunkt führt das Verfahren des Steuerabzugs ■zu zwei Folgerungen:

1. die an der Quelle gekürzten Kapitalerträge müssen steuerpflichtig sein ohne Rücksicht darauf, ob der Gläubiger zu den im Inland unbeschränkt einkommen- steuerpflichtigen Personen gehört oder nicht. Wie Einkommen aus inländischem Grundvermögen oder aus inländischem Gewerbebetrieb werden daher diese Kapi- talerträge auch der beschränkten Steuerpflicht unterworfen. Die Aktie, die Obli- gation oder das Anleihestück ist der Gegenstand, dessen Einkommen als aus dem Inland fliessend (§ 3 Abs. 1 des Entwurfs) der Steuerpflicht im Inland unterliegen soll. Der gleichen Regelung begegnet man im Ausland. Auch dort ist, wie bereits erwähnt, der Steuerabzug nur eine Erhebungsform im Rahmen der allgemeinen Einkommensteuer. Die Steuer wird auch dann nicht erstattet, wenn der Gläubiger im Ausland wohnt und nicht zu den in dem betreffenden Lande unbeschränkt ein- kommensteuerpflichtigen Personen gehört. So ζ. Β. zieht Amerika die Steuer von Zinsen amerikanischer Wertpapiere auch dann ab und erstattet sie nicht, wenn der Gläubiger ein Deutscher ist und nicht in Amerika wohnt. Ebenso sind die Zinsen englischer Anleihen in England auch dann belastet, wenn die Anleihe einem in Deutschland wohnenden Deutschen gehört. Es ist allerdings die Frage aufge- worfen worden, ob man im Hinblick darauf, dass Deutschland gegenwärtig auf die Aufnahme ausländischer Kredite angewiesen sei, nicht die sogenannten Auslands- anleihen von dem Steuerabzug ausnehmen müsse. Es wird geltend gemacht, dass sich der Ausländer den 10%igen Abzug nicht gefallen lasse, vielmehr die vollen Zinsen verlange, so dass schliesslich der deutsche Schuldner die Steuer tragen müsse. Dem ist folgendes entgegenzuhalten: Zunächst würden solche Anleihen, deren Ver- zinsung ja dann um 10 ν. Η. höher wäre als die der Inlandsanleihen, deren Zinsen um die 10 v. H. gekürzt werden, wenigstens zum Teil an die inländischen Märkte zurückfiiessen und von Deutschen aufgekauft oder unmittelbar im Ausland von Deutschen gekauft werden. Die Inlandsanleihen würden dadurch zugunsten der Auslandsanleihen disqualifiziert werden. Da das unmöglich verantwortet werden könnte, müsste man dann auf den Steuerabzug vom Kapitalertrag überhaupt ver- zichten. Der Steuerabzug kann aber im Hinblick darauf, dass Kapitaleinkommen sich erfahrungsgemäss am leichtesten der Besteuerung entzieht, nicht entbehrt werden; aus diesem Grunde wird er ja auch im Auslande mehr und mehr aus- gedehnt. Würde Deutschland den Steuerabzug vom Kapitalertrag auch nur vor- übergehend ausser Kraft setzen, so würde seine spätere Wiedereinführung auf ver-

Finanzarchiv. XLIII. Jahrg. 193 13

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 64: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

J 94 Deutsches Reichseinkommeneteuergeeetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926 *

stärkte Schwierigkeiten stossen. Es kann auch nicht eingewendet werden, dass der deutsche Gläubiger die Zinsen solcher Auslandsanleihen doch auch deklarieren und voll versteuern müsse. Der Umstand, dass die Zinsen zunächst ungekürzt ausgezahlt werden, verleiht solchen Anleihen aber einen anderen Charakter als denen, bei denen der Steuerabzug vorgenommen wird. Die Behauptung, dass das Ausland sich den Steuerabzug nicht gefallen lasse, schlägt auch nicht durch. Denn ein Amerikaner muss sich auch bei englischen Anleihen den Abzug gefallen lassen und umgekehrt. Da das Einkommensteuergesetz für die Dauer berechnet ist, muss auch berücksichtigt werden, dass dereinst auch Deutschland wieder im Ausland unter den gleichen Bedingungen Anleihen aufnehmen kann, wie sie sonst im Aus- lande üblich sind. Zu diesen Bedingungen gehört auch der Steuerabzug vom Kapi- talertrag. Grundsätzlich muss also am Steuerabzug vom Kapitalertrag unter- schiedslos festgehalten werden. Wie auf andere Steuern muss sich die Wirtschaft grundsätzlich auch auf diese Steuer einstellen. Um jedoch in besonderen Fällen den notwendigen Interessen der Gesamtwirtschaft Rechnung zu tragen, soll der Reichsminister der Finanzen ermächtigt werden, mit Zustimmung des Reichsrats und eines Ausschusses des Reichstags in begrenztem Umfange für Zinsen sogenannte ausländischer Anleihen Steuerbefreiung zu gewähren. Es wird auf die Einzel- begründung zu § 110 verwiesen.

2. Soll das Steuerabzugsverfahren funktionieren, so muss auch sonst auf Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse verzichtet werden. Daher muss einmal ohne Rücksicht auf die Höhe des Einkommens der Steuerabzug vom Kapital- ertrag endgültig sein. Zweitens können aber auch die Befreiungsvorschriften des § 3 des Kapitalertragssteuergesetzes nicht wieder aufgenommen werden. Sie haben seinerzeit das Verfahren bei der an sich einfachen Kapitalertragsteuer nahezu lahmgelegt. Dieser Zustand darf sich nicht wiederholen. Lediglich dann soll der Steuerabzug vom Kapitalertrag unterbleiben, wenn Schuldner und Gläubiger die gleiche Person sind (§ 84 des Entwurfs). Wegen des Verfahrens bei den Schachtel- gesellschaften wird auf § 25 des Körperschaftsteuerentwurfs und die Begründung dazu verwiesen.

B. Im einzelnen.

Zu § 1. Der § 1 entspricht dem § 1 des bisherigen Gesetzes.

Zu § 2. Während § 2 des bisherigen Einkommensteuergesetzes die beschränkte und

die unbeschränkte Steuerpflicht zusammen regelt, behandelt sie der Entwurf ge- trennt, und zwar die unbeschränkte Steuerpflicht in § 2, die beschränkte Steuer- pflicht in § 3.

Das bisherige Einkommensteuergesetz unterscheidet zwischen Deutschen und Nichtdeutschen. Deutsche sind nach dem bisherigen Gesetz unbeschränkt ein- kommensteuerpflichtig, es sei denn, dass sie sich länger als 2 Jahre dauernd im Ausland aufhalten, ohne im Inland einen Wohnsitz zu haben; bei Nichtdeutschen ist die unbeschränkte Steuerpflicht an den Wohnsitz oder den gewöhnlichen Auf- enthalt geknüpft. Die zweijährige Fortdauer der Steuerpflicht bei Deutschen stammt aus dem preussischen Einkommensteuergesetz und den ihm nachgebildeten Einkommensteuergesetzen mancher Bundesstaaten; sie galt aber nicht in den Hansestädten. Der Entwurf lässt diese Vorschrift fallen und stellt dadurch Deutsche und Nichtdeutsche einander gleich. Er erfüllt damit nicht nur eine Forderung der Wissenschaft, die in der Beziehung zwischen Steuergläubiger und Steuerschuldner das Rechtsband der Staatsangehörigkeit (nationale Zugehörigheit zum Steuer- gläubiger) durch das persönliche territoriale (Wohnsitz, Aufenthalt) oder sachliche territoriale (Belegenheit) Rechtsband ersetzt sehen möchte (vgl. H e η s e 1, Steuer- recht S. 50), sondern trägt auch den berechtigten Wünschen der dem Auslands- deutschtum nahestehenden Kreise Rechnung, die Vorschriften über die persönliche

194

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 65: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommenstenergeeetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926. JQtj

Steuerpflicht so zu gestalten, dass Deutsche nicht veranlagst werden, entweder von der Auswanderung überhaupt abzusehen oder, wenn sie ausgewandert sind, die deutsche Staatsangehörigkeit aus steuerlichen Gründen aufzugeben. Ab- gesehen hiervon empfiehlt sich die Aufhebung der Steuerpflicht aber noch aus einem anderen Grunde. Schon in dem bisherigen Gesetz war die Fortdauer der Steuerpflicht dadurch stark eingeschränkt, dass nach § 55 Abs. 1 Satz 2 des bis- herigen Einkommensteuergesetzes in Verbindung mit § 21 des Steuerfluchtgesetzes auf Antrag eine Freistellung von der unbeschränkten Steuerpflicht erfolgen musste, wenn die Auswanderung im deutschen Interesse lag oder die Ablehnung des Antrags eine ausserordentliche Härte dargestellt haben würde. Nach sehr umständlichen Ermittlungen erfolgte insbesondere durch Einfluss der Rechtsprechung des Reichs- finanzhofs doch meist Freistellung.

Die Voraussetzungen für die Begründung und die Dauer der Steuerpflicht sind also nunmehr bei Deutschen und Nichtdeutschen die gleichen, nämlich der Wohn- sitz oder der gewöhnliche Aufenthalt. Das bisherige Einkommensteuergesetz unterscheidet in § 2 Nr. 1 2 zwischen einem gewöhnlichen Aufenthalt des Erwerbs wegen oder von länger als 6 Monaten. Diese Unterscheidung gibt der Entwurf auf und bezeichnet als gewöhnlich den Aufenthalt, der länger als 6 Monate dauert. Durch einen gewöhnlichen Aufenthalt des Erwerbs wegen allein kann somit die unbeschränkte Steuerpflicht nicht mehr begründet werden. Diese Vorschrift hatte schon in der Vergangenheit vielfach zu Härten und für die allgemeine Wirtschaft unerwünschten Folgerungen insofern geführt, als ζ. Β. ausländische Einkäufer, die sich 4 Wochen im Inland aufhielten, während dieser 4 Wochen unbeschränkt steuerpflichtig wurden, also nicht nur mit den hier erzielten Einkünften, sondern auch mit ihrem gesamten sonstigen Einkommen. Das in solchen Fällen im Inland erzielte Einkommen wird künftig lediglich in der beschränkten Steuerpflicht (§3) erfasst. Zur Erfassung des übrigen Einkommens besteht kein Anlass.

Von dem Grundsatz, dass Deutsche und Nichtdeutsche gleichgestellt werden, ist nur eine Ausnahme gemacht, nämlich bei Beamten des Reichs, der Länder und Wehrmachtsangehörigen, die ihren dienstlichen Wohnsitz im Ausland haben. Sie sollen in jedem Falle unbeschränkt steuerpflichtig sein. Bei diesen Personen muss das besondere Treue- und Pflicht Verhältnis, in dem sie zum Steuergläubiger (Reich und Länder) stehen, als ein auch die Steuerpflicht dauernd ergreifendes engstes Rechtsband angesehen werden (H e n s e 1 S. 50). Einer etwaigen Doppelbesteue- rung wird durch die Vorschrift des § 9 des Entwurfs vorgebeugt, wonach bei Aus- landsbeamten das Einkommen steuerfrei bleibt, das von dem Staate besteuert wird, in dessen Gebiet sie ihren dienstlichen Wohnsitz haben.

Nach dem Reichsbahngesetz vom 30. August 1924 (R.G.B1. II S. 275) sind die Stellen der Deutschen Reichsbahn- Gesellschaft keine Behörden oder amtlichen Stellen des Reichs. Sie behalten jedoch die öffentlich-rechtlichen Befugnisse im gleichen Umfang, wie sie bisher den Stellen des Unternehmens „Deutsche Reichs- bahn" zustanden. Die Rechte und Dienstverhältnisse der Bediensteten der Gesell- schaft werden durch die Personalverordnung geregelt, die von der Reichsbahn- Gesellschaft erlassen ist. In dieser Personalverordnung werden den Reichsbahn- beamten an Diensteinkommen, Wartegeldern, Ruhegehältern und Hinterbliebenen- versorgung die Ansprüche gewährleistet, die sie als Reichsbeamte hatten. Nach § 6 des Reichsbahn-Personalgesetzes vom 30. August 1924 (R.G.B1. II S. 288)

. haben die Reichsbahnbeamten für ihre Vertretung gegenüber der Gesellschaft die gleichen Rechte und Pflichten, wie sie gesetzlich für die Reichsbeamten gegenüber der Reichsverwaltung gelten. Da die Stellung der Reichsbahnbeamten der Stellung der Reichsbeamten sich stark annähert, müssen die Reichsbahnbeamten auch hin- sichtlich der Besteuerung den Reichsbeamten gleichgestellt werden. Das gleiche gilt für die Reichsbankbeamten (Bankgesetz vom 30. August 1924 II S. 236), bei denen die rechtlichen Verhältnisse durch ein vom Direktorium erlassenes besonde- res Beamtenstatut geregelt worden sind, in dem den Beamten der Reichsbank die Rechte der Reichsbeamten gewahrt und die Pflichten der Reichsbeamten auferlegt worden sind.

Bisher waren auch die im Dienste der Auslandsbeamten stehenden Deutschen steuerpflichtig. Es handelt sich hier nicht um Bedienstete der Auslandsbehörden,

195

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 66: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

196 Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug 1926/19. Dez. 1925/26 Febr. 1926.

sondern um persönliche Bedienstete der Auslandsbeamten, also um Hausangestellte und sonstige Personen. Solche Personen sind nach dem bisherigen Gesetz mit ihren geringen Bezügen steuerpflichtig. Die finanzielle Bedeutung dieser Vorschrift ist stets ausserordentlich gering gewesen; sie hat lediglich dazu geführt, dass es den Auslandsbeamten erschwert war, deutsches Personal einzustellen, weil durch den Diensteintritt die unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland begründet wurde. Daher soll nach dem Entwurf die Vorschrift wegfallen1).

Zu § 3. Der § 3 enthält die beschränkte persönliche Steuerpflicht, die im bisherigen

Gesetz im § 2 Nr. II geregelt ist. Die beschränkte Steuerpflicht war bisher auf Einkommen aus inländischem Grundvermögen, aus inländischem Gewerbebetrieb, aus einer im Inland ausgeübten Erwerbstätigkeit und aus solchen regelmässig wiederkehrenden Bezügen und Unterstützungen abgestellt, die aus inländischen öffentlichen Kassen mit Rücksicht auf eine gegenwärtige oder frühere Dienst- leistung gewährt werden. Diese Vorschriften sind im § 3 Abs. 2 Nr. 1-5, 11 ent- halten. Inländischer Gewerbebetrieb ( § 3 Abs. 2 Nr. 2) soll nicht nur vorliegen, wenn im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird, sondern auch wenn ein ständiger Vertreter bestellt ist; in dieser Beziehung ist ein Grundsatz des Körper- schaftsteuerrechts in das Einkommensteuerrecht übertragen. Als Betriebsstätte ist jede örtliche Anlage oder Einrichtung anzusehen, die der Ausübung des Gewerbe- betriebes dient. Ausser dem Hauptsitz eines Betriebes gelten hiernach als Betriebs- stätten: Zweigniederlassungen, Fabrikationsstätten, Verkaufsstellen, Kontore, Wa- renlager, Läden und sonstige zur Ausübung des Gewerbes durch den Unternehmer selbst, den Geschäftsteilhaber, Prokuristen oder andere Vertreter unterhaltene Geschäftseinrichtungen. Wenn aber z. B. ein Inländer Maschinen unmittelbar aus dem Ausland gekauft hat und der Verkäufer die Maschinen im Inland vielleicht in einer mehrwöchentlichen Tätigkeit montiert, so ist daraus eine inländische Betriebs- stätte des ausländischen Verkäufers nicht herzuleiten. Ueber den Begriff, der im § 1 des bisherigen Körperschaftsteuergesetzes enthalten war, hat sich bereits eine feste Verwaltungsübung herausgebildet (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs vom .31. März 1922, Bd. 9 S. 167).

Wie bisher sollen Einkünfte aus freiem Beruf, der im Inland ausgeübt wird (Nr. 4), und nicht selbständiger Arbeit, die im Inland ausgeführt wird (Nr. 5), be- schränkt steuerpflichtig sein. Auch Einkünfte aus einer früher im Inland ausge- führten nicht selbständigen Arbeit, ζ. Β. das Ruhegehalt des Direktors oder An- gestellten einer deutschen Aktiengesellschaft, sollen künftig steuerpflichtig sein.

Insoweit ist also der schon bisher bestehende Rechtszustand beibehalten worden. Darüber hinaus ist im Entwurf die beschränkte Steuerpflicht nach mehr- facher Richtung hin erweitert worden. Bei der gegenwärtigen Struktur der deut- schen Wirtschaft muss, wie bereits in der Allgemeinen Begründung dargelegt ist, darauf geachtet werden, dass möglichst alles, was aus dem Inland herausgewirt- schaftet, was im Inland verdient wird, auch steuerlich erfasst wird. Demgemäss stellt der Entwurf als Leitsatz im § 3 an die Spitze, dass das Einkommen, das im Inland bezogen wird, der beschränkten Steuerpflicht unterliegt. Was als Einkom- men in diesem Sinne in Frage kommt, wird im § 3 Abs. 2 erschöpfend aufgezählt. Neben den schon oben erwähnten Einkünften unter Nr. 1-5, 11 handelt es sich dabei im wesentlichen noch um folgende Einkünfte:

1. Einkünfte aus inländischen Hypotheken (§ 3 Abs. 2 Nr. 6); 2. Dividenden, Anleihe- und Obligationenzinsen, wenn Sitz oder Ort der

Leitung des Schuldners im Inland liegt (§ 3 Abs. 2 Nr. 7-9); 3. Gewinne aus der Veräusserung inländischer Grundstücke, sofern es sich

um Veräusserungsgeschäfte im Sinne des § 42 handelt (§ 3 Abs. 2 Nr. 10). Einer übermässigen Belastung wird dadurch vorgebeugt, dass die Einkünfte

im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 4-11 nur mit 10 ν. Η. belastet werden (vgL Begrün- dung zu § 60). Im übrigen wird auf die allgemeine Begründung verwiesen. j

x) Scheint nur im Beferentenentwurf gestanden zu haben. In dem dem Reichstag vor- gelegten Entwurf vom 23. April 1925 fehlt eine Befreiungsvorschrift.

196

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 67: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1926/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926. jgy

Die Sondervorschrift des § 45 Abs. 3 des Bankgesetzes vom 30. August 1924 (R.G.B1. Π S. 235) bleibt selbstverständlich aufrechterhalten.

Zu § 4. Der § 4 ist neu. Wenn ein auswärtiger Staat das Einkommen eines unbe-

schränkt oder beschränkt steuerpflichtigen Deutschen insbesondere aus Gewerbe- betrieb schwerer belastet als das seiner eigenen Staatsangehörigen oder das der Angehörigen der meistbegünstigten Nationen, soll der Reichsminister der Finanzen ermächtigt sein, eine höhere Besteuerung des inländischen Einkommens für An- gehörige des betreffenden Staats anzuordnen. Gegenüber der allgemeinen Vor- schrift im § 7 der Reichsabgabenordnung bildet der § 4 des Entwurfs eine Sonder- vorschrift.

Zu § 5. Der § 5 entspricht dem § 3 des bisherigen Einkommensteuergesetzes.

Zu § 6.

Wegen der Bedeutung des § 6 im System wird auf die allgemeine Begründung verwiesen.

Die Zahl der Einkommensarten ist gegenüber den bisherigen Gesetzen im Interesse einer besseren Systematik vermehrt worden.

Die bisherigen Einkommensteuergesetze fassen regelmässig alle Einkünfte aus Grundbesitz als eine Einkommensart zusammen; in Wahrheit handelt es sich dabei um zwei verschiedene Dinge; nämlich einmal um Einkünfte aus der Bewirt- schaftung des Grund und Bodens, mag es sich nun um Landwirtschaft, Forst- wirtschaft, Gartenbau oder sonstige nicht gewerbliche Bodenbewirtschaftung handeln. Davon völlig zu trennen sind die Einkünfte, die aus unbeweglichem Ver- mögen auf Grund von Pacht- oder Mietverträgen erzielt werden. Für beide Gruppen bestanden schon bisher ganz verschiedene Ermittlungsvorschriften (§§ 31, 32 des bisherigen Einkommensteuergesetzes). Der Entwurf sieht eine Trennung bereits im § 6 vor.

Die Einkünfte aus Arbeit waren im bisherigen Gesetz zu einer Einkommens- art zusammengefasst; die früheren Einkommensteuergesetze zählten zu dieser Quelle meist auch die wiederkehrenden Bezüge, ohne Unterscheidung, ob sie auf Grund früherer Arbeitstätigkeit oder auf Grund eines anders gearteten Rechtsver- hältnisses (ζ. Β. Testament) bezogen wurden. Die Besteuerung des Arbeitslohns im Wege des Steuerabzugs hat eine strenge Teilung zwischen dem Einkommen aus selbständiger Arbeit und dem aus nicht selbständiger Arbeit (Arbeitslohn) er- forderlich gemacht; die wiederkehrenden Bezüge, die auf Grund eines früheren Dienstverhältnisses gewährt werden, galten schon bisher als Arbeitslohn. Von den anderen wiederkehrenden Bezügen galten die vererblichen Renten bisher - haupt- sächlich mit Rücksicht auf das Kapitalertragssteuergesetz - als .Einkünfte aus Kapitalvermögen, die unvererblichen und sonstigen Renten, Zuschüsse usw. zählten zu den sonstigen Einnahmen. Die wiederkehrenden Bezüge (mit Ausnahme der zum Arbeitslohn zählenden) werden vom Entwurf in einer besonderen Gruppe gebracht.

So ergeben sich die acht Einkommensarten des § 6 Abs. 1. Zunächst die drei wichtigen Gruppen der selbständigen Erwerbs- und Berufstätigkeit:

1. Einkünfte aus dem Betriebe von Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Garten- bau und sonstiger nicht gewerblicher Bodenbewirtschaftung, abgekürzt im folgen- den als „Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft" bezeichnet;

2. Einkünfte aus Gewerbebetrieb im bisherigen Umfang, also einschliesslich des Bergbaues;

3. Einkünfte aus sonstiger selbständiger Berufstätigkeit; hierher gehört ins- besondere das Einkommen aus freiem Beruf.

Dann folgt die zahlenmässig stärkste Gruppe der Lohn-, Gehalts- und Pen- sionsempfänger als:

4. Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit (Arbeitslohn). 197

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 68: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

198 Deutsches Reichseinkommensteaergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1936.

Die nächste Gruppe 5. Einkünfte aus Kapitalvermögen entspricht mit Ausnahme der obengenann-

ten vererblichen Renten dem bisherigen Gesetz. Die folgende Gruppe bringt die Einkünfte aus Grundbesitz, soweit sie nicht

zu Nr. 1 (Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft) gehören, als: 6. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Ver-

mögen, Sachinbegriffen und Rechten einschliesslich des Mietwerts der Wohnung im eigenen Hause; die Verpachtung von Sachinbegriffen und Rechten wurde mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen zusammengefasst, insbesondere, weil es für die Verpachtung von landwirtschaft- lichem oder gewerblichem Betriebsvermögen für die Einkommensermittlung ohne Bedeutung ist, ob diese mit Grundbesitz verbunden ist oder nicht.

Es folgen: 7. andere wiederkehrende Bezüge, und schliesslich als 8. sonstige Leistungsgewinne. Im einzelnen sind im Abschnitt III des Entwurfs einerseits noch besonders

wichtige Beispiele aufgeführt und anderseits durch Zuweisung bestimmter Ein- künfte zu den einzelnen Einkommensarten Zweifelsfragen geklärt worden. Soweit nicht im zweiten Abschnitt besondere Vorschriften erlassen sind, ist die Frage, welche Einkünfte den einzelnen Einkommensarten zuzurechnen sind, wie im bis- herigen Gesetz nach der Verkehrsauffassung zu entscheiden.

§ 6 Abs. 3 hat nicht konstitutive, sondern lediglich deklaratorische Bedeutung; wie oben angeführt, sind nur Leistungsgewinne im Sinne der §§ 41, 42, nicht afie sonstigen Einkünfte, für steuerpflichtig erklärt worden. Nur um dies besonders klar zum Ausdruck zu bringen, führt Abs. 3 die wichtigsten Beispiele der Einkünfte auf, die keine Leistungsgewinne darstellen. Die Aufzählung ist also nicht erschöp- fend; neben den im Entwurf aufgeführten Kapitalabfindungen, die als Entschädi- gungen für Unfälle und Körperverletzung gezahlt werden, und den Kapitalab- findungen auf Grund der Reichsversicherung, der Militärversorgung und der Be- amtenpensionsgesetze würden z. B. auch die im § 12 Nr. 5 des bisherigen Ein- kommensteuergesetzes bezeichneten Kapitalabfindungen, neben den Erbschaften die als Vermächtnisse anfallenden Vermögen zu nennen sein. Die Vorschrift des Abs. 3 bezieht sich auf einmalige Einkünfte, die ausserhalb einer der im § 6 Abs. 1-4 genannten Tätigkeit anfallen. Dagegen kann aus Abs. 3 nicht etwa geschlossen werden, dass einmalige nicht wiederkehrende Einkünfte, die innerhalb eines Gewerbebetriebs erzielt werden, der Besteuerung nicht unterliegen. Sie sind als gewerbliches Einkommen wie bisher selbstverständlich steuerpflichtig.

Zu § 7. Abs. 1 stellt zunächst klar, dass der Steuer immer nur das Einkommen eines

bestimmten Zeitraums (des Steuerabschnitts) unterliegt und dass innerhalb dieses Zeitraums ein Einkommensbezug im Sinne des Gesetzes gegeben sein muss. Auf die Erläuterungen über den Steuerabschnitt (zu § 10) und über den Zeitpunkt des Einkommensbezugs (zu § 11) wird verwiesen.

Wie in der allgemeinen Begründung ausgeführt, ist für den Einkommens - begriff zwischen zwei Hauptgruppen streng zu unterscheiden. Die eine Haupt- gruppe bilden die Einkünfte aus selbständiger Erwerbs- und Berufstätigkeit (§ 6 Abs. 1 Nr. 1-3). Gemeinsam ist dieser Gruppe nicht nur, dass von der Art, wie sie ihren Betrieb oder Beruf führen, ihr Einkommen im wesentlichen abhängt und dass sie demgemäss von dem Auf und Ab der Wirtschaft viel stärker betroffen werden als andere Einkommensbezieher, sondern auch, dass die Erwerbs- und Berufstätig- keit ohne ein dieser Tätigkeit gewidmetes Vermögen regelmässig nicht möglich ist. Bei Landwirtschaft und Gewerbebetrieb bedarf dies keiner näheren Erklärung. Bei sonstiger selbständiger, insbesondere der freien Berufstätigkeit, könnte man zweifeln. Berücksichtigt man aber, dass für den Rechtsanwalt z. B. ein umfang- reiches Büro mit Inventar, ein Bankkonto mit einer Buchführung über Vorschüsse und fremde Gelder, für den Arzt eine erhebliche Zahl von Instrumenten, häufig auch grössere Apparate oder gar eine Klinik, für den Maler oder Bildhauer ein Atelier mit

198

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 69: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926. J gg

Rohstoffen, fertigen und halbfertigen Sachen erforderlich sind, bedenkt man ferner, dass trotz der erheblichen Unterschiede in der beruflichen Stellung zwischen Aerzten und Anwälten einerseits sowie Hebammen, Heilkundigen, Zahntechnikern, Rechts- konsulenten und Steuerberatern anderseits die Art des Einkommensbezugs eine ähnliche ist, so muss man diese Gruppe von Steuerpflichtigen der Landwirtschaft und den Gewerbetreibenden gleichstellen. Der Entwurf zieht diese Folgerung. Als Einkommen soll bei diesen Personen der erzielte Gewinn gelten. Wesentlich ist für diesen Gewinn, dass einen wichtigen Faktor für seine Ermittlung der Unter- schied des der Tätigkeit gewidmeten Vermögens am Anfang und Schluss des Steuerabschnitts bildet (vgl. §§ 12, 13).

Bei der anderen Hauptgruppe der Einkommen kommt ein Vergleich des Ver- mögens am Anfang und Schluss des Steuerabschnitts dagegen nicht in Frage; hier gilt als Einkommen der Ueberschuss der Einnahmen über die Ausgaben. Soweit es sich bei diesen Einkommensarten um Einkommen aus einer Tätigkeit handelt, ins- besondere aus nichtselbständiger Arbeit, sind dieser Tätigkeit Vermögensgegen- stände irgendwelcher Art regelmässig nicht gewidmet; soweit es sich anderseits um Erträge handelt, die ohne Arbeit oder nur auf Grund einer begrenzten Verwaltungs- tätigkeit aus Vermögen bezogen werden, wie bei Kapitalerträgen, Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, wiederkehrenden Bezügen, kommt es nicht auf die Veränderung der Vermögensgegenstände an, sondern lediglich auf die Erträge, die sie abwerfen. Im einzelnen wird auf die Erläuterungen zu §§ 14-17 Bezug ge- nommen.

Die Vorschrift des § 7 Abs. 3 entspricht dem bisherigen Recht. Die bei den einzelnen Einkommensarten sich ergebenden Einkommensteile sollen zusammen- gerechnet, davon etwa bei einzelnen Einkommensarten sich ergebende Verluste abgerechnet werden. Dies ist durch die Wahl des Wortes „Ausgleich" zum Aus- druck gebracht worden.

Beispiel: Ein Steuerpflichtiger hat aus Landwirtschaft ein Einkommen von 10000 RM.; er ist an zwei Gewerbebetrieben beteiligt, davon schliesst der eine mit 20 000 RM. Gewinn, der andere mit 10 000 RM. Verlust ab. Weiter hat er 5000 RM. Einkommen aus Kapitalvermögen. Bei der Vermietung von Hausbesitz übersteigen die abzugsfähigen Ausgaben die Einnahmen um 2000 RM. ; endlich hat er für Lebensversicherungsprämien und Kirchensteuern 1000 RM. ausgegeben, dann ist das gesamte Einkommen wie folgt zu berechnen:

Landwirtschaft 10000 RM. Erster Gewerbebetrieb 20 000 RM. Zweiter Gewerbebetrieb - 10 000 RM. Kapitaleinkommen 5000 RM. Vermietung - 2000 RM.

35 000 RM. - 12000 RM. Ausgaben für Lebensversicherungsprämien, Kir-

chensteuern - 1000 RM. 35 000 RM. - 13000 RM.

Einkommen also 22 000 RM.

Zu § 8. Die Vorschrift des § 8 des Entwurfs geht auf den § 12 des bisherigen Ein-

kommensteuergesetzes zurück. Die Nummern 1-5 des § 12 des bisherigen Ein- kommensteuergesetzes sind beispielsweise in dem Abs. 3 des § 6 des Entwurfs auf- genommen worden. Die Nummern 1-8 entsprechen den Nummern 6-11 des § 12 des bisherigen Gesetzes. Die Neufassung ist lediglich redaktioneller Art. Neu aufgenommen sind die auf Grund des Besatzungspersonenschädengesetzes vom 17. Juli 1922 (R.G.B1. 1 S. 624) bezogenen Renten nebst den etwaigen Zulagen, die in annähernd dem gleichen Umfang gewährt werden wie die Bezüge nach dem Reichsversorgungsgesetze. Lediglich in der Nummer 5 sind die Naturalbezüge der

199

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 70: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

200 Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1926/26. Febr. 1926.

staatlichen Schutzpolizei in die Steuerfreiheit einbezogen worden; diese Bezüge sind bereits im § 11 des Eeichsgesetzes über die Schutzpolizei der Länder vom 17. Juli 1922 (R.G.B1. 1 S. 597) von der Einkommensteuer freigestellt. Nach § 19 des Besoldungsgesetzes vom 30. April 1920 (R.G.B1. S. 805) gelten als Natural- bezüge:

a) Dienstbekleidung und Kleidergeld der Mannschaften und der Unter- offiziere;

b) bei Deckoffizieren und Offizieren bis zur Besoldungsgruppe 13 einschliess- lich (Oberst, Kapitän zur See, Generalarzt, Generalveterinär) und bei Beamten der Wehrmacht, die wie Offiziere zum dauernden Tragen der Dienstkleidung ver- pflichtet sind, die Entschädigung für besondere Abnutzung der Dienstkleidung;

c) der Geldwert der freien ärztlichen Behandlung oder der freien Kranken- hauspflege und des freien Gebrauchs von Heil- und Kurmitteln der Angehörigen der Wehrmacht bis zur Besoldungsgruppe 13 und der freien Behandlung ihrer Ehe- frauen und Kinder durch den Truppen- oder Garnisonarzt.

Entsprechendes gilt für die Naturalbezüge der Angehörigen der Schutzpolizei und die an Stelle der Naturalbezüge gewährten Entschädigungen (§11 des Reichs - gesetzes über die Schutzpolizei der Länder).

Dagegen gelten nicht als Naturalbezüge Dienstwohnungen und Teile de» Diensteinkommens, die für Verpflegung und kasernenmässige Unterkunft einbehal- ten werden; sie sind daher nicht einkommensteuerfrei.

Damit ist klargestellt, dass die bisher steuerfrei gebliebenen Naturalbezüge der Angehörigen der Wehrmacht und der staatlichen Ordnungspolizei in gleichem Umfange steuerfrei bleiben, wie dies unter der Geltung des bisherigen Gesetzes bereits der Fall gewesen ist. Lediglich in die Nr. 5 sind gewisse Bezüge neu auf- genommen worden, die in dem Wehrgesetz und dem Wehrmachtversorgungsgesetz bereits als steuerfrei erklärt waren. Die Kapitalabfindungen nach dem Wehr- machtsversorgungsgesetz, die nach Massgabe des § 23 des bisherigen Einkommen- steuergesetzes begünstigt waren, gemessen diese Vergünstigung im Rahmen de» an die Stelle des § 23 getretenen § 58 des Entwurfs in dem gleichen Umfang.

Neu aufgenommen in den § 8 des Entwurfs ist in Ziffer 6 die Steuerfreiheit der Bezüge aus der öffentlichen Erwerbslosenfürsorge, die schon bisher im Ver- waltungswege als unter § 12 Nr. 11 des bisherigen Gesetzes fallend für steuerfrei angesehen worden sind.

Zu § 9. Satz 1 gilt für die Auslandsbeamten; auf die Begründung zu § 2 wird ver-

wiesen. Satz 2 gilt für andere Deutsche, die im Ausland eine Erwerbstätigkeit aus- üben, ζ. Β. Angestellte einer deutschen Firma, die im Ausland tätig sind, im Inland aber ihre Wohnung behalten und deshalb unbeschränkt steuerpflichtig bleiben. Die Vorschrift des Satz 2 geht davon aus, dass eine Erwerbstätigkeit, die im Aus- land ausgeübt wird, im allgemeinen im Ausland die Einkommensteuerpflicht be- gründen wird. Die Folge hiervon würde sein, dass das Einkommen eines unbe- schränkt Steuerpflichtigen insoweit doppelt besteuert würde. Um die Härte, die in einer solchen Doppelbesteuerung liegen würde, beseitigen zu können, soll der Reichsminister der Finanzen ermächtigt sein, mit Zustimmung des Reichsrats an- zuordnen, dass die im Ausland erhobene Einkommensteuer ganz oder zum Teil auf die inländische Einkommensteuer angerechnet wird.

Zu § 10. Im Einkommensteuerrecht ist zwischen zwei Zeitabschnitten zu unterschei-

den: einmal dem Zeitraum, für den das in ihm bezogene Einkommen des Steuer- pflichtigen ermittelt wird (Ermittlungszeitraum), zweitens dem Zeitraum, für den die Steuer zu entrichten ist (Erhebungszeitraum). Beide Zeiträume sollen, wie das schon bisher der Fall war, grundsätzlich zusammenfallen (vgl. die Allgemeine Begründung). Da aber das Einkommen eines Jahres immer erst nach Ablauf dieses Jahres ermittelt werden kann, sind bis zur Feststellung des Einkommens und der Steuerschuld Vorauszahlungen zu entrichten. Im Zusammenhang mit dem

200

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 71: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches ReichseinkQmmensteuergesetz. VomlO. Aug. 1925/19. Dez. 1926/26. Febr. 1926. 201

Problem der Erhebung von Einkommensteuerzuschlägen durch die Länder und Gemeinden ist erneut geprüft worden, ob als Erhebungszeitraum das Rechnungs- jahr zugrunde gelegt werden könne (vgl. auch die Begründung zum Entwurf eines Finanzausgleichsgesetzes); dies würde ein Zurückgehen zu dem System bedeuten, das 1920 und 1921 gegolten hat. Damals war Erhebungszeitraum stets das Rech- nungsjahr; dieses wich also bei allen Steuerpflichtigen, die nach dem Kalenderjahr veranlagt wurden, vom Ermittlungszeitraum um 3 Monate ab. Mit Rücksicht auf die Regelung der Lohnsteuer in der Novelle vom 21. Juli 1921 wurde vom Rech- nungsjahr zum Kalenderjahr übergegangen, so dass Ermittlungszeitraum und Erhebungszeitraum sich grundsätzlich deckten. Die damals massgebenden Gründe bestehen heute noch fort. Ein Auseinanderfallen von Ermittlungszeitraum und Er- hebungszeitraum führt nicht nur beim Erlöschen der Steuerpflicht zu komplizierten Umrechnungen (vgl. §§ 29, 30 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung des Gesetzes vom 24. März 1921 ), sondern auch zu grossen Schwierigkeiten in allen den Fällen, in denen Lohnsteuerpflichtige mit grossem Gehalt zu veranlagen sind. Der Entwurf gebraucht für Ermittlungs- und Erhebungszeitraum die gleiche Be- zeichnung, nämlich Steuer abschnitt. § 10 gibt die näheren Vorschriften über den Steuerabschnitt in seiner Bedeutung als Ermittlungszeitraum.

Die grundsätzliche Frage, ob das im Kalenderjahr oder das im Wirtschafts- jahr bezogene Einkommen massgebend sein soll, musste bereits im Steuerüber- leitungsgesetz entschieden werden, weil dort der Zeitpunkt festgesetzt werden musste, bis zu dem die Uebergangsregelung gelten und von dem ab die regelmässige Veranlagung wieder einsetzen soll. Wegen der Gründe, die dazu geführt haben, bei der Land- und Forstwirtschaft allgemein für die Einkommensermittlung das Wirtschaftsjahr vom 1. Juli bis 30. Juni zugrunde zu legen, und bei Gewerbetrei- benden, die Bücher nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuchs zu führen ver- pflichtet sind, das Wirtschaftsjahr anzuerkennen, für das sie regelmässige Ab- schlüsse machen, wird auf die Begründung zum Steuerüberleitungsgesetz, sowie auf die allgemeine Begründung zu diesem Entwurf verwiesen. Entsprechend der Vorschrift des § 1 des Entwurfs eines Steuer Überleitungsgesetzes wird im § 10 Abs. 1 a und b angeordnet, dass bei den genannten Einkommensbeziehern ihr Wirt- schaftsjahr den Steuerabschnitt bilden soll. Bei den übrigen Steuerpflichtigen soll der Steuerabschnitt das Kalenderjahr sein (§10 Abs. 1 c).

Die Ermittlung des Einkommens nach dem Wirtschaftsjahr vom 1. Juli bis 30. Juni ist bei der Landwirtschaft deshalb zweckmässig, weil am 30. Juni die Be- stände aus der alten Ernte fast sämtlich verkauft sind, die neue Ernte aber noch nicht begonnen hat. Zum Teil werden in der Landwirtschaft die Abschlüsse nicht auf den 30. Juni, sondern auf den vorhergehenden oder folgenden Freitag oder Sonnabend gemacht; solche um wenige Tage abweichende Wirtschaftsjahre sollen den Wirtschaftsjahren vom 1. Juli bis 30. Juni gleichstehen. Bei der Forstwirt- schaft fällt der Betrieb hauptsächlich in den Winter. In der Forstwirtschaft pflegte man bisher vielfach mit dem 30. September, soweit sie mit Landwirtschaft verbun- den ist, mit dem 30. Juni abzuschliessen. Der Reichsforstwirtschaftsrat hat sich in seinen Beschlüssen vom 29. November 1924 mit der allgemeinen Zugrundelegung des Wirtschaftsjahrs vom 1. Juli bis 30. Juni einverstanden erklärt. Für den Gartenbau und die sonstige nicht gewerbliche Bodenbewirtschaftung ist das Wirt- schaftsjahr vom 1. Juli bis 30. Juni im allgemeinen auch der Zeitraum, der zweck- mässig der Einkommensermittlung zugrunde gelegt wird ; immerhin gibt es gerade im Gartenbau bestimmte Betriebe, wie z.B. Spargelzucht, Frühgemüsebau, bei denen die Ernte schon vor dem 30. Juni beginnt. Um der besonderen Gestaltung des Be- triebs hier Rechnung tragen zu können, ermächtigt § 10 Abs. 3 des Entwurfs den Reichsminister der Finanzen, für derartige Steuerpflichtige auch ein anderes als das mit dem 30. Juni endende Wirtschaftsjahr als Steuerabschnitt zuzulassen. Auf diese Weise kann auch den besonderen Verhältnissen der Winzer Rechnung ge- tragen werden.

Bei Gewerbetreibenden soll sich der Steuerabschnitt nach dem Wirtschafts- jahr richten, wenn es sich um Vollkauf leute handelt, d. h. um Gewerbetreibende, die Handelsbücher nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuches zu führen ver- pflichtet sind; Voraussetzung ist, dass sie regelmässige Abschlüsse machen. Der

201

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 72: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

202 deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Augf1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926.

Entwurf verwendet den Ausdruck Wirtschaftsjahr auch in allen den Fällen, in denen bisher die Bezeichnung Geschäftsjahr üblich war. Bemerkt sei, dass das Wirtschaftsjahr grundsätzlich den Zeitraum von 12 Monaten umfassen soll. Wech- selt der Kaufmann sein Wirtschaftsjahr und macht einmal für ein dazwischen- liegendes Rumpfwirtschaftsjahr einen ordnungsmässigen Abschluss, so entsteht ein entsprechend kürzerer Steuerabschnitt. Würde aber ein Steuerpflichtiger mehrfach wechseln, so ist ein Wirtschaftsjahr, für das er „regelmässige" Abschlüsse macht, nicht gegeben. Das Einkommen müsste also für das Kalenderjahr ermittelt werden. Wenn Gewerbetreibende, die zur Führung von Büchern verpflichtet sind, solche Bücher nicht führen, so muss auch hier mangels eines regelmässigen Ab- schlusses die Einkommensermittlung, gegebenenfalls die Schätzung, für das Ka- lenderjahr vorgenommen werden; wird dagegen die Buchführung für ein Wirt- schaftsjahr nicht als ordnungsmässig anerkannt, so ist die Ermittlung, gegebenen- falls die Schätzung, für das Wirtschaftsjahr vorzunehmen. Bei Gewerbetreibenden, die zur ordnungsmässigen Buchführung nicht verpflichtet sind, trotzdem aber regelmässige Abschlüsse für ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr machen, kann nach näherer Bestimmung des Reichsministers der Finanzen dieses Wirtschaftsjahr als Steuerabschnitt zugelassen werden.

Sehr lebhaft ist der Wunsch bei den Gewerbetreibenden, insbesondere bei den buchführenden, die Besteuerung nach dem dreijährigen Durchschnitt wieder ein- zuführen. Selbst wenn man davon absehen will, dass sich dadurch unter Umstän- den recht bedeutende Ermässigungen der tarifmässigen Steuer ergeben können {ζ. Β. wenn ein an sich dem höchsten Steuersatz unterliegendes Einkommen mit niedrigerem Einkommen in den beiden vorangegangenen Jahren zusammentrifft) und dass auf diese Weise unter Umständen auch Verluste in einem Jahr vom Gewinn im nächsten Jahr abgezogen werden können, so kann diesem Wunsche zur Zeit schon deshalb nicht entsprochen werden, weil das Einkommen der Vorjahre, aus dem der Durchschnitt berechnet werden könnte, nicht veranlagt worden ist. Schon jetzt für eine spätere Zeit eine solche Vorschrift aufzunehmen, dafür erscheinen die gegenwärtigen Wirtschaftsverhältnisse zu unsicher. Die Frage wird zu gegebener Zeit erneut geprüft werden. Es mag aber schon jetzt darauf hingewiesen werden, dass auch die Arbeitnehmer - wie sich aus den Beratungen im Vorläufigen Reichs- wirtschaftsrat ergeben hat - in diesem Fall verlangen, nach dem dreijährigen Durchschnitt besteuert zu werden. Das wiederum würde das Ende des Steuerab- zugs vom Arbeitslohn bedeuten.

Der im § 10 Abs. 1 a und b für den einzelnen Steuerpflichtigen vorgesehene Steuerabschnitt - das Wirtschaftsjahr - soll auch für die Einkommensermittlung bei Einkünften anderer Art massgebend sein, die der Steuerpflichtige neben Ein- künften aus Land- und Forstwirtschaft oder aus Gewerbebetrieb bezieht. Hier werden insbesondere Einkünfte aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Ver- pachtung und aus nichtselbständiger Arbeit in Frage kommen. Vielfach war es bei Gewerbetreibenden schon bisher üblich, derartige Einkünfte durch die Bücher gehen zu lassen und sie so für das Wirtschaftsjahr zu berechnen. Auch wo das bisher nicht geschehen ist, wird es für den Steuerpflichtigen keine Schwierigkeiten bereiten, Einkommensteile der genannten Art für den Zeitraum zu berechnen, der als Steuerabschnitt bei ihnen massgebend ist. Trifft bei einem Steuerpflichtigen Einkommen aus freier Berufstätigkeit mit Einkommen zusammen, das für einen vom Kalenderjahr abweichenden Steuerabschnitt zu ermitteln ist, so bringt der Entwurf allerdings etwas Neues insofern, als er auch in diesem Falle den Angehö- rigen eines freien Berufs verpflichtet, sein Einkommen aus der freien Berufstätig- keit für das Wirtschaftsjahr zu berechnen, das als sein Steuerabschnitt massgebend ist. Aber dies wird keine besonderen Schwierigkeiten bereiten, da zwingende Gründe dafür, das Einkommen aus freier Berufstätigkeit nach dem Kalenderjahr zu ermitteln, nicht bestehen. Ausserdem werden die Fälle nicht zahlreich sein, in denen ein Arzt, ein Anwalt, ein Schriftsteller oder ein Künstler einen landwirt- schaftlichen Betrieb hat oder an einem gewerblichen Unternehmen beteiligt ist, das für ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr bilanziert. Tritt die Bedeutung des Betriebs mit abweichendem Wirtschaftsjahr hinter der freien Be- rufstätigkeit ganz zurück, so braucht das Wirtschaftsjahr des Nebenbetriebs nicht

202

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 73: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reicliseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/2Ü. Febr. 1926. 203

massgebend zu sein, vielmehr soll nach Abs. 3 c auch in diesem Falle der Reichs- minister der Finanzen ermächtigt sein, einen anderen Zeitraum, also regelmassig das Kalenderjahr, als Steuerabschnitt zuzulassen. Dies gilt ζ. Β. von einem Künstler, der einen kleinen landwirtschaftlichen Betrieb nicht zu Erwerbszwecken, sondern zur Erholung hat, ferner von einem Rechtsanwalt, der als Kommanditist mit einem kleinen Anteil an einer Kommanditgesellschaft beteiligt ist.

Nicht so einfach liegen dagegen die Fälle, in denen ein Steuerpflichtiger meh- rere Betriebe mit verschiedenen Wirtschaftsjahren hat, wie z. B. ein Fabrikbe- sitzer, der für seinen Gewerbebetrieb mit dem 31. Dezember abschliesst und da- neben ein Rittergut besitzt, für das als Wirtschaftsjahr die Zeit vom 1. Juli bis 30. Juni massgebend ist, oder ein Kaufmann, der für seinen Betrieb mit dem bl. März abschliesst, gleichzeitig aber als offener Handelsgesellschafter oder als Kommanditist an anderen Betrieben beteiligt ist, deren Wirtschaftsjahr am 30. September endet. In diesen immerhin nicht allzu häufigen Fällen soll Steuer- abschnitt das Wirtschaftsjahr sein, das als letztes im Kalenderjahr endet. Im ersten der vorgenannten Fälle ist also das Kalenderjahr der Steuerabschnitt, im zweiten Falle das am 30. September endende Wirtschaftsjahr. Einkünfte, die in einem Betriebe mit vorher endendem Wirtschaftsjahr erzielt worden sind, sollen nicht als Einkünfte dieses Wirtschaftsjahrs, sondern des massgebenden Steuerabschnitts gelten. Berechnet wird das Einkommen selbstverständlich bei Land- und Forst- wirtschaft für die Zeit vom 1. Juli bis 30. Juni, bei Gewerbebetrieben für das Wirt- schaftsjahr, für das ein Abschluss nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuchs gemacht wird. Für diese Ausnahmefälle entspricht die Regelung also dem § 29 Abs. 2 des bisherigen Einkommensteuergesetzes.

Im einzelnen wird auf die Beispiele zu § 25 verwiesen. Für die Ueberleitung wird auf die Vorschriften des Entwurfs eines Steuerüberleitungsgesetzes, ins- besondere § 1, § 14 Abs. 3, Bezug genommen. Die Ablösung der Einkommensteuer und dem Steuerüberleitungsgesetz gilt grundsätzlich nur bis zum Beginn des nach § 10 des Entwurfs künftig massgebenden Steuer abschnitte.

Zu § 11.

Die Vorschrift regelt im Abs. 1 die Frage, wann ein Einkommensteil als be- zogen gilt. Nach § 36 des bisherigen Einkommensteuergesetzes ist es für die Frage, ob ein Einkommensbetrag vereinnahmt wurde, ohne Bedeutung, ob der Betrag dem Steuerpflichtigen tatsächlich bereits zugeflossen ist oder noch geschuldet wird. Nach der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (Entsch. Bd. 10 S. 132, Bd. 12 S. 143, Ô42) gilt ein Einkommensbetrag, ohne dass er dem Steuerpflichtigen bereits zugeflossen ist, doch in dem Jahr als vereinnahmt, in dem er erstmals geschuldet wird. Geschuldet im Sinne des § 36 ist ein Betrag nur dann, wenn alle Voraus- setzungen für die Fälligkeit und damit die Möglichkeit seiner Einziehung erstmalig gegeben sind. Der Begriff „geschuldet" im Sinne des § 36 ist jedoch nach der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs in dem Urteil vom 25. Juli 1924 (Bd. 14 S. 158) nicht gleichbedeutend mit der Fälligkeit im bürgerlich-rechtlichen Sinne. Zur Ausschliessung von Zweifeln und zur vollständigen Klarstellung ist in dem Entwurf an den bürgerlich-rechtlichen Begriff der Fälligkeit angeknüpft worden. Massgebend soll demnach sein regelmässig der Zeitpunkt der Fälligkeit, d. h. der Zeitpunkt, in dem die Höhe der Einnahmen feststeht und von dem zur Leistung Verpflichteten gefordert werden kann. Daher ist ζ. Β. die Tantieme eines per- sönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien den Einnahmen des Steuerabschnitts hinzuzurechnen, in dem sie von der General- versammlung bewilligt worden ist. Bilanziert also eine mit dem Kalenderjahr abschliessende Kommanditgesellschaft auf Aktien auf den 31. Dezember 1926, so ist die Tantieme nicht im Jahre 1926 fällig, sondern erst im Jahre 1927 nach Ge- nehmigung der Bilanz. Einer besonderen Behandlung bedürfen die Fälle, in denen ein Bezug bereits vor der Fälligkeit zugeflossen ist oder eine Fälligkeit überhaupt nicht in Frage kommt, wie z. B. bei der Zuwendung freiwilliger Zuschüsse. Hier soll ein Einkommensteil in dem Zeitpunkt als bezogen gelten, in dem er dem Steuerpflichtigen tatsächlich zufliesst.

203

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 74: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

204 Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926,

Die Vorschrift des § 11 Abs. 1 Satz 2 des Entwurfs entspricht dem § 36 Satz 2 des bisherigen Einkommensteuergesetzes; sie ist jedoch, um Streitigkeiten zwischen Finanzamt und Steuerpflichtigen möglichst zu vermeiden, aus der Mussvorschrift in eine Kannvorschrift zugunsten des Steuerpflichtigen umgewandelt worden. Die Vorschrift gilt, wie § 11 Abs. 1 überhaupt, für sämtliche Einkommensarten; wenn z. B. im Zusammenhang mit Kriegs· oder ähnlichen Massnahmen eines aus- wärtigen Staates ein deutscher Kapitalrentner die Verfügungsgewalt über ihm zustehende Zinsen zunächst nicht erlangt, so braucht er sie als Einkünfte aus Kapitalvermögen erst in dem Steuerabschnitt anzusetzen, in dem sie einbringlich werden. Anders liegt der Fall dagegen, wenn der Steuerpflichtige die Verfügungs- gewalt zunächst erlangt hat, die Zinsen etwa auf einem Bankkonto hat stehen lassen und der gutgeschriebene Betrag dann uneinbringlich wird, etwa weil das Bank- konto beschlagnahmt wird oder die Bank in Konkurs gerät. In diesem Falle ist der Betrag als Einnahme anzusetzen; dem Steuerpflichtigen kann aber nach § 56 geholfen werden. Handelt es sich nicht um einen Kapitalrentner, sondern um einen buchführenden Gewerbetreibenden, so kann für den Schluss des Steuer- abschnitts die Zinsforderung mit dem gemeinen Wert eingesetzt werden.

Neu ist die Vorschrift des § 1 1 Abs. 2, nach der bei Steuerpflichtigen, die für Einkommen aus selbständiger Erwerbs- und Berufstätigkeit regelmässige Ab- schlüsse fertigen, die Grundsätze geordneter Buchführung für die Frage mass- gebend sein sollen, wann ein Einkommensteil als bezogen gilt. Für Steuerpflichtige, die Handelsbücher nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuchs zu führen ver- pflichtet sind, galt diese von der Vorschrift des § 36 des bisherigen Einkommen- steuergesetzes abweichende Regelung schon bisher, da die Vorschrift des § 33 Abs. 2 des bisherigen Einkommensteuergesetzes nicht nur eine besondere Berech- nungsvorschrift darstellte, sondern eine den Umfang des steuerbaren Einkommens bestimmende materielle Vorschrift war. Bei der doppelten Buchführung insbe- sondere werden Ansprüche, ζ. Β. Kaufpreisforderungen, regelmässig schon im Ab- schluss des Jahres ausgewiesen, in dem die Lieferung erfolgt ist, nicht erst im Ab- schluss des Jahres, in dem der Anspruch fällig wird. Bei der Regelung, dass diese Grundsätze auch für die Einkommensteuer materiell massgebend sind, soll es nach § 11 Abs. 2 zweiter Halbsatz des Entwuifs verbleiben. Bei Gewerbetreibenden dagegen, die zur Führung von Handelsbüchern nicht verpflichtet waren, bei Land- wirten und insbesondere bei den freien Berufen waren lediglich die Vorschriften des § 36 massgebend. Dies musste dazu führen, dass insbesondere Anwälte und Aerzte die zwar verdienten, aber noch nicht einmal liquidierten Beträge aus ihrer beruflichen Tätigkeit an sich hätten versteuern müssen. Entsprechend der Er- klärung eines Regierungsvertreters im 10. Ausschuss (Drucks. Nr. 2149 der Ver- fassunggebenden Nationalversammlung S. 87) hat man in der Praxis in allen Fällen, in denen angenommen werden konnte, dass die Aussenstände am Anfang und am Ende eines Jahres die gleiche Höhe hatten, nur die tatsächlich zuge- flossenen Einnahmen versteuert. Das wird nunmehr gesetzlich festgelegt. Künftig sollen Beträge, die ein Rechtsanwalt, Arzt usw. erst im Zeitpunkt der Liquidierung oder der tatsächlichen Vereinnahmung bucht, erst in diesem Zeitpunkt als bezogen gelten.

Von dem Grundsatz des Abs. 1 Satz 1, dass ein Einkommensteil innerhalb des Steuerabschnitts als bezogen gilt, in dem der Anspruch auf den Betrag fällig oder, ohne fällig zu sein, tatsächlich zugeflossen ist, musste eine Ausnahme für das Ein- kommen aus nichtselbständiger Arbeit geschaffen werden. Würde nämlich dieser Grundsatz auch auf das Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit angewendet werden, so würde sich ergeben, dass ζ. Β. die Gehaltsbezüge für den Januar eines Jahres, die schon im Dezember des vorangegangenen Jahres ausgezahlt werden, ohne in diesem Zeitraum bereits fällig zu sein, als Einkommen des Kalenderjahres gelten würden, in dem sie ausbezahlt worden sind. Die Gehaltszahlungen, die vor Beginn des Verdienstzeitraums geleistet werden, für welchen sie zu leisten sind, stellen Vorschüsse auf einen noch nicht entstandenen Gehaltsanspruch dar. Der Gehaltsanspruch selbst entsteht frühestens mit dem Beginn des Zeitraums, für den die Zahlungen geleistet werden, und solange dieser Gehaltsanspruch noch nicht besteht, steht dem Vorschuss das Rückforderungsrecht der auszahlenden Stelle

204

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 75: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Áug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926. 205

gegenüber. Solange kann auch der Vorschuss noch nicht als Einnahme angesehen werden. Es ist daher in dem Entwurf vorgesehen, dass diese Bezüge in dem Steuer- abschnitt als bezogen gelten, in den der Verdienstzeitraum fällt. Das gleiche gilt auch für laufende Bezüge aus nichtselbständiger Arbeit, die nach Ablauf des Ver- dienstzeitraumes zugeflossen sind. Der Hinweis auf die Vorschrift des § 70 des Entwurfs soll verhindern, dass ein Arbeitgeber von der Vornahme des Steuerabzugs unter Berufung auf die für die Veranlagung von Arbeitslohn getroffene besondere Kegelung absieht. Für die Fälle, in denen der Verdienstzeitraum auf einen neuen Steuerabschnitt übergreift, bedurfte es keiner besonderen Regelung. Diese Fälle werden verhältnismässig selten vorkommen, da im allgemeinen bei den Festbesol- deten das Ende des Verdienstzeitraums mit dem Ende des Steuerabschnitts zu- sammenfällt; Entlohnungen von einer Monatshälfte zur anderen (ζ. Β. Entlohnung vom 15. des einen Monats bis zum 15. des anderen Monats) werden verhältnismässig selten sein. Praktisch kann das werden bei Arbeitnehmern, die nach Wochen ent- lohnt werden und bei denen die letzte Arbeitswoche des einen Jahres teilweise auf die erste Woche des neuen Jahres übergreift. Abgesehen davon, dass es sich bei dieser Kategorie von Arbeitnehmern regelmässig um solche handeln wird, die keinen so hohen Lohn beziehen, dass sie für die Veranlagung in Betracht kommen, wird bei Bemessung der Vergütung nach Zeitabschnitten die Vergütung im all- gemeinen nach Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte entrichtet. Bei dein oben er- wähnten Fall des Uebergreifens des Verdienstzeitraums auf einen neuen Steuer- abschnitt wird deshalb im allgemeinen der nach Ablauf des Verdienstzeitraums ge- zahlte Lohn zum Einkommen des neuen Steuerabschnitts zu rechnen sein.

Die oben erläuterten Vorschriften über die Frage, innerhalb welches Steuer- abschnitts ein Einkommensteil als bezogen gilt, sollen auf die Entscheidung der Frage, für welchen Steuerabschnitt ein Betrag als ausgegeben gilt (§§ 15-18), ent- sprechende Anwendung finden. Dies entspricht der Regelung des § 38 des bis- herigen Einkommensteuergesetzes.

Zu § 12. Die Vorschriften der §§ 12, 13 erläutern den Begriff des Gewinns, der, wie

oben dargelegt, bei selbständiger Erwerbs- oder Berufstätigkeit als Einkommen gilt. Während § 13 nur bei Vollkaufleuten, d. h. bei Steuerpflichtigen, die Handels- bücher nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuchs zu führen verpflichtet sind, Anwendung findet, gilt § 12 für Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, für Hand- werker und Gewerbetreibende, deren Betrieb nicht über den Umfang des Klein- gewerbes hinausgeht, und für Einkünfte aus sonstiger selbständiger Berufstätigkeit, insbesondere für die freien Berufe. Die Vorschrift des § 12 entspricht den Ein- kommensermittlungsvorschriften der §§ 32, 33 Abs. 1 des bisherigen Einkommen- steuergesetzes. Der Gewinn setzt sich aus zwei Elementen zusammen, einmal aus dem Ueberschuss der Einnahmen über die Ausgaben und zweitens aus einem Ver- gleich des Betriebsvermögens am Anfang und am Schluss des Jahres. Je nachdem, ob die Vermögenswerte am Schluss oder am Anfang grosser sind, ist der Unter- schied den Einnahmen oder den Ausgaben hinzuzusetzen. Wie im bisherigen Ein- kommensteuergesetz soll sich dieser Vergleich aber nicht auf das gesamte Vermögen erstrecken. Vielmehr soll auch künftighin der Grund und Boden ausser Betracht bleiben. Wie im bisherigen Einkommensteuerrecht wird hierbei zwischen den Ge- bäuden nebst Zubehör und dem Grund und Boden mit seinen übrigen wesentlichen Bestandteilen unterschieden. Der Vermögensvergleich erstreckt sich auf die dem Betrieb dienenden Gebäude nebst Zubehör, dagegen nicht auf die übrigen wesent- lichen Bestandteile des Grundstücks und nicht auf den Grund und Boden selbst. Hiernach bleiben also ausser Betracht bei der Landwirtschaft das sogenannte Feld- inventar (im Boden befindliche Saat, Dünger u. dgl.), sowie die stehende und noch nicht veräusserte Ernte, bei der Forstwirtschaft das stehende Holz, soweit es noch nicht verkauft ist. Ausser Betracht bleiben ferner wie bisher die Unterschiede des Kassenbestandes, der Forderungen und der Schulden. Diese Unterschiede finden schon dadurch ihre Berücksichtigung, dass Einkommensteile nach § 11 innerhalb des Steuerabschnitts als bezogen und Ausgaben innerhalb des Steuerabschnitts als erfolgt gelten, in dem der Anspruch oder die Schuld fällig wird. Der Vergleich

205

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 76: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

206 deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926:

erstreckt sich demgemäss auf die gesamten Sachbestände des umlaufenden Kapitals (Erzeugnisse, Waren und Vorräte des Betriebs) sowie auf das Anlagekapital mit Ausnahme des Grund und Bodens, d. h. also auf das bewegliche Anlagekapital, und vom unbeweglichen Anlagekapital auf die dem Betriebe dienenden Gebäude nebst Zubehör. Da der Grund und Boden von dem Vergleich ausgeschlossen ist, müssen auch Einnahmen und Ausgaben, die aus der Veräusserung oder dem Er- werbe solchen Grund und Bodens entstammen, ausser Betracht bleiben. Das gilt natürlich nur, wenn die Grundstücke zum Anlagekapital gehören ; in einem Gewerbe- betrieb, der den Handel mit Grundstücken zum Gegenstande hat, sind diese Grund- stücke Waren und als solche in den Bestandsvergleich mit aufzunehmen. Dass Ein- nahmen aus der Veräusserung von Grund und Boden ausser Betracht bleiben, wird im § 12 ausdrücklich erwähnt; umgekehrt war für entsprechende Ausgaben die Aufnahme einer entsprechenden Vorschrift schon mit Rücksicht auf § 18 des Ent- wurfs nicht erforderlich. Bei zur Führung von Handelsbüchern Verpflichteten liegt die Sache anders (vgl. § 13).

Die Gegenüberstellung des Wertes der bezeichneten Vermögensgegenstände ist, wie bereits in der allgemeinen Begründung und zu § 7 erwähnt, aus grundsätz- lichen Erwägungen für alles Einkommen aus selbständiger Erwerbs- oder Berufs- tätigkeit erforderlich. Freilich ist nicht zu verkennen, dass bei grossen Gruppen von selbständig Erwerbs- und Beruf stätigen in der Praxis ein solcher Vergleich nicht erforderlich ist, weil das der Tätigkeit dienende Vermögen am Schluss der einzelnen Steuerabschnitte wesentlichen Schwankungen nicht zu unterliegen pflegt. Dem trägt der Entwurf Rechnung; im letzten Satze des Abs. 1 wird zu- gelassen, dass bei solchen Steuerpflichtigen von dem Vermögensvergleich abge- sehen, als Gewinn also lediglich der Ueberschuss der Einnahmen über die Ausgaben zugrunde gelegt wird. Diese Vorschrift wird bei vielen Steuerpflichtigen und bei ganzen Berufsgruppen Anwendung finden; ζ. Β. Kleingewerbetreibenden, Personen, die ein Verkehrs- oder Vermittlungsgewerbe betreiben, Landwirten, bei denen das Anlagekapital das gleiche bleibt und bei denen am Stichtag (30. Juni, vgl. § 10 Abs. 1 a) Bestände regelmässig nicht vorhanden sind, endlich auch bei Angehörigen der freien Berufe.

Die Vorschrift des § 12 Abs. 2 Satz 1 bedeutet lediglich eine Klarstellung. Sowohl in der kaufmännischen Buchführung als auch im bisherigen Einkommen- steuerrecht ist anerkannt, dass bei der Veräusserung von Gegenständen, die nicht sofort bezahlt werden, entweder die Gegenstände oder die Gegenforderung ein- gesetzt werden müssen. Dieser Grundsatz muss bei jeder Gewinnermittlung, ins- besondere also auch bei nicht buchführenden Kaufleuten und Landwirten Anwen- dung finden; denn sonst würde sich in einem Steuerabschnitt ein zu geringes, im anderen ein zu hohes Einkommen ergeben. Die Vorschrift des § 12 Abs. 2 Satz 2 des Entwurfs, nach der bei der Gewinnermittlung auch der Wert der Gegenstände, Ausbeuten oder Dienstleistungen anzusetzen ist, die der Steuerpflichtige aus dem Betriebe für sich, für seinen Haushalt oder für betriebsfremde Zwecke entnommen hat, entspricht dem bisherigen Recht (vgl. § 32 Abs. 1 Satz 3, § 33 Abs. 1 Satz 3 des bisherigen Einkommensteuergesetzes).

Für die Fälle, in denen die Aufgabe, Veräusserung oder unentgeltliche Ueber- tragung des Betriebs nicht mit dem Ende des Steuerabschnitts des Inhabers zu sammenf ällt, kann die Gewinnermittlung nicht auf den Schluss des Steuerabschnitts vorgenommen werden, vielmehr ist sie für den Zeitpunkt der Aufgabe, Veräusse- rung oder Uebertragung aufzustellen ; soweit Buchabschlüsse gefertigt werden, muss ein Buchabschluss also für diesen Zeitpunkt gemacht werden. Umgekehrt kann es auch Fälle geben, in denen die Gewinnermittlung nicht vom Schluss des vergange- nen Steuerabschnitts ausgehen kann; an Stelle dieses Zeitpunktes muss deshalb bei Eröffnung des Betriebs der Zeitpunkt der Eröffnung treten, bei Erwerb eines Betriebs, insbesondere im Wege des Erbgangs, der Schluss des Steuerabschnitts des Rechtsvorgängers.

Zu § 13.

Steuerpflichtige, die Handelsbücher nach den Vorschriften des Handelsgesetz- buchs zu führen verpflichtet sind, d. h. also die sogenannten Vollkaufleute, pflegen

SOG

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 77: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1926/26. Febr. 1926. 207

ihre Buchführung nicht so einzurichten, dass die Ausgaben von den Einnahmen abgezogen werden und dass dann der Mehrwert der Sachbestände hinzugerechnet oder der Minderwert abgezogen wird ; in der kaufmännischen Buchführung ist e& vielmehr üblich, jeden geschäftlichen Vorgang als eine Veränderung des Vermögen» zu betrachten und dementsprechend zu buchen. Hier ist der Gewinn also der nach den Grundsätzen geordneter Buchführung ermittelte Ueberschuss des Betriebs- vermögens am Schluss des Wirtschaftsjahrs gegenüber dessen Stande am Anfang des Wirtschaftsjahrs. Dieser Art der Gewinnberechnung muss das Steuerrecht grundsätzlich folgen. Der Entwurf stimmt hierbei mit den meisten einzelstaatlichen Steuergesetzen und mit § 33 Abs. 2 des bisherigen Einkommensteuergesetzes im allgemeinen überein. Bei der Auslegung des § 33 Abs. 2 des bisherigen Einkommen- steuergesetzes bestanden gewisse Zweifel, ob es sich hier lediglich um eine besondere Berechnungsvorschrift handelte oder ob § 33 Abs. 2 eine den Umfang des steuer- baren Einkommens bestimmende materielle Vorschrift war. Die überwiegende Meinung und auch der Reichsfinanzhof vertrat den letztgenannten Standpunkt (vgl. Entsch. des Reichsfinanzhofs Bd. HS. 249). Der Entwurf will durch die Fassung des § 13 und durch seinen Zusammenhang mit § 7 Abs. 2 Nr. 1 keinen Zweifel darüber lassen, dass es sich um eine materielle Vorschrift handelt.

Grundsätzlich soll die Steuer bilanz sich also an die Handelsbilanz anschliessen. Eine volle Uebereinstimmung besteht aber nicht. In der kaufmännischen Bilanz ist dem Ermessen des Geschäftsmanns ein weiterer Spielraum gelassen, er darf sich nur nicht zu hoch einschätzen. In der Einkommensteuerbilanz, die keine Be- stands-, sondern nur eine Erfolgsbilanz ist, sollen die tatsächlichen Geschehnisse innerhalb eines Steuerabschnitts ihren Ausdruck finden. Daher müssen, abgesehen von der sachlichen Richtigkeit, die Werte zutreffend sein und eine Reihe von spe- ziellen Steuervorschriften berücksichtigt werden.

Diese SpezialVorschriften beziehen sich zum Teil auf die Bewertung ; in dieser Hinsicht wird auf die Begründung zu §§ 19-21 verwiesen. Hervorgehoben sei hier lediglich, dass der in der kaufmännischen Buchführung allgemein anerkannte und auch für das Steuerrecht massgebende Grundsatz der Bilanzkontinuität be- reits im § 13 festgelegt ist. Das geschieht dadurch, dass nicht das Betriebsvermögen am Schluss des Steuerabschnitts mit dem am Anfang des Steuerabschnitts vergli- chen werden soll, sondern mit dem Betriebsvermögen, das am Schluss des voran- gegangenen Steuerabschnitts der Veranlagung zugrunde gelegen hat. Damit ist gesagt, dass die Gewinne, die sich kaufmännisch in einem Steuerabschnitt ergeben, in diesem Steuerabschnitt auch herangezogen werden sollen. Einzelkaufleute oder offene Handelsgesellschaften, für die an sich § 40 des Handelsgesetzbuchs mass- gebend wäre, die aber nach den Gewohnheiten eines vorsichtigen Kaufmanns und in Uebereinstimmung mit § 19 Abs. 2 des Entwurfs ihr Betriebsvermögen regel- mässig mit den Anschaffungs- oder Herstellungspreisen angesetzt haben, dürfen, wenn sich bei der Veräusserung erhebliche Gewinne ergeben, nun nicht den ge- meinen Wert für den Anfang des nächsten Steuerabschnitts nach § 40 des Handels- gesetzbuchs einsetzen. Vielmehr sind die Anschaffungs- oder Herstellungspreise, die am Schluss des vorangegangenen Steuerabschnitts der Veranlagung zugrunde gelegen haben, Ausgangspunkte für die Gewinnermittlung des laufenden Steuer- abschnitts (vgl. auch Begründung zu § 20).

Sonder Vorschriften finden sich auch bei den abzugsfähigen Ausgaben. So dürfen ζ. Β. Personalsteuern, die der Kaufmann stets in seiner Handelsbilanz vom Gewinn absetzt, nicht abgezogen werden. Ebensowenig dürfen Aufwendungen, | die sich als Verwendung des Einkommens darstellen, abgesetzt werden. '

Wenn Gewerbetreibende nach den Grundsätzen ordnungsmässiger Buchfüh- rung regelmässige Abschlüsse machen, ohne dazu verpflichtet zu sein, so sollen nach näherer Bestimmung des Reichsministers der Finanzen die gleichen Grundsätze Anwendung finden. Diese Vorschrift soll die Verbreitung ordnungsmässiger Buch- führung begünstigen.

Zu § 14.

Die Vorschrift des § 14 findet sowohl für Steuerpflichtige, bei denen als Ein- kommen der Ueberschuss der Einnahmen über die Ausgaben gilt, als auch für

207

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 78: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

208 Deutsches Reichs eink ο mmensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926.

selbständige Erwerbs- und Berufstätige, bei denen als Einkommen der Gewinn im Sinne des § 12 gilt, Anwendung. Dagegen gilt er nicht für die Fälle des § 13, weil dort, wie oben dargelegt, der Gewinn lediglich auf Grund des Vermögensver- gleichs ermittelt wird. Im ersten Halbsatz des § 14 ist zum Ausdruck gebracht, dass die Einnahmen nicht notwendig in Geld bestehen müssen, sondern auch in Gütern bestehen können, die Geldeswert haben. Es bedarf keiner Erwähnung, dass es sich hierbei um Güter aller Art, also in besonderen Fällen auch um unbewegliche Sachen handeln kann. Wichtig ist, dass es sich um dem Steuerpflichtigen „zu- fliessende" Güter handeln muss. Damit ist zum Ausdruck gebracht, dass bestimmte Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen nicht „zufliessen", ausser Betracht bleiben. Dies gilt insbesondere für Gegenstände, die dem Steuerpflichtigen nur zur Auf- bewahrung anvertraut sind, sowie für den Empfang von Geldern, wenn der Steuer- pflichtige gleichzeitig Schuldner auf Rückgabe an den Zahlenden oder auf Weiter- gabe an einen Dritten ist. Ferner ist ein solches „Zufliessen" nicht gegeben, wenn es sich wie beim Rückempfang eines Darlehens lediglich um die Zahlung zum Zwecke der Befriedigung einer Kapitalschuld handelt.

Die Vorschrift des zweiten Halbsatzes, wonach der Wert einer Nutzung der Wohnung im eigenen Hause und einer dem Steuerpflichtigen ganz oder teilweise unentgeltlich überlassenen Wohnung einschliesslich Zubehör den Einnahmen gleich- gestellt wird und demgemäss als Einkommen zu versteuern ist, entspricht dem § 6 Nr. 2 des bisherigen Einkommensteuergesetzes.

Zu § 15. Die Vorschrift des § 15 findet bei allen Arten der Einkommenermittlung An-

wendung. Für die Gewinnermittlung nach § 13, die lediglich von einem Vergleich des Betriebsvermögens ausgeht, hat die Vorschrift des § 15, wie oben dargelegt, insofern eine Bedeutung, als Ausgaben des buchführenden Kaufmanns sein Be- triebsvermögen am Schluss des Steuerabschnitts mindern, soweit der entsprechende Betrag nicht gleichzeitig einem Bestandskonto gutzuschreiben ist und auch tat- sächlich gutgeschrieben wird. Das Einkommensteuerrecht kann aber Ausgaben, die das Vermögen buchführender Gewerbetreibender mindern, nur insoweit aner- kennen, als es ihren Abzug nach allgemeinen Grundsätzen auch für andere Steuer- pflichtige gestattet. Die §§ 15-18 des Entwurfs regeln somit für alle Steuer- pflichtigen die Frage, welche Ausgaben abgezogen werden dürfen.

Im bisherigen Gesetz waren die Ausgaben allgemein im § 13 geregelt; daneben bestanden die besonderen Berechnungsvorschriften der §§ 31-35. Ihr Verhältnis zu § 13, auf den zum Teil verwiesen wurde, war aber nicht einwandfrei klargestellt, insbesondere konnten Zweifel über das Verhältnis von Betriebsausgaben zu Wer- bungskosten bestehen. Diese Zweifel werden durch den Entwurf beseitigt (vgl. Be- gründung zu § 16). Der Entwurf unterscheidet drei Gruppen von Ausgaben:

1. die Werbungskosten (vgl. § 16); 2. die Sonderleistungen, d. h. Ausgaben, die nicht unter den Begriff der Wer-

bungskosten fallen, aber aus sozialen Gründen nach dem bisherigen Einkommen- steuerrecht und auch im Entwurf zum Abzug zugelassen werden (vgl. § 17);

3. die Schuldzinsen und bestimmte Renten und dauernde Lasten. Soweit die Schuldzinsen und Lasten schon Werbungskosten darstellen, und das wird bei Gewerbetreibenden und Landwirten vielfach der Fall sein, gehören sie unter Nr. 1 ; darüber hinaus gibt es aber Schuldzinsen, Renten und Lasten, die nicht zu den Werbungskosten gehören. Sie sollen ebenso wie im bisherigen Recht stets abgezogen werden. Die Einschränkung, dass diese Zinsen, Renten und Lasten nicht abgezogen werden dürfen, soweit sie mit Einkünften in wirtschaftlichem Zusam- menhang stehen, die für die Einkommensteuer ausser Betracht bleiben, sowie die Einschränkung hinsichtlich der Aufwendungen zur Erfüllung einer gesetzlichen Unterhaltungspflicht, endlich die Einschränkung hinsichtlich der beschränkt Steuerpflichtigen (Abs. 2) entsprechen dem bisherigen Recht.

Zu § 16. Der Begriff der Werbungskosten entspricht dem bisherigen Recht. Während

jedoch im bisherigen Einkommensteuergesetz nicht klargestellt war, wie sich Be« 208

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 79: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926. 20&

^riebsausgaben (§§ 32, 33 des bisherigen Einkommensteuergesetzes) zu den Wei- bungskosten (§13 des bisherigen Einkommensteuergesetzes) verhielten, umfassen die Werbungskosten im Sinne des Entwurfs auch die Betriebsausgaben, soweit -deren Abzug nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist.

Wie schon oben ausgeführt, regelt der Entwurf das Verhältnis der Betriebs- ausgaben, die in einem Jahr voll abgesetzt werden können, zu den Fällen, in denen -zwar nicht die Betriebsausgaben als Werbungskosten, statt dessen aber Abset- zungen für Abnutzung abgezogen werden dürfen. Vielfach lassen sich Erträge nur mit bestimmtem Vermögen, dem sogenannten Anlagekapital (Fabrikgebäude, Ma- schinen, Handwerkszeug u. dgl.), erzielen. Der Entwurf unterscheidet hier zwischen Gegenständen des Anlagekapitals, die zur dauernden Verwendung, und solchen, die nicht zur dauernden Verwendung bestimmt sind. Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für letztere dürfen in voller Höhe sogleich als Betriebsaus- gaben abgesetzt werden. Von einer nicht dauernden Verwendung wird man im Allgemeinen sprechen können, wenn die Verwendbarkeit ein Jahr nicht übersteigt. Die Grenze ist flüssig; im allgemeinen wird sich das nach wirtschaftlichen Verhältnissen und nach der Verkehrsauffassung entscheiden. So wird man bei Betrieben (Klein- und Grossbetrieben), bei denen der Verbrauch an Handwerks- zeug und ähnlichen Geräten, wie Spaten, Hammer, Eimer, Oelkannen u. dgl., gross ist, die Ausgaben für die Anschaffung von derartigen Geräten, soweit es eich um den laufenden Bedarf handelt, voll zum Abzug zulassen. Umgekehrt dürfen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für Gegenstände, die zur dauernden Verwendung bestimmt sind, nicht ohne weiteres, d. h. nicht in dem Jahre der An- schaffung oder Herstellung, abgesetzt werden; denn mit solchen Gegenständen wird nicht das Einkommen eines Jahres, sondern das mehrerer Jahre erzielt. In- folgedessen sind sie Werbungskosten nicht eines (des Anschaffungs-) Jahres, sondern mehrerer Jahre. Solche Vermögensgegenstände werden bei der Ertrags- erzielung fortlaufend verwendet, abgenutzt und allmählich aufgezehrt. Dement- sprechend müssen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf die mutmass- liche Nutzungsdauer des Gegenstandes verteilt werden. Nach dem Mass, in dem die Gebrauchsfähigkeit eines solchen Gegenstandes im Steuerabschnitt abge- nommen hat, sind Teile des Anschaffungs- oder Herstellungspreises als Werbungs- kosten bei der jeweiligen Einkommensermittlung in Abzug zu bringen. Die Ab- setzungen werden im allgemeinen gleichmässig auf die Nutzungsdauer des Gegen- standes zu verteilen sein; jedoch muss es dem Steuerpflichtigen unbenommen sein, den Nachweis für aussergewöhnliche Abnutzungen zu erbringen, die eine un- gleichmässige Verteilung rechtfertigen.

Soweit es sich um Neuanschaffungen von Vermögensgegenständen handelt, war schon im bisherigen Einkommensteuergesetz durch § 15 die Aufnahme der Anschaffungskosten unter die Ausgaben verboten und somit nur die Absetzung für die jährliche Abnutzung zugelassen. Bei Ersatzbeschaffungen war es dagegen in das Belieben des Steuerpflichtigen gestellt, ob er im AugenbKck der Ersatzbeschaf- fung ihre Kosten als Ausgaben abziehen oder ihren Gesamtbetrag als Absetzung für Abnutzung auf die Nutzungsdauer des Gegenstandes verteilen wollte. Der Ent- wurf, der sich auch hier den kaufmännischen Grundsätzen geordneter Buchführung «nschliesst, schreibt vor, dass Aufwendungen für die Anschaffung oder Herstellung von Gegenständen, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen sich bestimmungsgemäss auf einen längeren Zeitraum erstreckt, im Augenblick der Anschaffung nicht voll abgezogen werden dürfen, dass für solche Gegenstände vielmehr nur die oben bezeichneten Absetzungen für Abnutzung als Werbungs- kosten anerkannt werden sollen. Ausgaben für die Wiederherstellung eines Gegen- tstandes (Reparaturen) können dagegen in dem Steuerabschnitt, in dem sie auf- gewendet worden sind, voll abgezogen werden. Handelt es sich dagegen um Auf- wendungen, durch die ein vorhandener Gegenstand vermehrt oder verbessert wird, so sind diese ebenso wie die Aufwendungen für die Herstellung neuer Gegenstände vu behandeln.

Der Kreis der Gegenstände, für die Absetzungen für Abnutzung vorgenommen werden können, ist grundsätzlich wie im § 13 Abs. 1 b des bisherigen Gesetzes abgegrenzt; darüber hinaus werden ausdrücklich die gewerblichen, literarischen

Finanzarcliiv. XLIII. Jahrg. 209 14

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 80: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

210 Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926.

und künstlerischen Urheberrechte erwähnt. Bei diesen ist eine Abnutzung dann ge- geben, wenn sie, wie insbesondere die Patentrechte, nach einer Reihe von Jahren ablaufen oder erlöschen, in jedem Jahre also zu einem Teil zur Ertragserzielung Verwendung finden. Es sei ausdrücklich klargestellt, dass zu dem Kreis der Gegen- stände, für die Absetzungen für Abnutzung vorgenommen werden können, auch die Wasserleitungs-, Dung- und Güllanlagen gehören.

Absetzungen für Abnutzung dürfen von keinem höheren als dem Anschaf ~ f ungs- oder Herstellungspreis - also nicht von einem etwa darüber hinausgehenden Gegenwartswerte - vorgenommen werden. Um jeden Zweifel auszuschliessen, ist dies im Entwurf klar zum Ausdruck gebracht worden. In der Praxis werden bis- weilen die Absetzungen vom Buchwert berechnet; dies soll auch steuerlich zulässig sein, sofern der Buchwert geringer ist als der Anschaffungs- oder Herstellungs- preis. Die Absetzungen sind nach Hundertsätzen zu bemessen. Die Höhe der Hundertsätze muss den Handelsgebräuchen und der Verwaltungsübung überlassen bleiben. Bei der Verschiedenheit der Verhältnisse ist eine allgemeine Regelung und die Anordnung fester Sätze nicht möglich.

Besondere Vorschriften über die Bildung eines Erneuerungsfonds sind nicht erforderlich; es ist gleichgültig, ob die Absetzungen für Abnutzung buchtechnisch durch Abzug von den Aktiven vorgenommen werden, oder ob auf der Passivseite ein besonderes Konto z. B. für Erneuerungsrücklagen gebildet wird. Werden beide Buchungsmethoden nebeneinander gewählt, so darf hierdurch aber der nach Abs. 2, 3 abzugsfähige Betrag nicht überschritten werden.

Nach § 16 Abs. 4 des Entwurfs sollen die Vorschriften über Absetzungen für Abnutzung, wie im bisherigen Recht, auf die Absetzungen für Substanzverringe- rung bei Bergbauunternehmungen und ähnlichen Betrieben entsprechende Anwen- dung finden.

Wegen der Frage, von welchem Wert bei Gegenständen auszugehen ist, die bei Beginn des ersten diesem Gesetz unterworfenen Steuerabschnitts zum Anlage- kapital des Steuerpflichtigen gehört haben, wird auf die Ueberleitungsvorschriften (§§ 102-108) verwiesen. Es soll grundsätzlich an die Goldmarkeröffnungsbilanz angeknüpft werden. Gewisse Berichtigungen sind aber vorzunehmen: einerseits muss verhindert werden, dass der Steuerpflichtige durch Absetzungen von einem zu hohen Ausgangswert das Einkommen der nächsten Jahre zu sehr mindert; ander- seits muss Steuerpflichtigen, die ihre Betriebsgegenstände besonders niedrig (ζ. Β. mit einer Reichsmark) angesetzt haben, die Möglichkeit gegeben werden, ange- messene Absetzungen für Abnutzung zu machen.

Abschreibungen für Wertminderung, die wie bisher von den Absetzungen für Abnutzung streng geschieden werden, sind nur im Rahmen der Bewertungsvor- schriften (§§ 19, 20 des Entwurfs), also nur dann zulässig, wenn der gemeine Wert am Schluss des Steuerabschnitts geringer ist als der bisher angesetzte Wert.

Im Abs. 5 werden bestimmte Arten von Werbungskosten besonders auf- geführt. Die Vorschriften der Nr. 1 (Ertragsteuern und Versicherungskosten) und Nr. 5 (notwendige Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte) stimmen mit dem bisherigen Einkommensteuergesetz inhaltlich überein. Zu den öffentlichen Abgaben im Sinne der Nr. 1 gehört die Wertzuwachssteuer in den Fällen, in denen der Veräusserungsgewinn besteuert wird. Auch die Hauszins- steuer ist eine öffentliche Abgabe; zu den Geschäftsunkosten oder Verwaltungs- kosten im Sinne des Abs. 5 Nr. 1 gehört sie aber nur, wenn sie vom Vermieter oder im Falle der Vermietung zu gewerblichen Zwecken vom Mieter entrichtet wird. Für die eigene Wohnung darf der Vermieter die Hauszinssteuer nur dann abziehen, wenn ihr Betrag in der Höhe des Mietwerts der eigenen Wohnung zum Ausdruck kommt; er darf in dieser Beziehung nicht besser gestellt sein als der Mieter, der die Hauszinssteuer für Wohnräume niemals abziehen darf.

Nicht aufgenommen ist die Vorschrift des § 13 Abs. 1 Nr. 1 e des bisherigen Einkommensteuergesetzes, wonach Mehraufwendungen für den Haushalt infolge Erwerbstätigkeit der Ehefrau als Werbungskosten abzugsfähig sein sollten. Diese Vorschrift ist nicht mehr erforderlich. Denn durch die besondere Ausgestaltung der Lohnsteuer wird dem Mehraufwand im Haushalt dadurch Rechnung getragen, dass die Ehefrau hinsichtlich ihres Arbeitseinkommens selbständig zum Steuerabzug

210

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 81: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926» 211

heranzuziehen oder zu veranlagen ist, und dass hierbei der Ehemann stets 1 ν. Η. Ermässigung für die Ehefrau bekommt, und dass ferner sowohl der Mann als auch die Frau den vollen Pauschbetrag von 720 RM. im Jahre steuerfrei haben. In be- sonderen Fällen kann auf Grund des § 56 die Steuer ermässigt werden.

Neu sind Abs. 5 Nr. 2 und 3. Die nach dem Aufbringungsgesetz von Gewerbe- treibenden zu entrichtende Jahresleistung einschliesslich der Zuschläge und die von Landwirten zu entrichtenden Grundschuldzinsen für die Rentenbank sollen, weil sie den Gewinn des Betriebs mindern, als Werbungskosten abzugsfähig sein.

Die in Abs. 5 Nr. 4 aufgeführten Beiträge zu den Berufs- und Wirtschaftsver- tretungen sollen im bisherigen Umfange abgezogen werden dürfen. Systematisch besteht gegenüber dem bisherigen Gesetz nur insofern ein Unterschied, als die Beiträge bisher nicht ausdrücklich als Werbungskosten bezeichnet waren, und dass daher, wenn es ζ. Β. bei beschränkter Steuerpflicht darauf ankam, besonders ent- schieden werden musste, ob die Beiträge im einzelnen Falle Werbungskosten dar- stellten oder nicht. Die Zugehörigkeit zu Berufs- oder Wirtschaftsvertretungen oder Berufsverbänden wird in allen Kreisen als so selbstverständlich betrachtet* dass der Entwurf glaubte, dem durch die ausdrückliche Anerkennung dieser Beiträge als Werbungskosten Rechnung tragen zu sollen.

Wie sich aus der Fassung des Abs. 5 ergibt, werden die Werbungskosten nicht erschöpfend aufgezählt. Es kann ζ. Β. auch Fälle geben, in denen die Flurbereini- gungskosten als Werbungskosten anzusehen sind.

Um Zweifel auszuschliessen, sei hervorgehoben, dass § 16 nicht nur in den Fällen der §§ 12, 13, sondern für die Einkommensermittlung bei allen Einkommens- arten gilt. So ist ζ. Β. auch der Vermieter oder Verpächter berechtigt, Absetzungen für Abnutzung nach Abs. 2, 3 abzuziehen, soweit nicht der Pächter eines landwirt- schaftlichen Betriebes zur Erneuerung verpflichtet ist und deshalb an Stelle des Verpächters entsprechende Abzüge vornehmen darf.

Zu § 17.

Die Vorschrift des § 17 des Entwurfs enthält die im § 13 Abs. 1 unter Nr. 3- 5a und unter Nr. 6 a des bisherigen Einkommensteuergesetzes aufgeführten abzugs- fähigen Beträge. In Nr. 1 ist die im § 13 Abs. 1 Nr. 3 des bisherigen Gesetzes ent- haltene Begrenzung: „soweit sich der Gegenstand der Versicherung auf die be- zeichneten Gefahren beschränkt" gestrichen, weil diese Einschränkung in der Praxis zu grossen Schwierigkeiten führt; statt dessen ist eine ziffernmässige Grenze eingeführt worden. Der Abzug von Sterbekassenbeiträgen (Nr. 2) und Sparein- lagen ist entsprechend den für die Versicherungsprämien schon bisher in Geltung gewesenen Vorschriften auf die Sterbekassenbeiträge und Spareinlagen zugunsten der nicht selbständig veranlagten Haushaltungsangehörigen ausgedehnt worden.

Wie bisher ist der Abzug der Sonderleistungen der Höhe nach begrenzt worden. Im Gegensatz zu dem bisherigen Gesetz erschien es aber zweckmässig, den Höchst- betrag nach sozialen Gesichtspunkten zu staffeln. Der Höchstbetrag soll bei ledigen Steuerpflichtigen 360 RM. im Jahre ausmachen und sich für die Ehefrau und jedes nicht selbständig zu veranlagende minderjährige Kind um je 60 RM. er- höhen. Bei einem verheirateten Steuerpflichtigen mit drei minderjährigen Kindern beträgt die Höchstgrenze demgemäss 600 RM.

Nicht aufgenommen ist die Vorschrift des § 13 Abs. 1 Nr. 7 des bisherigen Einkommensteuergesetzes, wonach Beiträge an inländische Vereinigungen, die aus- schliesslich wissenschaftliche, künstlerische, kirchliche, mildtätige oder gemein- nützige Zwecke verfolgen, in gewissem Umfange abzugsfähig waren. Die Vorschrift des bisherigen Gesetzes kam nur leistungsfähigen Steuerpflichtigen zugute, da kleinere Beträge nicht abzugsfähig waren und Personen mit geringerem Einkommen grosse Beträge für solche Zwecke aufzuwenden nicht in der Lage sind. Die Ver- günstigung hatte bei einem Tarif, der bis zu 60 ν. Η. des Einkommens ging, eine gewisse Berechtigung. Angesichts der erheblichen Senkung des Tarifs kann die Vergünstigung dagegen nicht in Frage kommen. Die Aufhebung liegt auch im wesentlichen Interesse der Vereinfachung der Verwaltung. Würde eine solche Vorschrift bestehen, so müsste bei jedem Steuerpflichtigen die Höhe der Abzüge

211

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 82: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

2 12 Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez, 1926/26. Febr. 1926.

nicht nur berechnet, sondern auch nachgeprüft werden, zumal da Fälle vorge- kommen sind, in denen ein Steuerpflichtiger den Abzug von Beiträgen an 72 ver- schiedene Vereinigungen geltend gemacht hat.

Von verschiedenen Seiten ist angeregt worden, wie im Körperschaftsteuer- gesetz (vgl. § 14 Nr. 2 des Entwurfes eines Körperschaftsteuergesetzes) Zuwen- dungen an Unterstützungs-, Wohlfahrts- und Pensionskassen des Betriebes zum Abzug zugelassen, wenn die dauernde Verwendung für die Zwecke der Kassen ge- sichert ist. Ein dahingehender Antrag ist schon früher für die Einkommensteuer abgelehnt worden, weil zwar bei Körperschaften, nicht dagegen bei Einkommen- steuerpflichtigen die dauernde Verwendung für die Zwecke der Kassen sicher- gestellt zu werden pflegt. Der gleiche Grund für die Ablehnung besteht noch heute.

Zu § 18.

Die Vorschrift des § 18 entspricht dem § 15 des bisherigen Einkommensteuer- gesetzes. Im Einleitungssatz wird der in fast allen Einkommensteuergesetzen des Auslandes sich wiederfindende Grundsatz besonders zum Ausdruck gebracht, dass Einkünfte, die sich als Verwendung des Einkommens darstellen, nicht abgezogen werden dürfen.

Durch die Fassung des Abs. 1 Nr. 1 ist klargestellt, dass die Vorschrift ent- sprechend der bisherigen Uebung keine Anwendung findet, wenn die Aufwendungen zur Verbesserung und Vermehrung des Vermögens bereits bei dem in bestimmten Fällen zur Ermittlung des Einkommens vorgeschriebenen Vermögensvergleich berücksichtigt werden.

Zu § 19.

§§ 19-21 enthalten die Bewertungs Vorschriften. Die Bewertung kommt hauptsächlich bei Vergleich von Vermögensgegenständen für die Gewinnermittlung gemäss § 12 Abs. 1, § 13 in Frage. Entsprechend den Vorschriften des § 40 des Handelsgesetzbuches und des § 137 der Reichsabgabenordnung soll grundsätzlich der gemeine Wert zugrunde gelegt werden. Um Zweifel auszuschliessen, wird in Abs. 1 Satz 2 ausdrücklich betont, dass nicht etwa der gemeine Wert des einzelnen Gegenstandes als besondere wirtschaftliche Einheit zu ermitteln ist; denn das könnte dazu führen, dass Gegenstände des Anlagekapitals, die eben erst in Benut- zung genommen sind, sehr niedrig, nämlich mit dem Altverkaufspreis bewertet werden müssten. Vielmehr ist bei der Bewertung davon auszugehen, dass der Gegenstand auch fernerhin der Fortführung des Betriebs dient, so dass etwa der Preis anzusetzen wäre, den ein Käufer des ganzen Betriebs, der das Unternehmen fortsetzen will, bei Berechnung des Kaufpreises für den ganzen Betrieb für diesen Gegenstand ansetzen würde.

Der Steuerpflichtige soll stets berechtigt sein, an Stelle des gemeinen Wertes den Anschaffungs- oder Herstellungspreis unter Abzug der zulässigen Absetzungen für Abnutzung und Substanzverringerung einzusetzen. Durch das dem Steuer- pflichtigen gewahrte Wahlrecht wird der Abzug nichtrealisierter Verluste und gleichzeitig die Nichtbesteuerung nichtrealisierter Konjunkturgewinne anerkannt.

Dieser Grundsatz steht, wie in der allgemeinen Begründung aufgeführt ist, im engsten Zusammenhang mit dem Einkommensbegriff des Entwurfs. Er war - weil mit der Schanz sehen Einkommenstheorie nicht vereinbar - im Einkom- mensteuergesetz vom 29. März 1920 nicht enthalten, ist aber bereits durch die Novelle vom 24. März 1921 eingeführt worden, so dass er bisher bei allen Veran- lagungen zur Eeichseinkommensteuer Anwendung gefunden hat. Der Grundsatz gilt an sich überall, wo der Wert von Vermögensgegenständen verglichen wird, also für alles Einkommen aus selbständiger Erwerbs- und Berufstätigkeit, wirkt sich aber in erster Linie als ein Vorrecht der buchführenden Gewerbetreibenden aus. Den Aktiengesellschaften ist durch § 261 des Handelsgesetzbuchs untersagt, höhere Werte als die Anschaffungs- oder Herstellungspreise einzusetzen, beim umlaufenden Kapital muss gegebenenfalls der niedrigere gemeine Wert eingesetzt werden; Gegenstände des Anlagekapitals dürfen statt dessen mit dem Anschaffungs- oder Herstellungspreis abzüglich angemessener Absetzungen für Abnutzung bewertet

212

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 83: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinjiommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926. 2J3

werden. Einzelkaufleute, offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesell- schaften sollen zwar nach § 40 des Handelsgesetzbuchs für sämtliche Vermögens- gegenstände den gemeinen Wert ansetzen, sie richten sich in der Praxis aber so allgemein nach § 261 des Handelsgesetzbuchs, dass dessen Vorschriften für alle buchführenden Gewerbetreibenden als Grundsätze eines ordentlichen Kaufmanns angesprochen werden können. Hiernach sieht der Kaufmann also Wertminde- rungen stets als Verlust an, Wertsteigerungen dagegen erst als Gewinn, wenn er sie realisiert hat. Der Entwurf glaubt diese kaufmännischen Grundsätze auch der Er- mittlung und Besteuerung des Einkommens zugrunde legen zu sollen. Er will also Konjunkturgewinne freilassen, solange sie nicht realisiert sind, aber besteuern, sobald sie realisiert werden. Häufig wird erst bei Aufgabe oder Veräusserung des Gewerbebetriebs realisiert; der Grundsatz führt daher mit zwingender Notwendig- keit dazu, den dann erzielten - weil dann erst realisierten - Gewinn zu besteuern (vgl. dazu § 30). Die Bewertungsvorschriften stimmen grundsätzlich mit § 32 a Abs. 1 des bisherigen Einkommensteuergesetzes überein. Eine Abweichung ist nur insofern gegeben, als nach dem bisherigen Einkommensteuergesetz der Steuer- pflichtige stets gezwungen war, den niedrigeren Wert einzusetzen, während der Entwurf dem Steuerpflichtigen für den Schluss des Steuerabschnitts, in dem der fragliche Gegenstand angeschafft oder hergestellt worden ist, stets die Wahl zwischen gemeinem Wert und Anschaffungs- oder Herstellungspreis gibt. Diese Aenderung trägt der Tatsache Rechnung, dass viele Gewerbetreibende für Gegen- stände des Anlagekapitals niemals den gemeinen Wert zu ermitteln pflegen, sondern in der kaufmännischen Bilanz bei diesen Gegenständen immer vom Anschaffungs- oder Herstellungspreis ausgehen.

Die Vorschrift des Abs. 2 Satz 2 des Entwurfs stimmt mit § 33 a Abs. 1 Satz 2 des bisherigen Einkommensteuergesetzes überein. Durch die Vorschrift soll ver- mieden werden, dass der Steuerpflichtige in Fällen, in denen ein Anschaffungs- oder Herstellungspreis nicht gegeben ist, gezwungen wird, den gemeinen Wert am Schluss des Steuerabschnitts einzusetzen und damit nicht realisierte Konjunktur- gewinne zu besteuern. Nun kann es aber vorkommen, dass einem Betriebe Gegen- stände gewidmet werden, die dem Steuerpflichtigen schon seit langer Zeit gehört haben, z. B. ein Gewerbetreibender verwendet Grundstücke und Gebäude, die er bisher vermietet hatte, von einem bestimmten Zeitpunkt an für seinen Gewerbe- betrieb. Solche Gegenstände sollen mit keinem höheren als dem gemeinen Wert im Zeitpunkt der Widmung angesetzt werden (Abs. 3 Satz 1 ). Die Vorschriften des § 19 Abs. 1, 2 gelten grundsätzlich für den Wert, der am Schluss des Steuer- abschnitts einzusetzen ist; der Wert für den Anfang des Steuerabschnitts ergibt sich aus der Veranlagung für den vorjährigen Steuerabschnitt. Nur wenn Vor- jahrswerte nicht gegeben sind, sei es, weil die Steuerpflicht erst begründet und der Steuerpflichtige im Vorjahr überhaupt nicht veranlagt ist, sei es, weil er den Be- trieb begonnen hat und bei seiner letzten Veranlagung die Bewertung von Be- triebsvermögen daher nicht in Frage kam, muss die Bewertung bei Beginn des Steuerabschnitts geregelt werden. Hier sollen keine höheren als die Anschaffungs - oder Herstellungspreise eingesetzt werden; die Einsetzung eines niedrigeren ge- meinen Wertes ist auch hier dem Steuerpflichtigen unbenommen.

Die Bewertung der dem Betriebe gewidmeten Gegenstände soll für alle Mit- unternehmer des Betriebs eine einheitliche sein. Die Einheitlichkeit wird durch die besonderen Verfahrens Vorschriften der §§ 65-67 sichergestellt.

Zu § 20.

Einer besonderen Regelung bedarf die Bewertung der Gegenstände, die bei Beginn des Steuerabschnitts oder bei Uebernahme eines Betriebs zum Betriebs- vermögen des Steuerpflichtigen gehören. Wenn Verluste, die nicht realisiert sind, abgezogen werden dürfen, Wertsteigerungen dagegen, solange diese nicht realisiert sind, freigelassen und erst dann besteuert werden sollen, sobald sie realisiert sind, muss die Kontinuität der Bilanz gesichert sein. Auch in dieser Frage folgt der Entwurf den kaufmännischen Grundsätzen geordneter Buchführung und ent- spricht im wesentlichen dem bisherigen Einkommensteuerrecht. Der Kaufmann

213

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 84: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

214 deutsches Reichseinkommensteuergesetz. VomlO. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926 .

pflegt eine besondere Anfangsbilanz für jedes Wirtschaftsjahr nicht aufzustellen; vielmehr ist die Schlussbilanz des vergangenen Wirtschaftsjahres Anfangsbilanz des neuen Wirtschaftsjahres. Demgemäss sollen, wie oben erwähnt, Stand und Wert der Betriebsgegenstände am Schluss des Steuerabschnitts mit dem Schluss des vorangegangenen Steuerabschnitts verglichen werden; das ist schon in den §§12 und 13 des Entwurfs zum Ausdruck gebracht worden. Der Grundsatz der Kontinuität der Bilanz verlangt aber ferner, dass der Steuerpflichtige in den fol- genden Steuerabschnitten zwischen Anschaffungs- oder Herstellungspreis und gemeinem Wert nicht nach Belieben wechseln darf, sondern dass er nur die Möglich- keit hat, zu einem niedrigeren Wert überzugehen, wenn ein solcher für den Schluss des Steuerabschnitts gegeben ist. Der einmal angesetzte Wert eines Gegenstandes soll deshalb auch weiterhin für die folgenden Steuerabschnitte als dessen Wert angesetzt werden. Der Steuerpflichtige kann aber stets entweder zu einem niedri- geren gemeinen Wert oder zu dem um die Absetzungen für Abnutzung oder Sub- stanzverringerung gekürzten Anschaffungs- oder Herstellungspreis übergehen, wenn dieser niedriger ist. Der Steuerpflichtige ist aber zur Einsetzung des niedrigeren Wertes nicht gezwungen; auch insofern liegt eine Abweichung von § 33 a des bis- herigen Einkommensteuergesetzes vor (vgl. Begründung zu § 19).

Beispiel: Ein Fabrikant hat eine Maschine für 10 000 RM. angeschafft. Aus besonderen Gründen beträgt der gemeine Wert dieser Maschine am Schluss des Steuerabschnitts nur 7000 RM. Er setzt den Betrag von 7000 RM. für den Schluss des Steuerabschnitts ein. Diesen Wert von 7000 RM. muss er auch weiter- hin für den Schluss der folgenden Steuerabschnitte einsetzen, und zwar auch dann, wenn der gemeine Wert der Maschine etwa auf 8000 oder gar auf 12 000 RM. steigen sollte. Ist der gemeine Wert am Schluss eines späteren Steuerabschnitts aber niedriger, z. B. 6500 RM., so kann er diesen Betrag einsetzen. Ist der um die Absetzungen für Abnutzung gekürzte Anschaffungspreis niedriger als der bisher angesetzte Wert, also bei lOjähriger Lebensdauer z. B. nach 4 Jahren 6000 RM., so kann er zu diesem Betrag übergehen.

Eine Ausnahme ist nur im § 20 Abs. 2 vorgesehen. Bei unentgeltlicher Ueber- tragung eines Betriebs soll grundsätzlich der Rechtsnachfolger von den Werten ausgehen, die bei der letzten Veranlagung seines Rechtsvorgängers eingesetzt worden sind. Im Falle einer Veräusserung hat dann der Rechtsnachfolger die bisher nicht realisierten Gewinne gemäss §§ 30, 31 des Entwurfs zu versteuern. In einem solchen Falle können die Steuerpflichtigen aber ein Interesse daran haben, dass der Rechtsnachfolger höhere Ausgangswerte zugrunde legt; es soll deshalb dem Rechtsvorgänger unbenommen sein, die höheren gemeinen Werte bei seiner letzten Veranlagung einzusetzen und den sich dabei ergebenden Unterschiedsbetrag seinerseits zu versteuern.

Wegen der Bewertung von Gegenständen, die beim Beginn des ersten einer Veranlagung nach diesem Gesetz unterworfenen Steuerabschnitts vorhanden sind, wird auf die Ueberleitungsvorschriften verwiesen. Auf die Anschaffungs- und Her- stellungspreise der Inflationszeit soll grundsätzlich nicht zurückgegangen werden.

§21. § 21 regelt die Bewertung für die nicht in Geld bestehenden Einkommensteile

und stimmt mit § 37 des bisherigen Einkommensteuergesetzes überein. Ortsübliche Mittelpreise sind nicht die Gestehungskosten oder Erzeugerpreise, sondern die Be- träge, die der Pflichtige an seinem Wohn- oder Aufenthaltsort hätte aufwenden müssen, um sich die geldwerten Naturalbezüge im freien Verkehr zu kaufen oder zu. verschaffen.

Zu § 22. Der Entwurf hält in den §§ 22, 23 entsprechend dem Grundsatz der Besteue-

rung nach der Leistungsfähigkeit an der Haushaltsbesteuerung fest. Den neuerdings von verschiedenen Seiten wieder vorgetragenen Wünschen,

die Haushaltsbesteuerung aufzugeben und in allen Fällen das Einkommen in so viele Teile zu zerlegen, als Haushaltsangehörige vorhanden sind und davon leben sollen, kann nicht stattgegeben werden. Ein solches Verfahren würde den Grund-

214

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 85: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1935/26. Febr. 1926. 215

sätzen der Leistungsfähigkeit widersprechen, hat in keinem bundesstaatlichen Ein- kommensteuergesetz gegolten und findet sich auch in dieser Form in keinem aus- ländischen Steuergesetz; dies würde überdies zu Steuerumgehungen aller Art führen, die nur schwer nachgeprüft werden könnten. Ebensowenig kann dem Gedanken nähergetreten werden, allgemein die Ehegatten je ihr eigenes Einkom- men versteuern zu lassen. Berechtigt ist dieser Gedanke nur in den Fällen, in denen die Haushaltsangehörigen eigenes Einkommen aus Arbeitslohn oder freiem Beruf („sonstiger selbständiger Berufstätigkeit") haben. Infolgedessen soll die Zusam- menrechnung nicht erfolgen, soweit die Ehefrau Einkommen der genannten Art aus der Beschäftigung in einem dem Ehemann fremden Betrieb bezieht ( § 22 Abs. 4), oder soweit minderjährige Kinder Einkommen der genannten Art beziehen (§ 23 Abs. 4). Entsprechend gelten für die Lohnsteuerpflichtigen besondere Vorschriften ( § 70 Abs. 3 Satz 2 des Entwurfs). Im übrigen ist den Forderungen durch die prozentuale Ermässigung für Frau und Kinder im § 55 Rechnung getragen; diese Ermässigungen gehen zum Teil über die Ermässigungen hinaus, die in der Zeit vor dem Kriege gegolten haben. Schliesslich mag noch betont werden, dass die Rege- lung des Gattenerbes bei der Erbschaftssteuer eine Folge der in der Geschichte und im Wesen der deutschen Ehe begründeten persönlichen und wirtschaftlichen Ge- meinschaft der Ehegatten ist, der, wie in der Begründung zum Entwurf eines Ge- setzes über Vermögen- und Erbschaftssteuer ausgeführt ist, durch Zusammenrech- nung des Vermögens und des Einkommens der Ehegatten, also durch Behandlung als eine wirtschaftliche Einheit, Rechnung getragen wird.

Die Voraussetzungen für die Zusammenrechnung der Einkommen der Ehe- gatten und ihre Zusammenveranlagung sind dieselben wie bisher. Die Zusammen- rechnung und die Zusammenveranlagung soll entsprechend der bisherigen Rege- lung von dem nächsten nach dem Eintritt der Voraussetzung beginnenden Steuer- abschnitt ab erfolgen. Welcher Steuerabschnitt massgebend ist, ob der des Ehe- manns oder der der Ehefrau, richtet sich nach § 10 Abs. 2. Bis zum Beginn dieses Steuerabschnitts, also für einen Teil seines bisherigen Steuerabschnitts, muss der andere Ehegatte, wenn beide Ehegatten bisher verschiedene Steüerabschnitte hatten, besonders veranlagt werden. Die Zusammenrechnung und die Zusammen- veranlagung enden mit dem Zeitpunkt, in dem die Voraussetzungen hierfür weg- gefallen sind. Darin liegt eine gegenüber der bisherigen Regelung notwendige Vereinfachung.

Der Abs. 2 stellt entgegen der im Schrifttum teilweise.vertretenen Auffassung klar, dass ein Ehegatte für die Steuer auch dann haftet, wenn er kein Einkommen bezogen hat, weil auch in diesem Falle eine Zusammenveranlagung stattfindet. Es ist beobachtet worden, dass in Fällen, in denen der eine Ehegatte zwar kein Vermögen, aber erhebliches Einkommen bezieht, die Steuer hiervon nicht beige- trieben werden kann. Es soll nunmehr erreicht werden, dass das Vermögen des anderen Ehegatten für die Steuer herangezogen werden kann, auch wenn dieser kein Einkommen hat. Die Vorschrift trifft ferner die Fälle, in denen ein Einkom- men bei beiden Ehegatten nicht festgestellt werden kann, aber die Voraussetzungen für die Besteuerung nach dem Verbrauch (§49) vorliegen. Hier muss vermieden werden, dass die Steuer bei dem angeblich vermögenslosen Ehemann nicht bei- getrieben werden kann, obwohl die Ehefrau Vermögen besitzt.

Die Vorschriften der Abs. 3 und 4 entsprechen dem § 16 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 des bisherigen Einkommensteuergesetzes.

1. Beispiel: Ein Landwirt heiratet am 20. November 1928. Seine Frau hat lediglich Einkünfte aus Vermietung. Die Ehegatten sind erstmals für den Steuerabschnitt 1. Juli 1929 bis 30. Juni 1930 zusammen zu veranlagen. Hierbei werden die Einkünfte der Ehefrau berücksichtigt, die sie in diesem Steuerabschnitt erzielt hat. Der Ehemann ist für den Steuerabschnitt 1. Juli 1928 bis 30. Juni 1929 wie bisher im Herbst zu veranlagen. Die Ehefrau wird im Frühjahr 1929 für die im Kalenderjahr 1928 bezogenen Einkünfte und im Herbst 1929 für die in der Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 1929 bezogenen Einkünfte veranlagt.

2. Beispiel: Ein Beamter heiratet am 15. März 1927 eine Frau mit einem landwirtschaftlichen Betrieb. Die Ehegatten werden erstmals für den Steuerab- schnitt 1. Juli 1927 bis 30. Juni 1928, also im Herbst 1928, zusammen veranlagt.

215

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 86: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

2 1 g Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926'

Für das Wirtschaftsjahr 1. Juli 1926 bis 30. Juni 1927 wird die Ehefrau selbständig veranlagt. Soweit eine Veranlagung des Ehemanns wegen eines Einkommens von mehr als 8000 RM. erforderlich ist, wird er für das Kalenderjahr 1926 und ferner für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 1927 selbständig veranlagt. Bei der Veran- lagung der Ehegatten für den Steuerabschnitt 1. Juli 1927 bis 30. Juni 1928 ist ausser dem Einkommen aus Landwirtschaft das Einkommen anzusetzen, das der Ehemann in diesem Zeitraum erzielt hat.

3. Beispiel: Ein Fabrikbesitzer, der auf den 31. Dezember regelmassige Abschlüsse macht, heiratet am 10. Mai 1928 ; die Frau ist Mitinhaberin einer offenen Handelsgesellschaft, die regelmassige Abschlüsse auf den 30. Juni macht. Die Ehegatten werden erstmals zusammen veranlagt im Frühjahr 1930 für den Steuer- abschnitt 1. Januar bis 31. Dezember 1929; hierbei sind anzusetzen

die aus der Fabrik vom 1. Januar bis 31. Dezember 1929 erzielten Einkünfte, die aus der offenen Handelsgesellschaft vom 1. Juli 1928 bis 30. Juni 1929

erzielten Einkünfte, endlich die sonstigen vom 1. Januar bis 31. Dezember 1929 erzielten Ein-

künfte. Im Herbst 1928 wird die Frau mit den bis 30. Juni 1928 bezogenen Einkünften

selbständig veranlagt. Im Frühjahr 1929 ist der Mann mit den bis 31. Dezember 1928 bezogenen Ein-

künften selbständig zu veranlagen; im Frühjahr 1929 ist ferner die Frau für den verkürzten Steuerabschnitt 1. Juli bis 31. Dezember 1928 mit den Einkünften zu veranlagen, die sie neben den Einkünften aus der offenen Handelsgesellschaft in dieser Zeit etwa bezogen hat. Die Einkünfte aus der offenen Handelsgesellschaft werden dagegen bei der Zusammen Veranlagung für den Steuerabschnitt 1. Januar bis 31. Dezember 1929 angesetzt.

Würde die Ehe an einem anderen Tage des Jahres 1928, etwa am 10. Februar oder am 10. Dezember 1928 geschlossen sein, so wäre ebenso zu veranlagen.

4. Beispiel: Der Ehemann schliesst für seinen Fabrikbetrieb am 31. März ab, die Ehefrau hat einen landwirtschaftlichen Betrieb; die Ehe wird am 16. Juni 1930 geschlossen.

Die Ehegatten werden erstmals zusammen veranlagt für den Steuerabschnitt 1. Juli 1930 bis 30. Juni 1931. Hierbei sind anzusetzen

die Einkünfte aus der Landwirtschaft vom 1. Juli 1930 bis 30. Juni 1931, die Einkünfte aus· der Fabrik vom 1. April 1930 bis 31. März 1931, die übrigen Einkünfte vom 1. Juli 1930 bis 30. Juni 1931. Die Ehefrau ist im Herbst 1930 selbständig zu veranlagen für die im Steuer-

abschnitt 1. Juli 1929 bis 30. Juni 1930 bezogenen Einkünfte. Der Ehemann ist im Herbst 1930 selbständig zu veranlagen für die Einkünfte

aus der Fabrik, die er vom 1. April 1929 bis 31. März 1930, und für die übrigen Einkünfte, die er vom 1. April 1929 bis 30. Juni 1930 erzielt hat.

5. Beispiel (zu Abs. 3): In einem Steuerabschnitt, für den die Ehe- gatten zusammen veranlagt sind, hat der Ehemann 742 500 RM., die Ehefrau 7500 RM. Einkommen, beide zusammen also 750000 RM. Die Steuer beträgt 250000 RM.; hierfür haften die Ehegatten als Gesamtschuldner. Für die vermö- gensrechtlichen Beziehungen der Ehegatten untereinander ist nicht etwa nach der Höhe des Einkommens zu verteilen, so dass auf die Ehefrau 2500 RM. entfallen, vielmehr ist' wie folgt zu rechnen: Bei getrennter Veranlagung würde die Steuer des Ehemannes 247 500 RM., die der Ehefrau 690 RM. betragen, das sind zu- sammen 248 190 RM. Es ergibt sich also

... _ _,, χ 247 500 247 500-250 000 fur ... den _ _,, Ehemann ̂̂ =

-^^ χ = - 248 lflQ

·

für tur die die Ehefrau Mielrau x _ - 690 * x - _ 690 '250 000 für tur die die Mielrau Ehefrau 250000 _ - ^γ^ x * - _

248>190 ·

Im Innenverhältnis gelten also als Schuldner der Ehemann für 249 304,97 RM., die Ehefrau für 695,03 RM.

216

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 87: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926. 217

Zu § 23. Der § 23 regelt die Zusammenrechnung des Einkommens des Haushaltungs-

vprstandes mit dem der Kinder und ihre Zusammenveranlagung in entsprechender Weise wie der § 22 für die Ehegatten. Auf die Begründung zu § 22 kann Bezug ge- nommen werden. Ein Unterschied besteht insofern, als die Zusammenrechnung und die Zusammenveranlagung hier vom Zeitpunkt des Eintritts der Vorausset- zungen ab erfolgt. Diese von der für Ehegatten geltenden Regelung abweichende Vorschrift ist deshalb gerechtfertigt, weil die Voraussetzungen regelmässig mit der Geburt des Kindes eintreten, also ein besonderer Steuerabschnitt für das Kind hier im allgemeinen noch nicht besteht. Nur wenn schon vor Eintritt der Voraus- setzungen Einkommen des Kindes vorhanden ist, z. B. bei den in § 23 Abs. 2 be- zeichneten, nicht zu den Abkömmlingen zählenden Personen, sollen dieselben Vorschriften gelten wie bei Ehegatten.

Zu § 24. Der § 24 entspricht dem § 18 des bisherigen Einkommensteuergesetzes.

Zu § 25.

§ 25 regelt die Frage, welches Einkommen der Veranlagung zugrunde gelegt werden soll und wann die Veranlagung stattzufinden hat. Wie in der allgemeinen Begründung ausgeführt worden ist, soll das Einkommen, das ein Steuerpflichtigem in einem Steuerabschnitt bezogen hat, nach Ablauf des Steuerabschnitts veranlagt werden. Von der in den Erläuterungen zu § 10 besprochenen Einführung des Steuerabschnitts an Stelle des Kalenderjahrs abgesehen, entspricht dies dem bis- herigen Einkommensteuergesetz. Die Frage, wann die Veranlagung stattzufinden hat, ist bereits im § 1 des Entwurfs eines Steuerüberleitungsgesetzes entschieden worden. Auf die Begründung zum Steuerüberleitungsgesetz kann hier Bezug ge- nommen werden. Die Einkommensteuer soll, wie dort ausgeführt, für alle Steuer- pflichtigen, deren Steuerabschnitt mit dem Kalenderjahr zusammenfällt oder in der zweiten Hälfte des Kalenderjahrs endet, nach Ablauf dieses Kalenderjahrs ver- anlagt werden. Das gilt also für alle Steuerpflichtigen, die als Kleingewerbetrei- bende, Angehörige freier Berufe, Gehaltsempfänger, Kapitalrentner usw. nach dem Kalenderjahr zu veranlagen sind, wenn bei ihnen ein gewerbliches Wirtschaftsjahr als Steuerabschnitt nicht in Frage kommt. Es gilt ferner f ür alle buchführenden Kaufleute, deren Wirtschaftsjahr mit dem Kalenderjahr zusammenfällt oder in der Zeit vom 1. Juli bis 30. Dezember endet.

Dagegen sollen Landwirte, deren Steuerabschnitt gemäss § 10 mit dem 30. Juni endet, sowie die buchführenden Kaufleute, deren Wirtschaftsjahr in der Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni einschliesslich endet, nach dem 30. Juni veranlagt werden. Nach der ausdrücklichen Vorschrift des § 10 Abs. 1 a gilt bei Landwirten auch ein Abschluss, der mit Rücksicht auf das Wochenende auf einen der ersten sechs Julitage gemacht wird, als Abschluss für ein im ersten Kalenderhalbjahr endendes Wirtschaftsjahr. In solchen Fällen darf mit der Veranlagung nicht etwa ein halbes Jahr oder länger gewartet werden. Die Veranlagung erfolgt also künftig in zwei Hauptveranlagungen, einer im Frühjahr und einer im Herbst. Bei Begrün- dung oder Wegfall der Steuerpflicht innerhalb eines Kalender- oder Wirtschafts- jahrs verkürzt sich der Steuerabschnitt entsprechend (§ 10 Abs. 4 des Entwurfs); die Veranlagung wird in diesen Fällen gelegentlich der nächsten Hauptveranlagung vorgenommen. Nur in Ausnahmefällen, insbesondere wenn die Steuerpflicht durch Wegzug nach dem Ausland endet, soll eine sofortige Veranlagung zulässig sein (vgl. Abs. 5).

Endlich sind noch die Fälle zu erwähnen, in denen zwar nicht die Steuerpflicht begründet wird oder wegfällt, in denen aber durch Begründung oder Aufgabe des landwirtschaftlichen oder gewerblichen Betriebs oder durch Aenderung des Fa- milienstandes bei einem Steuerpflichtigen eine Aenderung des Steuerabschnitts eintritt. Hier kann sich auch die Verkürzung des Steuerabschnitts ergeben; das Einkommen, das bis zum Beginn des künftig massgebenden Steuerabschnitts be-

217

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 88: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

218 deutsches ßeichseinkoramensteuergesetz. VomlO. Aug. 1925/19. Dez. 1923/26. Febr. 1926.

zogen worden ist und bisher noch nicht veranlagt war, soll bei der nächsten regel- mässigen Veranlagung besteuert werden.

1. Beispiel: Ein Fabrikbesitzer, der für seinen Gewerbebetrieb mit dem 31. Dezember abschliesst, hat daneben einen landwirtschaftlichen Betrieb; Steuer- abschnitt ist also das Kalenderjahr. Bei der Einkommensermittlung sind die Ein- künfte aus dem Gewerbebetrieb, aus Kapitalvermögen u. dgl. für das Kalenderjahr festzustellen. Die Einkünfte aus Landwirtschaft sind für das Wirtschaftsjahr 1. Juli bis 30. Juni anzusetzen und dann den übrigen Einkünften hinzuzurechnen. Vom Gesamtergebnis sind die nicht bei den einzelnen Einkommensarten zu berück- sichtigenden Ausgaben - z. B. Lebensversicherungsprämien - abzuziehen. So ergibt sich das Einkommen, das der Besteuerung unterliegt.

2. Beispiel: Der im 1. Beispiel genannte Steuerpflichtige stirbt am 16. Dezember 1930. Der Steuerabschnitt, der seiner letzten Veranlagung zugrunde gelegt wird, ist der Zeitraum vom 1. Januar bis 16. Dezember 1930. Der Einkom- mensermittlung sind zugrunde zu legen die Einkünfte aus Gewerbebetrieb, Kapital- vermögen u. dgl., die vom 1. Januar bis 16. Dezember erzielt worden sind, ferner die Einkünfte aus Landwirtschaft, die im Wirtschaftsjahr 1. Juli 1929 bis 30. Juni 1930, und endlich die Einkünfte aus Landwirtschaft, die in der Zeit vom 1. Juli bis 16. Dezember 1930 erzielt worden sind.

3. Beispiel: Ein Landwirt, der im Herbst 1928 für den Steuerabschnitt 1. Juli 1927 bis 30. Juni 1928 veranlagt worden ist, eröffnet am 1. Oktober 1928 einen gewerblichen Betrieb, für den regelmässige Abschlüsse auf den 30. September gemacht werden. Die nächste Veranlagung dieses Steuerpflichtigen erfolgt im Frühjahr 1930. Der Einkommensermittlung werden zugrunde gelegt die Einkünfte aus Landwirtschaft des Wirtschaftsjahrs 1. Juli 1928 bis 30. Juni 1929 und die Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die im Steuerabschnitt 1. Oktober 1928 bis 30. Sep- tember 1929 erzielt worden sind. Die Einkünfte anderer Art (ζ. Β. Kapitalerträge, wiederkehrende Bezüge u. dgl.) sind bei dieser Veranlagung nicht nur für den Steuerabschnitt 1. Oktober 1928 bis 30. September 1929, sondern auch für die Zeit vom 1. Juli bis 30. September 1928 der Besteuerung zugrunde zu legen, weil die letztgenannten Einkünfte bisher noch nicht veranlagt worden sind. Stirbt dieser Steuerpflichtige am 20. Mai 1930, so erfolgt die nächste Veranlagung im Herbst 1930. Der Einkommensermittlung für die letzte Veranlagung sind zugrunde zu legen die Einkünfte aus Landwirtschaft, die vom 1. Juli 1929 bis 20. Mai 1930, und die Einkünfte aus Gewerbebetrieb, Kapitalvermögen u. dgl., die in der Zeit vom 1. Oktober 1929 bis 20. Mai 1930 erzielt worden sind.

4. Beispiel: Ein Steuerpflichtiger, dessen Einkommen bis dahin lediglich aus einer unverer blichen Rente bestand, übernimmt am 1. Juli 1930 einen land- wirtschaftlichen Betrieb. Am 1. Januar 1931 eröffnet er einen Gewerbebetrieb, für den regelmässige Abschlüsse auf den 31. Dezember gemacht werden. Der Steuerpflichtige wird im Frühjahr 1932 veranlagt. Der Einkommensermittlung sind zugrunde zu legen die Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die vom 1. Januar bis 31. De- zember 1931 erzielt worden sind, sowie die im gleichen Zeitraum bezogene Rente, endlich das Einkommen aus Landwirtschaft, das im Wirtschaftsjahr 1. Juli 1930 bis 30. Juni 1931 erzielt worden ist. Bei der Veranlagung im Frühjahr 1931 bleiben dagegen die Einkünfte aus Landwirtschaft ausser Betracht; eine Veranlagung erfolgt hier also nur für die im Kalenderjahr 1930 bezogene Rente.

Zu § 26.

§ 26 Abs. 1 führt wichtige Beispiele von Einkünften auf, die neben Ackerbau, Forstwirtschaft usw. zum Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft gehören; er entspricht dem geltenden Rechte. Die Aufzählung ist keine erschöpfende; ζ. Β. fallen auch Einkünfte aus Blumenzucht, Anbau von Tabak und anderen Handels- gewächsen darunter.

Die Einkünfte aus einem landwirtschaftlichen Nebenbetriebe sind als Ein- künfte aus Land- und Forstwirtschaft zu behandeln. Dies wird am Schlüsse des Abs. 1 dadurch zum Ausdruck gebracht, dass die Einkünfte dann nicht unter die land- und forstwirtschaftlichen eingereiht werden sollen, wenn es sich um einen

218

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 89: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926. 219

selbständigen gewerblichen Betrieb handelt. Wann ein solcher vorliegt, ist nach den Umständen des einzelnen Falles zu entscheiden. Es wird darauf ankommen, ob der Nebenbetrieb sich als Ausfluss des landwirtschaftlichen Betriebs darstellt, mit ihm verbunden ist und in ihm die einzige Hauptstütze findet (vgl. Entscheidung des Reichsgerichts in Zivilsachen Bd. 1 S. 265). Wenn lediglich die auf dem land- wirtschaftlichen Grundstück gewonnenen Erzeugnisse verarbeitet werden, so wird es sich stets um einen landwirtschaftlichen Nebenbetrieb handeln. Ein landwirt- schaftlicher Nebenbetrieb wird auch dann vorliegen, wenn daneben in geringem Umfang fremde Erzeugnisse angekauft, verarbeitet und abgesetzt werden. Es ist aber absichtlich davon abgesehen worden, dies Begriffsmerkmal im Entwürfe zum Ausdruck zu bringen, weil die Praxis dadurch zu sehr eingeengt werden könnte. Vielmehr wird die Frage „aus der Natur der Sache4' (Urteil des Reichsfinanzhofs vom 23. Januar 1925 II A 998) zu entscheiden sein.

Diese Gesichtspunkte gelten nicht nur für die Landwirtschaft, sondern auch für den Gartenbau; werden ζ. Β. in einem Gartenbaubetrieb nicht nur eigene Erzeugnisse, sondern nebenher in geringem Umfange auch fremde Erzeugnisse ab- gesetzt, so kann es sich gleichwohl um Einkünfte aus Gartenbau handeln. Die Frage, ob Einkünfte unter die im §26 genannten Einkommensarten fallen, ist jedoch für die Behandlung bei der Gewerbesteuer nicht entscheidend.

Im Abs. 2 wird ausdrücklich klargestellt, dass zu den Einkünften aus dem Betriebe der Land- und Forstwirtschaft auch Einkünfte aus der Ausübung der Jagd und Fischerei gehören, soweit sie mit dem Betriebe einer Land- und Forst- wirtschaft im Zusammenhange stehen. Wird dagegen die Jagd lediglich aus Lieb- haberei oder aus sportlichen Gründen ausgeübt, so unterliegen die hierbei erzielten Einkünfte der Einkommenbesteuerung nicht; ebensowenig sind die dafür gemach- ten Aufwendungen (Jagdpacht, Fahrten, Patronen) als Werbungskosten anzu- sehen; ein sich hierbei ergebender Verlust darf also bei der Einkommensermittlung nicht abgezogen werden. Wird die Jagd gewerblich ausgeübt (ζ. Β. in Verbindung mit dem Handel mit Wild), so gehören die erzielten Einkünfte zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb.

Zu § 27. Nach § 27 Nr. 1 soll bei Ermittlung des Einkommens aus Land- und Forst-

wirtschaft der Wert der Nutzung der in Betrieben gleicher Art und ähnlichen Umfangs üblichen Wohnung einbezogen werden. Ohne eine solche Vorschrift würde der Mietwert als Einkommen aus Vermietung im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 6, §§ 38, 39 besonders anzusetzen sein. Die Vorschrift dient der Vereinfachung: Bei der grossen Masse der Landwirte wird anderes Einkommen als das aus Landwirt- schaft regelmässig nicht in Betracht kommen; durch § 27 Nr. 1 soll vermieden werden, dass in den Erklärungen des Steuerpflichtigen, in den Berechnungsbogen und Listen der Finanzbehörden Einkommen verschiedener Art erscheint. Die Vorschrift gilt jedoch nur für den Mietwert der „in Betrieben gleicher Art üblichen Wohnung"; hält sich ζ. Β. bei einem Rittergut das Wohnhaus nicht in dem üblichen Rahmen eines Herrenhauses, sondern ist es ein Schloss od. dgl., so ist der Miet- wert unter den Einkünften aus Vermietung oder Verpachtung besonders anzu- setzen. Die Vorschrift gilt auch für den Mietwert der Wohnung, die der Pächter mitgepachtet hat.

Hat der Steuerpflichtige mehrere Güter, so kommt es für die Frage, welche Wohnung als üblich anzusehen ist, auf die Grosse des Gesamtbesitzes an. Wenn also ein Steuerpflichtiger fünf Güter hat und auf einem dieser Güter ein über den üblichen Rahmen dieses einen Gutes hinausgehendes Herrenhaus steht, während das bei den übrigen Gütern nicht der Fall, so wird das Herrenhaus als für die Be- wirtschaftung von fünf Gütern üblich angesehen werden können.

Für die Aufstellung von Durchschnittssätzen ( § 46 des Entwurfs) ist die Vor- schrift des § 27 Nr. 1 nicht bindend; wenn solche Durchschnittssätze aufgestellt werden, so muss dabei zum Ausdruck gebracht werden, ob die Durchschnittssätze den Mietwert der Wohnung umfassen sollen oder nicht.

Die Vorschrift des § 27 Nr. 2 entspricht dem § 6 Nr. 4 des bisherigen Ein- kommensteuergesetzes. Der Ausdruck ,. Grundrechte" ist durch den Ausdruck

219

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 90: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

220 Deutsches Reichs eiukonimensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926»

„Rechte an Grundstücken" ersetzt worden; in der Sache hat sich dadurch nicht» geändert. Wegen der erwähnten Teilung des Einkommens aus Grundbesitz (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 und 6) kommen auch hier nur die Einkünfte in Frage, die dem nutzungs- berechtigten Betriebsinhaber anfallen. Fliessen solche Einkünfte dagegen einem. Steuerpflichtigen zu, der keine Land- oder Forstwirtschaft betreibt, so sind sie als wiederkehrende Bezüge ( § 6 Abs. 1 Nr. 7, § 40) zu behandeln.

Zu § 28.

Die Vorschrift des § 28 Abs. 1 Satz 1 entspricht dem § 32 Abs. 2 des bis- herigen Einkommensteuergesetzes. In der Praxis sind oft Zweifel darüber ent- standen, inwieweit eine landwirtschaftliche Buchführung als ordnungsmässig an- zuerkennen ist. Die Vorschrift ist deshalb in Abs. 1 Nr. 1 und 2 im Interesse der Landwirtschaft sowohl wie der Steuerbehörden näher erläutert worden, auch soli gemäss Abs. 2 der Reichsminister der Finanzen im Benehmen mit dem Reichs- minister für Ernährung und Landwirtschaft ermächtigt sein, nähere Bestimmungen darüber zu erlassen, inwieweit eine Buchführung anzuerkennen ist.

Zu § 29. Die Vorschrift des § 29 stimmt mit § 7 des bisherigen Einkommensteuerge-

setzes überein. Die etwas geänderte Fassung der Nr. 3 soll entstandene Zweifel klarstellen.

Zu § 30. Wie in der allgemeinen Begründung und in der Einzelbegründung zu § 19

ausgeführt, geht der Entwurf von dem Grundsatz aus, dass nicht realisierte Kon- junkturgewinne nicht besteuert werden sollen, dass die Besteuerung vielmehr erst dann eintreten soll, wenn solche Gewinne tatsächlich realisiert sind. Es liegt in der Natur der Sache, dass solche Gewinne beim umlaufenden Kapital Verhältnis- massig bald realisiert werden, dass beim Anlagekapital dagegen die Realisierung oft jahrelang auf sich warten lässt. Spätestens realisiert der Steuerpflichtige diese Gewinne bei der Aufgabe oder Veräiisserung des Gewerbebetriebs oder seines An- teils an einem Gewerbebetrieb. In diesem Augenblick müssen also die Gewinne versteuert werden, soweit sie nach den Vorschriften des Entwurfs als nicht reali- sierte Konjunkturgewinne bisher nicht versteuert worden sind. Schon aus diesen Erwägungen muss nach dem Grundgedanken des Entwurfs der bei der Veräusse- rung des Gewerbebetriebs erzielte Gewinn als Einkommen aus Gewerbebetrieb angesehen werden. Hinzu kommt, dass auch in der Rechtsprechung und im Schrift- tum zum Handelsrecht überwiegend die Auffassung vertreten wird, dass die Ver- äusserung des ganzen Geschäfts noch zum Gewerbebetrieb des Veräusserers gehört und gewissermassen den letzten gewerblichen Akt darstellt. (Zu vgl. Düringer- Hachenburg, Anm. 3 zu § 343 des Handelsgesetzbuchs ; Staub, Anm. 25 zu § 1 und Anm. 26 zu § 343; Li 1 1 h au er - Mo s s e, Anm. 3 zu § 343; Ent- scheidungen des Oberlandesgerichts Bd. HS. 149 und Bd. 12 S. 308; Entscheidung des Reichsgerichts, Juristische Wochenschrift 1899 S. 494; Entscheidung des Reichsgerichts ,Warneyers Rechtsprechung 1914 Nr. 206; Entscheidungen des Oberlandesgerichts Bd. HS. 403; vgl. auch Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Bd. 59 S. 213 und Bd. 72 S. 343; anderer Meinung Entscheidungen der Oberlandesgerichte Bd. 6 S. 118.) Auch der sechste Senat des Reichsfinanzhofs steht auf dem Standpunkt, dass bei der Veräusserung eines Geschäftsbetriebs der Mehrbetrag des Veräusserungspreises gegenüber den Buchwerten als Geschäfts- gewinn im Sinne des Einkommensteuergesetzes anzusehen ist; er hat dies insbe- sondere in dem Urteil vom 29. Oktober 1924 (Bd. 15 S. 47) ausgesprochen, in dem bezeichneten Urteil aber die Einschränkung gemacht, dass dieser Grundsatz für das Geldentwertungsgesetz und die mit ihm besonders geregelte Einkommensteuer des Jahres 1922 keine Anwendung finden dürfe.

Anderseits sind gegen die Einbeziehung der bei der Veräusserung des Gewerbe- betriebs erzielten Gewinne für das bisherige Einkommensteuergesetz und vor allem für das neue Einkommensteuergesetz erhebliche Einwendungen gemacht worden.

220

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 91: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1926/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926. 221

Es wird insbesondere darauf hingewiesen, dass die bei solchen Gelegenheiten er zielten Gewinne nicht Objekt der Einkommensteuer sein dürfen, sondern dass sie Gegenstand der Vermögenszuwachssteuer sein müssten. Dieser Einwand ist nicht unberechtigt. Die Erfassung sowohl bei der Einkommensteuer als auch bei der Vermögenszuwachssteuer könnte eine zu schwere Belastung bewirken. Nun ist aber im Artikel I § 25 des gleichzeitig vorgelegten Entwurfs eines Gesetzes über Vermögen- und Erbschaftssteuer vorgesehen, dass die laufende Vermögenszuwachs- steuer vorläufig ausser Hebung gesetzt werden soll. Auch dieser Umstand zwingt dazu, solche Gewinne zum mindesten im Wege der Einkommensteuer zu erfassen.

Bei persönlich haftenden Gesellschaftern einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, bei Gesellschaftern einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommandit- gesellschaft oder einer anderen Handelsgesellschaft, bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist, stellen die Beteili- gungen oder Anteile den Gewerbebetrieb des Steuerpflichtigen dar; was also für die Veräusserung des Gewerbebetriebs als Ganzes gilt, muss auch für die Veräusse- Tung von solchen Anteilen oder Beteiligungen gelten.

Der Entwurf glaubt aber noch einen Schritt weiter gehen zu müssen und auch die Veräusserung einer wesentlichen Beteiligung an einer Aktiengesellschaft, G. m. b. H. oder anderen Erwerbsgesellschaft als Einkommen aus Gewerbebetrieb behandeln zu sollen. Hierfür sprechen hauptsächlich zwei Gründe:

1. Die Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse hat es mit sich gebracht, dass die Fälle der Veräusserung des ganzen Gewerbebetriebs an natürliche Personen selten sind; viel häufiger sind die Fälle, in denen Gewerbetreibende in Körper- schaften (Erwerbsgesellschaften) umgewandelt werden, sei es, weil sie sich die Kapitalbeschaffung erleichtern wollen, sei es, weil die bisherigen Inhaber sich all- mählich aus dem Betriebe zurückziehen und ihre Anteile in jederzeit veräusserliche Beteiligungen umwandeln wollen. Die Einbringung des Gewerbebetriebs in die neugegründete Aktiengesellschaft oder G. m. b. H. ist zwar eine Veräusserung de« Geschäfts; hierbei werden aber meist niedrige Preise für die eingebrachten Gegen- stände angesetzt, so dass die stillen Reserven bei der Gründung nicht oder nur zu einem Teil aufgedeckt werden. Im wesentlichen realisieren die bisherigen Inhaber ihre Gewinne vielmehr erst in dem Augenblick, in dem sie die bei der Gründung erworbenen Aktien oder G. m. b. H. -Anteile veräussern.

2. Es gibt zahlreiche Gesellschaften mit beschränkter Haftung, zum Teil auch Aktiengesellschaften und andere Erwerbsgesellschaften, bei denen die gesamten Anteile oder ein grosser Teil aller Anteile sich in einer Hand oder in wenigen Händen befinden. Solche Unternehmungen sind zwar juristisch als Körperschaft zu be- handeln; sie selbst werden nach dem Körperschaftsteuergesetz, die aus ihnen ge- zogenen Gewinnanteile als Einkommen aus Kapitalvermögen besteuert. Wirt- schaftlich stehen solche Unternehmungen Einzelbetrieben, offenen Handelsgesell- schaften oder Kommanditgesellschaften, bei denen der Gewinn als Einkommen aus Crewerbebetrieb des Unternehmers (Mitunternehmers) zu versteuern ist, sehr nahe. Diese wirtschaftliche Tatsache wird im Entwurf des Körperschaftsteuergesetzes und im vorliegenden Entwurf zugunsten der beteiligten Steuerpflichtigen in mehr- facher Hinsicht berücksichtigt, insbesondere darf auf § 57 des vorliegenden Ent- wurfs hingewiesen werden. Auf der anderen Seite ergibt sich hieraus die Folgerung, dass die Veräusserung solcher G. m. b. H. -Anteile, Aktien usw. der Veräusserung von Anteilen an einer offenen Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft gleichsteht.

Aus diesen Gründen bestimmt der Entwurf im § 30 Abs. 3, dass die Veräusse- rung von G. m. b. H. -Anteilen, Kuxen, Genussscheinen usw. als Einkommen aus Gewerbebetrieb angesehen werden sollen, wenn der Veräusserer am Kapital der Gesellschaft wesentlich beteiligt war. Für die Frage, ob eine wesentliche Beteiligung gegeben ist, soll der Besitz an Anteilen zusammengerechnet werden, die dem Ver- äusserer oder seinen Angehörigen, sei es unmittelbar, sei es durch Vermittlung eines Treuhänders oder einer Erwerbsgesellschaft, gehören.

Die Frage, wie gross die sich so ergebende Beteiligung sein muss, um als wesentliche Beteiligung zu gelten, könnte in der Praxis zu Streitigkeiten führen. Der Entwurf eieht deshalb eine feste Grenze vor, die entsprechend der Regelung

221

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 92: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

222 Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug.1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926.

beim sogenannten Schachtelprivileg (§ 27 des Entwurfs eines Reichsbewertungs- gesetzes, § 11 Nr. 3 des Entwurfs eines Körperschaftsteuergesetzes) auf ein Viertel des Kapitals der Gesellschaft festgesetzt werden soll. Als wesentliche Beteiligung darf es also, ohne dass dem Ermessen der Verwaltungsbehörden noch ein weiterer Spielraum gelassen wird, nur angesehen werden, wenn dem Steuerpflichtigen und seinen Angehörigen zusammen mehr als ein Viertel der Anteile gehören.

In der Praxis wird zwar meist die gesamte Beteiligung als Ganzes veräussert werden. Um aber Umgehungen der Vorschrift zu verhindern, sind Veräusserungen auch dann steuerpflichtig, wenn sie nicht auf einmal, sondern allmählich erfolgen. Hierbei sollen Veräusserungen von Anteilen, die innerhalb eines Jahres weniger als 2 ν. Η. des Kapitals der Gesellschaft ausmachen, ausser Betracht bleiben.

Für die Gewinnermittlung bei der Veräusserung des Gewerbebetriebs oder von Beteiligungen sollen grundsätzlich die Vorschriften der §§ 12, 13 Anwendung finden; Ausgaben, die sich als Werbungskosten der Veräusserung darstellen, ζ. Β. eine etwaige Wertzuwachssteuer, sind abzugsfähig. Während in den genannten Vorschriften regelmässig die Vermögenswerte am Schluss des Steuerabschnitts den Vermögenswerten am Schluss des vorangegangenen Steuerabschnitts gegen- übergestellt werden, muss hier naturgemäss der Veräusserungspreis mit den Werten am Schluss des vorangegangenen Steuerabschnitts verglichen werden. Kommen Werte für den Schluss des vorangegangenen Steuerabschnitts nicht in Frage, was insbesondere für Kleingewerbetreibende gelten wird, bei denen wegen Gleichblei- bens des Betriebsvermögens nach § 12 Abs. 1 Satz 3 von dem Vermögensvergleich abgesehen worden ist, soll der Anschaffungs- oder Herstellungspreis nach § 19 Abs. 2 Satz 2 ermittelt werden, d. h. also der Betrag, der für das Betriebsvermögen im Zeitpunkt seines Erwerbs durch den Kleingewerbetreibenden unter gemeingewöhn- lichen Verhaltnissen hätte aufgewendet werden müssen. In der Praxis wird man hierbei vielfach vom damaligen Vermögensteuerwert ausgehen können.

Bei Handwerkern und Gewerbetreibenden, die zur Führung von Handels - büchern nicht verpflichtet sind, wird der Wert des Grund und Bodens gemäss § 12 der Vermögens vergleichung nicht zugrunde gelegt; er soll deshalb ausser Betracht bleiben, wenn diese Personen ihren Betrieb als Ganzes veräussern. Die demgemäss in Abs. 2 Satz 2 vorgesehene Vorschrift liegt nicht nur im Interesse der bezeich- neten Personen des Mittelstandes, sondern auch im Interesse der Vereinfachung der Verwaltung.

Der Veräusserung eines Gewerbebetriebs oder eines Anteils an einem solchen müssen die seltenen Fälle gleichgestellt werden, wenn der Betrieb aufgegeben wird und der bisherige Inhaber ihn ζ. Β. im Wege der Verpachtung weiter verwertet.

Wegen der Ermässigung des Steuersatzes wird auf § 58 Abs. 3 Nr. 1 verwiesen.

Zu § 31.

Wie in der Einzelbegründung zu §§ 19, 20 ausgeführt, hat der Erbe oder sonstige Rechtsnachfolger nach dem Grundsatz der Kontinuität der Bilanz die Gegenstände des Betriebsvermögens für den Beginn seines Steuerabschnitts mit den Werten anzusetzen, die der letzten Veranlagung seines Rechtsvorgängers zu- grunde gelegen haben. Von diesen Werten hat er auch weiterhin auszugehen. Ver- äussert er später den ganzen Gewerbebetrieb, so werden in diesem Augenblicke auch die Gewinne realisiert, die bei seinem Rechtsvorgänger als nicht realisierte Konjunkturgewinne noch nicht zur Besteuerung gelangt sind. Diese nicht reali- sierten Konjunkturgewinne können aber im Augenblicke des Uebergangs bereits zu einer hohen Erbschaftssteuer herangezogen worden sein. Es erscheint billig, für solche Fälle eine zu hohe Belastung durch Zusammentreffen von Erbschafts- steuer und Einkommensteuer zu verhindern. § 31 sieht deshalb vor, dass die auf die nicht realisierten Konjunkturgewinne entfallende Erbschaftssteuer auf die im Veräusserungsfalle zu erhebende Einkommensteuer angerechnet wird, wenn die Veräusserung innerhalb von 3 Jahren nach dem unentgeltlichen Erwerb statt- findet. Bei der Veräusserung eines Anteils an einem Gewerbebetrieb muss das Entsprechende gelten.

Beispiel: Ein Steuerpflichtiger hat 1920 ein Vermögen von 500 000 RM. 222

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 93: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichs einkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926. 223

geerbt; zur Erbschaft gehört ein gewerblicher Betrieb, der mit 300 000 RM. für die Erbschaftssteuer bewertet worden ist, in der bei der Einkommensteuer aner- kannten Schlussbilanz des Erblassers aber nur mit 175 000 RM. zu Buch stand. Als Erbschaftssteuer sind 70 000 RM. entrichtet worden. Der Unterschied zwischen dem bei der letzten Einkommensteuerveranlagung des Erblassers und dem bei der Erbschaftssteuerveranlagung angesetzten Wert des Betriebsvermögens beträgt also 125,000 RM. ; hierauf entfällt ein Viertel der Erbschaftssteuer, also 17 500 RM. Im Jahre 1931 veräussert der Erbe den Gewerbebetrieb. Sein Einkommen wird auf 150,000 RM. festgestellt, hiervon entfallen 131 000 RM. auf den Unterschied zwischen Veräusserungspreis und Buchwert, 10 000 RM. auf den Geschäftsgewinn des letzten Jahres und 9000 RM. auf sonstiges Einkommen.

Die Steuer für den Veräusserungsgewinn von 131 000 RM. beträgt mindestens 15 v. H. und höchstens 20 ν. Η., das Finanzamt setzt sie fest auf 22 000 RM.

Der Steuerpflichtige kann beantragen, dass hierauf der oben errechnete Teil der Erbschaftssteuer, also . . 17 500 RM. angerechnet wird.

Die Steuer beträgt mithin für den Veräusserungsgewinn 4500 RM. Für das regelmässige Einkommen von 19 000 RM. beträgt

die Steuer . 2 600 RM. Es sind also zu entrichten 7 100 RM.

Zu § 32.

Die Vorschriften der §§ 30, 31 sollen nur Anwendung finden, wenn der Ver- äusserungsgewinn den Betrag von 5000 RM.1) übersteigt. Es wird ausdrücklich klar- gestellt, dass der laufende Gewinn des letzten Geschäftsjahrs nicht als Veräusse- rungsgewinn im Sinne dieser Vorschriften gilt.

Zu § 33.

Wie in der allgemeinen Begründung ausgeführt ist, mehren sich infolge der Höhe der Steuerbelastung in Deutschland in den letzten Jahren die Fälle, in denen grosse Betriebe der deutschen Besteuerung sich dadurch entziehen, dass sie eine enge Verbindung mit einer ausländischen Firma, an der sie ausschliesslich oder über- wiegend beteiligt sind, die ihnen mit anderen Worten wirtschaftlich mehr oder weniger gehört, eingehen und dieser ausländischen Firma auf Kosten des deutschen Betriebs den Gewinn zuführen. Teilweise sind zu diesem Zweck von deutschen Unternehmern Firmen im Ausland gegründet worden. Im deutschen Betrieb ent- stehen keine oder keine erheblichen Gewinne. Es ist infolgedessen auch kein erheb- licher Steuerbetrag zu entrichten. Der grosse Gewinn fliesst vielmehr dem auslän- dischen Unternehmen zu. Ob er dort richtig versteuert wird, lässt sich nicht beur- teilen, ist aber für die deutsche Finanzverwaltung auch ohne Bedeutung. Die hauptsächlichsten Formen, in die diese Transaktionen gekleidet werden, sind folgende:

1. Die deutsche Firma kauft von der ausländischen Firma auf Grund gegen- seitiger Preisbindungen Rohstoffe oder Waren zu übermässig hohen Preisen.

2. Die deutsche Firma verkauft an die ausländische Firma auf Grund von Preisbindungen zu künstlich gedrückten Preisen.

3. Die deutsche Firma arbeitet in Lohn für die ausländische Firma, die von sich aus die Fakturen ausstellt. Auch die der inländischen Firma zufallende Ver- gütung wird so niedrig bemessen, dass wesentliche Gewinne sich nicht ergeben.

Wie die Praxis zeigt, entgehen auf diese Weise der deutschen Besteuerung ganz erhebliche Beträge. Abgesehen davon, dass es sich hierbei noch zum Teil um besonders leistungsfähige Betriebe handelt, sind die Rückwirkungen auf das deutsche

>) Gesetz: 10 0C0 RM. 223

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 94: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

224 Deutsches Reichseinkommen Steuergesetz. Vom 10. Aug. 1935/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926.

Steueraufkommen höchst schädlich. Ueberdies widerspricht das auch dem Grund- eatz der gleichmässigen Verteilung der Steuerlasten auf alle Schultern.

Die Vorschrift des § 5 der Reichsabgabenordnung kann zwar in einzelnen Fällen eine Handhabe zur Heranziehung solcher Betriebe bieten, reicht aber in vielen Fällen nicht aus. Der Entwurf sieht deshalb vor, dass in solchen Fällen bei der Einkommensermittlung für den inländischen Gewerbebetrieb der Gewinn an- gesetzt werden soll, der sonst bei Geschäften gleicher oder ähnlicher Art erzielt worden wäre. Hierbei soll als Gewinn mindestens die übliche Verzinsung des gesamten dem Betrieb gewidmeten Anlage- und Betriebskapitals gelten. Was hiernach als Gewinn und als übliche Verzinsung anzusehen ist, wird unter Berück- sichtigung der jeweiligen wirtschaftlichen Verhältnisse zu entscheiden sein. Die Vorschrift ist vor allem dazu bestimmt, um eine klarere Handhabe für die steuer- liche Erfassung zu bieten.

Zu § 34. Gewerbetreibende, die im Inland nicht unbeschränkt steuerpflichtig sind,

sondern deren inländischer Gewerbebetrieb nur Zweigniederlassung eines auslän- dischen Unternehmens ist, haben es in der Hand, für die inländische Zweignieder- lassung in ähnlicher Weise den Gewinn herabzumindern, wie dies deutsche Unter- nehmungen der im § 33 bezeichneten Art tun können. In diesen Fällen soll deshalb bei der Einkommensermittlung für den inländischen Gewerbebetrieb der Gewinn angesetzt werden, der sonst bei inländischen Geschäften gleicher oder ähnlicher Art erzielt worden wäre, wenn es sich um ein selbständiges Unternehmen handelte; auch hier ist mindestens die übliche Verzinsung des der inländischen Zweignieder- lassung gewidmeten Kapitals als Gewinn anzusehen. Diese Vorschrift soll ins- besondere auch dann Anwendung finden, wenn durch die Dispositionen der Ge- schäftsleitung der Gewinn zwischen der inländischen Zweigniederlassung und dem ausländischen Hauptunternehmen anders verteilt und ausgewiesen wird.

Um einzelne Fälle angemessen zu regeln, wird im Abs. 2 der Reichsminister der Finanzen ermächtigt, im Einvernehmen mit der obersten Finanzbehörde des an dem Steueraufkommen beteiligten Landes über die Verteilung des Einkommen» auf die ausländische Hauptniederlassung %und die inländische Zweigniederlassung Vereinbarungen zu treffen.

Zu § 35. Der § 35 Abs. 1 entspricht dem § 9 Nr. 2 und 4 des bisherigen Einkommen-

steuergesetzes. Abs. 1 Nr. 2 soll in seiner neuen Fassung die entstandenen Zweifels- fragen klarstellen.

Im Abs. 2 soll zum Ausdruck gebracht werden, dass auch eine vorübergehende Tätigkeit als Berufstätigkeit gilt; gedacht ist insbesondere an den Fall, dass nicht ein Anwalt oder Notar, sondern ein Beamter oder Arzt Testamentsvollstrecker ist.

Zu § 36. Der Begriff des Arbeitslohns deckt sich mit dem in dem früheren Einkommen-

steuergesetz und in der Zweiten Steuernotverordnung festgelegten Begriff. In den § 36 des Entwurfs sind die Vorschriften der Abs. 1-3 des § 34 des

bisherigen Einkommensteuergesetzes eingestellt worden. Die Abs. 1 und 2 des § 34 des bisherigen Gesetzes sind wörtlich übernommen worden. Es bleibt also grund- sätzlich bei der Steuerfreiheit der aus öffentlichen Kassen gewährten Aufwandsent- schädigungen, Tagegelder und Reisekosten und des nach ausdrücklicher Anord- nung zur Bestreitung des Dienstaufwandes bestimmten Teils des Gehalts oder einer «twaigen Zulage. Die selbstverständliche Voraussetzung für die Freilassung dieser Beträge ist aber, dass es sich um wirkliche Entschädigungen für Dienstaufwand handelt. Der Zweck der Bestimmung ist, bei der Veranlagung von Beamten, denen «ine Entschädigung zur Bestreitung des Dienstaufwandes gewährt oder bei denen «in Teil des Gehalts oder einer Zulage hierzu ausdrücklich bestimmt ist, die Prüfung der Frage zu erübrigen, ob und welche Abzüge im einzelnen für Werbungskosten . zuzulassen sind. Diese Vorschrift geht von der Auffassung aus, dass die öffent- lichen Körperschaften Aufwandsentschädigungen, Tagegelder und Reisekosten

224

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 95: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926. 225

nicht zum Zwecke der Steuerkürzung, sondern nur in dem Umfange bewilligen, in dem sie zur Bestreitung des Dienstaufwandes tatsächlich nötig sind, und dass daher Ersparnisse, die zum steuerbaren Einkommen zu rechnen wären, regelmässig nicht erzielt werden können (vgl. auch Begründung zum bisherigen Einkommensteuer- gesetz S. 61). Würde dagegen in Fällen der oben erwähnten Art den Beamten unter der unzutreffenden Bezeichnung „Dienstaufwandsentschädigungen" zugleich eine Vergütung für Arbeitsleistung gezahlt, so ist die Voraussetzung, von der diese Vor- schrift ausgeht, nicht mehr gegeben. Derjenige Teil der Gesamtbezüge, der in Wahrheit Entgelt für Arbeitsleistung darstellt, darf der Besteuerung nicht ent- zogen werden.

Die Vorschrift des Abs. 2 Nr. 2 über die Freilassung der privaten Dienstauf- wandsentschädigungen deckt sich im allgemeinen mit der Vorschrift des § 34 Abs. 3 des bisherigen Einkommensteuergesetzes. Auch hier gilt das oben Gesagte, dass eine Freilassung nur dann in Frage kommen kann, wenn es sich um wirkliche Dienstaufwandsentschädigungen handelt, nicht dagegen kann eine Freilassung dann Platz greifen, wenn unter der Bezeichnung „Dienstaufwandsentschädigungen" Be- träge gezahlt werden, die über den nachgewiesenen Dienstaufwand hinausgehen und daher Arbeitslohn in versteckter Weise darstellen. Es ist deshalb die Frei- lassung der privaten Dienstaufwandsentschädigungen an die Bedingung geknüpft, dass sie entweder nur in Höhe des nachgewiesenen Dienstaufwandes gezahlt werden oder die tatsächlichen Aufwendungen offenbar nicht übersteigen. Die letztere Be- dingung soll verhüten, dass nicht bei Beträgen kleinerer Art, bei deren Gewährung ein Missbrauch nach ihrer geringen Höhe ohnedies als ausgeschlossen gelten muss, eine ins einzelne gehende Nachprüfung vorgenommen wird.

Erweitert gegenüber der bisherigen Fassung im Art. I § 16 Abs. 4 der Zweiten Steuernotverordnung ist die Bestimmung des § 36 Abs. 4 des Entwurfs. Nach der bisherigen Fassung konnte der Reichsminister der Finanzen nähere Bestimmungen über die Voraussetzungen erlassen, unter denen ein Entgelt als Arbeitslohn anzu- sehen ist. Diese Bestimmung hat den Zweck, in vereinfachter Weise die Entschei- dung darüber zu ermöglichen, ob ein Entgelt als dem Steuerabzug unterliegend angesehen werden muss, ob also der Arbeitgeber den Steuerabzug zu machen hat, oder ob es sich um ein Entgelt handelt, das nicht innerhalb eines Arbeitsverhält- nisses anfällt, sondern in freier Erwerbstätigkeit erzielt worden ist und daher der Einkommensteuer im Wege der Veranlagung unterliegt und umsatzsteuerpflichtig ist. Derartige Streitigkeiten sind häufig vorgekommen, insbesondere bei der Ab- grenzung darüber, ob ein Steuerpflichtiger Hausgewerbetreibender oder Heim- arbeiter ist. Um in diesen und ähnlich gelagerten Fällen eine allgemein bindende Entscheidung treffen zu können, soll der Reichsminister der Finanzen für be- stimmte Gruppen von Fällen, bei denen die Grenze zwischen selbständiger und un- selbständiger Tätigkeit flüssig ist, entscheiden können, ob das Entgelt für eine Leistung als Arbeitslohn anzusehen oder umsatzsteuerpflichtig ist. Für andere Gebiete (ζ. Β. Sozialversicherung und Gewerbesteuer) ist die Entscheidung nicht bindend.

Zu § 37. Die Vorschrift entspricht dem § 8 des bisherigen Einkommensteuergesetzes.

Gegenüber der Fassung des § 8 ergibt sich nur folgende Aenderung: Vererbliche Renten gehören bisher zum Einkommen aus Kapitalvermögen. Da in den §§6 und 40 die anderen wiederkehrenden Bezüge als eine besondere Einkommensart behandelt werden, erscheint es folgerichtig, die vererblichen Renten dieser beson- deren Einkommensart hinzuzurechnen. Abs. 2 Nr. 2 soll klarstellen, dass auch Ein- künfte aus der Veräußerung von Dividenden und Zinsscheinen sowie sonstigen Gewinnen, sofern die dazugehörigen Aktien, Schuldverschreibungen und sonstigen Anteile im Eigentum des Steuerpflichtigen bleiben, zu den Einkünften aus Kapital- vermögen gehören.

Zu §§38 und 39. Das Einkommen aus Vermietung und Verpachtung von Grundstücken, Ge-

bäuden und Gebäudeteilen war im § 6 Nr. 1 und § 31 des bisherigen Einkommen- steuergesetzes geregelt. Als Einkommen aus Grundbesitz galt auch bisher das Ein-

Finanzarchiv. XLIU. Jahrg. 225 15

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 96: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

226 Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 19

kommen aus der Vermietung eingerichteter Wohnräume (möblierter Zimmer )- Das nicht gewerbliche Einkommen aus der Vermietung und Verpachtung von be- weglichen Gegenständen wurde dagegen unter die sonstigen Einnahmen eingereiht. Nunmehr soll das Einkommen aus Vermietung und Verpachtung in einer besonde- ren Vorschrift geregelt werden. Der Kreis der Gegenstände ist umgrenzt: Es kommen lediglich unbewegliches Vermögen, gewisse Sachinbegriffe und Rechte in Frage. Zum unbeweglichen Vermögen gehören, wie im bisherigen Einkommen- steuergesetz, auch die Gebäudeteile, so dass also die Vermietung möblierter Zim- mer, wenn sie nicht als Gewerbebetrieb erfolgt, unter § 38 Abs. 1 Nr. 1 des Ent- wurfs fällt. Zu den Sachinbegriffen gehören: landwirtschaftliches Inventar, be- wegliches Betriebsvermögen und eine zur Ausübung einer selbständigen Berufs- tätigkeit dienende Einrichtung. Dagegen fallen unter diese Vorschrift nicht die Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung einzelner beweglicher Sachen; die Steuerpflicht i st in diesem Falle nur gegeben, wenn es sich um Einkommen handelt, das innerhalb einer anderen Einkommensart (z. B. des Gewerbes) erzielt wird, oder wenn es sich um sonstige Leistungsgewinne (§41 Abs. 1) handelt. Als Verpachtung von Rechten ist auch die Jagdverpachtung anzusehen.

§ 38 Abs. 2 soll klarstellen, dass als Einkünfte im Sinne des Abs. 1 auch Ein- künfte aus der Veiäusserung von Miet- und Pachtzinsforderungen gelten, und zwar auch dann, wenn die Einkünfte im Veräusserungspreise von Grundstücken ent- halten sind und die Miet- oder Pachtzinsen sich auf einen Zeitraum beziehen, in dem der Veräusserer noch Besitzer war.

§ 38 Abs. 3 entspricht der Vorschrift des § 6 Nr. 2 des bisherigen Einkommen- steuergesetzes.

Die Ermittlung des Einkommens aus Vermietung und Verpachtung erfolgt in gleicher Weise wie bisher (vgl. § 31 des bisherigen Einkommensteuergesetzes).

Zu § 40. Wie schon in der allgemeinen Begründung ausgeführt worden ist, will der

Entwurf die einzelnen Einkommenarten genau umgrenzen und auf diese Weise den unbestimmten Begriff der sonstigen Einnahmen, wie er im § 11 des bisherigen Ein- kommensteuergesetzes aufgestellt war, vermeiden. Infolgedessen sind andere wiederkehrende Bezüge, die nicht unter eine der vorgenannten Einkommensarten fallen, als andere wiederkehrende Bezüge im § 40 des Entwurfs zusammengefasst. Hierzu gehören die bereits im § 11 Nr. 1 und 2 des bisherigen Einkommensteuer- gesetzes genannten Leibrenten, Leibgedinge, Zeitrenten und andere unvererbliche Renten sowie Zuschüsse und sonstige Vorteile, die als wiederkehrende Bezüge gewährt werden. In diese Gruppe sind ferner die vererblichen Renten hinein- genommen, die bisher zum Einkommen aus Kapitalvermögen gehörten.

Zu den „anderen wiederkehrenden Bezügen" werden regelmässig die beson- ders in Süddeutschland und im Harz üblichen Nutzungen des Ortsbürgerrechts (Allmende) gehören. Sollte die Nutzung in einem engen Zusammenhange mit einer anderen Einkommensart (ζ. Β. Land- und Forstwirtschaft) stehen, so würde es unbedenklich sein, die Einkünfte aus dem Ortsbürgerrecht der anderen Einkommens- art hinzuzuzählen.

Zu § 41. Wie in der Begründung zu §6 ausgeführt ist, umfasst die letzte Einkommensart

(§ 6 Abs. 1 Nr. 8) nicht alle sonstigen Einkünfte, sondern nur die Leistungsgewinne, die nicht schon bei Einkünften anderer Art in Ansatz zu bringen sind. Diese „sonstigen Leistungsgewinne" teilt der Entwurf in zwei Gruppen:

Abs. 1 Nr. 1 enthält die Veräusserungsgewinne; diese werden im § 42 er- schöpfend aufgeführt.

Nach Abs. 1 Nr. 2 gehören ferner zu den sonstigen Leistungsgewinnen Ein- künfte, die aus einer anderen Tätigkeit anfallen; hier ist eine erschöpfende Auf- zählung nicht möglich. Als Beispiele werden aufgeführt die Einkünfte aus Ver- mietung, soweit sie nicht unter § 38 des Entwurfs fallen, insbesondere also aus Ver- mietung beweglicher Gegenstände, ferner Einkünfte aus gelegentlichen Vermitt- lungen, bei denen der Steuerpflichtige nicht Gewerbetreibender ist und bei dene»

226

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 97: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichs einkomm ensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 192Î/26. Febr. 1926. 227

es sich auch nicht um eine sonstige selbständige Berufstätigkeit im Sinne des § 35 handelt. Im Interesse der Vereinfachung für die Steuerpflichtigen sowohl wie auch für die Behörden sollen derartige gelegentlichen Einkünfte aber nur dann für die Einkommenbesteuerung in Frage kommen, wenn die erzielten Einnahmen im Steuer- abschnitt den Betrag von 500 RM. überstiegen haben.

Zu § 42.

Das Einkommensteuergesetz vom 29. März 1920 zählte - vom Schanz« sehen Einkommensbegriff ausgehend - alle Veräusserungsgewinne zu den sonstigen Einnahmen, die der Besteuerung unterliegen sollten. Diese Vorschrift hat praktisch keine Anwendung gefunden; denn durch die schon für die Veranlagung für 1920 massgebende Novelle vom 24. März 1921 wurden Gewinne aus Veräusserungs- geschäften, die nicht zum Gewerbebetrieb des Steuerpflichtigen gehören, nur dann als sonstige Einnahmen für steuerpflichtig erklärt, wenn der Erwerb des veräusser- ten Gegenstandes zum Zwecke gewinnbringender Wiederveräusserung erfolgt war. Mit dem Grundgedanken des Entwurfs ist es nicht vereinbar, alle Veräusserungs- gewinne, die ausserhalb einer Erwerbs oder Berufstätigkeit anfallen, zu besteuern. Die Feststellung, ob ein Spekulationsgeschäft im Sinne der obigen Begriffsbestim- mung gegeben ist, bereitet in der Praxis ausserordentliche Schwierigkeiten. Anderer- seits umfasst der Begriff des Spekulationsgewinns bestimmte Veräusserungsge- winne nicht, deren Besteuerung im Rahmen der Absicht des Entwurfs erforderlich erscheint. Endlich glaubt der Entwurf im Interesse der Vereinfachung, Veräusse- rungsgewinne bestimmter Art bis zu einer bestimmten Grenze unter allen Umstän- den freilassen zu sollen. In dieser Hinsicht wird in Abs. 3 vorgeschrieben, dass Ge- winne aus der Veräusserung von Hausrat und anderen Gegenständen, die beim Veräusserer der Vermögenssteuer nicht unterliegen, stets steuerfrei bleiben sollen, und dass Veräusserungsgewinne anderer Art nur dann zu besteuern sind, wenn die insgesamt im Steuerabschnitt erzielten Gewinne 1000 RM. oder mehr betragen.

Nach der positiven Seite erklärt der Entwurf zwei Gruppen von Veräusse- rungsgewinnen für steuerpflichtig:

I. Fälle, in denen durch die Veräusserung eine Verwertungsmöglichkeit unter Umständen ausgenutzt wird, die auf weitere gleichartige Veräusserungen durch den Steuerpflichtigen schliessen lassen. Hier handelt es sich um die Veräusserung von Gegenständen, insbesondere von Grundstücken, die seit langer Zeit im Eigentum des Steuerpflichtigen stehen, und die, wenn sich nunmehr Gelegenheit zur Ver- äusserung bietet, günstig verkauft werden. Praktisch kommen insbesondere Land- wirte und Grundbesitzer in Frage, deren Grundstücke vor den Toren einer Gross- stadt liegen und die entsprechend dem Ausdehnungsbedürfnis der städtischen Be- völkerung Parzellen veräussern;

II. Spekulationsgewinne. Die Entscheidung, ob ein Spekulationsgeschäft im Sinne des § 11 Nr. 5 des bisherigen Einkommensteuergesetzes vorliegt, war nicht nur in den Jahren der Geldentwertung sehr schwierig, sondern die Auslegung dieser Vorschrift, die in vielen früheren einzelstaatlichen Steuergesetzen und in den Gesetzen anderer Länder, z. B. Oesterreich, enthalten ist, führt auch in Zeiten gleichbleibenden Geldwerts oft zu Streitigkeiten zwischen dem Steuerpflichtigen und der Veranlagungsbehörde. Das hat seinen Grund darin, dass die Absicht ge- winnbringender Wiederveräusserung eine innere Tatsache ist, die einwandfrei niemals festgestellt werden kann. In den Anweisungen der früheren Einzelstaaten, in den Erlassen des Reichsministers der Finanzen und in Oesterreich im Gesetze selbst wurde deshalb stets auf äussere Merkmale hingewiesen, aus denen im allge- meinen auf die Spekulationsabsicht geschlossen werden sollte. Der Entwurf geht noch einen Schritt weiter. Er will die Frage, ob ein Spekulationsgeschäft vorliegt, nicht nach der Absicht des Steuerpflichtigen, also subjektiv, entscheiden, sondern schreibt bindend vor, dass Veräusserungsgeschäfte, bei denen bestimmte Merkmale gegeben sind, als Spekulationsgeschäfte angesehen werden sollen. Dies bedeutet powohl für den Steuerpflichtigen als auch für die Veranlagungs- und Rechtsmittel- behörden eine wesentliche Vereinfachung. Es ist zuzugeben, dass es hierbei Fälle gibt, in denen vereinzelt Veräusserungsgewinne erfasst werden, die bisher frei-

227

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 98: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

228 Deutsches ReichseinkommensteuergeBetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1929.

geblieben wären, wie dass es umgekehrt Fälle gibt, die bisher als Spekulations- geschäfte steuerpflichtig waren. Diese Konsequenz muse aber im Interesse der Ver- einfachung getragen werden.

In Anlehnung an die für die frühere Praxis massgebenden Merkmale sollen Veräusserungsgeschäf te unter folgenden Voraussetzungen als Spekulationsgeschäfte gelten:

1. Wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräusserung kurz ist, soll ein Spekulationsgeschäft angenommen werden. Der Entwurf schlägt, wenn es sich um andere Gegenstände, insbesondere Wertpapiere, handelt, 6 Monate als Zeitraum vor.

2. Ferner nennt der Entwurf ausdrücklich alle die Geschäfte, bei denen der Erwerb der Veräusserung zeitlich folgt; das ist begründet, weil es dem Steuerpflich- tigen regelmässig nur auf die Differenz ankommt.

Auf den die Steuerpflicht einschränkenden Abs. 3 wurde schon oben hin- gewiesen.

Im Abs. 4 wird vorgeschrieben, dass Verluste aus Veräusserungsgeschäften im Sinne des § 42 Abs. 1, 2 ebenso behandelt werden sollen wie Gewinne, aber nur bis zur Höhe der Veräusserungsgewinne abgezogen werden dürfen, die im gleichen Steuerabschnitt erzielt worden sind. Dies entspricht der Vorschrift des § 13 Abs. 1 Nr. 8 des bisherigen Einkommensteuergesetzes.

Hat der Steuerpflichtige z. B. 2000 RM. Veräusserungsgewinne erzielt und 1200 RM. Verluste aus Veräusserungsgeschäften gehabt, so sind 800 RM. heran- zuziehen; betragen aber die Veräusserungsgewinne 2000 RM und die Verluste 3000 RM., εο ist für die Veräusserungsgewinne nichts anzusetzen; der Mehrverlust von 1000 RM. darf jedoch bei den übrigen Einkünften nicht abgezogen werden.

Zu § 43. Die Vorschriften für die Entwicklung des Gewinns und des Verlustes bei

Veräusserungsgeschäften entsprechen im wesentlichen dem bisherigen Recht (§ 35 des bisherigen Einkommensteuergesetzes).

Zu § 44. Das bisherige Einkommensteuergesetz bestimmte im § 10, dass alle Ein-

kommen aus Grundbesitz, Gewerbebetrieb, Kapitalvermögen und Arbeit ausser den ausdrücklich bezeichneten auch solche Einkünfte angesehen werden sollten, die nach der Verkehrsauffassung der einzelnen Einkommensart zuzurechnen sind. Die Vorschrift hatte jedoch keine sehr grosse praktische Bedeutung, weil solche Einkünfte, auch wenn sie einer bestimmten Einkommensart nicht zuzurechnen gewesen wären, als sonstige Einnahmen besteuert werden mussten. Der Entwurf, der, wie oben dargelegt, die Besteuerung der sonstigen Einkünfte ganz erheblich einschränkt; muss neben dem in § 6 enthaltenen Hinweis auf die Verkehrsauf- fassung eine entsprechende Vorschrift erhalten und sie durch einzelne Beispiele besonders erläutern.

1. Entschädigungen, die als Ersatz für entgehende Einnahmen gewährt wer- den, gehörten im bisherigen Einkommensteuergesetz zu den sonstigen Einnahmen (§11 Nr. 3). Künftig sollen ausser den genannten auch Entschädigungen, die für die Aufgabe einer Tätigkeit, einer Beteiligung oder einer Anwartschaft auf eine solche gewährt werden, der einzelnen in Frage kommenden Einkommensart hin- zugerechnet werden. Demgemäss sind ζ. Β. Abbauentschädigungen, Abkehrgelder, Uebergangsgebührnisse, Kapitalabfindungen, die als Ersatz für entgehende Ein- nahmen oder für die Aufgabe der Stellung an Personen gewährt werden, die im öffentlichen oder privaten Dienst angestellt oder beschäftigt sind oder waren, als Arbeitslohn anzusehen. Hierunter fallen auch ζ. Β. die Kapitalabfindungen nach dem Wehrmachtversorgungsgesetz. Wegen der Ermässigung des Steuersatzes wird auf § 58 verwiesen.

2. Bei den im § 44 Nr. 2 genannten Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen oder seinem Rechtsnachfolger aus einer ehemaligen Tätigkeit oder aus einem erloschenen Rechtsverhältnis zufliessen, ist insbesondere an die Fälle gedacht»

228

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 99: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

deutsches ReichseinkominensteuergeBetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez» 1925/26. Febr. 1926. 229

in denen nach Aufgabe eines Gewerbebetriebs noch Einzelforderungen aus diesem Gewerbebetrieb durch nachträgliche Zahlungen gedeckt werden, ferner an Fälle, in denen nach Aufgabe der Praxis einem Arzt oder einem Rechtsanwalt oder seinen Erben Honorare gezahlt werden, endlich an Fälle, in denen Kapital- oder Miet- zinsen nachträglich entrichtet werden, wenn der Steuerpflichtige nicht mehr im Besitz des Kapitalvermögens oder des Miethauses ist. Beim Arbeitslohn werden solche Fälle selten sein; in Frage kommt hier z. B. die Tantieme, die auf Grund eines Generalversammlungsbeschlusses den Erben eines inzwischen verstorbenen Direktors einer Aktiengesellschaft ausgezahlt wird.

Zu § 45. Im § 45 wird wegen der im § 6 neu eingeführten und dort erläuterten Trennung

des bisherigen Einkommens aus Grundbesitz in Einkommen aus land- oder forst- wirtschaftlichem Betrieb einerseits und Einkommen aus Vermietung und Verpach^ tung anderseits ausdrücklich hervorgehoben, dass die Einkünfte bei dem nutzungs- berechtigten Unternehmer, mag er nun Eigentümer, Niessbraucher, Pächter o. dgl. sein, als Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft veranlagt werden, dass da- gegen die Einkünfte des Verpächters nicht zum Einkommen aus Land- und Forst- wirtschaft gehören, sondern gemäss § 38 zu veranlagen sind. Das gleiche gilt auch für die im § 6 Abs. 1 Nr. 2 und 3 genannten Einkommensarten. Der Verpächter eines gewerblichen Betriebs soll, wenn nicht besondere Umstände vorliegen, auf Grund deren bei ihm ein Gewerbebetrieb anzunehmen ist, als Verpächter und nicht als Gewerbetreibender besteuert werden.

Zu § 46. Der Entwurf geht davon aus, dass grundsätzlich das individuelle Einkommen

çles einzelnen Steuerpflichtigen ermittelt werden soll. Als Erleichterung bei der Einkommensermittlung sind aber gewisse Durchschnittssätze unerlässHch. Die Durchschnittssätze können sich auch auf die Ermittlungsgrundlagen beziehen, d. h. die Veranlagung kann unter Anwendung von Pauschsätzen erfolgen, die z. B. für die Werbungskosten oder für die zulässigen Absetzungen aufgestellt werden. Dies entspricht der bisherigen Verwaltungsübung. Die Beteiligung der Landes- regierung soll die Einheitlichkeit mit den Landessteuern, insbesondere der Gewerbe- steuer, sichern. § 46 des Entwurfs schreibt vor, dass solche Durchschnittssätze nur als Hilfsmittel für die Besteuerung festgesetzt werden sollen. Dem Steuerpflich- tigen soll es also stets unbenommen bleiben, Unterlagen dafür beizubringen, dass oder inwieweit die Durchschnittssätze der Feststellung seines Einkommens nicht zugrunde gelegt werden können. Es ist selbstverständlich, dass die Durchschnitts- sätze nicht dazu dienen sollen, an Stelle des Ergebnisses einer ordnungsmässigen Buchführung zu treten.

Zu § 47. Vielfach wollen Deutsche oder ehemalige Deutsche, die in jungen Jahren aus-

gewandert sind und im Ausland Vermögen erworben haben, nach Deutschland zurückkehren, um hier ihren Lebensabend zu verbringen. Durch die Verlegung ihres Wohnsitzes ins Inland werden diese Personen unbeschränkt steuerpflichtig. Hieraus können sich Härten ergeben. Das Vermögen bleibt meist in ausländischen Werten angelegt und unterliegt gleichzeitig im Ausland noch erheblichen Steuern und Abgaben. Die dadurch entstehende Steuerbelastung ist vielfach geeignet, diese Personen von der Rückkehr nach Deutschland abzuhalten. Vom Stand- punkt des nationalen Gedankens und der deutschen Volkswirtschaft besteht jedoch in vielen Fällen ein Interesse an der Rückkehr dieser Personen. Die gleichen Er- wägungen können bei dem Zuzug anderer Personen aus dem Ausland in Frágó kommen, zumal nach den bisherigen Erfahrungen zuziehende vermögende Aus- länder vielfach für das Deutschtum Interesse haben und erhebliche Zuwendungen für gemeinnützige und mildtätige Zwecke machen.

Die besonderen Härten, die in der Inflationszeit bei Umrechnung von hoch- wertigen ausländischen Valuten in Papiermark und bei der dadurch sich ergebenden

229

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 100: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

230 deutsches Reichseinkommensteuergesetz; Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926.

Anwendung der höchsten Tarifsätze entstanden, wurden durch die Verordnung vom 16. Februar 1923 über die Besteuerung von ausländischem Vermögen und En*· kommen (R.G.B1. 1 S. 145) für die Veranlagung zur Einkommensteuer 1922 in gewissem Umfang ausgeglichen. In anderen Fällen musste nach Prüfung der Ver- hältnisse des einzelnen Falls die Steuerlast auf Grund des § 108 Abs. 1 der Reichsab- gabenordnung ermässigt werden. Bei der Häufigkeit dieser Fälle empfiehlt es sich, diese Frage gesetzlich zu regeln. Der Entwurf schlägt daher vor, den Reichs- minister der Finanzen zu ermächtigen, im einzelnen Fall oder in bestimmten Gruppen von Fällen für die Dauer von 5 Jahren seit Begründung der unbeschränk- ten Steuerpflicht von der Heranziehung von Einkünften bestimmter Art, insbe- sondere von der Heranziehung des ausländischen Einkommens, ganz oder teil- weise abzusehen oder solche Personen nach Massgabe ihres inländischen Verbrauchs zu besteuern. Aehnliche Vorschriften gab es schon in den Einkommensteuer- gesetzen einzelner Bundesstaaten vor dem Kriege, so z. B. in dem § 14 des Ham- burgischen Einkommensteuergesetzes vom 9. Januar 1914, wonach Ausländer, die in Hamburg steuerpflichtig geworden waren, soweit sie sich nicht zu Erwerbs- zwecken dort aufhielten, an Stelle des Einkommens den Verbrauch versteuerten. Der Entwurf gibt dem Reichsminister der Finanzen weiter die Ermächtigung, für Personen, die aus dem Ausland zuziehen, die Einkommensteuer auch in einem Pauschbetrage festzusetzen. Eine derartige ausdrückliche Ermächtigung erscheint zweckmässig, um langwierige und fruchtlose Verhandlungen mit Ausländern über den Umfang ihres ausländischen Einkommens und Vermögens zu vermeiden.

Zu § 48. Bei Grundbesitz, der an der deutschen Grenze gelegen ist und mit jenseits

der Grenze gelegenem Grundbesitz zusammen einheitlich bewirtschaftet wird, sowie bei gewerblichen Unternehmungen, die sich auf mehrere Staaten erstrecken und von denen in Deutschland nur ein oder mehrere Teilbetriebe sich befinden, fehlte es bisher an einer Vorschrift über die Verteilung des Einkommens. Durch § 48 soll der Reichsminister der Finanzen ermächtig^) werden, mit Zustimmung des Reichs- rats Richtlinien darüber zu erlassen, was in solchen Fällen als inländisches Ein- kommen des beschränkt Steuerpflichtigen anzusehen ist.

Die Vorschrift bezieht sich auf alles Einkommen aus inländischer Erwerbs- oder Berufstätigkeit, trifft also auch den Fall, dass eine ausländische Körperschaft des öffentlichen Rechtes Einkommen aus inländischer Erwerbstätigkeit bezieht.

Zu § 49.

Solange die grosse Masse der Steuerpflichtigen, insbesondere die Lohnsteuer- pflichtigen, auch bei geringem Einkommen zu erheblichen Steuerleistungen heran- gezogen wird, solange die Wirtschaftsverhältnisse so schwankend sind wie gegen- wärtig und solange die handelsrechtlichen Bilanzen nicht lediglich nach dem Ge- sichtspunkt des erzielten Erfolges aufgestellt werden, sondern auch von anderen allgemeinen wirtschaftspolitischen Erwägungen beeinflusst sind, kann an der Besteuerung nach dem Verbrauch nicht vorübergegangen werden. Dies gilt vor allem für die Personen, die einen wirklich grossen Verbrauch haben und diesen* wenn sie ihn aus steuerpflichtigem Einkommen nicht entnehmen, nur aus der Vermögenssubstanz bestreiten können. Bei ihnen soll also der Verbrauch zu- grunde gelegt werden. Richtig ist, dass es sich hierbei unter Umständen nicht mehr um eine Besteuerung des Einkommens handelt; das erkennt der Entwurf an, wenn im § 49 ausdrücklich gesagt wird, dass der Verbrauch an Stelle des Ein- kommens der Besteuerung zugrunde zu legen ist. Dass die Besteuerung nach dem Verbrauch als Korrektivmassnahme berechtigt und technisch durchführbar ist, haben die Erfahrungen bei der praktischen Durchführung des Art. 1 § II der Zweiten Steuernotverordnung erwiesen. Der Entwurf sieht aber gegenüber der Zweiten Steuernotverordnung weitgehende Einschränkungen vor, um zu erreichen, dass die Verbrauchsbesteuerung auch nur auf solche Personen Anwendung findet, bei denen aus der Höhe und der Art des Verbrauchs auf eine gewisse Leistungs- fähigkeit geschlossen werden kann.

250

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 101: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926. 23 1

Einmal soll eine Verbrauchsbesteuerung überhaupt nicht in Frage kommen, wenn der Verbrauch 8000 RM. nicht überstiegen hat. Dadurch werden vor allem die geschützt, die ihr ehemaliges Vermögen ganz oder teilweise verloren haben und ihren Lebensunterhalt nur durch Verkauf der übrig gebliebenen Reste bestreiten. Bei der grossen Masse der Steuerpflichtigen wird die Verbrauchsbesteuerung da- durch überhaupt nicht praktisch.

Beträgt der Verbrauch mehr als 8000 RM., so ist doch für seine Besteuerung Voraussetzung in allen Fällen, dass das festgestellte steuerbare Einkommen eines Pflichtigen unter Berücksichtigung der gesamten Lebensverhältnisse in einem offenbaren Missverhältnis zu seinem Verbrauch steht. Nach der Fassung ergeben sich drei Gruppen von Fällen, in denen die Besteuerung nach dem Ver- brauch in Frage kommt. Die erste Gruppe bilden die Fälle, in denen das Finanzamt technisch nicht die Möglichkeit hat, das Einkommen festzustellen, in denen aber tatsächlich ein erhebliches Einkommen vorhanden ist, aus dem der Steuerpflichtige einen erheblichen Aufwand treibt. Wie in einzelnen der früheren Einkommensteuergesetze, insbesondere in Sachsen, soll in diesem Falle der Verbrauch statt des Einkommens besteuert werden, weil es dem all- gemeinen Volksempfinden entspricht, solche Steuerpflichtigen zu angemessenen Steuerleistungen heranzuziehen. Die zweite Gruppe bilden die Fälle, in denen der Steuerpflichtige sein Vermögen, gleichviel aus welchem Grunde, in Werten anlegt, die keinen oder nur einen ganz geringen Ertrag bringen. Als solche Werte sind ζ. Β. grosse Gärten oder Parks anzusehen, ferner Luxusgüter, die weniger zum Zwecke der landwirtschaftlichen Gütererzeugung als zur Erholung, aus Liebhaberei oder aus Repräsentationsgründen gehalten werden, endlich auch Grundbesitz innerhalb einer Grossstadt, der, sei es als Villa mit Garten, sei es als Einzelwohnhaus, erheb- lich weniger Ertrag bringt als der übrige städtische Grundbesitz. Auch sind hier Aktien, G. m. b. H. -Anteile und Schuldverschreibungen zu nennen, die zwar auf die Dauer eine gute Kapitalanlage bilden, lange Zeit hindurch einen Ertrag aber nicht abwerfen. Der Entwurf hält es für erforderlich, angesichts der hohen Steuer- lasten, die gerade die geringen Einkommen in der gegenwärtigen Zeit tragen müssen, den Verbrauch derartiger Vermögensbesitzer, die ein wesentliches Ein- kommen absichtlich nicht beziehen, an Stelle des Einkommens zu besteuern. Nach der Fassung kommen als dritte Gruppe endlich die Fälle in Frage, in denen ein Steuerpflichtiger mehrere Jahre ein erhebliches Einkommen ordnungsmässig ver- steuert hat, in einem Jahre Verluste hat, in diesem Jahre aber von den Ersparnissen lebt, die er aus dem im vergangenen Jahre ordnungsmässig versteuerten Einkom- men gemacht hat. In dieser dritten Gruppe liegt ein Anlass, den Verbrauch zu besteuern, aber nicht vor, und es wird deshalb durch Ausführungsanweisungen dafür Sorge getragen werden, dass in diesem Falle die Versteuerung nach dem Verbrauch unterbleibt.

Beispiel: Einkommen 1928 70 000 RM. Verbrauch 1928 30 000 „ Einkommen 1929 0 „ Verbrauch 1929 24 000 „

Wenn dieser Verbrauch aus dem ordnungsmässig versteuerten Einkommen des Jahres 1928 bestritten wird, so soll eine Heranziehung auf Grund des § 49 nicht stattfinden.

Ein offenbares Missverhältnis soll nach Abs. 5 nur dann angenommen werden, wenn der Verbrauch mindestens um die Hälfte höher ist als das steuerbare Ein- kommen. Dies gilt auch, wenn der Steuerpflichtige angibt, ein Einkommen nicht gehabt zu haben. Durch diesen Massstab wird die subjektive Beurteilung aus- geschlossen. Zum Verbrauch gehören die zur Bestreitung des Haushalts und der Lebensführung des Steuerpflichtigen und die zu seinem und seiner Familienange- hörigen Unterhalt aufgewendeten Beiträge. Zum Verbrauch gehören wie bisher auch Ausgaben zum Erwerb von Gegenständen aus edlem Metall-, Kunst-, Schmuck- und Luxusgegenstände, Sammlungen und Hausrat. Neu ist jedoch, dass Ausgaben für Anschaffungen nur dann als Verbrauch gelten sollen, wenn die Gegenstände beim

231

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 102: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

232 deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926·

Erwerber nicht der Vermögensteuer unterliegen. Dies bedeutet, dass Ausgaben für den Erwerb von Gegenständen, die der Vermögensteuer unterliegen, niemals zum Verbrauch gerechnet werden sollen. Erheblich erweitert ist ferner der Umfang der Ausgaben, die nach ausdrücklicher Vorschrift nicht zum Verbrauch gerechnet werden sollen. Bereits nach Art. I § 11 der Zweiten Steuernotverordnung waren die Ausgaben für Medikamente und andere Gegenstände für Heilzwecke oder zum Ausgleich körperlicher Gebrechen auszuscheiden. Nach dem Entwurf gehören ausserdem nicht zum Verbrauch: Ausgaben für Aussteuern und Ausstattungen, Schuldzinsen, Renten und dauernde Lasten im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 3, Steuern vom Einkommen, Vermögen, Grundbesitz und Gewerbebetrieb, ferner die abzugs- fähigen Sonderleistungen (§17) sowie einmalige und regelmässige Beiträge an in- ländische Vereinigungen, die ausschliesslich wissenschaftliche, künstlerische, kirch- liche, mildtätige oder gemeinnützige Zwecke verfolgen.

Daneben kann der Steuerpflichtige beantragen, auch andere Ausgaben, die durch Krankheiten oder Unglücksfälle verursacht worden sind, sowie ausserge- wöhnliche Aufwendungen, die für die Geburt, den Unterhalt oder die Erziehung eines Kindes notwendig geworden sind, bei Ermittlung des Verbrauchs unberück- sichtigt zu lassen. Hier können z. B. auch Ausgaben in Frage kommen, die dadurch entstehen, dass ein Kind auswärts zur Schule gehen und hierzu an einem anderen Ort untergebracht werden muss. Diese Vorschrift soll dem im § 26 Abs. 2 des bis- herigen Einkommensteuergesetzes und entsprechend im § 56 des Entwurfs zum Ausdruck gekommenen sozialen Gedanken Rechnung tragen.

Um weiterhin sicherzustellen, dass nur Steuerpflichtige, die nach ihrer Le- bensführung als leistungsfähig angesehen werden können, zu der Besteuerung nach dem Verbrauch herangezogen werden, soll ferner dem Steuerpflichtigen der Nach- weis gestattet werden, dass er seinen Verbrauch aus nicht steuerbarem Einkommen (§§ 8, 9 des Entwurfs) bestritten hat oder dass der Verbrauch in Ausgaben besteht, die nach § 40 des Entwurfs bei einem anderen Steuerpflichtigen als wiederkehrende Bezüge besteuert werden.

Aus alledem erhellt, dass die Verbrauchsbesteuerung nunmehr auf wirklich leistungsfähige Personen beschränkt ist.

Zu § 50.

Die Vorschrift des § 50 enthält das Existenzminimum. Wie in den früheren einzelstaatlichen Einkommensteuergesetzen sollen Steuerpflichtige von der Ein- kommensteuer ganz befreit bleiben, wenn ihre Einnahmen einschHesslich der Ein- nahmen der mit ihnen zusammen zu veranlagenden Familienangehörigen einen bestimmten Betrag nicht überstiegen hat. Das Existenzminimum war in den bezeichneten Gesetzen verschieden hoch bemessen. Am höchsten war es in Ham- burg mit 1000 M. im Jahr, in Preussen betrug es 900 M. im Jahr, jedoch konnten die Gemeinden auch die unter 900 M. bleibenden Einkommen heranziehen. Sie haben von dieser Befugnis in weitgehendem Umfange Gebrauch gemacht. In den meisten anderen Staaten betrug das Existenzminimum etwa 400-600 M. Die Höhe geht im einzelnen aus der Anlage 5 hervor. Der Entwurf geht davon aus, dass die veranlagten Steuerpflichtigen nicht anders behandelt werden dürfen als die Lohnsteuerpflichtigen. Bei Lohnsteuerpflichtigen bleibt gemäss § 70 ein Betrag von 60 RM. monatlich (720 RM. jährlich) frei; ferner wird der Lohnsteuerbetrag nicht erhoben, wenn er 0,80 RM. monatlich (0,20 RM. wöchentlich) nicht über- steigt; ausserdem wird auf volle 5 Pf. nach unten abgerundet. Legt man die übliche wochenweise Lohnzahlung zugrunde, so führen diese Vorschriften dazu, dass ein unverheirateter Arbeiter steuerfrei bleibt, wenn sein Einkommen bis zu 875 RM. im Jahr beträgt. Demgemäss sollen auch die zu veranlagenden Steuerpflichtigen steuerfrei bleiben, wenn ihr Gesamteinkommen den Betrag von 875 RM. nicht übersteigt, oder aufgerundet weniger als 900 RM. beträgt. Dieser Betrag bleibt hinter dem in Hamburg vor dem Kriege massgebenden Existenzminimum etwas zurück; er ist ebenso hoch wie in Preussen und Bremen, übersteigt jedoch das in den anderen Staaten und in den preussischen Gemeinden gewährte Existenzmini-

232

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 103: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1920/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926. 233

mum erheblich. Das ist mit Rücksicht auf die gegenüber der Vorkriegszeit gestei- gerten Preise und Kosten der Lebensführung gerechtfertigt.

Die Bezugnahme auf § 100 Abs. 3 soll besagen, dass dem Steuerpflichtigen kein Rechtsanspruch auf Erstattung von Steuerabzugsbeträgen zusteht, sei es von Beträgen, die im Wege des Steuerabzugs vom Kapitalertrag, oder von solchen Beträgen, die durch Steuerabzug vom Arbeitslohn einbehalten worden sind. Hat aber ein Arbeitnehmer insgesamt während des Steuerabschnitts eine Einnahme von weniger als 900 RM. bezogen, sind ihm aber im Laufe des Steuerabschnitts Steuer- abzugsbeträge einbehalten worden, sei es, weil er nur einen Teil des Jahres in einem Arbeitsverhältnis gestanden hat, sei es, dass er wegen Krankheit oder Erwerbs- losigkeit nur während eines Teils des Steuerabschnitts Arbeitslohn bezogen hat, so werden, wenn es sich nicht um ganz geringfügige Beträge (Bagatellbeträge) han- delt, im Billigkeitswege die von dem Arbeitslohn einbehaltenen Steuerabzugs- beträge zurückerstattet. Das gleiche trifft zu für die Fälle, in denen ein Arbeit- nehmer es versehentlich unterlassen hat, eine Erhöhung des steuerfreien Lohn- betrags zu beantragen, obwohl seine Werbungskosten und Sonderleistungen wäh- rend des Steuerabschnitts den Betrag von 240 RM. überstiegen haben. Auch in diesem Falle werden dem Arbeitnehmer auf entsprechenden Nachweis hin die Be- träge zurückerstattet, die ihm zuviel einbehalten worden sind, sofern der Antrag innerhalb eines Vierteljahrs nach Ablauf des Steuerabschnitts gestellt wird. Im Wege der Durchführungsbestimmungen werden entsprechende Anordnungen ge- troffen werden.

Zu § 51 (Ges. §§ 51 und 52). In den früheren einzelstaatlichen Einkommensteuergesetzen war das Existenz-

minimum nicht durchgestaffelt. Wer in Preussen z. B. ein Einkommen von 901 M. hatte, wurde mit diesem Einkommen herangezogen. Im bisherigen Einkommen- steuergesetz ermässigte sich die Einkommensteuer, sofern das Einkommen eine bestimmte Grenze nicht überstieg, um feste Beträge für den Steuerpflichtigen selbst und seine Familienangehörigen. Diese Beträge sind entsprechend der Geld- entwertung für die einzelnen Jahre verschieden hoch bemessen worden. Sie waren in Gold umgerechnet verhältnismässig niedrig. Dieses Verfahren ist wegen der Neuregelung des Steuerabzugs vom Arbeitslohn in der Zweiten Steuernotverord- nung, die feste Ermässigangen nach dem Familienstand überhaupt nicht mehr kennt und feste Beträge lediglich zur Abgeltung der Werbungskosten zulässt, nicht mehr möglich. Wie beim Steuerabzug vom Arbeitslohn muss deshalb das Ein- kommen um einen bestimmten Betrag gekürzt werden. Bei allen Lohnsteuer- pflichtigen werden vom Arbeitslohn 720 RM. jährlich abgezogen. Dieser Betrag von 720 RM. dient zugleich zur Abgeltung der Werbungskosten und abzugsfähigen Sonderleistungen. Es kann davon ausgegangen werden, dass bei Arbeitnehmern im allgemeinen die Werbungskosten den Betrag von 120 RM. und die Sonder- leistungen für sich auch den Betrag von 120 RM. im Jahre nicht übersteigen; sind tatsächlich höhere Unkosten entstanden, so bedarf es eines besonderen Nachweises (vgl. die Lohnempfänger § 74). Bei selbständigen Erwerbs- und Berufstätigen, ins- besondere bei Gewerbetreibenden und Landwirten, sind die zu den Werbungskosten gehörenden Betriebsausgaben ganz verschieden. Ein fester Grundbetrag lässt sich für sie nicht aufstellen. Deshalb sollen sie berechtigt sein, von den Roheinkünften die gesamten, ihnen tatsächlich erwachsenen Werbungskosten abzuziehen; für einzelne Gruppen kann als Werbungskosten auch ein bestimmter Betrag der Roh- einnahmen in Frage kommen, wie ζ. Β. für Aerzte, Rechtsanwälte, Zahnärzte. Soweit sich derartige Vorschriften als zweckmässig erweisen sollten, können sie im Rahmen des § 46 erlassen werden. Von dem so verbleibenden Einkommen soll, wenn es 12 000 RM. im Jahre nicht übersteigt, ferner ein Betrag von 600 RM. jährlich steuerfrei bleiben. Durch diesen Abzug von 600 RM. sind auch die den Werbungskosten gleichgestellten Sonderleistungen abgegolten. Es soll dem Steuer- pflichtigen aber unbenommen bleiben, nachzuweisen, dass bei ihm die Sonder- leistungen erheblich waren und den Betrag von 120 RM. jährlich überstiegen haben. In diesem Falle kann der Steuerpflichtige den 120 RM. jährlich übersteigenden Be· trag der Sonderleistungen neben dem Betrag von 600 RM. abziehen.

233

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 104: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

234 Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Ang 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 192fr.

Beispiel: Ein unverheirateter Steuerpflichtiger hat Einnahmen von 6200 RM. im Jahre bezogen. Sein Einkommen berechnet sich in der Annahme, dass ihm Werbungskosten im Betrage von 1200 RM. jährlich erwachsen sind, auf δΟΟΟ RM. Hiervon dürfen 600 RM. abgesetzt werden, so dass der Besteuerung zugrunde zu legen sind 5000 - 600 = 4400 RM., wofür 440 RM. Einkommensteuer zu entrichten sind.

Hat dieser Steuerpflichtige den Nachweis erbracht, dass ihm mehr als 120 RM, Ausgaben für zum Abzug zugelassene Sonderleistungen erwachsen sind, so darf er den überschiessenden Betrag noch nebenher abziehen. Angenommen, dass ihm abzugsfähige Sonderleistungen in Höhe von 200 RM. nachweislich erwachsen sind, so darf er neben 600 RM. noch den Betrag von 80 RM. abziehen, so dass sich sein Reineinkommen auf 5000 - (600 + 80 =) 680 = 4320 RM. beläuft, wofür aus dem abgerundeten Einkommen von 4300 RM. 430 RM. Einkommensteuer zu ent- richten sind.

Der Abs. 2 will für den Fall Vorsorge treffen, dass ein Steuerpflichtiger neben sonstigem Einkommen noch Arbeitslohn bezogen hat, der dem Steuerabzug vom Arbeitslohn tatsächlich unterworfen worden ist und bei dessen Einbehaltung der steuerfreie Lohnbetrag von 720 RM. bereits berücksichtigt worden ist. Durch diese Vorschrift soll eine Besserstellung des Steuerpflichtigen mit gemischtem Einkommen gegenüber dem reinen Lohnsteuerpflichtigen vermieden werden. Angenommen, ein verheirateter Lohnsteuerpflichtiger mit zwei minderjährigen Kindern hat neben einem Bruttolohn von monatlich 120 RM., d. h. jährlich 1440 RM., noch sonstige Einkünfte von 900 RM. bezogen, so regelt sich seine Steuerpflicht wie folgt:

1. Arbeitslohn monatlich 120 - 60 = 60 RM. Hiervon 7 ν. Η. Steuer, d. h. monatlich 4,20 RM., jährlich 50,40 RM. Damit ist sein Arbeitslohn voll versteuert.

2. Sonstige Einkünfte jährlich 900 RM. Davon ab 200 RM. für nachgewiesene Werbungskosten, also Einkommen 700 RM. Das Existenzminimum ist bereits in vollem Umfange bei dem Arbeitslohne berücksichtigt, so dass die 700 RM. mit 7 ν. Η. zur Steuer heranzuziehen sind.

Dieser Fall wird also nur dann praktisch werden, wenn der Arbeitslohn so gering war, dass der steuerfreie Lohnbetrag nicht voll berücksichtigt werden konnte, oder, wenn ein Steuerpflichtiger nur während eines Teiles des Steuerabschnitta in einem Arbeitsverhältnis gestanden hat und sein Lohn während dieses Arbeits- verhältnisses so gering gewesen ist, dass der steuerfreie Lohnbetrag nicht ganz gutgebracht werden konnte.

Beispiel: Ein kinderlos verheirateter Steuerpflichtiger hat drei Monate hindurch in einem Arbeite Verhältnis gestanden und daraus monatlich 150 RM. be- zogen. Er hat dann durch Steuerabzug entrichtet 9 ν. Η. von (450- 180 =) 270 RM., also 24,30 RM. Wählend der übrigen Monate des Steuerabschnitts hat er sonstige Einkünfte von 3000 RM. bezogen, wovon die nachgewiesenen Werbungs- kosten mit 900 RM. abgehen, so dass sich ein Einkommen von 2100 RM. ergibt. Von diesem Einkommen ist der Steuerpflichtige berechtigt, noch den Unterschieds- betrag zwischen 600 und 180 RM., also von 420 RM. abzuziehen, so dass sich ein Einkommen von 2100 - 420 = 1680 RM., abgerundet 1600 RM. ergibt, das mit 9 ν. Η. zu besteuern ist.

Zu § 52 (Ges. § 53).

Die Vorschrift stellt zur Beseitigung von Zweifeln klar, dass auch in den Fällen, in denen wegen Ueberschreitung der 10 ν. Η.- Grenze eine Veranlagung des gesamten Arbeitslohns erfolgt, bei der Veranlagung des Arbeitslohns in jedem Fall der Betrag abgezogen werden kann, der als steuerfreier Lohnbetrag (Existenz- minimum + Abgeltung der Werbungskosten und Sonderleistungen) vom Steuer- abzug freigelassen worden ist, ohne dass im einzelnen nachgeprüft zu werden braucht, welche Beträge tatsächlich für Werbungskosten und Sonderleistungen von dem Arbeitnehmer aufgewendet worden sind.

Beispiel: Ein unverheirateter Arbeitnehmer hat im Kalenderjahr 1926 einen Arbeitslohn von insgesamt 12 000 RM. bezogen. Hiervon sind steuerfrei geblieben 720 RM.; diese sind auch bei der Veranlagung abzuziehen, so dass sich ein Einkommen von 11 280 RM. ergibt. Die Steuer aus dem abgerundeten Ein-

234

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 105: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1926/26. Febr. 1926. 235

kommen von 11,200 RM. beträgt 10 v. H. von 8000 RM. = 800 RM. und 15 ν. Η» von 3200 RM. = 480 RM., demnach insgesamt 1280 RM. Hierauf werden an- gerechnet die Steuerabzugsbeträge mit 1128 RM., so dass noch (1280 - 1128 =) 152 RM. nachzuentrichten sind.

Zu § 53 (Ges. § 54). Die Vorschrift entspricht dem § 19 des bisherigen Gesetzes.

Zu § 54 (Ges. § 55). Hinsichtlich der Tarifgestaltung wird auf die Einleitung und die allgemeine

Begründung unter Ziff. III Bezug genommen. Die Wirkung des Tarifs und die Belastung durch den vorgeschlagenen Tarif gegenüber der Vorkriegsbelastung geht aus den Anlagen 6 und 7 hervor.

Zu § 55 (Ges. § 52). Der Satz von 10 v. H., der bis zu der Einkommensgrenze von 8000 RM. er-

hoben wird, ermässigt sich für die zur Haushaltung des Steuerpflichtigen zählende Ehefrau sowie für jedes zu seiner Haushaltung zählende minderjährige Kind um je 1 v. H. Kinder im Alter von mehr als 17 Jahren, die Einkünfte aus selbstän- diger Berufstätigkeit oder aus nicht selbständiger Arbeit beziehen, werden ent- sprechend den für den Steuerabzug geltenden Vorschriften nicht mitgerechnet. Entgegen der für die Lohnsteuerpflichtigen vorgesehenen weiteren Vergünstigung einer Ermässigung um je 2 ν. Η. für das dritte und die folgenden Kinder ist diese Vergünstigung für die zu veranlagenden Steuerpflichtigen nicht vorgesehen.

Beispiel: Ein verheirateter Steuerpflichtiger mit drei minderjährigen Kindern hat im Jahr 1926 ein Einkommen von insgesamt 12 000 RM. bezogen. Hiervon hat er zu entrichten 6 v. H. von 8000 RM. = 480 RM., von den über- schiessenden 4000 RM. entrichtet er 15 v. H. = 600 RM. Einkommensteuer, so dass insgesamt 1080 RM. zu zahlen sind.

Die Vorschrift des Satzes 3 erklärt sich aus der Tatsache, dass ein Lohnsteuer- pflichtiger die Ermässigungen für neu hinzugekommene Familienangehörige nie- mals für den ganzen Steuerabschnitt, sondern erst von dem Zeitpunkt ab erhält, in dem er seine berichtigte Steuerkarte dem Arbeitgeber vorlegt. Würde im Falle der Zusammen Veranlagung (§§ 22, 23 des Entwurfs) die Ermässigung für den ganzen Steuerabschnitt gewährt, so würde dadurch eine Begünstigung der zu ver- anlagenden Steuerpflichtigen gegenüber den Lohnsteuerpflichtigen eintreten.

Zu § 56.

Die Vorschrift des § 56 entspricht dem § 26 Abs. 2 des bisherigen Einkommen- steuergesetzes. Als Grenze, bis zu der die Ermässigung gewährt werden darf, ist das Doppelte der 10 v. H.- Grenze, also 16 000 RM. vorgesehen. Zur Beseitigung von Zweifeln wird darauf hingewiesen, dass trotz des Ausdruckes „können" der Steuer- pflichtige einen gesetzlichen Anspruch darauf hat, dass ihm beim Vorliegen der Voraussetzungen ein Steuererlass oder eine Steuerermässigung zu gewähren ist; mit anderen Worten: Steuerermässigung oder Steuererlass muss im Falle des er- wiesenen Vorhandenseins der Voraussetzungen hierfür gewährt werden. Gegen ihre Versagung ist die Rechtsbeschwerde zulässig (R.F.H. Bd. 12 S. 175).

Die im § 56 Satz 2 aufgeführten Beispiele sind nicht erschöpfend. Eine wesent- liche Beeinträchtigung der steuerlichen Leistungsfähigkeit kann ζ. Β. auch dann vorliegen, wenn der geschiedene Ehemann zur Zahlung einer Rente an die ge- schiedene Ehefrau verpflichtet ist. Niemals darf es sich aber um Verhältnisse han- deln, die zu einer wesentlichen Kürzung des Einkommens geführt haben und des- halb bei der Feststellung ties Einkommens· schon voll berücksichtigt worden sind. Beträgt infolge von Witterungsschäden ζ. Β. das Einkommen eines Landwirts Statt 15 000 RM. nur 3000 RM., so hat der Steuerpflichtige deshalb bereits nach dem Tarif 1610 RM. Einkommensteuer weniger zu entrichten. Eine besondere Be-

235

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 106: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

236 Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926.

rücksichtigung der Witterungskatastrophe gemäss § 56 wird dann im allgemeinen nicht mehr in Frage kommen.

Das Wort „mittellos" ist nicht wörtlich zu nehmen, die Ermässigung ist auch dann anwendbar, wenn die Einkünfte des von dem Steuerpflichtigen unterstützten Angehörigen so gering sind, dass zur Bestreitung des Lebensunterhalts das vor- handene Vermögen des Angehörigen in verhältnismässig kurzer Zeit aufgezehrt werden müsste.

Zu § 57.

Die Vorschrift soll in beschränktem Umfange die Doppelbesteuerung des Ge- winns einer G. m. b. H. verhindern. Diese Doppelbesteuerung tritt ein, wenn der Gewinn bei der G. m. b. H. mit der Körperschaftssteuer belegt und dann, soweit er ausgeschüttet wird, nochmals bei den einzelnen Gesellschaftern mit der Einkommen- steuer erfasst wird. Diese Frage ist bereits in den früheren Steuergesetzen der Länder erörtert, jedoch niemals in befriedigender Weise gelöst worden. So wurde z. B. in Preussen bei den Gesellschaftern einer G. m. b. H. der Teil der Einkommen- steuer nicht erhoben, der auf die Gewinnanteile an einer G. m. b. H. entfiel (vgl. § 71 des Preussischen Einkommensteuergesetzes). Diese Vorschrift führte jedoch nicht zu einer völligen Beseitigung der Doppelbesteuerung, da sie nur eine Erhe- bungsvorschrift war, die sich infolge des progressiven Tarifs nicht auswirken konnte. Der vorliegende Entwurf will grundsätzlich den unter Geltung des bisherigen Reichseinkommensteuergesetzes sowie des Körperschaftsteuergesetzes bestehenden Rechtszustand nicht ändern, sondern nur für einen beschränkten Kreis von Steuer- pflichtigen eine Erleichterung schaffen. Hierbei war die Erwägung ausschlaggebend, dass gerade an einer G. m. b. H. vielfach Personen beteiligt sind, die auf die ver- teilten Gewinne zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes angewiesen sind. Auch steht in diesen Fällen die G. m. b. H. wirtschaftlich häufig der offenen Handels- gesellschaft oder der Einzelfirma so nahe, dass eine Belastung sowohl mit der Körperschaftssteuer wie der Einkommensteuer ungerechtfertigt erscheint. Unter der Voraussetzung, dass sowohl die G. m. b. H. wie die Personen, denen die Gewinne aus den Anteilen zufliessen, unbeschränkt steuerpflichtig sind und das Einkommen der Steuerpflichtigen nicht mehr als 20 000 RM. beträgt, soll die Einkommensteuer sich um einen auf die Gewinne aus Anteilen an einer G. m. b. H. entfallenden Ein- kommensteuerbetrag ermässigen. Bei der Ermässigung musste die Frage, ob und inwieweit dieser Einkommensteil von der Staffelung des Tarifs erfasst wird, aus- scheiden, da die Berechnung zu schwierig wäre und auch berücksichtigt werden müsste, inwieweit die G. m. b. H. selbst der Progression unterliegt. Als Ermässi- gung der Einkommensteuer soll deshalb die unterste Stufe des Tarifs gewährt werden; demgemäss soll die Ermässigung 10 v. H. der Gewinne aus der G. m. b. H. betragen. Wenn der niedrigste Steuersatz wegen des Vorhandenseins von Familien- angehörigen nach § 55 des Entwurfs weniger als 10 ν. Η. ausmacht, so tritt dieser niedrigere Steuersatz an die Stelle. Die Höchstgrenze der Ermässigung soll 10 ν. Η. von 5000 RM. betragen, um die Begünstigung in angemessenen Grenzen zu halten und weitgehende Ausfälle zu vermeiden.

1. Beispiel: Eine Witwe, die durch den Tod ihres Mannes Gesellschafterin einer G. m. b. H. geworden ist, bezieht

Gewinne aus Anteilen an einer G. m. b. H 5000 RM. Einkommen aus Hausbesitz 3000 „ Ihr Einkommen beträgt also 8000 RM. Die Einkommensteuer nach dem Tarif würde betragen . 740 „ Als Ermässigung sollen 10 v. H. des Gewinns aus der G. m.

b. H. gewährt werden, also 500 „ so dass nur zu entrichten sind · . . · 240 RM.

2. Beispiel: Die Steuerpflichtige hat im vorigen Beispiel drei minder- jährige Kinder.

236

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 107: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926. 237

Dann würde die Einkommensteuer nach dem Tarif 7 ν. Η. betragen, also 518 RM.

Entsprechend würde die Ermässigung nur 7 ν. Η. des Ge- winns von 5000 RM. ausmachen 350 „

so dass zu zahlen bleiben 168 RM.

3. Beispiel: Ein lediger Steuerpflichtiger bezieht Gewinne aus Anteilen an einer G. m. b. H ." 12 000 RM.

Anderes Einkommen 6 000 „ zusammen 18 000 RM.

Nach dem Tarif würde er zu zahlen haben 2 400 „ Hiervon geht ab die Ermässigung in Höhe von 10 ν. Η. des

Gewinns aus der G. m. b. H., jedoch höchstens 10 ν. Η. von 5000 = 500 „

so dass zu zahlen bleiben 1 900 RM.

Es kann Fälle geben, in denen eine steuerliche Begünstigung aus den gleichen wirtschaftlichen Erwägungen wie bei einer G. m. b. H. angebracht wäre. Grund- sätzlich muss jedoch der Entwurf es ablehnen, den Kreis zu erweitern. Sollten sich hieraus ungewollte Härten ergeben, so würden besondere Anordnungen im Wege des Härteausgleichs auf Grund des § 108 Abs. 2 der Reichsabgabenordnung zu treffen sein.

Zu § 58.

Die Vorschrift des § 56 tritt an die Stelle der §§ 23, 25 des bisherigen Ein- kommensteuergesetzes. Die dort vorgesehenen Berechnungen waren sehr kompli- ziert; es sind auch derartig ins einzelne gehende Vorschriften nicht mehr erforder- lich, einerseits weil der Tarif wesentlich gesenkt wird und Steuern bis 60 ν. Η. nicht mehr vorkommen, anderseits weil einmalige Einkünfte nicht mehr in demselben Umfange steuerpflichtig sein sollen wie im bisherigen Einkommensteuergesetz. Der Entwurf schlägt deshalb vor, dass für außerordentliche, nicht regelmässig wiederkehrende Einkünfte sowie für Einkünfte, welche die Entlohnung für eine sich über mehrere Jahre erstreckende Tätigkeit darstellen, die Steuer hinsichtlich dieser Einkommensteile ermässigt werden kann. Der Steuersatz soll, wenn das gesamte Einkommen den Betrag von 30 000 RM. übersteigt, für diese Einkommens- teile bis auf 15 v. H. und, wenn das gesamte Einkommen 30 000 RM. und weniger beträgt, für diese Einkommensteile bis auf 10 ν. Η. gesenkt werden können. Der Umfang der Ermässigung bleibt innerhalb der angeordneten Grenzen von 10 und 15 bzw. 20 ν. Η. der Entscheidung des Finanzamts überlassen. Zur Beseitigung von Zweifelsfragen sei darauf hingewiesen, dass der Steuerpflichtige einen gesetzlichen Anspruch darauf hat, dass ihm beim Vorliegen der Voraussetzungen die Steuer im angemessenen Umfange ermässigt wird. Gegen die Versagung ist die Rechts- beschwerde zulässig. In keinem Fall soll die auf die genannten Einkommensteile entfallende Steuer 20 ν. Η. dieser Einkommensteile übersteigen. Die Ermässigung des Steuersatzes für die Bezüge im Sinne der §§9, 38, 51 des Wehrmachtversor- gungsgesetzes, in denen es sich im wesentlichen um Kapitalabfindungen handelt, entspricht dem bestehenden Rechtszustand.

Die Fälle, in denen Einkünfte die Entlohnung für eine sich über mehrere Jahre erstreckende Tätigkeit darstellen, lassen sich erschöpfend nicht aufführen. Ge- dacht ist hier z. B. an den Künstler oder Schriftsteller, der an einem grossen Werk mehrere Jahre gearbeitet hat und das Honorar in einer Summe erhält. Dagegen werden die ausserordentlichen, nicht regelmässig wiederkehrenden Einkünfte im Sinne des § 58 Abs. 1 im Abs. 2 im einzelnen aufgeführt. Der wichtigste Anwen- dungsfall ist die Besteuerung des bei der Veräusserung des Gewerbebetriebs über den Gewinn im letzten Steuerabschnitt hinaus erzielten Gewinns. Ferner kommen in Frage Veräusserungsgewinne im Sinne des § 42 Abs. 1 Nr. 1, insbesondere also •Fälle, in denen ein Eigentümer von Grundstücken, die ihm seit Jahren oder Jahr- zehnten gehören, unter Ausnutzung günstiger Verwertungsmöglichkeiten Parzellen

287

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 108: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

238 deutsches Reichseinkommensteuergesetz. VomlO. Aug. 1925/19. Dez 1925/26. Febr. 1926.

veräussert; endlich soll die Steuerermässigung auch bei Entschädigungen zulässig sein, die als Ersatz für entgehende Einnahmen oder für die Aufgabe einer Tätigkeit gewährt werden.

In dem Wehrmachtversorgungsgesetz war für die Vorschüsse, die an ausschei- dende Mannschaften, und für die Kapitalabfindungen, die an ausscheidende Offi- ziere gegeben werden, eine über den § 23 des bisherigen Einkommensteuergesetzes hinausgehende Vergünstigung insofern vorgesehen, als für die nach § 23 des bis- herigen Einkommensteuergesetzes eintretende Tarifbegünstigung nicht ein Zeit- raum von 5 Jahren, sondern ein solcher von 10 Jahren für die einmaligen Ein- nahmen zugelassen war. Das bedeutete praktisch in der Mehrzahl der Fälle eine Besteuerung lediglich mit 10 ν. Η. Diese Vergünstigung soll durch die Fassung des § 58 Abs. 2 Nr. a aufrechterhalten bleiben.

1. Beispiel: Ein Steuerpflichtiger (ledig) hat einen Gewerbebetrieb, der in der Schlussbilanz des vergangenen Steuerabschnitts mit 1 000 000 RM. zu Buch steht. Die Schlussbilanz des laufenden Steuerabschnitts weist ein Vermögen von 1 100 000 RM. aus, der Gewinn im laufenden Steuerabschnitt beträgt also 100 000 Reichsmark. Nunmehr veräussert er am Schluss dieses Steuerabschnitts den Be- trieb im ganzen und erzielt einen Erlös von 1 600 000 RM., also 500 000 RM. mehr als den in der Schlussbilanz des laufenden Steuerabschnitts ausgewiesenen Wert. Nach dem allgemeinen Tarif hätte er von dem Gesamteinkommen von 600 000 RM. 33Vs v. H. = 200 000 RM. zu entrichten.

Der Entwurf sieht folgende Erleichterung vor :

von dem für den Steuerabschnitt ausgewiesenen Gewinn von 100 000 RM. nach dem allgemeinen Tarif ... 25 000 RM.

für die ausserordentliche Einnahme von 500 000 RM. kann die Steuer ermässigt werden auf 15 ν. Η 75 000 „

sie darf höchstens 20 v. H. betragen, also 100 000 „ Die gesamte Steuer würde von 200 000 RM. auf 100 300 RM. ermässigt werden

können, sie darf nicht mehr als 125 300 RM. betragen. 2. Beispiel: Ein Kommanditist (ledig) erhält für die Aufgabe seiner Be-

teiligung über ihren buchmässigen Wert hinaus einen Betrag von 30 000 RM. Sein übriges Einkommen beträgt 18 000 RM. Dann hätte er nach dem allgemeinen Tarii ein Einkommen von 48 000 RM. mit 9600 RM. zu versteuern.

Nach § 58 des Entwurfs hätte er zu entrichten:

von 18 000 RM. nach dem allgemeinen Tarif ..... 2 400 RM. für die ausserordentliche Einnahme von 30 000 RM. kann

der Steuersatz bis auf 15 v. H. ermässigt werden = . 4 500 „ zusammen 6 900 RM.

3. Beispiel: Ein Schriftsteller und Komponist (verheiratet, 2 minder- jährige Kinder) erhält 15 000 RM. für eine Operette, an der er mehrere Jahre ge- arbeitet hat; sein übriges Einkommen beträgt 6000 RM. Dann hätte er nach dem allgemeinen Tarif ein Einkommen von 21 000 RM. mit 2760 RM. zu versteuern. Hier kann Herabsetzung in der Weise erfolgen, dass

von den 6000 RM. nach dem allgemeinen Tarif (600 RM. frei, Steuersatz 7 v. H.) = 378 RM.

von den 15 000 RM. der ermässigte Satz von 10 v. H. = 1 500 „ insgesamt also 1 878 RM.

erhoben werden. Zu § 59.

Die Tarifvorschriften für die Besteuerung des Einkommens aus Forstwirt- schaft haben von jeher zu den am meisten umstrittenen Fragen des Einkommen- steuerrechts gehört. Um Missverständnisse zu vermeiden, muss vorweg betont werden, dass es sich im § 59 nur um Einkommen handelt, das nach der Verkehrs- auffassung auch tatsächlich als Einkommen aus Forstwirtschaft anzusprechen ist.

238

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 109: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1 926. 239

Ein Holzhändler, der Waldparzellen kauft, den Wald schlägt und das Holz und die Parzellen wieder verkauft, betreibt keine Forstwirtschaft, sondern ist als Gewerbe- treibender anzusehen; ein Landwirt, der auf seiner landwirtschaftlich genutzten Mäche Bäume schlägt, ist als Landwirt zu besteuern.

Man könnte daran denken, in jedem Steuerabschnitt den Holzzuwachs zu be- steuern. Der Forstwirt müsste dann jedesmal für den Schluss des Steuerabschnitts seine gesamten Holzbestände vergleichen; das würde der Besteuerung des Gewerbe- treibenden entsprechen, der auf Vorrat produziert und seine Erzeugnisse erst nach einigen Jahren veräussert, oder der Besteuerung des Landwirts, der seine Ernte nicht verkauft, sondern verfüttert und das damit aufgezogene Vieh erst nach einigen Jahren veräussert. Eine solche Besteuerung würde eine gleichmässige Verteilung des forstwirtschaftlichen Einkommens auf die einzelnen Jahre bewirken und damit alle Schwierigkeiten hinsichtlich des Steuertarifs beseitigen. Diese Art der Besteuerung ist aber in der Praxis nicht durchführbar ; einmal ist es durchaus nicht einfach, den jährlichen Holzzuwachs wirklich festzustellen, zweitens würde die Bewertung bei schwankenden Holzpreisen zu grossen Schwierigkeiten führen, vor allem aber würde der Forstwirt die Steuer lange Zeit hindurch zahlen müssen, ohne geldliche Einnahmen irgendwelcher Art aus der Forstwirtschaft erzielt zu haben. In den oben angeführten Fällen ist der Gewerbetreibende in der Lage, einen Teil der Produkte, der Landwirt ein Stück Vieh zu verkaufen, um die Steuer be- zahlen zu können ; der Forstwirt kann aber, ohne sich und die Allgemeinheit schwer zu schädigen, nichtschlagreifes Holz nicht veräussern. Der Entwurf glaubt deshalb, dass es bei dem gegenwärtigen System verbleiben muss, nach dem die Forsterträge erst besteuert werden, wenn das Holz geschlagen ist. Stehendes Holz gehört also nicht zu den Beständen an Erzeugnissen und Vorräten des Betriebs im Sinne des § 12; für den Vermögensvergleich kommt vielmehr nur der Bestand an geschlage- nem Holz in Frage. Der Entwurf lehnt aus den angeführten Gründen auch jede Verteilung von Einnahmen auf einen längeren Zeitraum ab.

Nach § 24 des bisherigen Einkommensteuergesetzes soll bei ausserordent- lichen Waldnutzungen die Steuer vom gesamten steuerbaren Einkommen nach dem Hundertsatz berechnet werden, der sich tarif massig für das Einkommen des Steuer- pflichtigen nach Abzug des ausserordentlichen Mehrerlöses berechnet; die Steuer soll aber mindestens 10 ν. Η. betragen. Bei ausserordentlichen Waldnutzungen infolge höherer Gewalt soll sich die so zu berechnende Steuer noch um die Hälfte ihres Betrags ermässigen.

Die Vorschriften sind mehrfach angegriffen worden, sowohl hinsichtlich des Umfanges der gewährten Vergünstigung als auch wegen der Art der Berechnung des Steuersatzes.

In erster Linie ist darauf hingewiesen worden, dass der aussetzende Betrieb völlig ausser acht gelassen sei. Während bei dem sogenannten Nachhaltsbetrieb die Bestockung der einzelnen Flächenteile eines grösseren Waldbesitzes so abgestuft ist, dass Abtriebe und Durchforstungen alljährlich etwa gleiche Mengenerträge liefern, handelt es sich beim sogenannten aussetzenden Betriebe regelmässig um WaJdparzellen, die nicht gross genug sind, um im Nachhaltsbetriebe bewirtschaftet werden zu können; das gilt namentlich für die bäuerlichen Waldungen. Es gibt freilich auch Waldbesitz grösseren Umfangs, der nioht im jährlich laufenden, son- dern im aussetzenden Betrieb bewirtschaftet wild. Es ist zuzugeben, dass gerade der bäuerliche Waldbesitz, der meist aussetzend betrieben wird und demgemäss jähre- oder jahrzehntelang keine Einkünfte liefert, in dem Jahr, in dem er ge- schlagen wild, nicht mit dem hohen Progressionssatz herangezogen werden darf, der sich nach dem Tarif für das gesamte Einkommen der Steuerpflichtigen ergeben würde. Der Entwurf sieht daher für alle aussetzenden Betriebe eine Abschwächung der Progression vor.

Beim Nachhaltsbetrieb erscheint der Begriff der ausserordentlichen Wald- nutzungen, die über die regelmässigen Nutzungen hinausgehen, im bisherigen Ge- setz allzu weit gefasst. Es ist mit Recht darauf hingewiesen worden, dass es un- gerecht wäre, bei einem Betrieb, der auf 120jährigen Umtrieb eingerichtet ist, die Einkünfte aus dem Schlagen von 90jährigem Holz als ausserordentliche Nutzungen steuerlich zu begünstigen, während bei einem Betrieb, der auf 90jährigen Umtrieb

239

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 110: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

240 Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. VomlO. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 191«.

eingerichtet ist, das Schlagen 90jährigen Holzes als ordentliche Nutzung nicht begünstigt wird. Auch der Hinweis erscheint berechtigt, dass es nicht ohne wei- teres in das Belieben des Steuerpflichtigen gestellt werden darf, ob er - vielleicht zum Schaden der Allgemeinheit - absichtlich durch früheren Abtrieb ausserordent- liche Nutzung erzielt. Der Entwurf sieht deshalb in Abs. 2 vor, dass nur für solche außerordentlichen Waldnutzungen eine Abschwächung der Progression eintritt, die infolge behördlicher Anordnung oder im Interesse der Bodenverbesserung oder aus besonderen wirtschaftlichen Verhältnissen über die regelmässigen Nut- zungen hinaus erzielt werden. Die Fälle, in denen derartige besondere wirtschaft- liche Verhältnisse vorliegen, lassen sich im Gesetz nicht erschöpfend aufzählen. Als Beispiele seien genannt: das Abbrennen des Wohnhauses, aussergewöhnliche Aufwendungen für den Unterhalt der Kinder, sowie ein besonderer Kapitalbedarf, der durch einmalige Abgaben, insbesondere die Erbschaftsteuer, entsteht.

Bei den sogenannten Kalamitätsnutzungen - ausserordentlichen Wald- nutzungen infolge höherer Gewalt (Eis-, Schnee-, Windbruch, Raupenfrass oder Brand) - soll es ohne Unterschied der Betriebsart dabei bleiben, dass der ausser- ordentliche Mehrerlös durch Abschwächung der Progression begünstigt und dass der sich so ergebende Steuerbetrag weiter um die Hälfte ermässigt wird.

Was die Berechnung des Steuersatzes anlangt, so ist auch hier die Vorschrift des § 24 des bisherigen Einkommensteuergesetzes vielfach angegriffen worden; neben dem Hinweis auf die Kompliziertheit der Berechnung wird insbesondere aus- geführt, dass die Forstwirtschaft ganz ungleichmässig getroffen werde, je nachdem ob der fragliche Forstbesitzer in dem betreffenden Jahr ein hohes oder niedriges Einkommen anderer Art bezogen hat. Die Angriffe erscheinen berechtigt. Der Entwurf sucht deshalb die Abschwächung der Progressionswirkung auf andere Weise zu erreichen; er schlägt vor, dass für die Waldnutzungen, die nach den obigen Ausführungen steuerliche Begünstigung verdienen, die Steuer nach § 54 getrennt berechnet und dann erst der Steuer hinzugezählt werden soll, die sich nach § 54 für das übrige Einkommen ergibt. Ermässigungen für Frau und Kinder dürfen hierbei insgesamt nur bis zn der Grenze gewährt werden, die in § 55 vorgesehen ist.

1 Beispiel: Ein verheirateter Landwirt mit zwei minderjährigen Kindern hat aus der Landwirtschaft ein Einkommen von 11 000 RM. Er besitzt ausserdem ein 10 ha grosses Waldstück (Nadelholz), das aussetzend bewirtschaftet wird. Er verkauft den ganzen Holzbestand von 5 ha für 21 000 RM. an ein Sägewerk, von dem das Holz im Winter geschlagen wird; im Frühjahr nimmt der Steuerpflichtige die Wiederaufforstung vor. Die Aufforstungskosten betragen 1950 RM. Die sonstigen Werbungskosten, insbesondere für Veräusserung, betragen 250 RM. Sein Einkommen beträgt mithin:

1. aus Landwirtschaft 11 000 RM. 2. aus Forstwirtschaft 21 000 - 2200 = 18 800 „

zusammen 29 800 RM.

Die tarif massige Einkommensteuer würde 4810 RM. betragen. Nach § 59 Abs. 1 beträgt jedoch die Einkommensteuer nur:

1. für 11 000 RM. Einkommen aus Landwirtschaft unter Berücksichtigung der Steuerermässigung für die Ehefrau und zwei minderjährige Kinder 1 010 RM.

2. für 18 800 RM. Einkommen aus der betriebenen Forst- wirtschaft . . . 2560 „

zusammen 3 570 RM.

2. Beispiel: Ein verheirateter Landwirt mit vier minderjährigen Kindern besitzt eine Waldparzelle mit 92jährigem Holzbestand. Er nimmt im Winter 1928/29 einen Kahlhieb dieses Waldstückes vor. Der Reinerlös beträgt nach Abzug der Werbungskosten 10 000 RM. Die Forstwirtschaft wurde aussetzend betrieben^ einen anderen Waldbesitz als diese Parzelle hat er nicht. Sein Einkommen beträgt für das Wirtschaftsjahr 1928/29:

240

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 111: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reicheeinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926. 24 1

1. aus Landwirtschaft 6000 RM. 2. aus Forstwirtschaft * . . . . 10000 „

zusammen 16 000 RM. Die tarif massige Einkommensteuer würde 1600 RM. betragen. Nach § 59 Abs. 1 berechnet sich jedoch die Einkommensteuer wie folgt: 1. aus Landwirtschaft 10 v. H. von 6000 RM. . . . 600 RM. 2. aus Forstwirtschaft 10 v. H. von 8000 RM., 15 ν. Η. von

2000 RM ... 1100 „ zusammen 1 700 RM.

Davon ab Ermässigung für Frau und Kinder 5 ν. Η. von 8000 RM. (§ 59 Abs. 1 Satz 2) . . . 400 „

1 300 RM. 3. Beispiel: Ein lediger Rechtsanwalt mit 40 000 RM. Einkommen be-

sitzt eine Forstwirtschaft, die aussetzend betrieben wird. Er erzielt im Steuer- abschnitt hieraus 17 000 RM. Die Steuer für 57 000 RM. würde 12 200 RM. be- tragen.

Nach § 59 Abs. 1 berechnet sich die Steuer aus 40 000 RM. freier Berufstätigkeit 7 600 RM.

aus 17 000 RM. Forstwirtschaft ... 2200 „ zusammen 9 800 RM.

4. Beispiel: Ein lediger Forstwirt mit Nachhaltsbetrieb hat aus regel- massigen Nutzungen ein Einkommen von 30 000 RM. Da ein Brand sein Wohn- haus vernichtet und er durch die Versicherung nicht voll gedeckt ist, schlägt er über die im Betriebsplan vorgesehene Menge hinaus Holz, für das er 25 000 RM. erzielt. Die tarif massige Steuer von 55 000 RM. würde 11 700 RM. betragen.

Nach § 59 Abs. 2 berechnet sich die Steuer von: 30000 RM. regelmässiger Nutzung auf 5 100 RM. von 25 000 RM. ausserordentlicher Nutzung auf ... 3 850 „

zusammen 8 950 RM. 5. Beispiel: Ein lediger Forstwirt mit Nachhaltsbetrieb hat aus regel-

mässigen Nutzungen ein Einkommen von 30 000 RM. Infolge Raupenfrass ist ein Teil seines Bestandes so geschädigt, dass er ihn schlagen muss und hierfür nach Abzug der Werbungskosten 25 000 RM. erzielt.

Nach § 59 Abs. 3 berechnet sich die Steuer von: 30 000 RM. regelmässiger Nutzung auf 5 100 RM. 25 000 RM. ausserordentlicher Nutzung auf V2 von 3850 = 1 925 „

zusammen 7 025 RM. Zu § 60.

Bei beschränkt Steuerpflichtigen bringt der Entwurf insofern eine weitgehende Vergünstigung, als für Einkünfte der im § 3 Abs. 2 Nr. 4-11 bezeichneten Art, die nicht in einem land- oder forstwirtschaftlichen oder gewerblichen Betrieb an- fallen, die Progression, die an sich bei einem Einkommen von über 8000 RM. ein- setzen würde, nicht eintreten soll. Entsprechend der Vorschrift des § 27 des bis- herigen Einkommensteuergesetzes sollen jedoch die Vorschriften über den steuer- frei bleibenden Einkommensbetrag, über die Ermässigungen für Familienangehö- rige und über die Herabsetzung der Steuer wegen besonderer wirtschaftlicher Ver- hältnisse bei nur beschränkt Steuerpflichtigen keine Anwendung finden.

Zu § 61. Die Vorschrift entspricht im wesentlichen dem § 39 des bisherigen Einkommen-

steuergesetzes. Die Vorschrift ist jedoch dahin erweitert worden, dass die Erklä- rungspflicht auch auf die Höhe des Verbrauchs ausgedehnt werden kann. Eine

Finanzarchiv. XLI1I. Jahrg. 241 'Q

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 112: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

242 Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Äug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926.

Erklärungepflicht über den Verbrauch war bereits in der Zweiten Steuernotverord- nung vorgesehen. Ferner ist klargestellt, dass auch der zur Abgabe einer Erklä- rung nicht Verpflichtete das Recht hat, eine Steuererklärung abzugeben; diese Er- klärung muss dann nach den Vorschriften der Reichsabgabenordnung behandelt werden.

Die Vorschrift des Abs. 2 dient zur Vorbereitung der Veranlagung.

Zu § 62. Die Vorschrift entspricht der Vorschrift des § 40 des bisherigen Einkommen·

Steuergesetzes. Zu § 63.

Die Vorschrift des § 63 entspricht der Vorschrift des § 40 des bisherigen Ein- kommensteuergesetzes. Von einer Einforderung von Lohnzetteln ist, abgesehen von den Jahren 1921 und 1922, bisher nur in ganz beschränktem Umfange Gebrauch gemacht worden. Zur Zeit haben die Arbeitgeber Lohnzettel (Lohnlisten) nur ein- zureichen für die Arbeitnehmer, deren Bruttoarbeitslohn im Kalendervierteljahr über den Betrag von 2200 RM. hinausgeht, und die deshalb nach den Bestimmungen der Zweiten Steuernotverordnung (§§7 und 9) vorauszahlungspflichtig sind. Es ist nicht beabsichtigt, für Zwecke des Steuerabzugs, abgesehen von Einzelfällen, von der Ermächtigung des § 63 in Zukunft in grösserem Umfange wie bisher Gebrauch zu machen.

Zu § 64. Die Aenderungen des § 64 gegenüber dem § 41 des bisherigen Einkommen-

steuergesetzes sollen klarstellen, dass ein Bescheid nicht erteilt zu werden braucht, soweit eine Veranlagung nicht erfolgt (vgl. z. B. §§ 89, 90 des Entwurfs). Bei Frei- veranlagungen braucht ein Steuerbescheid gleichfalls nicht erteilt zu werden ; jedoch soll im Verwaltungswege angeordnet werden, dass ein Steuerbescheid erteilt wird, wenn der Steuerpflichtige eine Steuererklärung abgegeben hat oder wenn der Be- scheid zur Abrechnung entrichteter Vorauszahlungen erforderlich ist. Es bedarf keiner besonderen Hervorhebung, dass gegen den Steuerbescheid das Berufungs- verfahren gegeben ist.

Zu § 65. In der allgemeinen Begründung ist ausgeführt worden, dass zur Einkommen-

steuer nicht (Se offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft als solche,, sondern die einzelnen Inhaber herangezogen werden sollen. Einer der Gründe, die für die Besteuerung der Firma an Stelle des Gesellschafters angeführt worden waren, ist auch der, dass in der Praxis der Gewinn einer offenen Handelsgesellschaft bei der Veranlagung der einzelnen Gesellschafter vielfach ganz verschieden festgestellt worden ist. Aehnliche Verschiedenheiten können nicht nur bei offenen Handels- gesellschaften und Kommanditgesellschaften, sondern in allen Fällen vorkommen, wo Einkünfte mehreren auf gemeinsame Rechnung zufliessen. Von Seiten der Wirtschaft ist vielfach verlangt worden, dass Unterschiede bei der Besteuerung der Gesellschafter oder Mitberechtigten vermieden werden. Eine Vereinheitlichung liegt auch im Interesse der Verwaltung. Der Entwurf schreibt deshalb vor, dass bei den Einkünften der im § 6 Abs. 1 Nr. 1-3 bezeichneten Art der Gewinn ein· heitlich festgestellt werden soll, sei es nun, dass es sich um einen land- oder forst- wirtschaftlichen Betrieb handelt, der von mehreren auf gemeinsame Rechnung aus- geübt wird (§ 65 Abs. 1 Nr. 1), sei es, dass an einem Gewerbebetrieb mehrere Per- sonen als Unternehmer beteiligt sind (§ 65 Abs. 1 Nr. 2), sei es, dass bei sonstiger selbständiger Berufstätigkeit am Gewinn mehrere mitberechtigt sind (§ 65 Abs. 1 Nr. 3). Auch bei den anderen Einkommensarten kommen ähnliche Gemeinschaft»· Verhältnisse vor, der Entwurf beschränkt die einheitliche Feststellung für die im § 6 Abs. 1 Nr. 4-8 bezeichneten Einkommensarten aber auf die Fälle, in denen bei Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen im Sinne de» § 38 Nr. 1 der Ueberschuss der Einnahmen über die Ausgaben mehreren zufliesst*

Im § 65 Abs. 2 wird die einheitliche Feststellung für die Fälle ausgeschlossen, in denen der Grundbesitz oder Gewerbebetrieb im Ausland belegen ist; hier ist

242

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 113: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926. 243

eine einheitliche Feststellung nicht erforderlich, zumal in der Kegel nicht alle Be« teiligten der deutschen Steuergewalt unterliegen. Auch soll in allen inländischen Fällen von geringerer Bedeutung von der einheitlichen Feststellung abgesehen werden können.

Zu § 66. Um die einheitliche Feststellung zu gewährleisten und das Verfahren mög-

lichst zu vereinfachen, wird die Feststellung des Gewinns oder des Ueberschusses der Einnahmen über die Ausgaben in den im § 65 Abs. 1 bezeichneten Fällen aus dem Veranlagungsverfahren des einzelnen Steuerpflichtigen herausgenommen und in ein besonderes Verfahren verwiesen, das in erster Linie von dem Finanzamt der belegenen Sache durchzuführen sein wird. Dieses Finanzamt nimmt eine Veran- lagung vor, die sich von der sonst üblichen Einkommensteuerveranlagung dadurch unterscheidet, dass sie nicht eine Steuer feststellt, sondern sich lediglich auf die Feststellung des insgesamt erzielten Gewinns oder des Ueberschusses der Einnah- men über die Ausgaben beschränkt. Der zu erteilende Feststellungsbescheid gilt als Steuerbescheid im Sinne der Reichsabgabenordnung.

In den Fällen, in denen es sich um die einheitliche Feststellung des gewerb- lichen Geschäftsgewinns einer Gesellschaft oder Gemeinschaft handelt, musste auch die Befugnis zur Einlegung von Rechtsmitteln beschränkt werden. Zur Einlegung von Rechtsmitteln sollen in diesen Fällen ausser dem Vorsteher des Finanzamts nur die zur Geschäftsführung befugten Gesellschafter berechtigt sein; andere Per- sonen sollen auch nicht befugt sein, dem Rechtsmittel beizutreten. Diese Ein- schränkung ist mit Rücksicht auf die Beziehungen der einzelnen Gesellschafter untereinander geboten. Es muss vermieden werden, dass Gesellschafter, die zur Geschäftsführung nicht befugt sind, gelegentlich eines Rechtsmittels Kenntnis vom Inhalt der Geschäftsbücher, der Bilanzen, der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse und des übrigen Materials erhalten, das die Geschäftsführer dem Finanzamt bei der Veranlagung vorgelegt haben oder das sonst Gegenstand des Verfahrens ist. Diese Personen haben nach den Vorschriften des Privatrechts nicht ausnahmslos das Recht, Einblick in das Material zu erhalten. Es würde daher im sachlichen Ergeb- nis zu einer Beseitigung wohlerwogener Grundsätze des Privatrechts führen, woDte man den nicht zur Geschäftsführung befugten Gesellschaftern das Recht auf prozessuale Beteiligung an dem Feststellungsverfahren mit allen sich daraus nach der Reichsabgabenordnung ergebenden Befugnissen gewähren. Selbstver- ständlich bleibt es auch den zur Geschäftsführung nicht befugten Gesellschaftern unbenommen, die Ermittlungen der Finanzbehörde auf Grund ihrer eigenen Kenntnis der Besteuerungsgrundlagen zu unterstützen. Unberührt bleibt ferner das Recht der Rechtsmittelbehörden, diese Gesellschafter gemäss § 226 Abs. 1 der Reichsabgabenordnung als Beteiligte zuzuziehen, soweit nicht rechtlich anerkannte Interessen der Gesellschaft entgegenstehen.

In den übrigen Fällen des § 65 soll dagegen jeder Mitberechtigte zur Ein- legung von Rechtsmitteln befugt sein. Werden hier mehrere Rechtsmittel gleicher Art eingelegt, so sind sie zu verbinden; die Rechtsmittelentscheidungen haben Wirksamkeit für und gegen alle Mitberechtigten.

Zu § 67. Der im Feststellungsbescheid festgestellte Betrag wird von dem feststellenden

Finanzamt dem für die Veranlagung der Gesellschafter oder Mitberechtigten zu- ständigen Finanzamt mitgeteilt; er ist für die Veranlagung dieser Personen zur Einkommensteuer xnassgebend. Diese können bei ihrer Einkommensteuerveran- lagung nicht geltend machen, dass der gesamte Gewinn des gemeinsamen Betriebs oder der gemeinsam ausgeübten Berufstätigkeit, oder dass der gesamte Ueberschuss aus der gemeinsamen Vermietung oder Verpachtung in dem Feststellungebescheid unrichtig festgestellt worden sei. Die einzelnen Gesellschafter oder Mitberechtigten dagegen können ihren Einkommensteuerbescheid, soweit er sich auf die Höhe der bezeichneten Einkünfte bezieht, insbesondere mit der Begründung anfechten, dass .bei ihnen eine unrichtige Quote vom Gesamtgewinn angesetzt worden sei.

Wenn so auf der einen Seite das Rechtsmittel des einzelnen Gesellschaften 243

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 114: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

244 deutsches Reiohseinkommensteaergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926.

oder Mitberechtigten beschränkt ist, so muss auf der anderen Seite eine Aenderung in dem festgestellten Gesamtbetrage bei jedem einzelnen berücksichtigt werden. Um mehrfache Arbeit zu vermeiden, soll dies erst geschehen, wenn die Aenderung des Feststellungsbescheids unanfechtbar geworden ist. Ist dies der Fall, so ist die Berichtigung der den einzelnen Gesellschaftern erteilten Einkommensteuerbescheide von Amts wegen vorzunehmen. Harten, die durch bereits bewirkte Zahlungen im Hinblick auf eine spätere noch nicht unanfechtbar gewordene, für den Pflichtigen günstige Rechtsmittelentscheidung entstehen sollten, können im Verwaltungswege beseitigt werden.

Zu § 68. Es wird auf die allgemeine Begründung verwiesen.

Zu § 69. Die Vorschrift entspricht dem Art. I § 16 Abs. 1 und § 17 Abs. 4 der Zweiten

Steuernotverordnung. Die Verpflichtung zur „Einbehaltung" eines Lohnteils be- steht auch dann, wenn der Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber einen vollstreck- baren Titel über den Lohnanspruch erhält und dieser Titel auf den vollen Lohn- betrag - ohne Abzug der Steuer - lautet. Auf Grund des Vertragsverhältnisses hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den besonders vereinbarten, den tariflichen oder den ortsüblichen Lohn zu zahlen. Wenn daher das Urteil auf den vollen Lohn- betrag lautet, so spricht es dem Arbeitnehmer das zu, was er nach dem Vertrag be- anspruchen kann. Gleichwohl bleibt die öffentlich-rechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers, den Steuerabzug vorzunehmen, unberührt. Kraft dieser Verpflich- tung hat der Arbeitgeber einen Teil des Lohns an das Reich als Steuer zu entrichten. Diese Entrichtung wirkt im Verhältnis des Arbeitgebers zum Arbeitnehmer wie eine Lohnzahlung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer, dem sie auch wirtschaft- lich dadurch zugute kommt, dass er insoweit von einer Steuerpflicht gegenüber dem Reich nach Massgabe des § 78 befreit wird. Da aber das Urteil auf den vollen Lohnbetrag lautet, so besteht für den Arbeitgeber die Gefahr, dass der Arbeit- nehmer wegen des vollen Lohnbetrags gegen ihn vollstrecken lässt. Der Arbeit- geber hat dann damit zu rechnen, dass er den Steuerbetrag doppelt zahlen muss. Demgegenüber kann jedoch der Arbeitgeber durch Vorlage der Quittung der Finanzkasse oder des Einlagebogens zur Steuerkarte oder des Postscheins über die Entrichtung des Steuerbetrags die Einstellung oder Beschränkung der Zwangsvoll- streckung nach § 775 der Zivilprozessordnung herbeiführen. Zahlt der Arbeitgeber den vollen Lohnbetrag ohne Kürzung um die Steuer aus, so haftet er dem Reich nach § 78. Es ist in Aussicht genommen, im Benehmen mit den Landesjustizver- waltungen für eine entsprechende Belehrung der Parteien Sorge zu tragen.

Zu § 70. Die Vorschrift des § 70 entspricht dem Art. I § 17 der Zweiten Steuernot-

verordnung. Sie berücksichtigt die Aenderungen, die hinsichtlich der Erhöhung des steuerfreien Lohnbetrages und der Nichterhebung von Kleinbeträgen durch die Zweite Steuermilderungsverordnung eingetreten sind, und die Aenderungen, die im Entwurf des Steuerüberleitungsgesetzes hinsichtlich der besonderen Berück- sichtigung der kinderreichen Familien vorgesehen sind. Lediglich im Abs. 3 ist zur Ausschliessung von Zweifeln eine redaktionelle Aenderung vorgenommen worden. Nach Art. I § 17 Abs. 3 der Zweiten Steuernotverordnung ermässigt sich der Be- trag von 10 v. H. des Arbeitslohns (Abs. 2) für die zur Haushaltung des Arbeit- nehmers zählende Ehefrau sowie für jedes zu seiner Haushaltung zählende minder- jährige Kind um je 1 v. H. des Arbeitslohns. Diese Fassung hat vielfach eine irr- tümliche Auslegung erfahren. Es ist behauptet worden, dass der Hundertsatz, um den sich die Steuer nach dem Familienstand ermässigt, von dem vollen Arbeitslohn, nicht aber von dem Arbeitelohn nach Abzug des steuerfreien Lohnbetrags zu be- rechnen sei. Daraus ist geschlossen worden, dass ζ. Β. bei einem verheirateten Arbeitnehmer mit zwei minderjährigen Kindern der Steuerabzug wie folgt zu be- reohnen ist:

244

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 115: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1926/26. Febr. 1926. 245

150 RM. Monatslohn - 60 „ steuerfreier Lohnbetrag

Rest 90 RM., hiervon 10 v. H. = 9 RM. Dieser Betrag ermässige sich um 3 v. H. von 150 RM. = 4,50 RM, so dass ein Betrag von 4,50 RM. einzubehalten sei. Dabei ist jedoch übersehen worden, dass im § 17 Abs. 3 auf § 17 Abs. 2 verwiesen wird, wo bestimmt ist, dass nur von dem den Betrag von 60 RM. monatlich übersteigenden Arbeits- lohn der Arbeitgeber bei jeder Lohnzahlung einen Betrag von 10 ν. Η. für Rech- nung des Arbeitnehmers als Steuerabzug einzubehalten hat. Daraus ergibt sich, dass als Arbeitslohn im Sinne des Abs. 3 der im Abs. 2 bezeichnete Betrag, d. h. der Gesamtarbeitslohn abzüglich des steuerfreien Lohnbetrags, anzusehen ist. Eine andere Auslegung ist auch mit dem Zweck der Steuerabzugsbestimmungen, das Ver- fahren zu vereinfachen, nicht zu vereinbaren. Wenn auch über die Auslegung des § 17 Abs. 3 kein Zweifel bestehen konnte, so wird doch vorgeschlagen, zur voll- ständigen Klarstellung die Worte „des Arbeitslohns" zu streichen. Der Steuerabzug ist demnach in dem oben bezeichneten Beispiel wie folgt zu berechnen:

150 RM. Monatslohn - 60 „ steuerfreir Lohnbetrag

Rest 90 RM.,

hiervon 10-3 v. H. = 7 v. H. = 6,30 RM. Steuerbetrag. Ausserdem ist durch die Fassung des § 70 Abs. 1 zum Ausdruck gebracht,

dass der steuerfreie Lohnbetrag nicht nur zur Abgeltung der Werbungskosten und der Sonderleistungen bestimmt ist, sondern ausserdem ein Existenzminimum ent- hält (vgL § 74).

Zu § 71. Die Vorschrift entspricht dem bisherigen Art. I § 18 Abs. 3 der Zweiten

Steuernotverordnung. Zu § 72 (Ges. § 73).

Die Vorschrift entspricht dem Artikel 1 § 18 Abs. 2 der Zweiten Steuernot- verordnung und stellt in dem Schlusssatz ausserdem klar, dass die Nichterhebungs- vorschrift des § 70 Abs. 4 auf derartige einmalige Bezüge keine Anwendung findet.

Zu § 73 (Ges. § 74). Nach Art. I § 18 der Zweiten Steuernotverordnung findet die Bestimmung des

§ 17 Abs. 1, 3 (Berücksichtigung des steuerfreien Lohnbetrags und Ermässigung nach dem Familienstand) keine Anwendung, wenn der Arbeitslohn nicht für eine bestimmte Arbeitszeit gezahlt wird. In diesem Fall hat der Arbeitgeber vom vollen Arbeitslohn nur 4 v. H. einzubehalten. Bei Heimarbeitern wurde der Satz von 4 v. H. durch die Zweite Steuermilderungsverorduung auf 2 ν. Η. ermässigt. Der § 73 übernimmt diese Vorschriften. Die Vorschrift findet nur dann Anwendung; wenn nach der Art der Lohnzahlung nicht festgestellt werden kann, welcher steuer- freie Lohnbetrag (der für Monate, Wochen oder Tage) abzuziehen ist, weil die Zahlung des Arbeitslohns nicht für einen bestimmten Zeitraum erfolgt, sondern unabhängig von einem bestimmten Zeitraum lediglich nach der Leistung. Hierher gehören gewisse Fälle der Akkord- und Heimarbeit. Wird dagegen der Lohn des Akkord- oder Heimarbeiters nach der Leistung innerhalb eines bestimmten Zeit- raums bemessen und jeweils der Arbeitslohn für diesen Zeitraum gezahlt, so be- steht zur Anwendung des § 73 des Entwurfs keine Veranlassung, denn in einem solchen Falle kann der auf den Zeitraum entfallende steuerfreie Lohnbetrag er-, mittelt werden. Der Steuerabzug ist daher in solchen Fällen vom Arbeitslohn nach Abzug des auf den Lohnzahlungszeitraum entfallenden steuerfreien Lohnbetrags mit den sich nach dem Familienstand ergebenden Hundertsätzen zu berechnen; In dem Schlusssatz ist klargestellt, dass die Nichterhebungsvorschrift des § 70 Abs. 4 im Falle des § 73 Satz 1 keine Anwendung findet.

345

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 116: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

246 Deutsches Reichs eiiikommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/36. Febr. 1926.

Zu § 74. Nach § 70 Abs. 1 Satz 2 sind durch den steuerfreien Lohnbetrag auch die nach

§ 15 Abs. 1, § 16 Abs. 1, Abs. 5 Nr. 4 und 5, § 17 zulassigen Abzüge abgegolten. Entsprechend der Natur des steuerfreien Lohnbetrags, der zugleich das Existenz- minimum und die Abgeltung der Werbungskosten und Sonderleistungen darstellt, ist im § 74 des Entwurfs ausgesprochen, dass eine Erhöhung des steuerfreien Lohn- betrags nur zugelassen werden kann, wenn der Arbeitnehmer nachweist, dass die Werbungskosten und Sonderleistungen den Betrag von 240 RM. im Jahre über- steigen. Es wird dabei davon ausgegangen, dass die Werbungskosten und Sonder- leistungen der Arbeitnehmer im allgemeinen den Betrag von 240 RM. im Jahre nicht übersteigen. Wegen der nachträglichen Berücksichtigung erhöhter Wer- bungskosten und Sonderleistungen wird auf die Begründung zu § 50 Bezug ge- nommen.

Nach Art. I § 19 der Zweiten Steuernotverordnung konnte eine Erhöhung des steuerfreien Lohnbetrags von 60 RM. monatlich auch dann vorgenommen werden, wenn die Voraussetzungen für die Anwendung des § 26 Abs. 2 des bis- herigen Einkommensteuergesetzes (nunmehr § 56 des Entwurfs) gegeben sind. Nach dieser Vorschrift können bei der Veranlagung besondere wirtschaftliche Ver- hältnisse, die die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen wesentlich beeinträch- tigen, durch Ermässigung oder Erlass der Einkommensteuer berücksichtigt werden. Als Verhältnisse dieser Art gelten insbesondere aussergewöhnliche Belastungen durch Verpflichtung zum Unterhalt mittelloser Angehöriger. Für den Fall des Unterhalts mittelloser Angehöriger war in den bisherigen Bestimmungen vorge- sehen, dass eine Ermässigung von 1 v. H. auch für mittellose Angehörige gewährt werden konnte. Da sich jetzt die Möglichkeit bietet, durch Erhöhung des steuer- freien Lohnbetrags den besonderen Verhältnissen der Steuerpflichtigen Rechnung zu tragen, die durch den Unterhalt mittelloser Angehöriger besonders belastet sind, erübrigt sich diese Vorschrift. Die Berücksichtigung solcher besonderen Verhält- nisse durch Erhöhung des steuerfreien Lohnbetrags hat ausserdem die erwünschte soziale Wirkung, dass den einzelnen Verhältnissen besser als bisher insofern Rech- nung getragen werden kann, als die Möglichkeit besteht, den steuerfreien Lohn- betrag in besonderen Fällen, z. B. bei Ideinen Einkommen, um den Betrag der tatsächlichen Aufwendungen zu erhöhen. Dies konnte sowohl unter der Geltung der festen Ermässigungen wie unter der Geltung des gegenwärtigen Systems bisher nur in sehr unvollkommener Weise geschehen.

Zu §§ 75, 76 (Ges. § 76 und § 72). Nach den bisherigen Steuerabzugsbestimmungen erhält jeder Arbeitnehmer

im Anschluss an die Personenstandsaufnahme eine Steuerkarte ausgestellt, die für das folgende Kalenderjahr gilt und auf der die Zahl der Familienangehörigen ver- merkt ist. Zur Einschränkung der Verwaltungsarbeit und insbesondere zur Er- sparnis der Kosten für die sich jährlich wiederholende Personenstandsaufnahme wird erwogen, die Personenstandsaufnahme nicht mehr jährlich zu wiederholen, sondern die Aenderungen, die seit der letzten Personenstandsaufnahme eingetreten sind, durch Verwertung der standesamtlichen und polizeilichen Meldungen fest- zuhalten. Der damit erstrebte Zweck würde aber nur unvollkommen erreicht wer- den können, wenn, wie bisher, auch künftig alljährlich neue Steuerkarten für die annähernd 21 Millionen Lohnsteuerpflichtigen ausgestellt werden müssten. Es ist deshalb beabsichtigt, auch auf die jährliche Neuausstellung der Steuerkarten zu verzichten und die Aenderungen im Familienstand auf der einmal ausgestellten Steuerkarte nachtragen zu lassen. Solche Aenderungen können eintreten sowohl durch das Hinzukommen von Familienangehörigen (Verheiratung, Geburt von Kindern) wie durch Wegfall von Familienangehörigen (Tod, Scheidung, Erreichung der Volljährigkeit bei Kindern, Eintritt in ein Arbeitsverhältnis nach Erreichung des 17. Lebensjahrs). Für den Fall des Hinzutretens neuer Familienangehöriger hat der Arbeitnehmer das Recht, eine Berichtigung der Steuerkarte zu beantragen. Die durch Nachtragung von Familienangehörigen berichtigte Steuerkarte bildet

248

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 117: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommenstenergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926. 247

von dem Zeitpunkt der Vorlage beim Arbeitgeber ab die Grundlage zur Berechnung des Steuerabzugs. Folgerichtig müsste auch bei Wegfall von Familienangehörigen jeweils im Zeitpunkt des Wegfalls eine Berichtigung der Steuerkarte eintreten, um Schädigungen des Fiskus zu vermeiden. Da jedoch eine sofortige Vorlage der Steuerkarte durch den Arbeitnehmer im Zeitpunkt des Wegfalls von Familien- angehörigen in der Praxis auf Schwierigkeiten stossen würde, sieht der Entwurf eine Regelung in der Weise vor, dass das Finanzamt am Ende des Jahres auf Grund seiner Listen nachzuprüfen hat, bei welchen Arbeitnehmern eine Aenderung im Familienstand eingetreten ist, und dass es dann den Arbeitnehmer zur Vorlage seiner Steuerkarte zwecks Berichtigung derselben anhalten kann.

Zu §§ 77-80 und § 82.

Die Vorschriften entsprechen den Bestimmungen des Art. I §§ 22 Abs. 2 bis § 24 und § 26 und des Art. XIX § 6 der Zweiten Steuernotverordnung.

Zu § 81.

Die Vorschrift des § 81 des Entwurfs entspricht im wesentlichen dem Art. I § 25 der Zweiten Steuernotverordnung und bedeutet eine Wiederholung des in dem Entwurf des Steuerüberleitungsgesetzes für 1925 vorgesehenen Verfahrens auch für spätere Jahre. Eine individuelle Veranlagung der Lohnsteuerpflichtigen zur Kir- chensteuer nach dem tatsächlich im Steuerabschnitt bezogenen Einkommen wäre nur möglich, wenn die Arbeitgeber die Ueberweisungsblätter und sonstigen Steuer- abzugsbelege einreichen müssten. Für den Fall, dass von der Einreichung dieser Ueberweisungsblätter und Steuerabzugsbelege, wie dies für 1923 und 1924 ge- schehen ist, auch in späteren Jahren abgesehen werden sollte, sieht der Entwurf die Festsetzung von Pauschbeträgen vor, die als Grundlage für die Veranlagung der Kirchensteuern dienen. Nach Art. 137 Abs. 6 der Reichsverfassung sind die Reli- gionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, berechtigt, nach Massgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Kirchensteuern zu erheben. Diesen Gedankengängen trägt die Neufassung des § 81 Rechnung, indem er im Gegensatz zu dem bisher geübten Verfahren die Festsetzung der Pauschbeträge gegebenenfalls den Landesregierungen überläset und nur den Erlass gemeinschaft- licher Bestimmungen zur Durchfuhrung der Pauschbeträge vorsieht.

Zu § 82.

Die §§ 83-88 regeln den Steuerabzug vom Kapitalertrag (vg. allgemeine Begründung unter VI).

In dem vorliegenden Entwurf soll der Kreis der Steuerabzugspflichtigen Ka- pitalerträge einerseits eingeschränkt werden, indem die dem Gesellschafter einer G. m. b. H. aus seiner Beteiligung zufliessenden Gewinne und Dividenden in Zu- kunft dem Steuerabzug vom Kapitalertrag nicht mehr unterworfen werden. Hierfür war die im § 57 des Entwurfs vorgeschlagene Vorschrift massgebend, wonach eine Ermässigung der Einkommensteuer eintreten kann, wenn hierin Ge- winne aus Anteilen an einer G.*m. b. H. enthalten sind. Blieben diese Erträge dem Steuerabzug unterworfen, so würden zahlreiche Erstattungen notwendig sein, die aber im Interesse der Vereinfachung vermieden werden müssen. Bei der mehr individuellen Gestaltung der G. m. b. H. wird im übrigen eine richtige Erfassung der Gewinnanteile möglich sein.

Anderseits erscheint es zweckmässig, den Kreis der Steuerabzugspflichtigen Kapitalerträge auf die Einkünfte aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter (§§335 ff. H. G. B.) auszudehnen.

Da der Steuerabzug vom Kapitalertrag die Einkünfte aus Kapitalvermögen treffen will, ist es zweifelhaft, ob auch Kapitalerträge, die in einem land- oder forstwirtschaftlichen oder in einem gewerblichen Betrieb anfallen, dem Steuer- abzug unterliegen. Der Entwurf hat diese Frage bejaht, da der Schuldner, der den Steuerabzug macht, nicht feststellen kann, ob die Kapitalerträge für den Gläu-

247

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 118: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

248 Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 192o/19(.Dez. 1925/26. Febr. 192 6.

biger Einkünfte aus Kapitalvermögen oder aus Gewerbebetrieb darstellen (vgL auch § 2 Abs. 1 des früheren Kapitalertragsteuergesetzes).

Wegen der Anrechnung des Steuerabzugs vom Kapitalertrag auf die für den Steuerabschnitt festgestellte Steuerschuld wird auf § 100 des Entwurfs verwiesen»

Zu § 84. Die Befreiungsvorschriften im § 3 des Kapitalertragsteuergesetzes vom

29. März 1920/8. April 1922 haben zu einer aussergewöhnlich grossen und unfrucht- baren Verwaltungsarbeit geführt. Gerade die zahlreichen Ausnahmen haben nicht unwesentlich dazu beigetragen, dass die Erhebungskosten der früheren Kapital- ertragsteuer nicht mehr im angemessenen Verhältnis zu dem Aufkommen standen. Es muss daher daran festgehalten werden, dass alle im § 83 genannten Kapital- erträge ohne Unterschied von- dem Steuerabzug betroffen und Ausnahmen nur aus ganz besonders zwingenden Gründen gemacht werden (vgl. allgemeine Begründung unter VI). Die Reichsregierung hat geglaubt, von dem Steuerabzug nur Abstand nehmen zu können, sofern Gläubiger und Schuldner die gleiche Person sind. Hierzu sei bemerkt: Es kann Fälle geben, in denen infolge Vereinigung von Gläubiger und Schuldner das Schuldverhältnis erlischt, so dass ein Kapitalertrag und damit auch eine Steuerschuld nicht entsteht; davon sind jedoch die Fälle zu unterscheiden, in denen eine Aktiengesellschaft oder eine andere Körperschaft ihre eigenen Aktien und Anteile oder ein Anleiheschuldner die von ihm ausgegebenen Teilschuldver- schreibungen erwirbt. Dann sind Gläubiger und Schuldner die gleiche Person. Die Steuerschuld ist an sich entstanden; es soll jedoch Befreiung eintreten, da wirtschaftlich gegenüber den vorhergenannten Fällen kein Unterschied besteht. Eine ausdrückliche Vorschrift dieses Inhalts erschien insbesondere auch deswegen erforderlich, weil im § 86 Satz 2 bestimmt wird, dass die Steuer auch dann ab- zuführen ist, wenn der Gläubiger die Einforderung des Kapitalertrags unterlässt.

Das sogenannte Schachtelprivileg ist im § 25 des Entwurfs eines Körper- schaftsteuergesetzes enthalten. Hiernach soll der Steuerabzug von Kapitalerträgen unterbleiben, die einer unbeschränkt steuerpflichtigen Erwerbsgesellschaft aus Aktien, Kuxen, Anteilen oder Genussscheinen einer anderen Erwerbsgesellschaft zufliessen, sofern sie an dem Grund- oder Stammkapital oder an dem Vermögen dieser Erwerbsgesellschaft seit Beginn des Steuerabschnitts mindestens zu einem Viertel beteiligt ist.

Zu §§ 85, 86. Die Vorschriften entsprechen den §§5 Abs. 1, 9 Abs. 1, 10 Abs. 1 des früheren

Kapitalertragsteuergesetzes und dem Art. I §§28, 30 der Zweiten Steuernotver- ordnung.

Zu § 87. Wie bereits in der allgemeinen Begründung und zu § 3 ausgeführt ist, geht der

Entwurf davon aus, dass grundsätzlich alles Einkommen versteuert werden muss, was im Inlande erzielt ist. Infolgedessen muss der Steuerabzug vom Kapitalertrag auch dann vorgenommen werden, wenn die Erträge einem Ausländer anfallen, der im Inland keinen Wohnsitz hat. Bei Aufnahme von Krediten, insbesondere im Auslande, wird jedoch, wie die Erfahrungen bei dem Kapitalertragsteuergesetz ge- zeigt haben, trotzdem dies ein Verbot enthielt, häufig die Vereinbarung getroffen, dass die Zinsen dem Gläubiger ohne jeden Abzug ausgezahlt werden. In diesen Fällen wird also die Steuer auf den Schuldner überwälzt. Da die an den Gläubiger gemachten Leistungen dann Zinsen zuzüglich Steuer betragen, müsste bei genauer Berechnung der Steuerabzug von dieser erhöhten Leistung vorgenommen werden; die Steuer würde also nicht 10 v. H., sondern 11,11 ν. Η. der Zinsen betragen. Im Interesse der Wirtschaft und zum Zwecke der Vereinfachung soll jedoch auch in diesen Fällen es bei dem Steuerabzug von 10 ν. Η. der Zinsen sein Bewenden haben, wenn der Gläubiger im Inland keinen Wohnsitz, Sitz oder Ort der Leitung hat.

Zu § 88. Nach den bisherigen Vorschriften haftet der Schuldner neben dem Gläu-

biger ohne jede Einschränkung. Es erscheint zweckmassig, diese Vorschrift den 248

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 119: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926. 249

für den Steuerabzug vom Arbeitslohn geltenden Vorschriften über die Haftung des Arbeitgebers und Arbeitnehmers anzupassen. Hierdurch wird die Haftung des Beziehers von Kapitalerträgen auf die beiden Fälle beschränkt, in denen der Arbeitnehmer für den Steuerabzug vom Arbeitslohn haftet.

Zu § 89.

Die Vorschrift des § 89 gibt im wesentlichen unter Einbeziehung des Steuer- abzugs vom Kapitalertrag den Grundsatz wieder, der in dem § 48 Abs. 1 des bis- herigen Einkommensteuergesetzes enthalten war. Für Lohnempfänger und Be- zieher von Kapitalerträgen soll unter der Voraussetzung, dass das Einkommen ent- weder nur aus Arbeitslohn oder aus Kapitalerträgen bis zum Betrag von 8000 RM. besteht oder aus solchen Bezügen und aus sonstigen Einkommen bis zu 500 RM. und die 8000 RM. -Grenze nicht übersteigt, eine Veranlagung nicht stattfinden, sofern der Steuerabzug vom Arbeitslohn oder vom Kapitalertrag ordnungsmässig vor- genommen und die darauf entfallende Steuer ordnungsmässig entrichtet worden ist. Die Steuer soll in diesen Fällen durch die Vornahme des Steuerabzugs als ge- tilgt gelten. Folgende Beispiele mögen dies veranschaulichen:

1. Beispiel: Ein Arbeitnehmer mit zwei minderjährigen Kindern hat einen Jahresarbeitslohn von 6000 RM. Im Wege des Steuerabzugs waren einzu- behalten 7 v. H. von 6000 - 720 = 5280 = 369,60 RM. Damit ist die Einkommen- steuer getilgt.

2. Beispiel: Der vorerwähnte Arbeitnehmer hat ausser einem Arbeits- lohn von 6000 RM. noch ein sonstiges Einkommen von 500 RM. Auch in diesem Falle ist die Steuer durch die ordnungsmässige Vornahme und Entrichtung des Steuerabzugs getilgt; eine Veranlagung des sonstigen Einkommens unterbleibt wegen der Geringfügigkeit des Betrags.

Zu § 90.

Die Vorschrift entspricht dem § 48 Abs. 2 des bisherigen Einkommensteuer- gesetzes. Vorausgesetzt, dass sich das gesamte steuerbare Einkommen eines Steuer- pflichtigen innerhalb der Grenze von 8000 RM. hält und ausser Arbeitslohn oder Kapitalertrag aus sonstigem Einkommen über 500 RM. besteht, soll eine Veran- lagung nur für das sonstige Einkommen vorgenommen werden. Angenommen, ein Arbeitnehmer mit 2 minderjährigen Kindern hat einen Arbeitslohn von jährlich 7200 RM. und dazu aus Vermietung oder Verpachtung noch ein Einkommen von 600 RM., so ist die Einkommensteuer vom Arbeitslohn getilgt, wenn der Steuer- abzug vom Arbeitslohn in Höhe von 7 v. H. von 7200 - 720 = 6480 = 453,60 RM. ordnungsmässig vorgenommen worden ist und die Steuerabzugsbeträge abgeführt worden sind. Es findet dann nur noch eine Veranlagung des sonstigen Einkommens von 600 RM. statt, die mit 7 v. H. besteuert werden, für die also 42 RM. Steuer zu entrichten sind.

Die Vorschrift des Satz 2 soll verhindern, dass Lohnempfänger, bei denen wegen des Bezugs von sonstigem Einkommen eine Veranlagung des sonstigen Einkommens erfolgen muss, durch die doppelte Berücksichtigung der Abzüge von 600 RM. besser gestellt werden als die nicht zu veranlagenden Lohnempfänger.

Beispiel: Ein unverheirateter Rechtsanwalt hat im Kalenderjahr 1926 als Direktor einer Firma Arbeitslohn in Höhe von 6000 RM. erhalten, ausserdem hat er aus seiner Anwaltstätigkeit Einkünfte von 2700 RM. bezogen. Von den Ein- nahmen von 2700 RM. gehen ab die Werbungskosten, die bei der Anwaltstätigkeit erwachsen sind (z. B. Ausgaben für das Büro) mit angenommen 700 RM. An Steuerabzug ist ihm im Laufe des Kalenderjahrs 1926 einbehalten 10 ν. Η. von (12 X 500 - 12 X 60 =) 5280 RM. = 528 RM. Damit ist sein Arbeitslohn voll besteuert. Es kommt demnach nur noch eine Besteuerung des sonstigen Ein- kommens von 2000 RM. in Frage. Dieses ist mit 10 ν. Η. zu versteuern. Nicht darf der Rechtsanwalt von diesen Einnahmen absetzen z. B. Kosten für die Fahrt von seiner Wohnung zu der Arbeitsstätte, in der er seinem Beruf als Direktor nachgeht, diese sind bereits durch den steuerfreien Lohnbetrag mit abgegolten. Hätten bei

24 9

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 120: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

250 Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926.

dem Rechtsanwalt die gesamten Werbungskosten und abzugsfähigen Sonder- leistungen unter Einschluss der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte den Betrag von 720 RM. jährlich überstiegen, so hätte er Erhöhung des steuerfreien Lohnbetrags beantragen können. Hat er dies aber nicht getan, so soll er jetzt nicht mehr berechtigt sein, die Werbungskosten und abzugsfähigen Sonderleistungen, die mit seinem Arbeitslohn in Zusammenhang stehen, nachträglich im Wege des Abzugs von den Anwaltseinnahmen geltend zu machen.

Zu Satz 3 wird auf die Begründung zu § 51 Bezug genommen.

Zu § 91. Durch die Vorschrift ist klargestellt, dass die Steuer für den Arbeitnehmer

und für den Gläubiger der Kapitalerträge als getilgt gilt, wenn ihre Haftung er- loschen ist. Die Haftung des Arbeitnehmers beschränkt sich auf die Fälle, in denen der Arbeitslohn nicht vorschriftsmässig gekürzt worden ist oder der Arbeitgeber die einbehaltenen Beträge nicht vorschriftsmässig verwendet hat und dem Arbeit- nehmer dies bekannt ist. In diesen Fällen erlischt die Haftung, wenn der Arbeit- nehmer dem Finanzamt von dieser Kenntnis unverzüglich Mitteilung macht. Kann die Haftung des Arbeitnehmers nicht mehr in Anspruch genommen werden, so soll für den Arbeitnehmer und den Gläubiger der Kapitalerträge die Steuer als getilgt gelten. Dagegen soll die Haftung des Arbeitgebers oder des Zinsschuldners der Kapitalerträge nur dann erlöschen, wenn der Steuerabzugsbetrag ordnungsmässig einbehalten und abgeführt oder verwendet worden ist.

Zu § 92. Für den Fall, dass das gesamte steuerbare Einkommen eines Steuerpflichtigen

den Betrag von 8000 RM. jährlich übersteigt, also über die Grenze hinausgeht, bis zu der 10 v. H. erhoben werden, findet eine Veranlagung auch hinsichtlich des Ar- beitslohns und der Steuerabzugspflichtigen Kapitalerträge statt. Angenommen, ein kinderlos verheirateter Arbeitnehmer hat als Arbeitslohn 15 000 RM. und als sonstige Einkünfte 1000 RM., demnach insgesamt 16 000 RM. jährlich bezogen. Von diesem Arbeitslohn geht nach § 52 der steuerfreie Lohnbetrag mit 720 RM. jährlich ab. Die Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften mögen 50 RM. betragen, so dass ein Einkommen von 15 230 RM., abgerundet 15 200 RM., ver- bleibt. Von diesem Einkommen sind zu entrichten:

von den ersten 8000 RM. 9 ν. Η = 720,00 RM. von den übrigen 7200 RM. 15 ν. Η. . . . = 1080,00 „

insgesamt 1 800,00 RM. Hierauf werden angerechnet die Steuerabzugsbeträge und die Vorauszahlungen.

Zu § 93 (Ges. § 95). Die Vorschrift entspricht im wesentlichen der Vorschrift des § 42 des bis-

herigen Einkommensteuergesetzes. Lediglich für die Landwirtschaft ist eine Aenderung der Vorauszahlungstermine in der Weise vorgesehen, dass mit Rück- sicht darauf, dass bei der Landwirtschaft die alte Ernte am 15. August im wesent- lichen verkauft ist und Erträge aus der neuen Ernte noch nicht zugeflossen sind, der Vorauszahlungstermin vom 15. August ausfällt und statt dessen am 15. No- vember, also in dem Zeitpunkt, in dem die Landwirtschaft mit Einnahmen aus der neuen Ernte rechnen kann, die Hälfte der zuletzt festgestellten Steuerschuld zu entrichten ist.

Zu § 94 (Ges. § 96). Die Vorschrift entspricht dem bisherigen Recht. Ihre Wirkung mag folgendes

Beispiel erläutern: # Ein Arbeitnehmer mit zwei minderjährigen Kindern hat im Kalenderjahr

#

1926 einen Arbeitslohn von insgesamt 13 000 RM. bezogen. Das steuerbare Ein- kommen beträgt demnach 13 000 - 720 = 12 280 RM., abgerundet 12 200 RM., aus dem sich die Steuer wie folgt berechnet:

250

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 121: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. VomlO. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926. 25 1

von den ersten 8000 RM. 7 ν. Η. ... =560 RM von den übrigen 4200 RM 15 ν. Η. . . . = 630 „

insgesamt = 1190 RM. Hierauf werden angerechnet die im Laufe des Jahres 1926 einbehaltenen Steuer- abzüge mit 7 v. H. von 12 280 = 859,60 RM. Es sind demnach noch (1190 - 859,60 =) 330,40 RM. zu entrichten. Nur in Höhe von 330,40 RM. sind Vorauszahlungen zu leisten.

Zu § 95 (Ges. § 97). Die Vorschrift regelt den Fall, dass der Steuerabschnitt, für den der Steuer-

bescheid erteilt wird, kürzer ist als ein Jahr, und dass sich daraus Voraus- zahlungen ergeben, die bei der Fortdauer der Steuerpflicht dem Einkommen des laufenden Jahres nicht entsprechen und damit auch dem Zwecke der Voraus- zahlungen nicht gerecht werden, der darin besteht, dass durch die Vorauszahlungen die Steuer des laufenden Jahres möglichst gedeckt werden soll. Ist z. B. ein Steuer- pflichtiger am 1. Juli 1926 neu in die Steuerpflicht eingetreten und hat er in den letzten 6 Monaten des Jahres 1926 ein steuerbares Einkommen von 6000 RM. bezogen, aus dem sich unter Berücksichtigung des Familienstandes beispielsweise eine Steuer von 540 RM. ergibt, so hätte dieser Steuerpflichtige an den vorgeschrie- benen Vorauszahlungsterminen nur eine Steuer von jeweils 135 RM. zu entrichten. In diesem Falle soll das Finanzamt die Vorauszahlungen mit dem Betrag festsetzen, der sich ergeben würde, wenn das dem Steuerbescheid zugrunde liegende Einkom- men in ein Jahreseinkommen umgerechnet wird. Es hat demnach dieser Steuer- pflichtige bei Umrechnung des Halbjahreseinkommens von 6000 RM. auf 12 000 RM. und einer sich danach ergebenden Steuer von 1320 RM. (d. i. 9 ν. Η. von 8000 RM. = 720 RM. + 15 ν. H. von 4000 RM. = 600 RM.) die nach Zustellung des Fest- setzungsbescheids zu entrichtenden Vorauszahlungen in Höhe von je einem Viertel = 330 RM. an den vorgeschriebenen Zahlungsterminen zu entrichten. Hervor- gehoben sei, dass die Umrechnung nur für die Vorauszahlungen vorgenommen werden soll, nicht dagegen für den abgelaufenen Steuerabschnitt. In den meisten Fällen, in denen sich ein verkürzter Steuerabschnitt ergibt, nämlich beim Tode des Steuerpflichtigen, kommt also eine Umrechnung nicht in Frage.

Zu § 96 (Ges. § 98). Nach § 25 des Entwurfs findet die Veranlagung und damit die Festsetzung

der Steuerschuld für den Steuerabschnitt erst nach Ablauf des Steuerabschnitts oder nach Wegfall der Steuerpflicht statt. Tritt eine Person mit Beginn oder im Lauf eines Steuerabschnitts neu in die Steuerpflicht ein, so findet ihre erste Veran- lagung erst nach Ablauf des Steuerabschnitts statt. Bis dahin erhält sie keinen Steuerbescheid, bis dahin ist auch keine Steuerschuld festgestellt, und sie kann daher auch bis dahin nicht zu Vorauszahlungen angehalten werden. Deshalb ist im § 96 vorgesehen, dass in diesen Fällen die Höhe der bis zum Empfang des ersten Steuerbescheids zu leistenden Vorauszahlungen besonders festgesetzt werden soll, und zwar nach dem mutmasslichen Betrag des für den betreffenden Steuerabschnitt steuerbaren Einkommens. Bei der Festsetzung dieses mutmasslichen Einkommens werden nur die Erträgnisse solcher Einkommensarten zu berücksichtigen sein, die im Zeitpunkt der Festsetzung bekannt sind, wobei allerdings auch sonstige Merk- male und Anhaltspunkte, die auf die Höhe des steuerbaren Einkommens schliessen lassen und zur Zeit der Festsetzung des mutmasslichen Einkommens bekannt sind, berücksichtigt werden müssen (vgl. § 42 des bisherigen Gesetzes).

Zu §§ 97, 98 (Ges. §§ 99, 100). Die §§ 97, 98 regeln die Erhöhung und die Ermässigungen der Vorauszah-

lungen und entsprechen im wesentlichen den Vorschriften des § 42 Abs. 3, 4 des bisherigen Einkommensteuergesetzes in der für 1922 gültigen Fassung.

Die im § 97 vorgesehene Erhöhung und Neufestsetzung der Vorauszahlungen kann mit der Erteilung des Steuerbescheids über die Veranlagung für den ab- gelaufenen Steuerabschnitt verbunden werden. Was die Erhöhung der zukünftigen

251

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 122: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

252 deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926.

Vorauszahlungen anlangt, so ist das voraussichtlich zu erzielende Einkommen des betreffenden Steuerabschnitts zugrunde zu legen. Ein einmaliger Gewinn oder eine günstige Gestaltung der Geschäftsverhältnisse, die sich nur auf eine kurze Zeit beschränkt und als nachhaltig nicht anzusprechen ist, wird zur Erhöhung der Vor- auszahlungen für das ganze Jahr nicht führen können. Die Vorschrift des § 97 Abs. 2 deckt sich mit dem § 48 a Abs. 2 des bisherigen Einkommensteuergesetzes. Eine Aenderung der Erwerbsverhältnisse liegt z. B. dann vor, wenn der Steuer- Pflichtige die Beschäftigung oder Anstellung, aus der er seither Arbeitslohn be- zogen hat, ganz aufgibt und nunmehr entweder überhaupt keine Tätigkeit oder eine andere Tätigkeit ausübt, ohne dass er Einkünfte bezieht, die Arbeitslohn sind. Ist eine solche Aenderung eingetreten und fällt daher voraussichtlich für den Rest des Steuerabschnitts der Bezug von Arbeitslohn usw. weg, so sind die Voraus- zahlungen, die bis zum Empfang des nächsten Steuerbescheids zu leisten sind, nach dem mutmasslichen Betrag des Einkommens festzusetzen, das für den Steuerab- schnitt steuerbar ist, in dem die Aenderung der Erwerbsverhältnisse und der da- durch begründete Wegfall von Arbeitslohn eingetreten ist.

Die Vorschrift des § 98 Abs. 2 findet z. B. Anwendung, wenn ein Gewerbe- treibender, der bisher mit seinem gesamten Einkommen veranlagt worden ist and Vorauszahlungen zu entrichten hatte, den Gewerbebetrieb aufgibt und in ein Dienstverhältnis eintritt. Hier wäre es unbillig, wenn der Steuerpflichtige Voraus- zahlungen nach der zuletzt veranlagten Steuer zu entrichten hätte und daneben dem Steuerabzug unterworfen würde.

Zu § 99 (Ges. § 101). Nach § 30 Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung des Gesetzes

vom 24. März 1921 war bei der Festsetzung der vorläufigen Steuerschuld eine Mit- wirkung der Ausschüsse nach § 25 der Reichsabgabenordnung nicht erforderlich. Gegen die vorläufige Festsetzung war nur das Beschwerdeverfahren gegeben. Da die Vorschrift des §30 Abs. 5 in die spätere Novelle zum Einkommensteuergesetz nicht mit übernommen worden war, war es zweifelhaft geworden, ob gegen die Vorauszahlungen nur das Beschwerdeverfahren oder das ordentliche Rechtsmittel- verfahren zugelassen war. Der Reichsfinanzhof hat in verschiedenen Urteilen den letzteren Standpunkt vertreten und das ordentliche Rechtsmittelverfahren auch gegen die Vorauszahlungen für zulässig erklärt. Der Entwurf will den früheren Rechtszustand wiederherstellen und schlägt deshalb vor, gegen die Vorauszah- lungen nur das Beschwerdeverfahren zu eröffnen.

Zu § 100 (Ges. § 102). Nach der Vorschrift des § 100 werden auf die nach § 25 für den Steuerabschnitt

festgesetzte Steuerschuld angerechnet die auf die Steuerschuld des Steuerab- schnitts geleisteten Vorauszahlungen und die für denselben Steuerabschnitt nach §§ 70, 72, 73, 83 einbehaltenen Beträge, soweit sie auf Einkünfte entfallen, die nach § 69 im Wege des Steuerabzugs vom Arbeitslohn oder nach § 83 im Wege des Steuerabzugs vom Kapitalertrag zur Steuer herangezogen werden und die nach § 92 veranlagt worden sind.

1. Beispiel: Ein unverheirateter Steuerpflichtiger hat im Jahr 1926 ein Einkommen aus selbständiger Berufstätigkeit im Betrag von 6700 RM. bezogen. Er ist mit 670 RM. veranlagt worden und hat am 15. Mai, 15. August und 15. No- vember 1927 je 167,50 RM., d. h. zusammen 502,50 RM. entrichtet, ausserdem hat er am 15. Februar 1927 nach der Steuerschuld des Vorjahrs eine Vorauszahlung von 130 RM. geleistet. Für den Steuerabschnitt (Kalenderjahr) 1927 wird er aus 12 000 RM. zu 1400 RM. Einkommensteuer veranlagt, dann hat er innerhalb eines Monats nach Zustellung des Steuerbescheids den Unterschiedebetrag von 1400 - (502,50 + 130 RM. = ) 632,50 = 767,50 RM. nachzuentrichten.

2. Beispiel: Ein verheirateter Steuerpflichtiger mit zwei minderjährigen Kindern hat an Arbeitslohn im Jahr 1926 den Betrag von 12000 RM. bezogen und nebenher aus Anwaltstätigkeit 2500 RM. Einkommen bezogen. Er ist für das Jahr 1926 aus (12 000 RM - 720 RM. =) 11280 + 2500 RM. mit 13 780 RM.

252

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 123: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1926/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926. 253

(abgerundet 13 700 RM.) zu einer Steuer von (560 -f 855 =) 1415 RM. herangezogen worden. Hierauf werden angerechnet die Steuerabzugsbeträge mit 789,60 RM. und die mit 300 RM. angenommenen Vorauszahlungen aus den Einkünften aus der Berufstätigkeit, so dass noch 1415 - 1089,60 = 325,40 RM. zu entrichten sind. Der Steuerpflichtige hat dann im Jahr 1927, am 15. Februar nach dem letzten Steuerbescheid (1925) eine Vorauszahlung von 100 RM. und am 15. Mai, 15. August und 15. November Vorauszahlungen in Höhe von je - - = 156,35 RM.

zu leisten. Für den Steuerabschnitt (Kalenderjahr) 1927 wird er aus einem Ar- beitslohn von 1 1 000 RM. und Einkünften aus der Anwaltstätigkeit von 1500 RM. zu einer Steuer aus (11 000 - 720 =) 10 280 + 1500 = 11 780, abgerundet 11 700 RM. = 560 + 555 = 1115 RM. veranlagt. Hierauf werden angerechnet die Vorauszahlungen im Betrage von 100 + (3 X 156,35 =) 469,05 = 569,05 RM. und der Steuerabzug mit 719,40 RM., demnach insgesamt 1288,45 RM., so dass 173,45 RM. zu erstatten sind. Würde der Arbeitslohn von 12 000 auf 7000 RM. herabgegangen sein, so wäre nur eine Steuer aus (7000 - 720 =) 6280 + 1500 = 7780 RM. mit 7 v. H. = 539,00 RM. geschuldet. Darauf würden angerechnet die Vorauszahlungen in Höhe von 569,05 RM. und der Steuerabzug mit 439,20 RM., so dass von den Vorauszahlungen (1008,25 - 539 =) 469,25 RM. zu erstatten sind.

Zu § 101 (Ges. § 103). Die Vorschrift sieht die Ermächtigung für das Finanzamt vor, bei dem Weg-

fall der persönlichen Steuerpflicht Sicherheit für die Abschlusszahlung in einem nur mit Beschwerde angreifbaren Verfahren festzusetzen.

Zu den §§ 102-108 (Ges. §§ 104-110). Einkommen ist zum Teil der Ueberschuss der Einnahmen über die Ausgaben,

zum Teil Ueberschuss der Einnahmen über die Ausgaben mit Bestandsvergleich (§ 12) oder bilanzmässiger Gewinn (§ 13). In den Fällen, in denen neben dem Ueberschuss der Einnahmen über die Ausgaben der Bestandsvergleich in Frage kommt oder in denen der bilanzmässige Gewinn zugrunde zu legen ist, sind Ver- mögenswerte anzusetzen. Welche Werte dabei in Betracht kommen, ergibt sich, sobald die Veranlagung einmal in Lauf gebracht ist, aus den §§ 19 und 20 des Entwurfs. Erforderlich ist aber noch, zu regeln, welche Anfangswerte einzusetzen eind; denn die grundsätzlich geltende Bilanzkontinuität ist dadurch, dass für 1923 und 1924 eine Einkommensteuerveranlagung nicht stattgefunden hat, unterbrochen.

Der Entwurf unterscheidet zwischen den Steuerpflichtigen, die zur Führung von Handelsbüchern nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuchs verpflichtet sind, und den Gewerbetreibenden, die nach den Grundsätzen ordnungsmässiger Buch- führung regelmäßige Abschlüsse machen, ohne dazu verpflichtet zu sein (§§13, 103 des Entwurfs) einerseits und anderen als den in § 103 bezeichneten Steuerpflich- tigen (§§ 12, 107 des Entwurfs) anderseits. Bei den ersteren soll von der handels- rechtlichen Bilanz bei Beginn des ersten für die Veranlagung massgebenden Steuer- abschnitts ausgegangen werden. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen denen, die nach dem Kalenderjahr, und denen, die nach einem vom Kalenderjahr abwei- chenden Wirtschaftsjahr steuern. Bei den ersteren ist die für den ersten Steuer- abschnitt in Frage kommende Handelsbilanz die Bilanz auf den 31. Dezember 1924. Die Steuerpflichtigen, die nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschafts- jahr steuern, hatten nach der Goldbilanzverordnung vom 28. Dezember 1923 das Recht, die kaufmännische Goldmarkeröffnungsbilanz an den Abschluss ihres Wirt- schaftsjahrs 1923/24 anzuschliessen oder an den Abschluss des Wirtschaftsjahrs 1922/23, wenn dieses im zweiten Halbjahr 1923 geendet hat. Eine Gesellschaft also, die auf den 30. September abschließet, konnte ihre kaufmännische Goldmark· Eröffnungsbilanz entweder auf den 1. Oktober 1923 oder auf den 1. Oktober 1924 machen. Für die Eröffnungsbilanz im Sinne des Einkommensteuergesetzes soll ohne Rücksicht darauf, welcher Termin gewählt worden ist, stets die in das Jahr 1924 fallende Bilanz massgebend sein. Die grosse Zahl der in Betracht kommenden

25S

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 124: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

254 Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926

Steuerpflichtigen hat die Goldmarkeröffnungsbilanz erst im Jahre 1924 aufgemacht» Hier würde also die kaufmännische Goldmarkeröffnungsbilanz im Sinne der Gold- bilanzverordnung und die Eröffnungsbilanz im Sinne des Entwurfs, die für die Ein- kommensteuerveranlagung der Ausgangspunkt sein soll, zusammenfallen. In den wenigen Fällen, in denen auf einen in das Jahr 1923 fallenden Abschlusstag eine Goldmarkeröffnungsbilanz aufgestellt ist, würde erst die zweite kaufmännische Goldmarkbilanz, also die, die in das Jahr 1924 fällt, Ausgangspunkt für die Ein- kommensteuer sein.

Die kaufmännische Bilanz kann aber nicht unter allen Umständen und unver- ändert auch für die Einkommensteuerveranlagung zugrunde gelegt werden. In der Begründung zum Entwurf eines Steuerüberleitungsgesetzes ist dargelegt wor- den, unter welchen verschiedenen Gesichtspunkten eine kaufmännische Bilanz auf- gestellt sein kann, und dass die Bewertung der einzelnen Vermögensgegenstände eine ganz verschiedene sein kann. Im Interesse einer gleichmässigen Durchführung der Einkommensteuerveranlagungen ist es notwendig, auch den Ausgangspunkt möglichst gleichmässig und einheitlich zu gestalten. Daher müssen für die etwa erforderlichen Abänderungen der kaufmännischen Bilanz zwei Grundsätze leitend sein. Erstens muss eine übermässig hohe Bewertung in der kaufmännischen Bilanz für die Zwecke der Einkommensteuer herabgesetzt werden, weil sonst der Steuer- pflichtige die einkommensteuerpflichtigen Gewinne im ersten und gegebenenfalls noch in weiteren Jahren schmälern könnte. Zweitens müssen in der kaufmännischen Bilanz zu niedrig angesetzte Werte erhöht werden, weil sonst etwas als Einkommen versteuert werden würde, was an sich gar kein Einkommen ist. Die Vorschriften über die hiernach etwa erforderlichen Abänderungen enthalten die §§ 104-106.

Der Entwurf unterscheidet zwischen Gegenständen des Betriebsvermögens (Anlagekapital und umlaufendes Betriebskapital), die vor dem 1. Januar 1924 und die im Jahre 1924 angeschafft oder hergestellt worden sind. Letztere sollen, da die Anschaffungs- oder Herstellungspreise hier bereits in Gold oder Reichsmark fest- stehen, mit dem tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungspreis angesetzt werden. Gleichviel also, ob für die Einkommensteuer als Anfangsbilanz die vom 1. Juli 1924 oder vom 1. Januar 1925 in Frage kommt, soll ein im März 1924 an- geschaffter Gegenstand mit dem tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungs- preis abzüglich der nach § 16 zulässigen Absetzung für Abnutzung, die etwa bis zum massgebenden Bilanztag eingetreten ist, ungesetzt werden. Ein am Bilanztag etwa niedrigerer gemeiner Wert soll nicht angesetzt zu werden brauchen, es sei denn, dass ein Steuerpflichtiger für die Vermögensteuer 1925 einen niedrigeren gemeinen Wert ansetzt, denn nach § 106 Abs. 1 dürfen Gegenstände des Betriebs- vermögens niemals mit einem höheren Werte als dem für die Vermögensteuer 1925 angesetzten Wert bewertet werden. Ist umgekehrt der Wert eines im März 1924 angeschafften Gegenstandes bis Ende Dezember 1924 gestiegen, so darf dieser höhere gemeine Wert aber nicht angesetzt werden. Das ist dadurch gerechtfertigt, dass grundsätzlich eine Veranlagung für 1924 nicht stattfindet, übrigens auch eine Besteuerung unrealisierter Gewinne sowohl nach dem alten Gesetz als nach dem Entwurf unterbleibt. Eine Ausnahme musste jedoch gemacht werden wegen der Regelung im Steuerüberleitungsentwurf. Bei der Festsetzung eines erhöhten Ab- lösungsbetrags, die sich nach dem Unterschied der für die Vermögensteuer mass- gebenden Vermögen am 31. Dezember 1923 und am 31. Dezember 1924 bemisst, muss ein Gegenstand des umlaufenden Betriebskapitals für die Vermögensteuer 1924, wenn der Wert Ende 1924 höher ist als der Anschaffungswert, mit dem höheren Werte angesetzt werden. Das kann zu einer Erhöhung des Ablösungs- betrags führen; in diesem Falle würde also mittelbar eine Heranziehung zur Ein- kommensteuer für 1924 bereits erfolgt sein. Würde ein solcher Steuerpflichtiger diesen Gegenstand in die Einkommensteuerbilanz per 31. Dezember 1924 abermals mit dem niedrigeren Anschaffungswert des Monats März ansetzen müssen, so würde er 1925 oder später nochmals die Differenz zwischen Anschaffungspreis und gemeinem Wert Ende Dezember 1924 zur Einkommensteuer versteuern müssen. Das ist nicht angängig. Daher bestimmt § 104 Abs. 2, dass, wenn ein Steuerpflich- tiger, der zu einem erhöhten Ablösungsbetrag herangezogen- ist, nachweist, dass Gegenstände des umlaufenden Betriebskapitals - bei Gegenständen des Anlage-

254

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 125: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

Deutsches Reichseinkommensteaergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926. 255

kapitale kann dieser Fall wegen § 12 Abs. 2 des Steuerüberleitungsgesetzentwurfs nicht eintreten - mit einem höheren als dem Anschaffungs- oder Herstellungspreis angesetzt worden sind, auf Antrag der höhere gemeine Wert in die Einkommen- steuereröffnungsbilanz eingesetzt werden soll.

Beispiel: Ein Gewerbetreibender hat im April 1924 einen Gegenstand für 10,000 RM. gekauft; der Gegenstand ist bei der Vermögensteuerveranlagung für 1925 mit 15 000 RM. angesetzt worden; auch im übrigen ergibt sich ein Ver- mögensüberschuss. Der Steuerpflichtige ist deshalb zu einem erhöhten Ablösungs- betrage herangezogen worden. Nach § 104 Abs. 1 wäre der bezeichnete Gegen- stand für den Beginn des Steuerabschnitts 1925 mit 10 000 RM. einzusetzen; der Steuerpflichtige würde also, wenn er den Gegenstand Anfang 1925 für 15 000 RM» veräussert, die 5000 RM., die er schon bei der Heranziehung zum erhöhten Ab- lösungsbetrag für 1924 versteuert hat, für 1925 noch einmal versteuern; er soll deshalb auf Antrag berechtigt sein, für den Beginn des Steuerabschnitts 1925 an Stelle des tatsächlichen Anschaffungspreises von 10 000 RM. den Vermögensteuer- wert vom 31. Dezember 1924, also mit 15 000 RM., einzusetzen.

Für die Gegenstände des Betriebsvermögens, die vor dem 1. Januar 1924 an- geschafft oder hergestellt worden sind, gelten die besonderen Vorschriften des § 105. An sich müsste man hier ebenfalls von tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstel- lungspreisen ausgehen, die, zum Teil in Gold gerechnet, sehr niedrig gewesen sind. Das würde aber bei Gegenständen, die in der Inflationszeit angeschafft woiden sind, bedeuten, dass in jedem einzelnen Falle erforscht werden müsste, wie sich die Papiermarkpreise in Goldmark stellen. Selbstredend ist das völlig unmöglich. Von einem Zurückgehen auf die Inflationszeit soll deshalb abgesehen werden, auch wenn auf diese Weise erhebliche Gewinne, die auf Grund der niedrigen Inflationspreise gemacht sind, unversteuert bleiben. Die daraus für den Fiskus sich ergebenden Ausfälle müssen im Interesse der Vereinfachung mit in Kauf genommen werden· Im § 105 wird unterschieden zwischen Gegenständen des Anlagekapitals und Ge- genständen des umlaufenden Betriebskapitals. Letztere (Waren, Erzeugnisse, Vor- räte usw. dürfen mit keinem höheren Werte angesetzt werden als dem Betrage, der für die Anschaffung oder Herstellung des Gegenstandes bei Beginn des Steuer- abschnitts, also bei nach dem Kalenderjahr Steuernden am 1. Januar 1925, bei einem mit dem 31. Juli Abschliessenden am 1. August 1924 hätte aufgewendet werden müssen (§ 105 Abs. 3).

Bei den Gegenständen des Anlagekapitals spielt die Frage der Bewertung für die Einkommensteuer keine so entscheidende Rolle, da diese in der Regel mit den Werten der jeweils vorigen Bilanz abzüglich der Absetzung für Abnutzung in dem betreffenden Jahr angesetzt werden. Nur für die Höhe der Absetzungen für Ab- nutzungen spielt die Anfangsbewertung eine Rolle; je höher der Anfanejswert ist, desto höhere Absetzungen können von ihm im Laufe der Jahre gemacht werden. Hier liegt nun die Sache so, dass auf bei Beginn des Steuerabschnitts vorhandene Gegenstände des Anlagekapitals auch schon früher, in der Inflationszeit und ge- gebenenfalls noch vor dieser, Absetzungen gemacht worden sind, und dass dies© an sich angerechnet werden müssten. Das würde aber wiederum ein Zurückgehen auf die Inflationsverhältnisse bedeuten, was hier ebenso unmöglich ist wie bei den Gegenständen des umlaufenden Betriebskapitals. Deshalb muss auch hier von den Anschaffungs- und Herstellungspreisen bei Beginn des Steuerabschnitts ausgegangen werden. Dass dabei zum Teil Abschreibungen, die früher schon einmal vorgenom- men sind, nochmals wiederholt werden können, muss ebenfalls in Kauf genommen werden. Es wird unterschieden zwischen den Grundstücken und den sonstigen Gegenständen des Anlagekapitals. Nach der Goldbilanzverordnung durften Gegen- stände des Anlagekapitals mit den Anschaffungs- oder Herstellungspreisen am Tage der Goldmarkeröffnungsbilanz abzüglich eines Drittels bewertet werden. Der Abzug eines Drittels ist damit begründet worden, dass die damaligen Preise noch überhöht gewesen seien und als Dauerwert nicht angesehen werden könnten. Der Entwurf sieht für die Gegenstände des Anlagekapitals, die nicht Grundstücke sind, ebenfalls die Anschaffungs- oder Herstellungspreise am massgebenden Bilanzstich- tag abzüglich eines Drittels vor. Von dem sich so ergebenden Betrag sind die dem Alter und der Lebensdauer des Gegenstandes entsprechenden Absetzungen iür

255

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 126: Deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. August 1925/19. Dezember 1925/26. Februar 1926

25 6 deutsches Reichseinkommensteuergesetz. Vom 10. Aug. 1925/19. Dez. 1925/26. Febr. 1926.

Abnutzung, wie sie nach § 16 Abs. 2- 4 zu berechnen wären, abzuziehen. Dabei unterbleibt eine Nachforschung, ob der Steuerpflichtige in der vergangenen Zeit für die Steuer tatsächlich diesen Betrag oder etwa einen höheren oder niedrigeren abgezogen hat. Bei Grundstücken, die zum Anlagekapital gehören, soll der ge- meine Wert am massgebenden Tage angesetzt werden, d. h. also der Preis, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Grundstücks unter Berücksichtigung aller den Preis beeinflussenden Umstände bei einer Veräusserung an diesem Tage zu erzielen gewesen wäre (§138 der Reichsabgabenordnung). Ein weiterer Abzug soll hier nicht gemacht zu werden brauchen. Dagegen darf auch nicht von dem Herstellungspreise, d. h. dem Neubaupreise, ausgegangen werden. Denn dieser ist als überhöht anzusehen; die Absetzungen würden sonst zu hoch werden.

Gleichviel, ob es sich um Gegenstände des Anlagekapitals oder des umlaufen- den Betriebskapitals handelt, oder ob die Gegenstände vor dem 31. Dezember 1923 oder nach dem 31. Dezember 1923 erworben sind, soll niemals ein höherer Wert angesetzt werden dürfen als der Wert, der bei der Veranlagung zur Vermögensteuer 1925 angesetzt ist. Denn sonst würde der Steuerpflichtige die Möglichkeit haben, .sein Vermögen für die Vermögensteuer niedrig zu bewerten, dagegen für die Ein- kommensteuereröffnungsbilanz ein hohes Vermögen anzusetzen, um dadurch den Gewinn der nächsten Jahre zu vermindern. Ein ähnlicher Gedanke der Verknüp- fung zwischen Einkommensteuerbilanz und Vermögensteuerbilanz fand sich auch bereits im Art. I § 34 der Zweiten Steuernotverordnung. Nur dürfen Aktien und sonstige Anteile an Erwerbsgesellschaften, die nur mit der Hälfte ihres Kurswerts an- zusetzen sind, für die Einkommensteuer mit dem vollen Kurswert angesetzt werden.

Sind Gegenstände nach handelsrechtlicher Bilanz mit einem niedrigeren Wert als dem in §§ 104, 105 vorgesehenen angesetzt worden, so sind sie auf Antrag des Steuerpflichtigen mit diesen Werten, jedoch niemals mit einem höheren Betrag als dem Vermögensteuerwert anzusetzen.

Die vorgenannten Vorschriften finden auch auf die Körperschaftsteuer An- wendung. Lediglich der § 106 Abs. 1 (Verkuppelung mit der Vermögensteuerbilanz) soll nicht gelten, wenn es sich um Erwerbsgesellschaften handelt, deren Vermögen nach Steuerkursen bewertet ist.

Die vorstehenden Grundsätze finden auf andere als die im § 103 bezeichneten Gewerbetreibenden entsprechende Anwendung (§ 107).

Schliesslich bedurfte es noch einer Bewertungsvorschrift für diejenigen Gegen- stände, die nicht zum Betriebsvermögen gehören, auf die aber nach § 16 des Ent- wurfs Absetzungen für Abnutzungen gemacht werden dürfen. Hierunter fallen hauptsächlich Gebäude, die ein Nichtgewerbetreibender besitzt. Bei der Bemessung der Abnutzungen ist bei ihnen ebenso wie bei buchführenden Kauf leuten von dem gemeinen Wert am 1. Januar 1925 auszugehen.

Zu § 110 (Ges. § 115). Es wird auf die allgemeine Begründung verwiesen. Der Reichsminister der

Finanzen soll ermächtigt sein, mit Zustimmung des Reichsrats und eines Ausschus- ses des Reichstags bis zum 31. Dezember 1930 Einkünfte aus Anleihen von der be- schränkten Steuerpflicht zu befreien, wenn die Anleihen auf ausländische Währung lauten, im Ausland zahlbar sind und zum Handel an deutschen Börsen nicht zu- gelassen sind.

Zu § 111 (Ges. § 116). Die Vorschrift entspricht dem § 60 des bisherigen Einkommensteuergesetzes.

Unberührt bleibt die Befugnis des Reichsministers der Finanzen, die Durchfüh- rungsbestimmungen über den Steuerabzug vom Arbeitslohn von sich aus ohne Mitwirkung des Reichsrats zu erlassen (vgl. § 82).

256

This content downloaded from 188.72.96.15 on Wed, 18 Jun 2014 09:31:01 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions


Recommended