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Der Schwedenstein und das Manöver zum Einzug von Kaiser...

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Der Schwedenstein und das Manöver zum Einzug von Kaiser Karl V. in München Nachfolgend wurden Literaturauszüge zusammengetragen, welche ein Manöverunglück auf der „Perlacher Haid“ beschreiben. Die rot unterlegten Stellen zeigen die Verbindung zu Perlach auf. Der Schwedenstein stammt aus der Zeit um 1500 und könnte als Marterl für die 8 Verunglückten beim Manöver vom 10. Juni 1530 errichtet worden sein? Kaiser-Karl in München Seite 1 von 10 11.04.2010 F r a n z K e r s c h e r , W a l d h e i m p l a t z 2 2 a , 8 1 7 3 9 M ü n c h e n , T e l : 6 8 0 5 3 7 1 E - m a i l : F r a n z . K e r s c h e r @ m n e t - o n l i n e . d e F r a n z K e r s c h e r , W a l d h e i m p l a t z 2 2 a , 8 1 7 3 9 M ü n c h e n , T e l : 6 8 0 5 3 7 1 E - m a i l : F r a n z . K e r s c h e r @ m n e t - o n l i n e . d e Nachbildung im Truderinger Wald Original im Stadtmuseum Beschriftung an der Nachbildung im Truderinger Wald
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Der Schwedenstein und das Manöver zum Einzug von Kaiser Karl V. in MünchenNachfolgend wurden Literaturauszüge zusammengetragen, welche ein Manöverunglück auf der „Perlacher Haid“ beschreiben. Die rot unterlegten Stellen zeigen die Verbindung zu Perlach auf. Der Schwedenstein stammt aus der Zeit um 1500 und könnte als Marterl für die 8 Verunglückten beim Manöver vom 10. Juni 1530 errichtet worden sein?

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Nachbildung im Truderinger Wald

Original im Stadtmuseum

Beschriftung an der Nachbildung im Truderinger Wald

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Einzug Kaiser Karls V. in München am 10. Juni 1530Bilder vom ManöverAuszug aus … 1

Hans Sebald Beham (15oo-155o); Nürnberg, Nikolaus Meldemann (Drucker), 1530; Holzschnitt, koloriert, 36,3 x 133,9 cm (Blatt); München, Stadtarchiv, Historischer Verein von Oberbayern (HV-D-86o7)

BeschreibungHans Sebald Behams Holzschnitt gilt als eine der ältesten Ansichten Münchens. Die Stadtsilhouette von Osten gesehen dient als Kulisse zur Darstellung eines der wichtigsten politischen Ereignisse in der Geschichte der Stadt im 16. Jahrhundert. Von Italien über Innsbruck kommend hielt der am 24. Februar 1530 vom Papst gekrönte Kaiser Karl V. mit seinem Gefolge am 10. Juni 1530 desselben Jahres auf dem Weg zum Augsburger Reichstag in München Einzug. Auf einer Viehweide südöstlich der Stadt hatten die bayerischen Herzöge Wilhelm IV. und Ludwig X. ihre lanzenstarrenden Schlachthaufen und die gerüstete Reiterei Aufstellung nehmen

1 Auszug aus Katalog: Ewig blühe Bayerns Land; Herzog Ludwig X. und die Renaissance Seite 228.

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lassen, unterstützt von schwerem Feldgeschütz. Hinter dem inneren Geschützring vor den Zelten verfolgten Karl — man kann ihn bei den von Pagen getragenen Säulen, den Herkules-Säulen seiner Devise, in der Menge neben seinem Bruder Ferdinand ausmachen — und sein Gefolge aus Kardinälen, Bischöfen und Fürsten das Spektakel zu Pferd, in dessen Mittelpunkt die Einnahme eines „schlos mit holtzwerck und tuechern darauf stand. Solche Scheinarchitekturen säumten den Weg, den der Kaiser in die Stadt nehmen sollte, und gingen unter dem Beschuss der Hackengeschütze und Mörser in Flammen auf. Hunderte Statisten simulierten Angriff und Verteidigung, „wie man yn ernst zuthun pflecht"; Chronisten berichten von acht unglücklichen Todesfällen.Nachdem man von der Isarbrücke aus das Fischerstechen verfolgt hatte, wurden auf am Ufer nahe den Fleischbänken errichteten Bühnen Historien- und Musikstücke aufgeführt. Zeitgenossen beobachteten ein „gros gelauff unter dem volcke"; dem Kaiser sei, so heißt es in der Chronik, nirgendwo im Reich „der gleichen ehre geschehen". Nach einer Hirschjagd im Perlacher Forst am darauffolgenden Tag nahm man im Garten der Residenz ein Festmahl ein: „die new fest" — die Neuveste — ist auf Behams Darstellung bezeichnet. Wilhelm IV. hatte den Garten, der im Bereich des heutigen Marstallplatzes lag, gestalten und darin ein Lusthaus errichten lassen, das als überkuppelter Zentralbau einer bevorzugten Architekturform der Renaissance entsprach. Der prächtige Garten fand bei den Gästen große Bewunderung.Das als opulentes Spektakel zelebrierte militärische Muskelspiel sollte die Schlagkraft Bayerns als Bündnispartner demonstrieren, kann aber auch als Maßnahme zur Hervorhebung seiner Autonomie gedeutet werden. Mit der fortschreitenden Umklammerung durch habsburgisch verwaltete Territorien befürchteten die Herzöge eine Einverleibung durch Ferdinands Expansionspolitik. In München traten sie einem Kaiser gegenüber, dessen politische Macht sich auf einem Höhepunkt befand. Die Herzöge taten dies jedoch mit dem Wissen um ihre diplomatische Schlüsselposition als Landesherren eines bekennenden katholischen Fürstentums, dessen Loyalität Habsburg in den konfessionellen Konflikten, die es in Augsburg zu schlichten galt, benötigte.

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Festliche Münchner Umzüge vor dem 19. JahrhundertFestliche Einzüge Auszug aus … 2

(…) Lebte im Mitteller die antike Tradition der Triumphzüge in den Krönungszügen der deutschen Könige weiter, so entwickelte sich der adventus, der Herrschereinzug, zu einem speziellen politischen Zeremoniell, das je nach dem rechtlichen Status einer Stadt unterschiedlich ausfallen konnte und stets Bezug zu einem Rechtsakt hatte.Unabdingbare Bestandteile waren dabei die Einholung durch Entgegenziehen, die Begrüßung und das Geleit. Den optischen Rahmen des Festeinzugs bildeten die geschmückten Straßen und Plätze der jeweiligen Stadt. Wesentliche Bedeutung hatten dabei auch eigens für den jeweiligen Anlass errichtete temporäre Bauwerke (Ehrenpforten, Schaugerüste) sowie — bei nächtlichen Einzügen — Illuminationen, die einzelne Gebäude oder gar ganze Straßenzüge in Kunstlicht tauchten.

Ein gut dokumentiertes Münchner Beispiel eines kaiserlichen adventus ist der Einzug Karls V. am 10. Juli 1530; aus Italien kommend befand sich der Kaiser auf dem Weg zum Reichstag in Augsburg. Zur Begrüßung zogen dem hohen Gast und seinem zahlreichen Gefolge fünf Fähnlein der Münchner Bürgerwehr — „in harnasch und claidung lusstig wol geputzt" — mit 650 Pferden auf die Perlacher Heide entgegen, wo eine aus Holz und Leinwand errichtete Burg aufgebaut war, an der knapp 1.500 aus den Münchner Zünften rekrutierte Männer zu Ehren des Herrschers die Einnahme des Kulissenbauwerks vorführten. Als sich der Zug schließlich Richtung München in Bewegung setzte, wurde er von den bayerischen Herzögen Wilhelm und Ludwig sowie den Pfalzgrafen Friedrich, Ottheinrich und Philipp angeführt. Bei der Ankunft in der Stadt erwarteten den Kaiser neben Salutschüssen an drei verschiedenen Stationen historische Schauspiele. Er soll „großes wohlgefallen daran gehabt" haben. (...)

Hierzu der Holzschnitt von Hans Sebald Beham mit folgender Beschriftung:

Einzug Karls V. in München am 10. Juni 1530; im Hintergrund die Münchner Stadtsilhouette. Holzschnitt von Hans Sebald Beham. Der aus Rom kommende Kaiser wurde auf seinem Weg zum Augsburger Reichstag von den bayerischen Herzögen Wilhelm IV. und Ludwig X. östlich der Stadt München mit militärischen Vorführungen empfangen. Das Blatt gilt als eine der frühesten München-Ansichten.

2 Auszug aus dem Artikel:München feiert. Der Festzug als Phänomen und Medium. Dr. Brigitte Huber Stadtarchiv MünchenErschienen im Oberbayerischen Archiv vom Historischen Verein von OberbayernBand 133; München 2009; Seite 5

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Auszug aus der Stadtchronik zum KaiserbesuchNachfolgend sind die Eintragungen aus der Stadtchronik, welche den Kaiserbesuch betreffen, zusammen gefasst. 3

1530 Mai 7, Samstag: Die Vorbereitungen für den Besuch von Kaiser Karl V. sind angelaufen.Auf Wunsch des Herzogs stellt die Stadt fünf Fähnlein Knechte, an die 1500 Mann, zur Verfügung, die dem Kaiser in Wehr und Harnisch entgegenziehen sollen. Der Stadtrat beruft den Obristen und die Hauptleute, allesamt vom inneren und äußeren Rat, die die Fähnlein befehligen werden.

Qu.: RP 10 S. 84r (alt S. 13r).

1530 Mai 20, Freitag: „In ansehung der grossen teuerung im khorn“ soll das noch übrige Mehl der Stadt vom Stadtkasten im Wert von 20 Schillingen abgebacken und das Brot an die Notdürftigen verteilt werden. Außerdem hat sich ergeben, daß wegen der Teuerung die Haller Semmeln sehr klein gebacken werden. Deshalb hat der Rat bis auf Widerruf erlaubt, im Hinblick auf die Ankunft des Kaisers Pfennig-Semmeln zu backen.

Qu.: RP 10 S. 85v, 86r/v.

1530 Mai 27, Freitag nach Christi Himmelfahrt: Wegen des Kaiserbesuches wird der Fleischpreis auf 5 Pfennige pro Pfund festgelegt.

Qu.: RP 10 S. 87v.

1530 Juni 3, Freitag: Der Rat bestimmt die Verordneten zur Wache für die Zeit des Kaiserbesuches und legt die Besoldung fest.

Qu.: RP 10 S. 89v.

1530 Juni 8, Mittwoch nach Pfingsten: Die Stadt braucht einen neuen Ungelterknecht. Es gibt vier Bewerber. Da sich aber der Herzog für Thoman Poltzmacher (einen fünften) einsetzt, beruft die Stadt diesen.Für den Kaiserbesuch werden, um „mutwillen zu verhueten“ eigens Aufseher, um „Auff den pünen Zu den Steenden spilen ze steen“, berufen.Außerdem werden je ein Mitglied des inneren (Hans Stupf) und des äußeren Rats (Hans Fendt) als Kommission für eilige Entscheidungen eingesetzt („Allerlay nottorfft In Kay[serlicher] M[ajestä]t ankonfft In eyl ze handlen“).

Qu.: RP 10 S. 90r.

1530 Juni 10, Freitag nach Pfingsten: Kaiser Karl V. kommt auf dem Weg von Bologna, wo ihn der Papst zum Kaiser gekrönt

3 Auszug aus: Stahleder Helmut.: Chromnik der Stadt München. Belastungen und Bedrückungen; Die Jahre 1506-1705; Dölling und Galitz Verlag; Stadtarchiv München 2005

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hat, zum Reichstag in Augsburg, „mit grossem triumpf und freuden“ nach München. In seiner Begleitung befinden sich sein Bruder König Ferdinand I., der päpstliche Legat Kardinal Campeggi, der bei Ferdinand beglaubigte Nuntius Pimpinelli und ein Troß von Geistlichen und Adeligen mit etwa 560 Pferden, darunter 300 in voller Rüstung. Bei diesem Troß befinden sich drei Herzöge, zwei Markgrafen (Hans Albrecht und Wilhelm [das Ratsprotokoll schreibt Hans Friedrich] von Brandenburg), außer Campeggi noch drei weitere Kardinäle (Salzburg, Lüttich, Trient) und drei Erzbischöfe, zwei Bischöfe, zwei „oder drey“ Pfalzgrafen, spanische und polnische Geistliche, spanische und deutsche Adelige.1486 Mann Bürgerwehr in fünf Fähnlein, aus den Zünften rekrutiert, „in harnasch unnd claidung lusstig wol geputzt“, dazu – laut Kammerrechnung – 650 voll gerüstete Pferde und an die hundert Stücke Büchsen ziehen unter dem Hauptmann Ruprecht Stupf dem Kaiser auf die Perlacher Heide entgegen (Holzschnitt von Beham). Dort ist aus Holz und Leinwand ein Schloß mit Zinnen und Türmen aufgebaut, an dem dem Kaiser eine Belagerung vorgeführt wird. Was der hohe Gast sicher nicht bemerkt haben dürfte war, daß dieses Spektakel acht Männern das Leben kostete. Sie wurden später auf dem Friedhof an der Salvatorkirche bestattet.Bei der Weiterfahrt führen die Fischergesellen an der Isar ein Fischerstechen vor. Dem Zug voraus reiten die weltlichen Fürsten: die bayerischen Herzöge Wilhelm und Ludwig, die Pfalzgrafen Friedrich, Ottheinrich und Philipp (Bischof von Freising) und die beiden Markgrafen. Dem Kaiser werden ein bloßes Schwert und zwei kaiserliche Kronen vorangetragen.Beim Einzug in die Stadt unter Kanonendonner wird der Kaiser mit drei Schauspielen („drei steende spil“) empfangen. Das erste wird ihm an der Hochbrücke im Tal geboten. Es ist ein Stück über den Perserkönig Ahasverus und der Hester, „so lieblich, künstlich und wolgeordnet, das meniglich verwundert und nit wolmüglich zu bessern gewesen wer“. Das zweite erwartet ihn bei den Fleischbänken, an der Stadtwaage neben dem Rathausturm („bei der metzg Im winkl“) mit dem Thema Cyrus und wie ihn die Massagetenkönigin Tomyris enthaupten ließ, schließlich an der Burggasse ein Stück über den König Kambyses wie er den bestechlichen Richter Sisamnis bei lebendigem Leib schinden und seine Haut über den Richterstuhl spannen ließ. „Sind alle drey gar khünstlich und wunderbarlich zuegericht gewesen, darob Sie die khayserliche Maestet sonderlich groß verwundert, auch großes wolgefallen daran gehabt hatt“.Auf dem Marktplatz ist aus Leinwand und Holz ein Schloß aufgebaut, das am Abend anläßlich eines Feuerwerks in Flammen aufging und zu Pulver verbrannt wurde.

Qu.: StadtA, BuR Nr. 138. – RP 10 S. 90v/91r (alt 19v/20r). – KR 1530/31 S. 86v. – Riezler IV S. 224/227. – Karl Trautmann, Italienische Schauspieler S. 203 und Anm. 28 S. 272/273. – Haeutle, Das Hofkleiderbuch S. 114/115. – Haeutle, Die Wittelsbacher S. 52/53. – Straub S. 147/148. – Karl Spengler, Münchner Historien und Histörchen, München 1967, S. 8. – Erzbischof von Salzburg war von 1514- 1540 Matthäus Lang (Gams S. 308), von Lüttich Cornelius von Berghen 1522-1544 (Gams S. 249), von Trient Bernardus Clesius 1514-1539 (Gams S. 317), von Passau Ernst von Bayern 1514-1540 (Gams S. 301), von Brixen Georg von Österreich 1525-1539 (Gams S. 265). Auch die beiden Markgrafen von Brandenburg, Söhne des Markgrafen Friedrich zu Ansbach und Bayreuth, waren Bischöfe: Hans Albert 1513 bis zum Tod 1545 von Magdeburg, Wilhelm von 1529 bis zum Tod 1563 von Riga, vgl. Gams S. 288 und 307 und Isenburg Tafel 61. – Lorenzo Campeggi, Jurist und Kardinal, geb. 1474, gest. 1539, vgl. LThK Bd. 2, Sp. 915.

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1530 Juni 11, Samstag nach Pfingsten: Der Kaiser und sein Gefolge sind auf der Perlacher Heide auf der Jagd. Die Umgebung der Stadt München bietet nach dem Urteil von Campeggi immerhin die schönsten Hirschjagden der Welt. Es werden an die 100 Hirsche erlegt.

Qu.: Riezler IV S. 227.1530 Juni 12, Sonntag nach Pfingsten: Der Kaiser und sein Bruder wohnen in der Neuveste. Am Vormittag besuchen der Kaiser und der König das Hochamt in der Frauenkirche. Eine unübersehbare Volksmenge füllt die Kirche. Abends findet im Lust- oder Rosengarten, dem ersten Münchner Hofgarten beim späteren Marstallplatz, ein prächtiges Bankett statt. Es werden Tänze aufgeführt und der Kaiser tanzt mit der Gemahlin des Herzogs. Bis 10 Uhr abends war man erst beim 32. Gang angelangt, der Mitte des Mahls. Da gab der Kaiser das Zeichen zum Aufbruch. Ohne ihn zieht die übrige Gesellschaft zum Rathaus und tanzt bis 4 Uhr früh. Einer der Augenzeugen rühmt dabei die schönen Frauen und behauptet, München sei überhaupt eine herrliche Stadt, schöner als Bologna, Mantua oder Ferrara.

Qu.: RP 10 S. 91r (alt 20r). – Thomas, o.V., „Der Einzug Kaisers Karl V. in München am 10. Juni 1530.Zwei Briefe eines Venezianers als Augenzeugen“, in: Sitzungsberichte der philos.-philolog. und hist. Classe der K. b. Akademie d. Wiss. zu München, 1. Heft 1882, S.363/365. – Haeutle, Die Residenz S. 16/17. – Haeutle, Die Wittelsbacher S. 53. – Riezler IV S. 228. – Schattenhofer, Rathaus S. 168.

1530 Juni 13, Montag: Die Gesellschaft widmet sich wieder der Jagd.

Qu.: Riezler IV S. 229.

1530 Juni 14, Dienstag vor Fronleichnam: Um 3 Uhr nachmittags Abreise des Kaisers über Fürstenfeld zum Reichstag nach Augsburg. Die herzoglichen Brüder Wilhelm und Ludwig begleiten ihn.Der Besuch kostete die Stadt 522 Gulden 3 Schillinge und 21 Pfennige.

Qu.: RP 10 S. 91r (alt 20r). – KR 1530/31 S. 86v. – Haeutle, Die Residenz S. 16. – Haeutle, Die Wittelsbacher S. 53. – Riezler IV S. 229.

1530 Juni 25, Samstag: In Augsburg wird Kaiser Karl V. die Confessio Augustana vorgelesen und in lateinischer und deutscher Fassung überreicht.Bei diesem Aufenthalt in Augsburg erlässt der Kaiser auch die große Polizeiordnung gegen „Gotßlesterung, zutrinckens, übermaessigkeyt koestlicher kleydung“ usw.

Qu.: Katalog Welt im Umbruch I S. 178/185 Nr. 99/103, S. 184 Nr. 103 (Confessio), S. 175/176 Nr. 96(Polizeiordnung). – Druck der Confessio in: Die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche,Göttingen 1930, S. XVI-XXI, 31/137.

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Im Gefolge des Kaisers kam auch der Tod.Auszug aus … 4

An der Außenmauer des Chors der Salvatorkirche hat die Stadt München im Jahre 1935 eine erzene Tafel anbringen lassen zur Erinnerung an den einstigen Salvatorfriedhof, der im Jahre 1789 aufgehoben und eingeebnet worden ist. Über drei Jahrhunderte hat der Gottesacker »Zu Unserer Lieben Frau«, wie er hieß, der Grablege gedient und viele große Künstler, Maler, Bildhauer, Schauspieler, Erzgießer haben hier neben Ärzten und Schriftstellern ihre letzte Ruhestätte gefunden.

" Hier ruhen wir ohn' alle Klag und schlafen bis zum jüngsten Tag. Da wird Christus unser Grab entdecken und uns zum ewigen Leben erwecken",

wie es im einleitenden Text der Tafel heißt.

Und dass den vielen Toten dieses Friedhofs das Ewige Licht nicht fehle, hat der Stadtrat unter der Tafel eine Leuchte anbringen lassen, in der zu Allerheiligen und Allerseelen hinter rubinrotem Glase das Ewige Licht schimmert. Einige der großen Toten zählt die Tafel auf: den Maler Hans Mielich, der unweit des Gottesackers, in der Hinteren Schwabinger Gasse, der heutigen Theatinerstraße, ein nobles Haus, würdig eines Malerfürsten, besaß, den herzoglichen Leibarzt Thomas Meermann, den Hofmaler Niklas Prugger, einen Truderinger Kleinhäuslersohn, der, nachdem er zu hohen Künstlerehren aufgestiegen war, in Armut endete und schließlich am Eiermarkt beim Rathaus selbst gefertigte Hühnersteigen verkaufen musste, wie er es als Truderinger Hüterbub schon getan hatte. Balthasar Ableithner, Pruggers Kunstfreund, und Joachim Beich, den man den ersten Landschaftsmaler nennen darf, die Hofopernsängerin Rosina Schwarzmann, die sich herkunftsbewusst Rosa Bavarese nannte, Johann Baptist Gunezrhainer harren hier der Auferstehung wie François Cuvilliés, der Schöpfer der Amalienburg und des Residenztheaters, Anton Johann Lipowsky, der Jurist und Geschichtsforscher, Franz Andreas Schega, der große Medailleur und viele andere.

(...) Ihm und allen, die hier ins Totenreich eingegangen sind, leuchtet das Ewige Licht an der Tafel, das freilich nicht das erste ist, das mit seinem Schein an die Vergänglichkeit alles Irdischen erinnert. Die erste Totenlampe hat Herzog Wilhelm IV. an dieser Stelle entzündet. Vielleicht bewog ihn zu dieser frommen Stiftung das Unglück, das sich mitten im Jubel des 10. Juli 1530 ereignete, als München den deutschen Kaiser Karl V. in seinen Mauern mit

4 Auszug aus dem Buch: Münchner Historien und Histörchen Karl Spengler Bruckmann Verlag 1967 Seite 5-8

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allem Pomp der festefreudigen Renaissance empfangen hat.

Seit dem 8. April bereits hatten sich in Augsburg Fürsten, Ritter und Geistliche versammelt zu einem Reichstag, den Kaiser Karl V. in Bologna ausgeschrieben hatte, um die religiösen Wirren zu schlichten, unter denen das Reich seufzte. In langsamen Tagreisen näherte sich von Innsbruck her der kaiserliche Zug, dem der bayerische Herzog Wilhelm IV. mit dem Kurfürsten Joachim I. von Brandenburg und dem Herzog Georg von Sachsen entgegengeritten waren. Es war der Freitag in der Pfingstwoche, der 10. Juli 1530, ein heißer, wolkenloser Julitag, als der Reisezug vor München eintraf. Das Oberhaupt des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation als Gast beherbergen zu dürfen, kam einem Säkularereignis gleich, und man hatte alles aufgeboten, dem Kaiser den Aufenthalt so kurzweilig und erlebnisreich wie nur möglich zu machen, zumal man in seinem Gefolge nicht wenige Nobilitäten wusste, denen sich die Residenzstadt in ihrem höchsten Glanz zu zeigen bemüht war: des Kaisers Bruder, König Ferdinand von Böhmen, die Herzoge Friedrich, Otto Heinrich, die Markgrafen Friedrich und Hans Albrecht sowie der Kardinal Lorenzo Campeggio, die Erzbischöfe von Salzburg, Lüttich und Trient und die Bischöfe von Passau und Brixen mit zahlreichen polnischen und spanischen Geistlichen. »Auf der Lüften«, einem Teil der »dürren Mähre« von Schafweide, von der später der Schwedenkönig Gustav Adolf so hämisch sprechen sollte, etwa an der Stelle des heutigen Rosenheimer Platzes, sollte ein Schaugepränge vor sich gehen, wie es jene Zeit liebte. Gegen 1600 Mann Fußvolk waren aufmarschiert, dazu 150 Reiter, alle in rote Röcke gekleidet, auf deren Ärmeln das Herzogswappen gestickt war. Ihre Spieße waren schwarz-weiß beringelt mit schwarzen Fransen unter dein Stichblatt. Am prächtigsten waren die Anführer anzusehen, deren Röcke aus Damast gefertigt waren, mit goldenen Ketten und vergoldeten Waffen. Den Anführern hefteten sich Pagen an die Fersen mit wallenden Federn auf den Hüten, von denen, wie das Volk raunte, einige 25 Gulden gekostet hätten. Gegen hundert Stück Feldgeschütze bildeten einen Halbkreis, darunter eine hölzerne, mit Eisenringen beschlagene Kanone, die man von den aufständischen Bauern von Rastatt Anno 1525 erbeutet hatte.

Diese kriegerischen Zurüstungen galten der Erstürmung einer Burg, die, aus Holz mit Türmen und Basteien aufgebaut und mit steinfarbenbemalter Leinwand verkleidet, trutzig anzusehen war. Mit Kriegsvolk besetzt und mit Handfeuerwaffen ausgestattet, sollte sie den Anschein einer schwer zu brechenden Trutzburg erwecken.

Als die Herren am Ort der Szene angekommen waren und Platz genommen hatten, begannen die Mörser zu spielen. Die Verteidiger antworteten mit grobem und kleinem Geschütz, machten schließlich einen Ausfall und paukten sich mit dem Fußvolk auf der Ebene herum, bis endlich die Feldgeschütze ein solch mörderisches Feuer auf die Burg eröffneten, dass sie in Flammen aufging und die Besatzung sich dem Ansturm des Fußvolks beugen musste.

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Ein Spiel nur, das freilich dem Ernst wenig nachgab. Es kostete nämlich acht Männern das Leben. Sie wurden auf dem Salvatorfriedhof »Zu Unserer Lieben Frau« beigesetzt, und es heißt, der Herzog habe den Hinterbliebenen ein jährliches Gnadengehalt ausgesetzt. Die Schatten der Toten hätten ihn lange Zeit heimgesucht, wird weiter berichtet, und er habe das unselige Schauspiel verwünscht, das solcher Opfer nicht wert gewesen sei. (…)

In einem Holzschnitt schilderte Sebald Beham den Einzug Kaiser Karls V. in München im Jahre 1530. Das Bild zeigt die Beschießung einer Burg, bei der gegen 100 Geschütze in Aktion traten, wobei 8 Männer das Leben lassen mussten.

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