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Deutsche Sprachgeschichte

Date post: 08-Sep-2015
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Deutsche Sprachgeschichte
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Deutsche Sprachgeschichte Roland Mittmann, M.A. Institut für Empirische Sprachwissenschaft
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  • Deutsche Sprachgeschichte

    Roland Mittmann, M.A.Institut fr Empirische Sprachwissenschaft

  • Die Germanenund ihre Sprache

  • Die GermanenErkenntnisse aus der Archologie: Verschmelzung der indogermanischen

    Einwanderer mit der germanischen Urbevlkerung wohl gegen 1200 v.Chr beendet

    Siedlungsgebiet zunchst wohl Norddeutschland, Dnemark, Sdschweden, dann Ausbreitung in alle Richtungen, vor allem nach Sden

  • Die Ausbreitung der Germanen

  • Der germanische Wortschatz Wortschatz prinzipiell indogermanisch, aber viele Wrter

    zweifelhafter oder unbekannter Herkunftvorgermanisch?

    z.B. *lam Blut, *xanuz Hand, *renam Regen, *stainaz Stein, *az gut, *rinkanam trinken

    Wortersetzung bei Homophonie: uridg. *hxzdo- > *sta- Ast uridg. *h2st- > **st- Knochen (gr. oston, lat. os)

    ersetzt durch *ainam (engl. bone)

  • Urgermanische Wrterin anderen Sprachen

    bei lateinischen Autoren, z.B.: Caesar: rus Auerochse, alcs Elche Tacitus: glsum Bernstein (vgl. nhd. Glas) Plinius d. .: ganta Gans,

    spo Schminke (vgl. nhd. Seife)

    Entlehnungen ins Finnische, z.B.: kuningas Knig < urgerm. *kuninaz saippua Seife, sukka Socke, pelto Feld

  • Entlehnungen im Urgermanischen aus dem Keltischen, z.B.:

    *rk- Knig (vgl. nhd. Reich, reich) < kelt. rg-< uridg. *h3rg- ( statt , vor 1. Lautverschiebung)

    *Rnaz Rhein (vgl. gr. Rh nos) *amaxtz Diener (vgl. nhd. Amt) < kelt. ambactos

    < uridg. *h2embhi-h2eg-t- Herumgetriebener(germanisch sonst *umbi < *h2mbhi) aus dem Lateinischen (alle nach 1. LV), z.B.:

    *pnam Pfund < lat. pond (vgl. got., anord. pund) *katlaz Kessel < lat. catllus (got. katils, anord. ketill) *kaup- kaufen < lat. caup Kaufmann

    (got. kaupon, anord. kaupa kaufen; neuengl. cheap)

  • Entlehnungen im Urgermanischen

    aus dem Iranischen, z.B.:(nach 1. Lautverschiebung)

    *paz Pfad (avest. paa- < uridg. *pn th2-)

    aus anderen stlichen Sprachen, z.B.:(beide vor 1. Lautverschiebung)

    *xnapiz Hanf (vgl. gr. knnabis, sumer. kunibu; anord. hampr, neuengl. hemp)

    *pai Umhang (vgl. bair. Pfoad, gr. bat)

  • Urgermanische Textzeugnisse Helm von Negau

    Negova, Slowenien, ca. 1. Jh. v.Chr. damals keltisches Sprachgebiet!

    HARIGASTI TEIWAHeergast dem Ziu (*Twaz)

    nordetruskisches Alphabet Personenname: *xarjaz Heer, *astiz Gast *Twaz (in der Inschrift noch mit Diphthong!):

    idg. Himmelsgott *diu os (lat. deus, dvus),zu *dius Himmel(sgott), Tag (gr. Zes, lat. dis)

    anord. Tr, ahd. Ziu, engl. noch in Tuesday

  • Urgermanische Textzeugnisse Goldhorn B von Gallehus

    Gallehus, Dnemark (Sdjtland), ca. 420 n.Chr.

    ek hlewagastiz : holtijaz : horna : tawidoIch, Leugast, der Hlze, machte das Horn

    Runeninschrift Personenname: *xlewaz berhmt (vgl. Leumund) Attribut: *xoltaz Holz *xoltijaz aus dem Ort Holt ? Verb: Prteritum zu *tawjanam machen, tun

    (vgl. engl. to taw weigerben)

  • Der germanische Stabreimek hlewagastiz : holtijaz : horna : tawido

    mehrfache Alliteration des anlautenden Konsonanten (oder beliebiger anlautender Vokale) im selben Vers nach festem Schema: Verse mit vier Hebungen, 12 Stbe auf ersten

    beiden, 3. Stab auf 3. Hebung

    Vorkommen auch keltisch und lateinisch, im Germanischen v.a. altnordisch und altenglisch

  • Die Runen ltestes germanisches Alphabet, seit ca. 1. Jh. n.Chr. Herkunft: < Rhter < Etrusker < Griechen < Phnizier ca. 60 Inschriften bis 6. Jh.; ca. 5.000 Inschriften jnger Mitteleuropa bis 7. Jh, England 10., Nordeuropa 15. Jh. ltestes Futhark (Runenalphabet):

    f u a r k g w x n ei j p z sNamen fr Buchstaben:z.B. *fexu Vieh,

    t b e m l d *ruz Auerochse

  • Die Aufspaltungdes Gemeingermanischen

  • Stammbaum dergermanischen Sprachen

  • Nordgermanisch Urnordisch

    Brakteat von Tjurk (Schweden, 5. Jh.): wurte runoR an walhakurne. HeldaR kunimu(n)diu

    Ich fertigte die Runen auf fremdem Korn (= Gold). Held der Kunimund.

    Einteilung Westnordisch

    Altislndisch (auch Frisch) Altnorwegisch

    Ostnordisch Altdnisch Altschwedisch Altgutnisch (Insel Gotland, Schweden)

    spter Einteilung nach Festland- und Inselskandinavisch

  • Ostgermanisch Gotisch

    einzige gut bezeugte ostgermanische Sprache Bibelbersetzung durch Bischof Wulfila um 375 (Rumnien) eigene, auf griechischer basierende Schrift

    Vaterunser (aus got. Bibel, berliefert im Codex Argenteus):atta unsar u n himinam, weihnai namo ein.qimai iudinassus eins, warai wilja eins, swe n himina jah ana

    arai.hlaif unsarana ana sinteinan gif uns himma dagajah aflet uns atei skulans sijaima, swaswe jah weis afletam aim

    skulam unsaraimjah ni briggais uns n fraistubnjai, ak lausei uns af amma ubilin,unte eina st iudangardi jah mahts jah wulus n aiwins.amen.

    Krimgotisch im 16. u. 18. Jh. belegt, dann Zweig ausgestorben

  • Die Entwicklung zum Westgermanischen

  • Der Verlust des freien Akzents Festlegung des Akzents auf erste Silbe jedes Wortes Druckakzent (statt wie bisher musikalischer Akzent)

    schrittweise Abschwchung der unbetonten Silben (Vokalreduktionen, Konsonanten- und Vokalausflle im Auslaut)

    Initialakzent in allen germanischen Zweigen, aber nach Verners Gesetz weniger Vokalreduktion in Sprachen mit musikalischem Akzent

    (z.B. Schwedisch, Walserdeutsch) Verbindung von Adverbien als Prfixen

    bei Substantiven schon erfolgt:*uz + *lauam > *uzlauam Urlaub

    bei Verben noch nicht:*uz + *lauijanam > *uz *lauijanam erlauben

  • Lautvernderungen Senkung von zu :

    *slpanam > *slpana schlafen Aufkommen von 2 (vs. 1 > ):

    ererbt z.B. in germ. *x2r > wgerm. *xr hier neu in romanischen Lehnwrtern

    lat. tegula > wgerm. *tla Ziegel Liquidisierung von z zu r

    *nazjanam > *narjana retten (vgl. nhd. nhren)(zu genesen)

  • Lautvernderungen Westgerman. Konsonantengemination

    Lngung von Konsonanten vor j (auer von r)

    *sitjanam > *sittjana sitzen

    vor Liquida (von stimmlosem Plosiv) *aplaz > *appla Apfel

    vor w, m, n (nur gelegentlich) *manwi > *mannwai (dem) Manne

  • Lautvernderungen Ausfall von unbetontem i und u nach

    langer Silbe z.B. bei u, Substantive:

    *xanuz > *xan Hand (got. handus, ahd. hant) vgl. *sunuz > *sunu Sohn (got. sunus, ahd. sunu)

    fries. dial. noch im 18. Jh. snuh

    z.B. bei i, Verben: *rannim > *rana brannte (ahd. branta) vgl. *nazim > *naria rettete (ahd. nerita)

  • nderungen im Nominalsystem Kasus:

    Aufgabe des Vokativs Zusammenfall mit Nominativ durch Verlust des

    auslautenden -z des Nominativs

  • nderungen im Verbalsystem Ersetzung 2. Person Sg. Prt.:

    ererbt (ost-/nordgerm.): *warft warfst < uridg. *ue-urp-th2e

    geneuert (westgerm.): *wurpi warfst < uridg. Opt. *ue-ur b-iih1-s vgl. Opt. *wurps mit geneuerter Endung (*-s < *-si)

  • Aufgabe der Reduplikation Reduplizierende Verben:

    Ausfall des/der wurzelanlautenden Konsonanten und Kontraktion des Vokalclusters

    *xeala > *xeal(a) > *xl (2) hielt *xeaita > *xeait(a) > *xt (2) hie (vgl. got. hahait hie) *lelta *lelta (1, nach Prs.) > *let(a) > *lt (2) lie *stezauta > *steaut(a) > *steot stie (got. lalot lie) *xexrpa *xrexrpa > *xrep(a) > *xreop rief

    spter nur noch relikthafte Belege von Reduplikation z.B. ahd. ster (< *stezaut) neben regelmigem stio z.B. altengl. heht hie (< *xexait), lter neuengl. hight

  • Die Aufspaltungdes Westgermanischen

  • Traditioneller Stammbaum dergermanischen Sprachen

  • Alternativer Stammbaum dergermanischen Sprachen

    nach Friedrich Maurer

  • Friesisch Altfriesisch im Mittelalter gesprochen an der gesamten

    heute niederlndischen und deutschen Nordseekste

    wohl ursprnglich eng verwandt mit Englisch: z.B. Palatalisierung von k und g z.B. germ. au > ea

    Brea, bter, en griene tsiis is goed Ingelsk en goed Frysk.(neuwestfries.)

    lebende Tochtersprachen (alle stark bedroht): Westfriesisch (nrdliche Niederlande) (Ostfriesisch an niederschs. Nordseekste ausgestorben)

    Saterfriesisch (in ehem. ostfries. Kolonie bei Oldenburg) Nordfriesisch (schleswig-holst. Nordseekste)

  • Englisch Altenglisch ab 5. Jh. nach Ansiedlung von Angeln, Sachsen und

    Jten in England entstanden sehr geringer keltischer, gewisser lateinischer Einfluss ab 8. Jh. groer nordgermanischer Einfluss

    z.B. anlautendes sk- (sky) gegenber ererbtem sh- (sheep) ab 11. Jh. erheblicher franzsischer Einfluss (Normannen)

    z.B. zubereitete (roman.) vs. lebende Tiere (german.): beef vs. cow insgesamt Verlust von 85 % des ererbten Wortschatzes

    altengl. Vaterunser:Fder re, e eart on heofonum; Se n nama ehlgod(neuengl.: Our Father who art in Heaven, hallowed be thy name)

    Merkmale starker Abbau der Flexionsmorphologie erhebliche nderungen im Vokalismus


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