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Detlef Schmidt I Peter Vest DIE ENERGIE DER...

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Detlef Schmidt I Peter Vest DIE ENERGIE DER MARKE
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Detlef Schmidt I Peter Vest

DIE ENERGIE DER MARKE

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Detlef Schmidt I Peter Vest

DIE ENERGIE DER MARKEEin konsequentes und pragmatischesMarkenführungskonzept

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Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

1. Auflage 2010

Alle Rechte vorbehalten© Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2010

Lektorat: Barbara Möller / Gabi StaupeRedaktion: Dr. Ingrid Vollmer, M-Result GmbH, Mainz.

Gabler ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media.www.gabler.de

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.

Umschlaggestaltung: Ducento Design, Bad SchönbornUmschlagmotiv: Fotolia LLC/fotolia.comSatz/Layout: Ducento Design, Bad SchönbornDruck und buchbinderische Verarbeitung: MercedesDruck, BerlinGedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem PapierPrinted in Germany

ISBN 978-3-8349-1479-8

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Braucht es in der gegenwärtigen Zeit ein neues Buch über Markenführung? Wir sind der Ansicht: ja! Vielleicht ist unsere Meinung nicht ganz objektiv – allerdings zeigt sich aus der Beobachtung der Praxis in vielen Branchen, dass die langfristig orientierte, konsequente Markenführung als Kö-nigsdisziplin im Marketing aber auch für die wertorientierte Unternehmensführung nach wie vor allzu oft kurzfristigem Denken untergeordnet wird. Zugleich werden vermeintlich neuere Konzepte wie Corporate Social Responsibility und integrierte Unternehmenskommunikation – ausgehend von der Öffentlichkeitsarbeit – zunehmend mit einem Anspruch der Ganzheitlichkeit propagiert. Dies findet häufig eher mit Blick auf Einzelinteressen von spezialisierten Unternehmensbera-tungen statt als mit Blick auf unternehmerische Notwendigkeiten für den Wert der Marke.

Wir stimmen da der eher einfachen und wahren Formel von Peter Drucker zu: „Any business enterprise has two – and only these two – basic functions and that is Marketing and Innovation. They are the entrepreneurial functions“ (Peter Drucker, 1955)

.. und dabei gilt: Auch Innovation schafft nur dann Wert, wenn sie entweder aus dem Markt kommt oder einen Markt findet.

Markenführung und Marketing dürfen sich insofern nicht in Marketingabteilungen „verstecken“, sondern sollten das gesamte Unternehmen und damit alle Mitarbeiter mit dem Marketing-Gedanken „infizieren“. Wertorientiertes Marketing steht eben nicht am Ende der Wertschöpfungs-kette, sondern muss als Führungs- und Querschnittsfunktion frühzeitig in Beschaffungs-, Entwick-lungs-, Produktions- und Vertriebsprozesse integriert werden.

Marketing und Markenführung müssen über den Kunden und den Wettbewerb hinaus auch auf die Beziehungen zu allen weiteren externen und internen Anspruchsgruppen angewandt werden, die beeinflussen können, wie erfolgreich oder erfolglos ein Unternehmen im Markt agiert. Dies erfordert eine stärker ganzheitliche Sicht des Marketings. Im Sinne dieser Integrationsaufgabe ist Marketing als grundlegende Führungsfunktion zu verstehen.

Wenn dieses Buch ein Stück weit dazu beitragen kann, dass sich diese Erkenntnisse in den Unter-nehmen noch weiter durchsetzen, hat es seinen Zweck erfüllt. Bei der Entstehung haben uns viele Freunde und Unternehmer inspiriert und motiviert. Besonderen Dank sagen möchten wir den Mitarbeitern von Audi, EnBW und Yello, die viele der hier beschriebenen Projekte mit hohem Engagement umgesetzt haben. Ebenso sehr gilt unser Dank Frau Dr. Ingrid Vollmer von der m-result GmbH für die umfassende wissenschaftliche Begleitung und die Umsetzung des Buches sowie Herrn Hans Berger von der Audi AG für die großen inhaltlichen Beiträge zum Buchprojekt. Frau Yvonne Druivenga danken wir für die Unterstützung bei der Layoutgestaltung des Buches.

Dr. h.c. Detlef Schmidt Dr. Peter Vest

Geleitwort

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Geleitwort 5Inhaltsverzeichnis 6Einleitung 9

Teil I Markenführung als strategische Managementaufgabe 161. Marketing und Markenführung 181.1 Marketing im Wandel der Zeit 181.2 Markenführung als Leitfunktion unternehmerischen Handelns 221.3 Markenführung nach dem 8P-Ansatz 33

2. Herausforderungen und Aufgaben der Markenführung 382.1 Markenbedeutung und Markenverständnis 382.2 Funktionen der Marke 442.2.1 Funktionen der Marke für den Konsumenten 442.2.2 Funktionen der Marke für den Anbieter 462.2.3 Funktionen der Marke für die Stakeholder 472.3 Ziele der Markenführung 532.3.1 Die Zielpyramide der Markenführung 532.3.2 Der Markenwert als Zielgröße der Markenführung 542.4 Kritische Erfolgsfaktoren der Markenführung 572.4.1 Marktbezogene Rahmenbedingungen 572.4.2 Unternehmensbezogene Rahmenbedingungen 59

Teil II Prozess der Markenführung 643. Planung der Markenführung 663.1 Markenidentität 663.1.1 Definition und Bedeutung der Markenidentität 663.1.2 Managementprozess zur Erstellung einer Identität 753.2 Die Positionierung als Bindeglied zwischen Markenidentität und Markenimage 783.3 Corporate Branding - Unternehmensmarke versus Produktmarke 883.4 Markenarchitektur 92

4. Entwickeln von Markenstrategien als strategische Basis der Markenführung 1004.1 Allgemeine Markenstrategien 1004.1.1 Einzelmarkenstrategie 1014.1.2 Familienmarkenstrategie 1024.1.3 Dachmarkenstrategie 1034.1.4 Mehrmarkenstrategie 105

Inhaltsverzeichnis

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4.2 Spezifische Markenstrategien 1124.2.1 Markendehnung 1124.2.2 Markenlizenzierung 1224.2.3 Markenallianzen und Co-Branding 1244.3 Dynamische Markenstrategien 1294.3.1 Markenkonsolidierungsstrategie 1294.3.2 Markenexpansionsstrategien 131

5. Implementierung der Markenführung 1385.1 Markenführung und Marketing-Mix 1385.1.1 Produkt 1385.1.2 Preis 1525.1.3 Markenkommunikation 1615.1.4 Vertrieb von Markenprodukten und -dienstleistungen 2045.2 Implementieren der Markenführung im Unternehmen 2115.2.1 Bedeutung einer innengerichteten Markenführung 2115.2.2 Behavioral Branding 2125.2.3 Ansatzebenen innengerichteter Markenführung 2155.2.4 Change Management als Herausforderung innengerichteter Markenführung 2185.2.5 Wissensmanagement als Element der Markenführung 225

6. Markenführung effizient messen und kontrollieren 2286.1 Markenführung effizient nutzen und kontrollieren 2286.2 Die Brand Scorecard als Ansatz eines umfassenden Markencontrollings 2316.3 Die Marktforschung zur Messung zentraler Markenkontrollgrößen 2376.3.1 Die Rolle der Marktforschung für die Markenführung 2376.3.2 Markenwert und Markenstärke 242

7. Fazit 252 Literaturverzeichnis 254 Stichwortverzeichnis 257 Bildnachweise 258 Die Autoren 259

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Marketing bedeutet das Führen des Unternehmens von seinen Märkten her, das heißt, mit klarem Fokus auf Kunden und Konkurrenz aber auch auf alle weiteren Zielgruppen wie Politik oder Pres-se, die im Sinne des Stakeholder-Ansatzes den Erfolg des Unternehmens mitbestimmen. Effek-tives Marketing bedarf einer klaren inhaltlichen Verankerung, wenn es im Sinne einer wertorien-tierten Unternehmensführung zu einer Wertsteigerung führen soll. Der Rahmen für den Einsatz der Marketinginstrumente wird durch die Positionierung und das Management der Marke gesetzt. Markenpositionierung und Markenführung werden damit zu zentralen Bestandteilen der Unter-nehmensführung – weit über den Einsatz der Marketinginstrumente hinaus.

Aus unserer langjährigen Praxis, einerseits in verantwortlichen Funktionen der Automobilindustrie und der Energiewirtschaft, andererseits in der wissenschaftlichen Arbeit und in vielfältigen Pro-jekten aus Marketing und Vertrieb unterschiedlichster Branchen, kristallisiert sich eine wesent-liche Erkenntnis heraus: Nach wie vor wird die Bedeutung der Markenführung und des Marketings in vielen Unternehmen unterschätzt. Insbesondere der Vertrieb wird vielfach als notwendiges Übel betrachtet. Markenführung und einzelne Marketingdisziplinen, insbesondere die Kommunikation, werden in vielen Unternehmen noch immer in zu hohem Maße an Strategieberater und Agentu-ren delegiert, deren Einblicke in die Märkte und Erfolgsfaktoren des Unternehmens bestenfalls als „second hand“ zu bezeichnen sind. Marketingentscheidungen sind immer noch zu selten analy-tisch vorbereitet, die Erfolgsmessung wird oft vernachlässigt. Die zentrale Bedeutung der Marken-führung für das Gesamtunternehmen wird häufig noch immer nicht anerkannt – auch und gerade in Zeiten des Erfolgs.

Dabei wird oft eine simple Logik übersehen: Fundamentaler Unternehmenserfolg ist nur über Er-folg auf den relevanten Absatzmärkten nachhaltig erzielbar. Ohne die Bedeutung der Finanzmärkte für die globalisierte Wirtschaft schmälern zu wollen – eine rein finanzgetriebene Unternehmens-führung bedeutet, dass ein Unternehmen auf Dauer Gefahr läuft, Märkte, Kunden, Markenwerte, innovative Produkte und notwendige Investitionen zu vernachlässigen. Für diese Erkenntnis hätte es der Finanzkrise, die die Weltwirtschaft Ende 2008 mit aller Härte traf, sicherlich nicht bedurft.

In unserer mehr als fünfjährigen Tätigkeit für die Marken EnBW (Energie Baden-Württemberg AG) und Yello haben wir auf eine konsequente Markenstrategie in einem sich dynamisch wandelnden Energiemarkt gesetzt und nachhaltig die Markenwerte aber auch die finanziellen Ergebnisse der Vertriebe entwickeln und verbessern können. Gleiches wurde unter Dr. h.c. Detlef Schmidt für die Marken Skoda und Seat erreicht. Kennzeichnend waren jeweils Ausgangssituationen mit hohem Restrukturierungsbedarf, im Fall Skoda zusätzlich erschwert durch die laufende Systemtransfor-mation in der Tschechischen Republik nach der „Velvet Revolution“.

Einleitung

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Mit diesem Buch möchten wir dazu anregen, sich vertieft mit den Themen Markenführung, Mar-ketingstrategie und operatives Marketing nach den Leitlinien einer starken Marke auseinander-zusetzen. Dabei wollen wir mit der Automobilbranche und der Energiebranche zwei aus der Sicht vieler Experten in punkto Kundeninteresse vollkommen unterschiedliche Branchen beleuchten und belegen, dass die Bedeutung der Markenführung und des Marketings sich in beiden Branchen in keiner Weise unterscheidet.

Audi als Premiummarke im Automobilmarkt mit physisch erlebbaren und stark emotionalen Pro-dukten bildet den Gegenpunkt zum Strom mit den Marken EnBW und Yello. Mit Case Studies wird die jeweilige Markenführung von EnBW, Yello und Audi einander gegenübergestellt, Gemeinsam-keiten und Unterschiede werden herausgearbeitet.

Die EnBW Energie Baden-Württemberg AG mit Hauptsitz in Karlsruhe ist mit rund sechs Millionen Kunden das drittgrößte deutsche Energieversorgungsunternehmen. Im Jahr 2008 erwirtschaftete EnBW einen Jahresumsatz von über 16 Milliarden Euro und beschäftigte mehr als 20.000 Mitarbei-ter. Kernaktivitäten sind die Geschäftsfelder Strom, Gas sowie Energie- und Umweltdienstleistun-gen. Traditionell ist die EnBW fest in Baden-Württemberg verwurzelt. Darüber hinaus ist das Unter-nehmen in ganz Deutschland sowie in weiteren Märkten Mittel- und Osteuropas aktiv. Im Zuge der Liberalisierung des Strommarkts hat sich EnBW frühzeitig im Wettbewerb orientiert und Strom als erstes Energieunternehmen in ganz Deutschland angeboten. Als Vordenker und Wegbereiter auf dem Energiemarkt gibt das Unternehmen Impulse für die wissenschaftliche Forschung, Entwick-lung und Innovation. Durch die Entwicklung neuer Konzepte und Ideen spielt EnBW einen aktiven Part in der energiepolitischen Gestaltung der Zukunft. Das Energieunternehmen versteht sich im Sinne der Nachhaltigkeit als ein wirtschaftlich, gesellschaftlich und ökologisch agierender Teil der Gesellschaft und ist bestrebt, der Verantwortung für zukünftige Generationen gerecht zu werden.

Yello Strom ist eine hundertprozentige Tochter der EnBW Energie Baden-Württemberg AG und ge-hört mit mehr als 1,4 Millionen Kunden zu den Top 10 Stromunternehmen. Kunden verbinden mit der Marke Yello einen dauerhaft günstigen Preis und einen einfachen Anbieterwechsel. Was den Kun-den noch wichtig ist: Yello ist stark, innovativ, sympathisch, frech und verlässlich. Deswegen wächst das Unternehmen auch jeden Tag und baut seine Position stetig aus – über ein Drittel aller wech-selwilligen Kunden hat sich für den gelben Strom von Yello entschieden. Fast jeder Deutsche kennt Yello. Im August 1999 staunte ganz Deutschland beim Marktstart von Yello und über die Botschaft: „Also ich glaube, Strom ist gelb“. Heute kennt fast jedes Kind Yello: Die Werbespots (Slogan: „Gelb. Gut. Günstig.“) klären über die Möglichkeiten beim Anbieterwechsel auf und machen Yello bei fast 100 Prozent der deutschen Bevölkerung bekannt. Heute liegt die gestützte Markenbekanntheit von Yello in Deutschland bei einem Durchschnittswert von 97 Prozent. Und Yello ist mehr als nur ein günstiger Preis. Beim ersten großen Stromanbietervergleich im Jahr 2005 wurden die 100 wich-tigsten deutschen Stromanbieter getestet: Preise, Service, Stellung des Kunden – das Ergebnis: Yello wurde Testsieger (Focus, Heft 13, März 2005). Auch beim zweiten Anbietervergleich 2006 wur-de Yello erneut Testsieger (Focus-Money, Nr. 22, Mai 2006). Durchgängig Bestnoten gab es für Yello auch im dritten Stromanbietervergleich in den Kategorien „Vertragsbedingungen und Services“ (Focus-Money, Nr. 30, Juli 2007) – Testurteil: Sehr gut! Auch 2008 konnte Yello wieder erfolgreich den Stromanbietervergleich dominieren. So kommt auch die Langzeitstudie des Marktforschungs-

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instituts „Kundenmonitor Deutschland“ in den Jahren 2006 bis 2008 zu dem Ergebnis: Yello hat die zufriedensten Kunden in der deutschen Stromwirtschaft. Nachdem Yello ab 1999 den Wettbewerb im liberalisierten Strommarkt nach vorne getrieben hat, eröffnet Yello den Wettbewerb nun auch in dem bisherigen Monopolbereich „Zähl- und Messwesen“ und bietet seit Dezember 2008 den Sparzähler online an. Mit dem Sparzähler online können Verbraucher Stromfresser in den eigenen vier Wänden aufspüren, ihren Stromverbrauch insgesamt dauerhaft senken und dadurch Kosten sparen.

Seit über 100 Jahren gilt die AUDI AG als Hersteller außergewöhnlicher Automobile. Begonnen wurde die Produktion mit sehr hochwertigen, exklusiven Automobilen, bevor sich das Unterneh-men zunehmend auf preiswertere Fahrzeuge konzentrierte. Veränderte Marktbedingungen in den 90er Jahren bewegten Audi allerdings zur Rückbesinnung auf die alten Markenwerte. Der eher traditionelle Automobilbauer wandelte sich innerhalb weniger Jahre zu einer der emotionalsten Marken im Premiumsegment. Das Audi-Signet – die ‚Vier Ringe‘ – ist das Zeichen eines der ältes-ten Automobilhersteller in Deutschland. Es symbolisiert den 1932 vollzogenen Zusammenschluss von vier bis dahin unabhängigen Kraftfahrzeugherstellern: Audi, DKW, Horch und Wanderer. Sie sind die Wurzeln der heutigen AUDI AG. Der Ingenieur August Horch gründete im Jahr 1899 sei-ne Firma August Horch & Cie. 1909 verließ er die eigene Firma und gründete die August Horch Automobilwerke GmbH. Aber: Die neuen Direktoren der Horchwerke hatten den Namen schützen lassen. Daher übersetzte er kurzerhand seinen eigenen Namen ins Lateinische: Horch! = Audi! So entstand die Audi Automobilwerke GmbH. 1910 lief das erste Automobil unter dem Namen Audi vom Band. In ihrer langen Geschichte vereinte man die Firmen DKW, Wanderer, Horch, Audi und NSU zur Auto Union. Seit 1985 existiert der Konzern als AUDI AG. Aber noch heute fühlen sich die Mitarbeiter von Audi der Philosophie August Horchs verpflichtet: „Ich bin unter allen Um-ständen bestrebt, nur starke und gute Wagen zu bauen.“ Audi hat in seiner langen Geschichte stets bewiesen, dass man aus einem sehr guten Automobil immer ein noch besseres machen kann. Der Audi quattro war 1980 das erste Serienfahrzeug mit Allradantrieb, der A8 1994 das erste Auto mit dem leichten und gleichzeitig hochstabilen Audi Space Frame® aus Aluminium. Und die beiden Direkteinspritzverfahren TDI® und FSI® sorgen heute sowohl bei Diesel- als auch bei Benzinfahrzeugen für einen deutlich verringerten Kraftstoffverbrauch und höchste Leistung. Im Bereich Komfortelektronik setzt Audi mit dem Multimedia Interface und MMI neue Maßstäbe. Unter dem Dach des Audi-Konzerns entstehen nicht nur Automobile. Zum Unternehmen gehören auch verschiedene Motorenwerke in Ungarn und England. Cosworth Technology zum Beispiel hat sich auf Hochleistungsmotoren spezialisiert, während die bei Audi Hungaria gefertigten Motoren im gesamten Volkswagen-Konzern eingesetzt werden. In Zusammenarbeit mit der quattro GmbH entstehen die äußerst sportlichen und individuellen S- und RS-Modelle, die die Marke Audi zusätz-lich emotionalisieren. Am deutlichsten wird die Sportkompetenz von Audi bei Lamborghini, einer 100-prozentigen Tochter. Die Fahrzeuge aus der italienischen Edelschmiede gelten weltweit als Benchmark im Bereich exklusiver Sportwagen.

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Aufgrund der einfließenden Praxiserfahrung aus den sehr unterschiedlichen Branchen Energie und Automobil ist das vorliegende Buch auch ein Plädoyer für eine Erweiterung des traditionel-len Markenverständnisses. Marketing wurde in Theorie und Praxis lange Zeit vom so genannten 4P-Ansatz geprägt, der die Marketinginstrumente ins Zentrum der Betrachtung stellt. Product bezeichnet die Angebotspolitik mit Produktinnovation und Produktmodifikationen. Price bezieht sich auf die Konditionen- und Preispolitik. Unter Promotion werden die klassische Werbung, das Direktmarketing und die Öffentlichkeitsarbeit zusammengefasst – zunehmend ergänzt von Spon-soring und unterschiedlichen Formen des Eventmarketings wie Messen und Road-Shows. Place schließlich symbolisiert die Distributionspolitik mit unterschiedlichen Vertriebsformen und Steue-rungsmechanismen.

Marketing ist nach unserem Verständnis allerdings heute viel mehr als der Einsatz der Marketing-instrumente. Marketing bedeutet die konsequente Führung des Unternehmens vom Markt her. Diese Führungsrolle für das Gesamtunternehmen kann das Marketing nur dann erfolgreich aus-füllen, wenn der Marketingstrategie ein klares Markenleitbild zugrunde liegt, das sowohl Kunden-nutzen als auch die Differenzierung vom Wettbewerb in klarer Form verdeutlicht. Das heißt, die Positionierung der Marke im relevanten Umfeld von Markt und Stakeholdern ist der erste Schritt einer sinnvollen Marketingstrategie. Insofern findet der klassische 4P-Ansatz mit dem „Positio-ning“, der Positionierung der Marke, eine erste notwendige Ergänzung.

Damit Marketing seine Führungsfunktion im Unternehmen erfolgreich umsetzen kann, bedarf es allerdings der Überwindung von oftmals noch rein funktional oder divisional geprägten Organisa-tionsstrukturen. Die Abgrenzung von Funktionen und Hierarchieebenen im Unternehmen führt fast zwangsläufig zu Insellösungen. Solche Insellösungen erschweren die Definition und Optimierung von Prozessen mit den hinreichend bekannten Negativeffekten, die umso schwerer wiegen, je grö-ßer eine Organisation wird.

Ein umfassendes Marketingverständnis sollte den Anspruch haben, die kritischen marktorientier-ten Prozesse in der gesamten Wertschöpfungskette zu optimieren. Jede Prozessstufe muss die nächste Stufe als internen Kunden anerkennen, ihre Anforderungen kennen und dauerhaft erfül-len. Dabei müssen die Partner in der Wertschöpfungskette, wie Zulieferer und Entwicklungspart-ner aber auch Logistikdienstleister, integriert werden. Das heißt, letztlich ist dies nichts anderes als ein unternehmensübergreifendes, markt- und kundenorientiertes Prozessmanagement.

So kann zum Beispiel die Entwicklung neuer Produkte nur dann erfolgreich sein, wenn alle Funktionen im Unternehmen in den Prozess integriert werden. Die Einführung eines Customer Relationship Management-Systems betrifft nicht nur Marketing oder IT, sondern den Vertrieb, den Service, die Entwicklung und die Produktion. In allen Funktionen gibt es Informationen, die für das Customer Relationship Management benötigt werden. Gleichzeitig helfen Daten aus dem Customer Relationship Management in allen Bereichen die Markt- und Kundenorientierung zu verbessern. Process Engineering, also die Gestaltung und Optimierung der Prozesse vom und zum Markt und anderen Anspruchsgruppen gehört damit zwingend zu einem ganzheitlichen Marke-tingverständnis und ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass ein Unternehmen vom Markt her geführt werden kann.

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Ein ganzheitliches Marketingverständnis, wie wir es verstehen, erfordert somit ein grundsätzliches Umdenken und ein neues Verhalten auch in Bereichen und Abteilungen, die nicht auf den ersten Blick nah am Markt und am Kunden agieren. Eine unternehmensübergreifende Teamorientierung ist wichtig. Überall da, wo es darum geht, die Leistungen im Markt zu verbessern, sollten Mitarbei-ter aus allen Funktionen darin bestärkt werden, sich im Team für eine permanente Verbesserung der Leistung im Interesse des Kunden einzusetzen und auch Verantwortung zu übernehmen. Qua-lifikation, Motivation und Verantwortung sind wesentliche Erfolgsfaktoren. Es geht also im Marke-ting nicht nur um Analytik und Fakten, sondern vor allem um Menschen. Hauptsächlich um deren Bereitschaft und Fähigkeit, alte Konzepte – wie die strikte Trennung von Abteilungen – im Interesse des Kunden durch neue auszutauschen. Insofern erfordert unser Marketingverständnis ganz expli-zit „People“: Die Menschen müssen im Unternehmen und bei den Partnern im Markt eingebunden werden. Die wesentlichen Instrumente schildern wir im Abschnitt 5.2.2. „Behavioral Branding“. Das klassische Marketing findet damit eine weitere sinnvolle Ergänzung der Perspektive.

Markenführung und Marketing sind für jedes Unternehmen die wichtigsten Managementaufgaben. Sie erfordern daher eine ebenso große Planungssorgfalt wie etwa die Finanzplanung oder die Pro-duktionsplanung eines Unternehmens. Dies ist umso wichtiger, wenn man beachtet, dass neben harten Kennzahlen gerade im Marketing oft mit eher weichen, schwer zu erhebenden Faktoren wie Image, Positionierung, Markenwerten oder Einstellungen gearbeitet werden muss. Diese gilt es messbar und damit auch steuerbar zu machen. Die Planung „Planning“ ist damit ein weiterer Aspekt, dem wir insbesondere in den Abschnitten zur Markenführung breiteren Raum widmen.

Marketing kommt heute nicht mehr ohne einen klaren Management-Fokus aus, und Erfolg im Markt kommt eben nicht „aus dem Bauch“. Daher ist die Erweiterung des tradierten 4P-Ansatzes überfällig. Dieser Erkenntnis folgend haben wir in unserer Arbeit im Marketing und in diesem Buch weitere 4Ps hinzugefügt und integriert. Der 8P-Ansatz eines markt- und kundenorientierten Managements ist das Ergebnis. Danach managen erfolgreiche Unternehmen den Markt – erfolg-lose managen sich selbst.

Dr. h.c. Detlef Schmidt Dr. Peter Vest

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6. Promotion 5. Pricing 4. Product

3. P

roce

sses

7. P

lace

8

. People 1. Positioning 2. Planning Mitarbeiter

und Partner (Brand Behavior)

Preise und Konditionen

Vertrieb

Kommunikation

Markenleitbild und Marken-

steuerrad

Leistungs-spektrum, Produkte und

Services

Markenführung nach

Brand Scorecard

Auf die Zielgruppen gerichtete

Prozesse

Marken-führungskonzeptKunden, Märkte, Stakeholder

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Teil IMarkenführung als strategische

Managementaufgabe

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1. 1.1 Marketing im Wandel der Zeit

Das Marketing hat im Zuge seiner kontinuierlichen Entwicklung eine Reihe von Phasen durchlau-fen, in denen jeweils ein anderer Schwerpunkt im Vordergrund stand. Abbildung 1 veranschaulicht die aufeinanderfolgenden Entwicklungsphasen.

Abbildung 1: Die Entwicklung des Marketings

1. Marketing und Markenführung

Umweltorientierung Umwelt Umwelt

Handel

Verbrauch

Handel

Verbrauch

Handel

Verbrauch

Handel

VerbrauchVerbrauch

Wett-bewerber

Wett-bewerber

Wett-bewerber

Unter-nehmung

Unter-nehmung

Unter-nehmung

Unter-nehmung

Unter-nehmung

Unter-nehmung

Inhaltlicher Fokus des Marketings

Anspruchs-spektrum desMarketings

Wettbewerbsorientierung

Handelsorientierung

Verbraucherorientierung

Distributionsorientierung

Netzwerke

1950er 1960er 1970er 1980er 1990er 2000er

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1.1

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In der Phase der Produktionsorientierung, in deren Verlauf Fragen der technischen Rationalisie-rung und die Analyse mittels Kostenrechnung im Mittelpunkt standen, kam dem Vertrieb eher eine Verteilerfunktion zu. Von Marketing konnte man in dieser Phase noch nicht sprechen. Der Produktionsorientierung schließt sich die Phase der Verkaufsorientierung an. Nachdem der An-gebotsengpass bei vielen Gütern in den Industrienationen durch den Aufbau ausreichender Pro-duktionskapazitäten gelöst war, entwickelte sich der Absatz zum Engpassfaktor. Um diesen zu fördern, wurden daher erstmals Verkaufsförderungsmaßnahmen und Werbung eingesetzt. Der Vertrieb war aber weiterhin eine der Produktion nachgelagerte Unternehmensfunktion. Es folg-te die Phase der Markt- und Kundenorientierung, in der sich das gesamte Unternehmen an den Wünschen und Bedürfnissen der Kunden orientierte. Hier entwickelte sich der betriebliche Funk-tionsbereich Vertrieb hin zum Marketing als eine Führungsfunktion. Um dem immer intensiver werdenden Wettbewerb zu begegnen, fügte die Phase der Marktorientierung eine weitere Per-spektive hinzu: die strategische Unternehmensplanung, die nun komplementär mit dem Marketing als Führungsfunktion interagierte. Darüber hinaus hing das Überleben einer Unternehmung auch davon ab, ob die Forderungen und Bedürfnisse aller relevanten Anspruchsgruppen hinreichend berücksichtigt wurden. Innerhalb der Phase der Umweltorientierung fand daher der Stakeholder–Ansatz zunehmende Berücksichtigung. Gerade in den letzten Jahren ging die Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologien mit einer Zunahme der Bedeutung von Netzwer-ken im Unternehmen und der Kommunikation mit den unternehmensexternen Anspruchsgruppen (Internet und Intranet) einher.

Diese Entwicklung verdeutlicht, dass im Laufe der Zeit das Marketing im Unternehmen sukzessi-ve eine Führungsfunktion übernommen hat. Zentrale Merkmale dieser Funktion des Marketings sind:

Eine bewusste Absatz- und Kundenorientierung aller UnternehmensbereicheDer Kunde steht im Mittelpunkt aller unternehmerischen Aktivitäten und sämtlicher Funktions-bereiche des Unternehmens – vom Einkauf bis hin zum Vertrieb. Dazu werden die Markt- und Kundenbedürfnisse detailliert analysiert, um alle Unternehmensaktivitäten gezielt daran aus-zurichten.

Ein systematischer Planungs- und EntscheidungsprozessMarketing als Managementfunktion erfordert ein Entscheidungsverhalten, das auf einer syste-matischen Planung basiert.

Suche nach kreativen und innovativen ProblemlösungenMarkterfolge werden nicht allein durch ein analytisches Vorgehen erzielt, sondern darüber hi-naus durch kreative und innovative Problemlösungen. Marketing umfasst daher auch die Su-che nach ungewöhnlichen und einzigartigen Lösungen, um Innovationen im Markt erfolgreich durchzusetzen.

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1.

Eine systematische Marktsuche, Markterschließung und MarkterhaltungBeim strategischen Marketing stehen die Auswahl neuer Märkte, die Gewichtung vorhandener Märkte sowie der Austritt aus Märkten im Mittelpunkt unternehmerischer Entscheidungen. Voraussetzung für eine solche marktorientierte Vorgehensweise sind detaillierte Kenntnisse über den entsprechenden Markt.

Eine ganzheitliche Betrachtung aller Zusammenhänge im Innen- und AußenverhältnisDie Kernaufgabe des Marketings ist die Koordination aller relevanten Zusammenhänge nach innen und nach außen. Die Koordination nach innen umfasst die Abstimmung der Marketing-instrumente zu einem zielorientierten Marketing-Mix. Die Koordination nach außen gewinnt insbesondere beim indirekten Vertrieb durch das Einschalten einer Vielzahl von Absatzmittlern an Bedeutung. Der Hersteller kontrolliert in diesem Fall nur die produktspezifischen Marke-tingmaßnahmen, indem er autonom die Produktpolitik und die endabnehmergerichtete Kom-munikation festlegt. Einen anderen Teil der Maßnahmen konzipiert und produziert zwar der Hersteller, allerdings hängt die konkrete Umsetzung von der Kooperationsbereitschaft des Handels ab. Diese Maßnahmen werden um handelsgerichtete Maßnahmen ergänzt, die darauf zielen, den Handel zu gewinnen, das Produkt zu listen und im Sortiment aufzunehmen. Für ein erfolgreiches Marketing ist es daher notwendig, alle Funktionsbereiche, die direkt oder indirekt mit dem Absatzmarkt in Bezug stehen, zu koordinieren, um ein integriertes Vorgehen im Unter-nehmen und vor allem am Markt sicherzustellen. Durch ein integriertes Marketing lassen sich Synergiepotenziale nutzen und die Wirkung gegenüber dem Kunden erhöhen.

Eine differenzierte Bearbeitung der Märkte im Sinne einer MarktsegmentierungAufgrund einer zunehmenden Fragmentierung der Märkte ist es die Aufgabe des Marketings, die Märkte und Zielgruppen zu segmentieren und einen segmentspezifischen Marketing-Mix bereitzustellen, um den individuellen Anforderungen und Bedürfnissen zu entsprechen.

Die Übernahme von sozialer und gesellschaftlicher VerantwortungGemäß der Grundidee des Stakeholder-Ansatzes sind es nicht nur die Kunden und die Anteils-eigner, denen das Interesse des Marketings gelten soll, sondern alle Anspruchsgruppen des Unternehmens.

Die Ausrichtung am KundennutzenDie wesentliche Absicht des Marketings ist eine Steigerung des Kundennutzens durch das an-gebotene Leistungsspektrum.

Betrachtet man das Marketing nicht nur als eine gleichberechtigte Unternehmensfunktion, sondern als ein umfassendes Leitkonzept des Managements im Sinne einer ganzheitlichen Unternehmens-philosophie, ergibt sich das duale Konzept einer marktorientierten Unternehmensführung. Im Sin-ne des 8P-Ansatzes ist es die Aufgabe der Unternehmens- und Markenführung, mit besonderer Sorgfalt die strategische Ausrichtung der Marke und damit des Unternehmens zu planen (Plan-ning). Der Fokus liegt dabei nicht allein auf den finanzwirtschaftlichen Größen wie Umsatz, Return on Investment (ROI) und Deckungsbeiträgen, sondern vielmehr auch in der Planung, Führung und Kontrolle qualitativer Größen wie Positionierung, Image und Leben der Marke im Unternehmen.

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Das Marketing, verstanden als duales Konzept, findet seinen Niederschlag in zwei Bereichen:

Der funktionale Kern des Marketings, also der Absatz- und Vertriebsbereich, nimmt die Rolle einer gleichberechtigten Unternehmensfunktion ein.

Das Marketing als Leitkonzept der Unternehmensführung stellt im Spannungsfeld zwischenKonsumenten, Handel und Wettbewerbern eine marktorientierte Koordination aller betrieb-lichen Funktionen im Sinne von „Shared Values“ sicher. Somit wird das gesamte Unternehmen funktionsübergreifend auf die Bedürfnisse aktueller und potenzieller Kunden ausgerichtet. Das Leistungsangebot ist dabei so zu gestalten, dass der Kunde es gegenüber den Wettbewerbern als vorteilhaft beurteilt und der komparative Wettbewerbsvorteil durch den Kunden wahrnehm-bar ist. Solche Vorteile begründen Kundenzufriedenheit, führen zu Kundenbindung und Kun-denloyalität und bilden damit die Grundlage für das Erreichen der ökonomischen Ziele eines Unternehmens.

Die Relevanz von Marketing als Führungsfunktion zur Ausrichtung aller Unternehmensbereiche auf den Kunden, seine Bedürfnisse und Anforderungen sowie auf alle Anspruchsgruppen des Unternehmens ist unumstritten. Immer wieder entflammt jedoch die Diskussion zwischen Theo-retikern und Praktikern dahingehend, ob nun die Markenführung dem Produktmanagement zu-gehörig ist und damit dem Marketing untergeordnet ist oder aber die Markenführung die Leitfunk-tion einnimmt, an der sich das Marketing mit allen seinen zur Verfügung stehenden Instrumenten ausrichtet. Die Marke vermittelt dem Produkt und dem Unternehmen in der Wahrnehmung des Kunden ein Bild, das sie von anderen Produkten differenziert und im Wettbewerb profiliert. Die Marke und das Markenimage geben dann die Vorgaben für die Ausgestaltung des Marketings und des Marketing-Mix.

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1. 1.2 Markenführung als Leitfunktion unternehmerischen Handelns

Die Führung von Marken erscheint aufgrund der zahlreichen in Wissenschaft und Praxis diskutier-ten Einflussfaktoren auf die Markenführung als ein sehr komplexes Unterfangen. Zahlreiche Er-folgsbeispiele sowohl etablierter als auch junger Marken belegen jedoch, dass die Markenführung ein zentraler Gestaltungsparameter von Unternehmen ist und somit zu einem nachhaltigen und langfristigen Unternehmenserfolg beitragen kann.

Unabhängig von der Problematik einer exakten Spezifizierung des Wertbeitrages der Marke herrscht Einigkeit darüber, dass die Marke einen erheblichen Anteil am Unternehmenswert aus-macht. So haben sich im Jahr 2005 die Umsätze für Markenwaren auf 361 Milliarden Euro erhöht (+ vier Prozent gegenüber 2004). Die Wertsteigerung börsennotierter Markenartikler liegt bis zu 60 Prozent über der Wertsteigerung börsennotierter Unternehmen, die keine Marken anbieten. Folglich sind Unternehmen bestrebt, einen so bedeutenden Wertetreiber nicht unkoordiniert den Marktkräften zu überlassen, sondern die Marke konsequent zu führen und zielorientiert zu steu-ern. Eine Studie von Sattler und der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC (2001) kommt zu dem Ergebnis, dass Marken im Durchschnitt 56 Prozent des Wertes von Unternehmen ausmachen. 80 Prozent der in der Untersuchung befragten Führungskräfte glauben außerdem, dass die Bedeu-tung der Marke für den Unternehmenserfolg zukünftig noch weiter wachsen wird. Bei globalen Marken (Global Brands) liegt die Börsenbewertung um 10- bis 20-mal höher als der Gesamtum-satz des Unternehmens. Nicht zuletzt die neuen Bilanzierungsstandards, die die Nachhaltigkeit und die Steigerung des Unternehmenswertes durch die Marke anerkennen sowie die von außen an Unternehmen herangetragene Notwendigkeit eines umfassenden Risikomanagement rücken die Bilanzierung des Markenwertes bei Mergers & Acquisitions und bei Unternehmensübernahmen nach vorne und schaffen somit Schnittstellen in der Zahlenwelt des Unternehmens. Abteilungen, die bisher nie mit der Marke in Berührung gekommen sind, sind auf einmal mitverantwortlich für deren langfristige (Wert-)Entwicklung. Dazu müssen die Markenwerte im Idealfall in jeden opera-tiven Aufgabenbereich übersetzt werden – bis hin in einzelne Prozesse mit einer aufgabenspezi-fischen Interpretation: als Kommunikationsleitbild für das Marketing und die PR, als Pflichtenheft für die IT-Abteilung, als Reporting-Vorgabe und Controllingschema für die Finanzabteilung oder Recruitingguideline für die Personalabteilung. Damit entstehen praxisnahe Übersetzungstools mit der Marke als übergeordnetem, gemeinsamen Nenner. Alle Umsetzungsimplikationen besitzen einen hohen verbindenden Charakter, weil sie konsequent aus der Marke abgeleitet sind. In allen Abteilungen agieren die Verantwortlichen im Idealfall als interne Brandmanager, die ihre spezifi-schen Aufgaben an klaren und motivierenden Vorgaben ausrichten und messen. Die Markenwerte als Selbstverständnis des gesamten Unternehmens wirken daran mit, das Markenversprechen gegenüber den Stakeholdern des Unternehmens zu erfüllen.

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1.2

Das Management des Audi Konzerns richtet seine Geschäftstätigkeit konsequent an dem Ziel aus, die Marke Audi bis zum Jahr 2015 als erfolgreichste Premiummarke weltweit zu etablieren. Um dieses Ziel zu erreichen, hat Audi einen detaillierten Maßnahmenkatalog ausgearbeitet, um die beschlosse-nen Meilensteine auf diesem Weg zu realisieren. Die Eckpunkte dieses Maßnahmenplans bilden vier strategische Zieldimensionen:

In all seinen Wachstumsbestrebungen setzt Audi in erster Linie auf ein qualitatives und nachhaltiges Wachstum. Neben dem Erreichen der Volumenziele steht vor allem die Verbesserung der Profitabilität im Mittelpunkt der verfolgten Wachstumsstrategie. Möglich wird dies durch eine kontinuierliche Ana-lyse und Verbesserung der Unternehmensprozesse. So tragen innovative Entwicklungs- und Produk-tionsmethoden dazu bei, eine flexible und kosteneffiziente Umsetzung zukünftiger Fahrzeugprojekte zu gewährleisten. Sie sind die Grundlage einer intelligenten Fahrzeugarchitektur bei Audi, die umfang-reiche Synergiepotenziale eröffnet.

Denn es sind die Automobile, die einer der wichtigsten Treiber für Image und Prestige der Marke sind. Gerade in Zeiten eines stetig wachsenden Wettbewerbs bildet eine möglichst starke und begehrens-werte Marke die Basis für einen anhaltenden Erfolg. Das Ziel ist es daher auch in den kommenden Jah-ren, die Imageposition der Marke Audi weltweit nachhaltig zu stärken und auszubauen. Die sportlichen Erfolge der Marke Audi unterstreichen den sportlichen Anspruch der Marke. Mit dem R10 TDI gewinnt erstmals ein Rennwagen mit einem Dieselmotor die Gesamtwertung des 24h-Rennen von Le Mans. Mit dem A3, A4, dem A6 und dem A8 belegt die Marke Audi immer wieder die ersten Plätze in den jeweiligen Kategorien bei der Leserwahl des Automagazin „auto motor sport“. Nicht nur in der nationalen Presse auch international erhalten die Fahrzeuge der Marke Audi zahlreiche Auszeichnungen.

Hinter dem Strategiebaustein „attraktivster Arbeitgeber“, steht die Überzeugung, dass das Unterneh-men langfristig kompetente und engagierte Mitarbeiter für sich begeistern muss. Hierzu gehört es, ein Umfeld anzubieten, in dem sich hochmotivierte Mitarbeiter kontinuierlich weiterentwickeln können. Die hohe Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter zahlt sich aber auch unter monetären Aspekten aus: die Mitarbeiter sind ergebnisabhängig am Erfolg beteiligt. Im Jahr 2005 wurde die leistungsorientierte Entlohnung neu gestaltet und in ihrer Attraktivität noch weiter gesteigert. Nur mit hochmotivierten und leistungsfähigen Mitarbeitern lassen sich die faszinierenden Fahrzeuge der Marke Audi entwickeln und herstellen, die den hohen Kundenanforderungen gerecht werden.

Als weitere Dimension auf dem Weg zur erfolgreichsten Premiummarke hat sich Audi das Ziel gesetzt, bis 2015 mehr als 1,5 Millionen Fahrzeuge an Kunden zu verkaufen. Dazu wird die bestehende Modell-palette um neue Produktlinien und Derivate erweitert – der Q7, R8 oder A5 sind erste Botschafter der geplanten Modelloffensive. Nicht nur neue Produkte, auch neue Märkte tragen dazu bei, das Ziel zu erreichen. So werden zum Beispiel Wachstumsmärkte, wie Indien, bereits in einem frühen Stadium zielgerichtet aufgebaut und in einem bereits etablierten Wachstumsmarkt, wie China, wird kontinuier-lich investiert.

Die gesamte Unternehmensstrategie von Audi ist damit vollständig auf die Marke und deren nachhaltige Etablierung als Premiummarke ausgerichtet.

AUDI – ERFOLGREICHSTE PREMIUMMARKE

Markenführung als Leitfunktion bei Audi.

Deutliche Erhöhungder Ertragskraft

Kundenbegeisterung und Imageführer in

Emotion und QualitätAttraktivster Arbeitgeber Volumenwachstum

auf 1,5 Mio. Fahrzeuge

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1.

Voraussetzung für eine solchermaßen erfolgreiche Markenführung ist das exakte und kontinuier-liche Erfassen und Aufbereiten entscheidungsrelevanter Informationen und deren Integration in den Markenführungsprozess. Der Markenführungsprozess – Planung, Steuerung und Kontrolle der Marke – beginnt mit einer Bestandsaufnahme der Markenleistung, die Rückschlüsse auf die Quellen der Markenleistung zulässt. Die Kontrolle der Markenleistung führt dann aus einem Ver-gleich von definierten Soll-Größen mit den tatsächlich erreichten Ist-Größen zur direkten Ablei-tung von Maßnahmen. Um die Wirkungen der Marke zu verstehen und erklären zu können, erfolgt die Beurteilung einer Marke aus der Kundenperspektive. In der Praxis haben sich eine Vielzahl an Verfahren herausgebildet, die den Wert einer Marke bestimmen und damit eine Aussage über den Markenerfolg zu treffen versuchen. Die unterschiedlichen Ansätze zeigen allerdings gleich-zeitig die Problematik der Markenbewertung: Verschiedene Ansätze zur Markenbewertung führen bei identischen Marken zu Ergebnissen, die um mehrere hundert Prozent voneinander abweichen können und untereinander nicht vergleichbar sind. So bewertete Interbrand beispielsweise den Markenwert von Volkswagen für das Jahr 2005 mit knapp 4,7 Milliarden Euro, während Semion den Markenwert mit rund 16,2 Milliarden Euro angab. Auch im Zeitvergleich ergeben sich teilweise nicht nachvollziehbare Schwankungen. Interbrand zum Beispiel bewertete Yahoo 1999 mit 1,7 Mil-liarden Euro, 2000 mit 6,8 Milliarden Euro, 2001 mit 4,9 Milliarden Euro.

Eine 2004 von Absatzwirtschaft in Zusammenarbeit mit PricewaterhouseCoopers (PwC) veröf-fentlichte Studie zum Vergleich alternativer Bewertungsansätze von neun Instituten belegt das Bewertungsproblem. Bei der Bewertung einer fiktiven Marke führen die neun angewandten Mo-delle zu Markenwerten zwischen 173 Millionen und 958 Millionen Euro. Berichte und Rankings von Markenunternehmen sind daher immer im Zusammenhang mit der Bewertungsmethodik zu betrachten. Für die Markenführung muss eine sinnvolle Methodik ausgewählt und konsequent beibehalten werden (siehe Kapitel 5).

Unabhängig von der Bewertungsmethodik gilt: Der Einfluss der Markenführung und damit die Be-deutung der Marke ist über alle Branchen hinweg stetig steigend. Viele Industrien und Branchen, die nicht gerade als traditionell markenaffin bekannt sind, betrachten die Marke nun als relevantes Wettbewerbsinstrument. Der Erfolg einer konsistenten und integrierten Markenführung zeigt sich gerade in Märkten, die dereguliert wurden und nun im Wettbewerb stehen wie beispielsweise der Energie- und der Telekommunikationsmarkt.

Nachfolgend soll am Beispiel des Energiemarktes und des Automobilmarktes kurz auf die Aus-wirkungen veränderter Rahmenbedingungen eingegangen werden.

Veränderte Rahmenbedingungen im Energiemarkt

Auf dem Energiemarkt begann alles im Jahre 1844 mit der Beleuchtung des Place de la Concorde in Paris durch ein Bogenlicht. Die Gründerjahre der Stromwirtschaft bis 1880 waren geprägt durch einzelne Erfindungen und Entdeckungen. Es gab im Wesentlichen nur Versuchsanlagen, und die elektrische Beleuchtung konnte sich nur langsam als Alternative zum Gaslicht entwickeln. Bis dahin war Strom aufgrund der hohen Kosten ein reines Prestigeobjekt.

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Um die Jahrhundertwende (1900) begann die Elektrizität einen ersten praktischen Wert zu errei-chen, nämlich Arbeitserleichterung durch elektrische Antriebe. Wenn man zu diesem Zeitpunkt bereits von einem aktiven Marketing sprechen möchte, so standen im Fokus der Marketingmaß-nahmen die technischen Einsatzmöglichkeiten sowie der Abbau von weit verbreiteten Vorurteilen und Ängsten gegenüber dem Produkt „Elektrizität“. In den darauffolgenden Jahrzehnten lag die Aufgabe der Stromwirtschaft vor allem darin, den raschen Nachfrageanstieg nach Strom durch Kraftwerks- und Netzausbauten zu decken. Aktive Marketingmaßnahmen waren in dieser Situ-ation nicht erforderlich, da einerseits mit dem Energiewirtschaftsgesetz von 1935 Gebietsmono-pole in Deutschland gesetzlich festgelegt wurden, in denen die Stromversorger exklusiv Strom und Gas anbieten durften und andererseits die Menschen den Vorteil von Elektrizität gegenüber den Alternativen von sich aus erkannten.

Erst im Zuge der ersten Ölpreiskrise Mitte der 70er Jahre wurden Begriffe wie Energiespa-ren, Endlichkeit der Ressourcen und Umweltschutz in einen Zusammenhang mit Energien-anwendungen im privaten und gewerblichen Bereich gebracht. Das energiewirtschaftliche und politische Umfeld in Deutschland wurde erstmals aufgerüttelt und das bisherige Vorgehen hinter-fragt. Eine zweite Welle der Veränderungen von Grundeinstellungen zur Stromwirtschaft hatte Mit-te der 80er Jahre ihren Zenit. Ursache hierfür waren die zunehmenden Ängste in der Bevölkerung vor einer möglichen atomaren Verseuchung, die Diskussion um Entsorgungsproblematiken sowie das Waldsterben durch „sauren“ Regen. Die Marketingmaßnahmen und hier insbesondere die Kommunikationsmaßnahmen der Energieversorger fokussierten als Reaktion auf die veränderte öffentliche Meinung auf die Darstellung der Vorzüge von Stromanwendungen im Allgemeinen, den hohen Sicherheitsstandards in den deutschen Kraftwerken sowie auf technische Nachrüstungen von Rauchgasentschwefelungsanlagen in fossil befeuerten Kraftwerken.

Mitte 1998 begann die EU, den Energiesektor zu liberalisieren. Hierdurch kam es zu zahlreichen Veränderungen auf dem deutschen und europäischen Elektrizitätssektor. Durch den Wegfall der Gebietsgrenzen konnten erstmals neue Anbieter bzw. ortsfremde Energieversorger Strom in bis-her abgeschottete Gebiete liefern. Aus „Abnahmestellen“ wurden nun Kunden. Es war nun an den Energieversorgern die ehemalige Monopolstellung zu verlassen und sich aktiv um die Kunden zu kümmern. Damit war die Stunde des Marketings auch für die Energiebranche gekommen: Unter-nehmen mussten bekannt gemacht werden (zum Beispiel EnBW, Eon). Netzunabhängige Markt-teilnehmer wie Yello Strom, LichtBlick, Ares, bestenergy oder Ampère warben um Kunden. Das physisch nicht greifbare Produkt Strom wurde zu einer Marke. Strom bekam eine Farbe („Strom ist gelb“), wurde umweltfreundlich („Greenpeace energy“) oder konnte im Energie-Mix zusammen-gestellt werden („Mix-it baby“). Yello Strom im Kleinkundensegment und EnBW im Industriekun-densegment waren die Vorreiter bei der Entwicklung von Markenbewusstsein und Identifizierung mit einer Strommarke. EnBW konnte sich mit branchen- und kundenspezifischen Angeboten als ein innovatives Unternehmen positionieren. Mit dem Slogan „gut, gelb, günstig“ und der Aussage „Strom ist gelb“ ist Yello eine Markeneinführung geglückt, die bezüglich Bekanntheits- und Sym-pathiewerten einzigartig ist und bis heute als Benchmark angesehen wird. Eine gezielte, positiv besetzte Kundenansprache, ein innovatives Preiskonzept, einfache Rechnung, kostenlose Hotline, kreative Kundenbindungsaktionen, Geburtstagsgrüße etc. tragen zur Identifikation mit der Marke Yello und zur Treue der Kunden bei.

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Mit großer Euphorie wurden zu Beginn der Liberalisierung von den Energieversorgern neue Märkte für Industrie- und Haushaltskunden erschlossen. Der Mangel an gesetzgeberischen Rahmenbe-dingungen, fehlende „Spielregeln“ für beispielsweise den Lieferantenwechsel, mangelhafte inter-ne Abwicklungsprozesse oder fehlgeschlagene Marketingkampagnen machen den neuen Ener-gieanbietern allerdings das Leben schwer. In der Folge verschwinden viele der neuen Ange bote wieder vom Markt, wie beispielsweise „Avanza“ von RWE oder „Mix-it baby“ von E.ON. Darüber hinaus führten eine vergleichsweise geringe Wechselbereitschaft der Kunden sowie die geringen Vertriebsmargen zu einem Rückgang der Wettbewerbsintensität, insbesondere im Kleinkunden-segment. Nur wenige Stromanbieter, darunter Yello, haben die Marktbereinigung überstanden. In der Zwischenzeit hat sich das Marktumfeld im Zuge einer zweiten Liberalisierungswelle sukzes-sive verbessert. Mit einem regulierten Netzzugang, standardisierten Marktregeln und gestiegenen Strompreisen werben neue Anbieter wie Nuon und flexstrom sowie neue Marken bestehender Energieversorger wie zum Beispiel „e-wie einfach“ oder eprimo, wieder mit deutlich höherem Aufwand um Privat- und Gewerbekunden. Zwar führte die Etablierung eines regulierten Netz-zuganges mit genehmigten Netznutzungsentgelten zu einer deutlichen Veränderung der erziel -baren Margen, aber die sicheren und hohen Gewinne im Netzbetrieb gehören nun der Vergangen-heit an. Energieversorger ohne nennenswerte Eigenerzeugung müssen nun ihre Gewinne über Vertriebsaktivitäten verdienen, in kapitalintensive Kraftwerkskapazitäten investieren oder neue Geschäftsfelder erschließen.

Die sich ändernden Rahmenbedingungen im Zuge der Liberalisierung der Energiemärkte, die ak-tuellen Fragestellungen zur Energieeffizienz oder zum Klimaschutz sowie technische Entwicklun-gen mit intelligenten Zählern und neuartigen Netzbetrieben, wie Smart Grid (intelligente Netze zur Optimierung der Steuerung von Lastflüssen), erhöhen die Bedeutung der Marken im Ener-giemarkt. Ein an sich undifferenziertes Produkt wie Strom differenziert sich zunehmend anhand individueller Markeneigenschaften.

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Vergangenheit (Monopol)

Aktuelle Situation (Liberalisierte Welt)

Generelle Situation

Gebietsmonopole, Versorgungs-sicherheit mit hohem Stellenwert

Liberalisierung der Strommärkte, Vorrang für Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit

Gesetzlicher Rahmen

Stabile nationale Gesetzeslage geprägt von einem Miteinander zwischen Politik und Energie-wirtschaft

Umfangreiche Gesetze und Verordnungen vielfach auf Basis von EU-Vorgaben, vergleichsweise kurzlebiges Handeln.Zunehmend zusätzliche staatliche Abgaben wie KWK, Ökosteuer, EEG

Unternehmens-struktur

Vollständig integrierte Unter-nehmen

Unbundlingvorgaben mit getrennten Gesellschaften für Netze und Wettbe-werbsbereiche (Vertrieb, Erzeugung)

Kosten/Erlöse Rein kostenbasierte Kalkulation von Netzentgelten, Stroment-stehungskosten und Abwicklungs-aufwendungen zuzüglich einer auskömmlichen Gewinnmarge, die „zusätzliche Belastungen“ aus einem Finanzierungsbedarf für Bäder und ÖPNV mit abgedeckt hat Wenig Anreize für einen effizienten Betrieb

Stromgestehungskosten und Abwicklungskosten der Vertriebe stehen im Wettbewerb mit anderen Anbietern und die Preise ergeben sich mithin aus dem Wettbewerb Netzentgelte müssen von einer Regulie-rungsbehörde genehmigt werdenMarktregeln und Effizienzstandards werden teilweise vorgegeben

Netze/Netzzugang

Der Netzbetreiber ist der einzige Anbieter (Gebietsver sorger)Diskriminierung nicht relevant, da nur ein Anbieter „Regeln“ legt der Netzbetreiber fest

In den ersten Jahren der Liberalisierung führte der verhandelte Netzzugang zu einer starken Diskriminierung neuer Anbieter in einem Netz Seit der Einführung der staatlichen Netz-regulierung faktische Gleichstellung der neuen Anbieter mit dem Vertrieb des GebietsversorgersRegeln für den Netzzugang werden von der Regulierungsbehörde vorgegeben

Erzeugung Ausreichende Erzeugungskapazi-täten in jeder einzelnen Regelzone Kraftwerksausfälle konnten durch den eigenen Kraftwerkspark kompensiert werden, da vollstän-dige Weitergabe der Kosten für Reservekraftwerke

Abbau der Überkapazitäten und teilweise Erzeugungsengpässe bei extremen Situationen Risiken bei Kraftwerksinvestitionen: Können Kosten wieder erwirtschaftet werden?Folge: Knappheiten bei Erzeugung und Verzögerungen bei Ersatzinvestitionen

Vertrieb Vertriebsaktivitäten – soweit im klassischen Sinne überhaupt vor-handen – als integraler Bestandteil der Gebietsversorger

Vertriebe werden als eigenständige Einheiten oder Gesellschaften geführt, die Profit abwerfen sollen/müssen

Rahmenbedingungen für die Stromversorgung.

Tabelle 1: Veränderte Rahmenbedingungen auf den Energiemärkten

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1.

Rahmenbedingungen im Automobilmarkt

Die Automobilindustrie ist nach wie vor eine Schlüsselindustrie – nicht nur in Deutschland, son-dern weltweit. Sie macht gut ein Viertel der Welt-Produktion aus, und in Deutschland hängt je-der vierte Steuer-Euro vom Auto ab. Eine wesentliche Veränderung der Rahmenbedingungen auf diesem wirtschaftlich relevanten Markt hat sich durch die neue GVO 1400/2002 ergeben, die am 1. Oktober 2003 in Kraft getreten ist. Die GVO-Novellierung hat zum Ziel, die Unabhängigkeit der Händler und Werkstätten gegenüber den Herstellern zu stärken, den Wettbewerb zwischen den Händlern einer Marke zu erhöhen sowie die Preise zwischen den EU-Staaten langfristig anzuglei-chen und damit eine verbesserte Wahrung der Verbraucherinteressen zu erreichen. Die wichtig-sten Änderungen betreffen:

Die VertriebsstrukturHersteller müssen nach dem Inkrafttreten der neuen GVO qualitative und/oder quantitative Kri-terien zur Händlerselektion einsetzen.

Die Trennung von Vertrieb und KundendienstDie modifizierte GVO hebt die Untrennbarkeit von Vertrieb und Kundendienst auf, so dass au-torisierte Werkstätten nicht zum Neuwagenverkauf verpflichtet werden können. Händlern wird damit umgekehrt ermöglicht, sich allein auf den Verkauf der Fahrzeuge zu spezialisieren.

Der MehrmarkenvertriebHändlern ist nun gestattet, Neuwagen verschiedener Hersteller in einem Verkaufsraum ge-meinsam zu vertreiben. Zur Wahrung der Markenidentität dürfen Hersteller eine optische Se-parierung in Form markenspezifischer Verkaufsbereiche fordern.

Erste Reaktionen auf die neue GVO waren eine Verschärfung der Anforderungen in den Verträgen, die Anhebung von Standards und im Durchschnitt eine Reduzierung der Margen bei einer gleich-zeitigen Anhebung der variablen Bestandteile.

Neben den rechtlichen Rahmenbedingungen verändern auch technologische Rahmenbedingungen den Automobilmarkt nachhaltig. Neue Medien und elektronische Märkte liefern den Herstellern (branchenübergreifend) eine effiziente Plattform, um mit dem Endkunden direkt in Kontakt zu kommen und Verkaufsabschlüsse zu tätigen, ohne unbedingt eine weitere Vertriebsstufe zu inte-grieren. Auch wenn der Abschluss nicht über die neuen Medien stattfinden muss, so lassen sich durch die multimedialen Informationsprozesse Effizienzpotenziale nutzen. Die Folgen sehen so aus:

Die Automobilhersteller sehen sich einer kostspieligen und ungenügend kontrolliertenDistri bution ihrer Produkte gegenüber. Das aufgebaute Markenversprechen wird häufig am Point of Sale (POS) unzureichend umgesetzt. Trotz der hohen Standards für Personal und Ausstellungs räume klafft zwischen dem Leistungsversprechen und der Realität häufig eine be-achtliche Lücke.


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