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Deutsche Sprachgeschichte

Date post: 01-Jan-2016
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Deutsche Sprachgeschichte Zu den frühesten Typologien, hier die klassische morphologische Typologie, gehört die von August Wilhelm Schlegel und Wilhelm von Humboldt. Sie teilten die Sprachen aufgrund morphologischer Kriterien in synthetische und analytische Sprachen ein. I Synthetische Sprachen oder verschmelzende Sprachen drücken syntaktische Verhältnisse im Satz zumindest teilweise durch Affixe aus. Untergruppen der Synthetischen Sprachen sind: Agglutinierende Sprachen, hier wird eine Bedeutungseinheit, z.B. Person, Zeit, Kasus, durch ein einzelnes Affix ausgedrückt (Türkisch oder Ungarisch), Polysynthetische Sprachen, früher auch inkorporierender oder einverleibender Sprachbau. In polysynthetischen Sprachen wird ein Satz oder Satzteil gebildet, indem ein zentrales lexikalisches Morphem (meist das Verb) mit einer Vielzahl gebundener Morpheme mit morphosyntaktischer oder semantischer Funktion durch Affigierung kombiniert wird. Typischerweise haben polysynthetische Sprachen deshalb eine große Anzahl an gebundenen Morphemen. (Irokesischen Sprachen) und Flektierende Sprachen (fusionierende oder beugende Sprachen). In einer flektierenden Sprache wird – jedenfalls weitgehend – die grammatische Rolle eines Wortes im Satz durch den Kunstgriff der sogenannten (starken) Beugung markiert. (Schwedisch, Deutsch usw.) II Analytische Sprachen verwenden für die syntaktische Funktion Wortstellungsregularitäten oder nicht gebundene Funktionswörter. Die analytischen Sprachen umfassen die Gruppe der Isolierenden Sprachen, zu der auch das moderne Chinesische gehört und das Englische tendiert. Die grammatische Funktion eines Begriffes wird durch dessen Position innerhalb eines Satzes deutlich gemacht, wodurch die Satzstellung zum zentralen Element wird. Die deutsche Sprachgeschichte fängt mit dem Abrogans, genauer Abrogans deutsch, an, dass ein lateinisch-
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Deutsche Sprachgeschichte

Zu den frühesten Typologien, hier die klassische morphologische Typologie, gehört die von August Wilhelm Schlegel und Wilhelm von Humboldt. Sie teilten die Sprachen aufgrund morphologischer Kriterien in synthetische und analytische Sprachen ein. I Synthetische Sprachen oder verschmelzende Sprachen drücken syntaktische Verhältnisse im Satz zumindest teilweise durch Affixe aus. Untergruppen der Synthetischen Sprachen sind:

Agglutinierende Sprachen, hier wird eine Bedeutungseinheit, z.B. Person, Zeit, Kasus, durch ein einzelnes Affix ausgedrückt (Türkisch oder Ungarisch),

Polysynthetische Sprachen, früher auch inkorporierender oder einverleibender Sprachbau. In polysynthetischen Sprachen wird ein Satz oder Satzteil gebildet, indem ein zentrales lexikalisches Morphem (meist das Verb) mit einer Vielzahl gebundener Morpheme mit morphosyntaktischer oder semantischer Funktion durch Affigierung kombiniert wird. Typischerweise haben polysynthetische Sprachen deshalb eine große Anzahl an gebundenen Morphemen. (Irokesischen Sprachen) und

Flektierende Sprachen (fusionierende oder beugende Sprachen). In einer flektierenden Sprache wird – jedenfalls weitgehend – die grammatische Rolle eines Wortes im Satz durch den Kunstgriff der sogenannten (starken) Beugung markiert. (Schwedisch, Deutsch usw.)

II Analytische Sprachen verwenden für die syntaktische Funktion Wortstellungsregularitäten oder nicht gebundene Funktionswörter. Die analytischen Sprachen umfassen die Gruppe der

Isolierenden Sprachen, zu der auch das moderne Chinesische gehört und das Englische tendiert. Die grammatische Funktion eines Begriffes wird durch dessen Position innerhalb eines Satzes deutlich gemacht, wodurch die Satzstellung zum zentralen Element wird.

Die deutsche Sprachgeschichte fängt mit dem Abrogans, genauer Abrogans deutsch, an, dass ein lateinisch-althochdeutsches Glossar bezeichnet, dessen in der Stiftsbibliothek St. Gallen aufbewahrte Abschrift als das älteste erhaltene Buch in deutscher Sprache gilt. Es entstand um 750 n.Ch.

Indoeuropäische (Indogermanische) Sprache

Bestimmte Sprachen kann man aufgrund ihrer genetischen Verwandtschaft als Sprachfamilie(n) zusammenfassen. Man geht davon aus, dass zwei Sprachen genetisch verwandt sind, wenn sie große Übereinstimmungen in 1. Morphologie, 2. Syntax und in 3. Wortschatz aufweisen, z.B. wenn zwei Sprachen eine gemeinsame Wurzel haben sind sie aus einer Grundsprache hervorgegangen. Die Verwandtschaft zwischen zwei Sprachen (Wörtern) kann man nicht immer auf den ersten Blick erkennen. So sind Voda - water – Wasser durch die zwei Lautverschiebungen verwandt. All diese Sprachen haben ihren Ausgang in einer gemeinsamen Ursprache. Über die genetische Verwandtschaft zeugen sprachlich-geschichtliche Forschungen, insbesondere in den letzten 150 Jahren (Jones und Brask). Beispiele aus der Sprachverwandtschaft:

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Zahlen:Drei – DeutschTri – SerbischAltind. – trajas

Tres – latTreis – grie.

sind verwandt wegen der d – t Ersten Lautverschiebung

Finn. – kolme schalösch – heb. sind NICHT verwandt mit dem IG

Weitgehend verwandt bei den Indoeuropäischen Sprachen sind va 4. Flexionsendungen, dann 5. Numeralia, 6. Pronomina

Beispiel: FlexionsendungIndogermanisch Griechisch Latein Gotisch Ablans

* esmi* essi* esti* smesi/smosi * stes* senti

Eimiei(s)estiesmenesteeisin

sumestessumusestissunt

Imisistsijimsijusind

jesinjesijestjesumjestesat

Neben den erwähnten gibt es auch lexikalische Ähnlichkeiten und auch den Grundwortschatz (Verwandtschaftsbeziehungen, Numeralia, Pronomina, Bezeichnung für Haustiere), so: *pəter (IG),  pater (Latein), patér (Gr), pitar (AltInd), Fədar/Atta (Gotisch)  father (Eng),  Vater (De), dt. Mutter, engl. Mother, lat. mater

Durch die Untersuchungen in den letzten 200 Jahren hat man festgestellt, dass eine einzelne Sprache, die in einem großen Raum zwischen Indien im Osten und Europa im Westen (Island) gesprochen wurde, eine Sprachfamilie bildet und diese Sprachfamilie heißt die Familie der indogermanischen bzw. indoeuropäischen Sprachen. Indoeuropäisch ist der international übliche Fachausdruck, Indogermanisch wird in der deutschen Fachliteratur verwendet. Das Indogermanische ist im Osten von Indien und bis Westeuropa auch als Indogermanische Ursprache bekannt und steht neben anderen Sprachgruppen, wie z.B. der uralischen (finno-ungarisch), türk-mongolischen und sino-tibetischen. Typologisch handelt es sich um flektierende Sprachen. Das Indogermanische ist eine hypothetische, erschlossene Urform der sogenannten indoeuropäischen Sprachen und ist hypothetisch, weil es kein einziges sprachliches Denkmal in dieser Sprache gibt, es ist nicht belegt worden und somit kreist das reale Existieren dieser Grundsprache im Bereich der hypothetischen Sprachen. Die indoeuropäischen Sprachen sind alle Flexionssprachen. Erschlossen: Beispiele sind erschlossene/rekonstruierte Formen und nirgendswo belegt. Die ältesten Denkmäler stammen aus dem 15 Jh.v.Ch. Sie sind nicht in indogermanisch verfasst, sondern in Sprachen, die zu dieser Zeit als selbstständige Sprachen existierten. Und diese ältesten überlieferten Sprachen sind: altgriechisch, hethitisch und altindisch. Hethitisch ist ausgestorben, wurde in der heutigen Türkei gesprochen. Diese indogermanische Sprachfamilie darf nur als eine sprachliche Gemeinschaft verstanden werden. Als

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lebendige Sprache, d.h. gemeinsam für die meisten Menschen die zwischen Indien und Westeuropa gelebt haben, ist das das Indoeuropäische. Das Indogermanische ist keineswegs die Ursprache der Menschheit. Indoeuropäisch oder Indogermanisch sind alle Sprachen außer: Finnisch, Ungarisch und vielleicht Baskisch. Neben den Beispielen steht ein * (Asterisk), der bedeutet, dass das Beispiel überliefert, bzw. rekonstruiert worden ist. Es handelt sich also um eine erschlossene oder hypothetische Form.

IG wird in den letzten 10 000 Jahren auf der Erde gesprochen und verschwand wahrscheinlich um 3000 v.Ch.. Die Indogermanische Sprache wird als gemeinsame Ursprache angesehen weill es folgende Eigenschaften besass:

einen spezifischen Lautstand (spezifische Fonetik), Satzbau (Syntax) einen umfassenden Wortschatz und eine ausgeprägt differenzierte Morphologie. Durch die Volkswanderungen des

Urvolkes, den neuen geographischen, klimatischen Bedingungen und dem Zusammentreffen mit den Stammvölkern entstanden die Tochtersprachen. Vieles haben sie übernommen, deshalb weisen sie Ähnlichkeiten auf, manches umgestaltet, anderes synthetisch neu aufgebaut und so haben sie sich von der gemeinsamen Grundsprache entfernt.

Die wichtigsten indogermanischen Sprachgruppen sind:

1. Indoiranischen Sprachen (Altindisch und Altiranisch), wobei zwei Varianten des Altindischen bestehen: das Sanskrit ist das klassische Altindisch. In dieser Sprache sind zwei große indischen Epen verfasst: Ramayana und Mahabharata. Sie ist die klassische Sprache der Brahmanen und wurde erstmals von Panini im 4. Jahrhundert v. Chr. systematisiert. Das Vedische (veda – Wissen) ist eine künstliche Sprache und in dieser Sprache wurden zuerst religiöse, später philosophische Schriften, der Rgveda ist der älteste Teil der vier Veden (über 1000 Hymnen) und zählt damit zu den wichtigsten Schriften des Hinduismus, verfasst. Seit dem 15. Jahrhundert v.Ch. ist das altindische überliefert. Die altiranische Sprache bestand auch aus zwei Varianten, der Avestischen Sprache, in der auch das heilige Buch „Avesta“ um 8.Jh.v.Ch. verfasst wurde und der Altpersichen Sprache, aus der sich die iranische Sprache gebildet hat. Die neuiranischen Sprachen sind: Afghanisch, Osseitisch, Kurdisch.2. Thrakische Sprache ist ausgestorben, wurde in der Antike vom Volk der Thraker gesprochen, das weite Teile Thrakiens, einige Ägäisinseln und einige Gebiete des nordwestlichen Kleinasiens besiedelte. Thrakisch wurde kaum als Schriftsprache verwendet, und es existiert keine eigene Schrift, deshalb gibt es keine Belege.3. Tocharische Sprache war in Tarimbecken, im heutigen China bis zum 7.Jh.v.Ch. gesprochen. Seit 1890 wurden ungefähr 7.000 Handschriftfragmente vorwiegend aus dem 5. bis 8. Jahrhundert entdeckt.4. Hethitisch wurde in der heutigen Türkei/Kleinasien zwischen dem 18. und dem13. Jh. gesprochen. Unterscheidet zwei Dialekte, das Phrygische (ab. dem 6. Jh.v.Ch.) und das Lydische (7. – 4. Jh.v.Ch.). Ihre Schriftzeugnisse gelten als die ältesten indogermanischen überhaupt und reichen bis ins frühe 2. Jahrtausend v. Chr. zurück. Anfang des 20. Jahrhunderts wurden Tontafelfragmente von französichen Archäologen gefunden.

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5. Ilyrisch wurde in der Antike vom Volk der Illyrer gesprochen. Das Illyrische ist nur spärlich überliefert (kein einziger Satz) und kaum erforscht. Man kennt lediglich wenige Einzelwörter, sowie einige Orts- und Personennamen, die vornehmlich auf Grab- oder Gebäudeinschriften überliefert sind. Ausgestorben in den ersten Jahrhunderts.6. Italische Sprachen: die wichtigste Sprache ist das Latein, zunächst nur die Sprache der Stadt Rom, die später mit der zunehmenden Ausbreitung des römischen Imperiums andere italienische Sprachen verdrängt hat. Seit dem 6. Jh.v.Ch. ist das Latein bekannt. Man unterscheidet 2 Varianten des Latein:a) das klassische Latein (sermo urbanus) ist ausgestorben und b) das gemeine oder Vülgarlatein (sermo plebeius/rusticus) oder die lateinische Volkssprache, aus der sich die heutigen römischen Sprachen entwickelt haben: Französisch, Italienisch, Spanisch, Rumänisch, Portugiesisch und Rätoromanisch.Die zweite wichtige Gruppe sind die Oskisch-umbrische Sprachen (oft auch Sabellische Sprachen genannt). Wichtig sind die Iguvinischen Tafeln, eine Serie von sieben Tafeln aus Bronze, die in Italien im Jahr 1444 entdeckt wurden. Die ältesten stammen vermutlich aus dem 3. Jahrhundert v. Chr.; sie sind im ursprünglichen umbrischen Alphabet geschrieben, während die jüngsten aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. sind und im Lateinischen Alphabet verfasst wurden.7. Keltische Sprachen wurden in einem großen Teil Europas gesprochen und umfassen auch zwei Gruppen, die Festlandkeltischen Sprachen (die Kelten in Spanien, Italien, Galen in Frankreich, in den Alpen), die später von den romanischen, bzw. germanischen Sprachen verdrängt wurden und die inselkeltischen Sprachen, die auch heute noch bestehen (Bretonisch, Kornisch, Walisisch, Irisch, Manx, Schottisch-Gälisch). Wurden vom englischen und französischen verdrängt und weil sie Gemeinsamkeiten mit der italischen Sprachgruppe aufweisen, spricht man häufig auch von der italisch-keltischen Sprachgruppe.8. Baltische-slawische Sprachen: die baltischen Sprachen bestehen heute aus zwei Gruppen, den ostbaltischen (Lettisch und Lituanisch) und westbaltischen (alle ausgestorben, Altpreußisch). Die slawischen Sprachen sind seit dem 9. Jh. überliefert. Die älteste überlieferte Sprache ist das Kirchenslawische. In dieser Sprache übersetzten die slawischen Apostolen Kirillus und Methodius die Bibel. a) Ostslawisch: Russisch, Weissrussisch und Ukrainischb) Westslawisch: Polnisch, Tschechisch, Slowakisch (Slowakaisch), Sorbischc) Südslawisch: Slowenisch, Bulgarisch B/K/S, Mazedonisch, Montenigrisch9. Albanisch ausser in Albanien wird es in einigen Kollonien in Griechenland, Süditalien und Sizilien gesprochen. Belege aus dem 16/17 Jh. Obwohl manchmal behauptet, ist es nicht mit der illyrischen Sprache verwandt. Unterscheidet 2 Dialekte, Gegisch im Norden und Toskisch im Süden.10. (Alt)griechisch ist eine selbstständige Sprache, genau wie die albanische Sprache. Ist zugleich die älteste und am meisten belegte indoeuropäische Sprache, die frühesten schriftlichen Belege datieren aus dem 15.Jhv.Ch. die Tafeln aus Knossoss und Pylos. Die griechische Schrift stellt auch den Anfang des Epigramms dar. Bis zum 3.Jh. dauert die Phase des Altgriechischen oder Helenischen (mehrere Dialekte), aus einem der Dialekte, den Attischen, entwickelte sich die erste allgemeine griechische Sprache, die KOINE, auf welcher auch die Bibel verfasst wurde. 11. Germanische Sprachen: eine allgemeine anerkannte Einteilung der germanischen Sprache gibt es nicht, zwei die sich insbesondere etabliert haben: die erste, nach der geographischen Lage oder die Taciteische Dreiteilung:

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a) Nordgermanische: Norwegisch, Schwedisch, Dänisch, Isländsich, Färöisch, Gottländisch – bis etwa 800 n.Ch. hatte das Nordgermanische eine einheitliche Sprachform, das Urnordische. Überliefert ist das Urnordische durch eine Anzahl von Runen in Schriften entstanden. b) Ostgermanisch: Gotisch, Gepidisch, Vandalisch, Burgundisch – die führende Rolle nahm das Gotische ein, es ist seit dem 4.Jh. bekannt. Der gotische Bischof Wulfila/Ulfilas hat 350 n.Ch. die Bibel übersetzt. Von den anderen ostgermanischen Sprachen sind nur dürftige Reste, meist Eigennamen überliefert. Keines dieser Stämme auf dem deutschen Boden verblieben. Sie besiedelten weitere Teile Europas (Teile von Rußland, des Balkans, Spaniens, Italiens, Südfrankreichs). Die meisten ostgermanischen Sprachen sind seit dem Ausgang des Altertums bzw. seit dem frühen Mittelalter aufgegangen. Als letztes ist das sogenannte Krimgotische erloschen, erloschen ist es im 17./18. Jahrhundert. c) Westgermanisch: Englisch, Deutsch (Deutschland, Österreich, Schweiz, Elsass in Frankreich, Norditalien und Luxemburg), Friesisch (Nordmeer), Afrikaans, Jiddisch, Niederländisch, Flämisch (Belgien). Die Überlieferung bei diesen Sprachen beginnt um den 8 Jh. (um 700 n.Ch.). Das ist das Altänglische oder das Anglosächsische. Dann folgt das Althochdeutsche, dass seit 750 n.Ch. überliefert ist und das Jahr 800, das Niederländische. Eine Ausnahme ist das Friesische, dessen Quellen erst mit dem 13/14 Jh. einsetzen. Eine westgermanische Sprache ist auch Afrikaans, die Muttersprache der Buren (aus den Niederlanden stammenden Einwanderer der Republik Südafrika). Das bedeutet, dass Afrikaans eine Tochtersprache des Niederländischen ist. Im Vergleich zu den übrigen germanischen Sprachen zeichnet sich das Afrikaans durch einen Abbau der Morphologie aus. Die letzte germanische Sprache war das Jiddisch. Jiddisch ist die deutsche Sprachen der Juden, Basis das Mittelhochdeutsche, die in Deutschland gelebt haben. Zwischen 1050. und 1350. isolierte man Juden in Gettos, um 13. Jh. setzten grössere Verfolgungen ein, deshalb verfiel die Sprache nicht dem Einfluss des Deutschen. Die Juden zogen nach Polen und in die Ukraine. Unter den neuen Umständen entwickelte sich eine Sprache mit sowohl slawischen, als auch Hebräischen Elementen. Etwa 6 Millionen Sprecher sprechen heute noch Jiddisch, vor allem in Israel und in den USA. Jiddisch wird meist mit den Hebräischen Buchstaben geschrieben, es ist heute eine sehr archaische Sprache. Die zweite Einteilung, die die Sprachen in zwei Gruppen aufteilt, die nordisch-gotische Sprachgruppe (Hierzu gehören die Ost- und Nordgermanischen Sprachen) und die südgermanische Sprachgruppe (alle westgermanischen Sprachen).

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Kentum und Satemsprachen

Alle Indogermanischen Sprachen kann man zunächst in zwei große Gruppen einteilen, die Kentumsprachen und die Satemsprachen. Maßgebend für diese Einteilung ist das Schicksal des indogermanischen K-Lautes. In einem Teil der indogermanischen Sprachen bleibt das K als solches erhalten, im anderen Teil wurde es zu Spiranten (Reibelaute). Der Begriff Kentumsprachen bezeichnet in der Indogermanistik eine Anzahl von Sprachzweigen, die Gemeinsamkeiten in der lautlichen Weiterentwicklung der tektalen Plosive oder Gaumenverschlußlaute (velare, labiovelare, palatale) aufweisen. Benannt sind die beiden Gruppen nach dem lateinischen bzw. altiranischen Wort für "hundert", die beide aus einem urindogermanischen *k ̑m̥tóm entstanden sind.

Kentum SatemIe *k̑m ̥tóm Altiranisch satamGr he-katon Litv. ŠimtasLatein centum Altslawisch sδtoGotisch hund (das h wegen der 1. LV.) Avestisch satəm

Beispiel: die Zahl achtIE: *okto(u)Lat: octo K – H (Der K-Laut wird bei den Kentumsprachen bewahrt)Got: ahtauAHD: ahto

AltIndisch: ostanAvest.: asta Satem: K wird zum SybillantenAltslawisch: osmδ

In diesem Zusammenhang ist das Schicksal des indogermanischen labiovelaren QU-Lautes (augesprochen „kw“) wichtig. In den Kentumsprachen verlieren sie das K-Element. In den Satemsprachen verlieren sie das labiale W-Element. Anhaltend/am Wortanfang, inhaltend/Mitte, Auslaufend/Ende.

Kentum SatemIE: *quo, qui Altindisch: kahLatein: quis Avestitisch: koAltgr. Fis Altslawisch: kδ-toGotisch: hwaAlthochdeutsch: (h)was/(h)werMHD: was, wer

Niveau:1. das Deutsche (heutige Stufe)2. Germanisch (mit den Beispielen aus der gotischen mittleren Stufe)3. Indogermanische Stufe (aus dem Altindischen, Griechischen oder Latein)

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Im allgemeinen sind die westlichen Sprachen Kentumsprachen (Greichisch, Germanisch, Italisch, Keltisch), aber auch Tocharisch (in Tarimbecken, im heutigen China) und Hethitisch. Sie sind die Ausnahmen, weil sie nicht im Westen, sondern im Osten gesprochen werden. Die östlichen Sprachen sind die Satemsprachen (Indisch, Iranisch, Armenisch – seit dem 15. Jh. Als Kirchensprache überliefert), Albanisch, Baltische und Slawische Sprachen). In der Fachwelt ist man der Meinung, dass die Kentumsprachen konservativer sind, weil die meisten Neuerungen die Satemsprachen aufweisen. Die Bedeutung der Einteilung der in Kentum und Satemsprachen soll nicht überschätzt werden, insofern ist jede Einteilung, die nur auf einem Kriterium beruht, fraglich. Darüber hinaus kommt es vor, dass innerhalb einer Gruppe Elemente vorkommen, die die Charakteristika der anderen Grupe aufweisen. Das Latein ist eine Kentumsprache, cantare – die gleiche Wurzel für Singen, aber im Französischen ist es chansoné, also ein Zischlaut.

Die zeitliche Einordnung und die „Urheimat“ der indogermanischen Sprache

Eine allgemein indogermanische Sprache soll es schon vor der Bronzezeit gegeben haben. Die Urheimat der Indogermanen vermutet man zwischen Skandinawien und Indien. Eine gewisse Berühmtheit haben zwei Argumente erlangt:

1. Das „Lachsargument“. Benutzt den Namen dieses Fisches, die nicht nur im Germanischen, Baltischen und Slawischen, sondern auch im Tocharischen vorkommt. Dank diesem Argument wollten die Sprachwissenschaftler des 19. und 20. Jahrhunderst beweisen, dass die Urheimat der Indogermanen im nördlichen Mitteleuropa und nicht in der eurasischen Steppe.

2. Das „Buchen“ Argument. Benutzt den Namen des Baumes, der nur westlich der Linie Varna, Odessa, Königsberg wächst.

Nach dem ersten Argument ist die Urheimat im Stromnetz der Weichsel, Oder, Elbe und vielleicht der Wieser. Nach dem zweiten Argument ist die Urheimat das Gebiet vor Odessa, Varna und Königsberg.

Das Germanische

Alle IG Sprachen sind aus einer Grundsprache entstanden und diese Grundsprache heisst das Indogermanische. Die Ausgliederung dieser Sprache war ein langer Prozess, für das Germanistische began dieser Prozeß um 2000 v.Ch. und endete im 2. und 3. Jh.v.Ch. Aber warum das Jahr 2000 v.Ch. und 2./3. Jh.v.Ch.? Es ist die Zeit als neue Gebiete im westlichen Teil der Ostsee von einem Zweig der Indoeuropäier besiedelt wurden. Bis zum 2./3. Jh.v.Ch. hatten sich solche sprachliche Änderungen vollzogen, dass man von einer neuen Sprachqualität sprechen konnte. Diese Rekonstruktion des Dialekts wird in der Fachliteratur häufig als das Urgemanische bezeichnet und beim Germanischen handelt es sich keinesfalls um eine einheitliche Sprache, sondern um mehrere Dialekte und man geht davon aus, dass es eine allgemein germanische Sprache gar nicht gab und die Belege für die Rekonstruktion des Urgemanischen sind folgende Schriften: die Runen aus dem 3.Jh.v.Ch., Wörter germanischen Ursprungs, die bei römischen Schriftstellern und Historikern zu finden sind, dann germanische Entlehnungen in den Nachbarsprachen (Finnisch) und die Gegenüberstellung der ältesten Sprachdenkmäler in

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den verschiedenen germanischen Sprachen. Ein bedeutender Wendepunkt und den Anfang des geschriebenen Wortes ist Wulfilas Übersetzung der Bibel aus dem Altgriechischen ins Gotische um 350.n.Ch.Nachdem sich diese Veränderungen im Ganzen vollzogen hatten, unterschied sich das Germanische vom Indogermanischen im Follgenden, d.h. die sprachlichen Neuerungen sind:

1. Die sogenannte Germanische oder Erste Lautverschiebung hatte sich vollzogen2. Es kam zum Akzentwandel, d.h. zur Festlegung des indogermanischen freien oder

beweglichen Wortakzents auf der ersten Silbe, der Initialakzent.3. Es kam zum Verlust mehrer Formkategorien, insbesondere auf den Gebieten der

Tempora und der Modi (verbale Kategorien).4. Die Morphologisierung des Ablauts ist eine indogermanische Erscheinung und

hat in keiner anderen Sprache eine so große Bedeutung wie im Germanischen – es bildete sich verschiedene Verbalstämme, E wird zu A, helf – half – holf. Es gibt 2 Arten vom Ablaut, quantitativer (Abstufung) und qualitativer (Abtönung).

5. Es kommt zur Schaffung des schwachen Präteritums, der Dentalsuffix ist eine sekundäre Bildung in der germanischen Sprache

6. Es kommt zur Ausbildung einer schwachen (des kleinen Vogels) und einer starken Adjektivaldeklination (kleiner Vogel).

7. Es kommt zum Ausbau der schwachen Nomendeklination (Im Indogermanischen gab es auch eine schwache Deklination, die aber nicht so zahlreich vertreten war).

8. Aus den indogermanischen Liquiden und Nasalen (R, L, M, N), die im Indogermanischen Silbenträger waren bildeten sich die Sonoranten. R, L, M, N -> UR, UL, UM, UN, mit dem sekundären Vokal U, der zum Silbenträger wurde. So entstanden reine Konsonanten.

9. Veränderungen gab es auch im Vokalsystem, die Indogermanischen Vokale: langes A und kurzes O wurden im Germanischen zum A = OKTO - > ACTO.

Die wichtigsten Änderungen sind die Erste Lautverschiebung und der Akzentwandel.

Die (germanische) Erste Lautverschiebung

Mit der ersten (germanischen) Lautverschiebung entstanden die germanischen neuen Spiranten (Frikative), die das Indogermanische nicht kannte. Die erste Lautverschiebung betrifft die indogermanischen Verschlußlaute, das heißt jene Konsonanten, die 'explosiv' ausgesprochen werden, die nicht in die Länge gezogen werden können, nämlich die Lippenlaute b und p, die Dentallaute d und t, die Rachenlaute g und k. Das bedeutet konkret: Wo im Indogermanischen - und in allen Sprachen, die nicht an der Lautverschiebung teilgenommen haben - ein b vorkommt, tritt im Germanischen ein p an die Stelle; aus ursprünglichem p wird f .Das Indogermanische hatte nur einen Spiranten, den Laut S und dessen stimmhafte Variante den Laut Z. Das Germanische hat diesen Spiranten und dessen stimmhafte Version übernommen, wobei aber das Germanische im Laufe der Ersten Lautverschiebung noch zwei Spirantenreihen bekam. Die erste Reihe waren die stimmlosen Spiranten und die zweite Reihe waren die stimmhaften Spiranten, was sechs neue Spiranten bedeutet. Als die Erste

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Lautverschiebung beendet wurde, haben die meisten germanischen Wörter anders geklungen.I Phase – stimmlose Tenue zu stimmlosen Spiranten (p, t, k -> f, þ, X (X wurde zu h)II Phase – Medien b, d, g, wurden zu Tenuen p, t, kIII Phase – bechauchte Medien bh, dh, gh wurden zu reinen Medien b, d, g

Der Akzentwandel

Es gibt zwei Arten des Wortakzents.1. Der dynamische (expiratorische), jüngere Akzent, das bedeutet, dass eine Silbe

mit sehr starkem Akzentdruck, mit Expiration ausgeprochen wird. Es ist der Akzent des Germanischen, hier ist die Tonstärke von Bedeutung.

2. Der musikalische Akezent, das bedeutet, dass die betonte Silbe mit größerer Tonhöhe gesprochen wird, spielt eine wichtige Rolle.

Diese zwei Akzent oder Betonungsformen schliessen sich gegenseitig nicht zu 100% aus, vielmehr sind sie in allen Sprachen miteinander verbunden, aber immer so, dass bei der Sprache eine Art dominiert. So ist das Altgriechische musikalisch, während das Latein dynamisch ist.Im 16. Jh. war der Wortakzent frei beweglich, d.h. er konnte an verschiedenen Silben sein. pEtak, ravnIca, pesAMA. Das wissen wir dank der Sprachen in denen der Wortakzent in der gesprochenen Sprache markiert wurde (Altindisch und teilweise Altgriechisch). In dem Germanischen wird der Indogermanische frei bewegliche Wortakzent auf der ersten Silbe (Stammsilbe) festgelegt. Ausnahmen sind:

1. Die unbetonte Präfixableitung (be-, ent-, er-, ge-, ver-, zer-) bsp. verstehen.2. Einige dreisilbige Wörter: lebendig3. bei Fremd- und Lehnwörtern: Aktion

Die Folge der Festbildung war, dass der Atemdruck im Großen und Ganzen für die Aussprache der Stammsilbe verwendet wurde, auf Kosten der anderen Silben im Wort. Die Nebensilben sind so zunächst abgeschwächt, um später vollends verloren zu gehen. Betroffen wurde vor allem die Flexionssilbe. Im Gotischen gab es ein Präsensparadigma für jede Person eine spezyfische Personenendung (ideM, ideŠ). Teilweise blieb es auch so im AhD. Beispiel GIBU 1.P.S. Präsens Indikativ. Im Gotischen gab es bei Namen für jeden Kasus eine besondere Endung. So setzten sich, im Laufe der Übergangs von den synthetischen zu den analytischen Formen, da, wo einst im Indogermanischen blose Verb- oder Nomenformen genügten, allmählich eine zweigliedrige Struktur durch. So stehen bei Verben jetzt die Promonem und das Verb, bei Nomen der Artikel und Namen, Die deutsche Sprache ist so heute keine synthetische, sondern eine analytische Sprache – die wenigstens aus zwei Elementen besteht. Die Festlegung des germanischen Akzents auf der ersten Silbe hat die germanische Stabreimdichtung ermöglicht (Alliteration). Wegen der Anfangsbetonung bekommen die Initialkonsonanten an Bedeutung und Redewendungen mit Alliteration sind selten in der gegenwärtigen deutschen Dichtung, sind heute archaisch und kommen in der Rechtssprache vor (Kind und Kegel, Haus und Hof, Gang und Gäbe, Lante lutilla im Hildebrandslied). Die

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Alliteration kommt auch in den Sprachen vor, in denen die Anfangsbewegung nicht konsequent genug durchgeführt wurde (serb. Cvrci stari cvrcak) Eines der Merkmale des Germanischen war auch der erwähnte Formenverlust. Charakteristika: Das Germanische besitzt 4 Fälle (N, G, D, A) im Gegensatz zum IG sind der Vokativ, Ablativ, Lokativ und Instrumental sind verlorengegangen oder bestehen als Ersatzformen (Präpositionalphrasen). Das Indogermanische besaß 4 Tempora (Präsens, Aorist, Perfekt und Futur, während das Germanische nur 2 Tempora besaß (Präsens und Präteritum, das aus dem indogermanischen Perfekt abgeleitet ist), das IG besaß 4 Modi (Indikativ, Konjunktiv, Optativ und Imperativ), während das Germanische 3 Modi besaß (Indikativ, Konjunktiv und Imperativ). Das IG besaß 3 Genera (Aktiv, Passiv und Medium), das Germanische nur 2 Genera (Aktiv und Passiv). Das IG besaß 3 Nummeri (Singular, Plural und Dual), das Germanische 2 Numeri (Singular und Plural). Nicht zahlreiche Belege für den Dual finden wir im Gotischen. Das Germanische beinhaltet ein Ablaut.

Germanische Sprachdenkmäler

Es gibt kein einziges Sprachdenkmal der einheitlichen germanischen Sprachen. Und alle Beispiele in der urgermanischen Sprache sind eigentliche erschlossene Formen (Rekonstruktionen wie im Falle des Indogermanischen). Bei der germanischen Sprache lassen sich zwei parallel verlaufende Prozesse bemerken.

Ausgliederung des Germanischen aus dem Indogermanischen gefolgt von Der Innerengliederung der Germanischen in verschiedene Dialekte oder

germanische Sprachen. Deshalb wird jedes Beispiel mit dem * versehen, was von den ältesten Stufen des Germanischen zeugt.

Für das Germanische gibt es nur sprachliche Belege in den Texten und Berichten über das Land Germanien, seine Einwohner und einzelne historische Ereignisse der lateinischen und griechischen Schriftsteller und Historiker aus dem 1.Jh.v. und n.Ch. In diesen Texten kommen einzelne germanische Wörter vor. Ein germanisches Wort in den lateinischen Texten ist die Seife (sapa – sapo). Die RUNEN (200-700 n.Ch.) werden oft mit der keltischen Ogham-Schrift verglichen und diese stellen das älteste irische Alphabet dar. Sie bestehen aus Punkten, senkrechten und schrägen Linien. Runen („Geheimnis“) sind die ältesten Schriftzeichen der Germanen. Sie können einerseits als Zeichen für jeweils einen Laut geschrieben werden (Alphabetschrift), andererseits als Zeichen stehen für die jeweiligen Begriffe deren Namen sie tragen. Daneben können sie Zahlen darstellen oder als magisches Zeichen angesehen werden. Runen waren vor allem vom 2. bis zum 12. Jahrhundert für geritzte und gravierte Inschriften auf Gegenständen und auf Steindenkmälern in Gebrauch. Ihre Verbreitung zeigt von Anfang an einen deutlichen Schwerpunkt in Südskandinavien, vor allem in Schweden, Norwegen und Dänemark. In allen anderen Siedlungsräumen germanischsprachiger Völker ist nur eine dünne Streuüberlieferung zu finden, die außerdem mit dem jeweiligen Einzug des Christentums zu ihrem Ende kommt. Die älteste überlieferte Runenreihe (nach den ersten sechs Buchstaben fuþark genannt) bestand aus 24 Zeichen, die in drei Abschnitte eingeteilt waren und sie wurden zu magischen Zwecken benutzt, in Holz, Metal, Knochen oder Stein, auf Waffen, Schmuck und Allgemeingegenständen eingeritzt. In Skandinawien später zu 16 Zeichen (jüngere Runen) vereinfacht, die im Gegensatz zu

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den älteren keinen kultischen Zweck hatten. Die Runen die im Süden gefunden wurden sind:

Inschrift in Fulda Imschrift in Breza und Inschrift in Burgunda aus dem 6.Jh. Im 13 Jh. wurden in Dänemark Gesetze in

der Runenschrift verfasst, in Schweden konnten sie viele Bauern noch lesen.Besonders viele Lehnwörter aus dem Germanischen gibt es im Finnischen,Beispiel: finn. kernas germ. *gernaz dt. gern

Das wichtigste Sprachdenkmal des Germanischen ist Wulfilas/Ulfilas Bibelübersetzung aus dem 4. Jh., eigentlich ca. 350 n.Ch. aus dem altgriechischen in die gotische Schrift, die Wulfila zu diesem Zwecke entwarf, die sogenannte Wulfilabibel. Als die ersten germanischen Sprachdenkmäler einsetzten, gab es keine einheitliche germanische Sprache, sondern stark ausdifferenzierte germanische Dialekte (das Altsächsiche). Von der Wulfilabibel sind mehrere Handschriften aus dem 6.–8. Jahrhundert mit einem großen Teil des neuen Testaments und kleinen Teilen des Alten Testaments erhalten. Bei diesen Handschriften handelt es sich um den Codex Argenteus (Evangelien), heute größtenteils – 187 Blätter, silbernfarbende Buchstaben auf Basis des griechischen Alphabets (neben dem Latein und den Runen) auf purpurfarbenden Blättern – in der Universitätsbibliothek in Uppsala aufbewahrt, den Codex Ambrosianus, Codex Carolinus, Codex Vaticanus Latinus, Codex Gissensis und die Fragmenta Pannonica. Diese Schrift enthält 27 Zeichen, 25 Buchstaben. Aus dem Griechischen stammen 19 Zeichen, aus dem Latein stammen 6, und 2 Zeichen mit numerischem Wert.

Gotische Handelspapiere

Gotisch

Die gotische Sprache ist die älteste überlieferte germanische Sprache, die dem Urgemanischen wohl am nähesten stand und mit guten Gründen als Teil des Nordgermanischen betrachtet wird – bildet die nordisch-gotische Sprachgruppe. Skandinawien ist die eigentliche Urheimat der Goten, die sie während der Völkerwanderung zwischen dem 2. und 6. Jahrhundert verlassen haben. Am Anfang unseres Jahrhunderts waren die Goten am Ufer des Flußes Weichsel beheimatet. Im 2.Jh. (um 150.) began die Wanderung der Goten in zwei Richtungen: nach Süden und bis sie ans Schwarze Meer, wo sich ein Teil der Ostgermanen niederliess und im heutigen Rußland und in der Ukraine ihr Reich gründeten, andere wanderten von hier aus weiter und drangen immer stärker nach Westen, wobei sich die Trennung von zwei Stämmen vollzog:

Die Westgoten hießen Visigoten (Spanien und Südfrankreich) die Ostgoten Ostrogot(h)i (Italien).

Zuletzt haben die Westgoten in Italien und Panonien neue Reiche gegründet, dann in Spanien und Südfrankreich. Viele Orts- und Personennamen zeugen von ihrer Anwesenheit in diesen Gebieten. Das Reich der Ostgoten wurde 553 n.Ch., das der Westgoten 711 n.Ch. zerstört. Der Anfang des 8. Jh. bedeutete ein ähnliches Schicksal

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für die übrigen ostgermanischen Stämme. Die Vandalen zogen nach Afrika, ihr Reich ging im 6. Jahrhundert zugrunde. Die Burgunden erliegen in Frankreich den Franken. Die anderen ostgermanischen Stämme sind von geringerer Bedeutung, sie alle sind zusammen mit ihren Sprachen untergegangen. Am längsten hatte sich das sogenannte Krimgotische auf der Insel Krim erhalten, von dem man im 16 Jh. Berichtet. In der zweiten Hälfte des 3 Jh. (258 n.Ch.) wanderten ein Teil der Goten ans Schwarze Meer und eroberten die Insel Krim, wo sie sich am längsten erhalten haben und jedes Jahr dem Sultan den Tribut bezahlten, die Sprache verschwand im 18. Jh. Das Gotische lebte nach der Trennung von dem alten Nordgermanischen in fremder Umgebung, eine Sprachinsel. Das Gotische weist viele Sprachneuerungen auf, die die übrigen germanischen Sprachen nicht kennen. Gotisch wurde Gotisch wurde von Mittelrußland, über Vorderasien, im Balkan, Italien, Spanien, Frankreich bis Nordafrika gesprochen. Manchmal spricht man von der gotischen Sprache als der Weltsprache der Ostgermanen.

In kultureller Hinsicht sind die Keingoten (Gothi minores) von Bedeutung. Sie haben im 3 Jh. im Balkan gelebt, in der Umgebung von Nikopoli (Bulgarien), die Slawen kamen erst später und sie leben bis zum Amfang des 9 Jh. Gemeinsam, aber dann haben sich die Goten von den Nordgermanen getrennt, was zur Ausdifferenzierung des Gotischen führte. Ihr Bischof Wulfil/Ulfila (311-382/83) hat die Bibel ins Gotische übersetzt, Wulfila konnte Gotisch, Altgriechisch und Latein, wobei die Grundlage der Übersetzung der griechische Bibeltext war und die lateinische Variante auch beachtet wurde. Seine Bibelübersetzung gewann Bedeutung bei den Ostgoten in Italien, bei den Westgoten in Spanien und den Vandalen in Nordafrika. Das Gotische konnten zur Zeit der Bibelübersetzung alle Germanen, aber eine Schrift hatte das Gotische nicht, diese schuf Wulfila und man iste der Meinung, dass er die Verwendung der Runen mied, weil er eine neue Schrift fürs Aufschreiben der heiligen (christlichen) Texte schaffen wollte und die Runen waren die Grundlage der germanischen heidnischen Schrift.Die gotische Schrift unterscheidet nicht Majuskeln von Minuskeln, die Wörter sind in continuo bis zum Interpunktionszeichen (Punkt und Doppelpunkt).Eine der meist umstrittenen Fragen ist die des gotischen Vokalismus und des gotischen Diphtongs:

ei – langes, geschlossenes „i“ ai – offenes „e“

au – offenes „o“ Wiktor Maximowitsch Schirmunski wies nach, dass die alten Diphtonge im Gotischen bis Wulfila monofongiert waren. Das konsonante System ist eindeutig. b, d, g / p, t, k – VerschlußlauteZwei LRDrei Nasale Nalase m, n, ŋIm Gotischen gab es die Ligatur (Verschmelzung) von zwei Lauten: hr, hw – hv Q – kv, heute qDas Gotische weist viele Archaismen aug, die Endung s im Nom.Sg.Das Gotische hat zwei Tempora, Präsens und Präteritum, drei Modi, Indikativ, Optativ und Imperativ, zwei Numeri Singular und Plural, obwohl einige Dualformen belegt wurden und teilweise von Reduplikationen die Rede ist (Wiederholung eines Elements, Stammwurzel oder Silbe); dann den synthetischen Passiv Präsens nima (ich nehme) ≠ nimada (ich werde genommen).

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Die erste (germanische) Lautverschiebung

Der Prozeß der Ersten Lautverschiebung dauerte von 2000 v.Ch bis 2/3Jh.v.Ch. Hat sich um Christi Geburt vollends vollzogen. Das Vokalsystem des Indogermanischen und des Germanischen unterscheidet sich nicht so sehr von einander. Aber eines der auffäligsten Unterschiede betrifft das Konsonantensystem. Das IG Konsonantensystem umfaßt folgende Laute:

I) Verschlußlaute (Plosive), die stimmlos und stimmhaft sein können- stimmlose Tenues: p, t, k- stimmhafte Medien: b,d,gKönnen behaucht/aspiriert oder rein sein, was bedeutet, gesprochen mit unmittelbar vorhergehenden H-Laut (bh, dh, gh)Plosive sind:

1. p, b (Labiale)2. d, t (Dentale)3. g, k (Rachenlaute)

II) Reiblaute (Spiranten, Frikative)- Es gab nur einen Spiranten, das neue S, in stimmhafter Umgebung wird es

stimmhaft gesprochen Z.III) Nasale: m,n stimmhaft, es gibt keine stimmlosen NasaleIV) Liquiden: r, l,V) Halbvokale; į ų (werden als „j“ und „w“ ausgesprochen und funktionieren in

der vokalischen Umgebung als Konsonanten, sind keine Silbenträger)

Von der Ersten Lautverschiebung wurden nur die Verschlußlaute betroffen, dass heißt jene Konsonanten, die explosiv ausgesprochen werden, die nicht in die Länge gezogen werden können, nämlich die Lippenlaute b und p, dann die Dentallaute t und d und die Rachenlaute g und k. Die Erste germanische Lautverschiebung umfasst alle Sprachen der germanischen Familie.Warum nimmt man das 2/3Jh. als Ende der Ersten Lautverschiebung? Entlang des Niederrheins waren schon seit dem 1.Jh.v.Ch. die Römer und die Germanen Nachbarn, aber von einem lebhaften Kulturaustausch kann man erst seit dem 2.Jh. sprechen. Keines der lateinischen Lehnwörter im Germanischen wurde von der Ersten Lautverschiebung erfasst, man nimmt an, dass Kässar, das heutige deutsche Wort Kaiser, das älteste lateinische Lehnwort ist. Die beiden wichtigsten Beispiele dafür sind das griechische Wort κάνναβις (kánnabis) = Hanf, das im Urgermanischen nach der Lautverschiebung *χannapiz lautete, sowie das wahrscheinlich skythische Wort *baitā = Hirtenrock, das im Urgermanischen zu *paiđō (vgl. ahd. pfeit = Unterkleid, bairisch Pfoad = Hemd) wurde.

Das Wesen der Ersten Lautverschiebung würde zunächts vom Dänen Rasmus K. Rask (1787-1832) erkannt. Er hat die Laute des Sanskrit, Latein und Altgriechischen mit den Lauten des Germanischen verglichen und festgestellt, dass denselben Lauten auf einer Seite andere, aber immer bestimmte Laute auf der anderen Seite, im Germanischen, entsprechen. So sind die Laute k und g aus dem Latein, dem Griechischen oder dem Sanskrit im die Laute h und k im Germanischen. Weiter hat er dies aber nicht erforscht und erklären konnte er es auch nicht. Die Wandlung des indogermanischen

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Konsonantensystems im Germanischen hat erstmals Jacob Grimm systematisch erklärt, d.h. er hat die Gesetzmäßigkeiten dieser Veränderung erklärt. Von ihm stamm auch der Terminus Lautverschiebung, Grimmsches Gesetz und germanische Lautverschiebung. Alle Konsonanten die durch diese Lautverschiebung entstanden sind bezeichnet man als germanische Konsonanten . Diese Konsonanten gibt es in allen germanischen Sprachen, Konsonanten die typisch für die deutsche Sprache sind entstanden mit der Zweiten Lautverschiebung.

Die Erste Lautverschiebung wird in 3 Phasen gegliedert, die nacheinander verlaufen.

I Phase bezieht sich auf die Verschiebung der indogermanischen Tenues (stimmlosen Plosive oder Verschlußlaute) zu den stimmlosen germanischen Spirantenp > fIE *pelu- (viel) > gr. polus, got. filu, ahd. filu Lat. piscis (Fisch) > ger. *fiskaz, got. fisks oder fish (eng.) (erhalten)IE *nepót- > ai. napát, lat. nepós, anor. NefeLat. captus > got. hafts, ahd haftt > ÞIE *bhráter > ai. bhrátar, lat. fráter, got. broÞar, ahd. brouder IE *uert- > lat vertó, got. wairÞan, ahd. werden k > X (X wurde zu h)IE *k ̑m ̥tóm > ai. satam, avest. sat∂m, lat. centum, got. hund (erhalten)IE *krd- > gr. kardia, lat. cor, cordis, got. hairto, ahd. herzaIE *dekm > gr. deka, lat. decem, got. taihun, ahd. zehanIE *octó(u) > gr. okto, lat. octo, got. ahtau, ahd. ahtoIE *nokt > lit. naktis, noct-, got. nahts, ahd. naht

II Phase ist die Verschiebung der bechauchten stimmhaften Medien bh, dh, gh (Plosive) in reine Medien b, d, gbh > bAltindisch nabhas, Latein nebula. Althochdeutsch nebul IE * bhero, Altindisch bharami, Gotisch baira, Althochdeutsch biruIE * bhendh, got. bindan, ahd. bintan

o Das germanische Medial b wurde später erhalten.dh > dIE * medh´os > Latein medius, Gotisch midjes, Althochdeutsch mittiIE * dhur > Griechisch dura, Gotisch dauro, Althochdeutsch tura

o In der Zweiten Lautverschiebung ins t verschoben.gh > gIE * ghostis > Latein hostis, Altslawisch gosto, Gotisch gastIE * steigh- > Altindisch stighnute, ahd. stigan

o Bleibt bis heute erhalten.Die neuen germanischen Medien wurden später durch die Zweite Lautverschiebung nur teilweise verschoben.

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III Phase ist die Verschiebung der indogermanischen Medien, stimmhaften Plosive b, d, g in Tenues (stimmlose Plosive) p, t, k. b > pAltslawische slabZ, Litauische slabnas, Gotische slepan, Althochdeutsch schlafanLitauische bala > Altslawische blato, Altgriechisch pôl, Althochdeutsche pfold > tIE * dekm, Latein decem, Gotisch taihumIE * pod, Latein pes, pedis, Gotisch fotus, Althochdeutsch fuoßg > kIE *agros, gr. agros, lat. ager, got. akrs, ahd. ackarLatein gelû, Litauische geluma, Gotische kalds, Althochdeutsch kalt IE * geus- > Gotisch kiusan, Althochdeutsch kiosan

Stimmloser germanische Spirant f bleibt bis heute erhalten, sowie das h bleibt bis in die heutige deutsche Sprache erhalten.

Labiovelar qu - > anlautend hv, inlautend hAnlaut qu -> hv Inlaut qu - > hIE * quo IE * sequiai. kad lat. sequorgot. hwa got. saihanahd. hwas/was ahd. sehan

Nichteintreten der Verschiebung der indogermanischen Tenues p, t, k. Sie bleiben unverschoben

a) wenn ihnen der indogermanische Spirant S vorangeht.b) Wenn ihnen die durch die Erste Lautverschiebung neu entstandenen stimmlosen

Spiranten vorausgehen.z.B Latein spuó, got. speiwan, ahd. spiwan, heute sperren (SP)z.B. Indogermanische * skei, got. skeinan, ahd. skīnan, heute scheinen (SK)z.B. Indogermanische * ster, lat. stella, got. stairno, ahd. sterno (ST)

Vernersches Gesetz

Warum steht im Mittelhochdeutsche ziehen und im Althochdeutschen gezogen, wenn in beiden Fällen ein indogermanischer K-Laut zugrunde liegt? Diese und ähnliche Fälle der Verschiebung der indogermanischen Tenues nannte man nach Jacob Grimm das Grimmsche Gesetz, erklären konnte er es aber nicht. Heute spricht man vom grammatischen Wechsel wenn:

1) Wir von etymologisch verwandten Wörtern sprechen,2) innerhalb eines verbalen Paradigmas verschiedene Konsonanten vorkommen. Der

grammatische Wechsel war in älteren Sprachen viel häufiger und wurde im Laufe der Sprachgeschichte durch die Analogie beseitigt. So stehen im heutigen Deutsch für den grammatischen Wechsel folgende Konsonanten:F/B heben-Hefe Geben-Mitgift (haben dieselbe Wurzel)D/T schneiden/schnitt leiden-litt

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H/G ziehen-zog/Zug hoch-HügelS/R frieren-fror verlieren-Verlust erkiesen-erkoren

Als Rhotazismus (v. griech rho, Name des griechischen Buchstabens r) bezeichnet man den Lautwandel eines beliebigen Konsonanten zu r. Betroffen sind meist Frikative wie das s und das l. Lautwandel im Falle von gewesen und war (vergl. engl He was ). Das veraltete erkiesen (wählen) und seine Vergangenheitsform erkoren (vgl. eng chosen).

Die Lösung fand der Däne Karl Verner, weswegen diese Regel als Vernersches Gesetz benannt ist. Es wurde 1875. formuliert. Es bezieht sich auf die Verschiebung der indogermanischen Tenues p,t, k und auf die Verschiebung der indogermanischen stimmhaften Spiranten s (p, t, k > f, Þ, X (h) > b, d, g nach Grimm) aber nicht in allen Positionen, die Ausnahme hat Verner beschrieben: p, t, k werden nicht zu stimmlosen, sondern zu stimmhaften Spiranten verschoben wenn:

o Wenn sie in intervokalischer Positione steheno Wenn sie in stimmhafter Umgebung steheno Wenn der frei bewegliche indogermanische Wortakzent nicht unmittelbar vor der

Tenue steht, sondern hinter ihr oder weit vor ihr.Der synchron beobachtete Konsonantenwechsel, welchen man in den meisten germanischen Sprachen als Resultat des Vernerschen Gesetzes vorfindet, nennt man den Grammatischen Wechsel. Diese Beispiele sind ein Beweis dafür, dass der indogermanische bewegliche Wortakzent zu der Zeit im Germanischen noch nicht auf der ersten Silbe festgelegt wurde. Die Festlegung geschah als die erste Phase der Ersten oder germanischen Lautverschiebung beendet wurde. p > Þ > b – Akzent ist HINTER der TenueIE* upér(i) IE* sep(t)mGr. uper Altindisch septáAi. upári Griechisch eptaLat. super Gotisch sibumGot. ufar Ahd. sibunAhd. ubar, ubirt > ð > d – Akzent ist HINTER der TenueIE* pəter (deutsch „Vater“ – heute ist der Laut t ein deutscher Konsonant dank der 2.Lv.)Altindisch pitarLatein paterGriechisch fadarGotisch faðarAhd. faterk > φ > gIE* iuųnkosLatein iuvencusGotisch juggs

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Die Indoeuropäischen Konsonanten im Germanischen

Das Germanische hat 5 Konsonanten (l, r, m, n, s) unverändert aus dem IE übernommen 1. der stimmlose Spirant s – das indoeuropäische s ist im Germanischen als

stimmloser Spirant erhalten geblieben. In seine stimmhafte Variante z wird es verschoben, wenn es sich in stimmhafter Umgebung befindet und falls das Vernsche Gesetz nicht zutrifft.

Beispiel: IE *sed IE *ozdos IE *ghostisaltind. sad got. asts got. gast

lat. sedeo ahd. ast ahd. gastgot. sitan

2. Die Nasale m und n, sowie die zwei Liquiden r und l blreiben auch erhaltenBeispiel: lat. domus lat. novus IE * bhero IE *pelu

gr. domos gr. neos ai. Bharami gr. polusgot. timrjan heute neu gr. Jero got. filuahd. zimbaron got. baira heute viel

ahd. biruDie silbische Liquide und Nasale

Das Wort mâter ist zweisilbig, ma – ter. In der ersten Silbe ist der Vokal a der Silbenträger, in der zweiten der Vokal e. Aber bei kmtóm ist der Laut m der Silbenträger. Wenn die Liquiden (l, r) und die Nasalen (m, n) Silbenträger sind, dann heißen sie Sonoranten. Die Entwicklung der indogermanischen Liquiden und Nasale ist unterschiedlich. Sonantische Liquide (r und l) sind nur teilweise im Altindischen erhalten als sonantisches r, in den übrigen indogermanischen Sprachen entwickelte sich vor oder hinter den silbische Liquiden und Nasalen verschiedene Vokale. Diese Entwicklung verdeutlicht die folgende Tabelle:Indogermanisch Altindisch Altgriechisch Latein GermanischeL R Al / La Ol / Ul UlR R Ar / Ra Or UrM A A Em UmN A A En Un Diese Vokale sind jetzt die Silbenträger geworden, r, l, m, n wurden auf diese Weise zu Konsonanten. Das U das auf diese Weise im Germanischen entstanden ist, heißt das sekündares U (ein U hatte das Germanische schon aus dem Indoeuropäischen ererbt). Manchmal wird es auch als Hilfsvokal bezeichnet, das entstand zur Erleichterung der Aussprache. So sind r, l, m, n im Germanischen nicht mehr Sonoranten, weil sie das sekündare U übernommen haben.

Idg. R > germ. UR, Beispiel: IE *mrtom > Lat. mors, Got. maurdr Ahd. murdreo (heute: Mörder)Idg. L > germ. UL, Beispiel: IE * plnos > Lit. pilnas, Got. fulls (heute: voll)Idg. M > germ. UM, Beispiel: IE *kmtom > Lat, centum, Altgr. ekaton, Got. hundIdg. N > germ. UN, Beispiel: IE *mntis > Ai. matin, Lat. mens, Got. ga-munds

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Die Vokale

Das indogermanische Vokalsystem kannte 5 Vokale, die entweder kurz oder lang sein konnten:- die kurzen Vokale a, e, i, o, u und den Murmelvokal ∂ (ausgesprochen: schwa) - die langen Vokale â, ê, î, ô, û- die Diphtonge, von denen es zwei Reihen gab, wenn das zweite Element ein

1. „i“ war – ai, ei, oi und2. „u“ war – au, eu, ou.

Diese konnten entweder lang oder kurz sein. Schließlich konnten auch die Nasale (m, n) und die Liquiden (l, r) die Rolle eines Vokales übernehmen und eine Silbe tragen. Man bezeichnet sie dann in dieser Funktion der Silbenträger als Sonoranten oder wenn sich zwischen den silbischen Liquiden und Nasalen , ņ, ļ, ŗ. Sonoranten sind auch die Halbvokale ų und į (ausgesprichen „w“ und „j“).

Die indogermanischen Kurzvokale 1. das indogermanische kurze A wurde im Germanischen auch zum kurzen A.

IE *agros > gr. agros, lat. ager, got. akrs, ahd. ackar IE *saldom (Salz) > lat. sallō, got. salt, ahd. salz

2. das indogermanische kurze O wurde im Germanischen zum kurzen A. IE *oktō(u) > gr. okto, lat. octo, got. ahtau, ahd. ahto, heute acht IE *por- (fahren) > lat. porto, russ. porom, got. faran, ahd. faranDie indogermanischen kurzen Vokale A und O sind im Germanischen zusammenfallend.

3. das indogermanische kurze E wurde im West- und Nordgermanischen zum kurzen E und im Gotischen zum kurzen I (geschrieben ai vor r, h und hv)

IE *ed- (essen) > lat. edō, gr. edomai, got. itan, ahd. ezzan IE *pelnom (Haut) > lat. pellis, ags. fell, got. fill, ahd. fel

4. das indogermanische kurze I wurde im Germanischen auch zum kurzen I (im Gotischen ai, gelesen e vor r, h und hv)

IE *piskos > lat. piscis, got. fisks, ahd. fisc IE *uidheuā > lat. vidua, got. widuwō, ahd. wituwa5. das indogermanische kurze U wurde im Germanischen auch zum kurzen U. IE *uper(i) > ai. upari, gr. uper, lat. super, got. ufar, ahd. ubir (über) IE *sunus > ai. sūnu, got. sunus, ahd. sunu6. das indogermanische „schwa“ – ∂ wurde im Germanischen zum kurzen A IE *p∂ter > ai. pita, gr. pater, lat. pater, got. fadar, ahd. fater, heute Vater IE *st∂tis > ai. sthiti- , lat. stati-o, got. staÞs, ahd. stat (Ort)

Das Germanische kurze A entstand aus den Indogermanischen A, O, ∂, das kurze I bleibt erhalten, das kurze E erscheint als I und E.

Die indogermanischen langen Vokale1. das indogermanische lange ā wurde im Germanischen zum langen ō. IE *bhrāter > lat. frāter, got. brōÞar (ahd. bruoder) IE *māter- > ai. mātar, lat. māter, as. mōdar (ahd. muoter)2. das indogermanische lange ō wurde im Germanischen zum lange ō.

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IE *plōtus (das Fließen) > gr. plōtos, got. flōdus, ahd. fluot IE *bhlōmen (die Blume) > lat. flōs, got blōma, ahd. bluoma

Die indogermanischen langen Vokale A und O sind im Germanischen zusammenfallend.3. Das indogermanische langen ē wurde im West- und Nordgermanischen zum

langen ā und im Gotischen für eine kurze Zeit lang zum langen ē. IE * sētis (Saat) > lat. sēmen, asl. seme, got. mana-sēÞs (Menschheit), ahd. sāt,

sāmo IE *dhē- (setzen) > lat. fēcī, asl. dejo, got. ga-dēÞs, ahd. tāt, ags, dæd Ein langes ē ist im Germanischen aber auf noch einem Wege entstanden. Dieses neue E fiel im Gotischen mit dem aus dem Indogermanischen erworbenen E zusammen und in dem Streit gab es Unterschiede zwischen diesen Vokalen. Dieses neue E nennt man sekundäres lange E. Seine Herkunft ist ziemlich unklar. Es gibt zwei Beispiele bei einigen Wörtern liegt dem ē2 der indogermanische Diphtong ei zugrunde,

z.B. IE *keir > got. hēr, ags. hērIm Althochdeutschen wurde diese Länge vor r, h und hw jedoch diphtongiert, so haben wir folgendes: ē2 > ea > ia > e und das ist bei mehreren althochdeutschen Wörtern belegt, z.B. ags. hēr > ahd. hear > hiar > hier

bei einigen Wörtern liegt dem ē2 der indogermanische Diphtong ai zugrunde. Im Althochdeutschen wurde diese Länge vor r, h und hv monophtongiert, und dass nicht nur bei den Stammsilben, sondern auch den Nebensilben und am Wortende. z.B. got. aihts > ahd. ē2ht, z.B. got. air > ahs. ē2r, got. habaida > ahd. habē2taIn allen anderen Fällen wird das germanische ai im Althochdeutschen zum ei.

Auf dem ganzen Gebiet kommt sporadisch aber nicht selten die Schreibung e statt ei vor. Dieses E statt EI ist einfach als orthographische Nachlässigkeit zu begreifen.4. Das indogermanische lange ī wurde im Germanischen zum langen ī. Im

Gotischen schrieb man es als ei, gesprochen wurde es aber immer als langes i. IE *suīnos > lat. suīnus, got. swein (glesen: swīn), ahd. swīn 5. Das indogermanische lange ū wurde im Germanischen zum langen ū, später im

Neuhochdeutschen zum au. IE *mūs > ai. mūs, lat. mūs, ahd. mūs, heute Maus IE *bhrūg- > lat. frūgi, got. brūks, ahd. brūhhi, got. brūkjan, heute brauchen

Die Vertretung der indogermanischen Diphtonge im Germanischen

Das Indogermanische kannte zwei Reihen von Diphtongen, mit i und mit u. Die indogermanischen Diphtonge ai und oi bleiben als ai erhalten. Die folgenden Diphtonge ai, oi, au, ou verhalten sich wie die entsprechenden kurzen Vokale.

1. Der indogermanische Diphtong ai bleibt erhalten, ai > ai IE *uai > lat. vae, got. wai, ahd. wē IE *ghaidis > got. gaits (Ziege)2. Der indogermanische Diphtong oi wird zum ai, oi > ai IE *oinos > gr. oine, lat. unus, got. ains, ahd. ein gr. oida > got. wait, ahd. weiß2. Der indogermanische Diphtong ei wurde im Gotischen zum ei, dann zum langen ī IE *steigh- > lat. ve-stigium, got. steigan, ahd. stīgan

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IE *leiquo > gr. leipo, got. leihan, ahd. līhan3. Die indogermanischen Diphtonge au und ou fallen als Diphtong au zusammen. IE *roudhos > lat. rūfus, asl. rud-meno, got. rauÞs, ahd. rot IE *augonom > lat. augere, germ. *aukan, got. aukan, ahd. ouhhōn4. Der indogermanische Diphtong eu erscheint als eu im Germanischen und als iu

im Gotischen, weil im Gotischen jedes kurze e zum i wurde, daher das iu. IE *deukonom > lat. duco, germ. *teuhan, got. tiuhan, ahd. ziuhan, heute ziehe IE *leuk > gr. leukos, got. liuhaÞ, ahd. lioht.

Die Weiterentwicklung des germanischen Vokalismus – der primäre Umlaut

Der Umlaut ist ein kombinatorischer Vokalwechsel, d.h. der Wandel wird durch einen benachbarten Laut ausgelöst, meist durch einen Laut in der Folgesilbe (durch die Umgebung). Scharf zu trennen sind dabei die Vorgänge im Ostgermanischen, d.h. im Gotischen, von denen des Nord und Westgermanischen. Der Umlaut wird noch die Assimilation genannt und sie kann partiell und stark sein.

I Der westgermanische i-Umlaut (vorliterarische)Hintetvokal (hoch) u ------------- i Vordervokal (hoch) o ------ e Mittelvokale a niedriger VokalDas E der Stammsilbe wurde betroffen, einige Auslöser sind:1) i/j (standen in der Folgesilbe). Dann wird das kurze E > I totale AssimilationIE *medhios > lat. medius > ahd. mitti2) u (stand in der Folgesilbe). Dann wird das kurze E > I.got. saihwan > ahd. sehan3) Bei der Kombination Nasal und Konsonant, dann wird das kurze E > I.IE *bhendh > got. bindan > ahd. bindan > nhd. binden

II Der althochdeutsche i-Umlaut (Hebung) Im Althochdeutschen wurde es seit dem 8 Jh. belegt. Der Primärumlaut ist die Umwandlung des kurzen A der Stammsilbe > E, dieser Prozeß begann um 750 n.Ch. und wurde im 9. Jh. Beendet, erfasst die westgermanischen Sprachen. Der Auslöser waren į/ų in der Folgesilbe. Der neue e-Laut war geschlossen und mit einem Punkt unter dem Buchstaben markiert und wird auch ų/į/ Umalut genannt.ahd. gast > gesti ahd. kraft > kreftilamb > lembirAusnahme: das Nomen Tag, welches kein I in der Flexionssilbe im Plural hatte. Komparation: got. managas – managisa – managist

ahd. lang – lengero – lengisro

III Der westgermanische a-Umlaut/a-Brechung (Senkung) Betroffen wurden auch die Vokale i und u. Das kurze i wurde im Nord- und Westgermanischen zum e, falls in der Folgesilbe eines der folgenden Vokale stand a, e, o. Die meisten Fälle waren Wörter, bei denen vor dem Vokal i der Vokal a stand, weshalb

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diese Erscheinung oft auch „A“ Brechung oder „A“ Umlaut genannt wird. Diese Erscheinung ist auch als vorliterarische Erscheinung bekannt. i > e (ai) vor r, h, hv u > o (au) vor r, h, hvBeispiel: IE * uiros (Mann) Beispiel: IE *dhukter

Lat. vir Ai. duhitaGerm. *wiraz Got. dauhtarGot. wair Ahd. tohtarAhd. wer

Diese Prozesse liegen vor der Zeit der gotischen Überlieferung. Die Brechung des i zum e bleibt in einigen Fällen aus, z.B. im Partizip II unter dem Einfluß des langen i im Infinitiv, bzw. Präsens, z.B. grippan.u > o auch vor a, e und oBeispiel: IE *ingom

Ai. jungomGot. jukAhd. joh

Gehindert wird die Brechung von u zu o, durch die Gruppe Nasal und Konsonant.Beispiel: IE *tuggo

Av. tungaAhd. zunga

Der Rückumlaut ist eine Erscheinung, die bei den an-Verben, im Präteritum a als Stammvokal auftritt. Der Umlaut tritt nicht ein, wenn:

- das I oder J vor dem Umwandlungsprozess geschwunden waren- die Silbe, die das I enthält, eine stärkere Nebention trug.- zwischen dem A-Vokal der Stammsilbe und dem I/J eone Folgesilbe stand- bei folgenden Verbindungen: ht, hs, konsonant und w- LT zwischen a und i- H zwischen a und i.

Gemination.1. die westgermanisch Gemination, hier versteht man eine Verdoppelung des

Konsonanten durch das folgende J, z.B. as. bidhan, got. bindjan, heute: bitten2. Gemination durch Assimilation, z.B. got. brannjan > ahd. brinnan3. Gemmination durch Vokalausfall, zwischen gleichen Konsonanten, z.B. heriro >

herro4. Gemination durch die 2. LV.

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Zweite oder (Alt)Hochdeutsche Lautverschiebung

Die Zweite Lautverschiebung begann frühestens in der zweiten Hälfte des 5.Jh. Sie wurde im Wesentlichen (obwohl sie sich in einigen Gebieten noch nicht abgeschlossen hatte) im 8Jh. beendet. Erst um 1500 hatte sich die Sprachgrenze ausgebildet. Die Zweite Lautverschiebung erfasste das Hochdeutsch (im Süden), nicht aber das Niederdeutsch/ Plattdeutsch (im Norden). Der Beginn ist eng mit dem Namen Attila verbunden, der im Jahr 453 starb und der Mitlaut „T“ wurde von der Zweiten Lautverschiebung erfasst. So iste er heute nicht mehr Attila, sondern Etzel. Alle lateinischen Wörter, die seit der II Hälfte des 5.Jh. von den Germanen übernommen wurden, wurden auf die gleiche Art und Weise wie die germanischen Wörter erfasst (lat. tegula > dt. Ziegel).

Die Komponente Hoch im Begriff Hochdeutsch bezieht sich auf den Raum, alles was von der Zweiten Lautverschiebung erfasst wurde, das Hochdeutsche Gebiet im Süden. Die Zweite Lautverschiebung beginnt also im Süden und verbreitet sich mit abnehmender Kraft in Richtung Norden, so dass wir eine starke Abstufung von Süden nach Norden haben. Die Kerndialekte sind: Bayrisch, Allemanisch, ein Teil des Fränkischen und im Sächsischen lassen sich wenige Elemente der Zweiten Lautverschiebung finden. Diese Dialekte haben sie Zweite Lautverschiebung konsequenter durchgeführt. Die Hochdeutschen Gebiete teilt man weiterhin auf zwei Gebiete:

Oberdeutsch (Kerndialekte: Bayrisch und Allemanisch - konsequenter) Mitteldeutsch (2. LV. nur partiell durchgeführt, zwischen dem Oberdeutsch und

der Benrather Linie, teilt sich wiederum in zwei Gebiete)- Westmitteldeutsch (nur partiell von der Zweiten Lautverschiebung erfasst)- Ostmitteldeutsch (Spuren des Nieder- und Oberdeutschen)

Die Benrather Linie bezeichnet die Isoglosse maken–machen innerhalb des kontinental-westgermanischen Dialektkontinuums. Die gedachte Linie verläuft in West-Ost-Richtung beginnend bei Eupen (Belgien) quer durch Deutschland über Aachen und Benrath (ein Stadtteil Düsseldorfs), wo sie den Rhein schneidet, über Olpe, Kassel, Nordhausen, Aschersleben und Dessau-Roßlau, wo sie die Elbe schneidet, nach Berlin und Frankfurt (Oder). Benannt ist sie nach dem oben erwähnten Schnittpunkt mit dem Rhein. Die Benrather Linie wird gemeinhin als Sprachgrenze zwischen den niederdeutschen und den hochdeutschen Varietäten angenommen. Sie bezeichnet jedoch nur teilweise eine scharfe Sprachgrenze. Die Niederdeutschen Dialekte sind: das Sächsiche, das Niederfränkische und das Friesische. Dank der Zweiten Lautverschiebung (auch Hochdeutsche oder Althochdeutsche) hat sich das Deutsche aus dem Germanischen ausgegliedert. Die Weißenburger Linie ist die Grenze zwischen dem Oberdeutsch und dem Mitteldeutsch.

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KonsonantenVon der zweiten Lautverschiebung betroffen sind die germanischen Plosive, die stimmlosen Tenues /p/, /t/ und /k/ sowie in Teilen die stimmhaften Medien /b/, /d/ und /g/. Die Tenues wurden ziemlich konsequent verschoben, die Medien dagegen nur teilweise.

Verschiebung der Tenuen p > – Spirant f/ff t > – Spirant s/ss k > – Spirant ch – Affrikat pf – Affrikat z/tz – Affrikat kch/ch

Aber warum kommt es zu zwei Verschiebungen? In welchen Fällen?

Verschiebung zu Affrikaten- Steht ein „p“ im Anlaut eines Wortes, im Inlaut nach den Sonoranten /m, n, l, r/

oder tritt es als Gemination (Doppelkonsonant) auf, im Auslaut nach den Konsonanten „kp“, „kt“, „kk“, so wird es zu der Affrikate „pf“ verschoben, dementsprechend „t“ zu „tz“ („z“) und „k“ zu „kch“/„ch“.

Die Verschiebung der Tenues zu den Affrikaten vollzog sich im ganzen Hochdeutschen mit Einschluss des Langobardischen. Langobardische Dialektunterschiede gibt es hier nicht. p > pfBeispiel: germ. *plegen > ostfr. pflegen

germ. helpan > ahd. helpfan > nhd. helfen germ. *kampa- > ostr. Kampf

t > tz/zBeispiel: got. *hairto- > ahd. herza

got. *satjan > ahd. setzengot. tihuan- > ahd. ziohan

!!Unverschoben bleibt der t-Laut in foldenden Fällen!! TR – Beispiel: got. triggws > ahd. gitriuwi (heute Treue)HT – Beispiel: got. nahts > ahd. nahtST – Beispiel: got. stains > ahd. steinFT – Beispiel: got. luftus > ahd. luft

k > kch/ch/cch [kh] immer gesprochen! Diese Afrikata „k“ gibt es im heutigen Deutsch nicht mehr, erscheinen tut es z.B. im heutigen Allemanischen chind [kxind]. Diese Verschiebung ist nur im Bayrischen und Allemanischen durchgeführt, in allen Fränkischen Dialekten – wo die Zweite Lautverschiebung nur partiell durchgeführt wurde – bleibt der k-Laut erhalten.

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Beispiel: got. kaurn > alem. khborn, aber: fränk. korngerm. *werka > alem. wercch, aber fränk. werk as. wekkian > alem. wecchan, aber fränk. wecken

Verschiebung zu Spiranten- Steht ein „p“ im Auslaut nach einem Vokal, oder im Inlaut zwischen zwei Vokalen,

so wird es zur Spirans „f“/„ff“ verschoben, dementsprechend „t“ zu „s“/„ss“ und „k“ zu „ch“. Im Wortinneren zwischen zwei Vokalen werden die einfachen Tenues nach kurzem Vokal zur Spirans, nach langen Vokalen zu Geminaten (Doppel-Spirans) verschoben (Doppel-f, Doppel-s, Doppel-x).

Die Verschiebung der Tenues zu Spiranten erstreckt sich über das ganze Hochgebiet. Beispiel: germ. *opana > ahd. offan, nhd. offen

germ. *`slepan > ahd schlafan, nhd. schlafengerm. *skipa > ahd. skif, nhd. Schiff

Beispiel: germ. *etan > ahd. ezzan, nhd. essengerm. *letan > ahd. lazan, nhd. wassengerm. *hwata > ahd. (h)waz, nhd. was

Beispiel: germ. *makon > ahd. mahhon, nhd. machengerm. *ik > ahd. ih, nhd. ich

Verschiebung der MedienDie Verschiebung der Medien hat einen geografisch begrenzteren Radius als die Verschiebung der Tenues. Hier wurden die stimmhaften zu stimmlosen Verschlusslauten.

b → p Beispiel: fränk. sibun, bair. sipun; fränk. beran, bair. peran d → t Beispiel: germ. *dohter, ostfr. tohter; *bindan, ostfr. bintan – konsequentg → k Beispiel: fränk. geben, bair. kepan;

Nur die Verschiebung der Dentale „d → t“ fand ihren Weg in das Gegenwartsdeutsch. Die anderen Verschiebungen sind begrenzt auf das Hochalemannische der Schweiz und die südbairischen Dialekte in Österreich. Es ist signifikant, dass in jenen Wörtern, in denen indoeuropäische stimmlose Verschlusslaute gemäß dem Vernerschen Gesetz zu stimmhaften wurden, die dritte Phase den Laut zu seinem Ursprung zurückführte. (*t → d → t): Indoeuropäisch *mehter- →Germanisch *mōder → Deutsch Mutter. Der germanische b-Laut besteht heute immer noch. Diese Verschiebung wird jedoch im Spätalthochdeutsch rückgängig, im 11.Jh. heißt es also geben, aber mit einer Ausnahme. Ausgenommen wird die Gemination, fränk. sibbia > bair. sippa (heute Sippe). Im Bayrischen wird der g-Laut häufiger verschoben. Stets in der Gemination, oft im Anlaut, seltener im Auslaut: ahd. biogan > obd. piukan, ahd. geban > obd. kepan; ahd. huggen > obd. hucken. Seit dem 11.Jh. wird der k-Laut jedoch wieder durch den g-Laut verdrängt, nur in der Gemination blieb er erhalten: as. hruggi > bair. hrucki, alem. Rucci, heute rücken. Der k-Laut wurde nicht zum Affrikaten verschoben. Der germanische Spirant Þ ist in der heutigen Sprache nicht vorhanden, hat sich im Laufe des Althochdeutschen gewandelt und dass im ganzen Sprachgebiet, auch im Niederdeutschen und ist somit nicht

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Bestandteil der Zweiten Lautverschiebung. Der germanische Spirant Þ wurde zunächst im 8.Jh. zu dem d-Laut im Bayrischen, dann folgte das Allemanische und das Fränkische Dialekt: got. Þaurnus, ahd. thorn, dorn; got. Þreis, ahd. dri; got. airÞa, ahd. erda.

Die Periodisierung der deutschen Sprache

Die Geschichte jeder Sprache beginnt mit dem ersten Sprachdenkmal, so auch die Geschichte des Deutschen. Das erste deutsche Sprachdenkmal beginnt mit dem ersten hochdeutschen Konsonanten (Zweite Lautverschiebung). Das älteste Sprachdenkmal ist der Abrogans 750 n.Ch. Den Namen bekam das Werk nach dem ersten Wort, das demütig bedeutet. Es ist eine alphabetisch geordnete Glossensammlung, um ein lateinisches Wörterverzeichnis, das interlinear ins damalige Deutsche übertragen wurde. Die älteste Handschrift stammt aus dem Jahr 780n.Ch. aus Freising. Insgesammt sind drei Handschriften erhalten. Die zweite Handschrift stammt aus Reichenau und ist zwischen 802. und 817. entstanden. Die dritte aus dem Kloster Marbach aus dem Jahre 810. So ist das Jahr 780n.Ch der Anfang der deutschen Sprache. Da man aber lieber mit runden Zahlen umgeht, nimmt man das Jahr 750n.Ch. als den Beginn der deutschen Sprachgeschichte. Oft wird betont, dass fast jede Periodisierung mehr oder weniger willkürlich ist. Man stützt sich auf 1) verschiedene Kriterien (lautliche, morphologische, syntaktische, kulturelle usw.), wobei meist Phonetik, Syntax und Morphologie meist hervorgehoben werden und 2) die Grenze zwischen den einzelnen Sprachperioden, die oft fließend ist. Es bestehen 2 etablierte Periodisierungen

I die traditionelle Gliederung 600-750 -> Voralthochdeutsch/Vordeutsch, teilt die Geschichte des Deutschen in folgende Abschnitte:Althochdeutsch, 750n.Ch./780n.Ch – 1100n.Ch.Mittelhochdeutsch, 1100n.Ch. – 1500n.Ch.Neuhochdeutsch, 1500n.Ch. bis heuteDiese Dreiteilung des Deutschen stammt von Jacob Grimm und er hat die Grenzlinien aus der Literaturgeschichte übernommen. Entscheidend für beides war (Sprache und Literaturgeschichte) war die hertümliche Einteilung der allgemeinen Geschichte auf Altertum, Mittelalter und Neuzeit.In den letzten Jahrzehnten wird meistens zwischen dem Mittelhochdeutsch und dem Neuhochdeutsch das Frühneuhochdeutsch eingeschaltet. Bei Grimm ist das Frühneuhochdeutsche die erste Phase des Neuhochdeutschen.II Arno Schirokauer haben wir zu verdanken, dass das Frühneuhochdeutsche heute eine souveräne Sprachperiode ist, seiner Aufteilung nach dauert jede Sprachepoche 300 Jahre

1. Althochdeutsch: 750 – 10502. Mittelhochdeutsch: 1050 – 13503. Frühneuhochdeutsch: 1350 – 16504. Neuhochdeutsch: 1650 bis heute

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1. Das Althochdeutsche ist die Summe althochdeutscher Dialekte und war hautpsächlich die Sprache der Geistlichen. Das Hauptmerkmal sind die von den Endsilben abgetrennte Vokale. Hat auch volle Nebensilbenvokale.

2. Mittelhochdeutsch. Zwischen 1050 und 1350 gibt es die erste deutsche Gemeinsprache, die Sprache des Rittertums. Das Hauptmerkmal des Mittelhochdeutschen ist die Abschwächung der Endsilbvokale. Im

3. Frühneuhochdeutschen kommt es zur Entwicklung von einer Vielfalt an dialektalen Schreibsprachen bis hin zu einer überregionalen Kanzleisprache. Verschiedene Sprachprozeße: Diphtongierung, Monophtongierung, Kürzung der Vokale, Dehnung, Labialisierung; im

4. Neuhochdeutschen kommt es Normierung und Anerkennung der deutschen Standardsprache.

Für das Niederdeutsche gelten folgende Sprachperioden:1. 800 – 1150 Altsächsisch2. 1150 – 1600 Mittelniederdeutsch3. 1600 bis heute Neuniederdeutsch

Der Sekundärumlaut

Der Primärumlaut bezieht sich auf das Althochdeutsche, der Sekundärumlaut bezieht sich aber auf das Mittelhochdeutsche, kommt in Texten aus dieser Zeit vor, weshalb er auch als mittelhochdeutsche Erscheinung erfasst wird. Die ersten Belege finden wir im 13. Jh.Die Umlautveränderungen vollzogen sich in mindestens 2 Etappen, dem Primär- und Sekundärumlaut. Der Primärumlaut umfasste nur a> e. Dies findet sich in Schriften, manche Forscher gehen aber davon aus, dass schon mehr Umlaute vorhanden waren, nur nicht verschriftlicht wurden. Der Sekundärumlaut umfasst dann im 13.Jahrh. alle heute bekannten Umlaute. Die Umlautung erfolgte nach festen Regeln, und war im Gegensatz zur heutigen Zeit, sehr produktiv. Der Primärumlaut ist ausgeblieben ist bei, z.B. ahd. gawen > mhd. gewen, ahd. magadi > mhd. megebe, ahd. wahsit > mhd. wehsit. Vom Sekundärumlaut werden alle übrigen Vokale erfasst.

â => æ (langes e), ahd. mâri > mhd. mære o => ö, ahd. mohti > mhd. möhte; ahd. loufit > mhd. löufet ô => œ, ahd. skôni > mhd. schoene u => ü, ahd. turi > mhd. tür; ahd. kunni > mhd. künne; ahd. guotî > mhd. güete û => iu, ahd. sûri > mhd. siure

Im Oberdeutschen unterblieb der I-Umlaut von U vor CK => Osnabrück vs. Insbruck.

Der Ablaut

Ablaut (auch Apophonie) wird ein Wechsel des Vokals innerhalb 1) etymologisch zusammengehöriger Wörter bzw. Wortteile oder bei 2) verschiedenen Flexionsformen eines Wortes genannt. Im Fall der indogermanischen Sprachen lässt sich der Ablaut durch die Akzentverhältnisse im Urindogermanischen erklären. Der Begriff wurde 1819 von Jacob Grimm in die Sprachwissenschaft eingeführt zur Bezeichnung des regelmäßigen Wechsels im Stammvokal bei der Flexion der germanischen starken Verben (vereinzelt schon früher ähnlich verwendet, aber noch nicht als klar umrissener

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Fachbegriff). Dieser Ablaut geht bereits auf die indoeuropäische Ursprache zurück und zeigt noch in den meisten indogermanischen Sprachen seine Nachwirkungen. Wie er entstanden ist ist unklar, man vermutet: unterschiedliche Akzente/Betonungen. Die starken Verben sind viel älter als die schwachen Verben und noch zur Zeit der idg. Vorstufe des Germanischen war er morphologisiert, d.h. er gehorchte nicht mehr den phonologischen Regeln des Lautwandels, sondern wurde nach morphologischen Prinzipien gebildet. Es wird zwischen qualitativem Ablaut/Abtönung (Wechsel des Vokals) und quantitativem Ablaut/Abstufung (Wechsel der Vokallänge) unterschieden. Der qualitative Ablaut ist der Wechsel des indogermanischen kurzen e > o, im Germanischen i/e > o, Beispiel: lat. tego > togo, germ. liegen > lag. Der quantitative Ablaut verändert die Vokallänge.Die Bezeichnung für die Ablautstufen ist nicht einheitlich. In der Regel unterscheidet man beim indogermanischen Ablaut zwischen drei/vier Stufen:

Vollstufe (Grundstufe), wo e und o stehen, lat. tego (Vollst. 1) > togo (Vollst. 2) Dehnstufe/Abtönungsstufe (e wird zu ē) Schwundstufe (Reduktionsstufe) (ē wird zu e) Schwundstufe (Nullstufe), das kurze e wird getilgt.

Im Unterschied zu den schwachen Verben haben die starken Verben folgende Merkmale: 7 Unterklassen, Primärverben, der Stamm des Präteritums wird durch den Ablaut gebildet, Partizip des Präteritums wird durch den Nasalsuffix (idg. „no“) und den Ablaut bei den meisten Verben gebildet.

Der Ablaut im Germanischen

Der Ablaut im Germanischen kommt beim Präteritum und Partizip Perfekt vor. Es gibt 4 Grundformen/Stammformen des Verbs im Gotischen und Altdeutschen:

Infinitiv Präsens – Präteritum Singular – Präteritum Plural – Partizip PerfektIm Germanischen gab es 7 Ablautreihen. Wichtig sind die ersten fünf (5) Reihen, man nennt sie die E-Gruppe, weil in diesen fünf Reihen im Infinitiv immer das kurze e steht oder es in verschiedener Umgebung vorkommt.

I Reihe: /e/ + /i/I Grundstufe II Abtönungsstufe III Schwundstufe IV Schwundstufe

IE e + i o + i i iGot. greipan (greipa) Graip gripum gripans Ahd. grīfan (grīfu) greif griffum gigriffanMhd. grīfen (grīfe) Greif griffen gegriffenFnhd. greifen (greif) Griff griffen gegriffen

II Reihe: /e/ + /u/I Grundstufe II Abtönungsstufe III Schwundstufe IV Schwundstufe

IE e + u o + u u uGerm. biugan (biuga) Baug bugum bugansAhd. biogan (biugu) Boug bugum giboganMhd. biegen (biuge) Bouc bugen gebogenFnhd. biegen (biege) Bog bogen gebogen

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III Reihe: /e/ + Nasal oder Liquid l, m, n, r + KonsonantI Grundstufe II Abtönungsstufe III Schwundstufe IV Schwundstufe

IE e+l,m,n,r+Kons O+l,m,n,r+Kon -+l,m,n,r+Kons -+l,m,n,r+KonsGerm. bindan (binda) Band bundum bundansAhd. bintan (bintu) Bant buntum gibuntanMhd. binden (binde) Bant bunden gebundenFnhd. binden (binde) Band banden GebundenIV Reihe: /e/ + Nasal oder Liquid l, m, n, r + Vokal

I Grundstufe II Abtönungsstufe III Dehnstufe IV Schwundstufe

IE e+l,m,n,r o+l,m,n,r ē+l,m,n,r -+l,m,n,rGerm. niman (nima) Nam nēmum numansAhd. neman (nimu) Nam nâmum ginomanMhd. nemen (nime) Nam nâmen GenomenFnhd. nehmem (nehme) Nahm nahmen genommen

V Reihe: /e/ + Konsonant (außer l, m, n, r), d.h. nur idg. Plosiva und SpirantI Grundstufe II Abtönungsstufe III Dehnstufe IV Grundstufe

IE e + P/S o + P/S ē + P/S e + P/SGerm. Giban Gaf gēbum gibansAhd. geban (gibu) gab gâbum gigebanMhd. geben (gibe) gap gâben GegebenFnhd. geben (gebe) gab gaben Gegeben

VI Reihe: andere idg. Ablautreihen, im Germanischen Ablaut /a/ => /o/ I Grundstufe II Dehnstufe III Dehnstufe IV Grundstufe

IE a / o ā / ō ā / ō a / oGerm. faran (fara) fōr fōrum FaransAhd. faran (faru) fuor fuorum GifaranMhd. varn (vare) vuor vuoren GevarnFnhd. fahren (fahre) fuhr fuhren Gefahren

VII Reihe: Stamm des Präteritums ursprünglich durch die Reduplikation im Gotischen gebildet.

I Grundstufe II reduplizierte Form III reduplizierte Form IV Grundstufe

Got. haitan (haita) Haihait haihaitum haitansAhd. heizan (heizu) Hiaz hiazum giheizanMhd. heizen (heize) Hiez hiezen geheizenFnhd. heißen Hieß hießen gehießen

Die Entstehung des Wortes „Deutsch“Warum heißen Deutsche "Deutsche"? Über die Herkunft des Wortes "Deutsch" haben die Deutschen selbst lange gerätselt, denn im Unterschied zu Allemand, wie die Franzosen die Deutschen nennen, oder German wie es die Engländer tun, ist "Deutsch" kein Stammesname. Seit Jacob Grimms Excurs über Germanisch und Deutsch von 1840 hat ein Jahrhundert Forschung Licht in das Dunkel um die Entstehung des Namens gebracht.

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Der historische Hintergrund liegt in der Gründung des fränkischen Reiches oder Frankenreiches. Im Großreich Karl des Großen lebten germanische und römische Stämme. Im westlichen Teil des Großreiches lebten romanische Stämme und im östlichen Teil germanische. Nach seinem Tod (814) entstanden aus diesem Reich zwei Reiche, die Herzogtümer Ostfranken und Westfranken, kurzlebige Teilstaaten des Ostfränkischen Reiches bzw. späteren Heiligen Römischen Reiches (Deutschland). Sie waren aus der Teilung des 939 eingezogenen (aufgehobenen) Herzogtums Franken hervorgegangen, das seit 1039 endgültig aufgesplittert war. Das Herzogtum Ostfranken (Francia Orientalis), auch Mainfranken genannt, umfasste die östliche Hälfte des früheren Herzogtums mit der Hauptstadt Würzburg. Die politische Grenze war die sprachliche Grenze zwischen Französisch und Deutsch, an der Grenze des Westreiches lebten die Franken, der mächtigste germanische Stamm im politischen und kulturellen Sinne. Die Bayern, Sachsen, Allemanen wurden erobert und gezwungen in diesem Reich zu leben. Die Franken nannten ihre Sprache frenkisk, was sie später durch das Wort thiudisk ersetzten. Er ist wohl im romanisch-germanischen Grenzgebiet entstanden und meint als "thiudisk" - darin steckt das althochdeutsche diot, deot, das Volk bedeutet - Sprache und Gebräuche der nicht romanisch sprechenden Franken. Andere germanische Stämme nannten ihre Sprache Bayrisch, Sächsisch und nicht Thiudisk. In einem lateinischen Satz kommt das Wort thiudisk zum ersten Mal 786. vor. Der Gegensatz dazu ist walhisk (welsch).

Auf Latein bedeutet Theudiscus = Volkssprache Auf Gotisch bedeutet Theudiscus = Þiunda (Volk)

Abgeleitete Adjektive sind: diustisc (ahd) und tiu(t)sch (md) und die Bedeutung dieser Adjektive ist das Volk betreffend, zum Volk gehörend oder volksmäßig.200 Jahre nach dem Auftreten der lateinischen Form finden sich Belege für die deutsche Form des Wortes, dank des Übersetzers Notker der Deutsche. Bei ihm kommt die Form diutisk vor. Im Jahre 1090 ist im Kloster Siegburg, in der Nähe von Köln, das Annolied entstanden. In diesem Lied tauchte nicht nur zum ersten Mal dieser Begriff, sondern auch die ganze Anwendungsbreite auf:

diutischiu liute, diutschi man (bezeichnet die Leute) diutschiu lant (bezeichnet das Land) diutschiu dprechin (bezeichnet die Sprache)

Man sagt, dass das Wort deutsch seit 1090. geboren ist. Die Benennung Germania, Germani wird im geographischen Sinne gebraucht.

Die räumliche Gliederung des Deutschen

Die räumliche Gliederung bedeutet die Einteilung des Deutschen in Dialekte. Die Einteilung ist ähnlich wie die Einteilung des Deutschen in Sprachepochen. Deutsche Dialekte sind:

1. Bayrisch2. Fränkisch3. Sächsisch

Aufgrund der Zweiten Lautverschiebung wurde Deutsch in zwei Hauptgebiete aufgeteilt: Hochdeutsch

- OberdeutschDie oberdeutschen Dialekte sind:

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1. Alemanisch – Schwäbisch (Zentrum ist in Stuttgart) und Nieder- und Hochalemanisch. Alemanisch wird in der Schweiz, Elsass und Baden-Württemberg gesprochen.

2. Bayrisch – Südbayrisch (gesprochen in Steiermark, Tirol und Kärnten), Mittelbayrisch (gesprochen in Bayern, Ober- und Niederösterreich mit dem Zentrum in München), Nordbayrisch (gesprochen in Oberpfalz, um Regensburg und Nordböhemien)

3. Oberfränkisch – Südfränkisch und Ostfränkisch. Werden in Wurzburg und in Nürnberg gesprochen.

- Mitteldeutsch Die mitteldeutschen Dialekte sind:1. Westmitteldeutsche Dialekte – Ripuarisch (um Köln), Moselfränkisch

(um Trier – die älteste Stadt in Deutschland!), Rheinfränkisch und Hessisch (um Frankfurt und Mainz)

2. Ostmitteldeutsche Dialekte – Thüringisch (um Erfurt) und Obersächsisch (Dresden und Leipzig). Im Aussterben sind folgende ostmitteldeutsche Dialekte: Schlesisch und Hochpreußisch in Polen und Sudetendeutsch in Tschechien.

Niederdeutsch- Westniederdeutsch

Die westniederdeutschen Dialekte sind:1. Schleswig-Holsteinisch (um Kiel) 2. Nordniedersächsisch (Bremen und Hamburg) 3. Westfälisch (Dortmund)4. Ostfälisch (Hannover)

- OstniederdeutschDie ostniederdeutschen Dialekte, die im Grunde in der ehemaligen DDR gesprochen werden, sind:1. Mecklenburgisch (Rostock)2. Märkisch (nördlich von Berlin)Berlinisch. Dieser Dialekt ist eine Mischung aus dem Nieder- und Mitteldeutschem und wird hauptsächlich als Umgangssprache in Berlin gesprochen. Außerdem haben sich die niederdeutschen Mundarten den hochdeutschen genähert.

Nomen/Nomina

Die meisten Nomina der deutschen Sprache kann man in 3 Kategorien zerlegen:1. Konstituente: Wurzel (duc-)2. Konstituente: Stammbildendes Element/der Stammsuffix (tu-)3. Konstituente: die Kasusendung/das Flexiv (-s)

Der Stamm bilden die Wurzel und das stammbildende Element/der Stammsuffix. Die Stämme können vokalisch oder konsonantisch sein. Man spricht von einem vokalischen Stamm wenn die Wurzel oder das stammbildende Element mit einem Vokal endet, man spricht von einenm konsonantischen Stamm wenn die Wurzel oder das stammbildende

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Element mit einem Konsonant endet. Vokalische Stämme erkennt man am Dativ Plural und konsonantische Stämme am Genitiv Plural.

Vokalische Deklination:1.a) Stamm, der (reine) A-Stamm (nach dieser Deklination deklinieren Maskulina und Neutrum), Beispiele sind Tag, Brot und Wort:N. dags N. dagos N. hlaifs N. hlaibos N. waurd N. waurda G. dagis G. dage G. hlaibis G. hlaibe G. waurdis G. waurdeD. daga D. dagam D. hlaiba D. hlaibam D. waurda D. waurdamA. dag A. dagans A. hlaif A. hlaibans A. waurd A. waurda1.b) Stamm, der erweiterte JA-Stamm und WA-Stamm (nach dieser Deklination deklinieren Maskulina und Neutra), die maskulinen ja/wa-Stämme trennen sich wegen eines Endungsunterschieds in solchen mit einer kurzen Stammsilbe und solchen mit einer langen Stammsilbe, letztendlich bedingt durch das Sievers'sche Gesetz. Wie die langsilbigen verhalten sich auch die mehrsilbigen Stämme. Bei den neutralen ja-Stämmen gibt es diesen Unterschied im Gotischen nicht mehr; hier hat sich der kurzsilbige Typ durchgesetzt, die wa-Stämme sind immer kurzsilbig. Beispiele sind: Heer für den ja-Stamm (IE *korio) und Knecht für den wa-Stamm.N. harjis N. harjos N. Þius N. ÞiwosG. harjis G. harje G. Þiwis G. ÞiweD. harja D. harjam D. Þiwa D. ÞiwamA. hari A. harjans A. Þiu A. Þiwans2.a) Stamm, der (reine) O-Stamm (nach dieser Deklination deklinieren nur Feminina), Beispiel ist: Gabe.N. giba N. gibosG. gibos G. giboD. gibai D. gibomA. giba A. gibos2.b) Stamm, der erweiterte JO-Stamm und WO-Stamm (nach dieser Deklination deklinieren Feminina), Beispiele sind: Wahrheit, Treue und Mädchen (Ausnahme!)N. sunja N. sunjos N. triggwa N. triggwos N. mawi N. maujos

G. sunjos G. sunjo N. trggwos N. triggwo G. maujos N. maujoD. sunjai D. sunjom N. triggwai N. triggwom D. maujai D. maujomA. sunja A. sunjos N. triggwa N. triggwos A. mauja A. maujos3. Stamm, der I-Stamm (nach dieser Deklination deklinieren alle drei Genera). Diese Nomina haben heute im Plural einen Umlaut. Beispiel ist gasts, heute Gast – Gäste N. gasts N. gastisG. G. gasterD. D. gastimA. A. gastims 4. Stamm, der U-Stamm (diese Deklination ist im Germanischen in Resten erhalten). Des Weiteren werden nur zwei sächliche Nomen in dieser Deklination dekliniert werden und zwar *Faíhu (Vermögen) und *Paíru (Stachel). Beispiele: Sohn u. HandN. sunus N. sunjus N. handus N. handusG. sunjus G. suniwe G. handus G. handiweD. sunau D. sunum D. handau D. handum

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A. sunu A. sununs A. handu A. handuns Konsonantische Deklination:1. Stamm, die N-Deklination. Varianten sind on, ōn, en. Alle drei Geschlechte

werden nach dieser Deklination dekliniert. Das ist die schwache Deklination im Germanischen. Beispiel ist: Zunge

N. tuggo N. tuggōnsG. tuggons G. tuggōnoD. tuggon D. tuggōmA. tuggon A. tuggōnsBemerkung : einige schwache Maskulina sind solche geworden, z.B. Schwahn und Hahn, und davon zeugen die Zusammensetzungen Hahnenkampf und Schwanengesang. Bei einigen schwachen Maskulina ist im Nom.Sg. ein n eingetreten, so dass sie in die starke Deklination übergetreten sind. Es kommt auch zum Übertritt der Maskulina in die Feminina (Maskulina auf –e), z.B. der Wind, der Junge, der Alte, der Löwe. 2. Stamm, der indogermanische S-Stamm. Im IG gibt es 2 Varianten:

es – Wurzel + es + Kasusendung (serbisch: telo – telesa, nebo – nebesa) os – Wurzel + os + Kasusendung

Indogermanisches ES, OS wurde im Germanischen zu IZ, AZ, im Althochdeutschen IR, AR, im Mittelhochdeutschen zu ER -> kein stammbildendes Element sondern eine Pluralendung/Pluralmarker. Das Althochdeutsche hatte nur wenige S-Stämme (Lamb, Kalb, Rind, Ei, Blatt). Dieser Stamm bleibt nur im Plural erhalten: im Singular gibt es nicht diesen Stamm. Im Singular ist diese Deklination mit der Deklination der neutralen A-Stämme zusammengefallen. !!! Germanisch: lemb-iz-ō > Althochdeutsch: lembir > Mittelhochdeutsch: lember !!!3. Stamm, der R-Stamm. Verwandtschaftsnomina hatten diesen Stamm und diese

Deklination ist untergangen, Beispiele sind: Vater und Bruder.fadar – bruodar, aber: modar – tochtar – scwistar,

4. Stamm, der NT-Stamm. Das nt war im Indogermanischen der Partizipialsuffix, im Germanischen wurde es zum nd, heute im Partizip I vertreten.

Wurzelnomina. Wurzelnomina sind Nomina die keinen Stammsuffix aufweisen, d.h. die Flexions- und Kasusendung werden direkt an die Wurzel angehängt. Bei allen drei Geschlechten erhalten, am besten bei Feminina, bei denen sich später die I-Stämme (nahts, brusts ...) entwickelt hat. Nur ein Maskulina nach dieser Deklination: manna. Im Althochdeutschen ist kein Neutrum mehr von dieser Klasse erhalten. got. baurgs > heute: Burg

Althochdeutsch (750 – 1050)

Das Althochdeutsch kann man in drei Konstituente zerlegen und es handelt sich keinesfalls um eine einheitliche Sprache.

1. Alt – bezieht sich auf die Zeit, da Althochdeutsch die älteste schriftlich belegte Sprache ist.

2. Hoch – bezeichnet den Raum (südlich der Benrather Linie).3. Deutsch – bezeichnet die Sprache.

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Wenn wir Althochdeutsch sagen, dann meinen wir auch Dialekte, aber mit fließenden Grenzen, So ist Langobardisch ein Althochdeutscher Dialekt, gesprochen wird er aber in Norditalien; enthielt hochdeutsche Konsonanten und wurde im 12. Jahrhundert romanisiert und von diesem Dialekt sind einzelne Wörter erhalten, kein einziger Text, weil sie Sprache ziemliche schnell romanisiert wurde und außerdem keine Schriftsprache war. Mehr oder weniger unzweifelhafte Beispiele sind: panca, zolla und pizza.

Hauptmerkmale des Althochdeutschen:1. Primärumlaut 2. Nebensilbenvokale ; wenn ein Wort zweisilbig ist, dann enthält es eine Stammsilbe

und eine Nebensilbe, die gleichzeitig die Endsilbe ist. Wenn ein Wort dreisilbig ist, dann hat es eine Stammsilbe und zwei Nebensilben, wobei die mittlere zugleich die Mittelsilbe ist.- Vokale der Endsilbe , die Endsilben zeigen im Althochdeutschen folgende Vokale: kurze a, e, i, o, u, die langen ā, ē, ī, ō, ū, einen Diphtong: iu und das in der Flexion der Pronomina und der Adjektive, z.B. stolziu. Kurze und lange Endvokale bleiben im Althochdeutschen als solche erhalten: degano, filu, gibu ...Erste Spuren der Abschwächung finden wir im 9. Jahrhundert und dass bei einzelnen Wörtern. Das Ergebnis der Abschwächung ist das schwache E. Dieses „e“ tritt an Stelle aller übrigen Vokale. Es gibt keine festen Regeln über den Ablauf der Abschwächung. Die langen Endvokale haben sich am besten gehalten, z.B. hohī, lobōn usw. Die kurzen Endvokale im ungedeckten Auslaut halten sich länger als die in kurzen Vokale im gedeckten Auslaut, boto, geba usw.Ahd: nāmun namen

nemān -> die Vokale sind gedeckt -> nemen -> Sie sind im Ahd. hānin hanen abgeschwächt.

Der ungedeckte Auslaut: am Ende steht ein Vokal, Beispiel: namunDer gedeckte Auslaut: am Ende steht ein Konsonant, Beispiel: boto- Vokale der Mittelsilbe , diese Vokale sind im Althochdeutschen weniger resistänt als die Vokale der Endsilben. Sie wurden früher zu e verschoben und sie betreffen das Präteritum der schwachen Verben, z.B. Inf. hōren > Prät. hōrta Synkope – Ausfall des Mittelvokals, das Verb ist dann ein synkopiertes Verb, Beispiel: genade > gnade Apokope – Ausfall des Endvokals, Beispiel: unde > und Noch im Althochdeutschen haben wir die Abschwächung und den Ausfall des Mittelvokales, also die Synkope. Bewahrt haben sich nur einige schwere Mittelvokale, lang oder gedeckt.

3. Formenreichtum . Fast für jede Person gibt es eine Form.Deklination: N lamb N lembir

G lambes G lembiroD lambe D lembirumA lamb A lembir

Konjugation -> das Althochdeutsche hatte 2 Tempora : Präsens und Präteritum , wobei beide Formen synthetisch sind: nimus – nimis – nimit

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4. Sprachliche Erscheinungen . Die erste Monoftongierung und die erste Diftongierung finden im Althochdeutschen statt, was noch mal im Frühochdeutschen stattfinden wird. Die althochdeutsche Monoftongierung:Germ. ai => ahd. ei, Beispiel: got. ains => ahd. ein

=> ahd. ê lange, sekundäre, e vor r, h, hv, Beispiel: got. aihts => ahd. êht

Germ. au => ahd. ou, Beispiel: got. aukon => ahd. ouhon => ahd. ô, vor dem germanischen h und allen Dentalen (d,t,z,s,r,l,n) Beispiel: got. auso => ahd. ôrga

Die althochdeutsche Diftongierung (begann schon im (8.Jh.):Germ. ê2, das lange (sekundäre) e => ea, ia, ie, Beispiel: got. hêra => ahd. hear/hiar/hierGerm. ô => Ahd. uo, Beispiel: brôdar => bruoderIE. *mâter => got. môder => muoterZwei Erscheinungen aus dem Germanischen im Althochdeutschen:

1) Vokaldehnung durch Nasalschwund des Velarnasals [ŋ] germ. aŋh => ahd. âh, Beispiel: germ. *braŋhto => ahd. brâhtaGerm. uŋh => Ahd. ūh, Beispiel: germ. *þuŋhtō => ahd. dūhta

2) Das indogermanische m wurde im Germanischen n vor Dentalen IE. *k ̑m ̥tóm => got. hundDie indogermanische Gruppe sr wurde im Germanischen str. Das t wurde eingeschoben, Beispiel: IE *sreu => Ahd. strôum

Der Halbvokal im Althochdeutschen wurde meist zu uu (uV, Vu, W) geschrieben. Einfaches u (ein u) vor u ist selten und steht meist nach dem Konsonant, Beispiel: suert, uuntar. Der Halbvokal ist im Althochdeutschen verschwunden in den Anlautsverbindungen rw, wl, wr, Beispiel: got. wrikan => ahd. rêchanIm Auslaut einer Silbe wurde das „w“ vokalisiert.w => o (am meisten), Beispiel: got. sew => ahd. sēo w => u (selten), Beispiel: inf. garwen => garutunDas auslantende o vor w fällt nach langen Vokalen Mitte des 9.Jh. ab, Beispiel: sēo => sēDas inlautende w fällt nach den Konsonanten (außer nach h und r), Beispiel: got. saihwan => ahd. sehanDie Länge der Vokale ist in althochdeutschen Handschriften meist nicht angedeutet. Es gibt zwei Varianten um die Länge zu markieren, entweder man verdoppelt den Vokal (z.B. ketaan) oder man benutzt den Zirkumflex (z.B. prâhta).Zu dieser Epoche gibt es ca. 2 Millionen Sprecher, aber die einzigen Zentren des kulturellen Lebens waren die Klöster.

Das Mittelhochdeutsche (1050 – 1350)

- Frühmittelhochdeutsche 1050 – 1170- Klassische Mittelhochdeutsche 1170 – 1250 - Spätmittelhochdeutsche 1250 – 1350

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Den Begriff Mittelhochdeutsch kann man in 3 Konstituente zerlegen:1. Mittel – bezieht sich auf die Periode zwischen dem Althochdeutschen und dem

Frühneuhochdeutschen. Das Mittelhochdeutsche unterscheidet sich vom Althochdeutschen durch die abgeschwächten Nebensilbenvokale und einen analytischen Sprachbau. Vom Frühneuhochdeutschen unterscheidet sich das Mittelhochdeutsche durch die noch erhaltenen langen Vokale (ī, ū, iu) und Diftonge (ie, uo, üe). Zusammen mit dem Althochdeutschen bildet es das Altdeutsche.

2. Hoch – bezieht sich auf den Raum,3. Deutsch – bezieht sich auf die Sprache selbst. Das Wort oder der Begriff Mittelhochdeutsch hat im Grunde zwei Bedeutungen: 1. Mittelhochdeutsch ist die erste Gemeinsprache, eigentlich die stark standes- und zeitgebundene Literatursprache des Rittertums.Gemeinsprache: die erste Variante des Deutschen mit überregionaler Geltung,Standesgebundene Sprache: die Sprache wird am feudalen Hof gesprochen,Zeitgebundene Sprache: die Sprache verschwand mit der Mittelalterliteratur.Verschiedene Dialekte wurden im Volk gesprochen. Deshalb heißt es, dass es bei dieser ersten deutschen Gemeinsprache um eine künstliche Bildung handelt, ohne jegliche Stützung in der Bevölkerung.2. Mittelhochdeutsch ist die Summe der mittelhochdeutschen Dialekte, aber im Unterschied zum Althochdeutschen zeigt es Merkmale gewisser Integrationsprozesse. Die Leute sind mobiler geworden und zwischen ihnen kommt es zu regen Kontakten, auch auf der Ebene zwischen Ländern, was auch der Grund ist, warum es zum Ausgleichen innerhalb verschiedener Sprachen kam.

Allgemeine Tendenzen dieses Zeitabschnitts:1. Kirchen und Klöster sind nicht mehr die einzigen Stätten des kulturellen Lebens,

auch außerhalb ihrer entwickeln sich sowohl Kultur, als auch Literatur.2. verschiedene Volkssprachen werden mehr in der schriftlichen Form verwendet und

das auf Kosten des Lateins. Im Jahre 1235. wurde der Mainzer Reichslandsfrieden oder Mainzer Landfriede von Kaiser Friedrich II. erlassen. Man kann es als erstes Grundgesetz des Heiligen Römischen Reiches ansehen, er wurde nicht nur – wie üblich – in lateinischer Sprache, sondern auch in Mittelhochdeutsch verkündet und somit ist es das erste Gesetz auch in deutscher Sprache. Mit diesem Jahr beginnt auch der Kampf gegen die Dominanz des Lateins. Am Ende des 14.Jh. überwiegt das Latein immer noch, von 200 Schriften, die aus dieser Zeit überliefert sind, sind nur 2 auf deutscher Sprache verfasst.

3. Volle Entfalltung des Feudalismus.4. Steigende Produktivität und Differenzierung zwischen Handel und Gewerbe.5. Städte erkämpfen sich langsam ihre Selbstständigkeit, seit dem 12./13. Jahrhundert

wurde in Städten in der Geschäfts- bzw. Kanzleisprache geschrieben. Vom 10. bis zum 13.Jh. fand die bekannte Ostexpansion oder Deutsche Ostsiedlung statt, die um 1350 beendet wurde. Zur Zeit des Althochdeutschen lebten östlich von der Elbe Slawen. Diese Gebiete wurden im genannten Zeitabschnitt von verschiedenen deutschen Stämmen besiedelt.

6. Seit dem 11.Jh. kommte es zum Ausbau geschlossener Territorien durch den Feudaladel.

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7. Kampf zwischen Zentral- und Territorialmacht Sprachliche Erscheinungen des Mittelhochdeutschen:

1. Auslautverhärtung/Auslautfortisierung. Am Wortende oder im Silbenauslaut im Mittelhochdeutschen werden Obstruenten, die stimmhaften Plosive (Medien) b, d, g zu den stimmlosen Plosiven (Tenues) p, t, k, was sich auch im heutigen Deutsch erhalten hat (Tag wird als Tak ausgesprochen). Die Tenues sind starke und kräftige Laute, die Medien hingegen zarte und schwache. Im Gegensatz zum Mittelhochdeutschen, ist es in der Graphematik nicht erhalten, in der mittelhochdeutschen Graphematik schon, weshalb man sagen kann, dass die mhd. Graphematik Elemente des phonetischen Prinzips aufnimmt, anstellen dessen später der etymologische vorkommt. Beispiel: līp > lībes; nīt > nīdes <= kommt vor im Genitiv Sg; gelouben – geloubte

2. R-Schwund. Im Auslaut kommt es zum Ausfall des r-Lautes falls vor ihm ein langer Vokal stand. So aus: dar > dâ, hier/hiar > hie. Zum r-Schwund kommt es auch im Präteritum des Verbes wesan – wâ (anstatt wâr). Das Beispiel mit dem hier hat sich auch im heutigen Deutsch erhalten, in der Form des Phraseologismus hie und da.

3. Assimilation der Konsonanten im Wortinneren. Es handelt sich um die Angleichung eines Konsonanten an einen anderen, meist benachbarten und nach Artikulationsort, um die Aussprache zu erleichtern.nm > mm => unmære > ummære mb > mm => umbe > umme, Ausfall des finalen Vokals > um; zimber > Zimmerrntf > empf => ahd. entfahan > mhd. empfanhen, heute: empfangenDieser Prozeß ist auch als totale Assimilation bekannt. Eine besondere Form der Assimilation der Konsonanten ist die Lenisierung. Hier wird die Tenue t zu der Medie d wenn sie hinter den Nasalen m, n und der Liquide l steht. Der d-Laut ist ein Lehnis.nt > nd => ahd. bintan > mhd. binden; ahd. lantes > mhd. landes; ahd. henti > mhd. Händelt > ld => ahd. solte > soldeDie Lenisierung ist eine relativ ofte Erscheinung im präteritalen Morphem –te bei den schwachen Verben, dessen Basis auf ein Nasal endet.mt > md => ahd. rumte > rumde, dieses Beispiel ist ein lenisiertes präteritales Morphem. Dieser Prozeß ist auch als partielle Assimilation bekannt.

4. Kontraktion u. Dehnung der Vokale als Folge des Schwundes der Medien b,d, gahd. igi > igi > mhd. ī, Beispiel: ahd. ligit > līt, heute liegt. ahd. egi > egi > mhd. ei, Beispiel: ahd. legit > mhd. leit, heute legt.ahd. ibi > ibi > mhd. ī, Beispiel: ahd. gibit > mhd. gīt/gibet, heute gibtahd. abe > abe > mhd. â, Beispiel: ahd. haban > mhd. hân. Diese Kontraktion ist in der 2. und 3. Person Singular Indikativ Präsens erhalten, du hast, nicht du habst und er/sie/es hat und nicht er/sie/es habt.

5. Kontrahierte Verneinung6. Der Sekundärumlaut7. Abschwächung der Nebensilbenvokale. Erste Spuren dieses Prozeßes sind noch

im Althochdeutschen zu finden, also schon im 9.Jh. trotzdem ist dies aber eine

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der auffäligsten Erscheinungen des Mittelhochdeutschen. Im 11.Jh. sind die vollen Vokale weitgehend verdrängt, denn während das Althochdeutsche die vollen Vokale in den unbetonten Silben und Endsilben bewahrt, hat das Mittelhochdeutsche die vollen Nebensilbenvokale verdrängt. Nur die unbetonten Ableitungssuffixe –lich, –bar und –tum haben in der Regel den vollen Vokal bewahrt, vermutlich weil sie mit einem Nebentom ausgesprochen wurden. So wurden die ahd. Vokale a, e, i, o, u, ā, ī, ō, ū, iu wurden zum ∂ (schwa-Halblaut), Beispiel: ahd. gināda > gnade. Die Folge der Synkope und der Abschwächung der Nebensilbenvokale ist der Zerfall der althochdeutschen Endungssystem, d.h. die Simplifizierung der Flexion. Früher waren die vollen Vokale Teil verschiedener grammatischer Morpheme, die es im Althochdeutschen mehr war und die bestimmte grammatische Kategorien (Person, Fall, Nummer, Modus) markierten. Die Abschwächung der Nebensilbenvokale kam es zur Verschmelzung diverser Endungen, die nicht mehr grammatische Kategorien markieren konnten. Beispiel: ahd. Plural hōrtum, hōrtut, hōrtun > mhd. Plural hörten, hörte, hörten. Es kommt zur Bildung synkretischer (morphologisch identischer) Formen in Bezug auf verschiedene grammatische Kategorien. Auf diese Weise wird im Deutschen auch der synthetische Satzbau immer mehr durch den analytischen Satzbau verdrängt.

8. die Abschwächung der Nebensilbenvokale hatte auch als Folge analytische (periphrastische, deflexione) Verbindungen im Mittelhochdeutschen in Morphologie und Syntax. Die ersten analytischen Verbformen finden sich schon im althochdeutschen Texten, sind aber im Althochdeutschen immer noch selten. Jetzt wird neben dem Verb auch das Personalpronomen angeführt, und die Reduktion der grammatischen Morpheme für die einzelnen Fälle führt zum Artikel, der Genus, Fall und Numerus markiert. Die erste analytische Form ist der Passiv (der heutige Zustandspassiv). Er wird mit dem Hilfsverben sīn (für Perfekt/Plusquamperfekt Passiv) und werden (Präsens/Präteritum Passiv) gebildet. Erste Belege für den Passiv finden wir in althochdeutschen Texten und diese Verbform ist unter dem Einfluß des Latein entstanden. Die nächsten analytischen Formen sind der Perfekt und der Plusquamperfekt. Man bedarf jetzt mehr linguistische Möglichkeiten um zeitliche Geschehen auszudrücken, denn Präsens und Präteritum genügen nicht mehr. Die neuen Formen sind unter dem Einfluß des Französichen entstanden. Der Perfekt wird mit den Hilfsverben haben und sīn und dem Partizip Perfekt (Partizip Präteritum) gebildet. Die letzte und jüngste analytische Verbform ist der Futur I, der zuerst mit dem Hilfsverb werden und dem Partizip Präsens gebildet wird, Beispiel: ich werde sehende und nicht ich werde sehen! Überhaupt wird der Futur eher selten benutzt, vielmehr werden, um eine zukünftige Handlung auszudrücken, die Modalverben suln (heute sollen), wellen (heute wollen) und müezen (heute müssen) + Infinitiv benutzt.

9. S-Erweiterung (Erweiterung der Gruppen sc-/sk- ins sch). Zur s-Erweiterung kam es ca. im 13.Jh. und dieser Prozeß begann im Süden, im Alemanischen, und breitete sich langsam Richtung Norden, Ostmittelfränkischen aus, am spätestens fanden sie ihren Niederschlag in den bayrisch-österreichischen Dialekten. Man iste der Meinung, dass der Prozeß im 15.Jh. abgeschlossen wurde. Alle anderen s-

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Erweiterungen geschahen nicht im Mittelhochdeutschen, sondern gerade im Frühneuhochdeutschen und begannen um 1350. und endeten im 15.Jh. ahd. sc- > mhd. sch, ahd. sconi > mhd. schoene (Ligatur); ahd. scilti > mhd. schiltahd. sk- > mhd. sch, ahd. wasken > mhd. waschen

Ortographie im Mittelhochdeutschen

Im Mittelhochdeutschen findet man eine recht willkürliche Ortographie deren es in jeder Hinsicht an Norm fehlt. In den modernen Textangaben klassischer mittelhochdeutscher Texte ist die Ortographie normalisiert, bzw. einheitlich, trotzdem sieht man, dass Texte abhängig von der religiösen oder sozialen Stellung des Autors geschrieben wurden. Es werden Minuskeln verwendet, Majuskeln werden hauptsächlich für Eigennamen benutzt. Lange Vokale sind mit einem Zirkumflex versehen, lange, umgelautete Vokale werden als Ligatur/Diagraf geschrieben. Es kommt zur Palatalisierung: Das Mittelhochdeutsche unterschied zwei verschiedene s-Laute: Einerseits das in der zweiten, hochdeutschen Lautverschiebung entstandene [s], das auf germanisches t zurückging und mit z/zz geschrieben wurde, beispielsweise in ezzen, daz, grôz. Andererseits der auf germanisches s zurückgehende stimmlose alveolo-palatalen Frikativ [3], beispielsweise in sunne, stein, kuss, kirse, slîchen. Im Mittelhochdeutschen gab es eine Tendenz zur stimmhaften Aussprache des stimmlosen, labio-dentalen Spiranten [f] im Anlaut, also [w], Beispiel: mhd. fater > fnhd. Vater. Diese Tendenz hat sich nicht durchgesetzt. In den Textausgaben der klassischen mhd. Literatur kommen folgende vokalische Lautzeichen vor: kurze Vokale: a, e, i, o, ukurze umgelautete Vokale: a > e, o > ö und u > ülange Vokale: ā, ē, ī, ō, ūlange umgelautete Vokale: ā > æ, ō > œ > öu, ū > iu > ueDas k wird als c, kk, ck geschrieben, das h wird im Mittelhochdeutschen augesprochen. Das ph wird als pf ausgeprochen, Beispiel: phlagen – pflagen.

Das Frühneuhochdeutsche (1350 – 1650)

Das Frühneuhochdeutsche wird als souveräne Sprachepoche bezeichnet, die wir Arno Schirokauer zu verdanken haben. Den Begriff Frühneuhochdeutsch kann man in 3 Konstituenten zerlegen:

1. Frühneu – bezeichnet die Zeit. Der Anfang dieser Epoche zeugt von einer überregionalen Schriftsprache in der Kanzlei Karls IV.

2. Hoch – bezeichnet den Raum, unterhalb der Benrather Linie.3. Deutsch – bezeichnet die Sprache selbst.

Hauptmerkmale des Frühneuhochdeutschen. Um 1350 wurde die Deutsche Ostsiedlung/Ostexpansion beendet und die

östliche Grenze blieb mit wenigen Abweichungen bis 1945. erhalten. Die Flüsse Oder, Elbe und Saale sind die natürlichen Grenzen im Osten.

Städte werden gebildet und es kommt zur Ausbildung einer Stadtkultur, um 1400 gabe es etwa 1 Millionen Einwohner die in Städten lebten und über 1000 Städte, die nun zu den Zentren der Verwaltung, Bildung und Kultur wurden. Am Anfang des 16.Jh. besteht das deutsche Reich aus Territorialstaaten.

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Vor 1400 wurden fünf Universitäten erbaut. Die älteste Universität befindet sich in Prag 1348, dann folgten Wien 1365, Heidelberg 1386, Köln 1388 und schließlich Erfurt 1392.

Die Papierherstellung setzte ein und zum Buchdruck. Bevor das Papier erfunden wurde, wurden Pergamente zum Schreiben benutzt. Ende des 14.Jh. kam es zum Übergang aufs weitaus billigere Papier, obwohl es eigentlich vor mehreren Tausend Jahren im alten China erfunden worden war. Gutenberg, der Erfinder des europäischen Buchdruckes mit beweglichen Metall-Lettern, ließ 1455 in 180 Auflagen seine 42-zeilige Bibel drucken und zwar in Mainz. Neben den 150 Exemplaren auf Papier, wurden ca. 30 auf Pergament gedruckt. Die Gutenberg Bibel oder „B-42“ gehört zu den wichtigsten Werken der Inkunabelzeit (oder Wiegedrucke, der Zeit vor der Erfindung des Buchdruckes). Die bekannteste gedruckte Übersetzung der Bibel vor Gutenberg war die Mentelin-Bibel, die in der zweiten Hälfte des 14.Jh. erschien. Sie ist die erste Bibel gedruckt in der deutschen Volkssprache. Die erste bekannte Druckpresse geht, wie gesagt, auf Johannes Gutenberg zurück, der um 1442 eine Spindelpresse für den Zweck des Buchdrucks einsetzte. Neue Druckereien wurden bald in vielen deutschen Städten, vorwiegend im Süden (Augsburg, Bamberg, Basel und Straßburg), eingerichtet. Im Jahr 1500 gab es in Europa an die tausende Druckereien.

Die Sammlung Der Edelstein von Johann von Ringgenberg aus dem Jahr 1350 erzählt in altschweizer Mundart einhundert aus lateinischen Quellen geschöpfte Fabeln. Das älteste erhaltene gedruckte Exemplar des Werkes aus dem Jahr 1461 wird in der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel aufbewahrt. Es wurde in der Druckerei in Bamberg hergestellt und ist das erste Werk in deutscher Sprache, das mit beweglichen Lettern gedruckt wurde.

Das erste gedruckte Buch eines lebendigen Autors war Narrenschrift aus dem Jahr 1494 von dem Autor Sebastian Brandt.

Marthin Luther (1483 – 1546), auf der einen Seite ist Luther der Gründer der deutschen Sprache, bzw. das protestantische Deutsch erscheint als Grundlage der gegenwärtigen Sprache. Auf der anderen Seite behauptet man, dass Luther keineswegs der Gründer der neuhochdeutschen Literatursprache ist. Im Herbst 1510 oder 1511 reiste Luther nach Rom, schon am 31.10.1517 schlug er die 95 Thesen an den Hauptportal der Schloßkirche in Wittenberg, gegen die Ablassbriefe. Er übersetzte das Neue Testament im Jahre 1522.

Die Sprache des Druckerbuches: die ersten Bücher, die in Deutschland gedruckt wurden, wurden in lateinischer Sprache verfasst. Die Drucker standen in enger Beziehung zur gelernter Welt. Seit dem 16.Jh. sind die Drucker weitaus mehr daran interessiert, Käufer in anderen Mundartgebieten zu finden und so beginnen sie dialektale Lautformen und Ausdrücke zu beseitigen. Die Syntax wird verbessert und es kommt zur ersten Normierung der Schriftsprache. Es kommt zur Eliminierung eines großen Teiles der germanischen und althochdeutschen Lexik und jener Wörter, die dem Leser aus dem benachbarten dialektischen Gebieten Verständnisschwierigkeiten bereiteten.

Die deutschen Druckersprachen:1. südostdeutsche Druckersprache (Wien, München)2. schwäbische Druckersprache (Augsburg, Tübingen)

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3. oberrheinische Druckersprache (Straßburg, Basel)4. schweizerische Druckersprache (Zürich)1. westmitteldeutsche Druckersprache (Mainz, Frankfurt, Bamberg)2. ostmitteldeutsche Druckersprache (Leipzig, Wittenberg)Überlandschaftliche Schreib- und Verkehrssprachen des Frühneuhochdeutschen:1. Mittelniederländisch (Dietsch), Sprache der flämischen und brabantischen Städte2. Mittelniederdeutsch, ist eine Variante der Literatursprache und entstanden ist es aus den Kanzleisprachen der norddeutschen Städte, die Sprache der deutschen Hanse, nach dessen Niedergang um 1600 das Frühneuhochdeutsch im gesamten deutschen Sprachraum gesprochen wird. Die deutsche Hanse bildete sich aus einem Bund der Kaufleute ca. 19 norddeutscher und westdeutscher Städte, der im 13.Jh. entstand., führende Rolle hatten Hamburg, Köln, Nürnberg. Die Hanse war ohne territoriale und politische Grundlage. 3. Ostmitteldeutsch oder Luthersprache, die Zentren waren in Wittenberg, Erfurt, Leipzig. Es ist die Sprache in der Goethe und Schiller geschrieben haben. Seit 1100 ziehen ununterbrochen verschiedene Siedlergruppen aus dem Altland in die Gebiete östlich der Flüsse Elbe und Saale. Diese neuen Gebiete sind: Mecklenburg, Brandenburg, Ostpreußen, Schlesien (Deutsche Ostsiedlung). Die deutschen Bürger gründeten ihre Städte hier, deren Namen davon zeugen, dass hier Slawen lebten. Slawischer Herkunft sind Leipzig und Dresden, und Orte auf –in, –itz, –ow. 4. Das gemeine Deutsch, im 14.Jh. und 15.Jh. entwickelte sich eine einheitliche Verkehrs- und Geschäftssprache im Donauraum. Die bedeutendsten Hanse-Städte (Wien, Augsburg, Nürnberg) begannen zu dieser Zeit ihre große wirtschaftliche und politische Rolle zu spielen. Das gemeine Deutsch konnte sich bis zum 18.Jh. gegen die ostmitteldeutsche Sprache behaupten.

Sprachliche Erscheinungen des Frühneuhochdeutschen:1. Vokaldehnung, kurze mhd. Vokale wurden im Frühneuhochdeutschen gedehnt,

vor allem in offener Silbe, Beispiel: le |ben, sa|gen. Durch Analogie oder wo der Systemzwang wirksam wurde kommt die Vokaldehnung der kurzen Vokale auch in der geschlossenen Silbe vor, Beispiel: mhd. tac > fnhd. tāg. Die Dehnung unterblieb aber in vielen Wörtern wo man es erwartet hätte, ohne jegliche Begründung. Dies geschieht insbesondere vor [t] und [m], Beispiel „himel“, wurde nicht gedehnt. Kurze Vokale wurden auch bei der Komibantion [r] + Konsonant mhd. vart > fnhd. vārt.

2. Kürzung langer Vokale, sie kommt viel rarer auf als die Dehnung.a) vor mehrfacher Konsonanz (ht, ft), Beispiel: mhd. dāchte > fnhd. dachte; mhd. brāchte > fnhd. brachteb) in Zusammensetzungen, wenn die erste Konstituente auf Konsonant endet und die erste mit einem Konsonant beginnt, Beispiel: mhd. hōchzīt > fnhd. Hochzeitc) vor t und m,sowie nach auslautenden –el, –er, –en, mhd. mūter > fnhd. Mutter

3. Neuhochdeutsche Diphtongierung – aus mittelhochdeutschen langen Vokalenī > ei, Beispiel: mhd. wīp > fnhd. Weibū > au, Beispiel: mhd. hūs > fnhd. Haus, mhd. mūs > fnhd. Mausiu > eu, Beispiel: mhd. liute > fnhd. Leute

1. Neuhochdeutsche Monophtongierung zu langen Vokaleie > ī, Beispiel: mhd. biebe > fnhd. lībeuo > ū, Beispiel: mhd. guote > fnhd. gūte

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üe > ü, Beispiel: mhd. brüeder > fnhd. Brüder5. Entlabialisierung/Entrundung

ü > i, Beispiel: zünden > zindenö > e, Beispiel: trösten > trestenöu > ei, Beispiel: ströufen > streifenüe > ie, Beispiel: hüeten > hieten

6. Labialisierung/Rundunge > ö, Beispiel: leschen > löschena > o, Beispiel: ane > onei > ü, Beispiel: finf > fünf

7. S-Erweiterungen im Frühneuhochdeutschen:mhd. sl- > fnhd. schl-, Beispiel: mhd. slange > fnhd. Schlangemhd. sm- > fnhd. schm-, Beispiel: mhd. smerz > fnhd. Schmerzmhd. sn- > fnhd. schn-, Beispiel: mhd. snell > fnhd. schnellmhd. sw- > fnhd. schw-, Beispiel: mhd. swester > fnhd. Schwestermhd. sp- > fnhd. sp- (Graphem erhalten), Beispiel: mhd. sprache > fnhd. Sprachemhd. st- > fnhd. st- (Graphem erhalten), Beispiel: mhd. stein > fnhd. Steinmhd. –rs– > fnhd. –rsch–, Beispiel: mhd. burse, kirse > fnhd. Bursche, KirscheManchmal wurde mit der s-Erwiterung auch übertrieben, insbesondere wenn es sich um Dialekte und nicht um die Literatursprache handelte; so taucht auch manchmal auch Schweschter, anstatt Schwester auf, oder erscht anstatt erst, Weschpe anstatt Wespe usw.


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