Hausarbeit zur zweiten Prüfung
für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen
gemäß § 15 PVO-Lehr II
Der handlungsorientierte Ansatz im Sachunterricht,
dargestellt am Beispiel der Unterrichtseinheit
„Einführung in das Kartenverständnis“
Vorgelegt von: Stefanie Greve
Lehreranwärterin
Fach: Sachunterricht
Abgabedatum: Juli 2000
„In der Vorstellungswelt des Menschen
gliedert sich die Erde gewöhnlich in zwei
unterschiedliche Bereiche: In die ihm aus
eigener Anschauung bekannten ... und solche,
die er nur als Kartenbild aus seinem Atlas
kennt.“
H. Wilhelmy
2
INHALTSVERZEICHNIS
Seite
1 Einleitung 1
2 Handlungsorientiertes Lehren und Lernen 3
2.1 Begründungen für einen handlungstheoretischen Unterricht in der Grundschule 3
2.1.2 Der handlungstheoretische Aspekt 4
2.1.3 Der entwicklungspsychologische Aspekt 5
2.1.4 Der lernphysiologische Aspekt 6
2.1.5 Der sozialisationstheoretische Aspekt 7
2.2 Handlungsorientiertes Lehren und Lernen im Sachunterricht 8
2.3 Merkmale und Ziele des handlungsorientierten Unterrichts 10
2.4 Schlussfolgerung für die Umsetzung in der Unterrichtseinheit 11
3 Die Karte 13
3.1 Sachinformation 13
3.2 Die Entwicklung des räumlichen Denkens beim Kind 15
3.3 Verfahren zur Einführung in das Kartenverständnis 16
3.3.1 Das genetische Verfahren 16
3.3.2 Das analytische Verfahren 16
3.3.3 Das synthetische Verfahren 17
3.4 Schlussfolgerung für die Umsetzung in der Unterrichtseinheit 17
4 Durchführung der Unterrichtseinheit „Einführung in das Kartenverständnis“ 19
4.1 Zur Situation der Lerngruppe und ihrer Lernausgangslage 19
4.2 Didaktische Überlegungen zur Einheit 20
4.3 Zielsetzung 22
4.4 Methodische Vorüberlegungen und Entscheidungen 23
4.5 Darstellung der durchgeführten Unterrichtsstunden 25
4.5.1 „Die Planskizze unseres Klassenzimmers“ 25
4.5.2 „Wir orientieren uns auf einer Lageskizze des Schulgeländes“ 26
3
4.5.2.1 Sachanalyse 26
4.5.2.2 Didaktische Überlegungen 27
4.5.2.3 Zielsetzung 28
4.5.2.4 Methodische Vorüberlegungen und Entscheidungen 29
4.5.2.5 Geplanter Unterrichtsverlauf 30
4.5.2.6 Reflexion 30
4.5.3 „Unterrichtsgang zur Erkundung der Schulumgebung“ 31
4.5.4 „Wir zeichnen eine Wegeskizze“ 33
4.5.5 „Wir bauen ein Modell unserer Schulumgebung“ 34
4.5.6 „Orientierungsübungen am Modell“ 35
4.5.7 „Vom Modell zur Karte“ 36
4.5.8 „Der Maßstab: Wir zeichnen unsere Karte kleiner“ 37
4.5.9 „Wir lernen Kartensymbole kennen“ 38
4.5.10 „Die Himmelsrichtungen: Wir norden unsere Karten ein“ 39
4.5.11 „Einführung in den Ortsplan“ 41
4.5.12 „Rallye Hassel – Wir orientieren uns mit Hilfe der Karte“ 42
5 Gesamtreflexion 44
Literaturverzeichnis 47
Anlage 49
1 Einleitung
Handlungsorientierung beschreibt ein umfassendes unterrichtstheoretisches wie -praktisches
Konzept für den Schulunterricht. Handlungsorientierter Unterricht ist ein ganzheitlicher und
schüleraktiver Unterricht, in dem die zwischen der Lehrperson und den Schülern1
vereinbarten Handlungsprodukte die Gestaltung des Unterrichtsprozesses leiten, so dass
Kopf- und Handarbeit der Schüler in ein ausgewogenes Verhältnis zueinander gebracht
werden.
Die Karte ist als räumliche Orientierungsgrundlage im privaten und öffentlichen Leben
unentbehrlich, die Fähigkeit sie zu nutzen stellt eine notwendig zu erlernende Kulturtechnik
dar. Bei der Nutzung der Karte sind zwei Qualifikationen erforderlich, Karten müssen gelesen
und verstanden werden. Einer Einführung ins Kartenverständnis geht dabei die Arbeit mit der
1 Aus Gründen der Vereinfachung wird im Folgenden stellvertretend für den weiblichen und männlichen Plural die maskuline Form verwendet.
4
Karte der Arbeit an der Karte voraus. Zuerst ist die Karte Unterrichtsgegenstand, danach kann
sie als Arbeitsmittel eingesetzt werden.
Die hier kurz erläuterten Hauptthemen der vorliegenden Arbeit sowie der Titel der Arbeit
deuten bereits darauf hin, dass der handlungsorientierte Unterricht in Korrelation mit dem
Thema „Kartenverständnis“ nur in Ansätzen zu verwirklichen ist und nicht in seiner
vollendeten Form.
In der vorliegenden Arbeit soll der Fragestellung nachgegangen werden, inwieweit sich das
Prinzip des handlungsorientierten Unterrichts bei dem Thema „Einführung in das
Kartenverständnis“ realisieren bzw. umsetzen lässt.
In Bezug auf die oben genannte Fragestellung beginne ich die Arbeit zunächst mit der
Darlegung der Theorie des handlungsorientierten Unterrichtskonzeptes. Hierzu gehören die
Begründungen für einen handlungstheoretischen Unterricht in der Schule unter verschiedenen
Aspekten sowie die Merkmale und Ziele des handlungsorientierten Sachunterrichts. Eine
kritische Beurteilung der dargestellten Theorie und ein Ausblick auf deren Umsetzung bei
dem sachunterrichtlichen Thema „Einführung in das Kartenverständnis“ schließen den ersten
Teil der Arbeit ab.
Es folgt nun eine umfassende Analyse des Unterrichtsgegenstandes „Karte“ bzw. des
Sachverhaltes „Kartenverständnis“. Von der Begriffsbestimmung, über die Entwicklung des
räumlichen Denkens beim Kind und der Darlegung der klassischen drei Verfahren zur
Einführung in das Kartenverständnis, erfolgt auch hier abschließend eine Schlussfolgerung
aus dem Genannten für die Umsetzung in der vorliegenden Unterrichtseinheit.
Nach Abhandlung der beiden Theorieteile der vorliegenden Arbeit wird nun, darauf
aufbauend, deren praktische Umsetzung aufgezeigt, d.h. die Durchführung der
Unterrichtseinheit „Einführung in das Kartenverständnis“. Hierzu gehört zunächst die
Planung der Unterrichtseinheit in Form einer Analyse der Lerngruppe und ihrer
Lernausgangslage, eine Festsetzung von Zielen sowie Vorüberlegungen zur Didaktik und
Methodik der Einheit. Die Darstellung der durchgeführten Unterrichtsstunden schließen sich
daran an.
Den abschließenden Teil der Arbeit bildet die Gesamtreflexion, die die eingangs gestellte
Frage nach der Umsetzung des handlungsorientierten Unterrichtskonzepts beim Thema
„Einführung in das Kartenverständnis“ beantworten soll.
5
2 Handlungsorientiertes Lehren und Lernen
2.1 Begründungen für einen handlungsorientierten Unterricht in der Grundschule
Die Wurzeln für das Ideengut des handlungsorientierten Unterrichts findet man bereits am
Ende des 18. Jahrhunderts. Belege hierfür sind der Grundsatz von Pestalozzi: “Lernen mit
Kopf, Herz und Hand.“2 oder ein Zitat von Heusinger aus den frühen Industrieschulen: “Es ist
nämlich das Prinzip der Tätigkeit, welches ich überall in der Erziehung einzuführen
versuche.“3
Nach dem zweiten Weltkrieg war es vor allem Martin Wagenschein, der mit seinen Prinzipien
des exemplarischen und genetischen Lernens im Physikunterricht richtungsweisende Impulse
setzte. In seiner Tätigkeit als Mitarbeiter an Schulversuchen und Bildungsplänen stellte er
dem Begreifen der Sache das konkrete Objekt selbst voraus um „...mit dem Kind von der
Sache aus, die für das Kind die Sache ist...“4 beispielhaft zu lehren.
Die in den 60er Jahren zunehmende „Wissenschaftsorientierung“ prägte vor allem die in
verbalisierter Form dargestellte wachsende Stofffülle. Ausgehend von dieser Strömung setzte
in den siebziger Jahren die zu diesem Zeitpunkt kontrovers diskutierte „Kindorientierung“
ein. Deren Hauptkritik an der wissenschaftsorientierten Methodik richtete sich auf die
„...Vernachlässigung kindlicher Lernbedürfnisse, kindlicher Motivations- und
Denkstrukturen, kindlicher Erfahrungen und Handlungsformen.“5 Aus diesen ersten
Überlegungen zur Reform des Unterrichts entstand eine große Vielfalt von
Gestaltungsprinzipien, wie das „Entdeckende Lernen“ oder der „Offene Unterricht“.
Dem in diesen Konzepten auftretenden Prinzip des „handelnden Unterrichts“ liegt die
Erkenntnistheorie zu Grunde, dass „ ...die Tätigkeit des Menschen die Substanz seines
Bewußtseins ist“.6 Der entscheidende Gewinn dieser Prinzipien ist nicht nur die
„Entdeckerfreude“, sondern die Einsicht in die Struktur von Informationen.7
Der handlungsorientierte Unterricht enthält zwar Merkmale des handelnden Unterrichts, geht
aber von einem anderen theoretischen Hintergrund aus. Im Gegensatz zum handelnden
Unterricht, in dem eine „Aneignung der Welt im Handeln“ also von außen nach innen
dominiert, setzt der handlungsorientierte Unterricht zusätzlich das innere Bewusstsein in den
Mittelpunkt. Dieser Aspekt wird durch die Definition der Handlung als eine Verhaltensweise
2 Jank, W./ Meyer, H. 1994, S. 209 3 Gudjons, H. 1994, S. 20 4 Wagenschein, M. 1997, S. 11 5 Möller, K. 1997, S. 11 6 Leontjew, A.N. zit. nach Gudjons, H. 1994, S. 38 7 Vgl. Gudjons, H. 1994, S. 23
6
„die Maßnahmen und Sachen bewußt einsetzen, um ein Ergebnis zu erreichen“ deutlich.8
Hierbei wird der Dualismus zwischen Denken und Handeln durch einen komplexeren
kognitiven Strukturaufbau überwunden.
Die Notwendigkeit des handlungsorientierten Unterrichts in der Grundschule soll im
Folgenden aus verschiedenen Sichtweisen begründet werden.
2.1.2 Der handlungstheoretische Aspekt
Dem Ziel der Exteriorisierung, der Entäußerung bereits angeeigneter (Denk-)
Tätigkeiten in neuer, schöpferischer Form geht nach Leontjew eine Umbildung äußerer in
innere, geistige Handlungen voran.9 Aebli hat diese Interiorisierung, insbesondere unter
didaktischen Aspekten, untersucht und herausgearbeitet, dass sich Denkstrukturen aus
verinnerlichten Handlungen entwickeln. Die kognitive Handlungstheorie Aeblis beruht auf
den Thesen: „Man kann sich Vorstellungen und Begriffe nicht in fertiger Form einverleiben“,
„Denken geht aus dem Handeln hervor und es trägt – als echtes, d.h. noch nicht dualistisch
pervertiertes Denken – noch grundlegende Züge des Handelns, insbesondere seine
Zielgerichtetheit und seine Konstruktivität“.10 Der Aufbau von Handlungsschemata zu einem
kompletten Handlungsrepertoire ist demnach der entscheidende Faktor, der den Menschen
befähigt sein Wissen gezielt einzusetzen. Diese Handlungsschemata sind im Handlungswissen
gespeicherte Handlungselemente, die reproduzierbar und daher auf neue Gegebenheiten
übertragbar sind. Vor allem für Grundschüler gilt, dass eine neue Handlung „im effektiven
Versuch leichter erlernt und besser verstanden wird als im reinen Gedankenexperiment“.11
Die Verinnerlichung vollzieht sich nach Aebli unter besonderer Berücksichtigung der
Versprachlichung in drei Stufen: In der ersten Stufe werden alle Handlungen nach der Arbeit
mit Hilfe präziser sprachlicher Darstellung gedanklich rekapituliert. In der nächsten Stufe
stellen sich die Schüler den Handlungsverlauf gestützt durch eine bildliche Darstellung vor.
Im Gegensatz zu den vorangegangenen Schritten löst sich die letzte Stufe vom Bezug auf das
konkrete Objekt. Hier soll die Handlung aus der reinen Vorstellung heraus wiedergegeben
werden.
Wird Lernen in der Schule als Handlungsprozess, im Sinne einer zielorientierten,
versprachlichten und reflektierten Tätigkeit organisiert, dann steht nicht mehr die didaktisch
8 Aebli, H. zit. nach Gudjons; H. 1994, S. 43 9 Vgl. Gudjons, H. 1994, S. 39 10 Gudjons, H. 1994, S. 44 11 Aebli, H. zit. nach Gudjons, H. 1994, S. 45
7
geschickte Aufbereitung des Lehrstoffes im Mittelpunkt, sondern die auf Handeln und
Erkennen gerichtete Planung und Realisierung von Handlungsprozessen der Schüler.12 Der
Aufbau kognitiver Strukturen vollzieht sich hier im Zusammenspiel mit dem Handeln der
Schüler. Die Schule vermittelt somit nicht nur assoziatives Wissen, sondern ermöglicht
zudem strukturelles Lernen.
2.1.3 Der entwicklungspsychologische Aspekt
Die entwicklungspsychologische Forschung wurde stark von dem Schweizer Psychologen
Jean Piaget beeinflusst, der die geistige Entwicklung im Kindesalter untersuchte und Theorien
darüber aufstellte. Zur Überprüfung seiner Theorien entwickelte er verschiedene Experimente
mit Hilfe derer er die kognitive Leistung von Kindern unterschiedlichsten Alters klassifizierte
z.B. das Erkennen der Objektpermanenz, der Mengeninvarianz und die Anwendung des
transitiven Schließens. Der Lernprozess gliedert sich nach Piaget in 3 Teilbereiche: Die
Assimilation ist die Eingliederung der neuen Informationen aus Handlungserfahrungen in das
Handlungsrepertoire. Gleichzeitig erfolgt die Akkomodation, eine Verarbeitung innerhalb der
Denkstrukturen durch Differenzieren und Umstrukturieren der Informationen. Nach diesen
tritt eine Abstimmung des inneren Zustandes der kognitiven Strukturen und der äußeren
Anforderungen der Umwelt ein, die Äquilibration.
Bei der Geburt fehlen einem Kind nach Piaget nahezu alle grundlegenden gedanklichen
Fähigkeiten. Es entwickelt diese erst allmählich, indem es eine Reihe von Entwicklungsstufen
durchläuft. Die erste, die sensumotorische Stufe, umfasst die ersten beiden Lebensjahre. Hier
entwickelt das Kind erste Schemata über die es umgebende Realität, wie die Vorstellung von
einem Objekt als einen beständigen Gegenstand der Welt. Die zweite Phase ist die
präoperationale Stufe zwischen dem zweiten und dem siebten Lebensjahr. In diesem Stadium
ist das Kind zum internalen Denken fähig. Die kognitive Leistung basiert hier allerdings
vollständig auf der äußeren Wahrnehmung und ist somit intuitiv und irreversibel. Danach
folgt die konkret-operationale Stufe. Auf dieser Stufe entwickelt das Kind eine Reihe
mentaler Operationen, die es ihm ermöglicht sich auf systematische Art und Weise mit der
Welt auseinander zu setzen. Es ist „...in der Lage, geistige, logische Handlungen in der
Vorstellung zu vollziehen, d.h. in verinnerlichter Handlung zu denken.“13 Dies ist allerdings
von konkreten Objekten abhängig auf die das Kind sein Denken stützen kann. Ab dem elften
12 Vgl. Gudjons, H. 1994, S. 47 13 Möller, K. 1997, S. 188
8
Lebensjahr beginnt die formal-operative Stufe. Hier tritt die Fähigkeit abstrakt zu denken
erstmals auf. Nachdem das Kind diese letzte Stufe bis zum fünfzehnten Lebensjahr
durchlaufen hat, ist seine kognitive Entwicklung abgeschlossen. Der Begriff „operational“ in
den Stadienbezeichnungen von Piaget steht für die im Bewusstsein verinnerlichte Handlung.
D.h. neu gewonnene Erkenntnisse und Erfahrungen werden mit bereits vorhandenen
Denkstrukturen abgestimmt und in diese eingegliedert. Da die diskrete, starre Einteilung der
Stufen in Piagets Theorie fraglich ist, sollte man sie als eine idealtypische Beschreibung
ansehen, die mit dem realen Entwicklungsstand eines Kindes nicht übereinstimmen muss.
Grundschulkinder befinden sich gerade am Anfang der konkret-operationalen Stufe. Hierbei
begründet sich durch die Abhängigkeit der mentalen Lernleistung von konkreten Objekten die
handelnde Schüleraktivität als notwendiges Hilfsmittel. Dementsprechend zeigen neuere
Forschungen auf dem Gebiet der Entwicklungspsychologie, dass Kinder sehr früh in der Lage
sind Teilziele abzugrenzen um die Gesamtlösung zu erreichen.14 Die entscheidenden
Fortschritte scheinen in der Wissensrepräsentation und dem wachsenden Handlungswissen
der Kinder begründet zu sein.15
Ein weiterer Aspekt, die Motivationspsychologie, wurde bisher noch völlig außer acht
gelassen. Gerade die Inhalte, die von den Schülern als sinnvoll erachtet werden, erhalten eine
subjektive Bedeutsamkeit und prägen sich den Schülern leicht und ohne besonderes Bemühen
langfristig ein.16 Aktive Erfolgserlebnisse und positive Erfahrungen sind dabei die
Schlüsselfunktionen in der lernfördernden Motivation.
2.1.4 Der lernphysiologische Aspekt
Kinder haben im Vergleich zu Erwachsenen ein höheres mittleres Aktivierungsniveau des
Gehirns. Hierdurch benötigen sie wesentlich mehr sensorische und motorische Reize als ein
Erwachsener, ansonsten stellen sich bei ihnen schnell Langeweile, Konzentrationsverlust,
Müdigkeit, Lern- und Denkstörungen ein.17 Dies zeigt sich auch in der höheren Puls- und
Atemfrequenz der Kinder, die eine höhere motorische Aktivität notwendig machen. Als
Ergebnis entsteht beim Kind der Drang nach Betätigung, die somit eine notwendige
Voraussetzung für die geistige Lernbereitschaft ist. In Folge einer statischen Sitz- bzw.
Schreibhaltung in einem überwiegend verbalinformierenden nur geistig stattfindenden
14 Vgl. Anderson, J.R. 1988, S. 382 15 Vgl. Klahr und Robinson zit. nach Anderson, J.R. 1988, S. 385 16 Vgl. Möller, K. 1997, S. 179 17 Vgl. Möller, K. 1997, S. 119ff
9
Unterricht, treten bei den Kindern die oben genannten Demotivationseffekte ein. Oft äußert
sich ein solcher Zustand des Kindes auch in geistiger und motorischer Unruhe mit typischem
hyperaktiven Kompensationsverhalten.
Nach Hamori fördern sensorische und motorische Aktivitäten das Wachstum von
Hirnstrukturen, die für die Steuerung kognitiver Funktionen entscheidend sind.18 Der
kindliche Bewegungsdrang ist somit eine neurophysiologische Notwendigkeit zum Aufbau
einer kognitiven Kompetenz und Lernfähigkeit.
Zudem sind Verspannungen und Haltungsschwächen bedingt durch Beeinträchtigung des
Muskel- und Knochengerüstes als Nachwirkung eines statischen, bewegungsarmen
Unterrichts keine Seltenheit. Ein Wechsel von Spannungs- und Entspannungsphasen im
Unterricht ist gesundheitlich günstiger für die physische Entwicklung des Kindes.19
2.1.5 Der sozialisationstheoretische Aspekt
Das soziale Umfeld von Kindern hat sich in den letzten Jahrzehnten in vielfacher Hinsicht
verändert. Dieser Sachverhalt, den man als „Veränderte Kindheit“ bezeichnet, resultiert aus
den veränderten Lebensumständen innerhalb unserer Gesellschaft. In diesem Sinne macht
Gudjons anhand vielfältiger Betrachtungsweisen und Einzelaspekten auf eine überwiegend
virtuelle Umwelt und reduzierte Erlebniswelt der Kinder aufmerksam. So verringert sich im
demographischen Bereich durch die Reduktion auf die Kleinfamilie auch der direkte soziale
Kontakt von einem „Maximum an Lebensformen“ auf die Eltern. Dieses bedeutet zwar die
positive Intensivierung der Kind-Eltern-Beziehung, dem gegenüber steht allerdings eine
Verarmung der Erfahrungsmöglichkeiten im Umgang mit verschiedenen Kontaktpersonen
unterschiedlichsten Alters. Ebenso vermindert die zunehmende Technisierung des Haushalts
die sozialen Erlebnisräume des Kindes. Durch die Urbanisierung findet das Kind nur noch
selten ein erfahrungsreiches Spielgebiet ohne elterliche Kontrolle. Es erfolgt eine Verinselung
des Lebensraumes des Kindes auf einzelne pädagogische Spezialräume. Hier werden das
Erforschen und Entdecken der Umwelt kaum gefördert. In der modernen Gesellschaft
gewinnen die elektronischen Medien zunehmend an Bedeutung und Präsenz. Die Kinder
erleben bzw. erfahren in diesem Zuge nur noch mittelbar Realität, d.h. Abbilder einer
konstruierten oder vorselektierten Welt. Dieser Rückgang der Primärerfahrung reduziert die
Erfahrungsmöglichkeiten des Kindes auf ein Erleben aus „zweiter Hand“.20 Es erfährt eine
18 Vgl. Möller, K. 1997, S. 134 19 Vgl. Möller, K. 1997, S. 108 20 Vgl. Gudjons, H. 1994, S. 18
10
„...symbolische Welt, die immer schon Auswahl und Vorweg-Deutung impliziert“.21 Die in
den Vordergrund tretenden ikonisierten Sekundärerfahrungen verringern die
Handlungsmöglichkeiten der Kinder, wodurch deren kognitive Entwicklung und
Persönlichkeitsbildung stark beeinflusst wird.
Der handlungsorientierte Unterricht muss hier einen entsprechenden Kontrapunkt zur
vorwiegend rezeptiven Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit setzen. Durch die
Eigentätigkeit der Schüler sollen sich diese ihrer Veränderungspotentiale bewusst werden und
die Konsequenzen ihres eigenen Verhaltens erkennen lernen.
2.2 Handlungsorientiertes Lehren und Lernen im Sachunterricht
Die Schule kann nicht den Anspruch haben alle Defizite des außerschulischen Lebens
auszugleichen. Dennoch sollten die veränderten Kindheitsbedingungen berücksichtigt und die
Erkenntnisse aus der Physiologie und Psychologie angewandt werden. Der Sachunterricht
sollte den Schülern primäre Erfahrungen durch die handelnde Auseinandersetzung mit der
Wirklichkeit ermöglichen. Das Nachvollziehen und Begreifen elementarer Zusammenhänge
und Bedeutungen mittels sowohl sensomotorischer als auch kognitiver Leistungen realisiert
eines der wichtigsten Ziele des handlungsorientierten Unterrichts, die Überwindung des
Dualismus von Denken und Handeln.
Im Folgenden dargestellte Elemente des handlungsorientierten Unterrichts sollen die
Handlungskompetenzen der Schüler entwickeln und ausbauen. Sie sind hier nicht im
Zusammenhang untereinander zu sehen, sondern stehen hier zum Zwecke der Erläuterung
isoliert nebeneinander.
Spielen und Lernen: Das Spielen als grundlegende Aneignungsweise materieller und
symbolischer Kultur eignet sich durch seine vielen aktiven Momente ausgezeichnet zum
Lernen. In der Schule sind vor allem drei Spielformen wichtig: Das Lernspiel kann ansonsten
trockene Lerninhalte lebendiger und interessanter machen. Das Wiederholen von Kenntnissen
und das Überprüfen des Gelernten erfolgt spielerisch. Das Rollenspiel stellt eine Form mit
breitem Handlungsspektrum dar. Über ein fiktives, probeweises Handeln mit Ausschnitten der
Realität ermöglicht es permanentes Reflektieren und soziales Lernen. Das Planspiel
demonstriert durch Simulation realer Prozesse, wie Problemstellungen in Handlungen
umgeformt werden können.
21 Gudjons, H. 1994, S. 15
11
Erkunden und Erforschen: Bei der Erkundung und Erforschung wird der Lernort Schule
verlassen, um (neue), nicht pädagogisierte Erfahrungsräume aufzusuchen. Informationen
werden aktiv, d.h. durch Gespräche und interaktionelle Situationen beschafft, die
Durchführung der Erkundungen wird dokumentiert und ausgewertet.
Herstellen und Verwenden: Das Herstellen eines Produktes ist unter handlungsorientierten
Gesichtspunkten sinnvoller für den Aufbau kognitiver Strukturen als eine reine Beschreibung
des Produktes. Die Sinnhaftigkeit und Gebrauchswertorientierung bekommen hierbei durch
die Verwendung des Produktes einen eigenen Stellenwert. Das Produkt selbst dient der
Verinnerlichung der Handlungsabläufe.
Erfahren und Erleben: Der Unterricht selbst muss zur Erfahrung werden, d.h. die Thematik
muss im Rahmen eines Handlungszusammenhanges mit individuellen und sozialen
Aktivitäten der Schüler verbunden werden. Erlebnisse müssen durch Verarbeitungsprozesse
im Unterricht unterstützt werden, um dann zu Erfahrungen zu werden und Lernprozesse zu
intensivieren.
Probieren und Studieren: Das Ausprobieren durch den Schüler ist unter Aneignungs- und
handlungstheoretischem Aspekt wertvoller als das Demonstrieren durch den Lehrer. Das
Verstehen eines Problems und dessen Lösung hängt einerseits vom Element Zufall ab und
kann somit scheitern, andererseits kann es durch eine in Stadien ablaufende Untersuchung
gefördert werden: „Stutzen, Fragen, Vermutungen, Probieren und Beobachten, Ordnen der
Fälle, Analyse der Einzelfälle, Vergleich, Feststellung des ganzen Prozesses, dann Einsicht in
den Zusammenhang, ...Nachprüfung... (an) andere(n) Beispiele(n)“22
Zusammenarbeiten und Kommunizieren: Handlungsorientierter Unterricht bezieht sich auch
auf das soziale Handeln, dem kommunikativen Umgang miteinander und der Zusammenarbeit
untereinander. Hier nehmen die eingangs erwähnten kooperativen Spiele im Sinne einer
gezielten, bewussten Einflussnahme auf das Gruppengeschehen eine große Rolle ein.
Förderlich sind ebenfalls wechselnde Gruppenzusammensetzungen und kooperative
Aufgabenlösungen innerhalb dieser.
Tätigsein und Verantworten: Das selbstverantwortliche zielgerichtete Handeln und die
Einschätzung der Folgen dieser Tätigkeit seitens der Schüler soll entwickelt und ausgebaut
werden. Freiarbeit und offener Unterricht bieten den Schülern die Möglichkeit, ihre eigenen
Tätigkeiten zu steuern bzw. Verantwortung für ihren eigenen Lernprozess zu übernehmen.
Tätigkeit und Verantwortung beziehen sich sowohl auf sachbezogenes Lernen als auch auf die
eigene Person.
22 Copei, F. zit. nach Gudjons, H. 1994, S. 106
12
2.3 Merkmale und Ziele des handlungsorientierten Unterrichts
Eine konkrete Definition des handlungsorientierten Unterrichts wiederspricht seiner
inhaltlichen Offenheit. Aus diesem Grund möchte ich hier anstelle eines Definitionsversuches
charakteristische Merkmale und Ziele, die das Konzept des handlungsorientierten Unterrichts
bestimmen, heraus arbeiten. Gudjons hat diesbezüglich in seinem Aufsatz „Handelnder
Unterricht – handlungsorientierter Unterricht“ die wesentlichen Merkmale formuliert.
Im handlungsorientierten Unterricht arbeiten die Schüler gegenständlich, d.h. das neben den
geistigen Anforderungen auch sinnliche Wahrnehmung und körperliche Arbeit einbezogen
werden. „Lernen und Arbeiten, Denken und Handeln, Schule und Leben, Konsumption und
Produktion, Verstand und Sinnlichkeit, Arbeiten und Genießen rücken wieder näher
zusammen und werden im Idealfall ganzheitlich erlebt.“23
Ein weiteres Merkmal des handlungsorientierten Unterrichts ist der konkrete Nutzwert der
erarbeiteten Ergebnisse und Produkte. Das Produkt muss einen Gebrauchswert erkennen
lassen, um seine Herstellung für die Schüler sinnvoll zu machen. Gudjons fasst dieses unter
dem Begriff der „gesellschaftlichen Praxisrelevanz“ zusammen. Hierzu gehört auch, dass die
Ergebnisse der Handlungen eine Bedeutung für die soziale Umwelt haben. Eine Einbindung
in die gesellschaftliche Realität kann dabei sowohl innerhalb als auch außerhalb der Schule
stattfinden.
Handlungsorientierter Unterricht geht von den Interessen der Schüler aus. Er knüpft an die
Primärerfahrungen der Schüler aus deren Alltags- und Lebenswelt an und lässt aus der
konkreten Lebenssituation eine Lernsituation entstehen. Dabei ist es erforderlich, der
Lerngruppe Handlungserfahrungen zu ermöglichen, die die Grundlage für die Entwicklung
von Interessen bilden.
Ein weiteres wichtiges Merkmal ist die gemeinsame Umformulierung von Interessen zu
Handlungszielen. Das unterrichtliche Handeln der Schüler ist plangeleitet und zielbestimmt,
d.h. die handelnde Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand ist nicht bloße Tätigkeit,
sondern verfolgt ein konkretes, dem Schüler einsichtiges, Ziel. Hierbei ist es erforderlich, die
Schüler zusätzlich in die Planung sowie in die Auswertung einzubeziehen.
Der handlungsorientierte Unterricht nimmt den oben genannten Aspekt der Mitplanung der
Schüler erweiternd in sein Konzept der Offenheit und Revisionsfähigkeit auf. Seitens der
Schüler gemachte Erfahrungen im Handlungsprozess fließen als neue Planungselemente in
den handelnden Unterricht wieder ein. „...der Planungsprozeß des Unterrichtes selbst erfolgt
handlungsorientiert, d.h. Planen geschieht als ein Teil des Unterrichtes unter Einbeziehung
23 Gudjons, H. 1980, S. 346f
13
der Schüler/innen und unter Nutzung von Handlungsmöglichkeiten durch alle Beteiligten“ 24
Handlungsorientierter Unterricht ist produktorientiert. Hierbei stehen Handlungsprodukte
nicht für den überprüfbaren Lernzuwachs der Schüler, sondern vielmehr für den
“Gebrauchswert eines als sinnvoll, wichtig und nützlich erachteten Handlungsergebnisses“25
Von großer Bedeutung sind jedoch auch abgeschlossene und offene innere Produkte, wie
Fertigkeiten, die in das Repertoire der Schüler übergehen, ebenso wie Erkenntnisse und
Einsichten, die eine Identitätsbildung und Persönlichkeitsentwicklung fördern.
Ein wichtiges Ziel des handlungsorientierten Unterrichts ist die Vermittlung von
kommunikativen und kooperativen Fähigkeiten. Soziales Lernen wird in gleichberechtigter
Interaktion mit der kognitiven Bewältigung der Planungs- und Organisationsanforderungen
und den handelnd-sinnlichen Erfahrungen der Durchführung verknüpft.
„Ziel des handlungsorientierten Unterrichtes ist es, dem Schüler jene Begriffe zu vermitteln,
mit denen er die Substanz seiner Erfahrungen neu beschreiben und erfassen kann, die damit
auch wiederum weitere Handlungsmöglichkeiten auf „höherem kognitiven Niveau“
ermöglichen.“26 Dieses Unterrichtskonzept ermöglicht die Verbindung von Hand- und
Kopfarbeit, mit dem Ziel, den Dualismus von Handeln und Denken zu überwinden. Dabei
steht die Handarbeit mit ihren materiellen Handlungen gleichberechtigt neben der Kopfarbeit
mit ihren kognitiven immateriellen Handlungen.
Bei der Planung von handlungsorientiertem Unterricht geht es vornehmlich darum, die
Lehrziele des Lehrers als Richtschnur für die Organisation von Handlungssituationen zu
nutzen und mit den Schülern gemeinsam Handlungsziele festzulegen. Diese ergeben sich
zumeist aus den notwendigen Schritten zur Erstellung eines Produktes.
2.4 Schlussfolgerung für die Umsetzung in der Unterrichtseinheit
Handlungsorientierter Unterricht kann seine Inhalte nicht umfassend erschließen, wenn er
nicht für Ergänzungen durch Elemente des Lehrgangs und wissenschaftliche Systematik offen
bleibt. Gerade in der Verbindung von handlungsorientiert verarbeiteten Erkenntnissen mit
systematisch aufgearbeiteten Fachinhalten liegt eine Möglichkeit, die einseitige „Verkopfung“
der Schule zu überwinden und den Unterricht dauerhaft lebendiger, befriedigender und
wirklichkeitsnäher zu machen.
In der vorliegenden Unterrichtseinheit „Einführung in das Kartenverständnis“ nehmen
24 Gudjons, H. 1994, S. 94 25 Gudjons, H. 1980, S. 348 26 Gudjons, H. 1980, S. 348
14
Elemente des Lehrgangs und wissenschaftlicher Systematik eine zentrale Rolle ein. Der
komplexe Sachverhalt des Unterrichtsgegenstandes „Karte“ erfordert seitens der Schüler hohe
kognitive (Denk-)Leistungen und macht deshalb eine Rahmenplanung durch den Lehrer
unerlässlich. Dennoch sollen notwendige, systematisch aufzuarbeitende Fachinhalte mit
handlungsorientiert zu erarbeitenden Erkenntnissen verbunden werden.
Die bei dem Thema „Kartenverständnis“ zu vermittelnden Lerninhalte sollen stets durch
zielgerichtete handelnde Tätigkeit unter Einbeziehung möglichst vieler Sinne erarbeitet
werden. Hierbei ist es mir besonders wichtig meine Schüler im Umgang mit typischen, dem
Sachverhalt entspechenden, technischen Hilfsmitteln vertraut zu machen. Gleichzeitig ist eine
ständige Auseinandersetzung mit dem Unterrichtsgegenstand gewährleistet.
Insbesondere die handlungsorientierten Phasen des Unterrichts fördern durch ihre Sozialform
der Partner- und Gruppenarbeit den kommunikativen Umgang der Schüler miteinander sowie
ihre kooperative Zusammenarbeit untereinander.
In diesem Sinne soll bei der Durchführung der Unterrichtseinheit immer Raum für die
Einbeziehung neuer Planungselemente sein. So sollen meine Schüler durch eigenes Handeln
und Ausprobieren ihr Tätigsein reflektieren und gegebenenfalls korrigieren. Hieraus ergibt
sich auch das Formulieren neuer Handlungsziele, beispielsweise bei dem Bau des Modells der
Schulumgebung, der eine relativ offene Gestaltung im Hinblick auf die Vielfalt der
darzustellenden Elemente zulässt.
Eine weitere Öffnung des Unterrichts erfolgt durch das Verlassen des Klassenraumes sowie
durch das Aufsuchen außerschulischer Lernorte. Hierbei werde ich an die Interessen und
Primärerfahrungen meiner Schüler aus ihrer Alltags- und Lebenswelt anknüpfen und aus ihrer
konkreten Lebenssituation eine Lernsituation schaffen. So wird der den Schülern bekannte
Nahraum der Schulumgebung im Verlauf der Unterrichtseinheit von der dreidimensionalen
Anschauung in eine zweidimensionale Darstellungsform gebracht. Als Produkt steht
schließlich eine von den Schülern selbst entwickelte Karte der Schulumgebung am Ende der
Unterrichtseinheit.
Im „Endprodukt Karte“ sowie auch im „Zwischenprodukt Modell“ lässt sich ein
offensichtlicher Gebrauchswert erkennen. Zudem wird eine gesellschaftliche Praxisrelevanz
durch die Ausstellung des angefertigten Modells in der Pausenhalle der Schule möglich. Des
Weiteren kann das „Zwischenprodukt Schulgeländekarte“, das am Anfang der Einheit steht,
seitens der Schulträger zur aktuellen Schulhofumgestaltung genutzt bzw. weiterentwickelt
werden.
15
3 Die Karte
3.1 Sachinformation
„Karten sind maßstäblich verkleinerte, generalisierte, verebnete, orientierte, inhaltlich
ergänzte und koordinierte sowie erläuterte Abbildungen von Teilen der Erde, anderer
Weltkörper und des Weltraumes und darauf beruhende Darstellungen auch
nichtkartographischer Thematik.“27
Die hier von Rauch zitierte, aus einer repräsentativen Auswahl von Definitionen erarbeitete,
Begriffsbestimmung umfasst die wichtigsten Merkmale einer Karte, die im Folgenden
erläutert werden.
Maßstäbliche Verkleinerung: Auf einer Maßstabskarte wird die Wirklichkeit im richtigen
Größenverhältnis verkleinert dargestellt. Das Maß der Verkleinerung, der Maßstab, ist das
Verhältnis zwischen der Entfernung zweier Punkte auf der Karte und ihrer Entfernung in der
Wirklichkeit. Für die Messung und Berechnung von Strecken ist der Maßstab als graphische
und/ oder numerische Darstellung auf der Karte angegeben.
Generalisierung: Die Fülle der darzustellenden Gegebenheiten der Wirklichkeit bedarf
aufgrund ihrer Vielfalt und Dichte einer Generalisierung bezüglich ihrer Darstellung auf der
Karte. Zu diesem Zweck wird eine spezifische Auswahl von bestimmten, Sachverhalte
kennzeichnenden, Objekten getroffen, die wiederum durch kodierte Symbole ersetzt werden.
Verebnung: Die zweidimensionale Darstellungsweise der Karte von der dreidimensionalen
Wirklichkeit erfolgt durch die Verebnung. Die Höhendarstellung wird dabei direkt über
Höhenlinien (Isohypsen) oder Höhenschichtenfarben angegeben, oder indirekt durch die
Visualisierung des Reliefs in Form von Schummerung, Schraffen und Beleuchtungseffekten.
Eine annähernd verzerrungsfreie Verebnung der Erde, bei der Winkel, Flächen und
Entfernungen erhalten bleiben, ist nur bei ausschnitttreuen großen und mittleren Maßstäben
möglich.
Orientierung: Im Gegensatz zu der Orientierung auf der Karte setzt eine Orientierung im
Raum mit der Karte Angaben über die Lagebeziehungen zwischen beiden voraus. Zu diesem
Zweck ist eine Übereinstimmung der Lage in Form einer Ausrichtung nach den
Himmelsrichtungen erforderlich. Hierbei wird die Karte eingenordet, d.h. es werden auf ihr
die der Wirklichkeit entsprechenden Himmelsrichtungen mittels einer Windrose oder eines
Richtungspfeiles angegeben. Fehlt diese Angabe, so kann man davon ausgehen, dass die
obere Abgrenzung der Karte die Nordrichtung anzeigt.
27 Rauch, M. 1976, S. 9
16
Inhaltliche Ergänzung und Koordinierung: Um einen thematischen Sachverhalt zum Zweck
einer Analyse inhaltlich durch weitere maßgebliche Angaben zu ergänzen, ist eine
aufeinander abgestimmte Koordinierung aller Elemente notwendig. Hierfür werden die
einzelnen Elemente der Karten zu Kartenausschnitten kombiniert, um dann zu größeren
Ausschnitten koordiniert zu werden.28 Der hiermit veranschaulichte Gesamtzusammenhang
ermöglicht eine sinnvolle Auseinandersetzung mit dem Inhalt der Karte.
Erläuterung: Eine grundsätzliche Voraussetzung für das Lesen einer Karte ist das
Identifizieren der farblichen und grafischen Abbildungen. Die der Karte angefügte Legende
stellt hierbei die Erläuterung der symbolischen Generalisierung durch Zuordnung von
Begriffen dar.
In der Literatur existieren verschiedene Kriterien zur allgemeinen Klassifizierung von Karten.
Die wesentlichsten Gliederungsmerkmale sollen im Folgenden dargestellt werden.
Herstellung: Bei der Kartenherstellung unterscheidet man zwischen Grund- und Folgekarten.
Dabei dienen die Grundkarten (in Deutschland mit dem Maßstab 1:5000) als Basis für die
Entstehung aller weiteren Karten kleineren Maßstabs, den sogenannten Folgekarten.
Maßstab: Je kleiner der Maßstab ist, desto größer ist der Ausschnitt der Erdoberfläche auf der
Karte. Nach der Größe des Maßstabes der Karte unterteilt man diese in Pläne (>1:25.000),
Grundkarten (>1:10.000), Länderkarten (>1:100.000), Übersichtskarten (>1:900.000) und
geografische Karten (<1:1.000.000).29
Inhalt: Inhaltlich wird zwischen topografischen und thematischen Karten unterschieden.
Topografische Karten werden als „verkleinerte, vereinfachte, inhaltlich ergänzte und
erläuterte Grundrißbilder der Erdoberfläche“30 definiert. Geografische Objekte werden nach
Lage, Größe und Form dargestellt. Bei der thematischen Karte hingegen, dient die Topografie
nur als orientierender Hintergrund, auf dem die Wechselwirkung von Mensch und Landschaft
unter einer speziellen Fragestellung aufgezeichnet ist.
Verwendungszweck: Auf eine spezielle Verwendung abgestimmt, unterscheidet man bei der
Auswahl von Karten zwischen geologischen und thematischen Karten, Katasterkarten,
Wanderkarten, Straßenkarten, Seekarten, usw..
Die Verwendung der Karte als Darstellungsmittel findet sich nicht nur in Bezug auf
geografische Gegebenheiten und Sachverhalte wieder, sondern hat mittlerweile auch Eingang
28 Vgl. Imhof, E., in: Rauch, M. 1976, S. 22 29 Vgl. Bulicek, S./ Krieg, E., in: Fiegl, H./ Schwarz, U. 1999, S. 52 30 Schwartz, E., in: Grundschule 1981, S. 230
17
in fachfremde Gebiete gefunden, die sich ihrer Übersichtlichkeit der Darstellung räumlicher
Strukturen bedient.
3.2 Die Entwicklung des räumlichen Denkens beim Kind
Die umfassendste Theorie einer Entwicklung des räumlichen Denkens haben Piaget und
Inhelder aufgestellt. Sie beruht auf experimentellen Beobachtungen, die Entwicklungsniveaus
des räumlichen Denkens erkennen lassen, die ontogenetisch durchlaufen werden und durch
den Erwerb jeweils erweiterter Fähigkeiten gekennzeichnet sind:
• In der Phase der „sensomotorischen Intelligenz“ (0-2 Jahre) liegt erst ein denkähnliches
Verhalten vor, in dem Denken und Handeln eine Einheit bilden und der Raum enaktiv
erlebt wird.
• In der „präoperationalen Phase“ (2-7 Jahre) entwickelt das Kind allmählich einfache
Begriffsebenen. Über die Verwendung auch nichtmetrischer Relationen wird ein
vorwiegend topologisches Raumverständnis aufgebaut.
• In der Phase der „konkreten Operationen“ (7-11 Jahre) löst sich das Denken aus seiner
Handlungsgebundenheit und wird zunehmend projektiv. „Räumlicher Egozentrismus“
erschwert das Verständnis über die Korrelation von Perspektiven.
• In der Phase der „formalen Operationen“ (ab 11 Jahren) löst sich das Denken von der
Orientierung an konkreten Gegenständen und wird hypothetisch. Es entwickelt sich eine
euklidische Raumvorstellung, die logische Operationen mit Perspektiven möglich
macht.31
Folgende Stufen der Entwicklung des Raumverständnisses ergeben Stückraths
Untersuchungen:
• Auf der Stufe der dynamischen Ordnung (6-8 Jahre) beschränkt sich das Raumerleben auf
einzelne Plätze. Ein planmäßiges Orientieren ist hier noch nicht möglich.
• Auf der Stufe der gegenständlichen Ordnung (9-11 Jahre) orientiert sich das Kind
planvoll an markanten Punkten, zeigt jedoch Schwierigkeiten beim Standortwechsel.
• Auf der Stufe der figuralen Ordnung (12-15 Jahre) entwickelt das Kind ein Ortsbewusst-
sein. Die Orientierung ist ohne veranschaulichende Grundlage gedanklich möglich.32
31 Vgl. Kirchberg, G., in: Haubrich, H. 1997, S. 70 32 Vgl. Sauter, H. 1976, S. 66
18
Die hier von Piaget und Stückrath dargestellten Theorien zur Entwicklung des räumlichen
Denkens sprechen zunächst gegen eine „Einführung in das Kartenverständnis“ bereits im
Grundschulalter. Die neuesten Erkenntnisse der Entwicklungspsychologie zeigen jedoch, dass
es sich nicht um starre zeitgebundene Phasen bzw. Stufen, sondern lediglich um
Orientierungspunkte im Aufbau von Denkstrukturen handelt. So entwickeln sich
Raumvorstellung und räumliches Denken des Kindes nicht einfach passiv aus der
Wahrnehmung der Dinge im Raum. Vielmehr werden sie schrittweise aktiv als kognitive
Operationen aufgebaut, kontinuierlich entwickelt und qualitativ verändert.33 Das
Kartenverständnis ist demnach nicht primär an Reife- bzw. Altersstufen gebunden, sondern
kann bereits in der Grundschule durch eine entsprechend methodische Aufbereitung von
Lernsequenzen angebahnt werden.
3.3 Verfahren zur Einführung in das Kartenverständnis
3.3.1 Das genetische Verfahren
In der Literatur findet man drei klassische Verfahren zur Einführung in das Kartenverständnis.
Das genetische Verfahren stellt das kindliche Raumerleben und die subjektive
Raumdarstellung des Kindes in den Mittelpunkt. Sie ermöglicht den Kindern ein Durchlaufen
der wichtigsten Stufen der Kartografie im Sinne des biogenetischen Grundgesetzes.
Die Wegekarte als Kinderzeichnung bildet bei diesem Verfahren in der Regel die
Anfangsstufe. Sie entsteht als Bildkarte in einem charakteristischen methodischen Dreischritt.
Über den Weg des Erlebens und Erfahrens des Heimatraumes, zum Sammeln und Darstellen
des Erfahrenen und schließlich zum denkenden Durchdringen desselben, nimmt die Bildkarte
eine zentrale Stellung ein. Die geografische Karte wird bei dem genetischen Verfahren nicht
eingeführt, sondern ihr Verständnis wird lediglich vorbereitet „durch die Arbeit an und mit
Kinderzeichnungen, die ganz dem Raumerleben des Kindes entsprechen.“34
3.3.2 Das analytische Verfahren
Bei dem analytischen Verfahren werden die fertigen Karten/ Pläne mit der darauf
abgebildeten Wirklichkeit verglichen. Bei diesem Vergleich einer unbekannten Karte mit
einer den Kindern bekannten Umgebung, werden die Besonderheiten der kartografischen
Darstellung herausgearbeitet und systematisch nach und nach dekodiert. Der Vorgang der
33 Vgl. Kirchberg, G., in: Haubrich, H. 1997, S. 70 34 Popp, W., in: Engelhardt, W.-D./ Glöckel, H. 1973, S. 67
19
Gegenüberstellung von Kartenmaterial und erlebter Umwelt führt so zu einem Lesen, einer
Deutung und einem Verstehen der Karte aus der Eigenerfahrung heraus. Eine vorausgehende
Erkundung des zu behandelnden Landschaftsausschnittes ermöglicht dem Schüler hierbei eine
weitestgehend selbstständige Analyse der Kartendarstellung und lässt ihn gleichzeitig den
entsprechenden Raum neu strukturieren. „Die vertiefende Wechselwirkung und gegenseitige
Erschließung zwischen Erfahrung der Landschaft und Verständnis der Karte wird durch die
direkte Gegenüberstellung ... intensiviert.“35
3.3.3 Das synthetische Verfahren
„Das synthetische Verfahren baut die für das Verständnis von Plan und Karte notwendigen
grundlegenden Einsichten und Erkenntnisse systematisch und in kleinen, logisch aufeinander
folgenden Einzelschritten auf.“36 An das Vorverständnis der Kinder wird in diesem Verfahren
nicht angeknüpft, die stufenweise Einführung einzelner Sachverhalte ist vielmehr von einer
starren Abfolge der Planungseinheiten des Lehrers bestimmt. Die jeweiligen Lernschritte
werden dabei an isolierten Einzelbeispielen verständlich gemacht, um eine erste logische
Voraussetzung für das Verständnis von Plan und Karte zu schaffen. Das ebenfalls „starre“
Erlernen der Einzeltechniken steht im Vordergrund und wird erst nach dessen Einübung in
einen Gesamtzusammenhang für das „Kartenverständnis“ gebracht. Es wird den Kindern kein
Freiraum für entdeckendes Lernen in Bezug auf Fragen, Suchen und Orientieren gegeben.
3.4 Schlussfolgerung für die Umsetzung in der Unterrichtseinheit
In der vorliegenden Unterrichtseinheit werde ich die Vorteile der drei dargelegten Verfahren
nutzen und bei der Einführung in das Kartenverständnis integrieren. „Es gilt, Wirklichkeit und
Karte, Karte und Wirklichkeit aufeinander zu beziehen, und den kindlichen
Darstellungsversuch als Verständnisbrücke zu nützen. Erfahrene Wirklichkeit, kindliche
Darstellung und kartographische Darstellung erhellen sich gegenseitig. Jedes
Unterrichtsverfahren, das dieser Regel entspricht, ist im Prinzip richtig.“37
In diesem Sinne findet zu Beginn der Unterrichtseinheit zunächst vorwiegend das genetische
Verfahren Berücksichtigung. So zeigt beispielsweise die „naive“ mündliche
Wegbeschreibung der Schüler aus der Erinnerung Fehler auf, die als Problemstellung
35 Popp, W., in: Engelhardt, W.-D./ Glöckel, H. 1973, S. 69f 36 Popp, W., in: Engelhardt, W.-D./ Glöckel, H. 1973, S. 65 37 Engelhardt, W.-D./ Glöckel, H. 1973, S. 124
20
vermutlich zu der Idee eines Erkundungsganges seitens der Schüler führt. Des Weiteren wird
das im Verlauf der Einheit zu konstruierende Modell auf der Grundlage von
Schüleraufzeichnungen der Erkundungsgänge vorgenommen. Bei der späteren Einführung der
Kartenzeichen verläuft deren Darstellung zu einem Teil über selbst entworfene Symbole in
Form von Bildkarten.
Das analytische Verfahren wird insofern berücksichtigt, als das ein ständiger Vergleich der
Wirklichkeit, in dieser Unterrichtseinheit jedoch nicht mit der fertigen Karte, sondern
zunächst mit einem konstruierten Modell und schließlich mit einer hieraus selbst erarbeiteten
Karte, vorgenommen wird. Bei diesem Vergleich werden dann die Besonderheiten der
kartografischen Darstellung herausgearbeitet.
Das synthetische Verfahren wird in seinem Grundgedanken, d.h. der stufenweisen
Erarbeitung der für die Darstellung der Wirklichkeit in einem Modell bzw. einer Karte
relevanten Sachverhalte, angewandt. Für die sich vervollständigende Entwicklung des
Modells und/ oder der Karte werden die dafür zu vermittelnden Lerneinheiten jedoch nicht
vom Unterrichtsgegenstand isoliert und von meiner Seite vorgeplant, sondern vielmehr durch
wiederholte Orientierungsübungen und durch Formen des entdeckenden Lernens vermittelt.
Zum Abschluss der Unterrichtseinheit „Einführung in das Kartenverständnis“ wird ein
Orientierungsspiel in Form einer Rallye durchgeführt. Hierbei haben die Schüler die Aufgabe,
sich anhand eines vergrößerten Ausschnittes des Ortsplanes in der Schulumgebung zu
orientieren. Die zuvor im Verlauf der Einheit erworbenen Fähigkeiten und Fertigkeiten
bezüglich des Kartenlesens und -verständnisses finden hiermit ihre Anwendung.
4 Durchführung der Unterrichtseinheit „Einführung in das Kartenverständnis“
4.1 Zur Situation der Lerngruppe und ihrer Lernausgangslage
Im Rahmen des eigenverantwortlichen Unterrichts erteile ich seit September 1999 in der
dritten Jahrgangsstufe das Fach Sachunterricht wöchentlich mit vier Stunden.
Die Lerngruppe, die aus 15 Schülern, 6 Mädchen und 9 Jungen, besteht, unterrichte ich
ebenfalls im Sportunterricht mit einer Doppelstunde wöchentlich.
Im Verlauf des Schuljahres hat sich ein offenes und kontaktfreudiges Verhältnis zwischen den
Schülern und mir entwickelt. Insgesamt gesehen, erlebe ich die Lerngruppe als aktiv und
lebhaft. Die Schüler zeigen großes Interesse am Sachunterricht und sind schnell zu
21
motivieren. Innerhalb der Lerngruppe herrscht ein positives Arbeitsklima. Gesprächsregeln
werden im Allgemeinen eingehalten. Mit Sozialformen wie Partner- und Gruppenarbeit sind
die Schüler vertraut. Dennoch kommt es gelegentlich zu Streitereien, da es einigen Schülern
schwer fällt, auf die Wünsche bzw. das Arbeitstempo des Partners oder der Gruppe Rücksicht
zu nehmen. Im Allgemeinen gehen sie jedoch freundlich miteinander um. Sie teilen ihr
Wissen und ihre Erfahrungen gerne mit und zeigen sich insbesondere in handelnden und
entdeckenden Lernphasen sehr motiviert.
G. und H. sind sehr lebhaft und stören häufig den Unterricht. G. möchte stets im Mittelpunkt
stehen und fühlt sich schnell ungerecht behandelt. Immer wieder kommentiert er die
Aussagen anderer Schüler und schaltet sich in laufende Gespräche ein. Trotz mehrfacher
Klassendiskussionen und ernsthafter Einzelgespräche hat sich sein Verhalten bisher jeweils
nur mittelfristig gebessert. Da G. durch dieses Verhalten innerhalb der Klassengemeinschaft
sehr dominant ist, kann die positive Lernatmosphäre in der Klasse durch ihn beeinträchtigt
werden. Eine weitere Auswirkung dieses Verhaltens besteht darin, dass zurückhaltende
Schüler ihre eigene Kompetenz in den Hintergrund oder gar in Frage stellen. Diese Reaktion
äußert sich dann in einem „sich leiten lassen“ auch von anderen dominanten bzw.
„wissenden“ Schülern. In solchen Fällen bitte ich die dominanteren Schüler um persönliche
Zurückhaltung bzw. um die Übernahme von beratender Hilfestellung. H. ist oft
unaufmerksam und verliert sich in Nebensächlichkeiten und Streitereien mit anderen
Schülern, die er ebenfalls lautstark kommentiert. Da Kay aufgrund seiner Hyperaktivität
medikamentös behandelt wird, reagiere ich in gemäßigter Form auf diese Verhaltensweisen.
Die Thematik „Einführung in das Kartenverständnis“ erfordert aufgrund ihres komplexen
Sachverhaltes hohe kognitive Leistungen seitens der Schüler. Die im Sachunterricht
weitgehend leistungshomogene Schülergruppe hält ein eher mittelmäßiges bis hohes Niveau.
Hiervon sind konzentrations- und lernschwächere Schüler wie Julia, Elisa, Regina und
Benjamin in anspruchsvolleren Phasen des Sachunterrichts ausgenommen. Die Komplexität
der Thematik bedarf, im Zusammenhang mit der bisher vorwiegend frontal unterrichteten
Klasse, die an genaue Vorgaben und Anweisungen gewöhnt ist, einer Annäherung in kleinen,
diesen Aspekt berücksichtigenden, Schritten.
Neben den „natürlichen“, in der vor- und außerschulischen Lebenswelt gemachten
Primärerfahrungen, bringen meine Schüler mit Ausnahme des Sportunterrichts keine
spezifischen Erfahrungen bezüglich des Kartenverständnisses aus dem schulischen Bereich
mit. Aus dem Sportunterricht kennen sie bereits die Grundrissdarstellung der Sporthalle sowie
22
die Darstellungsform der „Draufsicht“ durch die planen Gerätekarten. Die hier gewonnenen
Erkenntnisse werden meinen Schülern beim Einstieg und in Teilbereichen der
Unterrichtseinheit vermutlich zum besseren Verständnis der Sinnzusammenhänge dienen.
Zusammenfassend kann jedoch ein noch nicht fundiertes und gesichertes Wissen zu den
konkreten Lerneinheiten der Unterrichtseinheit bei den Schülern vorausgesetzt werden.
4.2 Didaktische Überlegungen zur Einheit
Die Unterrichtseinheit „Einführung in das Kartenverständnis“ lässt sich innerhalb der
niedersächsischen Rahmenrichtlinien des Faches Sachunterricht für die Grundschule in das
Lernfeld „Mensch und heimatlicher Lebensraum“ einordnen. Dieses Lernfeld „hat die
wichtige Aufgabe, dem Schüler seinen näheren und weiteren heimatlichen Lebensraum ... zu
erschließen“.38 Das Kartenverständnis und die Einübung wichtiger Arbeitstechniken im
Umgang mit der Karte sollen in diesem Zusammenhang nicht in einem besonderen Kurs
geschult, sondern thematisch gebunden erarbeitet, eingeübt und vertieft werden. Die
vorliegende Unterrichtseinheit kommt dieser Forderung durch Anlehnung an das für die dritte
Jahrgangsstufe konzipierte Thema „Unser Wohnort und seine nähere Umgebung“ nach. „Der
eigene Wohnort ist für die Schüler in vielfältiger Weise bedeutsam und zugänglich. Im
Unterricht gilt es, ihre außerschulischen Erfahrungen vor allem in sozialer, wirtschaftlicher
und räumlicher Hinsicht zu klären, zu erweitern und zu vertiefen.“39 Durch die Einbindung in
die eigene Umwelt entsteht eine Sicherheit, die das Vertrauen vermittelt, sich eine andere
Umgebung neu zu erschließen. Die Kinder müssen sich Räume erschließen, um
handlungsfähig und lebensfähig zu sein. Die Karte bildet dabei als wichtiges
Veranschaulichungsmittel raumbezogener Sachverhalte ein grundlegendes Hilfsmittel für
erdkundliches Arbeiten.
Raumorientierung gehört, gerade in Zeiten hoher Mobilität, zur täglichen
Daseinsbewältigung. Ein Mangel an Raumorientierung kann Irrtümer, Fehler und Unfälle
verursachen. Die Entwicklung dieser komplexen Fähigkeit ist eng mit der Orientierung auf
Karten und Plänen verknüpft. Das Kartenlesen stellt somit in unserer Gesellschaft eine der
wichtigsten Kulturtechniken dar. Im wirtschaftlichen Alltag sowie in der Freizeit informieren
wir uns je nach Bedarf auf den entsprechenden Karten.
38 RRL 1982, S. 8 39 RRL 1982, S. 53
23
Kindern sind Karten und Pläne aus ihrer Lebensumwelt nicht unbekannt: Sei es der Reiseatlas
im Urlaub, die Wegekarte im Freizeitpark oder die Wetterkarte im Fernsehen. Das Wissen um
die Existenz dieses Mediums impliziert jedoch nicht das Verständnis darüber. Begrifflichkeit
und Technik stehen oftmals nur ungeordnet nebeneinander. Die Aufgabe der Schule besteht
nun darin, beide Sachverhalte in einen Sinnzusammenhang zu bringen, und den Schülern, im
Rahmen des spiralen Curriculums, zu vermitteln. Die Entwicklung des Kartenverständnisses
hilft den Schülern, sich ihre gegenwärtige und zukünftige sowie ihre mittelbar und
unmittelbar zugängliche Lebenswirklichkeit zu erschließen. In diesem Sinne lernen die
Schüler die Karte in ihrer Funktion als Informationsträger und als Arbeitsmittel kennen,
wobei „der Arbeit mit der Karte ... die Arbeit an der Karte vorausgehen“ 40 muss. Es wird
der Grundstock gelegt, die Karte als zweidimensionale Darstellungsweise der
dreidimensionalen Wirklichkeit kennen zu lernen, zu erfassen und ihre Bedeutsamkeit für die
Gegenwart und die Zukunft zu erkennen und zu nutzen.
Die oben aufgezeigte Notwendigkeit für die Behandlung des Themas „Einführung ins
Kartenverständnis“ besteht in den erläuterten Aspekten selbstverständlich auch für meine
Lerngruppe. Im Zuge der altersgemäßen Denkentwicklung meiner Schüler (siehe 3.2) ist auch
ihnen die Erweiterung der räumlichen Orientierungsfähigkeit bzw. die Schulung der
Abstraktionsfähigkeit zu vermitteln. Insbesondere das hier zu behandelnde komplexe Thema,
im Zusammenhang mit der in Ansätzen handlungsorientierten Vermittlung, soll auf dem
Hintergrund des vorwiegend lehrerzentrierten Unterrichts (siehe 4.1), bei meinen Schülern
das Denken in Zusammenhängen sowie das eigenständige Arbeiten fördern. Von der, bei
diesem Thema oftmals möglichen handelnden Auseinandersetzung mit den einzelnen
Lerninhalten, erhoffe ich mir eine vertiefende Förderung der sozialen Verhaltensweisen
seitens der Schüler. Diese Förderung bezieht sich auf bessere Absprachen und intensivere
Zusammenarbeit in Partner- und Gruppenarbeit sowie auf „eigenständigeres“ Arbeiten mit
dominanten Gruppenmitgliedern (siehe 4.1).
4.3 Zielsetzung
Die thematischen Groblernziele der Unterrichtseinheit „Einführung in das Kartenverständnis“
ergeben sich in Anlehnung an die einzelnen Lerninhalte:
• Die Schüler sollen sich auf einem einfachen Grundriss zurechtfinden, indem sie sich auf
der Planskizze ihres Klassenzimmers orientieren.
40 Breetz, E. zit. nach Richter, D., in: Haubrich, H. 1997, S. 282
24
• Die Schüler sollen ihre Kenntnisse über Raum-Lage-Beziehungen vertiefen und festigen,
indem sie sich auf einer Lageskizze orientieren.
• Die Schüler sollen sich in ihrer Schulumgebung orientieren, indem sie diese erkunden und
schriftlich fixieren.
• Die Schüler sollen ihren Erkundungsgang auswerten, indem sie auf der Grundlage ihrer
Aufzeichnungen ein Modell bauen.
• Die Schüler sollen sich auf einem Modell orientieren, indem sie Wegbeschreibungen aus
verschiedenen Blickwinkeln reflexiv nachvollziehen.
• Die Schüler sollen die zweidimensionale Darstellungsweise einer Karte kennen lernen,
indem sie ihr dreidimensionales Modell zu dieser umarbeiten.
• Die Schüler sollen den Begriff Maßstab als assoziatives Größenverhältnis kennen lernen,
indem sie eine Karte verkleinernd abzeichnen.
• Die Schüler sollen Kartensymbole kennen lernen, indem sie lokale Gegebenheiten auf
ihren Karten durch amtliche und selbst generierte Symbole erkennbar machen.
• Die Schüler sollen die Himmelsrichtungen kennen lernen, indem sie diese mit Hilfe eines
Kompasses und einer Windrose bestimmen.
• Die Schüler sollen sich auf dem Ortsplan der Samtgemeinde Eystrup orientieren können,
indem sie in der Unterrichtseinheit erarbeitete Inhalte hierauf übertragen und anwenden.
• Die Schüler sollen sich mit Hilfe eines Ausschnittes des Ortsplanes der Samtgemeinde
Eystrup orientieren können, indem sie eine Rallye in der Schulumgebung durchführen.
Prozessuale Ziele im sozialen und affektiven Bereich:
• Die Schüler sollen in ihrer Kommunikationsfähigkeit gefördert werden, indem sie sich in
den Gesprächs- und Arbeitsphasen des Unterrichts gegenseitig zuhören und auf die
Beiträge ihrer Mitschüler angemessen reagieren.
• Die Schüler sollen in ihrer Kooperationsfähigkeit gefördert werden, indem sie sich bei der
Partner- und Gruppenarbeit besprechen und aufeinander eingehen, sich bei Problemen
gegenseitig helfen und auftretende Konflikte gemeinschaftlich lösen.
• Die Schüler sollen in ihrer Selbstständigkeit gefördert werden, indem sie Vermutungen
zur Lösung von Problemen anstellen, diese durch Überdenken oder Ausprobieren
überprüfen und anwenden, um sie anschließend zu reflektieren.
25
4.4 Methodische Vorüberlegungen und Entscheidungen
Im Rahmen des spiralen Curriculums, aufbauend auf die im schulischen und außerschulischen
Bereich erworbenen Raumerfahrungen meiner Schüler, liegt der charakteristische
Schwerpunkt des Lernprozesses der vorliegenden Unterrichtseinheit in einem
methodenintegrierenden Weg der Einführung in das Kartenverständnis. Die Schüler stellen
selbst eine Karte des ihnen bekannten Nahraumes, der Schulumgebung, her und schaffen
damit den Vergleich der vertrauten Wirklichkeit mit der abstrakten Karte (siehe 3.3.4). Es
wird der Grundstock gelegt, die Karte als zweidimensionale Darstellungsweise der
dreidimensionalen Wirklichkeit kennen zu lernen, zu erfassen und ihre Bedeutsamkeit für die
Gegenwart und die Zukunft zu erkennen und zu nutzen. Dabei wird am entsprechenden
didaktischen Ort auch das genetische Verfahren Berücksichtigung finden, indem mit
Schülerzeichnungen von geografischen Gegebenheiten gearbeitet wird.
Da es mir bei der Durchführung dieser Einheit auf problemlösendes Denken und Handeln
seitens der Schüler ankommt und die „Karte“ als Produkt am Ende der Einheit steht, wird den
Schülern zu Beginn der Unterrichtseinheit, im Gegensatz zu der ansonsten üblichen
Bekanntgabe, diesmal kein konkretes Thema genannt. Sie sollen vielmehr von Stunde zu
Stunde selbst die einzelnen Thementeilbereiche bzw. Lerninhalte (siehe 4.3) zu einem Ganzen
zusammen fügen bzw. in einen Gesamtzusammenhang bringen.
Gudjons sieht das Umsetzen des handlungsorientierten Konzepts im Schulunterricht in einer
schrittweisen Einbindung handlungsorientierter Elemente bzw. Arbeitsweisen in den
Fachunterricht der Grundschule. „Es wird (...) übersehen, daß es auch Vorformen und
weniger anspruchsvolle Teilelemente gibt, die Schüler/innen allmählich an diese
Globalkonzeption heranführen können.“41 In diesem Sinne werde ich den durchzuführenden
Unterrichtsstunden eine methodische Vorgehensweise in Form einer dreiphasigen Einteilung
zugrunde legen. Meine grundlegenden methodischen Entscheidungen für die einzelnen
Unterrichtsphasen stelle ich im Folgenden dar.
Einstiegsphase: In dieser Phase des Unterrichts sollen meine Schüler in erster Linie auf den
Lerninhalt der Unterrichtsstunde eingestimmt werden. Diese erfolgt entweder durch die
Originalbegegnung mit dem Unterrichtsgegenstand in Form eines stummen Impulses, durch
Wiederholung wichtiger bereits erarbeiteter Sachverhalte seitens der Schüler und/ oder durch
eine Problemstellung. Dabei setze ich häufig die Sozialform des Sitzkreises ein, da hierdurch
die, insbesondere für den Beginn der Stunde, erforderliche Aufmerksamkeit meiner Schüler
41 Gudjons, H. 1994, S. 93
26
auf den Lerngegenstand gelenkt wird. Des Weiteren begünstigt diese Sozialform die
Entwicklung einer Meldekette und damit die Hinführung zu einem (nicht gelenkten)
Unterrichtsgespräch. Die eng mit der Problemstellung verknüpfte Erarbeitung eines neuen
Sachverhaltes bzw. Lerninhaltes ordne ich ebenfalls in diese Unterrichtsphase ein. Diese
erfordert aufgrund der Komplexität des Themas „Kartenverständnis“ und des hohen
Abstraktionsanspruches jedoch vorwiegend gelenkte Unterrichtsgespräche. Ein in die falsche
Richtung führendes Gespräch könnte meine Schüler in dieser Einheit unnötig verwirren.
Dennoch sollen „vorwiegend“ gelenkte Unterrichtsgespräche möglichst nur in Form von zu
setzenden weiterführenden Impulsen, beispielsweise durch „lautes Denken“ meinerseits,
geführt werden. Vermutungen sowie konkrete Lösungsvorschläge der Schüler finden hierbei
verstärkt Berücksichtigung.
Arbeitsphase: In der Arbeitsphase des Unterrichts steht die handelnde Auseinandersetzung der
Schüler mit dem, in der ersten Phase des Unterrichts erfassten, kognitiven oder realen
Lerngegenstand im Vordergrund. Hierbei ermögliche ich meinen Schülern zur besseren
Veranschaulichung die Begegnung mit dem Realobjekt sowie mit den dazugehörigen
Instrumenten. Durch die Selbsttätigkeit der Schüler soll nun die Anwendung bzw. Festigung
des zuvor erarbeiteten Sachverhaltes, das vereinbarte Handlungsprodukt herbeigeführt
werden. Die unterschiedlichen Sozialformen werden dabei insofern von den Schülern selbst
bestimmt, als das sie vorher gemeinsam die Sozialform, beispielsweise die Arbeit in Klein-
oder Großgruppen, festlegen. Die Sozialformen werden in der vorliegenden Unterrichtseinheit
allerdings vereinzelt auch durch äußere Rahmenbedingungen, wie das Vorhandensein
bestimmter Materialien, bestimmt. Unter Berücksichtigung eines relativ großzügigen
Zeitrahmens werde ich des Weiteren nachhaltig versuchen, die Zusammensetzung von
Arbeitsgemeinschaften selbst bestimmen zu lassen. Die Arbeitsteilung innerhalb der Gruppen
sowie die Organisation des „Arbeitsplatzes“ sollen meine Schüler selbst arrangieren. Meine
Aufgabe sehe ich in den Arbeitsphasen darin, meinen Schülern beratend zur Seite zu stehen
und ihre Verhaltensweisen bezüglich des Arbeits- und Sozialverhaltens zu beobachten und
gegebenenfalls darauf zu reagieren bzw. einzuwirken (siehe 4.1).
Abschlussphase: Die Abschlussphase der Unterrichtsstunden wird zur Präsentation und
Würdigung der Handlungsprodukte genutzt. Erarbeitete Ergebnisse werden verbalisiert und
als Ergebnissicherung gemeinschaftlich festgehalten. Eine kurze Reflexion kann in der
Arbeitsphase aufgetretene Probleme und Fragen oder auch Ideen und Impulse zur Diskussion
stellen, um gemeinsam Lösungswege zu erarbeiten oder die Planung des Unterrichts durch
die Formulierung neuer Handlungsziele zu ergänzen. Dieser Aspekt der Reflexion kann
27
selbstverständlich bereits in vorhergehenden Phasen umgesetzt werden. Das
Gemeinschaftserlebnis als gemeinsamer Stundenabschluss, beispielsweise in Form eines
Spieles, stellt eine positiv-affektive Ergänzung für meine Schüler dar.
4.5 Darstellung der durchgeführten Unterrichtsstunden
4.5.1 Die Planskizze unseres Klassenzimmers
Geplanter Unterrichtsverlauf
Zeit (ca.) Unterrichtsgeschehen Arbeits- und Sozialform Medien und Materialien 10 Minuten 10 Minuten
Begrüßung Einstieg Die Ln zeichnet eine Planskizze des Klassenzimmers (Grundriss) der Klasse 3 an die Tafel. Nach und nach ergänzt sie die Skizze mit Einrichtungsgegenständen. Die Ss teilen der Ln leise ihre Vermutungen mit. Erarbeitung Die Ln bestätigt den Ss die richtige Lösung bzgl. der Planskizze. Die Ss und die Ln erarbeiten gemeinsam die eingezeichnete Einrichtung des Klassenzimmers und führen Orientierungsübungen durch: Die Ss erkennen, benennen und orten (weitere) auf der Planskizze eingezeichnete Gegenstände des Klassenzimmers.
Sitzhalbkreis Stummer Impuls Unterrichtsgespräch
Tafel
20 Minuten Festigung Die Ss bearbeiten ihre Arbeitsblätter: Sie schneiden vorgefertigte Einrichtungsgegenstände aus und legen bzw. kleben sie in richtiger Anordnung auf einen vorgefertigten Grundriss des Klassenzimmers. Danach tragen sie die Namen aller Ss (Sitzordnung) ein. Die Ln beobachtet die Ss und übernimmt dabei ggf. beratende Funktion.
Frontalunterricht Einzelarbeit
Arbeitsblatt 1 Arbeitsblatt 2
5 Minuten Ergebnissicherung Die Ss vergleichen bzw. kontrollieren ihre Ergebnisse, indem jeder Ss seinen Namen in die Planskizze an der Tafel einträgt.
Frontalunterricht
Tafel Arbeitsblätter
Reflexion
Der Einstieg in ein neues Thema im Sachunterricht ist für die Schüler der Klasse 3
mittlerweile zu einem „spannungsgeladenen“ Ritual geworden, dem sie stets mit großen
Erwartungen entgegensehen. Da es mir in dieser Einheit auf problemlösendes Denken und
Handeln seitens der Schüler ankommt und die „Karte“ als Produkt am Ende der Einheit
stehen wird, wurde den Schülern diesmal jedoch kein konkretes Thema genannt. Sie sollen
vielmehr von Stunde zu Stunde selbst die einzelnen Thementeilbereiche zu einem Ganzen
zusammen fügen bzw. in einen Gesamtzusammenhang bringen.
Der Einstieg ins Stundenthema sowie der weitere Verlauf der Stunde bereitete den Schülern,
meinen Erwartungen entsprechend, keine Schwierigkeiten. Da ich in dieser Klasse neben
Sachunterricht auch das Fach Sport unterrichte und in diesem Zusammenhang einen
Hallenplan und Gerätekarten einsetze, war meinen Schülern die Darstellung eines Raumes in
Form eines Grundrisses bekannt. Lediglich die anfänglich einfache Struktur sowie die später
„wachsende“ Komplexität der Planskizze ließ die Schüler zunächst falsche Vermutungen
28
anstellen. Die Projektion des Grundrisses von der horizontalen auf die senkrechte Ebene
hingegen war meinen Schülern unbekannt, bereitete ihnen jedoch ebenfalls keine Probleme.
Die Ergebnissicherung an der Tafel zeigte deutlich, dass das reflexive Denken in der Phase
der Festigung in Bezug auf die zuvor mündlich erarbeiteten Orientierungsübungen von allen
Schülern geleistet wurde.
Im Zuge der Einführung einer neuen Sitzordnung in der folgenden Sachunterrichtsstunde
erfolgte eine Einbindung dieser in ein Umsetzspiel unter Einsatz der erarbeiteten Planskizze
des Klassenzimmers.
Des Weiteren bekamen meine Schüler in dieser Unterrichtsstunde einen Grundriss und
Mobiliar zur Gestaltung ihres eigenen Wunschzimmers auf zwei Arbeitsblättern (AB 3 und
AB 4). Die Präsentation aller gestalteten Wunschzimmer stand am Ende dieser Stunde.
4.5.2 Wir orientieren uns auf einer Lageskizze des Schulgeländes
4.5.2.1 Sachanalyse
Eine Skizze (ital.: „Spritzer“) ist als eine einfache, nicht maßstabsgerecht entworfene
Zeichnung in Umrissen definiert.42 Eine Lageskizze zeigt anschaulich die Lagebeziehungen
von Objekten zueinander. Erdkundliche Lageskizzen können dabei als Ansichtskarten mit
Reliefdarstellung, als Kartenskizzen oder als Grundrissskizzen ausgeführt werden.43
In der vorliegenden Unterrichtsstunde wird im Sinne des Spiralcurriculums, d.h. auf den
Erfahrungen meiner Schüler mit dem Grundriss ihres Klassenzimmers aufbauend, die
Grundrissskizze verwendet. Als Geotop bildet das Schulgelände als ein den Schülern
bekannter Nahraum die Grundlage.
„Der Grundriss ist definiert als die senkrechte Projektion eines Gegenstandes auf eine
waagerechte Ebene.“44
Die räumliche Orientierung ist eng mit der Denkentwicklung verbunden und stellt neben der
Formauffassung einen zentralen Faktor des Denkens dar. Der vor- und außerschulische
Lebensraum erfordert und vermittelt von Geburt an Erfahrungen bezüglich der räumlichen
Orientierung, die in den ersten Jahrgangsstufen in der Mathematik und in der Sachkunde
reflektiert und begrifflich gesichert werden. Auf diese Primärerfahrungen aufbauend, stellt die 42 Vgl. Duden. Das Fremdwörterbuch 1974, S. 672 43 Vgl. Schwarz, U., in: Fiegl, H./ Schwarz, U. 1999, S. 43 44 Fiegl, H., in: Fiegl, H./ Schwarz, U. 1999, S. 6
29
räumliche Orientierung durch die Grundrissdarstellung eine Erweiterung dar. Sie erfordert die
Abstraktion der unmittelbar erfahrbaren Wirklichkeit und damit ein gedankliches Ändern des
Standortes.
4.5.2.2 Didaktische Überlegungen
Räumliche Lagebeziehungen sind, beispielsweise bei einer Wegbeschreibung, mit Worten
schwierig zu vermitteln und zu verstehen. Hier kommt der zeichnerischen Form, auf der die
Lage der wesentlichen lokalen Gegebenheiten dargestellt wird, auch im Alltag große
Bedeutung zu.
Der Lebensraum an sich erfordert vom Menschen eine räumliche Orientierung, die aufgrund
ihrer Korrelation mit der Denkentwicklung stetig weiter ausgebaut werden muss. Die in der
vorliegenden Stunde in diesem Sinne angestrebte Erweiterung der räumlichen
Orientierungsfähigkeit meiner Schüler (siehe 4.5.2.1) verlangt von diesen eine hohe
kognitive Leistung, die in dieser Altersstufe nicht ohne Weiteres vollzogen werden kann. Für
den Lernprozess des Zurechtfindens auf einer Lageskizze müssen daher bestimmte
Grundsätze Berücksichtigung finden, die diese Denkleistung erleichtern. So knüpfe ich mit
der Lageskizze als Grundriss an die Lernvoraussetzungen bzw. Primärerfahrungen meiner
Schüler in variativer Form an. Der Grundriss als Darstellung eines Raumes ist ihnen sowohl
aus dem stetigen Einsatz eines Hallenplanes im Sportunterricht bekannt als auch aus der
vorangegangenen Unterrichtsstunde, in der der Grundriss ihres Klassenzimmers
Unterrichtsgegenstand war. Die in der vorliegenden Stunde erforderte Grundvorstellung der
Draufsicht, die bei den Schülern „wachgehalten“ werden muss,45 stellt ebenfalls eine
notwendige wiederholende Erweiterung dar, die ihnen durch den Einsatz von Gerätekarten im
Sportunterricht bekannt ist. Der Erwerb der Fertigkeit, sich auf einem einfachen Grundriss
zurechtzufinden, vollzieht sich durch handelndes Lernen, d.h. durch praktische Erfahrungen
und findet in diesem Sinne Berücksichtigung in der vorliegenden Stunde. Eine weitere
Vertiefung der Kenntnis über Raum-Lage-Beziehungen stellt das reflexive Denken dar, das
Kinder dieser Altersstufe bei der kognitiven Umsetzung von der konkreten Wirklichkeit zur
Abstraktion des „Grundrisses“ unterstützt.
Die hier genannten und im Unterricht berücksichtigten Grundsätze kommen der in den
Rahmenrichtlinien gestellten Forderung, „...raumbezogene Sachverhalte auffassen und
verstehen...“46 nach.
45 Vgl. Fiegl, H., in: Fiegl, H./ Schwarz, U. 1999, S. 6 46 RRL 1982, S. 9
30
4.5.2.3 Zielsetzung
Grobziel:
Die Schüler sollen ihre Kenntnisse über Raum–Lage–Beziehungen vertiefen und festigen,
indem sie sich auf einer Lageskizze orientieren.
Feinziele:
Die Schüler sollen...
• ... die Lage bzw. Anordnung der Räumlichkeiten des Schulgeländes auf einer Lageskizze
erkennen, benennen und beschriften.
• ... den Begriff Legende kennen lernen und die vereinbarten Bezeichnungen schriftlich auf
einer Lageskizze fixieren können.
• ... sich mit Hilfe von Lageskizzen in einem bekannten Umfeld orientieren, indem sie
verschiedene hierauf markierte Orte aufsuchen.
• ... einfache Lageskizzen vervollständigen, indem sie die darzustellende Wirklichkeit
erkunden und auf die Skizze übertragen.
Prozessuale Ziele im sozialen und affektiven Bereich:
Die Schüler sollen...
• ... kooperativ arbeiten, indem sie Arbeitsanweisungen in Gruppen durchführen und dabei
notwendige Absprachen treffen.
• ... sich auf dem Schulgelände angemessen verhalten, indem sie die besprochenen
Verhaltensregeln einhalten.
4.5.2.4 Methodische Vorüberlegungen und Entscheidungen
Der Einstieg in das Stundenthema erfolgt über die Darstellung einer Lageskizze des
Schulgeländes in Form eines stummen Impulses. Diese Methode fördert meine Schüler in
ihrer noch auszubauenden Entwicklung, der Fähigkeit zur selbstständigen gedanklichen
Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand, ohne Vorwegnahme dieses Lernschrittes durch
den Lehrer. Hierbei macht die Auswahl eines den Schülern bekannten Nahraumes in der Form
einer Grundrissskizze diesen kognitiven Transfer erst möglich. Die gewählte Form des
Sitzhalbkreises ermöglicht meinen Schülern eine freie und nahe Ansicht des Unterrichts-
31
gegenstandes und konzentriert die Aufmerksamkeit auch konzentrations- und lernschwächerer
Schüler.
Die folgende Phase der gemeinsamen schrittweisen Erarbeitung der Lageskizze durch ein sich
ergänzend entwickelndes Tafelbild, macht die hierfür erforderliche räumliche Orientierung
für meine Schüler nachvollziehbar.
Eine Festigung des in der Phase der Erarbeitung erläuterten Sachverhaltes durch die
schriftliche Fixierung in Einzelarbeit, soll meinen Schülern die „Sicherheit“ um das Wissen
der zuvor erlangten Grundlage für die weiterführenden Aufgaben der Arbeitsphase vermitteln
bzw. bestätigen. Ein Verzicht auf diese Phase der Festigung würde die zurückhaltenden
Schüler vermutlich dazu verleiten, sich von den dominanteren Mitschülern führen zu lassen,
ohne selbst aktiv mitzudenken (siehe 4.1).
In der Sozialform der Gruppenarbeit sehe ich aufgrund ihrer Konzeption, z. B. der
Notwendigkeit von Absprachen, eine Möglichkeit zur Erweiterung der sozialen Kompetenz
meiner Schüler (s.o.). Die Zusammensetzung der Gruppen erfolgt in Anlehnung an die
bewährte Einteilung der Gruppentische. Die Alternative der Selbst- oder Zufallseinteilung ist
zeitaufwendig, löst immer wieder Diskussionen aus und/ oder führt zur Bildung immer
gleicher Gruppen. Gegenseitiges Helfen wird bei meinen Schülern in solchen Fällen häufig
durch den Konkurrenzgedanken ersetzt.
Die inhaltlich reflexive Aufgabenstellung in der Arbeitsphase, in Form der räumlichen
Orientierung, ausgehend von der Lageskizze zur Wirklichkeit und umgekehrt, soll meinen
Schülern ein tieferes Verständnis um den Sachverhalt ermöglichen. Die Einbettung der
Arbeitsaufträge in ein Puzzle- bzw. Suchspiel ist kindgerecht und motiviert meine Schüler
erfahrungsgemäß. Zudem macht ihnen dieser Rahmen den Sinn und Zweck einer
Grundrissdarstellung in spielerischer Form erfahrbar.
4.5.2.5 Geplanter Unterrichtsverlauf Zeit (ca.) Unterrichtsgeschehen Arbeits- und Sozialform Medien und Materialien 10 Minuten 5 Minuten
Begrüßung Einstieg Die Ln klappt die Tafel auf und zeigt den Ss ein Plakat mit der Lageskizze des Schulgeländes. Erarbeitung Die Ss erkennen, benennen und beschriften die Anlagen und die einzelnen Räume des Schulgeländes nachdem die Ln die zweite Hälfte der Tafel mit der angeschriebenen „Erklärung der Zeichen“ aufklappt. Die Ln führt den Begriff „Legende“ ein. Festigung Die Ss übertragen das erarbeitete Tafelbild auf ein Arbeitsblatt. (Lageskizze des Schulgeländes). Hinführung zur Arbeitsphase Die Ln erklärt die Aufgabenstellung.
Sitzhalbkreis Stummer Impuls Unterrichtsgespräch Frontalunterricht Einzelarbeit
Plakat mit Lageskizze des Schulgeländes „Erklärung der Zeichen“ Arbeitsblatt 5
32
15 Minuten Arbeitsphase Die Ss suchen in Gruppen die auf ihren Lageskizzen markierten Orte auf, setzen die dort gefundenen Puzzleteile zusammen und erlesen ihre neuen Aufgaben: Die Ss suchen verschiedene Punkte des Schulhofes auf und tragen diese in ihre Lageskizze ein. Die Ln beobachtet die Ss und übernimmt dabei ggf. beratende Funktion.
Arbeitsteilige Gruppenarbeit Arbeitsgleiche Gruppenarbeit
Klemmbretter Lageskizzen Bleistifte Puzzleteile
10 Minuten Ergebnissicherung Die Ss tragen die Ergebnisse ihrer Aufzeichnungen vor und zeichnen sie ergänzend auf dem Plakat an der Tafel ein. Ggf. berichten die Ss über ihre in der Arbeitsphase gemachten Erfahrungen.
Frontalunterricht Unterrichtsgespräch
Lageskizzen Plakat mit Lageskizze des Schulgeländes
5 Minuten Gemeinsamer Stundenabschluss Die Ss setzen die Puzzleteile aller Gruppen zusammen und finden anhand der Planskizze des Klassenraumes einen „Schatz“.
Sozialform offen
Puzzleteile
4.5.2.6 Reflexion
Die Lageskizze des Schulgeländes (Foto 1) wurde, obwohl sie aufgrund ihrer teilweise
unsymmetrischen Anordnung meines Erachtens einen hohen kognitiven Anspruch darstellte,
von den Schülern sofort erkannt. Die an der Tafel angeschriebene „Erklärung der Zeichen“
wurde ebenfalls sofort von einem Schüler erkannt und seinen Mitschülern erklärt, so dass die
Lageskizze durch die sich anschließende Meldekette ohne weiteres vervollständigt werden
konnte. Der Einwand eines Schülers über das Fehlen des Klassenraumes der vierten Klasse
bzw. des ersten Stockwerkes des Schulgebäudes begegnete ich mit dem Ausblick auf eine
freiwillig nachzuholende Bearbeitung dessen in Freiarbeitsphasen des Unterrichts (AB 6).
Die Einführung des Begriffs „Legende“ machte deutlich, dass dieser meinen Schülern bislang
unbekannt war.
Die Arbeitsphase wurde seitens der Schüler mit einer hohen Motivation ausgeführt. Wie
bereits in der ersten Stunde der Einheit bereitete das durch die Aufgabenstellung erforderliche
reflexive Denken den Kindern keine Schwierigkeiten. Während die erste Gruppe nach
Bearbeitung ihrer Aufgaben noch weitere Einzelheiten in ihre Pläne eintrug, leistete die
zweite Gruppe der letzten Hilfestellung.
Der gemeinsame Stundenabschluss in Form einer Schatzsuche stellte durch die vereinfachte
Darstellung des Klassenzimmers als „Schatzplan“ eine Festigung durch Wiederholung dar
(siehe erste Stunde der Einheit).
4.5.3 Unterrichtsgang zur Erkundung der Schulumgebung
Geplanter Unterrichtsverlauf
Zeit (ca.) Unterrichtsgeschehen Arbeits- und Sozialform Medien und Materialien 5 Minuten
Begrüßung Einstieg Die Ln: „Ein Außenstehender, hier die neue Referendarin, möchte sich in der Schulumgebung zurechtfinden. Wie könntet ihr helfen?“ Die Ss sammeln Vorschläge, die an der Tafel festgehalten werden.
Frontalunterricht Gel. Unterrichtsgespräch
Tafel
33
10 Minuten 10 Minuten
Problemstellung Einzelne Schüler geben der Referendarin mündlich verschiedene Wegbeschreibungen. Die Referendarin „notiert“ diese Beschreibungen in Form einer Wegeskizze an der Tafel. Die anderen Schüler korrigieren zwischendurch immer wieder die Skizze an der Tafel und erkennen das Problem der Ungenauigkeit bzw. Unvollständigkeit. Erarbeitung Die Ss nennen Möglichkeiten zur Erstellung einer genaueren Wegeskizze und einigen sich auf die Möglichkeit eines Erkundungsganges mit Mitschrift. Die Ln und die Ss entwerfen gemeinsam Protokollzettel. Die Ss fertigen eigene Protokollzettel an. Die Ln und die Ss wiederholen gemeinsam Verhaltensregeln im Straßenverkehr.
Unterrichtsgespräch Gel. Unterrichtsgespräch Einzelarbeit
Tafelbild Tafel Tafel Protokollzettel
15 Minuten Erkundungsgang Die Ss nehmen die von ihnen vorbereiteten Protokollzettel, Klemmbretter und Bleistifte und gehen gemeinsam mit der Ln das kleine „Schuldreieck“ ab. Hierbei werden die Protokollzettel ausgefüllt.
Unterrichtsgang
Klemmbretter Protokollzettel Bleistifte
5 Minuten Stundenabschluss Die Ss vergleichen ihre Mitschriften bzw. Zeichnungen und heften sie in ihre Mappen.
Frontalunterricht Unterrichtsgespräch
Protokollzettel
Reflexion
Die Motivation der neuen Referendarin etwas zu erklären war seitens meiner Schüler sehr
hoch. Nach den gesammelten Vorschlägen, ihr eine Wegbeschreibung zu erzählen, zu malen
oder aufzuschreiben, entschieden sich die Schüler für die „schnellste“ Lösung, das Erzählen.
Insbesondere das „kommentierte Aufzeichnen“ der Referendarin (... Dann biege ich hier also
sofort links in die nächste Straße hinein...) führte zu stetigen Einwänden und
Korrekturmaßnahmen seitens der Schüler. An dieser Stelle zeigte sich ein Problem in Form
der Ungenauigkeit bzw. Unvollständigkeit der entstandenen Wegeskizze. Gleichzeitig setzte
bei den Schülern eine zunehmende Unsicherheit bezüglich ihrer Erinnerung an ein ihnen
eigentlich gut bekanntes Gebiet ein. Aus diesen Problemen heraus erarbeiteten die Schüler
Vorschläge (auf die Straßen gehen, rechts und links gucken, Häuser eintragen, Skizze
machen, Kurven aufschreiben), auf denen aufbauend wir an der Tafel gemeinsam einen
Protokollzettel entwickelten.
Während des Erkundungsganges erwiesen sich die von den Schülern selbst angefertigten
Protokollzettel aufgrund der Schriftgrößen und Platzierungsschwierigkeiten als ungünstig. In
der für die nächsten Stunden geplanten Fortsetzung des Erkundungsganges in der
Schulumgebung werde ich daher vorgefertigte Protokollzettel einsetzen.
Der, in einer Doppelstunde stattgefundenen, Fortsetzung des Erkundungsganges in der
näheren Schulumgebung (Foto 2) ging eine kurze Erarbeitung bzw. Wiederholung von
Verhaltensregeln im Straßenverkehr voraus.
Im weiteren Verlauf des Erkundungsganges stellten sich bei einigen Schülern
„Ermüdungserscheinungen“ in der Form ein, als dass sie beispielsweise das Skizzieren der
34
Wegstrecke als nicht notwendig erachteten, da sie sich alles merken könnten. Bei anderen
Schülern hingegen ließ die Motivation nicht nach.
Die in dieser Phase des Erkundungsganges eingesetzten vorgefertigten Protokollzettel
erwiesen sich als eine sinnvolle Berichtigung.
4.5.4 Wir zeichnen eine Wegeskizze
Geplanter Unterrichtsverlauf
Zeit (ca.) Unterrichtsgeschehen Arbeits- und Sozialform Medien und Materialien 10 Minuten
Begrüßung Einstieg Die Ss besprechen bzw. vergleichen kurz ihre Aufzeichnungen der Erkundungsgänge. Hinführung zur Arbeitsphase Die Ss entscheiden sich für einen von drei Teilbereichen zur Anfertigung einer Wegeskizze.
Frontalunterricht Unterrichtsgespräch
Protokollzettel (AB 7-10)
30 Minuten Arbeitsphase Die Ss fertigen auf der Grundlage ihrer Aufzeichnungen des Erkundungsganges Wegeskizzen an. Die Ln beobachtet die Ss und übernimmt dabei ggf. beratende Funktion. Differenzierte Zwischenpräsentation Die Ss, die ihre Wegeskizzen weitestgehend fertig gestellt haben bzw. noch Anregungen benötigen, kommen nach vorne in den Sitzkreis. Die Ln und die Ss vergleichen und besprechen die angefertigten Wegeskizzen.
Einzelarbeit Sitzkreis Unterrichtsgespräch
Protokollzettel DIN A 4 Zettel DIN A 3 Zettel
5 Minuten Präsentation der Ergebnisse Die Ss, die ihre Wegeskizze fertig gestellt haben und mit ihrer Arbeit zufrieden sind, heften diese an die Tafel. Die Ln und die Ss besprechen kurz die Ergebnisse.
Stehhalbkreis Unterrichtsgespräch
Tafel, Wegeskizzen
Reflexion
Nachdem die Aufzeichnungen von meinen Schülern verglichen und ggf. ergänzt wurden,
entschieden sich die Schüler für einen von drei darzustellenden Teilbereichen der
Schulumgebung. Einige Schüler skizzierten auf eigenen Wunsch hin den ganzen Bereich.
Vor Beginn der Arbeitsphase wies ich meine Schüler auf „günstige“ Ausgangspunkte
bezüglich ihrer darzustellenden Wegeskizze hin.
Während der Arbeitsphase und auch in der Phase der Zwischenpräsentation stellte sich bei
einigen Schülern, hervorgerufen durch das Entdecken immer weiterer Fehler, eine gewisse
„Resignation“ ein. Hierauf reagierte ich mit der Ankündigung eines Modellbaues von der
Schulumgebung. Wie erwartet, waren meine Schüler von dieser Idee begeistert. Die neue
Motivation und die Einsicht über die Notwendigkeit einer genauen Wegeskizze für den Bau
des Modells ließen die Schüler „tapfer“ weiterarbeiten.
Insgesamt betrachtet zeigten einige Schüler ein oberflächliches, schnelles Arbeiten ohne
Verwendung der Protokollzettel, andere zeigten hingegen ein sehr gewissenhaftes Arbeiten
35
unter Einbezug der Aufzeichnungen. In diesem Sinne wiesen die Wegeskizzen auch mehr
oder weniger bzw. keine inhaltlichen Fehler auf.
4.5.5 Wir bauen ein Modell unserer Schulumgebung
Geplanter Unterrichtsverlauf
Zeit (ca.) Unterrichtsgeschehen Arbeits- und Sozialform Medien und Materialien 8 Minuten 5 Minuten 5 Minuten 2 Minuten
Begrüßung Einstieg Die Ln und die Ss betrachten und besprechen gemeinsam die angefertigten Wegeskizzen und einigen sich auf die geeignetsten Vorlagen für den Modellbau. Erarbeitung I Die Ss erarbeiten und einigen sich gemeinsam mit der Ln auf die erwünschten darzustellenden Elemente des Modells. Erarbeitung II Die Ln zeigt den Ss Bastelmaterialien. Die Ss beraten gemeinsam über die Vorgehensweise bzw. den Einsatz der Materialien bzgl. der darzustellenden Elemente des Modells. Hinführung zur Arbeitsphase Die Ss bilden Arbeitsgruppen (Straßen, Straßenschilder, Gebäude, Plätze).
Stehhalbkreis Unterrichtsgespräch Frontalunterricht Gel. Unterrichtsgespräch Gruppenarbeit
Tafel, Wegeskizzen (AB 11-13) Tafelbild Bastelmaterialien (s.u.)
60 Minuten Arbeitsphase Die Schülergruppen nehmen sich die für ihren Arbeitsauftrag notwendigen Materialien, suchen sich einen gemeinsamen Arbeitsplatz und beginnen unter Absprache ihre Arbeit. Die Ln beobachtet die Ss und übernimmt dabei ggf. beratende Funktion.
Arbeitsteilige Gruppenarbeit
Wegeskizzen, Dämmplatte, Scheren, Krepppapier, Zahnstocher, Tesafilm, Knetgummi, Papier, bunte Malstifte, Tonpapier-vorlagen für Häuser
10 Minuten Ergebnissicherung Die Ss versammeln sich um das Modell und besprechen bzw. kontrollieren gemeinsam die richtige Anordnung der thematischen Inhalte des Modells.
Stehkreis um Modell
Modell
Reflexion
Das Festlegen der geeignetsten Vorlagen für den Modellbau zu Beginn der Stunde passierte
schnell und ohne weitere Diskussionen. Dieser Umstand resultierte sicherlich nicht zuletzt
daraus, dass die einzelnen Wegeskizzen sich an vielen Stellen ergänzten (Straßenführung,
Häuser, ...) und somit alle ihren Nutzen hatten.
Bezüglich des Einsatzes der Materialien kamen seitens meiner Schüler viele sinnvolle
Vorschläge, die im weiteren Verlauf der Arbeitsphase teilweise noch ergänzt wurden.
Die Gruppenarbeit in der Arbeitsphase führten die Schüler mit großem Eifer aus (Fotos 3-5).
Schüler, die ihre Aufgaben beendet hatten, arbeiteten in Gruppen ihrer Wahl weiter.
In der Phase der Ergebnissicherung nahmen sich alle Schüler ein Straßenschild und/ oder ein
Gebäude und ordneten diese nacheinander in das bereits fertig gestellte Wegenetz des
Modells ein. Diese erste Orientierungsübung am Modell ergab den Hinweis eines Schülers,
dass eine Straße immer mehrere Straßenschilder hat, wenigstens eines an jedem Ende. Nach
36
Einigung auf die Anzahl der nachzuarbeitenden Straßenschilder, halfen bei der Herstellung
dieser alle Schüler mit und vervollständigten schließlich das Modell (Foto 6).
4.5.6 Orientierungsübungen am Modell
Geplanter Unterrichtsverlauf
Zeit (ca.) Unterrichtsgeschehen Arbeits- und Sozialform Medien und Materialien 15.Minuten
Begrüßung Einstieg Die Ss versammeln sich um das Modell und führen Orientierungsübungen durch: Die Ln erzählt von einer Familie, die in Hassel im Rahmen eines Ausfluges verschiedene Gebäude aufsuchen will. Die Ss beschreiben bzw. verfolgen den Weg der Familie. Hierbei betrachten die Ss das Modell von verschiedenen Blickwinkeln (hockend, stehend, erhöht stehend). Die Ln notiert die Bezeichnungen der verschiedenen Blickwinkel bzw. Ansichten an der Tafel. Hinführung zur Arbeitsphase Die Ss bekommen von der Ln die Aufgabe, in Partnerarbeit die Vor- und Nachteile der verschiedenen Blickwinkel zu erarbeiten.
Stehkreis Gel. Unterrichtsgespräch
Modell Geschichte Tafelbild
15 Minuten
Arbeitsphase Die Ss erarbeiten in Partnerarbeit die Vor- und Nachteile der verschiedenen Blickwinkel und notieren sie. Die Ln beobachtet die Ss und übernimmt dabei ggf. beratende Funktion.
Partnerarbeit Arbeitsform offen
Modell Notizzettel
15 Minuten Ergebnissicherung Die Ss tragen die Ergebnisse ihrer Aufzeichnungen vor und besprechen sie. Die Ln sammelt die besprochenen Ergebnisse an der Tafel. Die Ss bekommen ein Arbeitsblatt und übertragen die an der Tafel erarbeiteten Ergebnisse der Stunde.
Frontalunterricht Unterrichtsgespräch
Notizzettel Tafelbild Arbeitsblatt 14
Reflexion
Die Schüler verfolgten auf dem Modell ohne Schwierigkeiten den von mir beschriebenen
Weg der Familie und dachten sich auch selbst verschiedene Wegbeschreibungen aus
(reflexives Denken).
Die Begriffe der verschiedenen Blickwinkel unter denen man ein Modell betrachten kann
waren meinen Schülern unbekannt, jedoch ohne weiteres für sie nachvollziehbar.
Die Ergebnissicherung der Arbeitsphase machte deutlich, dass über den „interessantesten“
Blickwinkel unterschiedliche Meinungen vorherrschten. Unter dem Aspekt der
bestmöglichsten Wegbeschreibung jedoch waren die Schüler sich einig, dass hierfür die
Draufsicht am geeignetsten ist.
Da die Ergebnissicherung vor Ablauf der Stunde bereits abgeschlossen war, spielten wir am
Modell noch ein Orientierungsspiel. Der Spielgedanke bestand darin, sich einen Standort
auszudenken und ihn möglichst genau zu beschreiben. Die Mitspieler hatten die Aufgabe, den
beschriebenen Standort zu erkennen.
37
4.5.7 Vom Modell zur Karte
Geplanter Unterrichtsverlauf
Zeit (ca.) Unterrichtsgeschehen Arbeits- und Sozialform Medien und Materialien 5 Minuten 10 Minuten
Begrüßung Einstieg Die Ln schildert in Anlehnung an die Geschichte der Familie, die einen Ausflug nach Hassel gemacht hat (siehe letzte Stunde) folgende Situation: Kann man für das Zurechtfinden in einem fremden Gebiet ein Modell benutzen? Die Ss diskutieren Vor- und Nachteile eines Modells für diesen Zweck. Erarbeitung Die Ss erarbeiten gemeinsam mit der Ln Möglichkeiten der Umgestaltung des Modells zu einem Plan und treffen hierfür notwendige Absprachen (Vorgehensweise, Farben,...). Hinführung zur Arbeitsphase Die Ss bilden Arbeitsgruppen (Umrisse zeichnen, Umrisse ausmalen, Rekonstruktion des Modells).
Frontalunterricht Gel. Unterrichtsgespräch
Modell Geschichte Tafelbild
25 Minuten
Arbeitsphase Die Ss arbeiten in ihren Arbeitsgruppen: Umrisse zeichnen, Umrisse ausmalen, Modell mit Aufbauten rekonstruieren (in der Pausenhalle). Die Ln beobachtet die Ss und übernimmt dabei ggf. beratende Funktion.
Gruppenarbeit
Modell Malstifte
5 Minuten
Ergebnissicherung Die Ss befestigen gemeinsam mit der Ln die entstandene Karte der Schulumgebung an einer Wand im Klassenzimmer.
Karte der Schulumgebung Klebeband
Reflexion
Die Schüler erkannten schnell die Nachteile eines Modells für das Zurechtfinden in einem
fremden Gebiet. Ein Plan bzw. eine Karte stellten für meine Schüler die einzige Alternative
dar, die sie im Rahmen der Aufgabenstellung durch Abzeichnen oder Fotografieren
anzufertigen gedachten. Durch die Betonung meinerseits, das Modell „umzuarbeiten“ sowie
durch Lenkung der Aufmerksamkeit der Schüler auf die Erarbeitung einzelner Elemente der
vergangenen Stunden, kamen die Schüler schließlich auf die Idee des Zeichnens und Malens
der Umrisse des Modells.
In der anschließenden Arbeitsphase arbeitete die „alte Straßenbaugruppe“ an der
Rekonstruktion des Modells mit Vorlage eines Fotos (siehe o.g. Schüleridee). Das Modell
sollte als Ausstellungsstück in der Pausenhalle den anderen Schülern und Lehrern zur Ansicht
stehen. Die beiden anderen Gruppen arbeiteten im Klassenzimmer mit großer Sorgfalt an dem
Plan. Das Abzeichnen des Modells, für das sich ein Schüler dennoch entschieden hatte, wurde
von ihm als zu langwierig wieder verworfen.
Beim Betrachten der fertiggestellten großen Karte an der Wand des Klassenzimmers waren
alle Schüler merkbar stolz und beeindruckt (Foto 7).
38
4.5.8 Der Maßstab: Wir zeichnen unsere Karte kleiner
Geplanter Unterrichtsverlauf
Zeit (ca.) Unterrichtsgeschehen Arbeits- und Sozialform Medien und Materialien 3 Minuten 7 Minuten
Begrüßung Einstieg Ln: Die große Karte ist noch immer schwierig zu transportieren. Wie bekommen wir denn nun jeder eine kleinere Karte? Die Ss nennen Lösungsvorschläge. Erarbeitung Die Ln hebt den zu erwartenden Lösungsvorschlag des Abzeichnens hervor und projiziert ein Gitternetz auf die große Karte der Schulumgebung an der Wand. Die Ss vermuten die Anwendung des Gitternetzes für das Abzeichnen der Karte (ggf. weiterer Impuls durch Zeigen eines Arbeitsblattes mit Gitternetz). Hinführung zur Arbeitsphase Die Ln erklärt die Aufgabenstellung, die Übertragung der Karte von dem großen in das kleine Gitternetz.
Frontalunterricht Unterrichtsgespräch Stummer Impuls (Gel.) Unterrichtsgespräch
Große Karte der Schulumgebung, Overheadprojektor, Folie mit Gitternetz Arbeitsblatt mit Gitternetz
30 Minuten
Arbeitsphase Die Ss übertragen die Abbildung der großen Karte der Schulumgebung auf ihre Arbeitszettel. Die farbliche Ausgestaltung der abgezeichneten Karten folgt in dieser Stunde bzw. in Freiarbeitsphasen des Unterrichts. Die Ln beobachtet die Ss und übernimmt dabei ggf. beratende, korrigierende und belobigende Funktion.
Einzelarbeit
Große Karte der Schulumgebung, Overheadprojektor, Folie mit Gitternetz, Arbeitsblatt 15
5 Minuten Stundenabschluss/ Erarbeitung Die Ln macht die Ss in Form eines Gespräches über die in dieser Stunde vollzogene Verkleinerung der großen Karte aufmerksam und führt in diesem Rahmen den Begriff „Maßstab“ ein.
Gel. Unterrichtsgespräch
Große Karte der Schulum-gebung, kleine Karten der Schulumgebung
Reflexion
In Anlehnung an das zu Beginn der vorherigen Unterrichtsstunde dargestellte Problem der
Unhandlichkeit eines Modells, bildete diese Stunde die Weiterführung der erarbeiteten
Lösung. Möglichkeiten einer verkleinerten Darstellung der großen Karte der Schulumgebung
sahen meine Schüler einheitlich darin, die große Karte abzuzeichnen. Einige technisch
versiertere Schüler wollten die Karte kleiner kopieren oder fotografieren. Das Kopieren wurde
aufgrund der Absurdität („Die Karte passt aber gar nicht auf unseren Kopierer.“) schnell
wieder verworfen. Das Fotografieren bestätigte ich, wie bereits in der letzten Stunde, als
mögliche Vorgehensweise, betonte jedoch abermals das „eigene aktive Handeln“ im
Unterricht sowie den Zeitfaktor.
Die Funktion des in der Phase der Erarbeitung präsentierten Gitternetzes wurde erst nach
zeigen des dazugehörigen Arbeitszettels von meinen Schülern erkannt. Nach dem Erfassen
der Funktion jedoch, waren die Schüler begeistert von diesem „Trick“.
Das Abzeichnen der Karte erfolgte, nicht zuletzt durch die Motivation des „Tricks“, seitens
der Schüler mit großer Sorgfalt und Eifer.
Über den in der Schlussphase der Stunde direkten Vergleich der entstandenen kleinen Karten
mit der großen Karte der Schulumgebung wurde der Begriff „Maßstab“ eingeführt. Dabei
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lernten die Schüler den Maßstab nicht im mathematisch exakten Zahlenverhältnis, sondern im
assoziativen Größenverhältnis kennen (Wirklichkeit – große Karte – kleine Karte).
Die hier geschilderte Erarbeitung erfolgte in Form eines gelenkten Unterrichtsgespräches, da
es sich hierbei um einen sehr abstrakten Sachverhalt handelt. Aus Gründen der Komplexität
halte ich es des Weiteren für sinnvoll, die Darstellung des Maßstabes in Zahlen erst bei
Einführung des amtlichen Ortsplanes in groben Zügen anzusprechen bzw. zu erläutern.
4.5.9 Wir lernen Kartensymbole kennen
Geplanter Unterrichtsverlauf
Zeit (ca.) Unterrichtsgeschehen Arbeits- und Sozialform Medien und Materialien 5 Minuten
Begrüßung Einstieg Die Ln befragt die Schüler nach den verschiedenen Gebäuden, die auf der großen Karte der Schulumgebung rot angemalt sind. Die Ss werden vermutlich nicht mehr die richtige Reihenfolge der Geschäfte ermitteln können. Ln: Was können wir machen? Die Ss erkennen vermutlich das Fehlen einer Legende. Die Ln und die Ss erarbeiten verschiedene Darstellungsformen einer Legende. Die Ln erklärt den Ss den Begriff „Symbol“. Hinführung zur Arbeitsphase Die Ln und die Ss besprechen gemeinsam die zu bearbeitenden Arbeitsblätter.
Frontalunterricht Unterrichtsgespräch
Große Karte der Schulumgebung 2 Arbeitsblätter
30 Minuten
Arbeitsphase I Die Ss bearbeiten die beiden Arbeitsblätter. Sie schneiden die allgemein gültigen Kartensymbole aus und kleben sie an den richtigen Stellen auf dem zweiten Arbeitsblatt auf. Selbst ausgedachte Kartensymbole werden von den Ss gemalt. Die Ln beobachtet die Ss und übernimmt dabei ggf. beratende und/ oder helfende Funktion.
Einzelarbeit
Arbeitsblatt 16 Arbeitsblatt 17 Scheren Malstifte Klebstoff
10 Minuten
Ergebnissicherung Die Ss besprechen die amtlichen Kartensymbole und erläutern an ihnen die vereinfachte Darstellung und Platz sparende Funktion auf Karten.
Unterrichtsgespräch
Arbeitsblätter
35 Minuten
Arbeitsphase II Die Ln und die Ss präsentieren und besprechen die selbst entworfenen Kartensymbole und treffen eine Auswahl für die fehlende Legende. Nach jeder getroffenen Auswahl überträgt die Ln das Symbol auf die große Karte während die Ss es auf ihre eigenen Karten übertragen.
Frontalunterricht Unterrichtsgespräch Einzelarbeit
Große Karte der Schulumgebung, kleine Karten der Schulumgebung, Arbeitsblätter (AB 15)
10 Minuten
Gemeinsamer Stundenabschluss Die Ln und die Ss spielen das Spiel „Eckenraten“: Das Spiel hat im Unterricht erarbeitete Elemente des Themas „Karte“ zum Inhalt.
Tafel
Reflexion
Als Ursache für das zu Beginn der Stunde dargestellte Problem der Benennung der einzelnen
Gebäude erkannten meine Schüler sofort das Fehlen einer Legende. Sie erinnerten sich an die
in der zweiten Stunde der Einheit erarbeiteten Legende, die eine Lageskizze in Form von
Zahlen erläuterte. In einem Gespräch über alternative Darstellungsformen von Legenden
40
nannten die Schüler das „Bild“. An dieser Stelle führte ich den Begriff „Symbol“ ein, den
meine Schüler zwar vom Wortlaut, jedoch nicht in seiner inhaltlichen Bedeutung kannten.
Die in der zweiten Arbeitsphase stattgefundene Auswahl der geeignetsten Symbole für die
Karten der Schulumgebung erfolgte durch Abstimmung. Zur besseren Einheitlichkeit der
ausgesuchten Symbole sowie aus Zeitgründen zeichnete ich das genannte Symbol zunächst an
die Tafel, bevor es von den Schülern und mir auf die Karten übertragen wurden.
Das Spiel „Eckenraten“ ist bei meinen Schülern sehr beliebt und lässt sich durch seine
Universalität auf jedes beliebige Thema anwenden. In diesem Rahmen wurden im Unterricht
erarbeitete Elemente des Themas „Karte“ zur Wiederholung und Festigung eingebaut.
4.5.10 Die Himmelsrichtungen: Wir norden unsere Karten ein
Geplanter Unterrichtsverlauf
Zeit (ca.) Unterrichtsgeschehen Arbeits- und Sozialform Medien und Materialien 5 Minuten 13 Minuten 2 Minuten
Begrüßung Einstieg Die Ln legt eine große Windrose in die Mitte des Stuhlkreises. Die Ss erkennen und benennen die Windrose und ordnen ihr die Himmelsrichtungen zu. Erarbeitung Die Ln fragt, wo im Klassenzimmer Norden ist. Die Ss vermuten die Himmelsrichtung und nennen Möglichkeiten zur Überprüfung. Die Ln zeigt den Ss einen Kompass. Gemeinsam bestimmen die Ln und die Ss mit Hilfe des Kompasses die Himmelsrichtungen im Klassenzimmer und hängen entsprechend Schilder auf. Hinführung zur Arbeitsphase Die Ln erklärt die Aufgabenstellung.
Sitzkreis Stummer Impuls Unterrichtsgespräch
Windrose, Schilder mit Himmelsrichtungen Kompass Windrose Klebeband Schilder mit Himmelsrichtungen
10 Minuten
Arbeitsphase Die Ss versuchen Möglichkeiten zu finden, ihre Karten der Schulumgebung mit Hilfe der vorgegebenen Materialien einzunorden. Die Ln beobachtet die Ss und übernimmt dabei ggf. beratende Funktion.
Partnerarbeit
Klemmbretter, Karten der Schulumgebung, Bleistifte, Windrosen, Kompasse
10 Minuten
Ergebnissicherung Die Ss stellen ihre Ergebnisse vor und beschreiben ihr Vorgehen. Gemeinsam wird die große Karte der Schulumgebung eingenordet.
Sitzhalbkreis
Karten der Schulumgebung, Windrosen, Klebstoff Kompasse
Reflexion
Bereits in der Phase des Einstiegs ins Stundenthema wurde schnell deutlich, dass den
Schülern das Vorhandensein der vier Haupthimmelsrichtungen zwar bekannt war, sie sich
jedoch weder ihrer Anordnung noch ihrer Bedeutung bzw. Funktion bewusst waren. Aus
diesem Grund habe ich den Schülern bei der Erarbeitung der Anordnung einen Spruch als
Unterstützung bzw. Merkhilfe vorgetragen („Im Osten geht die Sonne auf, im Süden ...“).
41
In der Phase der Erarbeitung lernten die Schüler den Kompass und seine Funktion kennen.
Die Handhabung des Kompasses war den Schülern bislang unbekannt, dennoch konnten sie
mit seiner Hilfe die Himmelsrichtungen im Klassenzimmer bestimmen. Der Transfer der für
eine bessere Orientierung bedeutsamen Kenntnis der Himmelsrichtungen von der
„Wirklichkeit“ auf die Karte erschien den Schülern sinnvoll. In diesem Sinne entließ ich die
Schüler mit der relativ offenen Arbeitsanweisung, mit den bereitgestellten Hilfsmitteln und
Materialien in Partnerarbeit ihre Karten einzunorden.
Durch Beobachtung des Schülerverhaltens während der Arbeitsphase musste ich schnell
feststellen, dass diese mit der gestellten Aufgabe überfordert waren. Aus diesem Grund
dehnte ich die Arbeitsphase im Sinne einer „Ausprobierphase“ bis zum Ende der Stunde aus.
Während dieser Zeit ging ich von Gruppe zu Gruppe und gab meinen Schülern
weiterführende Impulse und hilfreiche Tipps. Zum Stundenabschluss holte ich die Schüler
kurz zu einem Stehhalbkreis zusammen und erläuterte ihnen die richtige Vorgehensweise zur
Lösung ihrer Aufgabe. Gleichzeitig gab ich ihnen den Ausblick auf die nächste Stunde, das
heute Erarbeitete noch einmal ganz ausführlich zu besprechen und zu wiederholen.
Geplanter Unterrichtsverlauf
Zeit (ca.) Unterrichtsgeschehen Arbeits- und Sozialform Medien und Materialien 10 Minuten 20 Minuten 10 Minuten
Begrüßung Einstieg Die Ln heftet die große Windrose der letzten Stunde an die Tafel. Die Ss erkennen und benennen die Windrose und ordnen ihr die Himmelsrichtungen zu. Die Ln wiederholt den Spruch mit den Himmelsrichtungen und schreibt ihn an die Tafel. Festigung Die Ss bekommen ein Arbeitsblatt, bearbeiten die Aufgaben 1 und 2 und übertragen den Spruch auf die Rückseite des Zettels. Die Ss bekommen zur weiteren Festigung ein Arbeitsblatt mit einem Himmelsrichtungsspiel. Erarbeitung Die Ln und die Ss wiederholen gemeinsam die Funktion und Handhabung eines Kompasses. Die Ss bearbeiten die Aufgabe 3 des Arbeitsblattes. Hinführung zur Arbeitsphase Die Ln erklärt die Aufgabenstellung.
Frontalunterricht Stummer Impuls Gel. Unterrichtsgespräch Einzelarbeit Unterrichtsgespräch
Tafel, Windrose, Schilder mit Himmelsrichtungen Tafelbild Arbeitsblatt 18 Arbeitsblatt 19 Kompass
20 Minuten
Arbeitsphase Die Ss begeben sich mit den Kompassen auf den Schulhof, bestimmen dort gemeinsam mit der Ln die Himmelsrichtungen und stellen entsprechend Schilder auf. Die Ss probieren den Kompass frei aus. Die Ln beobachtet die Ss und übernimmt dabei ggf. impulsgebende und/ oder beratende Funktion.
Unterrichtsgespräch Partnerarbeit
Kompasse Schilder mit Himmelsrichtungen
20 Minuten
Problemstellung/ Erarbeitung Die Ln erarbeitet gemeinsam mit den Ss die Notwendigkeit der Einnordung von Karten durch Nachspielen einer „Verirrung im Wald“.
Sitzhalbkreis
Kartenskizze einer Wald-umgebung, Kompass
10 Minuten
Anwendung Die Ln und die Ss norden auf dem Schulhof gemeinsam ihre Karten ein und erläutern dabei das Vorgehen.
(Gel.) Unterrichtsgespräch
Karten der Schulumgebung (AB 15), Kompasse, Windrosen, Klebstoff
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Reflexion
Die Vorgehensweise der an dieser Stelle stattgefundenen Doppelstunde bestand in der
schrittweisen Wiederholung und Festigung von Elementen der vorherigen Stunde.
Am Anfang der Stunde stand die Festigung der Himmelsrichtungen, die durch eine mündliche
Wiederholung mit Medieneinsatz sowie eine schriftliche Fixierung und Anwendung stattfand.
Die darauf aufbauend erfolgte wiederholende Erarbeitung der Funktion und Handhabung
eines Kompasses stellte dann den „Knackpunkt“ der vorherigen Stunde heraus. Für meine
Schüler war die technische Funktion des Kompasses nicht ohne weiteres erfassbar gewesen.
So waren sie von der Vorstellung ausgegangen, dass man einen Kompass nur „einmal“
einstellen müsse. Wenn sie sich nach Beendigung dieser Einstellung selbst gedreht hatten,
hatte die Windrose des Kompasses somit plötzlich andere Richtungen angezeigt, wobei sie die
Kompassnadel jetzt außer Acht gelassen hatten. Die Himmelsrichtungen waren für die
Schüler ständigen Veränderungen unterlegen gewesen, woraufhin die Einnordung der Karten
weder möglich noch notwendig gewesen war. Da bei der Einnordung des Klassenzimmers
weder die Schüler noch der Kompass in Bewegung gewesen waren, hatte sich das
„Missverständnis“ seitens der Schüler hier noch nicht bemerkbar gemacht.
Dem in diesen Stunden erkannten Missverständnis folgte eine intensive Behandlung des
Sachverhaltes. Auf der damit geschaffenen Grundlage war das Ziel, die Einnordung der
hergestellten Karten (Foto 8) sowie das Verständnis über den daraus resultierenden Nutzen,
für die Schüler schließlich nachvollziehbar.
4.5.11 Einführung in den Ortsplan
Geplanter Unterrichtsverlauf
Zeit (ca.) Unterrichtsgeschehen Arbeits- und Sozialform Medien und Materialien 5 Minuten 10 Minuten 10 Minuten 15 Minuten
Begrüßung Einstieg Die Ss bekommen einen amtlichen Ortsplan der Samtgemeinde Eystup (Mitgliedsgemeinde Hassel) und setzen sich spontan damit auseinander. Erarbeitung I Die Ss orientieren sich auf dem Plan, indem sie in der Unterrichtseinheit erarbeitete Sachverhalte, Begriffe und Inhalte wieder erkennen, benennen und erläutern. Erarbeitung II Die Ln macht die Ss auf die Planquadrate des Planes aufmerksam. Die Ss erabeiten gemeinsam mit der Ln die Funktion von Planquadraten bei der Lokalisierung von Punkten. Festigung Die Ss führen Orientierungsübungen auf dem Plan durch: Lokalisierung von Straßen und Orten mit Hilfe von Planquadraten und durch Benennen von Himmelsrichtungen.
Frontalunterricht (Stummer Impuls) Partnerarbeit Gel. Unterrichtsgespräch Unterrichtsgespräch
Ortspläne der Samtgemeinde Eystrup
5 Minuten
Stundenabschluss Die Ss vergleichen den Ortsplan mit ihren selbst angefertigten Karten der Schulumgebung.
Einzelarbeit Unterrichtsgespräch
Ortsplan Karten der Schulumgebung
43
Reflexion
Meine Schüler erkannten bzw. erlasen schnell, dass der Ortsplan eine Darstellung ihrer
näheren Wohnumgebung ist. Die als „stummer Impuls“ verteilten Pläne erzeugten sofort eine
außerordentliche Euphorie seitens der Schüler. Eine erste Auseinandersetzung mit den Plänen
erfolgte zunächst über das Lokalisieren der eigenen Wohnstraße und in einem zweiten Schritt
über das Lokalisieren von bekannten mit der Familie oder mit Freunden aufgesuchten Plätzen.
Die Übertragung und Anwendung der in der Unterrichtseinheit erarbeiteten Inhalte auf den
amtlichen Ortsplan der Samtgemeinde Eystrup bereitete den Schülern keine Probleme. Das
Wiedererkennen von einzelnen Sachverhalten auf dieser „richtigen“ Karte motivierte die
Schüler in besonderem Maße.
Der abschließende Vergleich des Planes mit den selbst angefertigten Karten der
Schulumgebung erzeugte bei den Schülern einen gewissen „Stolz“, der sie an dieser Stelle für
die zwischendurch „mühseligen“ Arbeiten im Verlauf der Einheit entschädigte.
4.5.12 Rallye Hassel – Wir orientieren uns mit Hilfe der Karte
Geplanter Unterrichtsverlauf
Zeit (ca.) Unterrichtsgeschehen Arbeits- und Sozialform Medien und Materialien 3 Minuten 12 Minuten
Begrüßung Einstieg Die Ln führt die Ss mit einer Geschichte ins Stundenthema ein: „Ihr seid heute als Detektive unterwegs ...“ Hinführung zur Arbeitsphase Die Ln erklärt den Ss die Aufgabenstellung und stellt ihnen die für die Arbeitsphase notwendigen Materialien vor. Die Ss erarbeiten gemeinsam Möglichkeiten der Vorgehensweise in der Arbeitsphase bezüglich des Einsatzes der Materialien im Rahmen der Aufgabenstellung. Die Ln und die Ss wiederholen gemeinsam Verhaltensregeln im Straßenverkehr.
Sitzkreis Unterrichtsgespräch
„Detektivgeschichte“ Materialien der Arbeitsphase
60 Minuten
Arbeitsphase Die Ss nehmen sich pro Gruppe zwei Pläne, ein Aufgabenblatt, ein Klemmbrett, einen Bleistift und besprechen bzw. führen ihren Arbeitsauftrag durch. Die Ln sowie zwei weitere Aufsichtspersonen begleiten die Ss während des Unterrichtsganges und übernehmen dabei aufsichtsrelevante und beratende Funktionen.
Partnerarbeit
Ortspläne mit Markierungspunkten (AB 20), Arbeitsblatt 21, Bleistifte, Klemmbretter, Kompasse, Getränke
15 Minuten
Ergebnissicherung Die Ss berichten von ihren Vorgehensweisen in der Arbeitsphase, stellen ihre Ergebnisse vor und vergleichen sie. Die Ln würdigt die erbrachten Schülerleistungen und verteilt Detektivpässe, die die Ss mit einem Fingerabdruck unterzeichnen.
Sitzkreis
Arbeitsblätter Detektivpässe Stempelkissen
Reflexion
Die Einbettung des Unterrichtsinhaltes in eine Rahmengeschichte ist kindgerecht und stellte
für die Schüler eine hohe Motivation dar. Da es bei der „Ausbildung zum Detektiv“ in erster
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Linie auf exaktes Arbeiten ankommt, war eine gewissenhafte Auseinandersetzung mit dem
Kartenausschnitt sowie mit den gestellten Aufgaben notwendig und wurde auch in diesem
Sinne praktiziert (Fotos 9-11).
Die in diesen Stunden erforderliche Orientierungsfähigkeit anhand einer Karte bezog sich
aufgrund (der Bekanntheit) der örtlichen Infrastruktur nicht auf das Auffinden bestimmter
Straßen, sondern auf das Auffinden einzelner Standorte. Zudem war die Reihenfolge der
Bearbeitung der Aufgaben nicht vorgegeben und ermöglichte den Schülern somit mehrere
Wege des Abschreitens.
Die Aufgaben an den aufgesuchten Orientierungspunkten wurden von den Schülern
überwiegend richtig bzw. vollständig gelöst. Einfach zu lösende Beobachtungsaufgaben
motivierten die Schüler, unterrichtsinhaltliche Fragen forderten sie, ohne sie jedoch vom
eigentlichen Stundenziel abzulenken. Die abschließende Aufgabe, das Finden der Getränke
mit Hilfe des Kompasses, wurde von den Schülern ebenfalls gelöst und stellte eine
willkommene Erfrischung dar.
5 Gesamtreflexion
In der vorliegenden Arbeit „Der Ansatz des handlungsorientierten Unterrichts, dargestellt am
Beispiel der Unterrichtseinheit Einführung in das Kartenverständnis“ sollte der Fragestellung
nachgegangen werden, inwieweit sich das Prinzip der Handlungsorientierung bei diesem
Thema realisieren lässt. Im Folgenden werde ich die Gesamtreflexion der von mir
durchgeführten Unterrichtseinheit in Anlehnung an die Merkmale und Ziele des
handlungsorientierten Unterrichts (siehe 2.3) vornehmen.
Handlungsorientiertes Lernen beteiligt Schüler von Beginn an an der Planung, Zielsetzung
und Durchführung von Lernprozessen. Die Komplexität des Themas Kartenverständnis und
die daraus resultierende hohe kognitive Anforderung kann diesem Anspruch nur bedingt
gerecht werden. So hatten die Schüler auf die Gesamtplanung der Unterrichtseinheit insofern
kaum Einfluss, als dass die einzelnen Lerninhalte des Themas Kartenverständnis aufgrund
ihrer festgelegten Definition bereits vorbestimmt waren. Dennoch bot ich meinen Schülern
Freiräume, einzelne Phasen des Unterrichts zu planen, indem wir gemeinsam Handlungsziele
bestimmten. Während des Unterrichts aufgetretene Schülerimpulse wurden zu neuen
Handlungszielen formuliert z.B. die Anfertigung einer Lageskizze des Obergeschosses der
Schule (siehe 4.5.2). Zudem erarbeiteten die Schüler Vorschläge für Wegbeschreibungen
(siehe 4.5.3) und legten die darzustellenden Elemente für den Modellbau fest (siehe 4.5.5).
Des Weiteren übernahmen meine Schüler bei der Durchführung von Arbeitsphasen
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zunehmend die Planung bezüglich der Arbeitsschritte und der Gruppeneinteilungen.
Das Prinzip der Verbindung von Hand- und Kopfarbeit mit dem Ziel den Dualismus von
Handeln und Denken zu überwinden, bestimmte den gesamten Verlauf der Unterrichtseinheit.
Bezüglich der einzelnen Lerninhalte ermöglichte ich meinen Schülern stets eine handelnde
Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand. Die Versprachlichung neuer Sachverhalte
ermöglichten ihnen, ihre Erfahrungen neu zu verbalisieren und zu erfassen. Die neuen
Begriffsbildungen z.B. Grundriss, Legende, Modell, Maßstab, Kartensymbole,
Himmelsrichtungen und Karte, ließen sie die Auswertungen ihrer handelnden Tätigkeit
konkreter beschreiben und verinnerlichen.
Im Sinne der handelnden Auseinandersetzung stand die Entwicklung einer selbst hergestellten
Karte der Schulumgebung im Mittelpunkt der Einheit. Anhand ihrer wurden die konkreten
einzelnen Lerninhalte erarbeitet. Gleichzeitig konnte den Schülern so die unmittelbare
Sinnhaftigkeit des Unterrichtsgegenstandes in seinem Gebrauchswert deutlich gemacht
werden. Das „Endprodukt Karte“ sowie auch das „Zwischenprodukt Modell“ hatten bzw.
haben ihren Gebrauchswert in ihrer Nutzung als Orientierungshilfe selbst und / oder als
Medium für Orientierungsübungen (siehe 4.5.6). Durch das Ausstellen des Modells in der
Pausenhalle der Grundschule erhielt dieses zusätzlich eine gesellschaftliche Praxisrelevanz.
Handlungsorientierter Unterricht geht von den Interessen und Erfahrungen der Schüler aus. In
diesem Sinne bezog sich die Herstellung der Karte auf einen den Schülern bekannten
Nahraum, die Schulumgebung. Dieser Erfahrungsbezug aus der Alltags- und Lebenswelt der
Schüler und die Umwandlung dieses konkreten Lebensraumes in einen (außerschulischen)
Lernraum motivierte meine Schüler. Die Untersuchung dieses Raumes unter einem
vorgegebenen Aspekt bzw. Motivationsanlass aktivierte die sinnliche Wahrnehmung meiner
Schüler und veranlasste sie ihre Vorerfahrungen bzw. ihr Vorwissen neu zu überdenken (siehe
4.5.3). Das Aufsuchen außerschulischer Lernorte, hier der Erkundungsgang der
Schulumgebung und die „Rallye Hassel“ erweiterten das offene Konzept der
Handlungsorientierung durch eine Öffnung der Schule zur außerschulischen Lebenswelt der
Schüler.
Die Entwicklung von sozialen Handlungskompetenzen ist ein wichtiges Merkmal des
handlungsorientierten Unterrichts. In den Planungsphasen der Stunden zeigten meine Schüler
zunehmend Kooperationsbereitschaft. So erfolgte die Auswahl der geeignetsten Wegeskizzen,
die Festsetzung von Handlungszielen sowie die Gruppenbildung in Arbeitsphasen ohne
nennenswerte Konflikte. Die Kooperation und Kommunikation innerhalb der Arbeitsgruppen
verlief zunehmend kompetenter. Dominantere Schüler nahmen sich in der Hinsicht zurück,
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dass sie „verantwortungsvollere“ (Zusatz-) Aufgaben, wie die Leistung von Hilfestellung,
übernahmen. Hierbei ist zu bedenken, dass diese Ersatzhandlungen lediglich eine
Kompensation und keine Lösung des eigentlichen Problems darstellen.
Zusammenfassend hat die Durchführung der Unterrichtseinheit „Einführung in das
Kartenverständnis“ gezeigt, dass ihrer Umsetzung unter dem Prinzip der
Handlungsorientierung nur ansatzweise entsprochen werden kann. Der komplexe Sachverhalt
„Karte“ lässt den Grundgedanken der weitestgehend selbstständigen Planung des Unterrichts
seitens der Schüler kaum zu. Trotzdem kann der handlungsorientierte Unterricht auch in
solchen ihn eingrenzenden Themengebieten Berücksichtigung finden. So bietet das Thema
Kartenverständnis in Bezug auf die Möglichkeiten einer handelnden Auseinandersetzung mit
den einzelnen Lerninhalten vielfältige Behandlungsformen an.
Bei der Durchführung der Unterrichtseinheit stellte sich ein Problem bezüglich der Zeit ein.
Die im handlungsorientierten Unterricht geforderte und geförderte Selbstständigkeit der
Schüler in Bezug auf die Planungselemente des Unterrichts erfordern einen hohen
Zeitaufwand. So benötigten meine Schüler zum Festlegen der Handlungsziele sowie deren
Revision durch Erkennen bzw. Durchführen eines Fehlers (siehe 4.5.3) und zum Bilden von
Gruppen relativ viel Zeit.
Wenn handlungsorientierter Unterricht den Schülern selbstständiges Handeln ermöglichen
soll, muss auch das Rollenverständnis von Lehrenden überdacht werden. In diesem Sinne
habe ich meine Zielorientierung mit Möglichkeiten der selbstständigen Planung und
Strukturierung durch die Schüler zu verbinden versucht. Meine Aufgabe bestand darin, die
Schüler zu einer kritischen und hinterfragenden Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand
zu provozieren und die für die gemeinsame Erarbeitung notwendige Orientierung zu bieten.
Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass die Konzeption des handlungsorientierten
Unterrichts nicht ohne Weiteres in seiner Gesamtheit umgesetzt werden kann und muss. Die
Einbindung zumindest von Teilelementen dieses Prinzips in den Schulunterricht hat jedoch
seine Berechtigung.
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